Taurus on Air

Taurus und 75 Jahre NATO

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit 75 Jahren gibt es die NATO. Ein Grund zum Feiern? Betrachten wir den Anteil Deutschlands an der Geschichte der NATO (und jetzt bei der Taurus-Affäre), wird klar, dass unsere Regierungen eine entscheidende Rolle spielten, ohne Entscheidungen beeinflussen zu können.

Die NATO entstand als Idee 1948, die USA waren nicht die Initiatoren, aber bald mit an Bord. Federführend bei der Gründung waren die Beneluxstaaten und die Briten. Das erste Hauptquartier war dementsprechend nach der Gründung 1949 in London, der erste Generalsekretär  wurde Lord Ismay, ein britischer Politiker und General. Er wurde mit einem Bonmot bekannt. Die NATO habe in Europa drei Aufgaben: „Die Sowjets draußen, Die Amerikaner drinnen, und die Deutschen unten zu halten.“

Zumindest in Europa kursierte der Scherz, dass die Gründung der NATO 1949 die Antwort des Westens auf die Gründung des Warschauer Paktes 1955 durch den Ostblock war. Der Hintergrund: Als Westdeutschland 1955 Mitglied der NATO wurde, ein Jahr später die Wiederbewaffnung des einstigen Invasoren und seine Eingliederung in die US-dominierte NATO begann, wurde 1955 der Warschauer Pakt gegründet. Die DDR trat erst 1956 bei, 10 Tage nach der Gesetzesentscheidung zur Aufstellung der nationale Volksarmee.

Als Gorbatschow die Welt mit seiner Friedenspolitik veränderte und 1989 die Mauer fiel, war die Wiedervereinigung Deutschlands und dessen NATO-Mitgliedschaft erneut ein entscheidendes Thema. Gorbatschow wollte ursprünglich ein neutrales Gesamtdeutschland als Pufferzone, akzeptierte dann aber dessen Mitgliedschaft in der NATO. Bedingung war aber, dass in der ehemaligen DDR keine NATO Militärstandorte aufgebaut würden. Gorbatschow glaubte leider den Zusagen der NATO-Politiker, dass das Bündnis sich keinen Zentimeter nach Osten ausdehnen würde. Durch die Wiedervereinigung gab es keine DDR mehr, was ein Grund für die Auflösung des Warschauer Paktes wurde. Die NATO aber blieb bestehen, genau wie die juristisch exterritorialen Hoheitsgebiete der USA in Deutschland. (Auch als Militärstützpunkte bezeichnet)

Die NATO diskutierte unter Führung der USA, die ihr geopolitisches Werkzeug nicht verlieren wollte, über die neuen Aufgaben der NATO. „Out of Area or out of Business“, übersetzt etwa „Auslandseinsätze oder untergehen“ war das neue, inoffizielle Motto. Dazu wurde von R2P, Responsibility to Protect gesprochen, der „Verantwortung zu bechützen“ R2Pgilt nicht, wenn Russland ethnische Russen im Donbass gegen Artilleriebombardierung schützen will, aber es galt um den „brutalen, unpovozierten Angriffskrieg“ (wie man heute so schön sagt) der NATO gegen Jugoslawien zu rechtfertigen.

Danach folgte eine Kette von  militärisch und politisch desaströsen Kriegen, die das Ansehen des Westens im globalen Süden nachhaltig beschädigt oder zerstört haben: Irak 2003, Libyen 20111, sowie der 20 jährige Krieg in Afghanistan von 2001 bis 2021, dessen Ergebnis der Austausch der Taliban mit den Taliban als Regierungsmacht war.

Der Einsatz von Taurus Marschflugkörpern, Thema dieses Heftes, ist ein weiteres Desaster, das darauf wartet, geschehen zu können, Mit tatkräftiger Unterstützung deutscher Bellizisten aus Politik und Militär. Was kann bei einem NATO Krieg gegen Russland schon schiefgehen?

Dirk Pohlmann, Chefredakteur Free21