War Deutschland tatbeteiligt?

Sie wissen genug, um zu wissen, dass sie nicht mehr wissen wollen

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Die Farce der Ermittlungen zur Nord Stream-Sabotage feierte am 26. September einjähriges Bühnenjubiläum. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich eingeladen würde, dazu einen Report abzugeben – schon gar nicht vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Zu verdanken hatte ich die Einladung dem Filmemacherkollegen Wilhelm Domke-Schulz, dessen Dokumentation „Remember Odessa“ über den Mord von Neonazis an 48 Menschen in der Ukraine in Russland einige Preise gewonnen hat. Er kennt seitdem einige Personen der russischen UN-Delegation und die fragten ihn nach einem Journalisten, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt.

Zur Medienkontrolle durch die autokratischen Russen kann ich Folgendes berichten: Meine letzten beiden Dokumentationen für das ZDF wurden ohne mich umgeschnitten, umgetextet und mit Propaganda, Falschinformationen und Fake News angereichert, damit sie sendefähiger wurden. Ich bin also ziemlich vorsichtig, was staatliche meinungsbildende Stellen angeht – dazu rechne ich sowohl das ZDF als auch die russische UN-Botschaft. Deshalb fragte ich den stellvertretenden russischen UN-Botschafter Polyanskiy, ob ich meinen Bericht mit ihm abstimmen solle. Falls das so gewesen wäre, hätte ich abgelehnt.

Aber Dmitry Polyanskiy sagte mir: „Wir lassen Ihnen völlig freie Hand. Schicken Sie uns bitte nur den Text vorher, damit wir ihn in der UN übersetzen lassen können.“ Das habe ich getan. Er bat mich einige Zeit danach, die wissenschaftlichen Passagen etwas umgangsprachlicher zu gestalten und ich dachte nur: „Ja, stimmt.“ Also bearbeitete ich den Text nochmals. Ich wurde drei Stunden vor dem Auftritt per Livestream fertig. Das war es mit der „Zensur“. Vom ZDF war ich zum Ende meiner Zeit dort anderes gewohnt. Also bedankte ich mich hinterher bei den Russen: „Es ist schon merkwürdig für einen Vertreter der westlichen Medien, die Russen als Beschützer der kritischen, freien Berichterstattung zu erleben. Herzlichen Dank dafür.“

Natürlich bekam ich freie Hand, weil sie in etwa wussten, was sie von mir zu erwarten hatten; sie hatten gut zu meiner Arbeit recherchiert, wie ich feststellte. Trotzdem war ich nicht auf Linie. Offizielle russische Stellen haben sich nicht zur These des Einsatzes einer Mini-Wasserstoffbombe von Prof. Braun geäußert oder zu den Forschungen von Prof. Tunander zur Nutzung von US-Flugzeugen von deutschen Flugplätzen im Umfeld der Sabotage. Aber jetzt konnte ich ihre Forschungsergebnisse vor der UN vortragen. Sie sind in der Welt.

Ich werde mich nicht mehr zur Verschwörungsmystik der Andromeda-Cover-Story äußern, die dazu dienen soll, den Deckel der Büchse der Pandora geschlossen zu halten. Es gibt sie, weil die Regierungen in NATOstan wissen, dass sie genug wissen, um nicht mehr wissen zu wollen. Wer aber mit Sicherheit nichts wissen soll, sind Sie, liebe Leser. Vergleichen Sie doch mal, wie schnell nach den Anschlägen von 9/11 die Schuldigen ermittelt wurden, Ausweise im Schutt gefunden wurden, sowie weitere Beweis­stücke wie Testamente und Flughandbücher. Und wundersamerweise waren auch die militärischen Planungen zur Rache sehr schnell fertig.
Ich wünsche Ihnen viel Gedankenkraft bei der Verarbeitung der in diesem Heft veröffentlichten Ermittlungen zu Nord Stream.

Dirk Pohlmann, Chefredakteur Free21