Wenn der Hegemon warnt
Die Warnungen der USA beruhen auf der allseits und unverändert verbreiteten Geschichte, dass „Assad Krieg gegen sein eigenes Volk führt“. Das ist die große, zu hinterfragende Geschichte, deren Teilnehmer Sie werden, wenn Sie ihrer Vereinnahmung unterliegen. Gestützt wird diese Geschichte von vielen kleinen, emotional wirkmächtigen Geschichten, die Ihre Parteinahme fordern und stärken und Sie Stellung beziehen lassen GEGEN eine Seite. Wenn das für Sie fühlbar wird, empfehle ich die Suche nach einer tatsächlich glaubwürdigen Geschichte.
Die US-Regierung hat die syrische Regierung erneut davor gewarnt, gegen illegal Bewaffnete im eigenen Land vorzugehen. Natürlich spricht Heather Nauert nicht von den Sektierern der al-Nusra und des Islamischen Staates, sondern versteckt dies hinter der Sorge um das Wohl der Zivilbevölkerung (1,b1)
Wenn Syrien gegen bewaffnete, religiös fanatisierte, islamistische Sektierer vorgeht, tauscht die westliche Meinungsmaschine diese einfach aus gegen die „unschuldige Zivilbevölkerung“. Das funktioniert so seit sieben Jahren. Ist das, was die Regierungssprecherin da von sich gibt, glaubwürdig, ja ist es überhaupt in sich schlüssig?
Nein, das ist es eben nicht.
Denn Zivilbevölkerung beinhaltet das Wort „Zivil“ und das inkludiert Menschen, die UNBEWAFFNET sind. Territorien, die von Unbewaffneten besiedelt sind, werden von Bewaffneten, wie es die Syrische Arabische Armee (SAA) ja ist, schlicht übernommen. Da findet kein Kampf statt.
Im Südwesten Syriens kämpfen also die SAA und ihre Verbündeten seit sieben Jahren gegen Zivilisten – gegen UNBEWAFFNETE?
Was soll das denn für eine Armee sein, die es in sieben Jahren nicht hinbekommt, ein paar hunderttausend UNBEWAFFNETE zu überwältigen?
Richtig, das ist Quatsch, aber diesen Quatsch bringt eine Sprecherin der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zum Besten.
Bringen wir eine zweite Sicht ein, eine die größer ist und nicht nur das Gebiet umfasst, von dem die USA vorgeben, sie wären dort Garantiemacht eines Waffenstillstandes – was sie nicht sind. Schauen wir uns die aktuelle militärische Lagekarte zu Syrien an. Von der unteren Bildmitte verläuft fast schnurgerade die sogenannten Sykes-Picot-Linie, die dort die syrische Staatsgrenze zu Jordanien und dem Irak bildet. In diesem Bereich gibt es zwei hellgrüne Flächen und dazu drei graue – und ein paar erklärungswürdige Symbole (b2).
Links unten erkennen Sie das Gebiet um Daraa und Suweida; das Gebiet, in dem die USA vorgeben, Zivilisten schützen zu müssen, die seit sieben Jahren, obwohl ja Zivilisten und damit unbewaffnet, nach Strich und Faden in die Steinzeit bombardiert und mit Giftgas eingenebelt werden.
Noch einmal: Solch eine Geschichte – mag sie noch so in den Massenmedien hoch und runtergebetet werden – ist einfach Schwachsinn.
Das spielt aber keine Rolle, wenn sie im Rahmen einer manipulativen Vereinnahmung der Menschen erzählt wird. Und das ist leider die Realität.
Um also die dargebotene Sicht der US-Regierung als Propaganda zu entlarven, benötigen Sie nicht einmal eine zweite oder dritte Sicht. Sie benötigen lediglich Abstand und das Einschalten Ihrer Ratio, um zu bemerken, dass man mit IHNEN ein böses Spiel treibt. Denn die Menschen dort in Syrien wissen sehr genau, was in ihrem Land vorgeht.
Eine gesunde Skepsis und das durch Selbsterkenntnis betriebene Entziehen aus dem Propagandasog lassen Sie also recht schnell Lügen erkennen. Es ist daher nicht so, dass Sie hilflos vor der Frage stehen: „Wem soll ich denn glauben?“ IHNEN selbst können Sie glauben, denn Sie selbst haben es in der Hand (oder besser im Kopf) und Sie können sich auf diese Weise eine souveräne Meinung bilden.
Einem kritischen Geist stellt sich folgerichtig die Frage, warum denn um alles in der Welt, die US-Regierung der Welt einen solchen Schwachsinn auftischen kann.
Ein sehr guter Freund hat mich kürzlich auf ein Buch von Arno Gruen aufmerksam gemacht, dessen Titel die Antwort schon andeutet: „Der Wahnsinn der Normalität“ (2).
Wenn es alle sagen; wenn es der Standard, die ständig wiederholte Geschichte ist. Dann kann auch die größte Lüge Einzug halten und wie eine Wahrheit – und zwar absolute, unumstößliche, nicht mehr des Beweises notwendige Wahrheit – im Leben der Gesellschaften Einzug halten. In einem Klima, in dem das möglich ist, wird jeder, der die vermeintliche Wahrheit in Frage stellt und damit die „Normalen“ in Dissonanz bringt, als Lügner ausgegrenzt. Tatsächlich selbst zu sein und die eigene Sicht zu benutzen, ist verboten, ja man verbietet es sich gar selbst. Mit dem Selbstbetrug, dem sich selbst nicht glauben, glaubt man dafür die fremden „Wahrheiten“.
Obwohl das Statement der US-Regierung sehr leicht der enthaltenen Lügen überführt werden kann, wird es – zumindest in den westlichen Gesellschaften – von der Mehrheit der Bevölkerung wie eine Meldung aus dem Wahrheitsministerium entgegen genommen.
Gesellschaften, die jede gesunde Skepsis gegenüber der Macht aufgeben, gehen auch in jeden Krieg.
Warum es so viele Menschen glauben, den Nonsens, den die US-Regierungssprecherin Nauert ihrem Publikum verklickert, ist die eine Seite. Die andere ist jedoch, welche Motive überhaupt dahinter stecken, solche Geschichten zu erzählen.
Wenn Wahrheit vertuscht werden soll – wozu die wahren eigenen Motive von Worten und Handlungen gehören – und dies kollektiv von Menschengruppen praktiziert wird, dann spricht man im Allgemeinen von: einer Verschwörung.
Um Gottes Willen, bäumt sich in Ihnen auch gerade alles auf, so ich doch das verbotene Wort fallen ließ?
Zoomen wir doch einmal in obige Karte hinein (b2):
Wir sehen mehrere nicht rote Flächen, die sich regelrecht an die Grenzen zu anderen Staaten schmiegen. Das grünfarbige Gebiet links wird von den folgenden „oppositionellen“ Milizen beherrscht: Hayat Tahrir al-Sham (HTS), der Freien Syrischen Armee (FSA) und dem Islamischen Staat (IS). Der Islamische Staat (kleine graue Fläche) hat einen exponierten Zufluchtsort im Dreieck der Grenzen zu Jordanien und den widerrechtlich von Israel besetzten Golanhöhen.
Es ist allgemein bekannt, dass HTS ein Extrakt von al-Qaida ist und aus radikalen jihadistischen Extremisten besteht. Ihr Ziel ist dem des IS prinzipiell gleich und besteht in der Errichtung einer Art von Kalifat, welches eine radikale, selektive Spielart des Islam als Rechtsform implementiert (3). So etwas ähnliches kann der geneigte Leser im Saudi-Arabien unserer Tage erkennen.
Die FSA ist von den USA – nachdem sie im Jahre 2014 praktisch aufgehört hatte, zu existieren –komplett neu aufgebaut worden und besteht aus Leuten, die volkstümlich gesagt, „Umgeflaggte“ genannt werden. Was die FSA aber auf gar keinen Fall darstellt, ist die sehr bewusst im Namen verankerte Irreführung, es handelte sich um die legitimierte Armee des „neuen Syrien“. Ganz im Gegenteil operieren diese Milizen genauso illegal wie HTS.
Also versuchen die USA sehr offensichtlich nicht die Zivilbevölkerung zu schützen, sondern dafür militärische Formationen, die mehrheitlich aus Nicht-Syrern bestehen und die in ihrem, nämlich dem Interesse der USA in Syrien operieren. Die USA betätigen sich im wahrsten Sinne des Wortes als Schutzmacht für Söldner, die direkt oder indirekt in ihrem Auftrag Krieg gegen Syrien führen. Von einem Aufstand in Daraa konnte und kann keine Rede sein. Insbesondere der Südteil von Daraa wird von HTS beherrscht, von Terroristen (4).
Die „Sorge um die Zivilbevölkerung“ ist vorgeschoben, sie ist heuchlerisch. Es ist auch nur der Vergesslichkeit der Menschen zu verdanken, dass die USA diese Karte überhaupt ziehen dürfen. US-Militär und Geheimdienste haben nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges dessen Dimensionen in 70 Jahren „Friedenszeit“ reproduziert. Millionen tote Zivilisten in Korea, Vietnam, Laos, Kambodscha, Libyen, Irak, Iran, Afghanistan, Sudan, Guatemala, Honduras, Chile, Nikaragua, Jugoslawien (Liste unvollständig) – nicht zuletzt in Syrien selbst (!) sind der traurige Beleg.
Die Lüge von der Sorge um die Zivilbevölkerung ergänzen die Militärstrategen mit ihrer Geschichte des unermüdlichen Kampfes gegen Daesh (Islamischer Staat, IS), ihrem Blankoschein, um völkerrechtsbrechend in Syrien Krieg zu führen. Dabei steht dem Völkerrechtsbrecher treu dienend Deutschland zur Seite. Die Bevölkerung aber wird ruhig gestellt, weil der Krieg ja „immerhin gegen Terroristen“ geführt wird. Nur:
So wird er ihnen zwar als „Krieg gegen den Terror“ verkauft, allerdings wird dieser Krieg in Wirklichkeit MIT Terroristen gegen Syrien geführt. Für die Gläubigen hierzulande gibt es zur Sedierung so etwas wie das hier (b3):
„Freie Syrische Armee“ hatten wir weiter oben schon besprochen. Hinzu kommen nun die „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (Syrian Democratic Forces, SDF). Das Neusprech verbirgt in beiden Fällen, wer in diesen Einheiten so alles Dienst tut und auf Geheiß wessen Herrn und Meisters sie arbeiten. „Frei“ und „demokratisch“ ist da gar nichts. Da betätigen sich Söldner einer ausländischen Macht und sorgen dafür, dass Syrien nicht zur Ruhe kommt.
Menschen, die sich vor Jahren diesen Militanten anschlossen – was nun speziell auch für das Gebiet Suweida, Daraa gilt – haben nun ein Problem. Einerseits sind sie des Krieges selbst längst überdrüssig. Sie sind auch entzaubert ob des gewalttätigen, sektiererischen und damit unversöhnlichen Charakters, der die „Opposition“ führenden Kräfte. Bestrebungen, in Versöhnungs-Verhandlungen mit der syrischen Regierung zu gehen, sind da lebensgefährlich. Abweichler werden umgehend zu Feinden und dürfen um ihre blanke physische Existenz bangen. Dieses „Mitmachen müssen“ ist ein Opportunismus besonderer Art. Das ist allzu verständlich und erklärt, warum Syriens Regierung den Versöhnungs-Prozess seit vielen Jahren betreibt. Weil so etwas Zeit benötigt und mit bitteren Rückschlägen verbunden ist.
Wenn Sie die Presseveröffentlichungen von und über Inherent Resolve durchforsten, werden Sie sich vielleicht fragen, wie es, in Anbetracht der täglichen Erfolgsmeldungen über die Bekämpfung des IS, möglich ist, dass dieser als nennenswerte Kraft überhaupt noch existiert (5).
Möglich sind für mich mehrere Antworten. Es könnte sein, dass die stärkste Militärstreitmacht der Welt unfähig ist, ein paar tausend Bewaffnete in der lebensfeindlichen Wüste wirksam zu bekämpfen. Dann liest man von den erfolgreichen Liquidierungen, über die Jahre hinweg und fragt sich, ob da irgendwo ein nicht erkanntes IS-Schlangennest wuchert, dass täglich dutzende neue IS-Terroristen ausbrütet und dazu gleich noch mit moderner Ausrüstung, einschließlich Waffen, versieht. Beide Geschichten sind abstrus, sie sind unglaubwürdig, wenn man sich nicht einwickeln lässt und sie hinterfragt.
Es ist natürlich noch eine ganz andere Antwort möglich:
Inherent Resolve bekämpft überhaupt nicht den Islamischen Staat, sondern unterstützt ihn!
Schauen Sie hierzu nochmals auf den Kartenausschnitt Zoom von b2:
Die Symbole mit den Schusswaffen erklären uns, dass die syrische Armee im Gebiet zwischen Suweida und al-Tanf (rot gefärbtes Symbol) Zellen des IS bekämpft, die sich dort in einem weitläufigen erloschenen Vulkangebiet verschanzt haben und offenbar noch immer mit Waffen und lebensnotwendigem Nachschub versorgt werden.
„Zufälligerweise“ sehen Sie einige Dutzend Kilometer nordöstlich ein „Schutzgebiet“, dass sich die USA selbstherrlich angeeignet haben. Dort, in der Gegend um al-Tanf, hat eine Annexion durch die USA stattgefunden, dort betreibt deren Militär Basen und dort sehen Sie zwei schwarz eingefärbte Symbole. Diese Symbole stehen für Zellen des IS. Besser kann man die Wirtsbeziehung gar nicht visualisieren.
Der IS findet Schutz in den „Schutzgebieten“ der US-Amerikaner und ihrer Verbündeten. Dort kann er sich dem Zugriff durch die syrische Armee entziehen, reorganisieren und von dort aus kann er wieder aktiv werden. Dazu wird er mit den Aufklärungsdaten von Tornados der deutschen Luftwaffe versorgt. Unterstützend greift die US-Luftwaffe systematisch syrische Truppen an, die sich in genau dieser Gegend mit der Bekämpfung des IS befassen (6), wovon immerhin auch die ARD-Tagesschau berichtete (7).
Der Kampf von Inherent Resolve gegen den Islamischen Staat ist nichts weiter als eine Geschichte. Geschichten müssen nicht stattgefunden haben, sie müssen erzählt werden. Als kontinuierlich verbreitete Erzählung müssen sie sich in unsere Köpfe einbrennen und damit Basis – nicht hinterfragte Grundlage – unseres Denkens werden.
Der säkulare Staat Syrien ist den Vertretern einer durchglobalisierten Welt ein Dorn im Auge, denn er nahm und nimmt für sich in Anspruch, tatsächlich souverän zu sein. Dazu gehört die freie Wahl des politischen Systems, der Handelspartner, die Art des Umgangs mit Währungen, die nationalen Interessen untergeordnete Handhabung von Zöllen und nicht zuletzt das militärische – und politische Bündnis, in dem sich Syriens Gesellschaft am besten vertreten sieht.
DAS war es, Syriens Ungehorsam, was die westlichen Mächte gegen das Land aufbrachte und deren Bemühen einleitete, Syrien unermüdlich wie unerbittlich zu disziplinieren, selbst um den Preis zahlloser Menschenleben und den eines wirtschaftlich zerrütteten und zerstörten Landes. So brutal aber hätte man den Krieg gegen Syrien nie und nimmer verkaufen können. Der Krieg musste in eine verwirrende Sprache von Frieden, Demokratie und Menschenrechten gekleidet werden. Sein brutales Gesicht erhielt – wie gehabt – den Schleier von Neusprech.
Deutschland führt diesen Krieg unbeirrt weiter, im Großen und Ganzen unsichtbar für die Bevölkerung, der die Gehirne mit Begriffen wie „Geberland“, „Stabilitätsanker“ und „Syrien-Hilfe“ vernebelt werden. Die deutsche Bundeskanzlerin umwirbt mit Millionengeldern die Nachbarn Syriens, nämlich den Libanon und Jordanien, um sie weiter an die westliche Politik zu ketten (8,9). Parallel dazu bearbeitet das US-Außenministerium das höchst fragile jordanische Königreich (10), von dem aus in bedeutendem Ausmaß der Krieg gegen Syrien geführt wird.
Dahinter steckt System. Syrien soll dauerhaft geschwächt bleiben, Menschen die Rückreise in ihr Heimatland auf allen möglichen Ebenen unappetitlich gemacht werden. Auch die EU pumpt Geld nach Jordanien und Syrien und nennt das allen Ernstes „Unterstützung für die Zukunft Syriens“ (11). Fragt sich welche Zukunft die EU für Syrien geplant hat. Dass es eine im Interesse der Syrer ist, darf bezweifelt werden. Parallel dazu werden die Wirtschaftssanktionen eben der EU gegen Syrien fortgeführt und zwar mit dieser Behauptung:
„Angesichts der anhaltenden Repressionen gegen die Zivilbevölkerung in Syrien beschloss die EU, ihre restriktiven Maßnahmen gegen das syrische Regime und seine Unterstützer im Einklang mit der EU-Strategie für Syrien aufrecht zu erhalten.“ (12)
Das ist eine Lüge; basierend auf einer widersinnigen Begründung, aber immer und immer wiederholt durch Politik und deren Sprachrohre, die Medien. So zur Wahrheit geworden, fragt doch keiner mehr nach der inneren Logik, geschweige denn, dass man handfeste Beweise anfordern würde. Wenn keiner mehr danach fragt, braucht man sie auch nicht mehr, die Beweise. Sehr bequem. Die Meinungsmacht kann einfach behaupten und der Gläubige glaubt seinem Gott. Wie auch dieser Lüge hier, entnommen aus den Sanktionsbegründungen der Europäischen Union:
„Die zuletzt in die Liste aufgenommenen Personen hatten eine Rolle beim Einsatz von Chemiewaffen gespielt, wie dies auch der Fall bei den vier Personen war, die am 19. März 2018 in die Sanktionsliste aufgenommen wurden.“ (13)
Die EU ist eine Schande – da passt das Wiederkäuen der Lüge von „Assads Giftgas“ wie die Faust aufs Auge. Als Institution unter Umgehung der Demokratie, von der sie ständig redet, geschaffen, geht sie immer unverblümter als Kriegswerkzeug auf. Orwells Kosmos klopft lautstark an unser aller Tür.
Im Eingangszitat der US-Regierungssprecherin Heather Nauert hatte ich darauf hingewiesen, dass sich solche Lügen sehr rasch entlarven lassen, wenn man die inneren Widersprüche der damit verbundenen Behauptungen erkennt. Was nicht allzu schwer ist, vorausgesetzt, man hat sich zuvor aus der emotionalen Befangenheit, die mit der Propaganda ja beabsichtigt ist, befreit.
Aber mit Lügen wie diesen – mal kleinen, dann wieder großen – wird ein Krieg gegen Syrien fortgeführt. Lüge und Krieg gehen in Symbiose, die Lüge legitimiert den Krieg und verbirgt die Verschwörung, die hinter diesem Krieg steckt, der ihn geradezu erforderlich, gar alternativlos gemacht hat. Die Europäische Union zeigt immer deutlicher ihre Rolle als Kriegsbündnis zur Durchsetzung weitreichender ideologischer und politischer Machtinteressen.
Fazit
Ungeachtet möglicher politischer Absprachen hinter den Kulissen (14) gibt es mitnichten eine Deeskalations-Vereinbarung, die Syrien verpflichtet, den Kampf gegen islamistische Terroristen aufzugeben. Eben weil es sich im Gebiet zwischen Daraa und den Golanhöhen um eines handelt, in welchem Islamisten des IS und von HTS den Ton angeben, erscheint die Sorge der USA in einem ganz anderen Licht, als in dem „unschuldiger Zivilisten“.
Syrien hat das Völkerrecht auf seiner Seite. Es hat mehrfach deutlich gemacht, dass es den Prozess zur vollständigen Wiederherstellung seiner Souveränität konsequent fortführen wird. Das ist es, was die Spitzenpolitik der USA und ihrer westlichen Verbündeten, einschließlich Israelstatsächlich „besorgt“. Denn starke, souveräne Staaten setzen sie, gefangen in der eigenen Paranoia, immer gleich mit gefährlichen Staaten. So projizieren und rechtfertigen sie die eigene Aggression.
Die Warnungen der USA an Syrien sind bereits eine Schönschreibung, denn es handelt sich schlicht um DROHUNGEN. Diese Drohungen sprechen die USA aufgrund eines drohenden Machtverlustes in der Region aus, abgestimmt mit den Drohungen ihrer „Partner“ in Westeuropa. Syrien ist eine Schande, eine Schande aber nicht für Syriens Menschen sondern als Dokument eines verbrecherischen Krieges des selbsternannten westlichen Wertesystems. Dessen darf sich die Gesellschaft hier aber erst einmal bewusst werden.
Bleiben Sie bitte schön aufmerksam.
Quellen:
[1] 21.6.2018; <https://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2018/06/283391.htm> [2] 6.6.2008; <http://www.deutschlandfunkkultur.de/mit-leidenschaft-und-empathie.950.de.html?dram:article_id=136266> [3] Februar 2018; <https://ctc.usma.edu/al-qaida-lost-control-syrian-affiliate-inside-story/> [4] 6.4.2017; <https://southfront.org/hayat-tahrir-al-sham-claimed-seizing-important-areas-in-daraa-photos/> [5] 18.6.2018; <http://www.inherentresolve.mil/Portals/14/2018StrikeReleases/CJTF-OIR%20Strike%20Release%2020180618-02.pdf?ver=2018-06-18-075512-530> [6] 22.6.2018; <https://southfront.org/syrian-war-report-june-22-2018-us-led-coalition-strikes-syrian-army-near-at-tanf/> [7] 18.6.2018; <https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-luftangriff-147.html> [8] 22.6.2018; <https://www.tagesschau.de/ausland/libanon-merkel-101.html> [9] 21.6.2018; <https://www.tagesschau.de/ausland/merkel-jordanien-103.html> [10] 22.6.2018; <https://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2018/06/283442.htm> [11-13] 21.6.2018; <https://ec.europa.eu/germany/news/20180621-libanon-und-jordanien-mit-weiteren-165-mio-euro_de> [14] 21.6.2018; <https://nocheinparteibuch.wordpress.com/2018/06/21/syrische-armee-drueckt-flaschenhals-im-nordosten-von-daraa-weiter-zu/#comment-46748>
Dieser Text wurde zuerst am 24.06.2018 auf www.peds-ansichten.de unter der URL <https://peds-ansichten.de/2018/06/wenn-der-hegemon-warnt/> veröffentlicht. (Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0)
Wenn der Hegemon warnt
Die Warnungen der USA beruhen auf der allseits und unverändert verbreiteten Geschichte, dass „Assad Krieg gegen sein eigenes Volk führt“. Das ist die große, zu hinterfragende Geschichte, deren Teilnehmer Sie werden, wenn Sie ihrer Vereinnahmung unterliegen. Gestützt wird diese Geschichte von vielen kleinen, emotional wirkmächtigen Geschichten, die Ihre Parteinahme fordern und stärken und Sie Stellung beziehen lassen GEGEN eine Seite. Wenn das für Sie fühlbar wird, empfehle ich die Suche nach einer tatsächlich glaubwürdigen Geschichte.
Die US-Regierung hat die syrische Regierung erneut davor gewarnt, gegen illegal Bewaffnete im eigenen Land vorzugehen. Natürlich spricht Heather Nauert nicht von den Sektierern der al-Nusra und des Islamischen Staates, sondern versteckt dies hinter der Sorge um das Wohl der Zivilbevölkerung (1,b1)
Wenn Syrien gegen bewaffnete, religiös fanatisierte, islamistische Sektierer vorgeht, tauscht die westliche Meinungsmaschine diese einfach aus gegen die „unschuldige Zivilbevölkerung“. Das funktioniert so seit sieben Jahren. Ist das, was die Regierungssprecherin da von sich gibt, glaubwürdig, ja ist es überhaupt in sich schlüssig?
Nein, das ist es eben nicht.
Denn Zivilbevölkerung beinhaltet das Wort „Zivil“ und das inkludiert Menschen, die UNBEWAFFNET sind. Territorien, die von Unbewaffneten besiedelt sind, werden von Bewaffneten, wie es die Syrische Arabische Armee (SAA) ja ist, schlicht übernommen. Da findet kein Kampf statt.
Im Südwesten Syriens kämpfen also die SAA und ihre Verbündeten seit sieben Jahren gegen Zivilisten – gegen UNBEWAFFNETE?
Was soll das denn für eine Armee sein, die es in sieben Jahren nicht hinbekommt, ein paar hunderttausend UNBEWAFFNETE zu überwältigen?
Richtig, das ist Quatsch, aber diesen Quatsch bringt eine Sprecherin der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zum Besten.
Bringen wir eine zweite Sicht ein, eine die größer ist und nicht nur das Gebiet umfasst, von dem die USA vorgeben, sie wären dort Garantiemacht eines Waffenstillstandes – was sie nicht sind. Schauen wir uns die aktuelle militärische Lagekarte zu Syrien an. Von der unteren Bildmitte verläuft fast schnurgerade die sogenannten Sykes-Picot-Linie, die dort die syrische Staatsgrenze zu Jordanien und dem Irak bildet. In diesem Bereich gibt es zwei hellgrüne Flächen und dazu drei graue – und ein paar erklärungswürdige Symbole (b2).
Links unten erkennen Sie das Gebiet um Daraa und Suweida; das Gebiet, in dem die USA vorgeben, Zivilisten schützen zu müssen, die seit sieben Jahren, obwohl ja Zivilisten und damit unbewaffnet, nach Strich und Faden in die Steinzeit bombardiert und mit Giftgas eingenebelt werden.
Noch einmal: Solch eine Geschichte – mag sie noch so in den Massenmedien hoch und runtergebetet werden – ist einfach Schwachsinn.
Das spielt aber keine Rolle, wenn sie im Rahmen einer manipulativen Vereinnahmung der Menschen erzählt wird. Und das ist leider die Realität.
Um also die dargebotene Sicht der US-Regierung als Propaganda zu entlarven, benötigen Sie nicht einmal eine zweite oder dritte Sicht. Sie benötigen lediglich Abstand und das Einschalten Ihrer Ratio, um zu bemerken, dass man mit IHNEN ein böses Spiel treibt. Denn die Menschen dort in Syrien wissen sehr genau, was in ihrem Land vorgeht.
Eine gesunde Skepsis und das durch Selbsterkenntnis betriebene Entziehen aus dem Propagandasog lassen Sie also recht schnell Lügen erkennen. Es ist daher nicht so, dass Sie hilflos vor der Frage stehen: „Wem soll ich denn glauben?“ IHNEN selbst können Sie glauben, denn Sie selbst haben es in der Hand (oder besser im Kopf) und Sie können sich auf diese Weise eine souveräne Meinung bilden.
Einem kritischen Geist stellt sich folgerichtig die Frage, warum denn um alles in der Welt, die US-Regierung der Welt einen solchen Schwachsinn auftischen kann.
Ein sehr guter Freund hat mich kürzlich auf ein Buch von Arno Gruen aufmerksam gemacht, dessen Titel die Antwort schon andeutet: „Der Wahnsinn der Normalität“ (2).
Wenn es alle sagen; wenn es der Standard, die ständig wiederholte Geschichte ist. Dann kann auch die größte Lüge Einzug halten und wie eine Wahrheit – und zwar absolute, unumstößliche, nicht mehr des Beweises notwendige Wahrheit – im Leben der Gesellschaften Einzug halten. In einem Klima, in dem das möglich ist, wird jeder, der die vermeintliche Wahrheit in Frage stellt und damit die „Normalen“ in Dissonanz bringt, als Lügner ausgegrenzt. Tatsächlich selbst zu sein und die eigene Sicht zu benutzen, ist verboten, ja man verbietet es sich gar selbst. Mit dem Selbstbetrug, dem sich selbst nicht glauben, glaubt man dafür die fremden „Wahrheiten“.
Obwohl das Statement der US-Regierung sehr leicht der enthaltenen Lügen überführt werden kann, wird es – zumindest in den westlichen Gesellschaften – von der Mehrheit der Bevölkerung wie eine Meldung aus dem Wahrheitsministerium entgegen genommen.
Gesellschaften, die jede gesunde Skepsis gegenüber der Macht aufgeben, gehen auch in jeden Krieg.
Warum es so viele Menschen glauben, den Nonsens, den die US-Regierungssprecherin Nauert ihrem Publikum verklickert, ist die eine Seite. Die andere ist jedoch, welche Motive überhaupt dahinter stecken, solche Geschichten zu erzählen.
Wenn Wahrheit vertuscht werden soll – wozu die wahren eigenen Motive von Worten und Handlungen gehören – und dies kollektiv von Menschengruppen praktiziert wird, dann spricht man im Allgemeinen von: einer Verschwörung.
Um Gottes Willen, bäumt sich in Ihnen auch gerade alles auf, so ich doch das verbotene Wort fallen ließ?
Zoomen wir doch einmal in obige Karte hinein (b2):
Wir sehen mehrere nicht rote Flächen, die sich regelrecht an die Grenzen zu anderen Staaten schmiegen. Das grünfarbige Gebiet links wird von den folgenden „oppositionellen“ Milizen beherrscht: Hayat Tahrir al-Sham (HTS), der Freien Syrischen Armee (FSA) und dem Islamischen Staat (IS). Der Islamische Staat (kleine graue Fläche) hat einen exponierten Zufluchtsort im Dreieck der Grenzen zu Jordanien und den widerrechtlich von Israel besetzten Golanhöhen.
Es ist allgemein bekannt, dass HTS ein Extrakt von al-Qaida ist und aus radikalen jihadistischen Extremisten besteht. Ihr Ziel ist dem des IS prinzipiell gleich und besteht in der Errichtung einer Art von Kalifat, welches eine radikale, selektive Spielart des Islam als Rechtsform implementiert (3). So etwas ähnliches kann der geneigte Leser im Saudi-Arabien unserer Tage erkennen.
Die FSA ist von den USA – nachdem sie im Jahre 2014 praktisch aufgehört hatte, zu existieren –komplett neu aufgebaut worden und besteht aus Leuten, die volkstümlich gesagt, „Umgeflaggte“ genannt werden. Was die FSA aber auf gar keinen Fall darstellt, ist die sehr bewusst im Namen verankerte Irreführung, es handelte sich um die legitimierte Armee des „neuen Syrien“. Ganz im Gegenteil operieren diese Milizen genauso illegal wie HTS.
Also versuchen die USA sehr offensichtlich nicht die Zivilbevölkerung zu schützen, sondern dafür militärische Formationen, die mehrheitlich aus Nicht-Syrern bestehen und die in ihrem, nämlich dem Interesse der USA in Syrien operieren. Die USA betätigen sich im wahrsten Sinne des Wortes als Schutzmacht für Söldner, die direkt oder indirekt in ihrem Auftrag Krieg gegen Syrien führen. Von einem Aufstand in Daraa konnte und kann keine Rede sein. Insbesondere der Südteil von Daraa wird von HTS beherrscht, von Terroristen (4).
Die „Sorge um die Zivilbevölkerung“ ist vorgeschoben, sie ist heuchlerisch. Es ist auch nur der Vergesslichkeit der Menschen zu verdanken, dass die USA diese Karte überhaupt ziehen dürfen. US-Militär und Geheimdienste haben nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges dessen Dimensionen in 70 Jahren „Friedenszeit“ reproduziert. Millionen tote Zivilisten in Korea, Vietnam, Laos, Kambodscha, Libyen, Irak, Iran, Afghanistan, Sudan, Guatemala, Honduras, Chile, Nikaragua, Jugoslawien (Liste unvollständig) – nicht zuletzt in Syrien selbst (!) sind der traurige Beleg.
Die Lüge von der Sorge um die Zivilbevölkerung ergänzen die Militärstrategen mit ihrer Geschichte des unermüdlichen Kampfes gegen Daesh (Islamischer Staat, IS), ihrem Blankoschein, um völkerrechtsbrechend in Syrien Krieg zu führen. Dabei steht dem Völkerrechtsbrecher treu dienend Deutschland zur Seite. Die Bevölkerung aber wird ruhig gestellt, weil der Krieg ja „immerhin gegen Terroristen“ geführt wird. Nur:
So wird er ihnen zwar als „Krieg gegen den Terror“ verkauft, allerdings wird dieser Krieg in Wirklichkeit MIT Terroristen gegen Syrien geführt. Für die Gläubigen hierzulande gibt es zur Sedierung so etwas wie das hier (b3):
„Freie Syrische Armee“ hatten wir weiter oben schon besprochen. Hinzu kommen nun die „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (Syrian Democratic Forces, SDF). Das Neusprech verbirgt in beiden Fällen, wer in diesen Einheiten so alles Dienst tut und auf Geheiß wessen Herrn und Meisters sie arbeiten. „Frei“ und „demokratisch“ ist da gar nichts. Da betätigen sich Söldner einer ausländischen Macht und sorgen dafür, dass Syrien nicht zur Ruhe kommt.
Menschen, die sich vor Jahren diesen Militanten anschlossen – was nun speziell auch für das Gebiet Suweida, Daraa gilt – haben nun ein Problem. Einerseits sind sie des Krieges selbst längst überdrüssig. Sie sind auch entzaubert ob des gewalttätigen, sektiererischen und damit unversöhnlichen Charakters, der die „Opposition“ führenden Kräfte. Bestrebungen, in Versöhnungs-Verhandlungen mit der syrischen Regierung zu gehen, sind da lebensgefährlich. Abweichler werden umgehend zu Feinden und dürfen um ihre blanke physische Existenz bangen. Dieses „Mitmachen müssen“ ist ein Opportunismus besonderer Art. Das ist allzu verständlich und erklärt, warum Syriens Regierung den Versöhnungs-Prozess seit vielen Jahren betreibt. Weil so etwas Zeit benötigt und mit bitteren Rückschlägen verbunden ist.
Wenn Sie die Presseveröffentlichungen von und über Inherent Resolve durchforsten, werden Sie sich vielleicht fragen, wie es, in Anbetracht der täglichen Erfolgsmeldungen über die Bekämpfung des IS, möglich ist, dass dieser als nennenswerte Kraft überhaupt noch existiert (5).
Möglich sind für mich mehrere Antworten. Es könnte sein, dass die stärkste Militärstreitmacht der Welt unfähig ist, ein paar tausend Bewaffnete in der lebensfeindlichen Wüste wirksam zu bekämpfen. Dann liest man von den erfolgreichen Liquidierungen, über die Jahre hinweg und fragt sich, ob da irgendwo ein nicht erkanntes IS-Schlangennest wuchert, dass täglich dutzende neue IS-Terroristen ausbrütet und dazu gleich noch mit moderner Ausrüstung, einschließlich Waffen, versieht. Beide Geschichten sind abstrus, sie sind unglaubwürdig, wenn man sich nicht einwickeln lässt und sie hinterfragt.
Es ist natürlich noch eine ganz andere Antwort möglich:
Inherent Resolve bekämpft überhaupt nicht den Islamischen Staat, sondern unterstützt ihn!
Schauen Sie hierzu nochmals auf den Kartenausschnitt Zoom von b2:
Die Symbole mit den Schusswaffen erklären uns, dass die syrische Armee im Gebiet zwischen Suweida und al-Tanf (rot gefärbtes Symbol) Zellen des IS bekämpft, die sich dort in einem weitläufigen erloschenen Vulkangebiet verschanzt haben und offenbar noch immer mit Waffen und lebensnotwendigem Nachschub versorgt werden.
„Zufälligerweise“ sehen Sie einige Dutzend Kilometer nordöstlich ein „Schutzgebiet“, dass sich die USA selbstherrlich angeeignet haben. Dort, in der Gegend um al-Tanf, hat eine Annexion durch die USA stattgefunden, dort betreibt deren Militär Basen und dort sehen Sie zwei schwarz eingefärbte Symbole. Diese Symbole stehen für Zellen des IS. Besser kann man die Wirtsbeziehung gar nicht visualisieren.
Der IS findet Schutz in den „Schutzgebieten“ der US-Amerikaner und ihrer Verbündeten. Dort kann er sich dem Zugriff durch die syrische Armee entziehen, reorganisieren und von dort aus kann er wieder aktiv werden. Dazu wird er mit den Aufklärungsdaten von Tornados der deutschen Luftwaffe versorgt. Unterstützend greift die US-Luftwaffe systematisch syrische Truppen an, die sich in genau dieser Gegend mit der Bekämpfung des IS befassen (6), wovon immerhin auch die ARD-Tagesschau berichtete (7).
Der Kampf von Inherent Resolve gegen den Islamischen Staat ist nichts weiter als eine Geschichte. Geschichten müssen nicht stattgefunden haben, sie müssen erzählt werden. Als kontinuierlich verbreitete Erzählung müssen sie sich in unsere Köpfe einbrennen und damit Basis – nicht hinterfragte Grundlage – unseres Denkens werden.
Der säkulare Staat Syrien ist den Vertretern einer durchglobalisierten Welt ein Dorn im Auge, denn er nahm und nimmt für sich in Anspruch, tatsächlich souverän zu sein. Dazu gehört die freie Wahl des politischen Systems, der Handelspartner, die Art des Umgangs mit Währungen, die nationalen Interessen untergeordnete Handhabung von Zöllen und nicht zuletzt das militärische – und politische Bündnis, in dem sich Syriens Gesellschaft am besten vertreten sieht.
DAS war es, Syriens Ungehorsam, was die westlichen Mächte gegen das Land aufbrachte und deren Bemühen einleitete, Syrien unermüdlich wie unerbittlich zu disziplinieren, selbst um den Preis zahlloser Menschenleben und den eines wirtschaftlich zerrütteten und zerstörten Landes. So brutal aber hätte man den Krieg gegen Syrien nie und nimmer verkaufen können. Der Krieg musste in eine verwirrende Sprache von Frieden, Demokratie und Menschenrechten gekleidet werden. Sein brutales Gesicht erhielt – wie gehabt – den Schleier von Neusprech.
Deutschland führt diesen Krieg unbeirrt weiter, im Großen und Ganzen unsichtbar für die Bevölkerung, der die Gehirne mit Begriffen wie „Geberland“, „Stabilitätsanker“ und „Syrien-Hilfe“ vernebelt werden. Die deutsche Bundeskanzlerin umwirbt mit Millionengeldern die Nachbarn Syriens, nämlich den Libanon und Jordanien, um sie weiter an die westliche Politik zu ketten (8,9). Parallel dazu bearbeitet das US-Außenministerium das höchst fragile jordanische Königreich (10), von dem aus in bedeutendem Ausmaß der Krieg gegen Syrien geführt wird.
Dahinter steckt System. Syrien soll dauerhaft geschwächt bleiben, Menschen die Rückreise in ihr Heimatland auf allen möglichen Ebenen unappetitlich gemacht werden. Auch die EU pumpt Geld nach Jordanien und Syrien und nennt das allen Ernstes „Unterstützung für die Zukunft Syriens“ (11). Fragt sich welche Zukunft die EU für Syrien geplant hat. Dass es eine im Interesse der Syrer ist, darf bezweifelt werden. Parallel dazu werden die Wirtschaftssanktionen eben der EU gegen Syrien fortgeführt und zwar mit dieser Behauptung:
„Angesichts der anhaltenden Repressionen gegen die Zivilbevölkerung in Syrien beschloss die EU, ihre restriktiven Maßnahmen gegen das syrische Regime und seine Unterstützer im Einklang mit der EU-Strategie für Syrien aufrecht zu erhalten.“ (12)
Das ist eine Lüge; basierend auf einer widersinnigen Begründung, aber immer und immer wiederholt durch Politik und deren Sprachrohre, die Medien. So zur Wahrheit geworden, fragt doch keiner mehr nach der inneren Logik, geschweige denn, dass man handfeste Beweise anfordern würde. Wenn keiner mehr danach fragt, braucht man sie auch nicht mehr, die Beweise. Sehr bequem. Die Meinungsmacht kann einfach behaupten und der Gläubige glaubt seinem Gott. Wie auch dieser Lüge hier, entnommen aus den Sanktionsbegründungen der Europäischen Union:
„Die zuletzt in die Liste aufgenommenen Personen hatten eine Rolle beim Einsatz von Chemiewaffen gespielt, wie dies auch der Fall bei den vier Personen war, die am 19. März 2018 in die Sanktionsliste aufgenommen wurden.“ (13)
Die EU ist eine Schande – da passt das Wiederkäuen der Lüge von „Assads Giftgas“ wie die Faust aufs Auge. Als Institution unter Umgehung der Demokratie, von der sie ständig redet, geschaffen, geht sie immer unverblümter als Kriegswerkzeug auf. Orwells Kosmos klopft lautstark an unser aller Tür.
Im Eingangszitat der US-Regierungssprecherin Heather Nauert hatte ich darauf hingewiesen, dass sich solche Lügen sehr rasch entlarven lassen, wenn man die inneren Widersprüche der damit verbundenen Behauptungen erkennt. Was nicht allzu schwer ist, vorausgesetzt, man hat sich zuvor aus der emotionalen Befangenheit, die mit der Propaganda ja beabsichtigt ist, befreit.
Aber mit Lügen wie diesen – mal kleinen, dann wieder großen – wird ein Krieg gegen Syrien fortgeführt. Lüge und Krieg gehen in Symbiose, die Lüge legitimiert den Krieg und verbirgt die Verschwörung, die hinter diesem Krieg steckt, der ihn geradezu erforderlich, gar alternativlos gemacht hat. Die Europäische Union zeigt immer deutlicher ihre Rolle als Kriegsbündnis zur Durchsetzung weitreichender ideologischer und politischer Machtinteressen.
Fazit
Ungeachtet möglicher politischer Absprachen hinter den Kulissen (14) gibt es mitnichten eine Deeskalations-Vereinbarung, die Syrien verpflichtet, den Kampf gegen islamistische Terroristen aufzugeben. Eben weil es sich im Gebiet zwischen Daraa und den Golanhöhen um eines handelt, in welchem Islamisten des IS und von HTS den Ton angeben, erscheint die Sorge der USA in einem ganz anderen Licht, als in dem „unschuldiger Zivilisten“.
Syrien hat das Völkerrecht auf seiner Seite. Es hat mehrfach deutlich gemacht, dass es den Prozess zur vollständigen Wiederherstellung seiner Souveränität konsequent fortführen wird. Das ist es, was die Spitzenpolitik der USA und ihrer westlichen Verbündeten, einschließlich Israelstatsächlich „besorgt“. Denn starke, souveräne Staaten setzen sie, gefangen in der eigenen Paranoia, immer gleich mit gefährlichen Staaten. So projizieren und rechtfertigen sie die eigene Aggression.
Die Warnungen der USA an Syrien sind bereits eine Schönschreibung, denn es handelt sich schlicht um DROHUNGEN. Diese Drohungen sprechen die USA aufgrund eines drohenden Machtverlustes in der Region aus, abgestimmt mit den Drohungen ihrer „Partner“ in Westeuropa. Syrien ist eine Schande, eine Schande aber nicht für Syriens Menschen sondern als Dokument eines verbrecherischen Krieges des selbsternannten westlichen Wertesystems. Dessen darf sich die Gesellschaft hier aber erst einmal bewusst werden.
Bleiben Sie bitte schön aufmerksam.
Quellen:
[1] 21.6.2018; <https://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2018/06/283391.htm> [2] 6.6.2008; <http://www.deutschlandfunkkultur.de/mit-leidenschaft-und-empathie.950.de.html?dram:article_id=136266> [3] Februar 2018; <https://ctc.usma.edu/al-qaida-lost-control-syrian-affiliate-inside-story/> [4] 6.4.2017; <https://southfront.org/hayat-tahrir-al-sham-claimed-seizing-important-areas-in-daraa-photos/> [5] 18.6.2018; <http://www.inherentresolve.mil/Portals/14/2018StrikeReleases/CJTF-OIR%20Strike%20Release%2020180618-02.pdf?ver=2018-06-18-075512-530> [6] 22.6.2018; <https://southfront.org/syrian-war-report-june-22-2018-us-led-coalition-strikes-syrian-army-near-at-tanf/> [7] 18.6.2018; <https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-luftangriff-147.html> [8] 22.6.2018; <https://www.tagesschau.de/ausland/libanon-merkel-101.html> [9] 21.6.2018; <https://www.tagesschau.de/ausland/merkel-jordanien-103.html> [10] 22.6.2018; <https://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2018/06/283442.htm> [11-13] 21.6.2018; <https://ec.europa.eu/germany/news/20180621-libanon-und-jordanien-mit-weiteren-165-mio-euro_de> [14] 21.6.2018; <https://nocheinparteibuch.wordpress.com/2018/06/21/syrische-armee-drueckt-flaschenhals-im-nordosten-von-daraa-weiter-zu/#comment-46748>
Dieser Text wurde zuerst am 24.06.2018 auf www.peds-ansichten.de unter der URL <https://peds-ansichten.de/2018/06/wenn-der-hegemon-warnt/> veröffentlicht. (Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0)