Ballweg schießt quer

Von Published On: 25. August 2021Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 04.08.2021 auf www.martinlejeune.de unter der URL <https://www.martinlejeune.de/ballweg-schiesst-quer/> veröffentlicht. Lizenz: Martin Lejeune, Lizenzart: © Martin Lejeune 

Michael Ballweg bei Querdenken 731 in Ulm am 13. Juni 2020. Foto: Wikipedia / Wald-Burger8, Lizenz: CC-BY-SA 4.0

Das „strategische Querdenken-Treffen“ mit Peter Fitzek vom „Königreich Deutschland“ am 15.11.2020 war für den Verfassungsschutz der Startschuss zur Beobachtung der Querdenken-Bewegung. Das Treffen von Ballweg und Fitzek war ein Elfmeter für die Dienste, der erfolgreich verwandelt wurde. Das alles geschah nur drei Tage vor der großen Demo am 18.11.2020 gegen § 28a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Ballweg und andere prominente Querdenken-Protagonisten waren ausgerechnet auf dieser wichtigen Demo nicht zugegen.

Während der Querdenken-Demo am 01.08.2021 in Berlin kam erneut das Thema Michael Ballweg und Peter Fitzek auf. Denn wenige Tage vor der Demo am 01.08.2021 wurden E-Mails veröffentlicht aus Fitzeks „Königreich Deutschland“, die zeigen, dass Michael Ballweg bereits vor dem „strategischen Querdenken-Treffen“ mit Fitzek am 15.11.2020 Staatszugehöriger im „Königreich Deutschland“ war.

Laut einer E-Mail vom „Königreich Deutschland“ vom 03.11.2020 sei Michael Ballweg („michael.ballweg@querdenken-711.de“) als „ordentlicher Staatszugehöriger beim Königreich Deutschland“ registriert. Das hat Ballweg während des Treffens am 15.11.2020 nicht erwähnt.

Problematisch ist die Verbindung von Ballweg zu Peter Fitzek nicht nur, weil Fitzek mehrfach einschlägig vorbestraft ist und eine Monarchie propagiert, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar ist. Fitzeks Zepter, Krone, rote Königsrobe und Thron sind unvereinbar mit einer Bewegung wie Querdenken, die auf den Füßen des Grundgesetzes steht. Inwiefern eignet sich Fitzek als strategischer Partner von Querdenken?

Der 01.08.2021 war ein intensiver Demo-Tag mit viel Bewegung, die sowohl Polizisten als auch Querdenker ins Schwitzen brachte. Während der Demo starb sogar ein 48-jähriges Gründungsmitglied der Partei „dieBasis“ an einem Herzinfarkt. Dieser tragische Vorfall war aber um 18:35 Uhr noch nicht bekannt, als Olaf Sundermeyer (RBB) auf dem Alexanderplatz über Peter Fitzek ein Interview mit Markus Haintz führte, welches der Ulmer Anwalt live streamte und daher sofort für viel Furore sorgte – einschließlich einer Kurzschlussreaktion von Michael Ballweg, der in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe gegen den bei Querdenkern populären Haintz erhebt.

Flagge des Fantasiestaats Königreich Deutschland. Foto: Wikimedia Commons, Lizenz: Public domain

Es würde dem Klima im öffentlichen Debattenraum sehr gut tun, wenn die gebotene Sachlichkeit im Umgang miteinander wieder Einzug hielte. Die Chronik und Fakten des nachfolgenden Überblicks mögen dazu beitragen, eine rationale Diskursgrundlage den vielen Gerüchten und Versionen entgegenzusetzen, die über Ballweg und Fitzek kursieren.

Denn während Ballwegs Kooperation mit „Seiner Königlichen Heiligkeit“ Thomas Gerhardt Hornauer in aller Öffentlichkeit stattfand, bleibt die Verbindung zwischen Ballweg und Fitzek zumeist im Verborgenen – zum Bedauern des öffentlichen Debattenraums. Fitzek hat seinen Thron nicht für alle sichtbar auf oder neben der großen Querdenken-Bühne aufgebaut wie Hornauer, sondern in Hinterzimmern.

Die Bürger, die sich hinter Ballweg unter dem Querdenken-Banner seit April 2020 auf den Straßen unseres Landes versammeln und sich auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt haben, verdienen Transparenz, um am öffentlichen Meinungsaustausch teilzunehmen.

Immerhin finanzieren die Bürger mit ihren privaten Spenden in Millionenhöhe die Bewegung, riskieren ihre Arbeitsplätze, Freundschaften, ihr gesellschaftliches Ansehen und sogar Streit im engsten Familienkreis (Stichwort Weihnachten 2020). Nicht wenige haben durch ihr Bekenntnis zu Querdenken ihre Existenz aufs Spiel gesetzt. Daher sollten Pressemitteilungen der Organisation Querdenken711 auch redlich sein. Der öffentliche Debattenraum von Querdenken darf einen zivilen Diskurs über die Agenda von Michael Ballweg nicht ausschließen.

Für diesen Text habe ich Michael Ballweg nur eine einzige Frage gestellt: „Wann und wo hast Du Dich mit Fitzek getroffen und zu welchem Zweck?“ Leider hat mir Michael darauf nicht geantwortet und auch seit dem Treffen am 18.11.2020 jedes Gespräch über dieses Thema im Keim erstickt. Auch zu dem mehrtätigen Treffen mit Fitzek in einem Kurort vor Pfingsten diesen Jahres sagt Ballweg nichts. Warum diese Geheimniskrämerei, die sich wie ein roter Faden durch Ballwegs Treffen mit Fitzek zieht? Diese Frage kann nur Ballweg beantworten. Ich kann hier nur ein paar Fakten zusammentragen, die als Grundlage der Debatte dienen können.

Michael Ballweg besuchte am 19.10.2020 Peter Fitzek, der sich „Seine Königliche Hoheit König Peter I.“ nennt, auf dem Gelände einer Ex-Fleischkonservenfabrik in Lutherstadt Wittenberg, auf dem sich nach Angaben von Fitzek das Staatsgebiet des „Königreiches Deutschland“ befinden soll.

Das „Königreich Deutschland“ sei laut Fitzek eine Monarchie. Auf der Website von Fitzek ist zu lesen, er wolle das Deutsche Reich „wieder handlungsfähig machen“ und in den Grenzen von 1937 „wiederherstellen“. Die Bundesrepublik sei hingegen gar kein Staat, sondern „nur ein Verwaltungskonstrukt einer Firma“, ein „Gebietsverwalter“ und die Demokratie sei „wider der Natur, also unnatürlich“, sie könne deshalb „keinen dauerhaften Bestand haben“. Das steht so für jedermann öffentlich einsehbar auf der Internetseite vom „Königreich Deutschland“. Davon kann man halten, was man will. Aber mit dem Grundgesetz, das Ballweg seit dem ersten Tag von Querdenken öffentlich zur Schau trägt, ist dies unvereinbar.

„König Peter I.“ schreibt auf seiner Internetseite weiterhin: „Auch die Natur arbeitet auf hierarchische Weise. Sie kennt keine „Demokratie“. Wie könnte denn der Mensch meinen, dass er sich mit einer Demokratie an der Schöpfung ausrichten könnte? Es ist wider der Natur, also unnatürlich, und kann somit keinen dauerhaften Bestand haben.“

Das ist unvereinbar mit einer demokratischen Bürgerrechtsbewegung wie Querdenken.

Ballweg und Fitzek waren am 19.10.2020 gemeinsam mit Fitzeks rechter Hand Marco Ginzel beim Italiener essen. Ballweg soll laut Teilnehmern des Treffens angetan gewesen sein von Fitzeks „Bank“ und ein Konto eröffnet haben. Es sei die Idee diskutiert worden, in weiteren Städten „Bank“-Filialen zu gründen mit Hilfe der in den lokalen Querdenken-Gruppen organisierten Menschen, erinnern sich Teilnehmer. 

Ballweg habe diesen Plan den führenden Querdenkern vorstellen wollen und habe in der Runde nach einer geeigneten Räumlichkeit gefragt. Ginzel habe Ballweg die vom Verfassungsschutz beobachtete „Hacienda Mexicana“ von Maik Triemer als Treffpunkt für das gemeinsame Treffen der führenden Querdenker und des „Königreiches Deutschland“ empfohlen, so die Teilnehmer.

Am 26.10.2020 war Ballweg auf einem Seminar mit Peter Fitzek und weiteren Mitgliedern von Querdenken711. Seminarort war eine Scheune in Sankt Englmar.

Am 28.10.2020 sandte das „Königreich Deutschland“ eine E-Mail an die offizielle Querdenken711-E-Mail-Anschrift mit dem Wortlaut: „Wir haben mit Maik Triemer gesprochen. Er würde uns sein KRD-Restaurant (bzw. den Saal) in Saalfeld Thüringen für das Treffen am 15.11 zur Verfügung stellen.“

Der in der E-Mail vom „Königreich Deutschland“ genannte Triemer ist ein Betriebswirt aus Rudolstadt, der ohne Gewerbeanmeldung die „Hacienda Mexicana“ betreibt.

Am 29.10.2020 besuchte eine Delegation von Querdenken711 das „Königreich Deutschland“.

Am 03.11.2020 traf sich die Querdenken711-Orga in den Räumlichkeiten eines Swinger- bzw. BDSM-Clubs in Stuttgart. Laut Teilnehmern habe Ballweg dem Querdenken711-Team gesagt, er sei auf dem Seminar von Fitzek gewesen und fahre am 15. November zu Fitzek in die Hacienda Mexicana.

Am 09.11.2020 verschickte Querdenken711 die „Einladung zu dem strategischen Querdenken-Treffen“ ohne zu erwähnen, dass man sich in einem vom Verfassungsschutz beobachteten Restaurant treffe, um einen stundenlangen abstrusen Vortrag von einem mehrfach einschlägig vorbestraften Fitzek zu hören, der ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Das „strategische Querdenken-Treffen“ mit Peter Fitzek vom „Königreich Deutschland“ fand am 15.11.2020 ab 11:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Restaurants Hacienda Mexicana und der Diskothek Prinz statt. Hierbei handelt es sich nach Angaben von Fitzek um das Staatsgebiet des „Königreiches Deutschland“.

Die GemeinwohlKasse ist eine von Peter Fitzek bzw. dem Königreich Deutschland erfundene Neuerscheinung seiner bisherigen Königlichen Reichsbank. Foto: Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Am Eingang des Veranstaltungsortes steht auf der „Hausordnung“: „Mit dem Betreten der Räumlichkeiten sind Sie temporär Staatsangehöriger des Königreiches Deutschland und damit einverstanden.“

Auf den Tischen lagen für die Querdenker diese drei Dokumente zum Ausfüllen aus:

– ein „Kapital-Überlassungs-Vertrag“ an die Königliche „Gemeinwohlkasse“

– ein Antrag auf Eröffnung eines „E-Mark Kontos“ bei der „Königlichen Reichsbank“

– die Staatszugehörigkeitserklärung für das „Königreich Deutschlands“, einschließlich der Bekennung zur Verfassung des „Königreiches Deutschlands“.

Das hat eigentlich nichts mit Querdenken zu tun, sondern klingt eher nach einer Kaffeefahrt.

– Blaue Kugelschreiber waren in großer Zahl in Griffweite platziert, um sofort unterschreiben zu können.

Um 13:00 Uhr erhielt die Polizei einen Anruf, dass es in der Hacienda Mexicana eine Veranstaltung gebe.

Um ca. 13:30 Uhr betraten vier Polizisten der Landespolizei Thüringen den Speisesaal der Hacienda Mexicana, in dem an mehreren Tischen gegessen und getrunken wurde. Die Einsatzleitung oblag Herrn Erstem Polizeihauptkommissar Dörfer von der Landespolizei-Inspektion Saalfeld.

Die Teilnehmer wurden von weiteren Kräften der Polizei umstellt. Ein paar Teilnehmer versuchten, über den Zaun zu türmen, aber die Polizei hatte das gesamte Gelände umstellt und die Umgebung gesichert. An allen Ausgängen und Zäunen waren Polizeibeamte positioniert und die Straßen mit Polizeiautos abgesperrt.

An den Zufahrtsstraßen zur Hacienda gab es Polizeisperren mit Fahrzeugkontrollen.

Übrigens gab es am 29.07.2020 schon einmal eine „Razzia im ‚Königreich Deutschland‘“: in den Räumlichkeiten des Restaurants L’arcangelo in Köln-Holweide: Mitarbeiter des Kölner Ordnungsamts betraten in Begleitung der Polizei das Restaurant, das Teil des „Königreiches Deutschland“ sein soll. Das hätte der Orga des Treffens vom 15.11.2020 eine Warnung gewesen sein können.

Am 17.11. um 22:23 Uhr verschickte Ballweg die Pressemitteilung zum „Arbeitstreffen am 15.11. in Wöhlsdorf bei Saalfeld“. Darin steht: „Die Auswahl der Örtlichkeit erfolgte durch das Team von QUERDENKEN711.“

Wie oft, wie lange und wozu sich Fitzek und Ballweg nach ihrem Arbeitstreffen am 15.11.2020 noch trafen, dazu schweigt sich Michael Ballweg aus. Auch zu dem längeren Treffen vor Pfingsten in dem schönen Kurort sagt er nichts. Offenheit und Integrität auf allen Ebenen sieht anders aus.

Ballweg schießt quer

Von Published On: 25. August 2021Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 04.08.2021 auf www.martinlejeune.de unter der URL <https://www.martinlejeune.de/ballweg-schiesst-quer/> veröffentlicht. Lizenz: Martin Lejeune, Lizenzart: © Martin Lejeune 

Michael Ballweg bei Querdenken 731 in Ulm am 13. Juni 2020. Foto: Wikipedia / Wald-Burger8, Lizenz: CC-BY-SA 4.0

Das „strategische Querdenken-Treffen“ mit Peter Fitzek vom „Königreich Deutschland“ am 15.11.2020 war für den Verfassungsschutz der Startschuss zur Beobachtung der Querdenken-Bewegung. Das Treffen von Ballweg und Fitzek war ein Elfmeter für die Dienste, der erfolgreich verwandelt wurde. Das alles geschah nur drei Tage vor der großen Demo am 18.11.2020 gegen § 28a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Ballweg und andere prominente Querdenken-Protagonisten waren ausgerechnet auf dieser wichtigen Demo nicht zugegen.

Während der Querdenken-Demo am 01.08.2021 in Berlin kam erneut das Thema Michael Ballweg und Peter Fitzek auf. Denn wenige Tage vor der Demo am 01.08.2021 wurden E-Mails veröffentlicht aus Fitzeks „Königreich Deutschland“, die zeigen, dass Michael Ballweg bereits vor dem „strategischen Querdenken-Treffen“ mit Fitzek am 15.11.2020 Staatszugehöriger im „Königreich Deutschland“ war.

Laut einer E-Mail vom „Königreich Deutschland“ vom 03.11.2020 sei Michael Ballweg („michael.ballweg@querdenken-711.de“) als „ordentlicher Staatszugehöriger beim Königreich Deutschland“ registriert. Das hat Ballweg während des Treffens am 15.11.2020 nicht erwähnt.

Problematisch ist die Verbindung von Ballweg zu Peter Fitzek nicht nur, weil Fitzek mehrfach einschlägig vorbestraft ist und eine Monarchie propagiert, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar ist. Fitzeks Zepter, Krone, rote Königsrobe und Thron sind unvereinbar mit einer Bewegung wie Querdenken, die auf den Füßen des Grundgesetzes steht. Inwiefern eignet sich Fitzek als strategischer Partner von Querdenken?

Der 01.08.2021 war ein intensiver Demo-Tag mit viel Bewegung, die sowohl Polizisten als auch Querdenker ins Schwitzen brachte. Während der Demo starb sogar ein 48-jähriges Gründungsmitglied der Partei „dieBasis“ an einem Herzinfarkt. Dieser tragische Vorfall war aber um 18:35 Uhr noch nicht bekannt, als Olaf Sundermeyer (RBB) auf dem Alexanderplatz über Peter Fitzek ein Interview mit Markus Haintz führte, welches der Ulmer Anwalt live streamte und daher sofort für viel Furore sorgte – einschließlich einer Kurzschlussreaktion von Michael Ballweg, der in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe gegen den bei Querdenkern populären Haintz erhebt.

Flagge des Fantasiestaats Königreich Deutschland. Foto: Wikimedia Commons, Lizenz: Public domain

Es würde dem Klima im öffentlichen Debattenraum sehr gut tun, wenn die gebotene Sachlichkeit im Umgang miteinander wieder Einzug hielte. Die Chronik und Fakten des nachfolgenden Überblicks mögen dazu beitragen, eine rationale Diskursgrundlage den vielen Gerüchten und Versionen entgegenzusetzen, die über Ballweg und Fitzek kursieren.

Denn während Ballwegs Kooperation mit „Seiner Königlichen Heiligkeit“ Thomas Gerhardt Hornauer in aller Öffentlichkeit stattfand, bleibt die Verbindung zwischen Ballweg und Fitzek zumeist im Verborgenen – zum Bedauern des öffentlichen Debattenraums. Fitzek hat seinen Thron nicht für alle sichtbar auf oder neben der großen Querdenken-Bühne aufgebaut wie Hornauer, sondern in Hinterzimmern.

Die Bürger, die sich hinter Ballweg unter dem Querdenken-Banner seit April 2020 auf den Straßen unseres Landes versammeln und sich auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt haben, verdienen Transparenz, um am öffentlichen Meinungsaustausch teilzunehmen.

Immerhin finanzieren die Bürger mit ihren privaten Spenden in Millionenhöhe die Bewegung, riskieren ihre Arbeitsplätze, Freundschaften, ihr gesellschaftliches Ansehen und sogar Streit im engsten Familienkreis (Stichwort Weihnachten 2020). Nicht wenige haben durch ihr Bekenntnis zu Querdenken ihre Existenz aufs Spiel gesetzt. Daher sollten Pressemitteilungen der Organisation Querdenken711 auch redlich sein. Der öffentliche Debattenraum von Querdenken darf einen zivilen Diskurs über die Agenda von Michael Ballweg nicht ausschließen.

Für diesen Text habe ich Michael Ballweg nur eine einzige Frage gestellt: „Wann und wo hast Du Dich mit Fitzek getroffen und zu welchem Zweck?“ Leider hat mir Michael darauf nicht geantwortet und auch seit dem Treffen am 18.11.2020 jedes Gespräch über dieses Thema im Keim erstickt. Auch zu dem mehrtätigen Treffen mit Fitzek in einem Kurort vor Pfingsten diesen Jahres sagt Ballweg nichts. Warum diese Geheimniskrämerei, die sich wie ein roter Faden durch Ballwegs Treffen mit Fitzek zieht? Diese Frage kann nur Ballweg beantworten. Ich kann hier nur ein paar Fakten zusammentragen, die als Grundlage der Debatte dienen können.

Michael Ballweg besuchte am 19.10.2020 Peter Fitzek, der sich „Seine Königliche Hoheit König Peter I.“ nennt, auf dem Gelände einer Ex-Fleischkonservenfabrik in Lutherstadt Wittenberg, auf dem sich nach Angaben von Fitzek das Staatsgebiet des „Königreiches Deutschland“ befinden soll.

Das „Königreich Deutschland“ sei laut Fitzek eine Monarchie. Auf der Website von Fitzek ist zu lesen, er wolle das Deutsche Reich „wieder handlungsfähig machen“ und in den Grenzen von 1937 „wiederherstellen“. Die Bundesrepublik sei hingegen gar kein Staat, sondern „nur ein Verwaltungskonstrukt einer Firma“, ein „Gebietsverwalter“ und die Demokratie sei „wider der Natur, also unnatürlich“, sie könne deshalb „keinen dauerhaften Bestand haben“. Das steht so für jedermann öffentlich einsehbar auf der Internetseite vom „Königreich Deutschland“. Davon kann man halten, was man will. Aber mit dem Grundgesetz, das Ballweg seit dem ersten Tag von Querdenken öffentlich zur Schau trägt, ist dies unvereinbar.

„König Peter I.“ schreibt auf seiner Internetseite weiterhin: „Auch die Natur arbeitet auf hierarchische Weise. Sie kennt keine „Demokratie“. Wie könnte denn der Mensch meinen, dass er sich mit einer Demokratie an der Schöpfung ausrichten könnte? Es ist wider der Natur, also unnatürlich, und kann somit keinen dauerhaften Bestand haben.“

Das ist unvereinbar mit einer demokratischen Bürgerrechtsbewegung wie Querdenken.

Ballweg und Fitzek waren am 19.10.2020 gemeinsam mit Fitzeks rechter Hand Marco Ginzel beim Italiener essen. Ballweg soll laut Teilnehmern des Treffens angetan gewesen sein von Fitzeks „Bank“ und ein Konto eröffnet haben. Es sei die Idee diskutiert worden, in weiteren Städten „Bank“-Filialen zu gründen mit Hilfe der in den lokalen Querdenken-Gruppen organisierten Menschen, erinnern sich Teilnehmer. 

Ballweg habe diesen Plan den führenden Querdenkern vorstellen wollen und habe in der Runde nach einer geeigneten Räumlichkeit gefragt. Ginzel habe Ballweg die vom Verfassungsschutz beobachtete „Hacienda Mexicana“ von Maik Triemer als Treffpunkt für das gemeinsame Treffen der führenden Querdenker und des „Königreiches Deutschland“ empfohlen, so die Teilnehmer.

Am 26.10.2020 war Ballweg auf einem Seminar mit Peter Fitzek und weiteren Mitgliedern von Querdenken711. Seminarort war eine Scheune in Sankt Englmar.

Am 28.10.2020 sandte das „Königreich Deutschland“ eine E-Mail an die offizielle Querdenken711-E-Mail-Anschrift mit dem Wortlaut: „Wir haben mit Maik Triemer gesprochen. Er würde uns sein KRD-Restaurant (bzw. den Saal) in Saalfeld Thüringen für das Treffen am 15.11 zur Verfügung stellen.“

Der in der E-Mail vom „Königreich Deutschland“ genannte Triemer ist ein Betriebswirt aus Rudolstadt, der ohne Gewerbeanmeldung die „Hacienda Mexicana“ betreibt.

Am 29.10.2020 besuchte eine Delegation von Querdenken711 das „Königreich Deutschland“.

Am 03.11.2020 traf sich die Querdenken711-Orga in den Räumlichkeiten eines Swinger- bzw. BDSM-Clubs in Stuttgart. Laut Teilnehmern habe Ballweg dem Querdenken711-Team gesagt, er sei auf dem Seminar von Fitzek gewesen und fahre am 15. November zu Fitzek in die Hacienda Mexicana.

Am 09.11.2020 verschickte Querdenken711 die „Einladung zu dem strategischen Querdenken-Treffen“ ohne zu erwähnen, dass man sich in einem vom Verfassungsschutz beobachteten Restaurant treffe, um einen stundenlangen abstrusen Vortrag von einem mehrfach einschlägig vorbestraften Fitzek zu hören, der ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Das „strategische Querdenken-Treffen“ mit Peter Fitzek vom „Königreich Deutschland“ fand am 15.11.2020 ab 11:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Restaurants Hacienda Mexicana und der Diskothek Prinz statt. Hierbei handelt es sich nach Angaben von Fitzek um das Staatsgebiet des „Königreiches Deutschland“.

Die GemeinwohlKasse ist eine von Peter Fitzek bzw. dem Königreich Deutschland erfundene Neuerscheinung seiner bisherigen Königlichen Reichsbank. Foto: Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Am Eingang des Veranstaltungsortes steht auf der „Hausordnung“: „Mit dem Betreten der Räumlichkeiten sind Sie temporär Staatsangehöriger des Königreiches Deutschland und damit einverstanden.“

Auf den Tischen lagen für die Querdenker diese drei Dokumente zum Ausfüllen aus:

– ein „Kapital-Überlassungs-Vertrag“ an die Königliche „Gemeinwohlkasse“

– ein Antrag auf Eröffnung eines „E-Mark Kontos“ bei der „Königlichen Reichsbank“

– die Staatszugehörigkeitserklärung für das „Königreich Deutschlands“, einschließlich der Bekennung zur Verfassung des „Königreiches Deutschlands“.

Das hat eigentlich nichts mit Querdenken zu tun, sondern klingt eher nach einer Kaffeefahrt.

– Blaue Kugelschreiber waren in großer Zahl in Griffweite platziert, um sofort unterschreiben zu können.

Um 13:00 Uhr erhielt die Polizei einen Anruf, dass es in der Hacienda Mexicana eine Veranstaltung gebe.

Um ca. 13:30 Uhr betraten vier Polizisten der Landespolizei Thüringen den Speisesaal der Hacienda Mexicana, in dem an mehreren Tischen gegessen und getrunken wurde. Die Einsatzleitung oblag Herrn Erstem Polizeihauptkommissar Dörfer von der Landespolizei-Inspektion Saalfeld.

Die Teilnehmer wurden von weiteren Kräften der Polizei umstellt. Ein paar Teilnehmer versuchten, über den Zaun zu türmen, aber die Polizei hatte das gesamte Gelände umstellt und die Umgebung gesichert. An allen Ausgängen und Zäunen waren Polizeibeamte positioniert und die Straßen mit Polizeiautos abgesperrt.

An den Zufahrtsstraßen zur Hacienda gab es Polizeisperren mit Fahrzeugkontrollen.

Übrigens gab es am 29.07.2020 schon einmal eine „Razzia im ‚Königreich Deutschland‘“: in den Räumlichkeiten des Restaurants L’arcangelo in Köln-Holweide: Mitarbeiter des Kölner Ordnungsamts betraten in Begleitung der Polizei das Restaurant, das Teil des „Königreiches Deutschland“ sein soll. Das hätte der Orga des Treffens vom 15.11.2020 eine Warnung gewesen sein können.

Am 17.11. um 22:23 Uhr verschickte Ballweg die Pressemitteilung zum „Arbeitstreffen am 15.11. in Wöhlsdorf bei Saalfeld“. Darin steht: „Die Auswahl der Örtlichkeit erfolgte durch das Team von QUERDENKEN711.“

Wie oft, wie lange und wozu sich Fitzek und Ballweg nach ihrem Arbeitstreffen am 15.11.2020 noch trafen, dazu schweigt sich Michael Ballweg aus. Auch zu dem längeren Treffen vor Pfingsten in dem schönen Kurort sagt er nichts. Offenheit und Integrität auf allen Ebenen sieht anders aus.