Die „Sicherheits-Kooperation“ zwischen der EU und den USA

Durchgesickerte Ergebnisse eines Treffens vom 16. und 17. März 2023 in Stockholm bestätigen die fortschreitende ­Transnationalisierung persönlicher Daten.

Von Published On: 31. Juli 2023Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 14.04.2023 auf www.fackel.substack.com unter der URL <https://fackel.substack.com/p/how-the-eu-us-security-cooperation> veröffentlicht. Lizenz: Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes

Symbolbild (Foto: JDrewes, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0, Grafik: OpenClipart-Vectors, pixabay)

Gestern habe ich auf die Pläne der EU aufmerksam gemacht, so bald wie möglich vollständig digitale Reisepässe einzuführen. [1] Was soll man dazu sagen?

Heute möchte ich allerdings noch einige zusätzliche Hintergrundinformationen darüber geben, was diese Pläne alles beinhalten.

Es wird auf das jüngste der seit langem bestehenden Treffen zwischen hochrangigen EU- und US-Beamten im Bereich Justiz und Inneres verwiesen, das am 16. und 17. März 2023 in Stockholm, Schweden, stattgefunden hat. [2]

Dabei ist zu beachten, dass diese Idee der digitalen Pässe zwar so aussieht, als sei sie eine Sache der EU, in Wirklichkeit aber eher ein gemeinsames Projekt der EU und der USA darstellt, zumindest im Hinblick auf den geplanten Datenaustausch.

Obwohl es keine weiteren Informationen darüber gibt, was diese hochrangigen EU-US-Beamten besprochen haben, habe ich irgendwo im Internet eine „durchgesickerte“ Version des Ergebnisses gefunden, aus der die folgenden Zitate stammen (meine Hervorhebungen):

Dieses Treffen hoher Beamter der EU und der USA im Bereich Justiz und Inneres fand in einer konstruktiven, ungezwungenen Atmosphäre statt und behandelte eine breite Palette von Themen von beiderseitigem Interesse, bei denen beide Seiten die Zusammenarbeit fortsetzen möchten. Das Treffen bot auch die Gelegenheit, potenzielle Interessensgebiete für eingehendere Gespräche auf technischer Ebene zu ermitteln und die nächste JI-Ministertagung zwischen der EU und den USA vorzubereiten.

(JI = Der Rat „Justiz und Inneres“ der EU, Anm. d. Red.)

Die US-Delegation bestand aus Vertretern der Ministerien für Justiz, Heimatschutz und Außenpolitik. Der EU-Delegation gehörten Vertreter des schwedischen EU-Ratsvorsitzes (der die Veranstaltung ausrichtete), des künftigen spanischen Ratsvorsitzes, der Europäischen Kommission, des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), von Europol, Eurojust und des EU-Koordinators für Terrorismusbekämpfung an.

Die EU-Pläne sehen also „verdächtig“ nach einem gemeinsamen Vorhaben aus, das sich hinter Kauderwelsch verbirgt. Die Kommentare zum ukrainisch-russischen Konflikt erspare ich Ihnen vorerst, da sie keinen direkten Bezug zum aktuellen Thema haben.

Zur Terrorismusbekämpfung und zum Informationsaustausch

Die Diskussion über gewalttätigen Extremismus wurde mit einer Präsentation der wichtigsten Ergebnisse einer Konferenz zu diesem Thema eröffnet, die der schwedische Ratsvorsitz in der Woche zuvor in Stockholm veranstaltet hatte. Es wurde daran erinnert, dass der Rechtsterrorismus auf dem Vormarsch ist, wobei in einigen Fällen pandemiegetriebene, gegen die Regierung gerichtete Verschwörungsbewegungen immer sichtbarer werden. Die Verwischung traditioneller Loyalitäten in der rechtsextremen Terrorszene macht das Bedrohungsbild komplexer. [So viel zu „es sind alles Rechtsextreme“, die protestieren.]

Die EU-Delegation betonte, dass man verstehen müsse, wie Extremismus funktioniert, um ihn zu verhindern. Es bedürfe eines gesamtstaatlichen Ansatzes, der auch die Vermittler berücksichtige. Eine Herausforderung sei es, die beteiligten Akteure zu identifizieren und sicherzustellen, dass die Plattformen ihre Verantwortung wahrnehmen. Es seien Überlegungen im Gange, wie gegen systemfeindliche Gewalt vorgegangen werden könne und wie gewalttätige rechtsextreme Organisationen auf die Liste gesetzt werden könnten – wobei die hohen rechtlichen Standards zu beachten seien, die der EuGH in Bezug auf die Listenführung aufgestellt habe. [3] [Verbote stehen bevor.]

Die US-Delegation schloss sich der EU-Delegation an und begrüßte einen Studienbesuch des Radicalisation Awareness Network (RAN) in New York, der zur gleichen Zeit wie dieses Treffen stattfand. Sie erkannte den Einfluss an, den die US-amerikanische gewalttätige Extremisten-Szene über die Grenzen der USA hinaus haben könnte. Weiter stimmte sie den Herausforderungen zu, die sich aus der zunehmend komplexen Natur der terroristischen Bedrohung ergeben, über die weiter zu diskutieren sinnvoll wäre. Die Strafverfolgung der für die Ereignisse vom 6. Januar 2021 verantwortlichen Täter sei im Gange. [Dies ist unglaublich angesichts des Videoüberwachungs-Materials, das von FoxNews vor Ostern ausgestrahlt wurde.]

Die US-Delegation wies darauf hin, dass der rasche demografische Wandel als ein Anzeichen für Radikalisierung identifiziert wurde (gemäß den Forschungen von Robert Pape, University of Chicago) und verwies auf die Besorgnis über Radikalisierung unter den Polizeikräften. [So viel zum angeblich verschwörerischen Charakter des „großen Austausches”.] Die US-Delegation bat um die Unterstützung der EU in globalen Foren, um den Fokus auf ,terroristischen‘ oder ,gewalttätigen‘ Extremismus beizubehalten (und sicherzustellen, dass diese Adjektive nicht fallen gelassen werden), um zu verhindern, dass repressive Regime dies gegen die freie Meinungsäußerung einsetzen. [Gilt dies immer noch als „Orwellianisch“?]

Im Rahmen der Gespräche über die gemeinsame Nutzung von Informationen teilte die US-Delegation mit, dass es ihr gelungen sei, Datensätze zu ermitteln – einschließlich Fingerabdruckdaten afghanischer Terrorverdächtiger – welche die USA, wie zuvor zugesagt, an Europol weitergeben kann. Die EU-Delegation begrüßte diesen Austausch von Gefechtsfeldinformationen. In Bezug auf die Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit (EBSP, Enhanced Border Security Partnership, Anm. d. Red.) nahmen die Parteien die Absicht zur Kenntnis, einen ersten Datensatz im Rahmen des derzeit entwickelten Konzepts zu übermitteln (das den Mitgliedstaaten in der Arbeitsgruppe für den JI-Informationsaustausch vorgestellt wurde). Beide Seiten begrüßten ein vielversprechendes Pilotprojekt zwischen Europol und dem US-Ministerium für Innere Sicherheit, bei dem es um den Austausch von ESTA-Verweigerungen mit der Begründung des Terrorismus geht. Vor dem Hintergrund des jüngsten Besuchs des EU-Koordinators für die Terrorismusbekämpfung in der Region erörterten die Parteien auch die laufenden Rückführungen aus dem Lager Al-Hol in den Irak.

(ESTA = Electronic System for Travel Authorization, deutsch: elektronisches Reisegenehmigungssystem, Anm. d. Red.)

Zugriff auf elektronische Beweise

Die Parteien begrüßten die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein E-Evidence-Abkommen, die am Rande des SOM [Senior Officials Meeting] am 15. und 16. März in Stockholm stattfanden. Diese Eröffnungssitzung hatte es beiden Seiten ermöglicht, Themen für weitere Überlegungen zu identifizieren. Die nächste Sitzung wird im Juni 2023 in Washington, DC, stattfinden. Beide Seiten waren sich einig, dass im Rahmen der Verhandlungen über das UN-Übereinkommen zur Bekämpfung der Internetkriminalität eine enge Koordinierung erforderlich ist, um China und Russland in ihrem Streben nach einer Regulierung des Internets zu isolieren. Die US-Delegation warnte vor der Schaffung eines parallelen Datenschutz-Regimes im Rahmen des neuen UN-Übereinkommens. Weiter erklärte sie, sie ziehe die Nutzung bestehender Gremien zur Überwachung – der Umsetzung des Übereinkommens der Versammlung – einer neuen Konferenz der Vertragsparteien vor. [Hintergrund: China und Russland wollen einen neuen multilateralen Aufsichts-/Regulierungsrahmen innerhalb der UNO schaffen, was die Mächtigen – d.h. die USA, unterstützt von großen Unternehmen und der EU, – verhindern wollen; das bedeutet dieser Teil.] Die EU-Delegation bekräftigte die Notwendigkeit höchster Schutzmaßnahmen und begrüßte den Verweis der USA auf die Budapester Konvention und deren zweites Protokoll als ,Goldstandard‘. In einer kurzen Präsentation von Eurojust wurde die laufende Zusammenarbeit im ANOM-Fall hervorgehoben, wobei ein ,Sperrbereich für die Fallbearbeitung‘ eingerichtet wurde, der es Staatsanwälten ermöglicht, nicht-sensible Informationen über Fälle und Gerichtsentscheidungen auszutauschen.

FBI-Plakat zur Suche nach Informationen über die Gewalt im US-Kapitol am 6. Januar 2021. (Foto: FBI, Wikimedia Commons, Gemeinfrei)

„In den Untergrund wechseln“: Herausforderungen für die Kriminalitätsbekämpfung im digitalen Zeitalter

Die EU-Delegation lieferte ein Update zu aktuellen Überlegungen in der EU zu diesem seit langem bestehenden Thema (eine Priorität des schwedischen Ratsvorsitzes) und über die Pläne für eine hochrangige Expertengruppe, die sich mit dieser Frage ganzheitlich befassen soll. Die Überzeugung der EU, dass die Legitimität der Strafverfolgungsbehörden zur Durchführung von Ermittlungen gestärkt werden muss (auch im öffentlichen Diskurs), wurde von der US-Delegation geteilt. Diese war ebenfalls der Meinung, dass der ,eingebauten Privatsphäre‘ ein ,eingebauter rechtmäßiger Zugang‘ gegenübergestellt werden muss. [D.h. ein „Zugang durch die Hintertür“ für die Strafverfolgungsbehörden.] Ein Bezugspunkt in dieser Hinsicht ist die Erklärung der G7 aus dem Jahr 2021, in der von der ,Aufrechterhaltung eines streng kontrollierten, rechtmäßigen Zugangs zu Daten‘ die Rede ist; die Strafverfolgungsbehörden streben in der Tat keine neuen Befugnisse an, sondern wollen ihre Fähigkeit zur Durchführung von Ermittlungen erhalten.

In Bezug auf die End-to-End-Verschlüsselung stellte die US-Delegation eine gewisse Heuchelei in der Position von Internetplattformen fest, die sich einer konstruktiven Zusammenarbeit mit liberalen Demokratien in Bezug auf den rechtmäßigen Zugang widersetzen – während sie sich dem Druck repressiverer Rechtsordnungen beugen. Neben der Verschlüsselung wurden von der US-Delegation auch die Vorratsdatenspeicherung und die Datenverarbeitung als Schwerpunktbereiche genannt. Sie bestätigte, dass der Kampf gegen die Ausbeutung und den Missbrauch von Kindern im Internet weiterhin eine nationale Priorität darstellt.

Bitte senden Sie mir eine E-Mail an diefackel2punkt0@protonmail.com, wenn Sie dieses PDF-Dokument erhalten möchten.

Zusammenfassung

Das ist übel.

Sicher, es klingt alles „nett“ genug, um übersehen zu werden. Aber warum wird das Dokument dann nicht veröffentlicht?

Beachten Sie die sumpfige Zusammenarbeit praktisch aller relevanten Akteure in den USA und der EU in diesem Bereich.

Sogenannte „Pilotprojekte“ zur gemeinsamen Nutzung von Daten und Ähnlichem sind bereits angelaufen, und ich gehe davon aus, dass sie in absehbarer Zeit dauerhaft eingeführt werden.

Die digitalen Pässe sind nur ein Teil dieses größeren Puzzles der fortschreitenden Integration des kollektiven Westens in einen gigantischen – manche würden sagen: größenwahnsinnigen – Klumpen, oder „Borg“ mit verfahrenstechnischen Mitteln. Niklas Luhman nannte dies einmal „Legitimation durch Verfahren“, d.h. alles sieht gut aus, weil es „richtig klingt“, aber in Wirklichkeit das Gegenteil darstellt.

Die Rechenschaftspflicht für politisch Beauftragte ist eine Sache, und da sie für die ständige Bürokratie meist bedeutungslos ist, kann sie durchaus fortbestehen; die Rechenschaftspflicht für „hohe Beamte“ ist jedoch eine ganz andere Sache.

Sonnenlicht ist – wie immer – das beste Desinfektionsmittel.

Bleiben Sie wachsam.

Quellen:

[1] Die Fackel 2.0, epimetheus „EU Asks Citizens About Digital Passports”, am 13.4.2023: <https://fackel.substack.com/p/eu-asks-citizens-about-digital-passports>
[2] Schwedische Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union „EU-US Senior Official’s Meeting on Justice and Home Affairs”, vom 16. – 17.4.2023: <https://swedish-presidency.consilium.europa.eu/en/events/eu-us-senior-official-s-meeting-on-justice-and-home-affairs-16-173/>
[3] Wikipedia, diverse Autoren „Proscription”, zuletzt bearbeitet am 20.6.2023: <https://en.wikipedia.org/wiki/Proscription>

Die „Sicherheits-Kooperation“ zwischen der EU und den USA

Durchgesickerte Ergebnisse eines Treffens vom 16. und 17. März 2023 in Stockholm bestätigen die fortschreitende ­Transnationalisierung persönlicher Daten.

Von Published On: 31. Juli 2023Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 14.04.2023 auf www.fackel.substack.com unter der URL <https://fackel.substack.com/p/how-the-eu-us-security-cooperation> veröffentlicht. Lizenz: Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes

Symbolbild (Foto: JDrewes, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0, Grafik: OpenClipart-Vectors, pixabay)

Gestern habe ich auf die Pläne der EU aufmerksam gemacht, so bald wie möglich vollständig digitale Reisepässe einzuführen. [1] Was soll man dazu sagen?

Heute möchte ich allerdings noch einige zusätzliche Hintergrundinformationen darüber geben, was diese Pläne alles beinhalten.

Es wird auf das jüngste der seit langem bestehenden Treffen zwischen hochrangigen EU- und US-Beamten im Bereich Justiz und Inneres verwiesen, das am 16. und 17. März 2023 in Stockholm, Schweden, stattgefunden hat. [2]

Dabei ist zu beachten, dass diese Idee der digitalen Pässe zwar so aussieht, als sei sie eine Sache der EU, in Wirklichkeit aber eher ein gemeinsames Projekt der EU und der USA darstellt, zumindest im Hinblick auf den geplanten Datenaustausch.

Obwohl es keine weiteren Informationen darüber gibt, was diese hochrangigen EU-US-Beamten besprochen haben, habe ich irgendwo im Internet eine „durchgesickerte“ Version des Ergebnisses gefunden, aus der die folgenden Zitate stammen (meine Hervorhebungen):

Dieses Treffen hoher Beamter der EU und der USA im Bereich Justiz und Inneres fand in einer konstruktiven, ungezwungenen Atmosphäre statt und behandelte eine breite Palette von Themen von beiderseitigem Interesse, bei denen beide Seiten die Zusammenarbeit fortsetzen möchten. Das Treffen bot auch die Gelegenheit, potenzielle Interessensgebiete für eingehendere Gespräche auf technischer Ebene zu ermitteln und die nächste JI-Ministertagung zwischen der EU und den USA vorzubereiten.

(JI = Der Rat „Justiz und Inneres“ der EU, Anm. d. Red.)

Die US-Delegation bestand aus Vertretern der Ministerien für Justiz, Heimatschutz und Außenpolitik. Der EU-Delegation gehörten Vertreter des schwedischen EU-Ratsvorsitzes (der die Veranstaltung ausrichtete), des künftigen spanischen Ratsvorsitzes, der Europäischen Kommission, des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), von Europol, Eurojust und des EU-Koordinators für Terrorismusbekämpfung an.

Die EU-Pläne sehen also „verdächtig“ nach einem gemeinsamen Vorhaben aus, das sich hinter Kauderwelsch verbirgt. Die Kommentare zum ukrainisch-russischen Konflikt erspare ich Ihnen vorerst, da sie keinen direkten Bezug zum aktuellen Thema haben.

Zur Terrorismusbekämpfung und zum Informationsaustausch

Die Diskussion über gewalttätigen Extremismus wurde mit einer Präsentation der wichtigsten Ergebnisse einer Konferenz zu diesem Thema eröffnet, die der schwedische Ratsvorsitz in der Woche zuvor in Stockholm veranstaltet hatte. Es wurde daran erinnert, dass der Rechtsterrorismus auf dem Vormarsch ist, wobei in einigen Fällen pandemiegetriebene, gegen die Regierung gerichtete Verschwörungsbewegungen immer sichtbarer werden. Die Verwischung traditioneller Loyalitäten in der rechtsextremen Terrorszene macht das Bedrohungsbild komplexer. [So viel zu „es sind alles Rechtsextreme“, die protestieren.]

Die EU-Delegation betonte, dass man verstehen müsse, wie Extremismus funktioniert, um ihn zu verhindern. Es bedürfe eines gesamtstaatlichen Ansatzes, der auch die Vermittler berücksichtige. Eine Herausforderung sei es, die beteiligten Akteure zu identifizieren und sicherzustellen, dass die Plattformen ihre Verantwortung wahrnehmen. Es seien Überlegungen im Gange, wie gegen systemfeindliche Gewalt vorgegangen werden könne und wie gewalttätige rechtsextreme Organisationen auf die Liste gesetzt werden könnten – wobei die hohen rechtlichen Standards zu beachten seien, die der EuGH in Bezug auf die Listenführung aufgestellt habe. [3] [Verbote stehen bevor.]

Die US-Delegation schloss sich der EU-Delegation an und begrüßte einen Studienbesuch des Radicalisation Awareness Network (RAN) in New York, der zur gleichen Zeit wie dieses Treffen stattfand. Sie erkannte den Einfluss an, den die US-amerikanische gewalttätige Extremisten-Szene über die Grenzen der USA hinaus haben könnte. Weiter stimmte sie den Herausforderungen zu, die sich aus der zunehmend komplexen Natur der terroristischen Bedrohung ergeben, über die weiter zu diskutieren sinnvoll wäre. Die Strafverfolgung der für die Ereignisse vom 6. Januar 2021 verantwortlichen Täter sei im Gange. [Dies ist unglaublich angesichts des Videoüberwachungs-Materials, das von FoxNews vor Ostern ausgestrahlt wurde.]

Die US-Delegation wies darauf hin, dass der rasche demografische Wandel als ein Anzeichen für Radikalisierung identifiziert wurde (gemäß den Forschungen von Robert Pape, University of Chicago) und verwies auf die Besorgnis über Radikalisierung unter den Polizeikräften. [So viel zum angeblich verschwörerischen Charakter des „großen Austausches”.] Die US-Delegation bat um die Unterstützung der EU in globalen Foren, um den Fokus auf ,terroristischen‘ oder ,gewalttätigen‘ Extremismus beizubehalten (und sicherzustellen, dass diese Adjektive nicht fallen gelassen werden), um zu verhindern, dass repressive Regime dies gegen die freie Meinungsäußerung einsetzen. [Gilt dies immer noch als „Orwellianisch“?]

Im Rahmen der Gespräche über die gemeinsame Nutzung von Informationen teilte die US-Delegation mit, dass es ihr gelungen sei, Datensätze zu ermitteln – einschließlich Fingerabdruckdaten afghanischer Terrorverdächtiger – welche die USA, wie zuvor zugesagt, an Europol weitergeben kann. Die EU-Delegation begrüßte diesen Austausch von Gefechtsfeldinformationen. In Bezug auf die Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit (EBSP, Enhanced Border Security Partnership, Anm. d. Red.) nahmen die Parteien die Absicht zur Kenntnis, einen ersten Datensatz im Rahmen des derzeit entwickelten Konzepts zu übermitteln (das den Mitgliedstaaten in der Arbeitsgruppe für den JI-Informationsaustausch vorgestellt wurde). Beide Seiten begrüßten ein vielversprechendes Pilotprojekt zwischen Europol und dem US-Ministerium für Innere Sicherheit, bei dem es um den Austausch von ESTA-Verweigerungen mit der Begründung des Terrorismus geht. Vor dem Hintergrund des jüngsten Besuchs des EU-Koordinators für die Terrorismusbekämpfung in der Region erörterten die Parteien auch die laufenden Rückführungen aus dem Lager Al-Hol in den Irak.

(ESTA = Electronic System for Travel Authorization, deutsch: elektronisches Reisegenehmigungssystem, Anm. d. Red.)

Zugriff auf elektronische Beweise

Die Parteien begrüßten die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein E-Evidence-Abkommen, die am Rande des SOM [Senior Officials Meeting] am 15. und 16. März in Stockholm stattfanden. Diese Eröffnungssitzung hatte es beiden Seiten ermöglicht, Themen für weitere Überlegungen zu identifizieren. Die nächste Sitzung wird im Juni 2023 in Washington, DC, stattfinden. Beide Seiten waren sich einig, dass im Rahmen der Verhandlungen über das UN-Übereinkommen zur Bekämpfung der Internetkriminalität eine enge Koordinierung erforderlich ist, um China und Russland in ihrem Streben nach einer Regulierung des Internets zu isolieren. Die US-Delegation warnte vor der Schaffung eines parallelen Datenschutz-Regimes im Rahmen des neuen UN-Übereinkommens. Weiter erklärte sie, sie ziehe die Nutzung bestehender Gremien zur Überwachung – der Umsetzung des Übereinkommens der Versammlung – einer neuen Konferenz der Vertragsparteien vor. [Hintergrund: China und Russland wollen einen neuen multilateralen Aufsichts-/Regulierungsrahmen innerhalb der UNO schaffen, was die Mächtigen – d.h. die USA, unterstützt von großen Unternehmen und der EU, – verhindern wollen; das bedeutet dieser Teil.] Die EU-Delegation bekräftigte die Notwendigkeit höchster Schutzmaßnahmen und begrüßte den Verweis der USA auf die Budapester Konvention und deren zweites Protokoll als ,Goldstandard‘. In einer kurzen Präsentation von Eurojust wurde die laufende Zusammenarbeit im ANOM-Fall hervorgehoben, wobei ein ,Sperrbereich für die Fallbearbeitung‘ eingerichtet wurde, der es Staatsanwälten ermöglicht, nicht-sensible Informationen über Fälle und Gerichtsentscheidungen auszutauschen.

FBI-Plakat zur Suche nach Informationen über die Gewalt im US-Kapitol am 6. Januar 2021. (Foto: FBI, Wikimedia Commons, Gemeinfrei)

„In den Untergrund wechseln“: Herausforderungen für die Kriminalitätsbekämpfung im digitalen Zeitalter

Die EU-Delegation lieferte ein Update zu aktuellen Überlegungen in der EU zu diesem seit langem bestehenden Thema (eine Priorität des schwedischen Ratsvorsitzes) und über die Pläne für eine hochrangige Expertengruppe, die sich mit dieser Frage ganzheitlich befassen soll. Die Überzeugung der EU, dass die Legitimität der Strafverfolgungsbehörden zur Durchführung von Ermittlungen gestärkt werden muss (auch im öffentlichen Diskurs), wurde von der US-Delegation geteilt. Diese war ebenfalls der Meinung, dass der ,eingebauten Privatsphäre‘ ein ,eingebauter rechtmäßiger Zugang‘ gegenübergestellt werden muss. [D.h. ein „Zugang durch die Hintertür“ für die Strafverfolgungsbehörden.] Ein Bezugspunkt in dieser Hinsicht ist die Erklärung der G7 aus dem Jahr 2021, in der von der ,Aufrechterhaltung eines streng kontrollierten, rechtmäßigen Zugangs zu Daten‘ die Rede ist; die Strafverfolgungsbehörden streben in der Tat keine neuen Befugnisse an, sondern wollen ihre Fähigkeit zur Durchführung von Ermittlungen erhalten.

In Bezug auf die End-to-End-Verschlüsselung stellte die US-Delegation eine gewisse Heuchelei in der Position von Internetplattformen fest, die sich einer konstruktiven Zusammenarbeit mit liberalen Demokratien in Bezug auf den rechtmäßigen Zugang widersetzen – während sie sich dem Druck repressiverer Rechtsordnungen beugen. Neben der Verschlüsselung wurden von der US-Delegation auch die Vorratsdatenspeicherung und die Datenverarbeitung als Schwerpunktbereiche genannt. Sie bestätigte, dass der Kampf gegen die Ausbeutung und den Missbrauch von Kindern im Internet weiterhin eine nationale Priorität darstellt.

Bitte senden Sie mir eine E-Mail an diefackel2punkt0@protonmail.com, wenn Sie dieses PDF-Dokument erhalten möchten.

Zusammenfassung

Das ist übel.

Sicher, es klingt alles „nett“ genug, um übersehen zu werden. Aber warum wird das Dokument dann nicht veröffentlicht?

Beachten Sie die sumpfige Zusammenarbeit praktisch aller relevanten Akteure in den USA und der EU in diesem Bereich.

Sogenannte „Pilotprojekte“ zur gemeinsamen Nutzung von Daten und Ähnlichem sind bereits angelaufen, und ich gehe davon aus, dass sie in absehbarer Zeit dauerhaft eingeführt werden.

Die digitalen Pässe sind nur ein Teil dieses größeren Puzzles der fortschreitenden Integration des kollektiven Westens in einen gigantischen – manche würden sagen: größenwahnsinnigen – Klumpen, oder „Borg“ mit verfahrenstechnischen Mitteln. Niklas Luhman nannte dies einmal „Legitimation durch Verfahren“, d.h. alles sieht gut aus, weil es „richtig klingt“, aber in Wirklichkeit das Gegenteil darstellt.

Die Rechenschaftspflicht für politisch Beauftragte ist eine Sache, und da sie für die ständige Bürokratie meist bedeutungslos ist, kann sie durchaus fortbestehen; die Rechenschaftspflicht für „hohe Beamte“ ist jedoch eine ganz andere Sache.

Sonnenlicht ist – wie immer – das beste Desinfektionsmittel.

Bleiben Sie wachsam.

Quellen:

[1] Die Fackel 2.0, epimetheus „EU Asks Citizens About Digital Passports”, am 13.4.2023: <https://fackel.substack.com/p/eu-asks-citizens-about-digital-passports>
[2] Schwedische Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union „EU-US Senior Official’s Meeting on Justice and Home Affairs”, vom 16. – 17.4.2023: <https://swedish-presidency.consilium.europa.eu/en/events/eu-us-senior-official-s-meeting-on-justice-and-home-affairs-16-173/>
[3] Wikipedia, diverse Autoren „Proscription”, zuletzt bearbeitet am 20.6.2023: <https://en.wikipedia.org/wiki/Proscription>