03/2021

Magazin

Die Fallensteller – Wie der Westen Konflikte und Kriege inszeniert

Glaubwürdigkeitsruinen

Liebe Leserinnen und Leser,

Der militärisch organisierte Westen, also die USA, die Staaten des ehemaligen britischen Empire sowie das von den USA dominierte Militärbündnis NATO, arbeiten seit Jahren systematisch an einer Konfrontation mit Russland. Eine Kette von dubiosen und ungeklärten Ereignissen, vom Massaker auf dem Maidan über den Abschuss von MH 17, den angeblichen Hackerangriffen der Russen gegen die USA, die Manipulation der dortigen Präsidentschaftswahlen bis zur angeblichen Vergiftung der Skripals und des rechtslastigen Bloggers Andrej Nawalny durch Russland wird genutzt, um die angebliche Ruchlosigkeit Russlands unter Präsident Wladimir Putin zu belegen. Jeder Fall ist mit massiven Fragezeichen versehen oder bereits widerlegt, so wie „Russiagate“, die Kollaboration von Donald Trump mit Putin zum Schaden der USA, die es nie gegeben hat, oder „Putins Palast“, der ihm gar nicht gehört, der aber eine äußerst populäre You-Tube Fake News Story war.

Jeder Fall ist von der Beweislage her ein Kartenhaus, alle gemeinsam erzeugen den Eindruck, dass irgendetwas dran ist an den westlichen Vorwürfen. Mittlerweile ist die Dämonisierung des russischen Präsidenten soweit fortgeschritten, dass der neue US Präsident Joe Biden ihn einen Killer nennt, der keine Seele habe. Das sind bisher einzigartige verbale Entgleisungen, die die Frage aufwerfen, welche Wirkung sie erzielen sollen. Wann immer in der Politik moralisch geladene Ereignisse wie aus einem Hollywood-Drehbuch medial genutzt werden, um strategische Ziele zu erreichen, ist äußerste Vorsicht geboten. Mit solchen Operationen der psychologischen Kriegsführung arbeiten insbesondere „demokratische“ Regierungen, die durch Wahlen und Öffentlichkeit legitimiert sein müssen, wenn sie die Bevölkerung ihrer Länder auf Kriegskurs bringen wollen. Solche Ereignisse ermöglichen ihnen, den Eindruck zu erwecken, nur auf die medial vermittelten Willensbekundungen einer Medienöffentlichkeit zu reagieren, die mit steigender Vehemenz genau das von ihr fordert, was die Regierung politisch durchsetzen will.

Zur Erinnerung: Es war die ehemalige Sowjetunion, die unter ihrem Generalsekretär und späteren Präsidenten Michail Gorbatschow nicht mehr als Feind zur Verfügung stand, sondern mit immer neuen Vorschlägen Abrüstungsabkommen und schließlich das Ende des Kalten Krieges ermöglichte. Gorbatschow und seine Frau Raissa wollten die Sowjetunion wie in der Zeit nach 1917 zu  Sehnsuchtsort für Menschen guten Willens aufbauen, die trotz der Herrschaft Stalins und der bleiernen Jahre Breschnews an einem Sozialismus mit menschlichem Antlitz mitwirken wollten. Aber ein wesentlicher Teil der Politikelite des Westens sah in Gorbatschow vor allem die Möglichkeit, den Kalten Krieg triumphal zu gewinnen, den sowjetischen Bären zu töten, ihn auszuweiden und sein Fell als Trophäe an die Wand zu hängen. Die Utopie dieser Akteure war es, die Ressourcen des größten Flächenstaates der Welt unter die Herrschaft von internationalen US-Konzernen ausbeuten zu können. Fast wäre diese Vision des kapitalistischen Endsieges unter dem Alkoholiker Boris Jelzin Wirklichkeit geworden, hätte der nicht am Ende seiner Amtszeit Wladimir Putin ins Amt verholfen. Aus der Sicht der Mehrheit der Russen hat Putin den Ausverkauf Russlands gestoppt und dem Land zu neuer Größe verholfen. Sie werden nach den erlittenen Demütigungen den Beteuerungen des „Freien Westens“ nicht mehr glauben, dass es in dessen Außenpolitik um die Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie ginge, um das in der US Verfassung garantierte „Streben nach Glück“ für alle Menschen.

Das Ergebnis dieser Fehlentwicklung ist eine Erosion der Glaubwürdigkeit des Westens, die nur durch eine radikale Umkehr repariert werden könnte. Aber die ist nicht in Sicht. Eher ist ein Jugoslawienkrieg 2.0 in der Ukraine wahrscheinlich, der als Regionalkonflikt geplant ist, aber zum Flächenbrand werden kann. Vielleicht sollten wir etwas gegen diese „Zukunftvision“ unternehmen, statt zuzuschauen?

Ihr Dirk Pohlmann, Chefredakteur

Inhalt der Ausgabe

  • Gefährliches Zündeln am Pulverfass Ukraine

    Dass diese Forderung von Personen kommt, die 2013/2014 tief in den Staatsstreich in der Ukaine verwickelt waren, zeugt von einem beharrlichen Willen, einen Krieg zu provozieren, dessen Folgen in Europa und vielleicht der ganzen Welt niemand absehen kann. Wenn Biden und Merkel sich an den vom Westen mit präziser Kaltblütigkeit geplanten […] Weiter lesen

  • „Russland dort treffen, wo es wirklich wehtut!”

    Seien wir nicht ungerecht: Es ist ja nicht so, dass Deutschland Joschka Fischer überhaupt nichts zu verdanken hätte! Immerhin hat er uns als rot-grüner Außenminister 2003 davor bewahrt, von den USA in ihre Koalition der Willenlosen und damit in den Irak-Krieg hineingezogen zu werden. Sein trotziges „Excuse me, I am not […] Weiter lesen

  • Das sind Vorbereitungen auf den Krieg

    Es hat nichts damit zu tun, dass er Ex-KGB-Agent war. Juri Andropow war ein ehemaliger KGB-Vorsitzender, und er tat eine Menge, um den KGB, sein Personal und seine Operationen zu stärken. Dennoch nannte ihn niemand einen Mörder. Es hat auch nichts mit der Krim oder dem Donbass zu tun, zumindest nicht […] Weiter lesen

  • Das Gesetz des Dschungels

    Russiagate war ein Riesenschwindel. Konstruierte Vorwürfe, in die die US-Demokraten und ihre Medien sich hineinsteigerten, um einen Schuldigen für Hillary Clintons Wahlniederlage 2016 zu haben. Was als Kopfgeburt einiger fantasiebegabter Geheimdienstler begann, wurde bald zum allgemein akzeptierten Narrativ des Westens [9]. Mittlerweile hat die paranoide Russophobie in Washington und anderswo absurde […] Weiter lesen

  • Die offene Gesellschaft und ihre neuen Feinde

    Das Buch „Die offene Gesellschaft und Ihre Feinde“ von Karl Popper war eine der intellektuellen Grundlagen für die politische Weichenstellung, die man an Winston Churchills Reden in Fulton (Missouri) und Zürich 1946 festmachen kann: die Bildung einer westlichen Staatengemeinschaft, die auf Rechtsstaat und Menschenrechten basierend sich dem Sowjetimperium entgegenstellt. Dadurch wurde […] Weiter lesen

  • „Wissenschaftsleugner“ oder Bedrohung des Imperiums?

    Vor Kurzem überbrachte die tansanische Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan die Nachricht, dass der Präsident ihres Landes, John Pombe Magufuli, an Herzversagen gestorben sei [1]. Präsident Magufuli war seit Ende Februar als vermisst gemeldet worden [2], wobei mehrere regierungsfeindliche Parteien Geschichten in Umlauf brachten, dass er an COVID-19 erkrankt sei. Während seiner […] Weiter lesen

  • Whistleblower werden vor der UN zum Schweigen gebracht

    Ian Henderson, langjähriger Inspector des OVCW (anm.: Organisation für das Verbot chemischer Waffen), der gegen die Vertuschung der Untersuchungsergebnisse seiner Organisation zu einem angeblichen Chemiewaffenangriff in Syrien vorging, sprach kürzlich vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNSC). Während der Versammlung wurde er von den Diplomaten der USA, des Vereinigten Königreichs und […] Weiter lesen

  • Der ewige Krieg

    Der Syrienkrieg wurde 2011 von einer Koalition Assad-feindlicher Akteure begonnen, die unterschiedlich motiviert waren: Ein Teil hoffte wohl auf Landgewinne bei einer späteren Aufteilung Syriens (die Türkei, die Kurden und Israel); für andere standen Pipelineprojekte auf syrischem Boden im Vordergrund (Katar, USA, Europa). Ein weiteres Motiv war die Erzfeindschaft zwischen Sunniten […] Weiter lesen