Die von Eliot Jacobson auf Twitter geteilte Grafik zur Oberflächentemperatur des Nordatlantik. Quelle: https://twitter.com/EliotJacobson/status/1668271214882615298

Klima-Panikmache: Daten-Schindluder und Propaganda

Wir unterbrechen die aktuelle Berichterstattung aufgrund „viral“ gehender Mitteilungen in den sozialen Medien, die vorgeblich „beispiellose“ Katastrophen verkünden. Während die Covid-Jünger „Klima-Lockdowns“ in immer schrilleren Tönen fordern, zeigt ein eingehender Blick auf die vorliegenden Daten vor allem methodische Probleme und interpretatorische Kurzschlüsse.

Von Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes , veröffentlicht am: 17. Juli 2023, Kategorien: Medien & Technik

Dieser Text wurde zuerst am 16.06.2023 auf www.tkp.at unter der URL <https://tkp.at/2023/06/16/klima-panikmache-daten-schindluder-und-propaganda/> veröffentlicht. Lizenz: Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, tkp, CC BY-NC-ND 4.0

Vom britischen Permierminister Winston Churchill stammt der wunderbare Spruch, dass „eine Lüge um die halbe Welt geht, bevor die Wahrheit die Chance hatte, ihre Hose anzuziehen“.

Hier in Norwegen bringt der öffentlich-rechtliche Staatsfunk NRK heute einen – atemlosen – Beitrag [1], der mit einer Grafik beginnt, die von Eliot Jacobson vor zwei Tagen auf Twitter geteilt wurde:

(s. Artikelbild)

Der Einstieg in den NRK-Beitrag lautet: „Diese Grafik geht viral. Was passiert mit dem Ozean?“

Klare Ursachen? Mitnichten

Die Antworten, die gegeben werden, sind sowohl einschlägig erwartbar – wie problematisch:

Die dahinter stehenden Daten stammen vom Institut für Klimaforschung der Universität Maine in den USA [2], wurden von Prof. Tore Furevik vom Institut für Klimaforschung der Universität Bergen in Norwegen überprüft – und dienen uns als nächstes Paradebeispiel für Panikmache und Propaganda.

Selbstverständlich haben die NRK-Journalisten Kirsti Haga Honningsøy und Milana Knežević noch einmal zur Sicherheit nachgefragt, ob diese Temperaturanomalie eine Folge menschlicher Aktivitäten sei (im folgenden finden Sie meine Übersetzungen und Hervorhebungen):

„In Anbetracht der Tatsache, dass wir noch nie so große Abweichungen der Temperatur und des Meereises von der Norm erlebt haben, ist dies natürlich höchst ungewöhnlich. Und obwohl wir in diesem Jahr neue Rekorde erwarten konnten, sind viele Menschen überrascht und besorgt darüber, wie groß diese neuen Rekorde geworden sind“, sagt Furevik.

[Honningsøy und Milana Knežević] Wäre dies ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel möglich gewesen?

[Furevik] „Nein, ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel wären so große Abweichungen von der Norm nicht möglich gewesen.

Gemäß Prof. Furevik gäbe es drei Ursachen für diese Messungen:

  1. den vom Menschen verursachten Klimawandel
  2. das alle paar Jahre vorkommende El Niño/La Niña-Phänomen
  3. und/oder Veränderungen der Meeresströmungen

Fureviks Kollege Prof. Daniel Swain von der University of California in Los Angeles wiederum führt an, dass der kürzlich erfolgte Ausbruch eines Unterwasservulkans nahe Tonga eine Rolle spielt:

Wir haben jetzt einen natürlichen Vulkanausbruch, der wahrscheinlich zu einer sehr kurzfristigen globalen Erwärmung führen wird. Er kommt zu der anthropogenen Erwärmung hinzu, die wir bereits beobachten. Dies könnte ein Teil des Grundes für den derzeitigen Anstieg einiger globaler Meeres- und Lufttemperaturen sein.

Kontext und Bildlegenden sind unabdingbar

Zunächst sei festgehalten, dass Kontext und Hinweise auf die Datenbasis derartiger Abbildungen unabdingbar sind. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Panikmache ist immerzu in der Verschleierung der Perspektive bzw. dem Auslassen oder Unterdrücken von Kontexten auszumachen. Aussagen wie, „Das Risiko liegt heute um 50% höher“, sind ein Klassiker dieses Genres. Die Bedeutung erschließt sich nämlich ohne einen Bezugspunkt in keinster Weise.

Ein besonders eindrückliches Beispiel derartiger Absurditäten ist die Corona-„Pandemie“, insbesondere die weit verbreiteten Aussagen, die Injektionen hätten einen gewissen Prozentsatz an Infektionen, Übertragung oder Todesfällen verhindert. Unabhängig von dem Fehlen belastbarer Daten – sowohl zu der Gruppe der „Geimpften“ als auch der Kontrollgruppe der „Ungeimpften“ – sind derartige Aussagen immerzu mit Vorsicht zu genießen. Wenn also beispielsweise diese oder jene Aktion zu einer Risikoreduktion von z.B. 50% führt, so stellt sich zunächst die Frage, wie groß das Risiko ursprünglich war; wenn dieses beispielsweise bei 1 : 10,000 lag, so ist ein entsprechende Reduktion verhältnismäßig irrelevant.

Und wenn Sie dachten, dass das Thema „Corona-Imfpungen“ oder offizielle Angaben zu Pharma-Produkten ein „heißes Eisen“ sind, so heiße ich Sie herzlich zu den Diskussionen über den Klimawandel willkommen.

Um kleine Veränderungen riesengroß erscheinen zu lassen, wird gerne auf die Rate oder Geschwindigkeit einer Veränderung hingewiesen – anstelle der Angabe absoluter Werte. Die folgende Abbildung stammt von Anthony Watts’ Website [3] und basiert auf Daten der University of Huntsville im US-Bundesstaat Alabama (s. Bild 1):

Betrachtet man die rote Linie, so sieht dies zunächst wie ein starker Anstieg aus. Was man aber tsächlich sieht, ist eine Veränderung von 0,6 Grad Celsius im Verlauf der 44 Jahre von 1979 bis 2023.

Die rote Linie aber sind keine tatsächlichen Temperaturmessungen, sondern weisen die Abweichung von „der Norm“ aus; die Referenzdekade ist in diesem Fall der Zeitraum von 1991 bis 2000 – d.h. die rote Linie weist aus, dass die Temperatur im Vergleich zu diesen zehn Jahren mal höher und mal niedriger war. Man beachte auch den Ausschlag 1998, der mit einem besonders starken El Niño-Phänomen in Verbindung stand.

Auch die längere Datenreihe der US-Raumfahrtbehörde NASA (selbe Quelle wie die obige Grafik) von 1880 bis 2022 erzählt eine ähnliche Geschichte (aber beachten Sie, dass die Temperaturangabe am linken Rand in Grad Fahrenheit ist; s. Bild 2):

Sieht recht „wild“ aus, oder? Man sieht einen Anstieg der Oberflächentemperatur von 1,7 Grad Fahrenheit – das sind rund 0,94 Grad Celsius – von 1880 bis 2022, doch zeigt diese Grafik lediglich die Darstellung in den „Leit- und Qualitätsmedien“.

Antony Watts begleitet diese Abbildung jedoch mit einer weiteren Darstellung, die die „gefühlte“ bzw. „erfahrene“ Veränderung wie folgt ausweist (s. Bild 3):

Aus dieser Perspektive betrachtet sieht diese Veränderung eine Runde weniger beängstigend aus, nicht wahr?

Wärmere Vergangenheiten und „Climate Gate“

Aber selbst der in der unteren Grafik ausgewiesene Zeitrahmen ist nicht unproblematisch, denn die Datenreihe beginnt 1880, als die Welt gerade aus der „Kleinen Eiszeit“ kam. Dieses mehrere Jahrhunderte währende Klimaphänomen wurde durch die Überlagerung der Dalton- und Maunder-Minima der Sonnenaktivität verursacht – und war die kälteste Periode der letzten rund 9,000 Jahre.

Unzählige Daten und nicht zuletzt kürzlich publizierte Studien über z.B. weitgehend eisfreie Alpengipfel zu Ötzis Zeiten [4] oder Hinweise auf menschliche Aktivitäten auf eisfreien Passhöhen auf rund 1,973m Seehöhe in Norwegen vor 1500 [5] belegen dies. Das Mittelalter war also wärmer als heute, die Zeit der alten Römer und Griechen war wärmer als das Mittelalter und die Erde war noch wärmer in der Zeit der frühen Hochkulturen.

Für die mittelalterliche Warmperiode finden Sie übrigens hier [6] eine brauchbare Sammlung von Hinweisen und Studien. Unterm Strich war die Welt im Mittelalter wohl rund 1 Grad Celsius wärmer als unsere Gegenwart.

All dies war lange Zeit anerkannt und keiner Debatte wert. Bis vor rund 20-25 Jahren Aktivisten wie Al Gore und Prof. Michael Mann die Bühne betraten. Im Endeffekt ging es just um die Manipulation der „historischen“ Daten im „Climategate“-Skandal, der wohl vor allem dazu diente, die mittelalterliche Warmzeit zu verstecken, wie etwa James Taylor in Forbes darlegt [7].

Aussagen wie, „Die Welt erwärmt sich“, sind daher nahezu vollkommen sinnlos und haben kaum eine Bedeutung. Die relevante Frage muss immer lauten: „seit wann?“ Seit heute morgen? Seit 1880? Seit 7000 v. Chr.? Oder doch bereits seit der Entstehung vielzelligen Lebens vor 500 Millionen Jahren?

Fieberkurven und Wahnvorstellungen

Von den „Leit- und Qualitätsmedien“ aber bekommen wir nahezu stündlich eine Horrormeldung nach der anderen gefüttert. Anstatt sinnvoller Debatten sieht man oftmals derartige „Fieberkurven„ [8] (s. Bild 4):

Die Welt ist im Augenblick tatsächlich relativ kalt. Eis an einer Polkappe ist ungewöhnlich, und Eiskappen an beiden Polen sind ziemlich selten.

Und dennoch: auch dieses Diagramm – das übrigens in Science erschienen ist – erzählt eine Lügengeschichte, denn die verwendeten Daten sind ein so genannter „splice“ oder Datenmix. Dies bedeutet, dass aktuelle Daten, die mit Thermometern gemessen wurden, in eine Rekonstruktion eingeflochten werden, die hauptsächlich aus sogenannten „Proxies“ – d.h. Daten etwa aus Eisbohrkernen, Sedimenten usw. – eingefügt werden. Der rasante Anstieg am Ende (5) ist übrigens stark verzerrt dargestellt.

All dies wird getan, um „Hockeyschläger“ zu erstellen, d.h. schnellen, dramatisch aussehenden Wandel. Es gilt zwar weiterhin, dass man keiner Statistik trauen sollte, die man nicht selbst gefälscht hat, aber die hier angeführten Grafiken sind just in dieser Hinsicht fragwürdig: denn es steht im Raum, dass die postulierte Trendänderung mit der Änderung der Datenquellen in Verbindung steht bzw. möglicherweise durch sie (mit-) verursacht wird.

Die Erde befindet sich derzeit in einer tiefen Eiszeit – wie schon die letzten rund 40 Millionen Jahre – und wir leben in seiner rund 13-15,000 Jahre währenden wärmeren Periode (Holozän), die zwischen  rund 150,000 Jahre andauernden „Schneeball“-Perioden liegt. Um letztere zu verdeutlichen: ein „Schneeball“ bedeutet wohl mehr als einen Kilometer dickes Eis in Mitteleuropa, deren Ausläufer sich weit bis an oder ins Mittelmeer erstrecken. Diese Phasen werden durch orbitale Mechanismen hervorgerufen und es gibt nichts, aber auch gar nichts, was wir Menschen auf dem derzeitigen technologischen Niveau tun könnten, um dies zu ändern oder gar zu stoppen. Die nächste große Klimaveränderung der Erde führt – zurück in die Tiefkühltruhe.

Diese Datenlage wurde bis vor Kurzem relativ einheitlich verstanden – und zwar als ein 7500-jähriger Abwärtstrend der Temperaturen, der während der „kleinen Eiszeit“ nach unten zeigte, sich dann zu erholen begann, doch alsbald den langsameren Abwärtstrend wieder aufnahm.

Nun aber bekommen wir nahezu stündlich Fehlinformationen, indem die Thermometerdaten der jüngsten Zeit gleichsam an die aus anderen „Proxies“ ermittelten Rekonstruktionen „angeschlossen“ werden. Durch die vielfach verkürzte Darstellung von Datenreihen – gleich, ob diese 1979 oder 1880 „beginnen“ – erklärt man nun mit Überzeugung, dass es heute nicht nur wärmer ist als im Mittelalter, sondern auch wärmer als im eigentlichen holozänen Klimaoptimum vor 7500 Jahren.

Und dies ist nur möglich, da hier Daten aus verschiedenen Quellen zusammengemischt werden, was nicht nur methodisch fragwürdig, sondern hochgradig absurd ist (von der „Berufsehre“ der Forscher und Journalisten ganz zu schweigen). Nahezu jeder knappe Blick auf konsistente Daten (wie auf der zuvor verlinkten Seite mit Ressourcen zur mittelalterlichen Warmzeit verlinkt) macht das deutlich. Hinzu kommen immer wieder „aus dem ewigen Eis“ Grönlands oder Norwegens auftauchenden Wikingerdörfer oder eben die eisfreien Alpenspitzen. Übrigens haben die Wikinger in Neufundland (Kanada) Wein angebaut; die Römer haben dies in Südengland getan. Erst diese Woche berichtete NRK übrigens darüber, dass „immer mehr Weinreben in Norwegen“ angebaut werden [9].

Die Aussage, dass die Temperaturen heute höher sind als damals, ist – falsch.

Sie wird benutzt, um Sie in die Irre zu führen.

Wenn man einheitliche Proxy-Datenreihen ansieht – und diese eben nicht durch anders gewonnene Daten verändert –, sieht die Geschichte ganz anders aus. Natürlich ist eine gewisse regionale Variabilität möglich, aber als Faustregel gilt: je mehr unterschiedliche Daten verwendet werden, desto skeptischer sollte man sein.

Wollen Sie noch ein Paradebeispiel hierzu haben?

Polkappen mit und ohne Eis

Prof. Jacobson hatte u.a. auch den folgenden Tweet geteilt:

Abweichung der Meereseisausdehnung in der Antarktis 1991 – 2023. Quelle: https://twitter.com/EliotJacobson/status/1668952345223520258

Nach den zuvor erwähnten Hinweisen, sollte es einfach sein, die Manipulation zu erkennen: der gewählte Beobachtungszeitraum und die Abweichung von einer angenommenen „Norm“.

Nahezu amüsant ist die Tatsache, dass dieselben Entwicklungen auch anders dargestellt werden können – und dies dann gleich ein wenig „anders“ aussieht (Quelle: [10]; für diese Darstellung müssen Sie in dem rechts befindlichen Optionsmenü bei „Graph Options“ auf „monthly graph“ klicken; Bild 5):

Die typische jährliche Schwankung beträgt 15-16 Millionen Quadratkilometer und 80-85 % des Eises gehen jährlich vom Höchststand bis zum Tiefststand verloren. Es ist nichts Dramatisches passiert, und die größte Eisausdehnung seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen im Jahr 1979 war 2014.

Der letztjährige Höchststand war höher als in vielen Jahren der 90er Jahre. Dieser Tiefststand war ein Serientief, aber es ist eine kurze Serie, und der Tiefststand war nicht viel niedriger als der vorherige Tiefststand in einer Serie mit 16mm jährlicher Varianz. Das ist nicht einmal 1 %.

Erschwerend kommt hinzu, dass die „Meereisausdehnung“ ein sehr unklar definiertes Maß ist (der übrigens mittlerweile mit dem 5. Satz von Instrumenten zur Messung dieser Daten erhoben wird):

Das Ausmaß des Meereises ergibt sich aus der Berechnung derjenigen Meeresfläche, in der das Meereis den Schwellenwert von 15% überschreitet (für Messungen mit AMSR-E). Meereismessungen werden aus verschiedenen Satellitenmessungen mit passiven Mikrowellen (passive microwave radiometer, PMR) unter Mithilfe von Algorithmen ermittelt, die von Dr. Comiso von der NASA zur Verfügung gestellt werden. Die folgenden Satelliten bzw. Instrumente wurden für diese Messungen eingesetzt:

  • Jan. 1980 ~ Juli 1987: SMMR
  • Juli 1987 ~ Juni 2002: SSM/I
  • Juni 2002 ~ Okt. 2011: AMSR-E
  • Okt. 2011 ~ Juli 2012: WindSat
  • Juli 2012 ~ bis heute: AMSR2

Fünf verschiedene Satelliten haben seit 1980 also den antarktischen Ozean abgetastet, und ermittelt, wenn der Schwellenwert von >15% Meereis über- oder unterschritten wurde. Das heißt also, dass z.B. 100 Quadratkilometer mit 14% Meereis potenziell weniger stark gewichtet werden wie etwa 10 Quadratkilometer mit 15% Meereis. Hinzu kommen Variablen wie etwa Wind, Meeresströmungen und bisher ungeklärte Unterschiede in der Sensibilität der Messinstrumente, was gerade für die Bestimmung der tatsächlichen Dicke des Meereises relevant ist. Betrachtet man diesen „neuen Tiefstwert“, so liegt dieser möglicherweise innerhalb der Schwankungsbreite und es ist kaum ersichtlich, wie bedeutsam diese Messergebnisse überhaupt sind.

Nebenbei sei erwähnt, dass eine kürzlich in The Cryosphere publizierte Studie zeigt, dass der Eisdeckel am Südpol von 2009 bis 2019 um 661 Gigatonnen zugenommen hat [11]. Diese Daten wurden durch Beobachtungen ermittelt – und „überraschen“ durchaus, denn die einschlägigen Modellrechnungen waren von einem konstanten Rückgang ausgegangen und lagen „nur“ um den Faktor 30 daneben.

Ich habe diese Studie auf meinem Substack ausführlicher besprochen und erlaube mir daher an dieser Stelle den Verweis darauf [12].

„Do your own research“

Es zahlt sich also aus, seine eigenen Recherchen anzustellen und „den Experten“ und „der Wissenschaft™“ in etwa so weit zu vertrauen, wie dies im Kontext der Corona-„Pandemie“ naheliegt.

Es gibt also – von Propaganda und Desinformation – wenig Neues hier zu sehen.

Quellen:

[1] NRK, “Disse grafene går viralt: Hva skjer med havet?” von Kirsti Haga Honningsøy und Milana Knežević am 15.06.2023 <https://www.nrk.no/norge/disse-grafene-gar-viralt_-hva-skjer-med-havet_-1.16446730>
[2] Climate Reanalyzer, tägliche Meeresoberflächentemperatur <https://climatereanalyzer.org/clim/sst_daily/>
[3] Watts Up With That? Diverse Grafiken <https://wattsupwiththat.com/uah-version-6/>
[4] Die Fackel 2.0 auf Substack, “Alps were Ice-Free around 3,350 Years Ago, According to the Peer-Reviewed Literature Published in ‘Nature'” am 28.05.2023 <https://fackel.substack.com/p/alps-were-ice-free-around-3350-years>
[5] Die Fackel 2.0 auf Substack, “Global Warming Watch: Archaeologists Uncover Evidence of Human Settlements in Central Norway–because glaciers are retreating” am 15.04.2023 <https://fackel.substack.com/p/global-warming-watch-archaeologists>
[6] CO2 Science, ” Medieval Warm Period Project ” <http://co2science.org/data/mwp/mwpp.php>
[7] Forbes, “Climategate 2.0: New E-Mails Rock The Global Warming” von James Taylor am 23.11.2011 <https://www.forbes.com/sites/jamestaylor/2011/11/23/climategate-2-0-new-e-mails-rock-the-global-warming-debate/?sh=23df9c9527ba>
[8] Science, “A 500-million-year survey of Earth’s climate reveals dire warning for humanity” von Paul Voosen  am 22.05.2019<https://www.science.org/content/article/500-million-year-survey-earths-climate-reveals-dire-warning-humanity>
[9] NRK, “Auf den norwegischen Bauernhöfen werden immer mehr Weinreben angebaut.”<https://www.nrk.no/sorlandet/klimaendringens-sote-oppside-1.16446252>
[10] ADA, Discover and access Arctic and Antarctic Data , Grafik: Arctic Sea Ice Extent [million km2] <https://ads.nipr.ac.jp/vishop/#/extent>
[11] European Geosciences Union, “Change in Antarctic ice shelf area from 2009 to 2019” von Julia R. Andreasen, Anna E. Hogg und Heather L. Selley am 16.05.2023 <https://tc.copernicus.org/articles/17/2059/2023/>
[12] Die Fackel 2.0 auf Substack, “‘Observations show that Antarctic ice shelves gained 661 Gt of ice mass over the past decade'” am 10.06.2023 <https://fackel.substack.com/p/observations-show-that-antarctic>

Klima-Panikmache: Daten-Schindluder und Propaganda

Von Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes , veröffentlicht am: 17. Juli 2023, Kategorien: Medien & Technik

Dieser Text wurde zuerst am 16.06.2023 auf www.tkp.at unter der URL <https://tkp.at/2023/06/16/klima-panikmache-daten-schindluder-und-propaganda/> veröffentlicht. Lizenz: Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, tkp, CC BY-NC-ND 4.0

Die von Eliot Jacobson auf Twitter geteilte Grafik zur Oberflächentemperatur des Nordatlantik. Quelle: https://twitter.com/EliotJacobson/status/1668271214882615298

Wir unterbrechen die aktuelle Berichterstattung aufgrund „viral“ gehender Mitteilungen in den sozialen Medien, die vorgeblich „beispiellose“ Katastrophen verkünden. Während die Covid-Jünger „Klima-Lockdowns“ in immer schrilleren Tönen fordern, zeigt ein eingehender Blick auf die vorliegenden Daten vor allem methodische Probleme und interpretatorische Kurzschlüsse.

Vom britischen Permierminister Winston Churchill stammt der wunderbare Spruch, dass „eine Lüge um die halbe Welt geht, bevor die Wahrheit die Chance hatte, ihre Hose anzuziehen“.

Hier in Norwegen bringt der öffentlich-rechtliche Staatsfunk NRK heute einen – atemlosen – Beitrag [1], der mit einer Grafik beginnt, die von Eliot Jacobson vor zwei Tagen auf Twitter geteilt wurde:

(s. Artikelbild)

Der Einstieg in den NRK-Beitrag lautet: „Diese Grafik geht viral. Was passiert mit dem Ozean?“

Klare Ursachen? Mitnichten

Die Antworten, die gegeben werden, sind sowohl einschlägig erwartbar – wie problematisch:

Die dahinter stehenden Daten stammen vom Institut für Klimaforschung der Universität Maine in den USA [2], wurden von Prof. Tore Furevik vom Institut für Klimaforschung der Universität Bergen in Norwegen überprüft – und dienen uns als nächstes Paradebeispiel für Panikmache und Propaganda.

Selbstverständlich haben die NRK-Journalisten Kirsti Haga Honningsøy und Milana Knežević noch einmal zur Sicherheit nachgefragt, ob diese Temperaturanomalie eine Folge menschlicher Aktivitäten sei (im folgenden finden Sie meine Übersetzungen und Hervorhebungen):

„In Anbetracht der Tatsache, dass wir noch nie so große Abweichungen der Temperatur und des Meereises von der Norm erlebt haben, ist dies natürlich höchst ungewöhnlich. Und obwohl wir in diesem Jahr neue Rekorde erwarten konnten, sind viele Menschen überrascht und besorgt darüber, wie groß diese neuen Rekorde geworden sind“, sagt Furevik.

[Honningsøy und Milana Knežević] Wäre dies ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel möglich gewesen?

[Furevik] „Nein, ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel wären so große Abweichungen von der Norm nicht möglich gewesen.

Gemäß Prof. Furevik gäbe es drei Ursachen für diese Messungen:

  1. den vom Menschen verursachten Klimawandel
  2. das alle paar Jahre vorkommende El Niño/La Niña-Phänomen
  3. und/oder Veränderungen der Meeresströmungen

Fureviks Kollege Prof. Daniel Swain von der University of California in Los Angeles wiederum führt an, dass der kürzlich erfolgte Ausbruch eines Unterwasservulkans nahe Tonga eine Rolle spielt:

Wir haben jetzt einen natürlichen Vulkanausbruch, der wahrscheinlich zu einer sehr kurzfristigen globalen Erwärmung führen wird. Er kommt zu der anthropogenen Erwärmung hinzu, die wir bereits beobachten. Dies könnte ein Teil des Grundes für den derzeitigen Anstieg einiger globaler Meeres- und Lufttemperaturen sein.

Kontext und Bildlegenden sind unabdingbar

Zunächst sei festgehalten, dass Kontext und Hinweise auf die Datenbasis derartiger Abbildungen unabdingbar sind. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Panikmache ist immerzu in der Verschleierung der Perspektive bzw. dem Auslassen oder Unterdrücken von Kontexten auszumachen. Aussagen wie, „Das Risiko liegt heute um 50% höher“, sind ein Klassiker dieses Genres. Die Bedeutung erschließt sich nämlich ohne einen Bezugspunkt in keinster Weise.

Ein besonders eindrückliches Beispiel derartiger Absurditäten ist die Corona-„Pandemie“, insbesondere die weit verbreiteten Aussagen, die Injektionen hätten einen gewissen Prozentsatz an Infektionen, Übertragung oder Todesfällen verhindert. Unabhängig von dem Fehlen belastbarer Daten – sowohl zu der Gruppe der „Geimpften“ als auch der Kontrollgruppe der „Ungeimpften“ – sind derartige Aussagen immerzu mit Vorsicht zu genießen. Wenn also beispielsweise diese oder jene Aktion zu einer Risikoreduktion von z.B. 50% führt, so stellt sich zunächst die Frage, wie groß das Risiko ursprünglich war; wenn dieses beispielsweise bei 1 : 10,000 lag, so ist ein entsprechende Reduktion verhältnismäßig irrelevant.

Und wenn Sie dachten, dass das Thema „Corona-Imfpungen“ oder offizielle Angaben zu Pharma-Produkten ein „heißes Eisen“ sind, so heiße ich Sie herzlich zu den Diskussionen über den Klimawandel willkommen.

Um kleine Veränderungen riesengroß erscheinen zu lassen, wird gerne auf die Rate oder Geschwindigkeit einer Veränderung hingewiesen – anstelle der Angabe absoluter Werte. Die folgende Abbildung stammt von Anthony Watts’ Website [3] und basiert auf Daten der University of Huntsville im US-Bundesstaat Alabama (s. Bild 1):

Betrachtet man die rote Linie, so sieht dies zunächst wie ein starker Anstieg aus. Was man aber tsächlich sieht, ist eine Veränderung von 0,6 Grad Celsius im Verlauf der 44 Jahre von 1979 bis 2023.

Die rote Linie aber sind keine tatsächlichen Temperaturmessungen, sondern weisen die Abweichung von „der Norm“ aus; die Referenzdekade ist in diesem Fall der Zeitraum von 1991 bis 2000 – d.h. die rote Linie weist aus, dass die Temperatur im Vergleich zu diesen zehn Jahren mal höher und mal niedriger war. Man beachte auch den Ausschlag 1998, der mit einem besonders starken El Niño-Phänomen in Verbindung stand.

Auch die längere Datenreihe der US-Raumfahrtbehörde NASA (selbe Quelle wie die obige Grafik) von 1880 bis 2022 erzählt eine ähnliche Geschichte (aber beachten Sie, dass die Temperaturangabe am linken Rand in Grad Fahrenheit ist; s. Bild 2):

Sieht recht „wild“ aus, oder? Man sieht einen Anstieg der Oberflächentemperatur von 1,7 Grad Fahrenheit – das sind rund 0,94 Grad Celsius – von 1880 bis 2022, doch zeigt diese Grafik lediglich die Darstellung in den „Leit- und Qualitätsmedien“.

Antony Watts begleitet diese Abbildung jedoch mit einer weiteren Darstellung, die die „gefühlte“ bzw. „erfahrene“ Veränderung wie folgt ausweist (s. Bild 3):

Aus dieser Perspektive betrachtet sieht diese Veränderung eine Runde weniger beängstigend aus, nicht wahr?

Wärmere Vergangenheiten und „Climate Gate“

Aber selbst der in der unteren Grafik ausgewiesene Zeitrahmen ist nicht unproblematisch, denn die Datenreihe beginnt 1880, als die Welt gerade aus der „Kleinen Eiszeit“ kam. Dieses mehrere Jahrhunderte währende Klimaphänomen wurde durch die Überlagerung der Dalton- und Maunder-Minima der Sonnenaktivität verursacht – und war die kälteste Periode der letzten rund 9,000 Jahre.

Unzählige Daten und nicht zuletzt kürzlich publizierte Studien über z.B. weitgehend eisfreie Alpengipfel zu Ötzis Zeiten [4] oder Hinweise auf menschliche Aktivitäten auf eisfreien Passhöhen auf rund 1,973m Seehöhe in Norwegen vor 1500 [5] belegen dies. Das Mittelalter war also wärmer als heute, die Zeit der alten Römer und Griechen war wärmer als das Mittelalter und die Erde war noch wärmer in der Zeit der frühen Hochkulturen.

Für die mittelalterliche Warmperiode finden Sie übrigens hier [6] eine brauchbare Sammlung von Hinweisen und Studien. Unterm Strich war die Welt im Mittelalter wohl rund 1 Grad Celsius wärmer als unsere Gegenwart.

All dies war lange Zeit anerkannt und keiner Debatte wert. Bis vor rund 20-25 Jahren Aktivisten wie Al Gore und Prof. Michael Mann die Bühne betraten. Im Endeffekt ging es just um die Manipulation der „historischen“ Daten im „Climategate“-Skandal, der wohl vor allem dazu diente, die mittelalterliche Warmzeit zu verstecken, wie etwa James Taylor in Forbes darlegt [7].

Aussagen wie, „Die Welt erwärmt sich“, sind daher nahezu vollkommen sinnlos und haben kaum eine Bedeutung. Die relevante Frage muss immer lauten: „seit wann?“ Seit heute morgen? Seit 1880? Seit 7000 v. Chr.? Oder doch bereits seit der Entstehung vielzelligen Lebens vor 500 Millionen Jahren?

Fieberkurven und Wahnvorstellungen

Von den „Leit- und Qualitätsmedien“ aber bekommen wir nahezu stündlich eine Horrormeldung nach der anderen gefüttert. Anstatt sinnvoller Debatten sieht man oftmals derartige „Fieberkurven„ [8] (s. Bild 4):

Die Welt ist im Augenblick tatsächlich relativ kalt. Eis an einer Polkappe ist ungewöhnlich, und Eiskappen an beiden Polen sind ziemlich selten.

Und dennoch: auch dieses Diagramm – das übrigens in Science erschienen ist – erzählt eine Lügengeschichte, denn die verwendeten Daten sind ein so genannter „splice“ oder Datenmix. Dies bedeutet, dass aktuelle Daten, die mit Thermometern gemessen wurden, in eine Rekonstruktion eingeflochten werden, die hauptsächlich aus sogenannten „Proxies“ – d.h. Daten etwa aus Eisbohrkernen, Sedimenten usw. – eingefügt werden. Der rasante Anstieg am Ende (5) ist übrigens stark verzerrt dargestellt.

All dies wird getan, um „Hockeyschläger“ zu erstellen, d.h. schnellen, dramatisch aussehenden Wandel. Es gilt zwar weiterhin, dass man keiner Statistik trauen sollte, die man nicht selbst gefälscht hat, aber die hier angeführten Grafiken sind just in dieser Hinsicht fragwürdig: denn es steht im Raum, dass die postulierte Trendänderung mit der Änderung der Datenquellen in Verbindung steht bzw. möglicherweise durch sie (mit-) verursacht wird.

Die Erde befindet sich derzeit in einer tiefen Eiszeit – wie schon die letzten rund 40 Millionen Jahre – und wir leben in seiner rund 13-15,000 Jahre währenden wärmeren Periode (Holozän), die zwischen  rund 150,000 Jahre andauernden „Schneeball“-Perioden liegt. Um letztere zu verdeutlichen: ein „Schneeball“ bedeutet wohl mehr als einen Kilometer dickes Eis in Mitteleuropa, deren Ausläufer sich weit bis an oder ins Mittelmeer erstrecken. Diese Phasen werden durch orbitale Mechanismen hervorgerufen und es gibt nichts, aber auch gar nichts, was wir Menschen auf dem derzeitigen technologischen Niveau tun könnten, um dies zu ändern oder gar zu stoppen. Die nächste große Klimaveränderung der Erde führt – zurück in die Tiefkühltruhe.

Diese Datenlage wurde bis vor Kurzem relativ einheitlich verstanden – und zwar als ein 7500-jähriger Abwärtstrend der Temperaturen, der während der „kleinen Eiszeit“ nach unten zeigte, sich dann zu erholen begann, doch alsbald den langsameren Abwärtstrend wieder aufnahm.

Nun aber bekommen wir nahezu stündlich Fehlinformationen, indem die Thermometerdaten der jüngsten Zeit gleichsam an die aus anderen „Proxies“ ermittelten Rekonstruktionen „angeschlossen“ werden. Durch die vielfach verkürzte Darstellung von Datenreihen – gleich, ob diese 1979 oder 1880 „beginnen“ – erklärt man nun mit Überzeugung, dass es heute nicht nur wärmer ist als im Mittelalter, sondern auch wärmer als im eigentlichen holozänen Klimaoptimum vor 7500 Jahren.

Und dies ist nur möglich, da hier Daten aus verschiedenen Quellen zusammengemischt werden, was nicht nur methodisch fragwürdig, sondern hochgradig absurd ist (von der „Berufsehre“ der Forscher und Journalisten ganz zu schweigen). Nahezu jeder knappe Blick auf konsistente Daten (wie auf der zuvor verlinkten Seite mit Ressourcen zur mittelalterlichen Warmzeit verlinkt) macht das deutlich. Hinzu kommen immer wieder „aus dem ewigen Eis“ Grönlands oder Norwegens auftauchenden Wikingerdörfer oder eben die eisfreien Alpenspitzen. Übrigens haben die Wikinger in Neufundland (Kanada) Wein angebaut; die Römer haben dies in Südengland getan. Erst diese Woche berichtete NRK übrigens darüber, dass „immer mehr Weinreben in Norwegen“ angebaut werden [9].

Die Aussage, dass die Temperaturen heute höher sind als damals, ist – falsch.

Sie wird benutzt, um Sie in die Irre zu führen.

Wenn man einheitliche Proxy-Datenreihen ansieht – und diese eben nicht durch anders gewonnene Daten verändert –, sieht die Geschichte ganz anders aus. Natürlich ist eine gewisse regionale Variabilität möglich, aber als Faustregel gilt: je mehr unterschiedliche Daten verwendet werden, desto skeptischer sollte man sein.

Wollen Sie noch ein Paradebeispiel hierzu haben?

Polkappen mit und ohne Eis

Prof. Jacobson hatte u.a. auch den folgenden Tweet geteilt:

Abweichung der Meereseisausdehnung in der Antarktis 1991 – 2023. Quelle: https://twitter.com/EliotJacobson/status/1668952345223520258

Nach den zuvor erwähnten Hinweisen, sollte es einfach sein, die Manipulation zu erkennen: der gewählte Beobachtungszeitraum und die Abweichung von einer angenommenen „Norm“.

Nahezu amüsant ist die Tatsache, dass dieselben Entwicklungen auch anders dargestellt werden können – und dies dann gleich ein wenig „anders“ aussieht (Quelle: [10]; für diese Darstellung müssen Sie in dem rechts befindlichen Optionsmenü bei „Graph Options“ auf „monthly graph“ klicken; Bild 5):

Die typische jährliche Schwankung beträgt 15-16 Millionen Quadratkilometer und 80-85 % des Eises gehen jährlich vom Höchststand bis zum Tiefststand verloren. Es ist nichts Dramatisches passiert, und die größte Eisausdehnung seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen im Jahr 1979 war 2014.

Der letztjährige Höchststand war höher als in vielen Jahren der 90er Jahre. Dieser Tiefststand war ein Serientief, aber es ist eine kurze Serie, und der Tiefststand war nicht viel niedriger als der vorherige Tiefststand in einer Serie mit 16mm jährlicher Varianz. Das ist nicht einmal 1 %.

Erschwerend kommt hinzu, dass die „Meereisausdehnung“ ein sehr unklar definiertes Maß ist (der übrigens mittlerweile mit dem 5. Satz von Instrumenten zur Messung dieser Daten erhoben wird):

Das Ausmaß des Meereises ergibt sich aus der Berechnung derjenigen Meeresfläche, in der das Meereis den Schwellenwert von 15% überschreitet (für Messungen mit AMSR-E). Meereismessungen werden aus verschiedenen Satellitenmessungen mit passiven Mikrowellen (passive microwave radiometer, PMR) unter Mithilfe von Algorithmen ermittelt, die von Dr. Comiso von der NASA zur Verfügung gestellt werden. Die folgenden Satelliten bzw. Instrumente wurden für diese Messungen eingesetzt:

  • Jan. 1980 ~ Juli 1987: SMMR
  • Juli 1987 ~ Juni 2002: SSM/I
  • Juni 2002 ~ Okt. 2011: AMSR-E
  • Okt. 2011 ~ Juli 2012: WindSat
  • Juli 2012 ~ bis heute: AMSR2

Fünf verschiedene Satelliten haben seit 1980 also den antarktischen Ozean abgetastet, und ermittelt, wenn der Schwellenwert von >15% Meereis über- oder unterschritten wurde. Das heißt also, dass z.B. 100 Quadratkilometer mit 14% Meereis potenziell weniger stark gewichtet werden wie etwa 10 Quadratkilometer mit 15% Meereis. Hinzu kommen Variablen wie etwa Wind, Meeresströmungen und bisher ungeklärte Unterschiede in der Sensibilität der Messinstrumente, was gerade für die Bestimmung der tatsächlichen Dicke des Meereises relevant ist. Betrachtet man diesen „neuen Tiefstwert“, so liegt dieser möglicherweise innerhalb der Schwankungsbreite und es ist kaum ersichtlich, wie bedeutsam diese Messergebnisse überhaupt sind.

Nebenbei sei erwähnt, dass eine kürzlich in The Cryosphere publizierte Studie zeigt, dass der Eisdeckel am Südpol von 2009 bis 2019 um 661 Gigatonnen zugenommen hat [11]. Diese Daten wurden durch Beobachtungen ermittelt – und „überraschen“ durchaus, denn die einschlägigen Modellrechnungen waren von einem konstanten Rückgang ausgegangen und lagen „nur“ um den Faktor 30 daneben.

Ich habe diese Studie auf meinem Substack ausführlicher besprochen und erlaube mir daher an dieser Stelle den Verweis darauf [12].

„Do your own research“

Es zahlt sich also aus, seine eigenen Recherchen anzustellen und „den Experten“ und „der Wissenschaft™“ in etwa so weit zu vertrauen, wie dies im Kontext der Corona-„Pandemie“ naheliegt.

Es gibt also – von Propaganda und Desinformation – wenig Neues hier zu sehen.

Quellen:

[1] NRK, “Disse grafene går viralt: Hva skjer med havet?” von Kirsti Haga Honningsøy und Milana Knežević am 15.06.2023 <https://www.nrk.no/norge/disse-grafene-gar-viralt_-hva-skjer-med-havet_-1.16446730>
[2] Climate Reanalyzer, tägliche Meeresoberflächentemperatur <https://climatereanalyzer.org/clim/sst_daily/>
[3] Watts Up With That? Diverse Grafiken <https://wattsupwiththat.com/uah-version-6/>
[4] Die Fackel 2.0 auf Substack, “Alps were Ice-Free around 3,350 Years Ago, According to the Peer-Reviewed Literature Published in ‘Nature'” am 28.05.2023 <https://fackel.substack.com/p/alps-were-ice-free-around-3350-years>
[5] Die Fackel 2.0 auf Substack, “Global Warming Watch: Archaeologists Uncover Evidence of Human Settlements in Central Norway–because glaciers are retreating” am 15.04.2023 <https://fackel.substack.com/p/global-warming-watch-archaeologists>
[6] CO2 Science, ” Medieval Warm Period Project ” <http://co2science.org/data/mwp/mwpp.php>
[7] Forbes, “Climategate 2.0: New E-Mails Rock The Global Warming” von James Taylor am 23.11.2011 <https://www.forbes.com/sites/jamestaylor/2011/11/23/climategate-2-0-new-e-mails-rock-the-global-warming-debate/?sh=23df9c9527ba>
[8] Science, “A 500-million-year survey of Earth’s climate reveals dire warning for humanity” von Paul Voosen  am 22.05.2019<https://www.science.org/content/article/500-million-year-survey-earths-climate-reveals-dire-warning-humanity>
[9] NRK, “Auf den norwegischen Bauernhöfen werden immer mehr Weinreben angebaut.”<https://www.nrk.no/sorlandet/klimaendringens-sote-oppside-1.16446252>
[10] ADA, Discover and access Arctic and Antarctic Data , Grafik: Arctic Sea Ice Extent [million km2] <https://ads.nipr.ac.jp/vishop/#/extent>
[11] European Geosciences Union, “Change in Antarctic ice shelf area from 2009 to 2019” von Julia R. Andreasen, Anna E. Hogg und Heather L. Selley am 16.05.2023 <https://tc.copernicus.org/articles/17/2059/2023/>
[12] Die Fackel 2.0 auf Substack, “‘Observations show that Antarctic ice shelves gained 661 Gt of ice mass over the past decade'” am 10.06.2023 <https://fackel.substack.com/p/observations-show-that-antarctic>