"Begrenzte militärische Operation" in der Ukraine:

Strategischer Fehler Moskaus

Die wahrscheinlichste Konsequenz wird ein Dritter Weltkrieg sein

Von Published On: 21. September 2022Kategorien: Krieg & Frieden

Dieser Text wurde am 06,09.2022 auf www.unz.com unter der URL <https://www.unz.com/proberts/the-kremlins-limited-military-operation-in-ukraine-was-a-strategic-blunder/> wieder veröffentlicht. Lizenz: Copyright© Paul Craig Roberts/ PaulCraigRoberts.org

Kreml Moskau, Roter Platz am 08.08.2010
(Foto: Schlurcher, Wikimedia Commons, CC-BY-3.0)

Eigentlich hasse ich den Satz „Ich hab’s ja gesagt“, aber nun verwende ich ihn selbst.

Meine Leser wissen es: Seit vielen Jahren bin ich besorgt über Russlands Duldung endloser Beleidigungen und Provokationen, weil sie zu weiteren und noch schlimmeren Provokationen ermutigt. Und irgendwann werden rote Linien überschritten, was zu einem direkten Konflikt zwischen den beiden großen Atommächten führt. All die Jahre hat es der Kreml nicht verstehen oder akzeptieren können, dass seine Rolle als Washingtons Feind Nr. 1 in Stein gemeißelt ist. Er hat auf eine Strategie der Null- oder Minimalreaktion gesetzt, um dem Bild des gefährlichen und aggressiven Russlands, das eine Wiederherstellung des Sowjetimperiums anstrebt, keine weitere Nahrung zu geben.

Diese diplomatische Strategie ist komplett gescheitert – ebenso wie die russische in der Ukraine.

Moskaus katastrophale Ukraine-Strategie begann, als der Kreml den Olympischen Spielen in Sotschi mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Sturz der ukrainischen Regierung durch Washington.

Der nächste Fehler des Kremls war es, den Antrag des Donbass‘ auf Wiedervereinigung mit Russland – ähnlich der früheren russischen Provinz Krim – abzulehnen.

Damit setzte er die russischen Bewohner des Donbass‘ —…— zwischen 2014 und 2022 der Verfolgung durch ukrainische Nazi-Milizen und dem Beschuss ihrer zivilen Gebiete aus, bis hin zur teilweisen Besetzung durch ukrainische Streitkräfte. Erst im Februar 2022 begann die russische Armee den Donbass von ukrainischen Streitkräften zu räumen, um eine bevorstehende Invasion der Donbass-Republiken zu verhindern.

Nachdem der Kreml acht Jahre gewartet hatte, um zu handeln, sah er sich nun einer großen, westlich ausgebildeten und ausgerüsteten Armee sowie fanatischen Nazi-Regimentern gegenüber.

Man sollte meinen, dass der Kreml inzwischen aus seinen schweren Fehlern gelernt und erkannt hat, dass er endlich zeigen muss, dass er provoziert wurde. Ein russischer Angriff, der die Ukraine lahmlegte, die Regierung und die gesamte zivile Infrastruktur zerstörte, wäre zweifellos erforderlich gewesen und hätte den Konflikt sofort beendet. Stattdessen fügte der Kreml einen weiteren Fehler hinzu: Er kündigte eine begrenzte Intervention mit dem Ziel an, die ukrainischen Streitkräfte aus dem Donbass zu vertreiben. Regierung und zivile Infrastruktur seines Gegners ließ er unangetastet und ermöglichte es so seinem Feind, sich zu äußerst günstigen Bedingungen gegen die Intervention zu wehren.

Um es klar zu sagen: Es steht außer Zweifel, dass die Russen den Donbass von ukrainischen Kräften säubern können, und diese Aufgabe ist so gut wie abgeschlossen. Der Fehler des Kremls bestand darin, nicht zu erkennen, dass der Westen eine Begrenzung der Intervention nicht zulassen würde.

Der Kreml warnte den Westen vor einer Einmischung und erklärte, wenn die USA und die NATO sich einmischten, würde Russland diese Länder als „Kombattanten“ betrachten. Doch der Westen mischte sich ein, zunächst langsam und vorsichtig, um die Lage zu sondieren, und dann immer aggressiver. Denn was der Westen ursprünglich für einen höchstens einwöchigen Konflikt hielt, geht nun in den siebten Monat, in dem der Kreml wieder von Verhandlungen mit Selenskyj spricht, und der russische Vormarsch offenbar stoppt. Der Kreml ist weit davon entfernt, die NATO-Länder als Kombattanten zu behandeln, er versorgt Europa weiterhin mit Energie in dem Maße, wie Europa es zulässt.

Hohe russische Beamte haben sich dahingehend geäußert, als sei der Ruf Russland als zuverlässiger Energielieferant wichtiger als das Leben seiner Soldaten. Diese kämpfen währenddessen gegen westlich ausgebildete und ausgerüstete ukrainische Streitkräfte, die von europäischen Ländern versorgt werden und deren Rüstungsindustrie mit russischer Energie betrieben wird.

Ich habe richtig vorausgesagt, dass die russischen Halbherzigkeiten zu einer Ausweitung des Krieges führen würden.

Die Richtigkeit meiner Analyse wurde nun durch einen Bericht in The Hill, einer von Insidern gelesenen Washingtoner Publikation, bestätigt. Der Bericht trägt den Titel: „Why the US is becoming more brazen with its Ukraine support“ [Warum die USA mit ihrer Unterstützung für die Ukraine immer dreister werden, Anm. d. Redaktion] und kann hier gelesen werden: https://thehill.com/policy/international/3627782-why-the-us-is-becoming-more-brazen-with-its-ukraine-support/ [1]

Hier der Anfang und einige Auszüge aus diesem Bericht:

„Die Regierung Biden rüstet die Ukraine mit Waffen aus, die den russischen Streitkräften ernsthaften Schaden zufügen können, und anders als zu Beginn des Krieges scheinen sich die US-Beamten keine Sorgen um die Reaktion Moskaus zu machen.“

„‘Im Laufe der Zeit hat die Regierung erkannt, dass sie den Ukrainern größere, leistungsfähigere und schwerere Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellen kann, und die Russen haben nicht darauf reagiert‘, sagte William Taylor, der ehemalige US-Botschafter in der Ukraine, gegenüber The Hill.“

„‘Die Russen haben zwar gedroht und getobt, aber sie ließen sich nicht provozieren. Zu Beginn gab es in der Regierung Bedenken, die bis zu einem gewissen Grad immer noch bestehen, aber die Angst, die Russen zu provozieren, hat sich gelegt‘, fügte Taylor hinzu, der jetzt beim U.S. Institute of Peace tätig ist.“

„‘Wir waren anfangs etwas vorsichtiger … weil wir nicht wussten, ob Putin Nachschublinien und Konvois finden und angreifen würde, weil wir nicht sicher waren, ob er eskalieren würde, und weil wir auch nicht sicher waren, ob die Ukraine das, was wir ihr gegeben haben, nutzen oder lange gegen Russland durchhalten könnte‘, sagte Michael O‘Hanlon, ein Militäranalyst bei der Denkfabrik Brookings Institution in Washington, D.C.“

„Seit Juni haben die USA das Land kontinuierlich mit hochmobilen Artillerie-Raketensystemen ausgestattet, für deren Einsatz amerikanische Soldaten die ukrainischen Truppen reihenweise ausgebildet haben.“

„Mit Blick auf die Zukunft deuten zahlreiche Berichte darauf hin, dass die USA demnächst Excalibur-Präzisions-Artilleriemunition schicken wollen – Waffen, die bis zu 70 Kilometer weit fliegen können und den Ukrainern helfen würden, eingegrabene russische Stellungen und Kommandoposten anzugreifen.“

Nathan Sales, ein ehemaliger Beamter des Außenministeriums, der zuletzt als stellvertretender Staatssekretär für zivile Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte tätig war, erklärt: „Die Veränderung der Lageeinschätzung ist teilweise der Tatsache zuzuschreiben, dass Kiew entgegen internationalen Erwartungen nicht so schnell gefallen ist, als Russland zum ersten Mal angriff.“

Ich hatte es bereits gesagt – die begrenzte Operation des Kremls wurde vom Westen als eine halbherzige Maßnahme betrachtet, die ihm die Möglichkeit bot, den Krieg auszuweiten.

Nun, da der Winter naht, weitet sich der Konflikt mit der Lieferung leistungsstarker Langstreckenwaffen aus. Diese können den Donbass, die Krim und andere Teile Russlands von der Westukraine aus angreifen, die von einer russischen Invasion verschont geblieben ist.

Und auch das hatte ich bereits gesagt: Mit der Verlängerung des Krieges aufgrund seiner Langsamkeitstaktik zur Minimierung ziviler Opfer – eine edle Absicht – lieferte Russland dem Westen die Möglichkeit, das russische Vorgehen als Schwäche wegen hoher Verluste und fehlender Munition darzustellen. Das Bild des russischen Scheiterns hatte den von mir erwarteten Effekt, dass der Westen hinsichtlich seiner Rolle als Kombattant zuversichtlicher geworden ist. Zur Bestätigung hier noch einige Auszüge aus dem Bericht von The Hill:

„Ein weiterer Teil der Gleichung: Jüngste Geheimdienstinformationen deuten darauf hin, dass Russland die vom Westen verhängten Sanktionen zu spüren bekommt, und dass seine Streitkräfte mit zunehmender Dauer des Krieges an Stärke verlieren.“

„Letzten Monat berichtete Reuters, dass große russische Fluggesellschaften wie Aeroflot ihre Flugzeuge am Boden lassen, um sie auf Ersatzteile durchsuchen zu können, und dass sie Komponenten aus ihren Flugzeuge entnehmen, um andere einsatzfähig zu halten.“

„Angesichts der Verluste auf dem Schlachtfeld hat Putin im vergangenen Monat versucht, die Zahl der russischen Soldaten um mehr als 130.000 zu erhöhen, indem er die Altersgrenze für neue Rekruten aufhob und Gefängnisinsassen zur Teilnahme ermutigte.“

„US-Beamte halten es für ‚unwahrscheinlich, dass der Versuch Erfolg haben wird.‘‚‘

„Insgesamt zeichnen die Informationen das Bild eines Landes [Russlands], das darum kämpft, seine eigenen Institutionen aufrechtzuerhalten und kaum in der Lage ist, gegen westliche Staaten wegen ihrer Hilfen für die Ukraine zurückzuschlagen.“

„‘Ich glaube, dass die Leute in den Ministerien und Behörden, insbesondere im Außen- und Verteidigungsministerium und in den Geheimdiensten, instinktiv mehr nach vorne blicken und aggressiver vorgehen‘, sagte ein ehemaliger hoher Regierungsbeamter.“

„‘Meiner Meinung nach haben wir viel mehr Spielraum, um Maßnahmen zu ergreifen, die der Ukraine helfen, ohne ungerechtfertigte Angst davor haben zu müssen, wie Putin reagieren wird‘, fügten sie hinzu.“

Man kann argumentieren, der Kreml habe all diese Fehler gemacht, um nicht noch mehr Europäer dadurch in die NATO hinein ängstigen wollte, dass er sein militärisches Können mit einer blitzartige Eroberung der Ukraine demonstriert. Aber es sind Russlands halbherzige Maßnahmen, die Finnland und Schweden das Selbstbewusstsein gegeben haben, der NATO beizutreten, da sie in der NATO-Mitgliedschaft keine Gefahr für sich selbst sehen. Ein verheerender russischer Schlag gegen die Ukraine hätte ganz Europa dazu veranlasst, die NATO-Mitgliedschaft zu überdenken, da kein europäisches Land die Aussicht auf einen Krieg mit Russland in Kauf nehmen möchte. Stattdessen hat der Kreml eine britische Premierministerin hervorgebracht, die bereit ist, Russland in einen Atomkrieg zu verwickeln, und eine NATO, die den Ukraine-Konflikt am Laufen halten will.

Ein sorgloser oder feindseliger Leser könnte aus meinem Artikel schließen, dass ich ein Befürworter des russischen militärischen Erfolgs bin. Im Gegenteil, ich bin ein Befürworter der Minimierung des Risikos eines Atomkriegs. Steven Cohen und ich sind die beiden, die von Anfang an sahen, wie Washingtons Einmischung in der Ukraine mit dem Sturz der Regierung einen Kurs vorzeichnete, der in einem nuklearen Armageddon enden könnte. Cohen wurde von seiner eigenen liberalen Linken geschmäht, und ich wurde zum „Putinversteher/ -Agenten“ erklärt.

Die Beschimpfungen, die wir erdulden mussten, haben unseren Standpunkt bestätigt. Die westliche Welt ist blind für die möglichen Folgen ihrer Provokationen gegenüber Russland, und der Kreml ist blind für die möglichen Folgen seiner Duldung von Provokationen. Wie wir sehen, ist keine der beiden Seiten zu dieser Erkenntnis gelangt. Der Hill-Bericht bestätigt die Richtigkeit meiner Lageanalyse wie meiner Vorhersage, dass im Ergebnis einer Ausweitung des Krieges die Wahrscheinlichkeit von Fehleinschätzungen steigt.

Und das könnte zu einem Atomkrieg führen.

Quellen:

[1] The HIll Zeitung, Ellen Mitchell „Why the US is becoming more brazen with its Ukraine support“ („Warum die USA mit ihrer Unterstützung für die Ukraine immer dreister werden“), am 9.3.22: <https://thehill.com/policy/international/3627782-why-the-us-is-becoming-more-brazen-with-its-ukraine-support/>

"Begrenzte militärische Operation" in der Ukraine:

Strategischer Fehler Moskaus

Die wahrscheinlichste Konsequenz wird ein Dritter Weltkrieg sein

Von Published On: 21. September 2022Kategorien: Krieg & Frieden

Dieser Text wurde am 06,09.2022 auf www.unz.com unter der URL <https://www.unz.com/proberts/the-kremlins-limited-military-operation-in-ukraine-was-a-strategic-blunder/> wieder veröffentlicht. Lizenz: Copyright© Paul Craig Roberts/ PaulCraigRoberts.org

Kreml Moskau, Roter Platz am 08.08.2010
(Foto: Schlurcher, Wikimedia Commons, CC-BY-3.0)

Eigentlich hasse ich den Satz „Ich hab’s ja gesagt“, aber nun verwende ich ihn selbst.

Meine Leser wissen es: Seit vielen Jahren bin ich besorgt über Russlands Duldung endloser Beleidigungen und Provokationen, weil sie zu weiteren und noch schlimmeren Provokationen ermutigt. Und irgendwann werden rote Linien überschritten, was zu einem direkten Konflikt zwischen den beiden großen Atommächten führt. All die Jahre hat es der Kreml nicht verstehen oder akzeptieren können, dass seine Rolle als Washingtons Feind Nr. 1 in Stein gemeißelt ist. Er hat auf eine Strategie der Null- oder Minimalreaktion gesetzt, um dem Bild des gefährlichen und aggressiven Russlands, das eine Wiederherstellung des Sowjetimperiums anstrebt, keine weitere Nahrung zu geben.

Diese diplomatische Strategie ist komplett gescheitert – ebenso wie die russische in der Ukraine.

Moskaus katastrophale Ukraine-Strategie begann, als der Kreml den Olympischen Spielen in Sotschi mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Sturz der ukrainischen Regierung durch Washington.

Der nächste Fehler des Kremls war es, den Antrag des Donbass‘ auf Wiedervereinigung mit Russland – ähnlich der früheren russischen Provinz Krim – abzulehnen.

Damit setzte er die russischen Bewohner des Donbass‘ —…— zwischen 2014 und 2022 der Verfolgung durch ukrainische Nazi-Milizen und dem Beschuss ihrer zivilen Gebiete aus, bis hin zur teilweisen Besetzung durch ukrainische Streitkräfte. Erst im Februar 2022 begann die russische Armee den Donbass von ukrainischen Streitkräften zu räumen, um eine bevorstehende Invasion der Donbass-Republiken zu verhindern.

Nachdem der Kreml acht Jahre gewartet hatte, um zu handeln, sah er sich nun einer großen, westlich ausgebildeten und ausgerüsteten Armee sowie fanatischen Nazi-Regimentern gegenüber.

Man sollte meinen, dass der Kreml inzwischen aus seinen schweren Fehlern gelernt und erkannt hat, dass er endlich zeigen muss, dass er provoziert wurde. Ein russischer Angriff, der die Ukraine lahmlegte, die Regierung und die gesamte zivile Infrastruktur zerstörte, wäre zweifellos erforderlich gewesen und hätte den Konflikt sofort beendet. Stattdessen fügte der Kreml einen weiteren Fehler hinzu: Er kündigte eine begrenzte Intervention mit dem Ziel an, die ukrainischen Streitkräfte aus dem Donbass zu vertreiben. Regierung und zivile Infrastruktur seines Gegners ließ er unangetastet und ermöglichte es so seinem Feind, sich zu äußerst günstigen Bedingungen gegen die Intervention zu wehren.

Um es klar zu sagen: Es steht außer Zweifel, dass die Russen den Donbass von ukrainischen Kräften säubern können, und diese Aufgabe ist so gut wie abgeschlossen. Der Fehler des Kremls bestand darin, nicht zu erkennen, dass der Westen eine Begrenzung der Intervention nicht zulassen würde.

Der Kreml warnte den Westen vor einer Einmischung und erklärte, wenn die USA und die NATO sich einmischten, würde Russland diese Länder als „Kombattanten“ betrachten. Doch der Westen mischte sich ein, zunächst langsam und vorsichtig, um die Lage zu sondieren, und dann immer aggressiver. Denn was der Westen ursprünglich für einen höchstens einwöchigen Konflikt hielt, geht nun in den siebten Monat, in dem der Kreml wieder von Verhandlungen mit Selenskyj spricht, und der russische Vormarsch offenbar stoppt. Der Kreml ist weit davon entfernt, die NATO-Länder als Kombattanten zu behandeln, er versorgt Europa weiterhin mit Energie in dem Maße, wie Europa es zulässt.

Hohe russische Beamte haben sich dahingehend geäußert, als sei der Ruf Russland als zuverlässiger Energielieferant wichtiger als das Leben seiner Soldaten. Diese kämpfen währenddessen gegen westlich ausgebildete und ausgerüstete ukrainische Streitkräfte, die von europäischen Ländern versorgt werden und deren Rüstungsindustrie mit russischer Energie betrieben wird.

Ich habe richtig vorausgesagt, dass die russischen Halbherzigkeiten zu einer Ausweitung des Krieges führen würden.

Die Richtigkeit meiner Analyse wurde nun durch einen Bericht in The Hill, einer von Insidern gelesenen Washingtoner Publikation, bestätigt. Der Bericht trägt den Titel: „Why the US is becoming more brazen with its Ukraine support“ [Warum die USA mit ihrer Unterstützung für die Ukraine immer dreister werden, Anm. d. Redaktion] und kann hier gelesen werden: https://thehill.com/policy/international/3627782-why-the-us-is-becoming-more-brazen-with-its-ukraine-support/ [1]

Hier der Anfang und einige Auszüge aus diesem Bericht:

„Die Regierung Biden rüstet die Ukraine mit Waffen aus, die den russischen Streitkräften ernsthaften Schaden zufügen können, und anders als zu Beginn des Krieges scheinen sich die US-Beamten keine Sorgen um die Reaktion Moskaus zu machen.“

„‘Im Laufe der Zeit hat die Regierung erkannt, dass sie den Ukrainern größere, leistungsfähigere und schwerere Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellen kann, und die Russen haben nicht darauf reagiert‘, sagte William Taylor, der ehemalige US-Botschafter in der Ukraine, gegenüber The Hill.“

„‘Die Russen haben zwar gedroht und getobt, aber sie ließen sich nicht provozieren. Zu Beginn gab es in der Regierung Bedenken, die bis zu einem gewissen Grad immer noch bestehen, aber die Angst, die Russen zu provozieren, hat sich gelegt‘, fügte Taylor hinzu, der jetzt beim U.S. Institute of Peace tätig ist.“

„‘Wir waren anfangs etwas vorsichtiger … weil wir nicht wussten, ob Putin Nachschublinien und Konvois finden und angreifen würde, weil wir nicht sicher waren, ob er eskalieren würde, und weil wir auch nicht sicher waren, ob die Ukraine das, was wir ihr gegeben haben, nutzen oder lange gegen Russland durchhalten könnte‘, sagte Michael O‘Hanlon, ein Militäranalyst bei der Denkfabrik Brookings Institution in Washington, D.C.“

„Seit Juni haben die USA das Land kontinuierlich mit hochmobilen Artillerie-Raketensystemen ausgestattet, für deren Einsatz amerikanische Soldaten die ukrainischen Truppen reihenweise ausgebildet haben.“

„Mit Blick auf die Zukunft deuten zahlreiche Berichte darauf hin, dass die USA demnächst Excalibur-Präzisions-Artilleriemunition schicken wollen – Waffen, die bis zu 70 Kilometer weit fliegen können und den Ukrainern helfen würden, eingegrabene russische Stellungen und Kommandoposten anzugreifen.“

Nathan Sales, ein ehemaliger Beamter des Außenministeriums, der zuletzt als stellvertretender Staatssekretär für zivile Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte tätig war, erklärt: „Die Veränderung der Lageeinschätzung ist teilweise der Tatsache zuzuschreiben, dass Kiew entgegen internationalen Erwartungen nicht so schnell gefallen ist, als Russland zum ersten Mal angriff.“

Ich hatte es bereits gesagt – die begrenzte Operation des Kremls wurde vom Westen als eine halbherzige Maßnahme betrachtet, die ihm die Möglichkeit bot, den Krieg auszuweiten.

Nun, da der Winter naht, weitet sich der Konflikt mit der Lieferung leistungsstarker Langstreckenwaffen aus. Diese können den Donbass, die Krim und andere Teile Russlands von der Westukraine aus angreifen, die von einer russischen Invasion verschont geblieben ist.

Und auch das hatte ich bereits gesagt: Mit der Verlängerung des Krieges aufgrund seiner Langsamkeitstaktik zur Minimierung ziviler Opfer – eine edle Absicht – lieferte Russland dem Westen die Möglichkeit, das russische Vorgehen als Schwäche wegen hoher Verluste und fehlender Munition darzustellen. Das Bild des russischen Scheiterns hatte den von mir erwarteten Effekt, dass der Westen hinsichtlich seiner Rolle als Kombattant zuversichtlicher geworden ist. Zur Bestätigung hier noch einige Auszüge aus dem Bericht von The Hill:

„Ein weiterer Teil der Gleichung: Jüngste Geheimdienstinformationen deuten darauf hin, dass Russland die vom Westen verhängten Sanktionen zu spüren bekommt, und dass seine Streitkräfte mit zunehmender Dauer des Krieges an Stärke verlieren.“

„Letzten Monat berichtete Reuters, dass große russische Fluggesellschaften wie Aeroflot ihre Flugzeuge am Boden lassen, um sie auf Ersatzteile durchsuchen zu können, und dass sie Komponenten aus ihren Flugzeuge entnehmen, um andere einsatzfähig zu halten.“

„Angesichts der Verluste auf dem Schlachtfeld hat Putin im vergangenen Monat versucht, die Zahl der russischen Soldaten um mehr als 130.000 zu erhöhen, indem er die Altersgrenze für neue Rekruten aufhob und Gefängnisinsassen zur Teilnahme ermutigte.“

„US-Beamte halten es für ‚unwahrscheinlich, dass der Versuch Erfolg haben wird.‘‚‘

„Insgesamt zeichnen die Informationen das Bild eines Landes [Russlands], das darum kämpft, seine eigenen Institutionen aufrechtzuerhalten und kaum in der Lage ist, gegen westliche Staaten wegen ihrer Hilfen für die Ukraine zurückzuschlagen.“

„‘Ich glaube, dass die Leute in den Ministerien und Behörden, insbesondere im Außen- und Verteidigungsministerium und in den Geheimdiensten, instinktiv mehr nach vorne blicken und aggressiver vorgehen‘, sagte ein ehemaliger hoher Regierungsbeamter.“

„‘Meiner Meinung nach haben wir viel mehr Spielraum, um Maßnahmen zu ergreifen, die der Ukraine helfen, ohne ungerechtfertigte Angst davor haben zu müssen, wie Putin reagieren wird‘, fügten sie hinzu.“

Man kann argumentieren, der Kreml habe all diese Fehler gemacht, um nicht noch mehr Europäer dadurch in die NATO hinein ängstigen wollte, dass er sein militärisches Können mit einer blitzartige Eroberung der Ukraine demonstriert. Aber es sind Russlands halbherzige Maßnahmen, die Finnland und Schweden das Selbstbewusstsein gegeben haben, der NATO beizutreten, da sie in der NATO-Mitgliedschaft keine Gefahr für sich selbst sehen. Ein verheerender russischer Schlag gegen die Ukraine hätte ganz Europa dazu veranlasst, die NATO-Mitgliedschaft zu überdenken, da kein europäisches Land die Aussicht auf einen Krieg mit Russland in Kauf nehmen möchte. Stattdessen hat der Kreml eine britische Premierministerin hervorgebracht, die bereit ist, Russland in einen Atomkrieg zu verwickeln, und eine NATO, die den Ukraine-Konflikt am Laufen halten will.

Ein sorgloser oder feindseliger Leser könnte aus meinem Artikel schließen, dass ich ein Befürworter des russischen militärischen Erfolgs bin. Im Gegenteil, ich bin ein Befürworter der Minimierung des Risikos eines Atomkriegs. Steven Cohen und ich sind die beiden, die von Anfang an sahen, wie Washingtons Einmischung in der Ukraine mit dem Sturz der Regierung einen Kurs vorzeichnete, der in einem nuklearen Armageddon enden könnte. Cohen wurde von seiner eigenen liberalen Linken geschmäht, und ich wurde zum „Putinversteher/ -Agenten“ erklärt.

Die Beschimpfungen, die wir erdulden mussten, haben unseren Standpunkt bestätigt. Die westliche Welt ist blind für die möglichen Folgen ihrer Provokationen gegenüber Russland, und der Kreml ist blind für die möglichen Folgen seiner Duldung von Provokationen. Wie wir sehen, ist keine der beiden Seiten zu dieser Erkenntnis gelangt. Der Hill-Bericht bestätigt die Richtigkeit meiner Lageanalyse wie meiner Vorhersage, dass im Ergebnis einer Ausweitung des Krieges die Wahrscheinlichkeit von Fehleinschätzungen steigt.

Und das könnte zu einem Atomkrieg führen.

Quellen:

[1] The HIll Zeitung, Ellen Mitchell „Why the US is becoming more brazen with its Ukraine support“ („Warum die USA mit ihrer Unterstützung für die Ukraine immer dreister werden“), am 9.3.22: <https://thehill.com/policy/international/3627782-why-the-us-is-becoming-more-brazen-with-its-ukraine-support/>