Warum naturnahe Lösungen die Klimakrise nicht lösen – aber Reiche noch reicher machen

Diese sogenannten „Lösungen“ sind größtenteils leere Versprechungen. Sie werden die Klimakrise nicht lösen, führen aber zu massiven Verstößen gegen die Rechte indigener Völker.

Von Published On: 29. März 2022Kategorien: Umwelt & Energie

Dieser Text wurde zuerst am 13.10.2021 auf www.commondreams.org unter der URL <https://www.commondreams.org/views/2021/10/13/why-nature-based-solutions-wont-solve-climate-crisis-theyll-just-make-rich-people> veröffentlicht. Lizenz: Fiore Longo, Common Dreams, CC BY-NC-ND 3.0

Aufforstungen sind die wirksamste bekannte Methode um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und stellen fast die Hälfte des Klimaschutz-Potenzials der naturnahen Lösungen dar (Foto: MonikaP, Pixabay.com, Pixabay License)

Stellen Sie sich vor, Sie sind Angehöriger der Baka, eines Buschvolks von Jägern und Sammlern im Kongobecken. Seit Generationen ist dieses Land Ihr Zuhause, Sie kennen jeden Stein hier und jeden Baum. Ihre Großeltern sind hier begraben, Sie und Ihr Volk haben es gehegt, gepflegt und lieben es. Stellen Sie sich nun vor, Sie werden vertrieben und Ihr Haus wird zerstört, weil, wie man Ihnen erklärt, ein weißer Mann, der sehr weit weg wohnt, der Meinung ist, Ihr Wald müsse ein Schutzgebiet werden, in dem nur Elefanten leben dürfen. Er mag Elefanten, erklärt man Ihnen, überhaupt mögen weiße Männer Elefanten. Anscheinend ist er in den Weltraum geflogen und hat festgestellt, dass er euren Wald mag und sich um den Klimawandel Sorgen macht. Dieser Mann hat ein Unternehmen gegründet, das im vergangenen Jahr über 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid produziert hat [1] – das entspricht der Verbrennung von 140 Millionen Barrel Öl. Aber, so sagt man Ihnen, wenn Ihr Wald geschützt wird, fühlt der Mann sich wegen seiner CO2-Emissionen besser. Vielleicht fragen Sie sich, warum er seine Emissionen nicht einstellt, anstatt Ihr Leben zu zerstören. Die Antwort darauf lautet „Geld“. Und vielleicht fragen Sie sich auch, wie jemand glauben kann, er täte etwas Gutes. Die Antwort darauf ist das Thema dieses Artikels.

Mit dem Anwachsen von Klimabewegungen und der zunehmenden globalen Erwärmung ist die Klimakrise für die meisten unbestreitbar geworden. Und dennoch steigen die Emissionen weiter. Doch anstatt sich der Krise zu stellen, bitten nun Regierungen, Unternehmen und große Naturschutz-NGO‘s den Finanzsektor um Hilfe. Mit falschen und gefährlichen Slogans wie „naturpositiv“, „naturnahe Lösungen“ und „Netto Null“ betrügen sie die Bürger und verstecken ihre Untätigkeit.

Denn diese sogenannten „Lösungen“ sind überwiegend leere Versprechungen, die die Klimakrise nicht lösen werden, aber zu massiven Verletzungen der Rechte indigener Völker führen.

Damit lenken sie die Aufmerksamkeit von den wahren Ursachen von Umweltzerstörung und Klimawandel [2] sowie deren Hauptverantwortlichen ab – auf Kosten indigener Völker und lokaler Gemeinschaften, also genau jener, die am wenigsten Schuld daran tragen.

Was sind naturnahe Lösungen?

Der Name klingt doch gut, nicht wahr?

Zum ersten Mal tauchte dieses Konzept 2009 in einem Papier der IUCN [International Union for Conservation of Nature, Weltnaturschutzunion, internationale Nichtregierungsorganisation; Anm. d. Red.] für globale Klimaverhandlungen auf und wurde dort von großen Naturschutzorganisationen als „vergessene Lösung“ [3] für den Klimawandel bezeichnet.

Die Idee ist ganz einfach: Danach birgt die Natur bereits Lösungen für unsere verschiedenen Umweltkrisen. Den Klimawandel können wir abmildern, indem wir Emissionen aus natürlichen und landwirtschaftlichen Ökosystemen verringern, d. h. mehr Schutzgebiete schaffen oder die Kohlenstoffbindung in ihnen erhöhen, z. B. Bäume pflanzen oder Wälder aufforsten. Hier ist sie also – die magische Lösung: Grundsätzliche Änderungen der Art unseres Wirtschaftens werden vermieden und die wichtigsten Industrien geschont.

In globalen Debatten über Klima und Artenvielfalt wird zunehmend behauptet, 30 % des weltweiten Klimaschutzes könnten durch naturnahe Lösungen erreicht werden.

Das eigentliche Problem beginnt, wenn „naturnahe Lösungen“ als der beste Weg zur Bewältigung der Klimakrise dargestellt werden. Sie versprechen eine einfache Lösung, ohne dass der Verbrauch fossiler Brennstoffe verringert und das Konsumverhalten geändert werden muss. Doch genau das wären die einzigen richtigen Antworten! Aber je größer der erforderliche Umfang von naturnahen Lösungen wird, desto verheerender werden die zu erwartenden Auswirkungen für indigene Bevölkerungen und andere lokale Gemeinschaften.

Hinter dem einprägsamen Namen verbirgt sich der übliche – und nicht besonders neue – marktorientierte Ansatz. Im Grunde stellen naturnahe Lösungen eine weitere Variante dessen dar, was früher als Kohlenstoffausgleich bezeichnet wurde. Die „Natur“ wird in diesem Zusammenhang als Kapital oder Vermögenswert betrachtet, als etwas, dem wir einen Preis zuordnen und das wir auf dem Markt handeln können.

Nehmen wir an, dass Shell (einer der großen Befürworter von naturnahen Lösungen) [4] eine bestimmte Menge CO2 in die Atmosphäre freisetzt. Wenn Shell nun die Einrichtung eines Schutzgebietes unterstützt, das die gleiche CO2-Menge speichert, oder Bäume pflanzt, die ebenso viel CO2 absorbieren, kann der Konzern weiterhin die gleiche Menge CO2 freisetzen wie bisher und dabei behaupten, seine Klimaverpflichtungen zu erfüllen.

Dieser Austausch findet natürlich auf den Finanzmärkten statt – durch die Schaffung von Kohlenstoffgutschriften. Das ist es, was die Regierungen mit „Netto-Null“ meinen: Sie haben nicht wirklich die Absicht, die Emissionen auf Null zu reduzieren, sondern sie behaupten einfach, diese Emissionen an anderer Stelle „auszugleichen“.

Die Idee, Natur als eine Form von Kapital (in diesem Fall als CO2-Zertifikat) zu betrachten, das dann auf dem Markt verkauft werden kann, ist eine so modische Idee, dass sie sogar vom Naturschützer und Fernsehstar Sir David Attenborough unterstützt wird [5].

Was ist also daran falsch?

Vom Standpunkt der Gerechtigkeit – alles!

Befürworter von naturnahen Lösungen als Klimaschutzlösung verweisen zur Begründung gern auf ein 2017 veröffentlichtes Papier, an dessen Erstellung auch CO2-Händler und Vertreter großer Naturschutzorganisationen beteiligt waren. Danach können naturnahe Lösungen „37 % der bis 2030 erforderlichen kosteneffizienten CO2-Minderung liefern“. Dieser Wert wurde in verschiedenen Formulierungen („37 %“, „ein Drittel“, „mehr als ein Drittel“ usw.) mehrfach wiederholt und gewinnt dadurch an Plausibilität.

Doch was bedeutet diese Zahl eigentlich?

Die wirksamste bekannte Methode, um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen, ist das Bäume pflanzen. Und tatsächlich stellen – laut Schätzungen aus dem Jahr 2017 – Aufforstungen fast die Hälfte des Klimaschutz-Potenzials der naturnahen Lösungen dar.

Allerdings müssten, um diesen Wert zu erreichen, auf einer Fläche von geschätzt fast 700 Millionen Hektar Bäume neu gepflanzt werden.

Wo soll eine solche Fläche, die fast der Größe Australiens entspricht, zu finden sein? In Frankreich oder dem Vereinigten Königreich, die zu den Befürwortern von naturnahen Lösungen gehören, mit Sicherheit nicht. Stattdessen wächst das Risiko, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften, die am wenigsten für die Klimakrise verantwortlich sind, ihr Land verlieren.

Amarlal Baiga vom Stamm der Baiga [eine Ethnie in Indien; Anm. d. Red.] erklärt, welche Auswirkungen diese Ausgleichs-Aufforstung auf seine Dorfgemeinschaft hat. In diesem Fall handelt es sich um eine Kompensation für die biologische Vielfalt [7], aber das Vorgehen mit seinen verheerenden Folgen ist das gleiche. „Gewaltsam hat die Forstbehörde Zäune um mein Feld und die Felder der anderen errichtet. Sie haben Zäune errichtet und Teakbäume gepflanzt. Dieses Land gehört uns, dieses Land gehörte unseren Vorfahren. Sie haben uns gezwungen, die Bäume zu pflanzen, sie haben uns für dumm verkauft, indem sie sagten: ‚Diese Pflanzen werden euch nützen‘, aber jetzt schikanieren sie uns und sagen: ‚Dieser Dschungel gehört jetzt uns, euch gehört dieses Land nicht mehr‘.“

Im Rahmen eines Kompensationsaufforstungsprojekts wurde das Land seines Dorfes enteignet. In Indien müssen die verantwortlichen Unternehmen, wenn sie Wälder z. B. für den Bergbau zerstört haben, in den CAMPA-Fonds Geld einzahlen, das dann für Aufforstungsprojekte verwendet wird. Doch die artenreichen Wälder werden in den meisten Fällen durch Monokulturen ersetzt, oft auf dem Land der Adivasi.

Eine weitere stark geförderte naturnahe Lösung ist – neben der Aufforstung – die Schaffung von sogenannten Schutzgebieten. Schutzgebiete gelten nach der neuen Biodiversitäts-Initiative der EU-Kommission – genannt „NaturAfrica“ – als massive Kohlenstoffsenken, und bieten „interessante Möglichkeiten zur Erzielung von Einkünften für Gemeinden durch Kohlenstoffgutschriften“ [8].

Aber auch darin liegt eine große Gefahr für die indigenen Völker. Seit Jahren zeigen verschiedene Menschenrechtsorganisationen und unabhängige Untersuchungen, wie die Einrichtung von Schutzgebieten, insbesondere in Afrika und Asien, ohne die Zustimmung indigener oder lokaler Gemeinschaften erfolgt. Dadurch verlieren sie vollständig den Zugang zu ihrem angestammten Land, begleitet von zunehmender Militarisierung und Gewalt. Schutzgebiete zerstören somit die besten Hüter der natürlichen Welt, die indigenen Völker [9], auf deren Land 80 % der biologischen Vielfalt zu finden sind.

Es ist irgendwie surreal: Ein Jäger und Sammler im Kongobecken, dessen Lebensweise diese Wälder erhalten und geschützt hat, verliert seinen Zugang zum Land, das ihn ernährt, oder wird von einem Parkwächter gefoltert und misshandelt, weil auf der anderen Seite der Welt ein reicher weißer Mann, dessen Unternehmen massive Umweltverschmutzer sind, glaubt, er könne seine Emissionen durch die Einrichtung eines Schutzgebiets im Kongo [10] kompensieren – anstatt die Ausbeutung seiner Arbeiter einzustellen, Steuern zu zahlen und einfach die Emissionen zu stoppen.

Natürlich gefällt diese Idee nicht nur Milliardären, auch die Naturschutzindustrie treibt diese naturnahen Lösungen voran. Mit dem Verkauf von Kohlenstoffgutschriften aus den von ihnen verwalteten Schutzgebieten kann sie riesige Summen verdienen, um neue Schutzgebiete zu finanzieren (und die Millionengehälter ihrer CEOs zu bezahlen).

So werden am Ende also indigene Völker, Kleinbauern, lokale Gemeinschaften und Fischer ihr Land für eine Klimakrise verlieren, die sie nicht verursacht haben.

Aber wird uns das alles vor den schlimmsten Folgen des Klimawandels bewahren?

Überhaupt nicht.

Erstens: in vielen der Baumprojekte, die als Weg zum Klimaschutz angepriesen werden, werden schnell wachsende Bäume wie Eukalyptus und Akazien gepflanzt, um Geld zu verdienen [11]. Aber das kann den Kohlenstoffgehalt eher erhöhen als verringern: Zunächst muss die vorhandene Vegetation gerodet werden, und die neuen Plantagen sind anfälliger für Brände. Dann werden die meisten dieser Plantagen bereits nach wenigen Jahren geerntet, um daraus Papier und Holzkohle herzustellen. Dabei gelangt der gesamte gebundene Kohlenstoff schnell wieder in die Atmosphäre. Echte Wälder mit einheimischen Bäumen müssten erst jahrzehntelang wachsen, bevor sie nennenswerte Mengen Kohlenstoff absorbieren können. Und schließlich zerstören großräumige Baumplantagen die biologische Vielfalt und das Land der indigenen Völker.

Zweitens: Der Plan, 30 % der Weltfläche zu Schutzgebieten zu erklären, wird auch als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels dargestellt. Doch ungeachtet der katastrophalen Auswirkungen auf die menschliche Vielfalt gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine Verdoppelung der Schutzgebiete tatsächlich der Natur zugutekommt.

Von den 20 Zielen des letzten globalen Aktionsplans zur biologischen Vielfalt für den Zeitraum 2010 – 2020 wurde nur ein Ziel erreicht: die als Schutzgebiete ausgewiesene Fläche der Erde wurde auf 17 % erhöht. Gleichzeitig räumte die Naturschutzindustrie selbst ein, dass sich die biologische Vielfalt in diesem Zeitraum in zunehmender Geschwindigkeit verringert hat.

Eine Studie hat im Jahr 2019 mehr als 12.000 Schutzgebiete in 152 Ländern untersucht. Dabei wurde offenbar, dass sich die Beeinträchtigung der Tierwelt durch den Menschen in den letzten 15 Jahren in den Schutzgebieten – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – keinesfalls verringert hat. Im Gegenteil – in vielen Fällen hat sich der Druck auf die Wildtiere verschlimmert. Schutzgebiete laden zu Massentourismus ein, Trophäenjagd, [illegale] Abholzung und Bergbau breiten sich aus.

Schlussendlich:

Die Finanzindustrie hat noch nie eines unserer Probleme gelöst und wird es auch dieses Mal nicht tun.

Die Entscheidung, was unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtig ist und was nicht, dem Markt zu überlassen, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit als Weg in die Katastrophe erweisen. Ist ein indigenes Gebiet, ein Wald, ein Grasland nur wegen des dort gespeicherten Kohlenstoffs schützenswert? Was ist mit den Menschen, die in diesem Gebiet leben, und der [ökonomisch] nicht bewertbaren Vielfalt, die sie darstellen?

Gerade die Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu Profitzwecken und die Kommodifizierung [Kommerzialisierung, Zur-Ware-Werden von Ressourcen; Anm. d. Red.] der Natur haben uns überhaupt erst hierhergebracht. Die Finanzindustrie will Geld verdienen, nicht unseren Planeten schützen.

Wie der CEO der Investmentgesellschaft Mirova ganz klar sagte:

„Es ist einfach, unsere Auswirkungen auf das Klima abzuschätzen. Die Auswirkungen auf den Kohlenstoff, Tonnen von CO2-Äquivalenten … alles läuft auf Finanzen hinaus. Wenn wir anfangen, über Entwaldung oder die Zerstörung von Ökosystemen zu diskutieren, ist das viel komplizierter, weil es keine Indikatoren oder gar internationale Standards gibt, um diese Auswirkungen zu messen.“

Ein weiterer deutlicher Hinweis dafür, dass es hier um Geld und nicht um die Natur geht, ist die Tatsache, dass naturnahe Lösungen von den größten und umweltschädlichsten Unternehmen der Welt unterstützt und umgesetzt werden. Diese Unternehmen versuchen – gemeinsam mit der Naturschutzindustrie – genau die drastischen Veränderungen zu vermeiden, die zur Bewältigung der Klimakrise tatsächlich notwendig sind. Zu den Befürwortern von naturnahen Lösungen gehören: Nestlé, BP, Chevron, Equinor, Total, Shell, Eni, BHP, Dow Chemical Company, Bayer, Boeing, Microsoft, Novartis, Olam, Coca-Cola, Danone, Unilever und viele weitere.

Lügen Regierungen und Konzerne also, wenn sie behaupten, sie würden „handeln“, um die Klimakrise zu beenden?

Ja.

Kompensationssysteme zur Verhinderung des Klimawandels sind bereits gescheitert. Eine massive Ausweitung dieser Systeme mit naturbasierten Lösungen wird noch massiver scheitern. Kompensationsprogramme wie naturnahe Lösungen sollten aufgegeben werden. Stattdessen sollten die Regierungen echte Vorschriften für Unternehmen und Finanzen einführen, um die wahren Ursachen der Umweltzerstörung zu bekämpfen: die Ausbeutung natürlicher Ressourcen aus Profitgründen und der wachsende Überkonsum, angetrieben durch den globalen Norden.

Bei der Suche nach Lösungen müssen wir die Kolonialisierung beenden, müssen aufhören, indigene Völker und andere lokale Gemeinschaften, die unseren Planeten seit Generationen schützen, zu marginalisieren und zum Schweigen zu bringen. Dafür ist es notwendig, dass Regierungen die Rechte der indigenen Völker und anderer lokaler Gemeinschaften auf ihr Land respektieren, schützen und vollständig anerkennen.

Und schließlich brauchen wir eine radikale Änderung unserer Wirtschaftsstruktur und unserer Lebensweise. Erst wenn diese Themen auf den Tisch kommen, wird es echte und gerechte Lösungen geben, um den Klimawandel aufzuhalten. Bislang haben die Staats- und Regierungschefs, die Naturschutz-NGOs, die Wirtschaft und diverse Klimabewegungen im Globalen Norden dies versäumt.

Quellen:

[1] Fortune, Joseph Pisani, „Amazon’s carbon footprint grew by this much last year“, am 30.06.2021, <https://fortune.com/2021/06/30/amazon-carbon-footprint-pollution-grew/#:~:text=Amazon%20said%20Wednesday%20that%20its,online%20orders%20during%20the%20pandemic.&text=The%20Seattle%2Dbased%20company%20said,site%20fell %2016%25%20in%202020>
[2] Survival, „BACKGROUND BRIEFING – Climate Change – Tribal peoples and their rights must be at the heart of the environmental and climate movement.“, <https://www.survivalinternational.org/about/climatechange>
[3] The Nature Conservancy, Justin Adams, „The Forgotten Climate Solution“, am 17.02.2016, <https://www.nature.org/en-us/what-we-do/our-insights/perspectives/the-forgotten-climate-solution/>
[4] Shell Global, „Nature-based solutions“, <https://www.shell.com/energy-and-innovation/new-energies/nature-based-solutions.html#iframe=L3dlYmFwcHMvMjAxOV9uYXR1cmVfYmFzZWRfc29sdXRpb25zL3VwZGF0ZS8>
[5] Green Finance Observatory, „The Dasgupta review deconstructed“, am 26.05.2021, <https://greenfinanceobservatory.org/2021/05/26/the-dasgupta-review-deconstructed/>
[6] PNAS, Bronson W. Griscom, Justin Adams, Peter W. Ellis and Joseph Fargione, „Natural climate solutions“, am 16.10.2017, <https://www.pnas.org/content/114/44/11645>
[7] Green Finance Observatory, Frédéric Hache, 50 Shades of Green, im Mai 2019, <https://greenfinanceobservatory.org/wp-content/uploads/2019/05/50-shades-biodiversity-final.pdf>
[8] Publications Office oft the European Union, Directorate – General for International Partnerships (European Commission), „NaturAfrica“, am 27.08.2021, <https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/46d59486-093d-11ec-b5d3-01aa75ed71a1/language-en/format-PDF/source-227152312>
[9] Survival, Conservation Tribal Voice videos,  <https://www.survivalinternational.org/articles/tribalvoiceconservation>
[10] The Guardian, Patrick Greenfield, „‘Earth looks fragile from space’: Jeff Bezos pledges $1bn to conservation“, am 21.09.2021, <https://www.theguardian.com/environment/2021/sep/21/earth-is-fragile-from-space-jeff-bezos-pledges-1bn-to-conservation-age-of-extinction?CMP=Share_iOSApp_Other>
[11] Mongabay, Shreya Dasgupta, „‘Bad science’: Planting frenzy misses the grasslands for the trees“, am 12.05.2021, <https://news.mongabay.com/2021/05/bad-science-planting-frenzy-misses-the-grasslands-for-the-trees/#:~:text=The%20rush%20to%20reforest%20has,%2Dintensive%20and%20fire%2Dprone>
[12] PNAS, Jonas Geldmann, Andrea Manica, Neil D. Burgess and Andrew Balmford, „A global-level assessment of the effectiveness of protected areas at resisting anthropogenic pressures“, am 28.10.2019, <https://www.pnas.org/content/116/46/23209>

Warum naturnahe Lösungen die Klimakrise nicht lösen – aber Reiche noch reicher machen

Diese sogenannten „Lösungen“ sind größtenteils leere Versprechungen. Sie werden die Klimakrise nicht lösen, führen aber zu massiven Verstößen gegen die Rechte indigener Völker.

Von Published On: 29. März 2022Kategorien: Umwelt & Energie

Dieser Text wurde zuerst am 13.10.2021 auf www.commondreams.org unter der URL <https://www.commondreams.org/views/2021/10/13/why-nature-based-solutions-wont-solve-climate-crisis-theyll-just-make-rich-people> veröffentlicht. Lizenz: Fiore Longo, Common Dreams, CC BY-NC-ND 3.0

Aufforstungen sind die wirksamste bekannte Methode um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und stellen fast die Hälfte des Klimaschutz-Potenzials der naturnahen Lösungen dar (Foto: MonikaP, Pixabay.com, Pixabay License)

Stellen Sie sich vor, Sie sind Angehöriger der Baka, eines Buschvolks von Jägern und Sammlern im Kongobecken. Seit Generationen ist dieses Land Ihr Zuhause, Sie kennen jeden Stein hier und jeden Baum. Ihre Großeltern sind hier begraben, Sie und Ihr Volk haben es gehegt, gepflegt und lieben es. Stellen Sie sich nun vor, Sie werden vertrieben und Ihr Haus wird zerstört, weil, wie man Ihnen erklärt, ein weißer Mann, der sehr weit weg wohnt, der Meinung ist, Ihr Wald müsse ein Schutzgebiet werden, in dem nur Elefanten leben dürfen. Er mag Elefanten, erklärt man Ihnen, überhaupt mögen weiße Männer Elefanten. Anscheinend ist er in den Weltraum geflogen und hat festgestellt, dass er euren Wald mag und sich um den Klimawandel Sorgen macht. Dieser Mann hat ein Unternehmen gegründet, das im vergangenen Jahr über 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid produziert hat [1] – das entspricht der Verbrennung von 140 Millionen Barrel Öl. Aber, so sagt man Ihnen, wenn Ihr Wald geschützt wird, fühlt der Mann sich wegen seiner CO2-Emissionen besser. Vielleicht fragen Sie sich, warum er seine Emissionen nicht einstellt, anstatt Ihr Leben zu zerstören. Die Antwort darauf lautet „Geld“. Und vielleicht fragen Sie sich auch, wie jemand glauben kann, er täte etwas Gutes. Die Antwort darauf ist das Thema dieses Artikels.

Mit dem Anwachsen von Klimabewegungen und der zunehmenden globalen Erwärmung ist die Klimakrise für die meisten unbestreitbar geworden. Und dennoch steigen die Emissionen weiter. Doch anstatt sich der Krise zu stellen, bitten nun Regierungen, Unternehmen und große Naturschutz-NGO‘s den Finanzsektor um Hilfe. Mit falschen und gefährlichen Slogans wie „naturpositiv“, „naturnahe Lösungen“ und „Netto Null“ betrügen sie die Bürger und verstecken ihre Untätigkeit.

Denn diese sogenannten „Lösungen“ sind überwiegend leere Versprechungen, die die Klimakrise nicht lösen werden, aber zu massiven Verletzungen der Rechte indigener Völker führen.

Damit lenken sie die Aufmerksamkeit von den wahren Ursachen von Umweltzerstörung und Klimawandel [2] sowie deren Hauptverantwortlichen ab – auf Kosten indigener Völker und lokaler Gemeinschaften, also genau jener, die am wenigsten Schuld daran tragen.

Was sind naturnahe Lösungen?

Der Name klingt doch gut, nicht wahr?

Zum ersten Mal tauchte dieses Konzept 2009 in einem Papier der IUCN [International Union for Conservation of Nature, Weltnaturschutzunion, internationale Nichtregierungsorganisation; Anm. d. Red.] für globale Klimaverhandlungen auf und wurde dort von großen Naturschutzorganisationen als „vergessene Lösung“ [3] für den Klimawandel bezeichnet.

Die Idee ist ganz einfach: Danach birgt die Natur bereits Lösungen für unsere verschiedenen Umweltkrisen. Den Klimawandel können wir abmildern, indem wir Emissionen aus natürlichen und landwirtschaftlichen Ökosystemen verringern, d. h. mehr Schutzgebiete schaffen oder die Kohlenstoffbindung in ihnen erhöhen, z. B. Bäume pflanzen oder Wälder aufforsten. Hier ist sie also – die magische Lösung: Grundsätzliche Änderungen der Art unseres Wirtschaftens werden vermieden und die wichtigsten Industrien geschont.

In globalen Debatten über Klima und Artenvielfalt wird zunehmend behauptet, 30 % des weltweiten Klimaschutzes könnten durch naturnahe Lösungen erreicht werden.

Das eigentliche Problem beginnt, wenn „naturnahe Lösungen“ als der beste Weg zur Bewältigung der Klimakrise dargestellt werden. Sie versprechen eine einfache Lösung, ohne dass der Verbrauch fossiler Brennstoffe verringert und das Konsumverhalten geändert werden muss. Doch genau das wären die einzigen richtigen Antworten! Aber je größer der erforderliche Umfang von naturnahen Lösungen wird, desto verheerender werden die zu erwartenden Auswirkungen für indigene Bevölkerungen und andere lokale Gemeinschaften.

Hinter dem einprägsamen Namen verbirgt sich der übliche – und nicht besonders neue – marktorientierte Ansatz. Im Grunde stellen naturnahe Lösungen eine weitere Variante dessen dar, was früher als Kohlenstoffausgleich bezeichnet wurde. Die „Natur“ wird in diesem Zusammenhang als Kapital oder Vermögenswert betrachtet, als etwas, dem wir einen Preis zuordnen und das wir auf dem Markt handeln können.

Nehmen wir an, dass Shell (einer der großen Befürworter von naturnahen Lösungen) [4] eine bestimmte Menge CO2 in die Atmosphäre freisetzt. Wenn Shell nun die Einrichtung eines Schutzgebietes unterstützt, das die gleiche CO2-Menge speichert, oder Bäume pflanzt, die ebenso viel CO2 absorbieren, kann der Konzern weiterhin die gleiche Menge CO2 freisetzen wie bisher und dabei behaupten, seine Klimaverpflichtungen zu erfüllen.

Dieser Austausch findet natürlich auf den Finanzmärkten statt – durch die Schaffung von Kohlenstoffgutschriften. Das ist es, was die Regierungen mit „Netto-Null“ meinen: Sie haben nicht wirklich die Absicht, die Emissionen auf Null zu reduzieren, sondern sie behaupten einfach, diese Emissionen an anderer Stelle „auszugleichen“.

Die Idee, Natur als eine Form von Kapital (in diesem Fall als CO2-Zertifikat) zu betrachten, das dann auf dem Markt verkauft werden kann, ist eine so modische Idee, dass sie sogar vom Naturschützer und Fernsehstar Sir David Attenborough unterstützt wird [5].

Was ist also daran falsch?

Vom Standpunkt der Gerechtigkeit – alles!

Befürworter von naturnahen Lösungen als Klimaschutzlösung verweisen zur Begründung gern auf ein 2017 veröffentlichtes Papier, an dessen Erstellung auch CO2-Händler und Vertreter großer Naturschutzorganisationen beteiligt waren. Danach können naturnahe Lösungen „37 % der bis 2030 erforderlichen kosteneffizienten CO2-Minderung liefern“. Dieser Wert wurde in verschiedenen Formulierungen („37 %“, „ein Drittel“, „mehr als ein Drittel“ usw.) mehrfach wiederholt und gewinnt dadurch an Plausibilität.

Doch was bedeutet diese Zahl eigentlich?

Die wirksamste bekannte Methode, um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen, ist das Bäume pflanzen. Und tatsächlich stellen – laut Schätzungen aus dem Jahr 2017 – Aufforstungen fast die Hälfte des Klimaschutz-Potenzials der naturnahen Lösungen dar.

Allerdings müssten, um diesen Wert zu erreichen, auf einer Fläche von geschätzt fast 700 Millionen Hektar Bäume neu gepflanzt werden.

Wo soll eine solche Fläche, die fast der Größe Australiens entspricht, zu finden sein? In Frankreich oder dem Vereinigten Königreich, die zu den Befürwortern von naturnahen Lösungen gehören, mit Sicherheit nicht. Stattdessen wächst das Risiko, dass indigene Völker und lokale Gemeinschaften, die am wenigsten für die Klimakrise verantwortlich sind, ihr Land verlieren.

Amarlal Baiga vom Stamm der Baiga [eine Ethnie in Indien; Anm. d. Red.] erklärt, welche Auswirkungen diese Ausgleichs-Aufforstung auf seine Dorfgemeinschaft hat. In diesem Fall handelt es sich um eine Kompensation für die biologische Vielfalt [7], aber das Vorgehen mit seinen verheerenden Folgen ist das gleiche. „Gewaltsam hat die Forstbehörde Zäune um mein Feld und die Felder der anderen errichtet. Sie haben Zäune errichtet und Teakbäume gepflanzt. Dieses Land gehört uns, dieses Land gehörte unseren Vorfahren. Sie haben uns gezwungen, die Bäume zu pflanzen, sie haben uns für dumm verkauft, indem sie sagten: ‚Diese Pflanzen werden euch nützen‘, aber jetzt schikanieren sie uns und sagen: ‚Dieser Dschungel gehört jetzt uns, euch gehört dieses Land nicht mehr‘.“

Im Rahmen eines Kompensationsaufforstungsprojekts wurde das Land seines Dorfes enteignet. In Indien müssen die verantwortlichen Unternehmen, wenn sie Wälder z. B. für den Bergbau zerstört haben, in den CAMPA-Fonds Geld einzahlen, das dann für Aufforstungsprojekte verwendet wird. Doch die artenreichen Wälder werden in den meisten Fällen durch Monokulturen ersetzt, oft auf dem Land der Adivasi.

Eine weitere stark geförderte naturnahe Lösung ist – neben der Aufforstung – die Schaffung von sogenannten Schutzgebieten. Schutzgebiete gelten nach der neuen Biodiversitäts-Initiative der EU-Kommission – genannt „NaturAfrica“ – als massive Kohlenstoffsenken, und bieten „interessante Möglichkeiten zur Erzielung von Einkünften für Gemeinden durch Kohlenstoffgutschriften“ [8].

Aber auch darin liegt eine große Gefahr für die indigenen Völker. Seit Jahren zeigen verschiedene Menschenrechtsorganisationen und unabhängige Untersuchungen, wie die Einrichtung von Schutzgebieten, insbesondere in Afrika und Asien, ohne die Zustimmung indigener oder lokaler Gemeinschaften erfolgt. Dadurch verlieren sie vollständig den Zugang zu ihrem angestammten Land, begleitet von zunehmender Militarisierung und Gewalt. Schutzgebiete zerstören somit die besten Hüter der natürlichen Welt, die indigenen Völker [9], auf deren Land 80 % der biologischen Vielfalt zu finden sind.

Es ist irgendwie surreal: Ein Jäger und Sammler im Kongobecken, dessen Lebensweise diese Wälder erhalten und geschützt hat, verliert seinen Zugang zum Land, das ihn ernährt, oder wird von einem Parkwächter gefoltert und misshandelt, weil auf der anderen Seite der Welt ein reicher weißer Mann, dessen Unternehmen massive Umweltverschmutzer sind, glaubt, er könne seine Emissionen durch die Einrichtung eines Schutzgebiets im Kongo [10] kompensieren – anstatt die Ausbeutung seiner Arbeiter einzustellen, Steuern zu zahlen und einfach die Emissionen zu stoppen.

Natürlich gefällt diese Idee nicht nur Milliardären, auch die Naturschutzindustrie treibt diese naturnahen Lösungen voran. Mit dem Verkauf von Kohlenstoffgutschriften aus den von ihnen verwalteten Schutzgebieten kann sie riesige Summen verdienen, um neue Schutzgebiete zu finanzieren (und die Millionengehälter ihrer CEOs zu bezahlen).

So werden am Ende also indigene Völker, Kleinbauern, lokale Gemeinschaften und Fischer ihr Land für eine Klimakrise verlieren, die sie nicht verursacht haben.

Aber wird uns das alles vor den schlimmsten Folgen des Klimawandels bewahren?

Überhaupt nicht.

Erstens: in vielen der Baumprojekte, die als Weg zum Klimaschutz angepriesen werden, werden schnell wachsende Bäume wie Eukalyptus und Akazien gepflanzt, um Geld zu verdienen [11]. Aber das kann den Kohlenstoffgehalt eher erhöhen als verringern: Zunächst muss die vorhandene Vegetation gerodet werden, und die neuen Plantagen sind anfälliger für Brände. Dann werden die meisten dieser Plantagen bereits nach wenigen Jahren geerntet, um daraus Papier und Holzkohle herzustellen. Dabei gelangt der gesamte gebundene Kohlenstoff schnell wieder in die Atmosphäre. Echte Wälder mit einheimischen Bäumen müssten erst jahrzehntelang wachsen, bevor sie nennenswerte Mengen Kohlenstoff absorbieren können. Und schließlich zerstören großräumige Baumplantagen die biologische Vielfalt und das Land der indigenen Völker.

Zweitens: Der Plan, 30 % der Weltfläche zu Schutzgebieten zu erklären, wird auch als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels dargestellt. Doch ungeachtet der katastrophalen Auswirkungen auf die menschliche Vielfalt gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine Verdoppelung der Schutzgebiete tatsächlich der Natur zugutekommt.

Von den 20 Zielen des letzten globalen Aktionsplans zur biologischen Vielfalt für den Zeitraum 2010 – 2020 wurde nur ein Ziel erreicht: die als Schutzgebiete ausgewiesene Fläche der Erde wurde auf 17 % erhöht. Gleichzeitig räumte die Naturschutzindustrie selbst ein, dass sich die biologische Vielfalt in diesem Zeitraum in zunehmender Geschwindigkeit verringert hat.

Eine Studie hat im Jahr 2019 mehr als 12.000 Schutzgebiete in 152 Ländern untersucht. Dabei wurde offenbar, dass sich die Beeinträchtigung der Tierwelt durch den Menschen in den letzten 15 Jahren in den Schutzgebieten – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – keinesfalls verringert hat. Im Gegenteil – in vielen Fällen hat sich der Druck auf die Wildtiere verschlimmert. Schutzgebiete laden zu Massentourismus ein, Trophäenjagd, [illegale] Abholzung und Bergbau breiten sich aus.

Schlussendlich:

Die Finanzindustrie hat noch nie eines unserer Probleme gelöst und wird es auch dieses Mal nicht tun.

Die Entscheidung, was unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wichtig ist und was nicht, dem Markt zu überlassen, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit als Weg in die Katastrophe erweisen. Ist ein indigenes Gebiet, ein Wald, ein Grasland nur wegen des dort gespeicherten Kohlenstoffs schützenswert? Was ist mit den Menschen, die in diesem Gebiet leben, und der [ökonomisch] nicht bewertbaren Vielfalt, die sie darstellen?

Gerade die Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu Profitzwecken und die Kommodifizierung [Kommerzialisierung, Zur-Ware-Werden von Ressourcen; Anm. d. Red.] der Natur haben uns überhaupt erst hierhergebracht. Die Finanzindustrie will Geld verdienen, nicht unseren Planeten schützen.

Wie der CEO der Investmentgesellschaft Mirova ganz klar sagte:

„Es ist einfach, unsere Auswirkungen auf das Klima abzuschätzen. Die Auswirkungen auf den Kohlenstoff, Tonnen von CO2-Äquivalenten … alles läuft auf Finanzen hinaus. Wenn wir anfangen, über Entwaldung oder die Zerstörung von Ökosystemen zu diskutieren, ist das viel komplizierter, weil es keine Indikatoren oder gar internationale Standards gibt, um diese Auswirkungen zu messen.“

Ein weiterer deutlicher Hinweis dafür, dass es hier um Geld und nicht um die Natur geht, ist die Tatsache, dass naturnahe Lösungen von den größten und umweltschädlichsten Unternehmen der Welt unterstützt und umgesetzt werden. Diese Unternehmen versuchen – gemeinsam mit der Naturschutzindustrie – genau die drastischen Veränderungen zu vermeiden, die zur Bewältigung der Klimakrise tatsächlich notwendig sind. Zu den Befürwortern von naturnahen Lösungen gehören: Nestlé, BP, Chevron, Equinor, Total, Shell, Eni, BHP, Dow Chemical Company, Bayer, Boeing, Microsoft, Novartis, Olam, Coca-Cola, Danone, Unilever und viele weitere.

Lügen Regierungen und Konzerne also, wenn sie behaupten, sie würden „handeln“, um die Klimakrise zu beenden?

Ja.

Kompensationssysteme zur Verhinderung des Klimawandels sind bereits gescheitert. Eine massive Ausweitung dieser Systeme mit naturbasierten Lösungen wird noch massiver scheitern. Kompensationsprogramme wie naturnahe Lösungen sollten aufgegeben werden. Stattdessen sollten die Regierungen echte Vorschriften für Unternehmen und Finanzen einführen, um die wahren Ursachen der Umweltzerstörung zu bekämpfen: die Ausbeutung natürlicher Ressourcen aus Profitgründen und der wachsende Überkonsum, angetrieben durch den globalen Norden.

Bei der Suche nach Lösungen müssen wir die Kolonialisierung beenden, müssen aufhören, indigene Völker und andere lokale Gemeinschaften, die unseren Planeten seit Generationen schützen, zu marginalisieren und zum Schweigen zu bringen. Dafür ist es notwendig, dass Regierungen die Rechte der indigenen Völker und anderer lokaler Gemeinschaften auf ihr Land respektieren, schützen und vollständig anerkennen.

Und schließlich brauchen wir eine radikale Änderung unserer Wirtschaftsstruktur und unserer Lebensweise. Erst wenn diese Themen auf den Tisch kommen, wird es echte und gerechte Lösungen geben, um den Klimawandel aufzuhalten. Bislang haben die Staats- und Regierungschefs, die Naturschutz-NGOs, die Wirtschaft und diverse Klimabewegungen im Globalen Norden dies versäumt.

Quellen:

[1] Fortune, Joseph Pisani, „Amazon’s carbon footprint grew by this much last year“, am 30.06.2021, <https://fortune.com/2021/06/30/amazon-carbon-footprint-pollution-grew/#:~:text=Amazon%20said%20Wednesday%20that%20its,online%20orders%20during%20the%20pandemic.&text=The%20Seattle%2Dbased%20company%20said,site%20fell %2016%25%20in%202020>
[2] Survival, „BACKGROUND BRIEFING – Climate Change – Tribal peoples and their rights must be at the heart of the environmental and climate movement.“, <https://www.survivalinternational.org/about/climatechange>
[3] The Nature Conservancy, Justin Adams, „The Forgotten Climate Solution“, am 17.02.2016, <https://www.nature.org/en-us/what-we-do/our-insights/perspectives/the-forgotten-climate-solution/>
[4] Shell Global, „Nature-based solutions“, <https://www.shell.com/energy-and-innovation/new-energies/nature-based-solutions.html#iframe=L3dlYmFwcHMvMjAxOV9uYXR1cmVfYmFzZWRfc29sdXRpb25zL3VwZGF0ZS8>
[5] Green Finance Observatory, „The Dasgupta review deconstructed“, am 26.05.2021, <https://greenfinanceobservatory.org/2021/05/26/the-dasgupta-review-deconstructed/>
[6] PNAS, Bronson W. Griscom, Justin Adams, Peter W. Ellis and Joseph Fargione, „Natural climate solutions“, am 16.10.2017, <https://www.pnas.org/content/114/44/11645>
[7] Green Finance Observatory, Frédéric Hache, 50 Shades of Green, im Mai 2019, <https://greenfinanceobservatory.org/wp-content/uploads/2019/05/50-shades-biodiversity-final.pdf>
[8] Publications Office oft the European Union, Directorate – General for International Partnerships (European Commission), „NaturAfrica“, am 27.08.2021, <https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/46d59486-093d-11ec-b5d3-01aa75ed71a1/language-en/format-PDF/source-227152312>
[9] Survival, Conservation Tribal Voice videos,  <https://www.survivalinternational.org/articles/tribalvoiceconservation>
[10] The Guardian, Patrick Greenfield, „‘Earth looks fragile from space’: Jeff Bezos pledges $1bn to conservation“, am 21.09.2021, <https://www.theguardian.com/environment/2021/sep/21/earth-is-fragile-from-space-jeff-bezos-pledges-1bn-to-conservation-age-of-extinction?CMP=Share_iOSApp_Other>
[11] Mongabay, Shreya Dasgupta, „‘Bad science’: Planting frenzy misses the grasslands for the trees“, am 12.05.2021, <https://news.mongabay.com/2021/05/bad-science-planting-frenzy-misses-the-grasslands-for-the-trees/#:~:text=The%20rush%20to%20reforest%20has,%2Dintensive%20and%20fire%2Dprone>
[12] PNAS, Jonas Geldmann, Andrea Manica, Neil D. Burgess and Andrew Balmford, „A global-level assessment of the effectiveness of protected areas at resisting anthropogenic pressures“, am 28.10.2019, <https://www.pnas.org/content/116/46/23209>