Jürgen Habermas, deutscher Philosoph und Soziologe, plädiert für Verhandlungen im Ukrainekonflikt. (Foto: Europa Pont / Flickr / CC BY 2.0)
Cancelling Habermas: Der Posse zur „Vergangenheitsbewältigung” 2. Akt
Vor nicht allzu langer Zeit habe ich an dieser Stelle einen Beitrag mit dem Titel „Cancelling Habermas“ veröffentlicht, in dem es um das seltsame Rauschen im Blätterwald des deutschen Feuilletons ging. Gleichsam als „Gegenprogramm” zu Jürgen Habermas’ Aufruf, nicht nur Waffen nach Kiew, sondern auch Diplomaten nach Moskau zu schicken hatten die deutschen „Leit- und Qualitätsmedien” ein vorschnelles Urteil gefällt. Ein notwendiges „Update” zu der Posse 2. Akt.
Dieser Text wurde zuerst am 02.04.2023 auf www.tkp.at unter der URL <https://tkp.at/2023/04/02/cancelling-habermas-der-posse-zur-vergangenheitsbewaeltigung-2-akt/> veröffentlicht. Lizenz: Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, tkp.at, CC BY-NC-ND 4.0
Vorneweg: den ursprünglichen Artikel vom 23. Feb. 2023 finden Sie hier [1].
Den Bericht über Jens Stoltenbergs Lob für Habermas vom 15. Feb. 2023 finden Sie hier [2].
Was aber ist vorgefallen, das ein derartiges „Update” rechtfertigt?
Die Zeit verändert die Überschrift von Eva Illouz’ Kommentar
Sie haben es richtig gelesen: der ursprüngliche Beitrag von Eva Illouz mit dem Titel „Ich wünsche mir den totalen Sieg” erschien am 15. Feb. 2023 [3], möglicherweise als „Reaktion” auf Habermas’ Essay in der Süddeutschen Zeitung, der am Tag davor erschien [4].
Zur Erinnerung (Screenshot des Autors):
Kurioserweise wurde der Titel des Kommentars knapp nachdem ich den Screenshot angefertigt hatte von der Redaktion der Zeit verändert:
Auch der zweite Sreenshot ist von mir, aufgenommen heute.
Beachten Sie bitte, dass die „Aktualisierung” nicht verändert wurde, aber die Überschrift sehr wohl. (Nebenbei hat der Beitrag von Eva Illouz seither auch „nur” drei weitere Kommentare nach sich gezogen.)
Die Zeitmacht sich die Welt, wie es ihr gefällt
Nun maße ich mir keineswegs an, meinem Beitrag hier so viel Wirkmächtigkeit zuzumessen, dass die ehrenwerten Herren in der Zeit-Redaktion sich daraufhin bemüßigt fühlten, diese Veränderung herbeizuführen.
Seltsam finde ich das aber schon.
Ist Ihnen, werte Zeit-Redaktion, am 18. Feb. 2023 – dem 80. Jahrestag der berüchtigten Rede von Joseph Goebbels („Wollt Ihr den Totalen Krieg?”) im Berliner Sportpalast – oder danach in etwa eingefallen, wie problematisch der Kommentar ist?
Ich kann dazu nur spekulieren, aber immerhin ist das wohl doch noch irgendjemandem aufgefallen.
Wie dem auch sei, es ist in jedem Fall ein trauriges Beispiel für billigste Propaganda, bezeichnend für den massiven Qualitätsverlust der „Leit- und Qualitätsmedien” und wirft eine Reihe unangenehmer Fragen über redaktionelle Vorgaben – in Kommentaren (!) – auf.
Wer im juste milieu [5] weiterhin an „die gute Seite” blindlings glaubt, für den wird es wohl über kurz oder lang ein „böses Erwachen” geben.
Quellen:
[1] tkp, Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, „Cancelling Habermas: Eine Posse zur “Vergangenheitsbewältigung””, am 23.02.2023, <https://tkp.at/2023/02/23/cancelling-habermas-eine-posse-zur-vergangenheitsbewaeltigung/>, Free21, am 04.03.2023: <https://free21.org/eine-posse-zur-vergangenheitsbewaeltigung/>
[2] tkp, Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, „NATO-Stoltenberg zum Ukraine-Krieg: “It started in 2014.”” <https://tkp.at/2023/02/15/nato-stoltenberg-zum-ukraine-krieg-it-started-in-2014/>
[3] Zeit, Eva Illouz, „“Ich wünsche mir einen totalen Sieg“”, am 15.02.2023, <https://web.archive.org/web/20230216023638/https://www.zeit.de/2023/08/ukraine-krieg-ende-russland-niederlage>
[4] Süddeutsche Zeitung, Jürgen Habermas, „Ein Plädoyer für Verhandlungen”, am 14.02.2023, <https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/kultur/juergen-habermas-ukraine-sz-verhandlungen-e159105/?reduced=true>
[5] Wikipedia, „Juste Milieu”, <https://de.wikipedia.org/wiki/Juste_Milieu>
Cancelling Habermas: Der Posse zur „Vergangenheitsbewältigung” 2. Akt
Dieser Text wurde zuerst am 02.04.2023 auf www.tkp.at unter der URL <https://tkp.at/2023/04/02/cancelling-habermas-der-posse-zur-vergangenheitsbewaeltigung-2-akt/> veröffentlicht. Lizenz: Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, tkp.at, CC BY-NC-ND 4.0
Jürgen Habermas, deutscher Philosoph und Soziologe, plädiert für Verhandlungen im Ukrainekonflikt. (Foto: Europa Pont / Flickr / CC BY 2.0)
Vor nicht allzu langer Zeit habe ich an dieser Stelle einen Beitrag mit dem Titel „Cancelling Habermas“ veröffentlicht, in dem es um das seltsame Rauschen im Blätterwald des deutschen Feuilletons ging. Gleichsam als „Gegenprogramm” zu Jürgen Habermas’ Aufruf, nicht nur Waffen nach Kiew, sondern auch Diplomaten nach Moskau zu schicken hatten die deutschen „Leit- und Qualitätsmedien” ein vorschnelles Urteil gefällt. Ein notwendiges „Update” zu der Posse 2. Akt.
Vorneweg: den ursprünglichen Artikel vom 23. Feb. 2023 finden Sie hier [1].
Den Bericht über Jens Stoltenbergs Lob für Habermas vom 15. Feb. 2023 finden Sie hier [2].
Was aber ist vorgefallen, das ein derartiges „Update” rechtfertigt?
Die Zeit verändert die Überschrift von Eva Illouz’ Kommentar
Sie haben es richtig gelesen: der ursprüngliche Beitrag von Eva Illouz mit dem Titel „Ich wünsche mir den totalen Sieg” erschien am 15. Feb. 2023 [3], möglicherweise als „Reaktion” auf Habermas’ Essay in der Süddeutschen Zeitung, der am Tag davor erschien [4].
Zur Erinnerung (Screenshot des Autors):
Kurioserweise wurde der Titel des Kommentars knapp nachdem ich den Screenshot angefertigt hatte von der Redaktion der Zeit verändert:
Auch der zweite Sreenshot ist von mir, aufgenommen heute.
Beachten Sie bitte, dass die „Aktualisierung” nicht verändert wurde, aber die Überschrift sehr wohl. (Nebenbei hat der Beitrag von Eva Illouz seither auch „nur” drei weitere Kommentare nach sich gezogen.)
Die Zeitmacht sich die Welt, wie es ihr gefällt
Nun maße ich mir keineswegs an, meinem Beitrag hier so viel Wirkmächtigkeit zuzumessen, dass die ehrenwerten Herren in der Zeit-Redaktion sich daraufhin bemüßigt fühlten, diese Veränderung herbeizuführen.
Seltsam finde ich das aber schon.
Ist Ihnen, werte Zeit-Redaktion, am 18. Feb. 2023 – dem 80. Jahrestag der berüchtigten Rede von Joseph Goebbels („Wollt Ihr den Totalen Krieg?”) im Berliner Sportpalast – oder danach in etwa eingefallen, wie problematisch der Kommentar ist?
Ich kann dazu nur spekulieren, aber immerhin ist das wohl doch noch irgendjemandem aufgefallen.
Wie dem auch sei, es ist in jedem Fall ein trauriges Beispiel für billigste Propaganda, bezeichnend für den massiven Qualitätsverlust der „Leit- und Qualitätsmedien” und wirft eine Reihe unangenehmer Fragen über redaktionelle Vorgaben – in Kommentaren (!) – auf.
Wer im juste milieu [5] weiterhin an „die gute Seite” blindlings glaubt, für den wird es wohl über kurz oder lang ein „böses Erwachen” geben.
Quellen:
[1] tkp, Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, „Cancelling Habermas: Eine Posse zur “Vergangenheitsbewältigung””, am 23.02.2023, <https://tkp.at/2023/02/23/cancelling-habermas-eine-posse-zur-vergangenheitsbewaeltigung/>, Free21, am 04.03.2023: <https://free21.org/eine-posse-zur-vergangenheitsbewaeltigung/>
[2] tkp, Assoc. Prof. Dr. Stephan Sander-Faes, „NATO-Stoltenberg zum Ukraine-Krieg: “It started in 2014.”” <https://tkp.at/2023/02/15/nato-stoltenberg-zum-ukraine-krieg-it-started-in-2014/>
[3] Zeit, Eva Illouz, „“Ich wünsche mir einen totalen Sieg“”, am 15.02.2023, <https://web.archive.org/web/20230216023638/https://www.zeit.de/2023/08/ukraine-krieg-ende-russland-niederlage>
[4] Süddeutsche Zeitung, Jürgen Habermas, „Ein Plädoyer für Verhandlungen”, am 14.02.2023, <https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/kultur/juergen-habermas-ukraine-sz-verhandlungen-e159105/?reduced=true>
[5] Wikipedia, „Juste Milieu”, <https://de.wikipedia.org/wiki/Juste_Milieu>