Klima-Debatte:

Konsens-Nonsens im Klimawandel-Wald?

Am 2. Januar 2020 schrieb Thomas Röper einen Artikel über einen Aufsatz von Markus Fiedler. Beide Texte sind eine Fundamental-Kritik an der berühmten Studie von John Cook zum 97%igen Konsens in der Klimaforschung.

Von Published On: 5. März 2020Kategorien: Umwelt & Energie

Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Die Inhalte der Artikel und Kommentare spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

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Hier geht’s zum Artikel von Thomas Röper

Es sollte wohl so etwas werden, wie die „Zerstörung von Cook und den Klimalügnern“, analog zum viralen Rezo-Video, nur aus der umgekehrten Richtung.

Thomas Röper schreibt: „Medien und Politik erzählen uns den ganzen Tag lang, dass sich 97% der Klimaforscher einig sind, dass der Klimawandel vom Menschen gemacht ist. Aber eine Überprüfung dieser Behauptung ergibt ein ganz anderes Bild.“

Und weiter: „Ich hoffe, Sie sitzen bequem, denn nun kommt´s: Das war gelogen. Und zwar dreister, als man es sich hätte vorstellen können: Es sind ganze 0,54 Prozent der Arbeiten der Meinung, dass der Mensch auch nur zu mindestens 50 Prozent am Klimawandel schuld ist. Das ist kein Scherz und nun werde ich Ihnen aufzeigen, wie man mit mathematischen Tricks aus 0,54 Prozent 97 Prozent macht.“

In beiden Artikeln wie auch in den darauf folgenden Interviews ist die Wortwahl nicht zimperlich: Betrug, Lüge, Manipulation. Wohlgemerkt, es geht hier um Wissenschaft. Also um das System, in welchem die Kritik an den herrschenden Auffassungen Teil der Methodik ist und zwar in einem Maße, wie sonst nirgends.

Das System Wissenschaft mit Politik und Medien zu einem Lügen-Brei zu vermengen, ist ein starkes Stück. Sind die Wissenschaftler wirklich am Ende die Feinde der Wahrheit?
Die meisten Kommentare stimmen der Behauptung eines allgemeinen, umfassenden Betruges zu: „Endlich!“ heißt es da, die Matrix werde offensichtlich, ein Skandal sei aufgedeckt worden. Und: Damit sei die leidige Klima-Diskussion vom Tisch. Jetzt sei klar, in welchem Lügensystem wir lebten.

Dass in der Politik gelogen wird, ja. Und in den Medien, aber hallo! Aber in der Wissenschaft?

Da geh ich nicht mit. Es kommt vor, aber weniger, als irgendwo sonst. Das System Öffentlichkeit und Experten-Öffentlichkeit als Korrektiv gegen Betrug und falsche Thesen funktioniert besser als fast überall sonst. Und wie ist es beim Lackmus-Test 9/11? Nun, da glänzt die Naturwissenschaft eher mit Abwesenheit. Es gibt nur ein paar wenige Studien und die beiden offiziellen Studien davon sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden. Es gibt eine weitgehende Abwesenheit der Naturwissenschaft bei der „heißen Kartoffel“ 9/11. Zum Klimawandel gibt es mehr als 10.000 Studien, hier ist die Sachlage klar. Und all diese Studien sollen ein Lügengebilde darstellen?

Wenn ich genauer hinschaue, wünschte ich mir, Röper und Fiedler hätten sich etwas mehr zurückgehalten bei ihrer Attacke gegen die Klima-Wissenschaft. Ich wünschte mir das vor allem, weil Röper und Fiedler geschätzte Kollegen sind. Thomas Röper leistet als Sozusagen-Russland-Korrespondent der Alternativmedien sehr gute Arbeit bei der Aufklärung über die Propaganda-Fehlleistungen des Mainstreams. Und dass Markus Fiedler und ich in Sachen Wikipedia an einem Strang ziehen, um Macht-Missbrauch aufzuklären, ist weithin bekannt.

Aber beim Klima hört der 97%ige Konsens von Röper, Fiedler und Pohlmann auf, den es bei vielen anderen Themen gibt.

Einiges an Fiedlers Aufsatz ist interessant, dennoch ich bin misstrauisch, ob es auch richtig ist. Aber das ist nicht der Hauptpunkt meiner Kritik. Ich werde erläutern, warum ich sowohl die Arbeit als auch das mediale Umfeld, in dem Fiedlers Kritik jetzt begeistert aufgenommen wird, als fehlgeleitet betrachte.

Im ersten Schritt gehe ich einfach mal davon aus, dass Markus Fiedler mit seiner Kritik an der Methodik der Studie recht hat. Was er nicht hat, aber damit werde ich mich in einem späteren Artikel beschäftigen, der noch etwas warten muss, weil ich Stellungnahmen abfrage und es dauert, die Antworten einzutreiben.

Zuerst einmal: Fiedler und Röper behaupten, dass der 97%ige Konsens auf dem Trick basiere, die Zusammenfassungen von etwa 12.000 wissenschaftlichen Studien, die sich irgendwie mit Klimawandel beschäftigt haben, in schwammige Kategorien aufgeteilt zu haben. Gut 60% der Zusammenfassungen haben gar keine Aussage über den Klimawandel und fallen allein deshalb aus der Erhebung. Nur 0,54 % der Studien behaupten in ihren Zusammenfassungen explizit, es gäbe einen zu mehr als 50% vom Menschen verursachten Klimawandel. Insgesamt sind es 32,6%, die eine Aussage in diese Richtung treffen.

Fiedler und Röper vergessen zu erwähnen, dass die Studie ihre Methodik sehr genau erläutert und die Daten veröffentlicht sind, sogar alle 12.000 Zusammenfassungen und deren Einordnung. Es gibt außerdem die Möglichkeit, seine eigenen Einschätzungen der Studien zu den Kategorien anzugeben. Die Cook et. al.  ist ja sozusagen eine Gesamtübersicht, eine Fleißarbeit.

Wirklich ärgerlich ist es, wenn ein Biologe wie Fiedler schreibt: „Cook et al. nennen folgendes Textbeispiel: ,… die Kohlenstoffbindung im Boden ist wichtig für die Eindämmung des globalen Klimawandels.‘ Schön, dass hier über Klimawandel geredet wird. Hier wird aber keine Aussage zum menschlichen Anteil am Klimawandel getätigt. Das allermeiste CO2 bzw. der allermeiste Kohlenstoff in der Atmosphäre ist nicht vom Menschen erzeugt, daher gibt es hier keine zwingende Annahme, dass der Autor einen anthro­pogenen Einfluss annimmt, nur weil er Kohlenstoff im Boden binden will.“

„Das allermeiste CO2 bzw. der allermeiste Kohlenstoff in der Atmosphäre ist nicht vom Menschen erzeugt?“ Das ist schlicht falsch. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre lag vor der Industrialisierung bei 280 ppm (Parts per Million, also Anteile pro Million). Heute sind es etwa 410 ppm. Es sind also etwa 45% mehr CO2 in der Atmosphäre als vor der Industrialisierung, und diese 45% sind menschengemacht. Das CO2 in der Atmosphäre ist der klimawirksame Teil, nicht die Gesamtmenge, die in einem natürlichen Kreislauf konstant umgesetzt wird. Der ist viel größer, zählt aber nicht. Klimawirksam ist nur, was in die Atmosphäre gelangt. Und genau darum geht es ja, dass immer mehr CO2 durch Verbrennung von Ölprodukten bei gleichzeitiger Vernichtung von Wald, auch durch Brände, in die Atmosphäre gelangt.

Es gibt auch bereits eine Reihe von kritischen Gegenstudien zur Cook-Studie, und viele Blog-Artikel bei den üblichen Verdächtigen, was sich aus der Bekanntheit und Wirksamkeit der Cook-Studie erklärt. Ähnlich wie die „Hockey Stick“-Grafik von Michael Mann, die in mittlerweile mehr als drei Dutzend Studien bestätigt wurde, aber immer wieder angegriffen wird, ist auch Cook konstant unter Beschuss. Eben wegen der Bedeutung der Studie in der Öffentlichkeit. Fiedler und Röper erwähnen die vorausgehenden Kritik-Studien nicht. Warum eigentlich nicht? Vielleicht, weil sie in der Wissenschaft als widerlegt gelten?

 


Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel und Kohleverbrennung: Totschlagargument Arbeitsplätze (Lizenz: Wikimedia, CC BY-SA 4.0)

 

Aber zurück zum Hauptargument in Fiedlers und Röpers Ausführungen. Zum Vergleich: Würde man Aufsätze von Geographen darauf hin untersuchen, ob sie an die Kugelform der Erde glauben, ob es also einen wissenschaftlichen Kugel-Konsens gibt, wird man in den meisten Arbeiten dazu keine wörtlichen, direkten Aussagen finden. Eben weil die Kugelgestalt so breiter Konsens ist, wird es so gut wie niemand explizit erwähnen.  Ich übernehme jetzt einfach die Zahlen der Cook-Studie zum Klimawandel. Daraus zu folgern, dass z.B. nur die 0,54% der Geographen, die die Kugelform ausdrücklich erwähnt haben, an die Kugelform der Erde „glauben“, wäre verwegen. Es wäre auch nicht überraschend, festzustellen, dass in gut 60% der Studien überhaupt nichts dazu gesagt wird. Trotzdem dürfte diese Gruppe, die sich nicht äußert, weder als Kugelgegner noch als Befürworter gezählt werden, weil es ja keine Aussage von ihr gibt. Dass in den allermeisten Studien nur aus Bemerkungen wie „Umlaufzeit“, „Rota­tionsellipsoid“ oder „Großkreisentfernung“ geschlossen werden kann, dass etwa ein Drittel der Autoren von einer Kugelform ausgehen, wäre das überraschend? Und, last but not least, aus diesen Zahlen einen „Kugelbetrug“ abzuleiten, was wäre das? Abenteuerlich? Verwegen? Ich überlasse ihnen das Urteil.

Aber es wird noch besser. Fiedler und Röper berichten nur über einen Teil der Cook-Studie. Sie vergessen zu erwähnen, dass die Arbeit aus zwei Teilen bestand. Erstens aus einer Kategorisierung von 11.944 Zusammenfassungen, die sie ausführlich analysieren und zweitens aus einer Befragung von 8.547 Wissenschaftlern, die ihre Arbeiten selbst einordnen sollten. Also eine Befragung, ob die Cook-Studie sauber kategorisiert hat. Warum erwähnen Röper und Fiedler diesen zweiten Teil der Arbeit nicht, der ja ihre These von der willkürlichen Zuordnung zum Einsturz bringen kann? Diese Rückmeldung der Wissenschaftler macht es doch besonders interessant, was bei diesem Teil her­ausgekommen ist.

Bei solchen ausführlichen Befragungen per E-Mail liegt die Rücklaufquote bestenfalls bei einem Drittel der Befragten, meist viel niedriger. In diesem Fall waren es 1.200 Wissenschaftler, also etwa 14%, die auf den Fragebogen per E-Mail antworteten. Ergebnis der Antworten: Es sind wieder etwa 97%, also der gleiche Wert, wie im ersten Teil, die angaben, dass in ihrer Arbeit der These vom menschengemachten Klimawandel zugestimmt wurde.

Wären die Wissenschaftler der Stichprobe, die überhaupt geantwortet haben, zufällig verteilt, müsste man mit solch einem  97%-Ergebnis rechnen, falls die Ergebnisse von Cook et. al. weitgehend richtig sind. Es könnte aber sein – auch wenn es unwahrscheinlich ist – dass jene Wissenschaftler, die Befürworter des menschengemachten Klimawandels  sind, immens viel auskunftsfreudiger waren, als ihre durchweg schüchternen Gegner, dass diese Stichprobe somit eine Falschmessung lieferte.

Es könnte sein, auch wenn es nicht plausibel ist. Aber dieses zweite Ergebnis einfach zu verschweigen, ist sicher keine korrekte Arbeitsweise. Wäre Cook so vorgegangen, hätte der Vorwurf wohl gelautet: Betrug, Lüge, Manipulation.

Um sich einen Überblick über das Thema zu verschaffen, ist es weiterhin sinnvoll, zu erkunden, ob es andere Meta-Studien zum Klimawandel außer der Cook-Studie gibt. Auch das tun Fiedler und Röper nicht.

Es existieren seit dem Jahr 2000 mindestens 9 weitere Meta-Studien, also wissenschaftliche Aufsätze, die mit verschiedenen Methoden untersucht haben, wie die „Scientific Community“ zum Klimawandel steht, z.B. mit Experten-Umfragen oder durch Klassifizierung von wissenschaftlichen Aufsätzen:

Bray und von Storch (2003), Oreskes (2004), STATS (US Statistic Assessment Service) (2007), erneut Bray und von Storch (2008), Doran und Zimmermann (2009), Anderegg, Prall, Harold und Schneider (2010), Farnsworth und Lichter (2011), Lefsrud und Meyer (2012), Cook et. al. (2013), Powell (2013) und Verheggen et. al. (2014).

Zwei stechen heraus. Lefsrud und Meyer, die 2012 nach vielen Studien zum Konsens der Wissenschaftler im Auftrag der Mineralölwirtschaft von Alberta, Kanada die für die Mineralölwirtschaft arbeitenden Kollegen befragten. Das bedeutet, sie befragten Ingenieure und Geowissenschaftler, also Auftragnehmer und Angestellte der Mineralölwirtschaft von Alberta. Eine Studie mit dem brutalstmöglichen Willen zur Objektivität? Naja. Wundersamerweise waren in dieser Gruppe nur 36% der Ansicht, dass der Klimawandel menschengemacht ist, 10% glaubten an ein Sowohl-als-auch von Mensch und Natur. Also selbst bei dieser Fake-Studie waren es nicht 0,54% sondern 36%, oder auch 46%, je nachdem, wie man es zählen will, die den anthropogenen Klimawandel als Realität bezeichneten.

Bei allen anderen Studien sind es mehr als 90%, meist annähernd 100%, die zum Ergebnis der menschengemachten Klimaerwärmung kommen. Verheggen et. al. (2014), er publizierte die andere – aus meiner Sicht – herausstechende Studie, fand heraus, dass die Ansichten mit der Expertise korrelieren. Größere Expertise im Bereich Klimaforschung führte zu klareren Aussagen in Richtung anthropogenen Klimawandel. Wer mehr als 10 Studien in Journalen veröffentlicht hat, die von Experten gegengelesen und beurteilt wurden, war eindeutig vom menschengemachten Klimawandel überzeugt.

Es gibt weitere Indizien für den Konsens. 34 nationale Wissenschaftsakademien haben in offiziellen Stellungnahmen die These vom menschengemachten Klimawandel bestätigt. Keine einzige hat sich gegen die These der menschengemachten Klimaerwärmung ausgesprochen. Auch die NASA hat eine Liste von Organisationen veröffentlicht, die sich öffentlich zu dieser Frage geäußert haben, darunter die wichtigsten US-Wissenschaftsvereinigungen.

Was ist mit dem Argument, dass dieser wissenschaftliche Konsens nichts wert ist? Dass es in der Wissenschaft nicht um Konsens geht? Dass ein einzelnes Genie wichtiger sein kann, als die große Schafherde.

In der Wissenschaftsphilosophie gibt es das Argument, dass eine Theorie durch eine EINZIGE abweichende Beobachtung widerlegt werden kann: Alle Schwäne sind angeblich weiß (eine Theorie). Der erste schwarze Schwan, der beobachtet wird, falsifiziert die Theorie. In der Wissenschaft ist deshalb eine Theorie, die keine widerlegbaren Aussagen beinhaltet, wertlos.

Vorsicht, wenn Sie hören, dass Konsens in der Wissenschaft nichts wert ist. Tatsächlich beruht auch die Wissenschaft auf dem Konsensprinzip.

Manchmal führt das Konsensprinzip zu falschen Ergebnissen. Es ist selten, aber es kommt vor, dass es einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft gibt, der sich nur schwer durchsetzen kann, z.B. wenn es um eine Änderung des Weltbildes geht. Der Paradigmenwechsel etwa, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Oder, dass auch der Mensch der Evolution unterliegt, dass wir Teil der Natur sind, nicht ihre „Krone“.  Oder, dass der Mensch das Klima der Erde ruinieren kann. Diese Erkenntnisse mussten sich gegen große Widerstände durchsetzen. Sie haben sich durchgesetzt. Oft erst durch das Aussterben der Wissenschaftler, die den alten Theorien anhängen.

Diese revolutionären Theorien waren anfangs eine Zumutung für den Konsens, nicht nur den der Wissenschaft, sondern für einen Konsens, der die Machtstrukturen der Gesellschaft stabilisierte. So wie die Klimaerwärmung eine Zumutung für die Mineralölindustrie und die ihr angeschlossenen Parteien war und ist. Diese Lobbygruppe bekämpft die Theorie der menschengemachten Erwärmung. Aber mittlerweile gehört diese Theorie nicht mehr zu den umstrittenen Theorien in der Wissenschaft. Sie hat sich durchgesetzt.

Bedeutende Wissenschaftler mit fundamental neuen Ideen werden anfangs manchmal, nicht immer, nicht meistens, wie Querulanten behandelt. Das hat es auch in den Naturwissenschaften wiederholt gegeben. Einstein war anfangs eine Art Querulant in der Physik. Die spätere Bedeutung seiner Orchideenwissenschaft allerdings war damals nicht absehbar. Theoretische Physiker waren bis zum 2. Weltkrieg und dem Bau der Atombombe Meister der brotlosen Künste, mit voraussehbarer Arbeitslosigkeit, ähnlich wie Experten für alt-ägyptische Hieroglyphen. Aber aus der Tatsache, dass anfangs nur eine Handvoll Leute die Theorie Einsteins überhaupt verstehen konnten, sollte man nicht schließen, dass jeder Querulant ein verkannter Albert Einstein ist.

Die Behauptung, dass es nicht um Konsens in der Wissenschaft geht, wird meist von Personen vertreten, die z.B. beweisen wollen, dass sie das erste funktionierende Perpetuum Mobile gebaut haben, aber niemand in der korrupten Wissenschaft das eingestehen will. Natürlich ist Konsens in der Wissenschaft wichtig, weil es der Konsens der Personen ist, die am meisten über ein Thema wissen, die Gegenargumente geprüft haben. Wenn Sie bei einer wichtigen Krankheits-Diagnose Zweit-, Dritt-, oder Viert-Meinungen einholen, suchen sie dann etwa nach der möglichst weit vom Konsens entfernten Meinung, um ihr zu folgen? Wegen der größeren Wissenschaftlichkeit des abseitigsten Ratschlages? Wenn ja, haben sie gute Chancen, bei einem Quacksalber zu landen.

Es sind ja nicht nur die Wissenschaftler, die von der Klimaerwärmung überzeugt sind. Auch ihr Terrassenthermometer, ihr Oberförster und ihre Garten-Wasserrechnung – falls vorhanden, also die Messwerte, nicht nur die Theorie dazu, sind eindeutig der Ansicht, dass etwas nicht stimmt mit dem Klima. 2019 war das wärmste Jahr in  Europa. Seit Aufzeichnung der Temperaturen. Nach zwei Trockensommern in Deutschland nacheinander – was es noch nie gegeben hat – wird ein dritter Trockensommer für flachwurzelnde Bäume zur tödlichen Gefahr werden. Sie werden es beobachten können. Dieser Winter hat bisher bei Weitem nicht genügend Regen gebracht. Es sieht nicht gut aus für unseren Wald.

Die 10 wärmsten Jahre weltweit, von 1880 bis 2019 (in aufsteigender Reihenfolge) waren: 2009, 2005, 2003, 2010, 2014, 2018, 2015, 2017, 2019 und 2016. Fällt Ihnen etwas auf?

Trotzdem wird man – wenn man es so will – weiter darüber lesen können, was für eine große, gemeine CO2-Lüge die Klimaerwärmung ist. Wenn man die entsprechenden Webseiten besucht und ansonsten die Augen fest schließt, findet man viele Argumente, die einen darin bestärken, dass es überhaupt keine Klimaerwärmung gibt. Wenn man es so will. Man kann sich dazu entscheiden.

Dann kann man sich damit beruhigen, das eigentlich alles in Ordnung ist, dass es nur finstere Personen, korrupte Wissenschaftler und bezopfte Hysterikerinnen sind, die vor den Folgen der Klimaerwärmung warnen. Weil die in Wirklichkeit eine Ökodiktatur errichten wollen. Und vor dieser bösen Diktatur wollen uns alle die Guten beschützen, die dabei von der Mineralölindustrie gefördert werden, den Garanten der Freiheit und des Friedens.Man kann sich entscheiden, das zu glauben. Aber hilft es gegen die Realität?

Klima-Debatte:

Konsens-Nonsens im Klimawandel-Wald?

Am 2. Januar 2020 schrieb Thomas Röper einen Artikel über einen Aufsatz von Markus Fiedler. Beide Texte sind eine Fundamental-Kritik an der berühmten Studie von John Cook zum 97%igen Konsens in der Klimaforschung.

Von Published On: 5. März 2020Kategorien: Umwelt & Energie

Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Die Inhalte der Artikel und Kommentare spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Image is in the public domain

Hier geht’s zum Artikel von Thomas Röper

Es sollte wohl so etwas werden, wie die „Zerstörung von Cook und den Klimalügnern“, analog zum viralen Rezo-Video, nur aus der umgekehrten Richtung.

Thomas Röper schreibt: „Medien und Politik erzählen uns den ganzen Tag lang, dass sich 97% der Klimaforscher einig sind, dass der Klimawandel vom Menschen gemacht ist. Aber eine Überprüfung dieser Behauptung ergibt ein ganz anderes Bild.“

Und weiter: „Ich hoffe, Sie sitzen bequem, denn nun kommt´s: Das war gelogen. Und zwar dreister, als man es sich hätte vorstellen können: Es sind ganze 0,54 Prozent der Arbeiten der Meinung, dass der Mensch auch nur zu mindestens 50 Prozent am Klimawandel schuld ist. Das ist kein Scherz und nun werde ich Ihnen aufzeigen, wie man mit mathematischen Tricks aus 0,54 Prozent 97 Prozent macht.“

In beiden Artikeln wie auch in den darauf folgenden Interviews ist die Wortwahl nicht zimperlich: Betrug, Lüge, Manipulation. Wohlgemerkt, es geht hier um Wissenschaft. Also um das System, in welchem die Kritik an den herrschenden Auffassungen Teil der Methodik ist und zwar in einem Maße, wie sonst nirgends.

Das System Wissenschaft mit Politik und Medien zu einem Lügen-Brei zu vermengen, ist ein starkes Stück. Sind die Wissenschaftler wirklich am Ende die Feinde der Wahrheit?
Die meisten Kommentare stimmen der Behauptung eines allgemeinen, umfassenden Betruges zu: „Endlich!“ heißt es da, die Matrix werde offensichtlich, ein Skandal sei aufgedeckt worden. Und: Damit sei die leidige Klima-Diskussion vom Tisch. Jetzt sei klar, in welchem Lügensystem wir lebten.

Dass in der Politik gelogen wird, ja. Und in den Medien, aber hallo! Aber in der Wissenschaft?

Da geh ich nicht mit. Es kommt vor, aber weniger, als irgendwo sonst. Das System Öffentlichkeit und Experten-Öffentlichkeit als Korrektiv gegen Betrug und falsche Thesen funktioniert besser als fast überall sonst. Und wie ist es beim Lackmus-Test 9/11? Nun, da glänzt die Naturwissenschaft eher mit Abwesenheit. Es gibt nur ein paar wenige Studien und die beiden offiziellen Studien davon sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden. Es gibt eine weitgehende Abwesenheit der Naturwissenschaft bei der „heißen Kartoffel“ 9/11. Zum Klimawandel gibt es mehr als 10.000 Studien, hier ist die Sachlage klar. Und all diese Studien sollen ein Lügengebilde darstellen?

Wenn ich genauer hinschaue, wünschte ich mir, Röper und Fiedler hätten sich etwas mehr zurückgehalten bei ihrer Attacke gegen die Klima-Wissenschaft. Ich wünschte mir das vor allem, weil Röper und Fiedler geschätzte Kollegen sind. Thomas Röper leistet als Sozusagen-Russland-Korrespondent der Alternativmedien sehr gute Arbeit bei der Aufklärung über die Propaganda-Fehlleistungen des Mainstreams. Und dass Markus Fiedler und ich in Sachen Wikipedia an einem Strang ziehen, um Macht-Missbrauch aufzuklären, ist weithin bekannt.

Aber beim Klima hört der 97%ige Konsens von Röper, Fiedler und Pohlmann auf, den es bei vielen anderen Themen gibt.

Einiges an Fiedlers Aufsatz ist interessant, dennoch ich bin misstrauisch, ob es auch richtig ist. Aber das ist nicht der Hauptpunkt meiner Kritik. Ich werde erläutern, warum ich sowohl die Arbeit als auch das mediale Umfeld, in dem Fiedlers Kritik jetzt begeistert aufgenommen wird, als fehlgeleitet betrachte.

Im ersten Schritt gehe ich einfach mal davon aus, dass Markus Fiedler mit seiner Kritik an der Methodik der Studie recht hat. Was er nicht hat, aber damit werde ich mich in einem späteren Artikel beschäftigen, der noch etwas warten muss, weil ich Stellungnahmen abfrage und es dauert, die Antworten einzutreiben.

Zuerst einmal: Fiedler und Röper behaupten, dass der 97%ige Konsens auf dem Trick basiere, die Zusammenfassungen von etwa 12.000 wissenschaftlichen Studien, die sich irgendwie mit Klimawandel beschäftigt haben, in schwammige Kategorien aufgeteilt zu haben. Gut 60% der Zusammenfassungen haben gar keine Aussage über den Klimawandel und fallen allein deshalb aus der Erhebung. Nur 0,54 % der Studien behaupten in ihren Zusammenfassungen explizit, es gäbe einen zu mehr als 50% vom Menschen verursachten Klimawandel. Insgesamt sind es 32,6%, die eine Aussage in diese Richtung treffen.

Fiedler und Röper vergessen zu erwähnen, dass die Studie ihre Methodik sehr genau erläutert und die Daten veröffentlicht sind, sogar alle 12.000 Zusammenfassungen und deren Einordnung. Es gibt außerdem die Möglichkeit, seine eigenen Einschätzungen der Studien zu den Kategorien anzugeben. Die Cook et. al.  ist ja sozusagen eine Gesamtübersicht, eine Fleißarbeit.

Wirklich ärgerlich ist es, wenn ein Biologe wie Fiedler schreibt: „Cook et al. nennen folgendes Textbeispiel: ,… die Kohlenstoffbindung im Boden ist wichtig für die Eindämmung des globalen Klimawandels.‘ Schön, dass hier über Klimawandel geredet wird. Hier wird aber keine Aussage zum menschlichen Anteil am Klimawandel getätigt. Das allermeiste CO2 bzw. der allermeiste Kohlenstoff in der Atmosphäre ist nicht vom Menschen erzeugt, daher gibt es hier keine zwingende Annahme, dass der Autor einen anthro­pogenen Einfluss annimmt, nur weil er Kohlenstoff im Boden binden will.“

„Das allermeiste CO2 bzw. der allermeiste Kohlenstoff in der Atmosphäre ist nicht vom Menschen erzeugt?“ Das ist schlicht falsch. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre lag vor der Industrialisierung bei 280 ppm (Parts per Million, also Anteile pro Million). Heute sind es etwa 410 ppm. Es sind also etwa 45% mehr CO2 in der Atmosphäre als vor der Industrialisierung, und diese 45% sind menschengemacht. Das CO2 in der Atmosphäre ist der klimawirksame Teil, nicht die Gesamtmenge, die in einem natürlichen Kreislauf konstant umgesetzt wird. Der ist viel größer, zählt aber nicht. Klimawirksam ist nur, was in die Atmosphäre gelangt. Und genau darum geht es ja, dass immer mehr CO2 durch Verbrennung von Ölprodukten bei gleichzeitiger Vernichtung von Wald, auch durch Brände, in die Atmosphäre gelangt.

Es gibt auch bereits eine Reihe von kritischen Gegenstudien zur Cook-Studie, und viele Blog-Artikel bei den üblichen Verdächtigen, was sich aus der Bekanntheit und Wirksamkeit der Cook-Studie erklärt. Ähnlich wie die „Hockey Stick“-Grafik von Michael Mann, die in mittlerweile mehr als drei Dutzend Studien bestätigt wurde, aber immer wieder angegriffen wird, ist auch Cook konstant unter Beschuss. Eben wegen der Bedeutung der Studie in der Öffentlichkeit. Fiedler und Röper erwähnen die vorausgehenden Kritik-Studien nicht. Warum eigentlich nicht? Vielleicht, weil sie in der Wissenschaft als widerlegt gelten?

 


Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel und Kohleverbrennung: Totschlagargument Arbeitsplätze (Lizenz: Wikimedia, CC BY-SA 4.0)

 

Aber zurück zum Hauptargument in Fiedlers und Röpers Ausführungen. Zum Vergleich: Würde man Aufsätze von Geographen darauf hin untersuchen, ob sie an die Kugelform der Erde glauben, ob es also einen wissenschaftlichen Kugel-Konsens gibt, wird man in den meisten Arbeiten dazu keine wörtlichen, direkten Aussagen finden. Eben weil die Kugelgestalt so breiter Konsens ist, wird es so gut wie niemand explizit erwähnen.  Ich übernehme jetzt einfach die Zahlen der Cook-Studie zum Klimawandel. Daraus zu folgern, dass z.B. nur die 0,54% der Geographen, die die Kugelform ausdrücklich erwähnt haben, an die Kugelform der Erde „glauben“, wäre verwegen. Es wäre auch nicht überraschend, festzustellen, dass in gut 60% der Studien überhaupt nichts dazu gesagt wird. Trotzdem dürfte diese Gruppe, die sich nicht äußert, weder als Kugelgegner noch als Befürworter gezählt werden, weil es ja keine Aussage von ihr gibt. Dass in den allermeisten Studien nur aus Bemerkungen wie „Umlaufzeit“, „Rota­tionsellipsoid“ oder „Großkreisentfernung“ geschlossen werden kann, dass etwa ein Drittel der Autoren von einer Kugelform ausgehen, wäre das überraschend? Und, last but not least, aus diesen Zahlen einen „Kugelbetrug“ abzuleiten, was wäre das? Abenteuerlich? Verwegen? Ich überlasse ihnen das Urteil.

Aber es wird noch besser. Fiedler und Röper berichten nur über einen Teil der Cook-Studie. Sie vergessen zu erwähnen, dass die Arbeit aus zwei Teilen bestand. Erstens aus einer Kategorisierung von 11.944 Zusammenfassungen, die sie ausführlich analysieren und zweitens aus einer Befragung von 8.547 Wissenschaftlern, die ihre Arbeiten selbst einordnen sollten. Also eine Befragung, ob die Cook-Studie sauber kategorisiert hat. Warum erwähnen Röper und Fiedler diesen zweiten Teil der Arbeit nicht, der ja ihre These von der willkürlichen Zuordnung zum Einsturz bringen kann? Diese Rückmeldung der Wissenschaftler macht es doch besonders interessant, was bei diesem Teil her­ausgekommen ist.

Bei solchen ausführlichen Befragungen per E-Mail liegt die Rücklaufquote bestenfalls bei einem Drittel der Befragten, meist viel niedriger. In diesem Fall waren es 1.200 Wissenschaftler, also etwa 14%, die auf den Fragebogen per E-Mail antworteten. Ergebnis der Antworten: Es sind wieder etwa 97%, also der gleiche Wert, wie im ersten Teil, die angaben, dass in ihrer Arbeit der These vom menschengemachten Klimawandel zugestimmt wurde.

Wären die Wissenschaftler der Stichprobe, die überhaupt geantwortet haben, zufällig verteilt, müsste man mit solch einem  97%-Ergebnis rechnen, falls die Ergebnisse von Cook et. al. weitgehend richtig sind. Es könnte aber sein – auch wenn es unwahrscheinlich ist – dass jene Wissenschaftler, die Befürworter des menschengemachten Klimawandels  sind, immens viel auskunftsfreudiger waren, als ihre durchweg schüchternen Gegner, dass diese Stichprobe somit eine Falschmessung lieferte.

Es könnte sein, auch wenn es nicht plausibel ist. Aber dieses zweite Ergebnis einfach zu verschweigen, ist sicher keine korrekte Arbeitsweise. Wäre Cook so vorgegangen, hätte der Vorwurf wohl gelautet: Betrug, Lüge, Manipulation.

Um sich einen Überblick über das Thema zu verschaffen, ist es weiterhin sinnvoll, zu erkunden, ob es andere Meta-Studien zum Klimawandel außer der Cook-Studie gibt. Auch das tun Fiedler und Röper nicht.

Es existieren seit dem Jahr 2000 mindestens 9 weitere Meta-Studien, also wissenschaftliche Aufsätze, die mit verschiedenen Methoden untersucht haben, wie die „Scientific Community“ zum Klimawandel steht, z.B. mit Experten-Umfragen oder durch Klassifizierung von wissenschaftlichen Aufsätzen:

Bray und von Storch (2003), Oreskes (2004), STATS (US Statistic Assessment Service) (2007), erneut Bray und von Storch (2008), Doran und Zimmermann (2009), Anderegg, Prall, Harold und Schneider (2010), Farnsworth und Lichter (2011), Lefsrud und Meyer (2012), Cook et. al. (2013), Powell (2013) und Verheggen et. al. (2014).

Zwei stechen heraus. Lefsrud und Meyer, die 2012 nach vielen Studien zum Konsens der Wissenschaftler im Auftrag der Mineralölwirtschaft von Alberta, Kanada die für die Mineralölwirtschaft arbeitenden Kollegen befragten. Das bedeutet, sie befragten Ingenieure und Geowissenschaftler, also Auftragnehmer und Angestellte der Mineralölwirtschaft von Alberta. Eine Studie mit dem brutalstmöglichen Willen zur Objektivität? Naja. Wundersamerweise waren in dieser Gruppe nur 36% der Ansicht, dass der Klimawandel menschengemacht ist, 10% glaubten an ein Sowohl-als-auch von Mensch und Natur. Also selbst bei dieser Fake-Studie waren es nicht 0,54% sondern 36%, oder auch 46%, je nachdem, wie man es zählen will, die den anthropogenen Klimawandel als Realität bezeichneten.

Bei allen anderen Studien sind es mehr als 90%, meist annähernd 100%, die zum Ergebnis der menschengemachten Klimaerwärmung kommen. Verheggen et. al. (2014), er publizierte die andere – aus meiner Sicht – herausstechende Studie, fand heraus, dass die Ansichten mit der Expertise korrelieren. Größere Expertise im Bereich Klimaforschung führte zu klareren Aussagen in Richtung anthropogenen Klimawandel. Wer mehr als 10 Studien in Journalen veröffentlicht hat, die von Experten gegengelesen und beurteilt wurden, war eindeutig vom menschengemachten Klimawandel überzeugt.

Es gibt weitere Indizien für den Konsens. 34 nationale Wissenschaftsakademien haben in offiziellen Stellungnahmen die These vom menschengemachten Klimawandel bestätigt. Keine einzige hat sich gegen die These der menschengemachten Klimaerwärmung ausgesprochen. Auch die NASA hat eine Liste von Organisationen veröffentlicht, die sich öffentlich zu dieser Frage geäußert haben, darunter die wichtigsten US-Wissenschaftsvereinigungen.

Was ist mit dem Argument, dass dieser wissenschaftliche Konsens nichts wert ist? Dass es in der Wissenschaft nicht um Konsens geht? Dass ein einzelnes Genie wichtiger sein kann, als die große Schafherde.

In der Wissenschaftsphilosophie gibt es das Argument, dass eine Theorie durch eine EINZIGE abweichende Beobachtung widerlegt werden kann: Alle Schwäne sind angeblich weiß (eine Theorie). Der erste schwarze Schwan, der beobachtet wird, falsifiziert die Theorie. In der Wissenschaft ist deshalb eine Theorie, die keine widerlegbaren Aussagen beinhaltet, wertlos.

Vorsicht, wenn Sie hören, dass Konsens in der Wissenschaft nichts wert ist. Tatsächlich beruht auch die Wissenschaft auf dem Konsensprinzip.

Manchmal führt das Konsensprinzip zu falschen Ergebnissen. Es ist selten, aber es kommt vor, dass es einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft gibt, der sich nur schwer durchsetzen kann, z.B. wenn es um eine Änderung des Weltbildes geht. Der Paradigmenwechsel etwa, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Oder, dass auch der Mensch der Evolution unterliegt, dass wir Teil der Natur sind, nicht ihre „Krone“.  Oder, dass der Mensch das Klima der Erde ruinieren kann. Diese Erkenntnisse mussten sich gegen große Widerstände durchsetzen. Sie haben sich durchgesetzt. Oft erst durch das Aussterben der Wissenschaftler, die den alten Theorien anhängen.

Diese revolutionären Theorien waren anfangs eine Zumutung für den Konsens, nicht nur den der Wissenschaft, sondern für einen Konsens, der die Machtstrukturen der Gesellschaft stabilisierte. So wie die Klimaerwärmung eine Zumutung für die Mineralölindustrie und die ihr angeschlossenen Parteien war und ist. Diese Lobbygruppe bekämpft die Theorie der menschengemachten Erwärmung. Aber mittlerweile gehört diese Theorie nicht mehr zu den umstrittenen Theorien in der Wissenschaft. Sie hat sich durchgesetzt.

Bedeutende Wissenschaftler mit fundamental neuen Ideen werden anfangs manchmal, nicht immer, nicht meistens, wie Querulanten behandelt. Das hat es auch in den Naturwissenschaften wiederholt gegeben. Einstein war anfangs eine Art Querulant in der Physik. Die spätere Bedeutung seiner Orchideenwissenschaft allerdings war damals nicht absehbar. Theoretische Physiker waren bis zum 2. Weltkrieg und dem Bau der Atombombe Meister der brotlosen Künste, mit voraussehbarer Arbeitslosigkeit, ähnlich wie Experten für alt-ägyptische Hieroglyphen. Aber aus der Tatsache, dass anfangs nur eine Handvoll Leute die Theorie Einsteins überhaupt verstehen konnten, sollte man nicht schließen, dass jeder Querulant ein verkannter Albert Einstein ist.

Die Behauptung, dass es nicht um Konsens in der Wissenschaft geht, wird meist von Personen vertreten, die z.B. beweisen wollen, dass sie das erste funktionierende Perpetuum Mobile gebaut haben, aber niemand in der korrupten Wissenschaft das eingestehen will. Natürlich ist Konsens in der Wissenschaft wichtig, weil es der Konsens der Personen ist, die am meisten über ein Thema wissen, die Gegenargumente geprüft haben. Wenn Sie bei einer wichtigen Krankheits-Diagnose Zweit-, Dritt-, oder Viert-Meinungen einholen, suchen sie dann etwa nach der möglichst weit vom Konsens entfernten Meinung, um ihr zu folgen? Wegen der größeren Wissenschaftlichkeit des abseitigsten Ratschlages? Wenn ja, haben sie gute Chancen, bei einem Quacksalber zu landen.

Es sind ja nicht nur die Wissenschaftler, die von der Klimaerwärmung überzeugt sind. Auch ihr Terrassenthermometer, ihr Oberförster und ihre Garten-Wasserrechnung – falls vorhanden, also die Messwerte, nicht nur die Theorie dazu, sind eindeutig der Ansicht, dass etwas nicht stimmt mit dem Klima. 2019 war das wärmste Jahr in  Europa. Seit Aufzeichnung der Temperaturen. Nach zwei Trockensommern in Deutschland nacheinander – was es noch nie gegeben hat – wird ein dritter Trockensommer für flachwurzelnde Bäume zur tödlichen Gefahr werden. Sie werden es beobachten können. Dieser Winter hat bisher bei Weitem nicht genügend Regen gebracht. Es sieht nicht gut aus für unseren Wald.

Die 10 wärmsten Jahre weltweit, von 1880 bis 2019 (in aufsteigender Reihenfolge) waren: 2009, 2005, 2003, 2010, 2014, 2018, 2015, 2017, 2019 und 2016. Fällt Ihnen etwas auf?

Trotzdem wird man – wenn man es so will – weiter darüber lesen können, was für eine große, gemeine CO2-Lüge die Klimaerwärmung ist. Wenn man die entsprechenden Webseiten besucht und ansonsten die Augen fest schließt, findet man viele Argumente, die einen darin bestärken, dass es überhaupt keine Klimaerwärmung gibt. Wenn man es so will. Man kann sich dazu entscheiden.

Dann kann man sich damit beruhigen, das eigentlich alles in Ordnung ist, dass es nur finstere Personen, korrupte Wissenschaftler und bezopfte Hysterikerinnen sind, die vor den Folgen der Klimaerwärmung warnen. Weil die in Wirklichkeit eine Ökodiktatur errichten wollen. Und vor dieser bösen Diktatur wollen uns alle die Guten beschützen, die dabei von der Mineralölindustrie gefördert werden, den Garanten der Freiheit und des Friedens.Man kann sich entscheiden, das zu glauben. Aber hilft es gegen die Realität?