Utopie
„Die Gegenwart soll an die Zukunft keine Fragen stellen, sondern Forderungen.“
Erich Mühsam, 1918
Ab sofort gibt es in Free 21 eine neue Rubrik: Utopie. Utopie bedeutet wörtlich „Nicht-Ort“. Ein Ort, den es noch nicht gibt. Eine Utopie ist eine positive Vision der Zukunft, und damit immer auch eine Kritik an den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen.
Der Begriff „Utopie“ hatte lange einen zweifelhaften Ruf. „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ hatte Helmut Schmidt in den 70er Jahren gesagt. Als Francis Fukuyama meinte, nach der Zeitenwende von 1989 mit seinem gleichnamigen Buch „Das Ende der Geschichte“ ausrufen zu müssen, wollten die neuen Herren der Welt in einem Aufwasch gleich alle Utopien auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen.
Mittlerweile wird aber zunehmend klarer, dass die Ideenarmut der Gegenwart die wachsenden Probleme nicht lösen kann und dass die herrschende Ideologie nur die Ideologie der Herrschenden ist, prägnant zusammengefasst: Neoliberalismus plus Imperialismus. Das reicht nicht für eine Zukunft, die diesen Namen verdient.
Noch schlimmer: Neuerdings versuchen die globale Oligarchie auch noch, ihre Vision der Schönen Neuen Welt mit großem PR-Aufwand als Great Reset und Great Narrative anzupreisen: „Dir wird nichts gehören und Du wirst glücklich sein.“ Die Vision der Besitzlosigkeit gilt natürlich nicht für Bill Gates, Elon Musk, Jeff Bezos oder Klaus Schwab, sondern nur für die Fußgänger: Menschen, wie Sie und mich. Die Oligarchen werden ihr Eigentum nicht abschaffen. Sie werden nur glücklich sein, wenn ihnen alles gehört. Angebliche Philanthropen wie Bill Gates schaffen es, ihre durch kein demokratisches Verfahren legitimierte Macht und ihr steuerfreies Stiftungskapital ständig zu vergrößern, bei Gates wuchs es von 40 Milliarden bei der Gründung seiner BMG Foundation 2008 auf derzeit mehr als 130 Milliarden. Was „Menschenfreundlichkeit“ genannt wird, ist schlicht ein verchromter Monopolkapitalismus. Er glitzert und funkelt in den Medien, aber er stinkt.
Wir finden es darum wichtig, nicht nur den Erzählungen der Reichen und Mächtigen zu folgen, sondern unsere eigenen Utopien zu entwickeln. Deshalb wollen wir in jeder Free21-Ausgabe einen Artikel über möglichst reale Utopien veröffentlichen. Diese Artikel stellen wir zur Diskussion und hoffen, dass Sie als Leser/innen nicht einfach fertige Vorschläge übernehmen, sondern Ihre eigene Utopie entwickeln, gemeinsam nachdenken und darüber sprechen. Nur wenn wir zusammen Graswurzel-Bewegungen ins Leben rufen und zusammen arbeiten, können wir eine demokratische Moderne aufbauen, die diesen Namen verdient.
In unseren aktuellen Verhältnissen werden die Reichen reicher und die Armen ärmer. Das ist kein Unfall, das hat System und ist das System. So wie es Warren Buffet unverblümt erklärte:
„Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse –
die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“
Warren Buffet
Oder wie es die Anarchistin Emma Goldman 1908 in „Was ich denke“ ausdrückte: „Es ist die private Herrschaft über Dinge, die Millionen von Menschen ins Nichts zwingt, sie zu lebenden Körpern macht, die keine Originalität und Initiative mehr besitzen, zu menschlichen Maschinen aus Fleisch und Blut, die bergeweise Wohlstand für andere schaffen und dafür mit ihrer eigenen grauen, stumpfen und elenden Existenz bezahlen.“
Man zwingt uns mit dem Kapitalismus ein System auf, das uns vereinzelt und zu einem Kampf „Jeder gegen jeden“ zwingt. Er macht alles zur Ware. Die Tiere, die Umwelt, den Menschen und unseren gesamten Planeten. Das Problem an unserer Überfluss-Gesellschaft ist, dass sie überflüssige Menschen produziert, wie Ilja Trojanow schrieb. So eine Gesellschaft ist menschenverachtend, das muss nicht weiter erklärt werden.
„Die Regierung des Menschen über den Menschen ist die Sklaverei. Wer immer die Hand auf mich legt, um über mich zu herrschen, ist ein Usurpator und ein Tyrann. Ich erkläre ihn zu meinem Feinde.“ schrieb Pierre-Joseph Proudhon (1809-1865)
Ob das Problem mit ein paar Reförmchen erledigt werden kann? Martin Luther King war anderer Ansicht: „Ich habe jahrelang an der Idee gearbeitet, die bestehenden Institutionen der Gesellschaft zu reformieren – ein wenig Veränderung hier, ein bisschen Fortschritt dort. Doch jetzt bin ich zu anderer Überzeugung gelangt: Ich glaube, man muss die ganze Gesellschaft umstrukturieren – wir brauchen eine Revolution unseres Wertesystems.“ Und Johann Wolfgang von Goethe schrieb dazu:
„Welche Regierung die beste sei? Diejenige, die uns lehrt, uns selbst zu regieren.“
Ihr Dirk Pohlmann und Tobias Augenbraun
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