Hat Russland das Völkerrecht gebrochen? Teil 3

Entwurf eines Papers als Beitrag zur aktuellen Debatte Teil 1: https://free21.org/hat-russland-das-voelkerrecht-gebrochen/ Teil 2: https://free21.org/entwurf-eines-beitrags-zur-aktuellen-debatte-teil-2/

Von Published On: 7. Mai 2024Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 05.10.2023 auf www.olatunander.substack.com unter der URL <https://olatunander.substack.com/p/did-russia-violate-international-875> veröffentlicht. Lizenz: © Ola Tunander

Eine junge Frau heftet während der Orangenen Revolution in Kiew Blumen an die Schilde von Bereitschaftspolizisten, 1.12.2004. (Foto: jf1234, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-2.0)

8. Coup d’Etat und Völkerrecht

Bei den ukrainischen Präsidentschaftswahlen 1994, 1999, 2004 und 2010 hatte man jeweils die Wahl zwischen einem westukrainischen und einem ostukrainischen Kandidaten. [1] Es gewannen die Kandidaten aus dem Osten, außer 2004, als Viktor Juschtschenko Viktor Janukowitsch besiegte. [2] Oder besser gesagt, Janukowitsch, der russischsprachige Kandidat aus Donezk, hatte die Wahlen im November mit drei Prozent gewonnen. Dies war der Auftakt zu Massendemonstrationen („die Orangene Revolution“), und die Wahl wurde kurz darauf für ungültig erklärt. Die OSZE erklärte, die Wahl „entsprach nicht den internationalen Standards“. Senator Richard Lugar, der führende Wahlbeobachter der USA, sprach von „Wahlbetrug“. Die „Orangene Revolution“ zur Unterstützung von Viktor Juschtschenko ging weiter. Im Dezember wurden Neuwahlen organisiert, aus denen Juschtschenko mit knapp acht Prozent als Sieger hervorging. Westliche Länder waren jedoch stark an der „Orangenen Revolution“ beteiligt, und es ist schwer zu sagen, ob die eine oder die andere Wahl fair war. Man kann aber sagen, dass beide Kandidaten ziemlich gleichauf lagen. Bei den Wahlen 2010 gewann Viktor Janukowitsch die Mehrheit. [3] Nach Angaben der OSZE gab es keine Unregelmäßigkeiten. Die Westukraine stimmte für Julia Timoschenko, während Janukowitsch in der Ostukraine gewann. Aufgrund der großen Bevölkerungszahl im Osten gewann er die Wahlen in der Ukraine mit 49 zu 45 Prozent. Juschtschenko schied bereits im ersten Wahlgang mit nur 5 Prozent der Stimmen aus.

Für die extremen Nationalisten in der Westukraine musste der Sieg von Janukowitsch um jeden Preis verhindert werden. Juschtschenko hatte Verbindungen zur extremen Rechten und ernannte die Nationalisten Stepan Bandera und Roman Schuchewytsch zu „Helden der Ukraine“ [4], deren Denkmäler überall in der Westukraine aufgestellt wurden [5]. Banderas Organisation OUN (Organisation Ukrainischer Nationalisten) [6] arbeitete während des Zweiten Weltkriegs eng mit den Nazis zusammen und seine Gruppen waren verantwortlich für Massaker an hunderttausenden Juden, Polen und Russen [7].

Schuchewytsch kommandierte das Nachtigall-Bataillon, diente in deutscher Uniform unter Heinrich Himmler als höherer SS- und Polizeiführer und befehligte die UPA, den militärischen Flügel der OUN. [8] Sie wollten die Ukraine „ukrainisieren“ und, „um das zu realisieren, müssen Millionen geopfert werden“, wie es Bandera ausdrückte [9]. Diese Organisationen waren typische Beispiele für den europäischen Faschismus der 1930er und 1940er Jahre. [10] Viele seiner Leute waren, in Kooperation mit den Kräften der Nazis, direkt in den Massenmord verwickelt. [11] Das bedeutet nicht, dass die heutige Ukraine ein faschistischer Staat ist, aber es ist dennoch problematisch, wenn die faschistischen Führer der 1930er und 1940er Jahre jetzt offiziell zu Helden der Ukraine gemacht werden. General Walerij Saluschnyj, der ukrainische Verteidigungsminister, machte vor einem Porträt von Stepan Bandera ein Selfie, welches das ukrainische Parlament an Banderas Geburtstag, dem 1. Januar 2023, auf der Twitter-Seite des Parlaments veröffentlichte. Nach einer Anfrage aus Polen wurde dieser Tweet kurz darauf entfernt. [12]

Juschtschenkos frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hatte ebenfalls Verbindungen zur extremen Rechten. Ab Ende 2013 wurde – von der Verliererseite der 2010er-Wahlen – zu Massendemonstrationen in den von Timoschenko dominierten Gebieten (siehe unten) mobilisiert. Ab Februar 2014 wurden diese Demonstrationen zunehmend gewalttätig. Sie wurden nun von den extremen Nationalisten angeführt und zwangen Präsident Janukowitsch am 22. Februar zur Flucht aus dem Land. [13] Mehr als 50 Menschen wurden erschossen.

Freiwillige der ukrainischen Rotkreuzgesellschaft leisten einem verwundeten Demonstranten erste Hilfe. Euromaidan-Proteste, 19.1.2014. (Foto: Mstyslav Chernov, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0)

Praktisch alle Schüsse gingen von zwei Gebäuden aus, die von den extremen Nationalisten – dem Rechten Sektor und Swoboda – kontrolliert wurden. Diese Gebäude befanden sich hinter den Demonstranten und regierungskritischen Demonstranten wurde in den Rücken geschossen, was auf Videoaufnahmen zu sehen ist [14] (siehe auch Katchanovski 2021 [15]). Wie der estnische Außenminister Urmas Paet der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, in einem aufgezeichneten Telefongespräch mitteilte, wurden sowohl die Demonstranten als auch die Polizei von denselben Kräften beschossen und von den gleichen Kugeln getroffen. [16] Die Demonstranten wurden nicht von den vor ihnen stehenden staatlichen Polizeikräften erschossen.

Es handelte sich um einen gewaltsamen Staatsstreich und eine Machtergreifung, die in jeder Hinsicht gegen die ukrainische Verfassung verstieß. Die nationalistischen Führer ernannten auf Anweisung der Vereinigten Staaten eine neue Regierung. Der Wirtschaftswissenschaftler Arsenij Jazenjuk wurde zum Premierminister ernannt, nachdem Victoria Nuland dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt, klare Anweisungen gegeben hatte: Jazenjuk sollte die neue Regierung führen [17].

Ein Telefongespräch, bei dem Nuland Pyatt Anweisungen erteilte, wurde aufgezeichnet und auf YouTube veröffentlicht. Alles ist vorhanden: Wer in die Regierung gehen soll und wer nicht, und mit wem Jazenjuk „viermal pro Woche“ sprechen soll. George Friedman, Chief Intelligence Officer bei „Stratfor“ in den USA, bezeichnete im Dezember 2014 die Machtergreifung der USA in der Ukraine einige Monate zuvor als „den krassesten Coup in der Geschichte der Menschheit“ [18].

Am 4. Februar 2015 sprach Friedman vor dem „Chicago Council on Global Affairs“ und sagte, dass „vor zehn Tagen General [Ben] Hodges, der Befehlshaber der US-Armee in Europa, die Ukraine besuchte. Er kündigte an, dass US-Ausbilder inoffiziell kommen würden. Er hat ukrainischen Kämpfern Medaillen umgehängt […], um zu zeigen, dass dies seine Armee ist“ [19]. Die USA übernahmen die Verantwortung für die ukrainische Armee. Es handelte sich um einen Staatsstreich der USA, der eindeutig gegen das Völkerrecht verstieß. Ein gewählter Präsident wurde gewaltsam gestürzt und eine neue Regierung wurde auf Anweisung einer ausländischen Macht eingesetzt. Aber die USA konnten im Sicherheitsrat ihr Veto gegen jegliche Kritik einlegen. Die neue Regierung erhielt vier Minister von der ehemaligen Nazi-Partei Swoboda. [20] Die Sprachreform der Nationalisten löste große Gegendemonstrationen und Aufstände in der russischsprachigen Ostukraine aus. Die Demonstrationen in Odessa, Charkiw und anderen Oblasten wurden niedergeschlagen [21], während die Republik Krim und die Oblaste Donezk und Lugansk ihre Unabhängigkeit erklärten. 8.000 Angehörige der ukrainischen Armee liefen zu den Rebellen in Donezk und Lugansk über. [22] Das Kiewer Regime war gezwungen, mehr oder weniger pro-nazistische Gruppen wie das Asow-Bataillon, Aidar und den Rechten Sektor (der die Bandera-Flagge und Nazi-Symbole aus den 1940er Jahren verwendet) einzusetzen, um den Krieg gegen Donezk und Lugansk weiterzuführen. Jacques Baud (2022) spricht davon, dass 20.000 der 22.000 ukrainischen Soldaten auf der Krim zu den Rebellen übergelaufen sind. [23] Beim Referendum auf der Krim sprachen sich 96,8% für die Unabhängigkeit und dann für den Anschluss an Russland aus (bei einer Wahlbeteiligung von 83%). Dies entspricht ziemlich genau dem Ergebnis eines Referendums aus dem Jahr 1991 – bevor die Ukraine ein unabhängiger Staat wurde –, bei dem 93,6% der Krimbewohner lieber zu Russland gehören wollten (Baud 2022). [24] Nach den Angriffen des westukrainischen Regimes 2014 auf Russen und Russischsprachige im Osten war dieser Prozentsatz aus natürlichen Gründen noch höher.

Betrachtet man die Sprache, die die Menschen im Jahr 2009 zu Hause sprachen (Matlock 2021) [25], so stellt man fest, dass die Menschen in den westukrainischen Oblasten mit 8 Millionen Einwohnern hauptsächlich Ukrainisch sprachen [26]. In den östlichen und südlichen Oblasten der Ukraine mit 19 Millionen Einwohnern [27] sprachen die meisten Menschen zu Hause Russisch, während in der Zentralukraine mit rund 12 Millionen Einwohnern die Mehrheit eine „Mischung“ aus Russisch und Ukrainisch sprach: Surschyk. Die russischsprachigen Menschen waren im Vergleich zu den Menschen, die Ukrainisch sprechen, keine kleine Minderheit. Die Aufteilung in Sprachgruppen entsprach genau der politischen Aufteilung zwischen den westukrainischen und ostukrainischen Kandidaten. Bereits 2008 schrieb der US-Botschafter in Moskau, der heutige CIA-Direktor William Burns, an das Außenministerium, dass ein Konflikt zwischen ukrainisch- und russischsprechenden Menschen zu einem Bürgerkrieg führen könnte, der Russland in den Krieg hineinzieht. [28] Als das neue Putschregime 2014 erstmals von allen verlangte, in der Öffentlichkeit Ukrainisch zu sprechen, führte dies zu einer Konfrontation in diesem bereits gespaltenen Land. Es führte zu einem Bürgerkrieg, der einen Großteil der Bevölkerung zur Flucht aus dem Donbass nach Russland zwang. Die russischsprachige Ukraine wurde geschwächt und es kam bei den Wahlen zu einer Verschiebung des Gleichgewichts zugunsten der Westukraine. Viktor Janukowitsch hatte mit Unterstützung der russischsprachigen Ostukraine die Wahlen 2010 gewonnen. Eine Wahl zu gewinnen wäre, angesichts der ethnischen Säuberungen nach dem Krieg von 2014, für die russischsprachige Bevölkerung wahrscheinlich nicht mehr möglich gewesen. Und diese Säuberung wurde mit Unterstützung der Vereinigten Staaten durchgeführt.

In gelben Gebieten sprach man hauptsächlich Ukraine, in roten Gebieten hauptsächlich Russisch und in orangefarbenen Gebieten Surzhyk (eine Mischung aus Russisch und Ukrainisch). Andere Farben zeigen Minderheitensprachen an. Rechts: Die orangefarbenen Gebiete zeigen, wo Julia Timoschenko die Präsidentschaftswahlen 2010 gewann, während Viktor Janukowitsch in den blauen Gebieten siegte. Diese Kluft entspricht fast genau der sprachlichen Kluft. Die dunkleren Farben zeigen einen überwältigenden Sieg des jeweiligen Kandidaten. Die gestreiften Gebiete zeigen die Gebiete der Massenproteste und die Gebiete, in denen 2013/14 während der Maidan-Ereignisse Regierungsgebäude besetzt wurden. Die Proteste fanden fast ausschließlich in den Gebieten der Verliererseite der Wahlen statt (Bilder von Matlock 2021). (Screenshot: https://olatunander.substack.com/p/did-russia-violate-international-875)

Nach den ersten Massakern in Donezk und Lugansk im Jahr 2014 musste die Ukraine ein Friedensabkommen zwischen den Parteien unterzeichnen: Das Minsker Abkommen, das mit Hilfe von Deutschland und Frankreich ausgehandelt wurde. Hätte die Ukraine dieses Abkommen nicht akzeptiert, hätte Russland, um die russischsprachige Bevölkerung zu schützen, möglicherweise bereits 2014 Truppen in Donezk und Lugansk stationiert. Präsident Wladimir Putin wollte die Ukraine jedoch nicht auseinanderbrechen. In einem Brief an Putin baten die beiden Republiken um Aufnahme in Russland, was von Putin jedoch abgelehnt wurde, schreibt Jacques Baud (2022). [29] Putin überredete Donezk und Lugansk, das Minsker Abkommen zu akzeptieren. Ab 2015 wurde Minsk II nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrates zu einem rechtlich anerkannten internationalen Abkommen. [30] Das Abkommen sollte eine Garantie für die russischsprachige Bevölkerung im Osten sein. Sie würde damit einen relativ autonomen Status mit dem Recht auf eine eigene Sprache in der Ukraine erhalten. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Nationalisten der Westukraine diese Autonomie für die russischsprachige Bevölkerung niemals akzeptieren würden. Das war für sie inakzeptabel.

Für die nationalistische Minderheit in der Ukraine stand eine solche Autonomie im Widerspruch zu ihrer Vorstellung von einer Nation, einer rein „ukrainischen Ukraine“. Oleksij Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, sagte im Januar 2022 gegenüber AP, dass „die Erfüllung des Minsker Abkommens die Zerstörung des Landes bedeutet“ [31]. „Danilow warnte den Westen davor, die Ukraine unter Druck zu setzen, das Minsker Abkommen zu erfüllen“, schrieb AP. Kiew hatte das Minsker Abkommen unterzeichnet. Die Souveränität der Ukraine sei daher den Entscheidungen des Sicherheitsrates untergeordnet. Nach der UN-Charta (Art. 25) muss sich jedes UN-Mitglied verpflichten, „die Resolutionen des Sicherheitsrates umzusetzen“, aber Kiew hatte nicht die Absicht, diese Resolution umzusetzen.

Kiew hatte auch die Unterstützung der Vereinigten Staaten, die gegen jeden Versuch, die Resolution mit Gewalt in der Ukraine durchzusetzen, ein Veto einlegen konnten – obwohl die USA selbst das Abkommen unterzeichnet hatten. Man würde annehmen, dass die Einhaltung des Minsker Abkommens für die Ukraine Priorität haben müsste. Es hätte sowohl das ukrainische Territorium als auch den Frieden gesichert. Allerdings übersieht man leicht, dass die neue ukrainische Elite die Annahme des Minsker Abkommens tatsächlich als Verrat an einer rein „ukrainischen Ukraine“ ansah. Genau diese Elite wollte auch einen großen Krieg mit Russland, um die NATO in den Krieg hineinzuziehen. Das Ziel war, Russland abzukoppeln und den russischen Einfluss zu beseitigen.

2021 erfuhren wir, dass Kiew nie die Absicht hatte, das Minsker Abkommen umzusetzen. Das Minsker Abkommen hätte es den Nationalisten im Westen unmöglich gemacht, die „Ukraine zu ukrainisieren“. Sie hielten sich immer noch an den Bandera-Slogan: „Ukraine den Ukrainern“ [32]. Das Minsker Abkommen würde es unmöglich machen, die russischsprachige Ost-Ukraine zu säubern. Im Juni 2022 erklärte der ehemalige Präsident Petro Poroschenko gegenüber der Deutschen Welle, die Ukraine habe das Minsker Abkommen nur unterzeichnet, um Zeit zu gewinnen. [33] „Wir gewannen acht Jahre“, sagte er. Er ließ die Ukraine militärisch von den USA und Großbritannien aufbauen, um Kiew in die Lage zu versetzen, zunächst Donezk und Lugansk und dann die Krim zu erobern (Selenskyj unterzeichnete das Dekret zur Rückeroberung der Krim am 25. März 2021 [34]). Aber die Rückeroberung und „Ukrainisierung“ des Donbass wäre ein Verstoß gegen das Minsker Abkommen. Es hätte die Bevölkerung ausgetauscht werden müssen und wäre ein Verstoß gegen ein vom UN-Sicherheitsrat unterzeichnetes internationales Abkommen. Der Staatsstreich, die ethnische Säuberung (durch die USA und die ukrainischen Nationalisten) und die Missachtung der Resolution des Sicherheitsrates müssen als schwere Verstöße gegen das Völkerrecht und die UN-Charta bezeichnet werden.

Weil die Vereinigten Staaten ihr Veto hätten einlegen können, war der Sicherheitsrat lahmgelegt. Präsident Putin glaubte, dass das Minsker Abkommen eine ausreichende Garantie für die Russen im Osten und für die russischsprachigen Menschen sein würde. Während ukrainische und amerikanische Offiziere, darunter Brigadegeneral Joseph Hilbert von der US-Armee, am 4. Mai 2022 gegenüber den Medien erklärten: „Der größte Fehler, den die Russen gemacht haben, war, dass sie uns acht Jahre Zeit gegeben haben, um uns auf [den Krieg] vorzubereiten“ [35]. Das Minsker Abkommen – ein international bindendes Abkommen – wurde von der Ukraine unterzeichnet, um acht Jahre Zeit zu gewinnen, in der man militärisch aufrüsten konnte. Je länger die Russen mit ihrem Eingreifen warteten, desto schwieriger würde es werden, die bereits vereinbarten Rechte der russischsprachigen Bevölkerung gemäß dem Minsker Abkommen zu garantieren – und desto stärker würde der militärische Brückenkopf der USA in der Ukraine werden. Wladimir Putin fragte: Wie kann man einem von der Ukraine und den Vereinigten Staaten unterzeichneten Vertrag überhaupt noch vertrauen, wenn sie nie die Absicht hatten, sich an diese Vereinbarung zu halten? Im Dezember 2022 sagten die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel [36] und der damalige französische Präsident François Hollande [37], dass das Minsker Abkommen der Ukraine die Möglichkeit gebe, „Zeit zu kaufen“. Ihre Aufgabe scheint darin bestanden zu haben, die Russen zu täuschen. Dies hat nun direkte Auswirkungen auf die russische Wahrnehmung des Krieges. Nicht einmal einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Westen kann man trauen. Die Russen glauben ganz einfach, dass sie den Westen vor vollendete militärische Tatsachen stellen müssen.

Am 10. November 2021 wurde eine Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und der Ukraine etabliert, um eine ukrainische NATO-Mitgliedschaft zu ermöglichen. [38] Moskau hatte seit 2008 deutlich gemacht, dass Russland einer solchen Mitgliedschaft mit Krieg begegnen würde. Die Eliten in Washington wussten das. Moskau empfand eine solche Partnerschaft als eine unerträgliche Bedrohung. Der einzige Grund für eine solche US-Politik war – wie im RAND-Report vom Januar 2022 beschrieben –, dass die USA einen Krieg wollten. Diese US-amerikanisch-ukrainische Politik ist so weit von dem vorrangigen Ziel der UN-Charta, „Bedrohungen des Friedens zu beseitigen“ und „den Weltfrieden zu wahren“, entfernt, wie man es sich nur vorstellen kann.

Screenshot: Weltwoche, erstellt am 23.4.2024 – 14:45:32, https://weltwoche.ch/daily/dame-ohne-charakter-merkels-luegen-in-minsk-oeffnen-russland-die-augen-das-sitzt/)

9. Der Kosovo und die Anwendung des Völkerrechts

Die Ereignisse in Donezk und Lugansk haben im Kosovo 1999 eine entsprechende Parallele. In den Medien wurde behauptet, dass im Kosovo ein serbisches Massaker an Albanern im Dorf Račak stattgefunden habe. Bereits 1998 seien mehrere Zehntausend Albaner aus dem Kosovo geflohen. Dies könnte nach Ansicht westlicher Juristen eine westliche Militärintervention zur Beseitigung der serbischen Streitkräfte rechtfertigen. Und viele bezeichneten den Angriff auf Serbien daraufhin als R2P-Operation (R2P = Responsibility to Protect – Verantwortung zum Schutz, Anm. d. Red.). Allerdings hatte der UN-Sicherheitsrat nie einen Beschluss zur Unterstützung dieser Operation gefasst. Und um die westliche Intervention völkerrechtlich „legitim“ zu machen, erkannten mehrere westliche Staaten den Kosovo später als unabhängigen Staat an.

Am 17. Februar 2008 erklärten die provisorischen Institutionen des Kosovo ihre Unabhängigkeit von Serbien. Im Einklang mit Artikel 96 der UN-Charta stellte die UN-Generalversammlung dem Internationalen Gerichtshof am 8. Oktober 2008 folgende Frage: „Steht die einseitige Unabhängigkeitserklärung der provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen des Kosovo im Einklang mit dem Völkerrecht?“ [39] Die Generalversammlung stellte jedoch nicht die Frage, ob diese „einseitige Unabhängigkeitserklärung“ im Einklang mit dem innerstaatlichen serbischen Recht stand. Der Internationale Gerichtshof kam 2010 zu dem Schluss, dass „die Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 nicht gegen das allgemeine Völkerrecht verstieß“ [40].

Der „Staat Kosovo“ konnte dann militärische Unterstützung anfordern und eine Militärbasis unter amerikanischer Führung einrichten, um „seine Unabhängigkeit zu sichern“. Man könnte einwenden, dass eine solche Erklärung den Weg für eine zweifelhafte Auslegung der UN-Charta eröffnet. Allerdings hatte es 1991 ein Referendum gegeben, in dem die Unabhängigkeit des Kosovo befürwortet wurde und die 2007 gewählten Vertreter des Kosovo unterstützten die Unabhängigkeit. Im Mai 2014 stimmten Donezk und Lugansk mit 89 % Unterstützung in Donezk und mit 96 % Unterstützung in Lugansk für die Unabhängigkeit. Die Minderheit, die die Unabhängigkeit nicht unterstützte, war kleiner als im Kosovo.

Im Februar 2022 hat Russland die gleichen Grundsätze angewendet, die zuvor für den Kosovo festgelegt wurden. Am 21. Februar 2022 erkannte Moskau Donezk und Lugansk als „unabhängige Staaten“ an und am 24. Februar entsandte Russland Streitkräfte zur Unterstützung und zum Schutz der „zwei neuen Staaten“. Wladimir Putin berief sich auf den Artikel 51 der UN-Charta über das Recht auf „kollektive Selbstverteidigung“ [41]. Dieses russische Argument mag fast so zweifelhaft gewesen sein wie das westliche Argument in Bezug auf den Kosovo, aber mit dem Krieg des Westens 1999 und der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo 2008-2010 wurde nun offensichtlich ein Präzedenzfall geschaffen.

Während die USA ein Argument für den Kosovo und ein anderes für Donezk und Lugansk anführten, wollte Wladimir Putin möglicherweise auf die Heuchelei des Westens hinweisen. Die westlichen Länder hatten ihren eigenen Angriff auf Serbien im Jahr 1999 nicht verurteilt und ihre Anerkennung des Kosovo hätte daher eine ähnliche Anerkennung von Donezk und Lugansk ermöglichen müssen. Im Gegensatz zu der geringen Anzahl von Menschen, die 1999 bei den Kämpfen in Račak getötet wurden (laut Zeugenaussagen von Le Monde [42] hat es dort nie ein Massaker gegeben [43]), und der begrenzten Anzahl von Albanern, die vor dem Krieg getötet wurden, konnte Russland auf die Tötung tausender Zivilisten in Donezk und Lugansk verweisen. Und, was vielleicht noch wichtiger ist, auf die Tatsache, dass die Ukraine offensichtlich gegen ein internationales Abkommen (das Minsker Abkommen) verstoßen hat.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass sich das Völkerrecht nach allgemeiner Auffassung durch die Praxis entwickelt. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Präzedenzfall, der nach dem Kosovo-Krieg geschaffen wurde, die russische Invasion aus diesem Grund legitimer macht. Noch wichtiger ist, dass Russland zur Unterstützung von Donezk und Lugansk eingegriffen hat, nachdem Kiew sich geweigert hatte, das Minsker Abkommen umzusetzen – ein rechtsverbindliches internationales Abkommen, das die Autonomie und die Sicherheit der russischsprachigen Bevölkerung in Donezk und Lugansk garantieren sollte. Russland hat nun militärische Gewalt eingesetzt, um „die Sicherheit der russischsprachigen Bevölkerung zu gewährleisten“ – ein Beschluss, den der Sicherheitsrat hätte umsetzen müssen, der aber durch ein Veto der USA verhindert wurde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Russlands Präsident Wladimir Putin und Frankreichs Präsident François Hollande im Kreml, um Lösungen für die Situation im Südosten der Ukraine zu erörtern, 6.2.2015. (Foto: Exekutivbüro des russischen Präsidenten, Wikimedia Commons,CC-BY-4.0)

10. Zusammenfassung

Aus rein juristischer Sicht – aus völkerrechtlicher Sicht – scheinen die Argumente Russlands hier legitimer zu sein als die der USA und der Ukraine, aber das bedeutet nicht, dass die Argumente Russlands moralisch akzeptabel sind. Und obwohl die rechtlichen Argumente Moskaus die der westlichen Länder zu überwiegen scheinen, bedeutet dies nicht, dass sie einen fortgesetzten Krieg mit der Tötung von weiteren Hunderttausenden von Menschen einfach legitimieren können. Was wir jedoch mit Sicherheit sagen können, ist, dass die westliche Waffenhilfe für die Ukraine den Massenmord verlängern wird, denn Russland wird niemals eine Niederlage in einem Krieg um seine Existenz akzeptieren. Russland hat eine viel größere Bevölkerung, was bedeutet, dass man bis zur letzten ukrainischen Artilleriegranate oder bis zum letzten ukrainischen Soldaten kämpfen muss. Die westlichen Waffen werden den Krieg nur verlängern und Hunderttausende weitere ukrainische und auch viele russische Soldaten töten. Oder um den ehemaligen stellvertretenden US-Verteidigungsminister Chas Freeman zu zitieren:

„Wir [die USA] werden bis zum letzten Ukrainer kämpfen.“ [44]

Einige westliche Führer argumentieren, dass jeder Staat das Recht hat, sich mit allen möglichen Mitteln (Waffensystemen und Militärbündnissen) zu verteidigen, auch wenn diese Mittel die Sicherheit anderer Staaten bedrohen könnten. Russland hingegen sagt, dass auch die westlichen Staaten einer „gemeinsamen Sicherheit“ oder „unteilbaren Sicherheit“ zugestimmt haben, die es nicht zulässt, dass die Sicherheit eines Staates auf Kosten der anderen aufgebaut wird. Die Großmächte bräuchten eine Pufferzone, in der bedrohliche Waffensysteme, die im Falle einer Verschlechterung des politischen Klimas einen Präventivschlag provozieren könnten, nicht vorhanden sind. Russland fordert dementsprechend ein Sicherheitssystem inklusive einer Art „nordischer neutraler Zone“ für Mitteleuropa ohne offensive westliche Waffensysteme – eine Zone niedriger Spannung – während die neokonservative Elite der USA argumentiert, sie habe das Recht, die Gegenseite zu einem schrittweisen Rückzug zu drängen, um die Vorherrschaft der USA zu garantieren. Genau darum geht es letztlich beim Krieg in der Ukraine.

Solange die russische Führung den Krieg nicht als Versuch der Eroberung des ukrainischen Territoriums, sondern als „existenziellen Krieg“ betrachtet, weil es eine „existenzielle Bedrohung“ durch den Westen gibt, wird Russland den Krieg mit allen Mitteln führen. Verhandlungen erfordern, dass der Westen die russischen Forderungen nach Sicherheit ernst nimmt. Andernfalls wird der Krieg eskalieren und immer mehr Länder und Soldaten werden in den Krieg hineingezogen.

Screenshot, erstellt am 23.4.2024, 15:31:42, https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/zwei-plus-vier-verhandlungen-deutsche-einheit-nato-osterweiterung-putin-100.html

Wenn im Ukraine-Krieg eine Seite militärisch, rechtlich und moralisch überwiegt, sollte dies an sich schon ein Grund für einen Waffenstillstand und Verhandlungen sein. Eine Vorbedingung jedoch könnte die Bereitschaft der Vereinigten Staaten sein, Einschränkungen ihrer eigenen Einsätze in Europa zu akzeptieren. Das US-Konzept der Abschreckung – die Stationierung bedrohlicher Waffensysteme an vorderster Front – muss möglicherweise durch einen defensiveren Ansatz ersetzt werden. Die strategische nukleare Abschreckung kann vielleicht nicht auf lange Zeit ersetzt werden, aber der Einsatz „einer lokalen Abschreckung“ durch die USA, mit Offensivkräften nahe der Grenze zur anderen Seite, steht eindeutig im Widerspruch zum Völkerrecht. Militärisch setzt das eine strategische Überlegenheit der USA voraus, die es nicht mehr gibt. Wie wir bereits gesehen haben, eröffnet dies die Möglichkeit für Präventivschläge. Das hat eine extrem destabilisierende Wirkung, wie der gegenwärtige Krieg beweist.

Wenn wir von einer „umfassenderen“ Definition des Völkerrechts ausgehen, die auch eine „Bedrohung des Friedens“ als illegal im Sinne der UN-Charta anerkennt, können wir sagen, dass die USA und die Ukraine nun in einem Punkt nach dem anderen gegen die UN-Charta verstoßen. Da die USA und Großbritannien ihr Veto einlegen konnten, fanden diese Verstöße ohne Intervention des UN-Sicherheitsrates statt.

Erstens versprachen alle westlichen Staats- und Regierungschefs Gorbatschow, dass die NATO ihre Militärpräsenz nicht in den Osten Deutschlands verlegen würde – was Gorbatschow dazu veranlasste, die sowjetischen Streitkräfte aus Ostdeutschland abzuziehen. Der Westen hielt jedoch seine dokumentierten mündlichen Zusagen nicht ein: ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Zweitens haben die USA ihre vorrangige Militärpräsenz so weit nach Mitteleuropa und in die Ukraine verlagert, dass sie zu einem westlichen Brückenkopf in der Nähe Moskaus geworden ist – und damit zu einer, wie es in der UN-Charta heißt: „Bedrohung des Friedens“. Das ist destabilisierend und wird zu Präventivschlägen führen. Es ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Drittens haben die USA ein ukrainisches Laborsystem aufgebaut – einen „militärisch-virologischen Komplex“ – in dem tödliche Viren und Bakterien, Massenvernichtungswaffen, an der Grenze zu Russland gelagert werden: „Eine eindeutige Bedrohung des Friedens.“ Dies ist ein Verstoß gegen die UN-Charta und gegen das Völkerrecht.

Viertens haben die Vereinigten Staaten und die Ukraine durch Massentötungen und ethnische Säuberungen, durch einen Staatsstreich und Verstöße gegen eine Resolution des Sicherheitsrates bewusst einen Krieg forciert und sich damit in mehrfacher Hinsicht der Verletzung der UN-Charta und des Völkerrechts schuldig gemacht.

Fünftens haben die Vereinigten Staaten und die Ukraine durch ihre Politik des radikalen Nationalismus und der „Ukrainisierung“ das Völkerrecht gebrochen. Sie haben den ukrainischsprachigen Westen gegen den russischsprachigen Osten ausgespielt, etwas, das William Burns, der damalige US-Botschafter in Moskau, bereits 2008 als „Bedrohung für den Frieden“ bezeichnete.

Sechstens spricht die US-Sicherheits-Elite über die US-Allianzen als „defensiv“. Aber man spricht auch sehr explizit über den Einsatz anderer Mittel, außer der militärischen Kriegsführung, um die Schwachstellen der anderen auszunutzen und ihre Stabilität zu untergraben. Man spricht vom Einsatz „politischer Kriegsführung“ und von aggressiven Militäreinsätzen. Um einen Sieg zu erringen, konzentrieren sich die USA darauf, einen „Rivalen“ zu untergraben. Die UN-Charta will jedoch nicht nur „militärische Invasionen“ verbieten und verhindern, sondern auch jede Bedrohung oder Aggression gegen einen anderen Staat. Die „Politik des Sieges“ der herrschenden US-Elite ist nicht mit der UN-Charta vereinbar. Diese Politik ist an sich schon ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Wenn wir eine sehr „enge“ Definition des Völkerrechts zugrunde legen, wäre Russland schuldig, gegen die UN-Charta verstoßen zu haben. Akzeptiert man jedoch eine „umfassendere“ Auslegung, bei der eine „Bedrohung des Friedens“ und „bedrohliche“ Einsätze als Verstöße gegen das Völkerrecht gelten, so haben die Vereinigten Staaten mehrfach gegen die UN-Charta verstoßen und das Veto der USA im Sicherheitsrat ermöglichte ihnen, ihre Verstöße ungestraft zu wiederholen. Es stellt sich die Frage, ob der Krieg Russlands als „Selbstverteidigungskrieg“ im Sinne des Völkerrechts angesehen werden sollte.

Ein russischer Krieg war für die Vereinigten Staaten eine Voraussetzung, um die Gaspipeline zu unterbrechen. Damit sollte Europa von Russland abgekoppelt werden und sowohl Russland als auch Deutschland geschwächt werden. Dies mag sogar ein Hauptgrund dafür gewesen sein, warum die USA den Krieg in der Ukraine vorbereiteten und diesen dann auch begannen.

Die weit verbreitete Behauptung, Russland wolle die Ukraine erobern, wird weder von der Rhetorik noch von der Praxis gestützt. Wie ich oben bereits beschrieben habe, sind dies unbegründete Behauptungen.

Russland hätte wahrscheinlich eine zehnmal größere Streitmacht benötigt, um eine Besetzung der Ukraine auch nur in Erwägung zu ziehen. Das ist etwas, was den russischen Militärplanern sehr wohl bewusst gewesen sein musste. Doch je mehr Waffen mit immer größerer Reichweite der Westen der Ukraine zur Verfügung stellt, desto mehr ukrainisches Territorium wird Russland für sich beanspruchen, um sich vor westlichen Angriffen zu schützen. Für Russland geht es darum, die Russen und die russischsprachigen Menschen in der Ostukraine vor Massenmorden zu schützen. Aber auch darum, dem Westen jegliche militärische Präsenz – einschließlich biologischer Labore – in der Ukraine zu verwehren. Dies wird – nach einem russischen Sieg auf dem Schlachtfeld – möglicherweise eine Art finnische Lösung für den Rest der Ukraine ermöglichen (Finnische Lösung – Strikte Neutralität nach dem 2. Weltkrieg und während des Kalten Krieges, Anm. d. Red.). [45] Die Ukraine wird, nachdem sie aus dem Minsker Abkommen ausgestiegen ist und das russisch-ukrainische Abkommen vom März/April 2022 aufgekündigt hat, noch mehr verlieren und einen großen Gebietsverlust im Osten und eine „finnische Lösung“ für den Rest der Ukraine akzeptieren müssen.

Dies will Russland um jeden Preis durchsetzen. Russland empfindet die Aktivitäten des Westens als „existenzielle Bedrohung“: ein gegen Russland gerichteter Krieg. Um als Staat zu überleben, wird Russland den Kampf mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln führen, notfalls auch mit Atomwaffen. Russland hat gesagt, dass man keine Atomwaffen in der Ukraine – gegen ein „Brudervolk“ – einsetzen wird, aber sollte der Krieg nach Polen eskalieren, ist es möglich, dass Atomwaffen eingesetzt werden, um unsere „Angst vor einer atomaren Eskalation“ wiederherzustellen, so Sergei Karaganow [46]. Das hat nichts damit zu tun, ob wir Russland zustimmen oder nicht. Man könnte zum Beispiel argumentieren, dass Russland ein autokratischer und sogar brutaler Staat ist, aber bei der russischen Invasion ging es nie um die Eroberung ukrainischen Territoriums, sondern aus Moskaus Sicht um die Verteidigung des russischen Volkes und die Verteidigung der ganzen Existenz eines geeinten Staates.

Quellen:

[1] Wikipedia, Unbekannt „Ukrainian presidential elections“, zuletzt bearbeitet am 4.2.2024:  <https://en.wikipedia.org/wiki/Ukrainian_presidential_elections>
[2] Wikipedia, Unbekannt „2004 Ukrainian presidential election“, zuletzt bearbeitet am 15.4.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/2004_Ukrainian_presidential_election>
[3] Wikipedia, Unbekannt „2010 Ukrainian presidential election“, zuletzt bearbeitet am 17.4.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/2010_Ukrainian_presidential_election>
[4] Die Carl-Beck-Papiere in Russland- und Osteuropastudien, A. Rudling „The OUN, the UPA
and the Holocaust: A Study in the Manufacturing of Historical Myths“, Nummer 2107 im November 2011: <https://carlbeckpapers.pitt.edu/ojs/index.php/cbp/article/view/164/160>
[5] Researchgate Datenbank, hochgeladen von Andre Liebich „The map of the monuments, busts, plaques, and museums to Bandera.“, Datum unbekannt: <https://www.researchgate.net/figure/The-map-of-the-monuments-busts-plaques-and-museums-to-Bandera-Source-Designed-by-O_fig1_265341805>
[6] Social Science Research Network (SSRN) Dokumentenserver, Ivan Katchanovski „The OUN, the UPA, and the Nazi Genocide in Ukraine“, am 3.8.2019: <https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3429340>
[7] siehe [4]
[8] The Times of Israel Zeitung, Efraim Zuroff und Per Anders Rudling „Russia’s ‘denazification’ lie and the whitewash of Roman Shukhevych“, am 22.11.2022: <https://www.timesofisrael.com/russias-denazification-lie-and-the-whitewash-of-roman-shukhevych/>
[9] siehe [4]
[10] ebd.
[11] ebd.
[12] Notes from Poland Nachrichten – und Analyseseite, Unbekannt „Poland condemns Ukraine’s commemoration of wartime nationalist leader Bandera“, am 2.1.2023: <https://notesfrompoland.com/2023/01/02/poland-condemns-ukraines-commemoration-of-wartime-nationalist-leader-bandera/>
[13] Researchgate Datenbank, Ivan Katchanovski „The Maidan Massacre in Ukraine: Relevations from Trial and Investigations“, im August 2021: <https://www.researchgate.net/publication/356691143_The_Maidan_Massacre_in_Ukraine_Revelations_from_Trials_and_Investigation>
[14] YouTube, Ivan Katchanovski „How Maidan Protesters Were Shot from Maidan-Controlled Buildings (2020): Video Appendix H“, am 2.11.2020: <https://www.youtube.com/watch?v=7yGst19L5us>
[15] siehe [13]
[16] Internet Archive, Michael Bergmann „Estonian Foreign Minister Urmas Paet And Catherine Ashton Discuss Ukraine Over The Phone“, am 5.3.2014: <https://archive.org/details/breakingestonianforeignministerurmaspaetandcatherineashtondiscussukraineoverthephonezegj0oo3oa8>
[17] YouTube, SCMP Archive „Recorded conversation between Asst. Sec. of State Victoria Nuland and Amb. Jeffery Pyatt“, am 19.11.2020: <https://www.youtube.com/watch?v=JoW75J5bnnE>
[18] New Cold War Forschung und Analysen, Interview mit George Friedman „Stratfor chief`s „most blatant coup in history“, im Dezember 2014: <https://newcoldwar.org/stratfor-chiefs-most-blatant-coup-in-history-interview-from-dec-2014/>
[19] YouTube, Chicago Council on Global Affairs „George Friedman, “Europe: Destined for Conflict?”“, am 4.2.2015: <https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc>
[20] Academia.edu Dokumentenserver, Anders Rudling „”The Return of the Ukrainian Far Right: The Case of VO Svoboda,” in Ruth Wodak and John E. Richardson (eds.) Analyzing Fascist Discourse: European Fascism in Talk and Text (London and New York: Routledge, 2013), 228-255“: <https://www.academia.edu/2481420/_The_Return_of_the_Ukrainian_Far_Right_The_Case_of_VO_Svoboda_in_Ruth_Wodak_and_John_E_Richardson_eds_Analyzing_Fascist_Discourse_European_Fascism_in_Talk_and_Text_London_and_New_York_Routledge_2013_228_255>
[21] Amazon, Jacques Baud „Operation Z: The Hidden Truth of the War in Ukraine Revealed“, am 24.11.2022: <https://www.amazon.co.uk/Operation-Hidden-Truth-Ukraine-Revealed/dp/2315010640>
[22] ebd.
[23] ebd.
[24] ebd.
[25] Krasno Analysen, Jack F. Matlock, Jr. „Ukraine: Tragedy of a Nation Divided“, am 14.12.2021: <https://www.krasnoevents.com/uploads/1/1/6/6/116679777/krasno_analysis_-_matlock_ukraine_-_dec._2021.pdf>
[26] Wikipedia, Unbekannt „List of Ukrainian oblasts and territories by population“, zuletzt bearbeitet am 23.4.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Ukrainian_oblasts_and_territories_by_population>
[27] ebd.
[28] Wikileaks, eingestuft von: Botschafter William J. Burns „NYET MEANS NYET: RUSSIA’S NATO ENLARGEMENT REDLINES“, am 1.2.2008: <https://wikileaks.org/plusd/cables/08MOSCOW265_a.html>
[29] siehe [21]
[30] Sicherheitsrat der Vereinten Nationen „Resolution 2202 (2015)
Adopted by the Security Council at its 7384th meeting, on 17 February 2015“: <https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/s_res_2202.pdf>
[31] Associated Press (AP)  Presseagentur, YURAS KARMANAU „Ukraine security chief: Minsk peace deal may create chaos“, am 31.1.2022: <https://apnews.com/article/russia-ukraine-russia-france-germany-europe-d9a2ed365b58d35274bf0c3c18427e81>
[32] siehe [4]
[33] Deutsche Welle (DW) Auslandsrundfunk, Petro Poroschenko „Poroshenko: ‘For peace we need three things’“, am 15.6.2022: <https://www.dw.com/en/poroshenko-for-peace-we-need-three-things-weapons-weapons-weapons/video-62144627>
[34] Präsident der Ukraine „УКАЗ ПРЕЗИДЕНТА УКРАЇНИ №117/2021“: <https://www.president.gov.ua/documents/1172021-37533>
[35] U.S. Verteidigungsministerium, Pentagon-Pressesprecher John F. Kirby; Brigadegeneral Joseph Hilbert, Kommandierender General, 7th Army Training Command, EUCOM; Oberstleutnant Todd Hopkins, Stabschef „Defense Officials Hold Media Brief on the Training of Ukrainian Military“, am 4.5.2022: <https://www.defense.gov/News/Transcripts/Transcript/Article/3020390/defense-officials-hold-media-brief-on-the-training-of-ukrainian-military/>
[36] Modern Diplomacy (MD) Plattform, Nachrichtenredaktion „Merkel’s confession could be a pretext for an International Tribunal“, am 13.12.2022: <https://moderndiplomacy.eu/2022/12/13/merkels-confession-could-be-a-pretext-for-an-international-tribunal/>
[37] The Kyiv Independent Nachrichtenportal, Theo Prouvost „Hollande: ‘There will only be a way out of the conflict when Russia fails on the ground’“, am 28.12.2022: <https://kyivindependent.com/hollande-there-will-only-be-a-way-out-of-the-conflict-when-russia-fails-on-the-ground/>
[38] U.S. Verteidigungsministerium, Antony J. Blinken und Dmytro Kuleba „U.S.-Ukraine Charter on Strategic Partnership“, am 10.11.2021: <https://www.state.gov/u-s-ukraine-charter-on-strategic-partnership/>
[39] Generalversammlung der Vereinten Nationen „Resolution adopted by the General Assembly“, am 8.10.2008: <https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/Kos A RES63 3.pdf>
[40] Internationaler Strafgerichtshof „ACCORDANCE WITH INTERNATIONAL LAW OF THE UNILATERAL
DECLARATION OF INDEPENDENCE IN RESPECT OF KOSOVO“, am 22.7.2010: <https://www.icj-cij.org/public/files/case-related/141/141-20100722-ADV-01-00-EN.pdf>
[41] Consortium News Magazin „Text von Putins Ankündigung einer Militäraktion“, am 1.3.2022: <https://consortiumnews.com/2022/03/01/text-of-putins-announcement-of-military-action/>
[42] Le Monde Zeitung,  CHRISTOPHE CHATELOT „Kosovo : les morts de Racak ont-ils vraiment été massacrés froidement ?“, veröffentlicht am 21. Januar 1999, geändert am 12. Mai 2022: <https://www.lemonde.fr/archives/article/1999/01/21/les-morts-de-racak-ont-ils-vraiment-ete-massacres-froidement_3533047_1819218.html>
[43] ebd.
[44] The Grayzone Magazin, Aaron Maté „US fighting Russia ‘to the last Ukrainian’: veteran US diplomat“, am 24.3.2022: <https://thegrayzone.com/2022/03/24/us-fighting-russia-to-the-last-ukrainian-veteran-us-diplomat/>
[45] The Washington Post, Henry A. Kissinger „How the Ukraine crisis ends“, am 5.3.2014: <https://www.washingtonpost.com/opinions/henry-kissinger-to-settle-the-ukraine-crisis-start-at-the-end/2014/03/05/46dad868-a496-11e3-8466-d34c451760b9_story.html>
[46] RT (Fernsehsender), Sergey Karaganov „By using its nuclear weapons, Russia could save humanity from a global catastrophe“, am 14.6.2023: <https://www.rt.com/russia/578042-russia-nuclear-weapons/>

Hat Russland das Völkerrecht gebrochen? Teil 3

Entwurf eines Papers als Beitrag zur aktuellen Debatte Teil 1: https://free21.org/hat-russland-das-voelkerrecht-gebrochen/ Teil 2: https://free21.org/entwurf-eines-beitrags-zur-aktuellen-debatte-teil-2/

Von Published On: 7. Mai 2024Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 05.10.2023 auf www.olatunander.substack.com unter der URL <https://olatunander.substack.com/p/did-russia-violate-international-875> veröffentlicht. Lizenz: © Ola Tunander

Eine junge Frau heftet während der Orangenen Revolution in Kiew Blumen an die Schilde von Bereitschaftspolizisten, 1.12.2004. (Foto: jf1234, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-2.0)

8. Coup d’Etat und Völkerrecht

Bei den ukrainischen Präsidentschaftswahlen 1994, 1999, 2004 und 2010 hatte man jeweils die Wahl zwischen einem westukrainischen und einem ostukrainischen Kandidaten. [1] Es gewannen die Kandidaten aus dem Osten, außer 2004, als Viktor Juschtschenko Viktor Janukowitsch besiegte. [2] Oder besser gesagt, Janukowitsch, der russischsprachige Kandidat aus Donezk, hatte die Wahlen im November mit drei Prozent gewonnen. Dies war der Auftakt zu Massendemonstrationen („die Orangene Revolution“), und die Wahl wurde kurz darauf für ungültig erklärt. Die OSZE erklärte, die Wahl „entsprach nicht den internationalen Standards“. Senator Richard Lugar, der führende Wahlbeobachter der USA, sprach von „Wahlbetrug“. Die „Orangene Revolution“ zur Unterstützung von Viktor Juschtschenko ging weiter. Im Dezember wurden Neuwahlen organisiert, aus denen Juschtschenko mit knapp acht Prozent als Sieger hervorging. Westliche Länder waren jedoch stark an der „Orangenen Revolution“ beteiligt, und es ist schwer zu sagen, ob die eine oder die andere Wahl fair war. Man kann aber sagen, dass beide Kandidaten ziemlich gleichauf lagen. Bei den Wahlen 2010 gewann Viktor Janukowitsch die Mehrheit. [3] Nach Angaben der OSZE gab es keine Unregelmäßigkeiten. Die Westukraine stimmte für Julia Timoschenko, während Janukowitsch in der Ostukraine gewann. Aufgrund der großen Bevölkerungszahl im Osten gewann er die Wahlen in der Ukraine mit 49 zu 45 Prozent. Juschtschenko schied bereits im ersten Wahlgang mit nur 5 Prozent der Stimmen aus.

Für die extremen Nationalisten in der Westukraine musste der Sieg von Janukowitsch um jeden Preis verhindert werden. Juschtschenko hatte Verbindungen zur extremen Rechten und ernannte die Nationalisten Stepan Bandera und Roman Schuchewytsch zu „Helden der Ukraine“ [4], deren Denkmäler überall in der Westukraine aufgestellt wurden [5]. Banderas Organisation OUN (Organisation Ukrainischer Nationalisten) [6] arbeitete während des Zweiten Weltkriegs eng mit den Nazis zusammen und seine Gruppen waren verantwortlich für Massaker an hunderttausenden Juden, Polen und Russen [7].

Schuchewytsch kommandierte das Nachtigall-Bataillon, diente in deutscher Uniform unter Heinrich Himmler als höherer SS- und Polizeiführer und befehligte die UPA, den militärischen Flügel der OUN. [8] Sie wollten die Ukraine „ukrainisieren“ und, „um das zu realisieren, müssen Millionen geopfert werden“, wie es Bandera ausdrückte [9]. Diese Organisationen waren typische Beispiele für den europäischen Faschismus der 1930er und 1940er Jahre. [10] Viele seiner Leute waren, in Kooperation mit den Kräften der Nazis, direkt in den Massenmord verwickelt. [11] Das bedeutet nicht, dass die heutige Ukraine ein faschistischer Staat ist, aber es ist dennoch problematisch, wenn die faschistischen Führer der 1930er und 1940er Jahre jetzt offiziell zu Helden der Ukraine gemacht werden. General Walerij Saluschnyj, der ukrainische Verteidigungsminister, machte vor einem Porträt von Stepan Bandera ein Selfie, welches das ukrainische Parlament an Banderas Geburtstag, dem 1. Januar 2023, auf der Twitter-Seite des Parlaments veröffentlichte. Nach einer Anfrage aus Polen wurde dieser Tweet kurz darauf entfernt. [12]

Juschtschenkos frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hatte ebenfalls Verbindungen zur extremen Rechten. Ab Ende 2013 wurde – von der Verliererseite der 2010er-Wahlen – zu Massendemonstrationen in den von Timoschenko dominierten Gebieten (siehe unten) mobilisiert. Ab Februar 2014 wurden diese Demonstrationen zunehmend gewalttätig. Sie wurden nun von den extremen Nationalisten angeführt und zwangen Präsident Janukowitsch am 22. Februar zur Flucht aus dem Land. [13] Mehr als 50 Menschen wurden erschossen.

Freiwillige der ukrainischen Rotkreuzgesellschaft leisten einem verwundeten Demonstranten erste Hilfe. Euromaidan-Proteste, 19.1.2014. (Foto: Mstyslav Chernov, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0)

Praktisch alle Schüsse gingen von zwei Gebäuden aus, die von den extremen Nationalisten – dem Rechten Sektor und Swoboda – kontrolliert wurden. Diese Gebäude befanden sich hinter den Demonstranten und regierungskritischen Demonstranten wurde in den Rücken geschossen, was auf Videoaufnahmen zu sehen ist [14] (siehe auch Katchanovski 2021 [15]). Wie der estnische Außenminister Urmas Paet der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, in einem aufgezeichneten Telefongespräch mitteilte, wurden sowohl die Demonstranten als auch die Polizei von denselben Kräften beschossen und von den gleichen Kugeln getroffen. [16] Die Demonstranten wurden nicht von den vor ihnen stehenden staatlichen Polizeikräften erschossen.

Es handelte sich um einen gewaltsamen Staatsstreich und eine Machtergreifung, die in jeder Hinsicht gegen die ukrainische Verfassung verstieß. Die nationalistischen Führer ernannten auf Anweisung der Vereinigten Staaten eine neue Regierung. Der Wirtschaftswissenschaftler Arsenij Jazenjuk wurde zum Premierminister ernannt, nachdem Victoria Nuland dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt, klare Anweisungen gegeben hatte: Jazenjuk sollte die neue Regierung führen [17].

Ein Telefongespräch, bei dem Nuland Pyatt Anweisungen erteilte, wurde aufgezeichnet und auf YouTube veröffentlicht. Alles ist vorhanden: Wer in die Regierung gehen soll und wer nicht, und mit wem Jazenjuk „viermal pro Woche“ sprechen soll. George Friedman, Chief Intelligence Officer bei „Stratfor“ in den USA, bezeichnete im Dezember 2014 die Machtergreifung der USA in der Ukraine einige Monate zuvor als „den krassesten Coup in der Geschichte der Menschheit“ [18].

Am 4. Februar 2015 sprach Friedman vor dem „Chicago Council on Global Affairs“ und sagte, dass „vor zehn Tagen General [Ben] Hodges, der Befehlshaber der US-Armee in Europa, die Ukraine besuchte. Er kündigte an, dass US-Ausbilder inoffiziell kommen würden. Er hat ukrainischen Kämpfern Medaillen umgehängt […], um zu zeigen, dass dies seine Armee ist“ [19]. Die USA übernahmen die Verantwortung für die ukrainische Armee. Es handelte sich um einen Staatsstreich der USA, der eindeutig gegen das Völkerrecht verstieß. Ein gewählter Präsident wurde gewaltsam gestürzt und eine neue Regierung wurde auf Anweisung einer ausländischen Macht eingesetzt. Aber die USA konnten im Sicherheitsrat ihr Veto gegen jegliche Kritik einlegen. Die neue Regierung erhielt vier Minister von der ehemaligen Nazi-Partei Swoboda. [20] Die Sprachreform der Nationalisten löste große Gegendemonstrationen und Aufstände in der russischsprachigen Ostukraine aus. Die Demonstrationen in Odessa, Charkiw und anderen Oblasten wurden niedergeschlagen [21], während die Republik Krim und die Oblaste Donezk und Lugansk ihre Unabhängigkeit erklärten. 8.000 Angehörige der ukrainischen Armee liefen zu den Rebellen in Donezk und Lugansk über. [22] Das Kiewer Regime war gezwungen, mehr oder weniger pro-nazistische Gruppen wie das Asow-Bataillon, Aidar und den Rechten Sektor (der die Bandera-Flagge und Nazi-Symbole aus den 1940er Jahren verwendet) einzusetzen, um den Krieg gegen Donezk und Lugansk weiterzuführen. Jacques Baud (2022) spricht davon, dass 20.000 der 22.000 ukrainischen Soldaten auf der Krim zu den Rebellen übergelaufen sind. [23] Beim Referendum auf der Krim sprachen sich 96,8% für die Unabhängigkeit und dann für den Anschluss an Russland aus (bei einer Wahlbeteiligung von 83%). Dies entspricht ziemlich genau dem Ergebnis eines Referendums aus dem Jahr 1991 – bevor die Ukraine ein unabhängiger Staat wurde –, bei dem 93,6% der Krimbewohner lieber zu Russland gehören wollten (Baud 2022). [24] Nach den Angriffen des westukrainischen Regimes 2014 auf Russen und Russischsprachige im Osten war dieser Prozentsatz aus natürlichen Gründen noch höher.

Betrachtet man die Sprache, die die Menschen im Jahr 2009 zu Hause sprachen (Matlock 2021) [25], so stellt man fest, dass die Menschen in den westukrainischen Oblasten mit 8 Millionen Einwohnern hauptsächlich Ukrainisch sprachen [26]. In den östlichen und südlichen Oblasten der Ukraine mit 19 Millionen Einwohnern [27] sprachen die meisten Menschen zu Hause Russisch, während in der Zentralukraine mit rund 12 Millionen Einwohnern die Mehrheit eine „Mischung“ aus Russisch und Ukrainisch sprach: Surschyk. Die russischsprachigen Menschen waren im Vergleich zu den Menschen, die Ukrainisch sprechen, keine kleine Minderheit. Die Aufteilung in Sprachgruppen entsprach genau der politischen Aufteilung zwischen den westukrainischen und ostukrainischen Kandidaten. Bereits 2008 schrieb der US-Botschafter in Moskau, der heutige CIA-Direktor William Burns, an das Außenministerium, dass ein Konflikt zwischen ukrainisch- und russischsprechenden Menschen zu einem Bürgerkrieg führen könnte, der Russland in den Krieg hineinzieht. [28] Als das neue Putschregime 2014 erstmals von allen verlangte, in der Öffentlichkeit Ukrainisch zu sprechen, führte dies zu einer Konfrontation in diesem bereits gespaltenen Land. Es führte zu einem Bürgerkrieg, der einen Großteil der Bevölkerung zur Flucht aus dem Donbass nach Russland zwang. Die russischsprachige Ukraine wurde geschwächt und es kam bei den Wahlen zu einer Verschiebung des Gleichgewichts zugunsten der Westukraine. Viktor Janukowitsch hatte mit Unterstützung der russischsprachigen Ostukraine die Wahlen 2010 gewonnen. Eine Wahl zu gewinnen wäre, angesichts der ethnischen Säuberungen nach dem Krieg von 2014, für die russischsprachige Bevölkerung wahrscheinlich nicht mehr möglich gewesen. Und diese Säuberung wurde mit Unterstützung der Vereinigten Staaten durchgeführt.

In gelben Gebieten sprach man hauptsächlich Ukraine, in roten Gebieten hauptsächlich Russisch und in orangefarbenen Gebieten Surzhyk (eine Mischung aus Russisch und Ukrainisch). Andere Farben zeigen Minderheitensprachen an. Rechts: Die orangefarbenen Gebiete zeigen, wo Julia Timoschenko die Präsidentschaftswahlen 2010 gewann, während Viktor Janukowitsch in den blauen Gebieten siegte. Diese Kluft entspricht fast genau der sprachlichen Kluft. Die dunkleren Farben zeigen einen überwältigenden Sieg des jeweiligen Kandidaten. Die gestreiften Gebiete zeigen die Gebiete der Massenproteste und die Gebiete, in denen 2013/14 während der Maidan-Ereignisse Regierungsgebäude besetzt wurden. Die Proteste fanden fast ausschließlich in den Gebieten der Verliererseite der Wahlen statt (Bilder von Matlock 2021). (Screenshot: https://olatunander.substack.com/p/did-russia-violate-international-875)

Nach den ersten Massakern in Donezk und Lugansk im Jahr 2014 musste die Ukraine ein Friedensabkommen zwischen den Parteien unterzeichnen: Das Minsker Abkommen, das mit Hilfe von Deutschland und Frankreich ausgehandelt wurde. Hätte die Ukraine dieses Abkommen nicht akzeptiert, hätte Russland, um die russischsprachige Bevölkerung zu schützen, möglicherweise bereits 2014 Truppen in Donezk und Lugansk stationiert. Präsident Wladimir Putin wollte die Ukraine jedoch nicht auseinanderbrechen. In einem Brief an Putin baten die beiden Republiken um Aufnahme in Russland, was von Putin jedoch abgelehnt wurde, schreibt Jacques Baud (2022). [29] Putin überredete Donezk und Lugansk, das Minsker Abkommen zu akzeptieren. Ab 2015 wurde Minsk II nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrates zu einem rechtlich anerkannten internationalen Abkommen. [30] Das Abkommen sollte eine Garantie für die russischsprachige Bevölkerung im Osten sein. Sie würde damit einen relativ autonomen Status mit dem Recht auf eine eigene Sprache in der Ukraine erhalten. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Nationalisten der Westukraine diese Autonomie für die russischsprachige Bevölkerung niemals akzeptieren würden. Das war für sie inakzeptabel.

Für die nationalistische Minderheit in der Ukraine stand eine solche Autonomie im Widerspruch zu ihrer Vorstellung von einer Nation, einer rein „ukrainischen Ukraine“. Oleksij Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, sagte im Januar 2022 gegenüber AP, dass „die Erfüllung des Minsker Abkommens die Zerstörung des Landes bedeutet“ [31]. „Danilow warnte den Westen davor, die Ukraine unter Druck zu setzen, das Minsker Abkommen zu erfüllen“, schrieb AP. Kiew hatte das Minsker Abkommen unterzeichnet. Die Souveränität der Ukraine sei daher den Entscheidungen des Sicherheitsrates untergeordnet. Nach der UN-Charta (Art. 25) muss sich jedes UN-Mitglied verpflichten, „die Resolutionen des Sicherheitsrates umzusetzen“, aber Kiew hatte nicht die Absicht, diese Resolution umzusetzen.

Kiew hatte auch die Unterstützung der Vereinigten Staaten, die gegen jeden Versuch, die Resolution mit Gewalt in der Ukraine durchzusetzen, ein Veto einlegen konnten – obwohl die USA selbst das Abkommen unterzeichnet hatten. Man würde annehmen, dass die Einhaltung des Minsker Abkommens für die Ukraine Priorität haben müsste. Es hätte sowohl das ukrainische Territorium als auch den Frieden gesichert. Allerdings übersieht man leicht, dass die neue ukrainische Elite die Annahme des Minsker Abkommens tatsächlich als Verrat an einer rein „ukrainischen Ukraine“ ansah. Genau diese Elite wollte auch einen großen Krieg mit Russland, um die NATO in den Krieg hineinzuziehen. Das Ziel war, Russland abzukoppeln und den russischen Einfluss zu beseitigen.

2021 erfuhren wir, dass Kiew nie die Absicht hatte, das Minsker Abkommen umzusetzen. Das Minsker Abkommen hätte es den Nationalisten im Westen unmöglich gemacht, die „Ukraine zu ukrainisieren“. Sie hielten sich immer noch an den Bandera-Slogan: „Ukraine den Ukrainern“ [32]. Das Minsker Abkommen würde es unmöglich machen, die russischsprachige Ost-Ukraine zu säubern. Im Juni 2022 erklärte der ehemalige Präsident Petro Poroschenko gegenüber der Deutschen Welle, die Ukraine habe das Minsker Abkommen nur unterzeichnet, um Zeit zu gewinnen. [33] „Wir gewannen acht Jahre“, sagte er. Er ließ die Ukraine militärisch von den USA und Großbritannien aufbauen, um Kiew in die Lage zu versetzen, zunächst Donezk und Lugansk und dann die Krim zu erobern (Selenskyj unterzeichnete das Dekret zur Rückeroberung der Krim am 25. März 2021 [34]). Aber die Rückeroberung und „Ukrainisierung“ des Donbass wäre ein Verstoß gegen das Minsker Abkommen. Es hätte die Bevölkerung ausgetauscht werden müssen und wäre ein Verstoß gegen ein vom UN-Sicherheitsrat unterzeichnetes internationales Abkommen. Der Staatsstreich, die ethnische Säuberung (durch die USA und die ukrainischen Nationalisten) und die Missachtung der Resolution des Sicherheitsrates müssen als schwere Verstöße gegen das Völkerrecht und die UN-Charta bezeichnet werden.

Weil die Vereinigten Staaten ihr Veto hätten einlegen können, war der Sicherheitsrat lahmgelegt. Präsident Putin glaubte, dass das Minsker Abkommen eine ausreichende Garantie für die Russen im Osten und für die russischsprachigen Menschen sein würde. Während ukrainische und amerikanische Offiziere, darunter Brigadegeneral Joseph Hilbert von der US-Armee, am 4. Mai 2022 gegenüber den Medien erklärten: „Der größte Fehler, den die Russen gemacht haben, war, dass sie uns acht Jahre Zeit gegeben haben, um uns auf [den Krieg] vorzubereiten“ [35]. Das Minsker Abkommen – ein international bindendes Abkommen – wurde von der Ukraine unterzeichnet, um acht Jahre Zeit zu gewinnen, in der man militärisch aufrüsten konnte. Je länger die Russen mit ihrem Eingreifen warteten, desto schwieriger würde es werden, die bereits vereinbarten Rechte der russischsprachigen Bevölkerung gemäß dem Minsker Abkommen zu garantieren – und desto stärker würde der militärische Brückenkopf der USA in der Ukraine werden. Wladimir Putin fragte: Wie kann man einem von der Ukraine und den Vereinigten Staaten unterzeichneten Vertrag überhaupt noch vertrauen, wenn sie nie die Absicht hatten, sich an diese Vereinbarung zu halten? Im Dezember 2022 sagten die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel [36] und der damalige französische Präsident François Hollande [37], dass das Minsker Abkommen der Ukraine die Möglichkeit gebe, „Zeit zu kaufen“. Ihre Aufgabe scheint darin bestanden zu haben, die Russen zu täuschen. Dies hat nun direkte Auswirkungen auf die russische Wahrnehmung des Krieges. Nicht einmal einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Westen kann man trauen. Die Russen glauben ganz einfach, dass sie den Westen vor vollendete militärische Tatsachen stellen müssen.

Am 10. November 2021 wurde eine Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und der Ukraine etabliert, um eine ukrainische NATO-Mitgliedschaft zu ermöglichen. [38] Moskau hatte seit 2008 deutlich gemacht, dass Russland einer solchen Mitgliedschaft mit Krieg begegnen würde. Die Eliten in Washington wussten das. Moskau empfand eine solche Partnerschaft als eine unerträgliche Bedrohung. Der einzige Grund für eine solche US-Politik war – wie im RAND-Report vom Januar 2022 beschrieben –, dass die USA einen Krieg wollten. Diese US-amerikanisch-ukrainische Politik ist so weit von dem vorrangigen Ziel der UN-Charta, „Bedrohungen des Friedens zu beseitigen“ und „den Weltfrieden zu wahren“, entfernt, wie man es sich nur vorstellen kann.

Screenshot: Weltwoche, erstellt am 23.4.2024 – 14:45:32, https://weltwoche.ch/daily/dame-ohne-charakter-merkels-luegen-in-minsk-oeffnen-russland-die-augen-das-sitzt/)

9. Der Kosovo und die Anwendung des Völkerrechts

Die Ereignisse in Donezk und Lugansk haben im Kosovo 1999 eine entsprechende Parallele. In den Medien wurde behauptet, dass im Kosovo ein serbisches Massaker an Albanern im Dorf Račak stattgefunden habe. Bereits 1998 seien mehrere Zehntausend Albaner aus dem Kosovo geflohen. Dies könnte nach Ansicht westlicher Juristen eine westliche Militärintervention zur Beseitigung der serbischen Streitkräfte rechtfertigen. Und viele bezeichneten den Angriff auf Serbien daraufhin als R2P-Operation (R2P = Responsibility to Protect – Verantwortung zum Schutz, Anm. d. Red.). Allerdings hatte der UN-Sicherheitsrat nie einen Beschluss zur Unterstützung dieser Operation gefasst. Und um die westliche Intervention völkerrechtlich „legitim“ zu machen, erkannten mehrere westliche Staaten den Kosovo später als unabhängigen Staat an.

Am 17. Februar 2008 erklärten die provisorischen Institutionen des Kosovo ihre Unabhängigkeit von Serbien. Im Einklang mit Artikel 96 der UN-Charta stellte die UN-Generalversammlung dem Internationalen Gerichtshof am 8. Oktober 2008 folgende Frage: „Steht die einseitige Unabhängigkeitserklärung der provisorischen Selbstverwaltungsinstitutionen des Kosovo im Einklang mit dem Völkerrecht?“ [39] Die Generalversammlung stellte jedoch nicht die Frage, ob diese „einseitige Unabhängigkeitserklärung“ im Einklang mit dem innerstaatlichen serbischen Recht stand. Der Internationale Gerichtshof kam 2010 zu dem Schluss, dass „die Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 nicht gegen das allgemeine Völkerrecht verstieß“ [40].

Der „Staat Kosovo“ konnte dann militärische Unterstützung anfordern und eine Militärbasis unter amerikanischer Führung einrichten, um „seine Unabhängigkeit zu sichern“. Man könnte einwenden, dass eine solche Erklärung den Weg für eine zweifelhafte Auslegung der UN-Charta eröffnet. Allerdings hatte es 1991 ein Referendum gegeben, in dem die Unabhängigkeit des Kosovo befürwortet wurde und die 2007 gewählten Vertreter des Kosovo unterstützten die Unabhängigkeit. Im Mai 2014 stimmten Donezk und Lugansk mit 89 % Unterstützung in Donezk und mit 96 % Unterstützung in Lugansk für die Unabhängigkeit. Die Minderheit, die die Unabhängigkeit nicht unterstützte, war kleiner als im Kosovo.

Im Februar 2022 hat Russland die gleichen Grundsätze angewendet, die zuvor für den Kosovo festgelegt wurden. Am 21. Februar 2022 erkannte Moskau Donezk und Lugansk als „unabhängige Staaten“ an und am 24. Februar entsandte Russland Streitkräfte zur Unterstützung und zum Schutz der „zwei neuen Staaten“. Wladimir Putin berief sich auf den Artikel 51 der UN-Charta über das Recht auf „kollektive Selbstverteidigung“ [41]. Dieses russische Argument mag fast so zweifelhaft gewesen sein wie das westliche Argument in Bezug auf den Kosovo, aber mit dem Krieg des Westens 1999 und der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo 2008-2010 wurde nun offensichtlich ein Präzedenzfall geschaffen.

Während die USA ein Argument für den Kosovo und ein anderes für Donezk und Lugansk anführten, wollte Wladimir Putin möglicherweise auf die Heuchelei des Westens hinweisen. Die westlichen Länder hatten ihren eigenen Angriff auf Serbien im Jahr 1999 nicht verurteilt und ihre Anerkennung des Kosovo hätte daher eine ähnliche Anerkennung von Donezk und Lugansk ermöglichen müssen. Im Gegensatz zu der geringen Anzahl von Menschen, die 1999 bei den Kämpfen in Račak getötet wurden (laut Zeugenaussagen von Le Monde [42] hat es dort nie ein Massaker gegeben [43]), und der begrenzten Anzahl von Albanern, die vor dem Krieg getötet wurden, konnte Russland auf die Tötung tausender Zivilisten in Donezk und Lugansk verweisen. Und, was vielleicht noch wichtiger ist, auf die Tatsache, dass die Ukraine offensichtlich gegen ein internationales Abkommen (das Minsker Abkommen) verstoßen hat.

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass sich das Völkerrecht nach allgemeiner Auffassung durch die Praxis entwickelt. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Präzedenzfall, der nach dem Kosovo-Krieg geschaffen wurde, die russische Invasion aus diesem Grund legitimer macht. Noch wichtiger ist, dass Russland zur Unterstützung von Donezk und Lugansk eingegriffen hat, nachdem Kiew sich geweigert hatte, das Minsker Abkommen umzusetzen – ein rechtsverbindliches internationales Abkommen, das die Autonomie und die Sicherheit der russischsprachigen Bevölkerung in Donezk und Lugansk garantieren sollte. Russland hat nun militärische Gewalt eingesetzt, um „die Sicherheit der russischsprachigen Bevölkerung zu gewährleisten“ – ein Beschluss, den der Sicherheitsrat hätte umsetzen müssen, der aber durch ein Veto der USA verhindert wurde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Russlands Präsident Wladimir Putin und Frankreichs Präsident François Hollande im Kreml, um Lösungen für die Situation im Südosten der Ukraine zu erörtern, 6.2.2015. (Foto: Exekutivbüro des russischen Präsidenten, Wikimedia Commons,CC-BY-4.0)

10. Zusammenfassung

Aus rein juristischer Sicht – aus völkerrechtlicher Sicht – scheinen die Argumente Russlands hier legitimer zu sein als die der USA und der Ukraine, aber das bedeutet nicht, dass die Argumente Russlands moralisch akzeptabel sind. Und obwohl die rechtlichen Argumente Moskaus die der westlichen Länder zu überwiegen scheinen, bedeutet dies nicht, dass sie einen fortgesetzten Krieg mit der Tötung von weiteren Hunderttausenden von Menschen einfach legitimieren können. Was wir jedoch mit Sicherheit sagen können, ist, dass die westliche Waffenhilfe für die Ukraine den Massenmord verlängern wird, denn Russland wird niemals eine Niederlage in einem Krieg um seine Existenz akzeptieren. Russland hat eine viel größere Bevölkerung, was bedeutet, dass man bis zur letzten ukrainischen Artilleriegranate oder bis zum letzten ukrainischen Soldaten kämpfen muss. Die westlichen Waffen werden den Krieg nur verlängern und Hunderttausende weitere ukrainische und auch viele russische Soldaten töten. Oder um den ehemaligen stellvertretenden US-Verteidigungsminister Chas Freeman zu zitieren:

„Wir [die USA] werden bis zum letzten Ukrainer kämpfen.“ [44]

Einige westliche Führer argumentieren, dass jeder Staat das Recht hat, sich mit allen möglichen Mitteln (Waffensystemen und Militärbündnissen) zu verteidigen, auch wenn diese Mittel die Sicherheit anderer Staaten bedrohen könnten. Russland hingegen sagt, dass auch die westlichen Staaten einer „gemeinsamen Sicherheit“ oder „unteilbaren Sicherheit“ zugestimmt haben, die es nicht zulässt, dass die Sicherheit eines Staates auf Kosten der anderen aufgebaut wird. Die Großmächte bräuchten eine Pufferzone, in der bedrohliche Waffensysteme, die im Falle einer Verschlechterung des politischen Klimas einen Präventivschlag provozieren könnten, nicht vorhanden sind. Russland fordert dementsprechend ein Sicherheitssystem inklusive einer Art „nordischer neutraler Zone“ für Mitteleuropa ohne offensive westliche Waffensysteme – eine Zone niedriger Spannung – während die neokonservative Elite der USA argumentiert, sie habe das Recht, die Gegenseite zu einem schrittweisen Rückzug zu drängen, um die Vorherrschaft der USA zu garantieren. Genau darum geht es letztlich beim Krieg in der Ukraine.

Solange die russische Führung den Krieg nicht als Versuch der Eroberung des ukrainischen Territoriums, sondern als „existenziellen Krieg“ betrachtet, weil es eine „existenzielle Bedrohung“ durch den Westen gibt, wird Russland den Krieg mit allen Mitteln führen. Verhandlungen erfordern, dass der Westen die russischen Forderungen nach Sicherheit ernst nimmt. Andernfalls wird der Krieg eskalieren und immer mehr Länder und Soldaten werden in den Krieg hineingezogen.

Screenshot, erstellt am 23.4.2024, 15:31:42, https://www.mdr.de/geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/politik-gesellschaft/zwei-plus-vier-verhandlungen-deutsche-einheit-nato-osterweiterung-putin-100.html

Wenn im Ukraine-Krieg eine Seite militärisch, rechtlich und moralisch überwiegt, sollte dies an sich schon ein Grund für einen Waffenstillstand und Verhandlungen sein. Eine Vorbedingung jedoch könnte die Bereitschaft der Vereinigten Staaten sein, Einschränkungen ihrer eigenen Einsätze in Europa zu akzeptieren. Das US-Konzept der Abschreckung – die Stationierung bedrohlicher Waffensysteme an vorderster Front – muss möglicherweise durch einen defensiveren Ansatz ersetzt werden. Die strategische nukleare Abschreckung kann vielleicht nicht auf lange Zeit ersetzt werden, aber der Einsatz „einer lokalen Abschreckung“ durch die USA, mit Offensivkräften nahe der Grenze zur anderen Seite, steht eindeutig im Widerspruch zum Völkerrecht. Militärisch setzt das eine strategische Überlegenheit der USA voraus, die es nicht mehr gibt. Wie wir bereits gesehen haben, eröffnet dies die Möglichkeit für Präventivschläge. Das hat eine extrem destabilisierende Wirkung, wie der gegenwärtige Krieg beweist.

Wenn wir von einer „umfassenderen“ Definition des Völkerrechts ausgehen, die auch eine „Bedrohung des Friedens“ als illegal im Sinne der UN-Charta anerkennt, können wir sagen, dass die USA und die Ukraine nun in einem Punkt nach dem anderen gegen die UN-Charta verstoßen. Da die USA und Großbritannien ihr Veto einlegen konnten, fanden diese Verstöße ohne Intervention des UN-Sicherheitsrates statt.

Erstens versprachen alle westlichen Staats- und Regierungschefs Gorbatschow, dass die NATO ihre Militärpräsenz nicht in den Osten Deutschlands verlegen würde – was Gorbatschow dazu veranlasste, die sowjetischen Streitkräfte aus Ostdeutschland abzuziehen. Der Westen hielt jedoch seine dokumentierten mündlichen Zusagen nicht ein: ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Zweitens haben die USA ihre vorrangige Militärpräsenz so weit nach Mitteleuropa und in die Ukraine verlagert, dass sie zu einem westlichen Brückenkopf in der Nähe Moskaus geworden ist – und damit zu einer, wie es in der UN-Charta heißt: „Bedrohung des Friedens“. Das ist destabilisierend und wird zu Präventivschlägen führen. Es ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Drittens haben die USA ein ukrainisches Laborsystem aufgebaut – einen „militärisch-virologischen Komplex“ – in dem tödliche Viren und Bakterien, Massenvernichtungswaffen, an der Grenze zu Russland gelagert werden: „Eine eindeutige Bedrohung des Friedens.“ Dies ist ein Verstoß gegen die UN-Charta und gegen das Völkerrecht.

Viertens haben die Vereinigten Staaten und die Ukraine durch Massentötungen und ethnische Säuberungen, durch einen Staatsstreich und Verstöße gegen eine Resolution des Sicherheitsrates bewusst einen Krieg forciert und sich damit in mehrfacher Hinsicht der Verletzung der UN-Charta und des Völkerrechts schuldig gemacht.

Fünftens haben die Vereinigten Staaten und die Ukraine durch ihre Politik des radikalen Nationalismus und der „Ukrainisierung“ das Völkerrecht gebrochen. Sie haben den ukrainischsprachigen Westen gegen den russischsprachigen Osten ausgespielt, etwas, das William Burns, der damalige US-Botschafter in Moskau, bereits 2008 als „Bedrohung für den Frieden“ bezeichnete.

Sechstens spricht die US-Sicherheits-Elite über die US-Allianzen als „defensiv“. Aber man spricht auch sehr explizit über den Einsatz anderer Mittel, außer der militärischen Kriegsführung, um die Schwachstellen der anderen auszunutzen und ihre Stabilität zu untergraben. Man spricht vom Einsatz „politischer Kriegsführung“ und von aggressiven Militäreinsätzen. Um einen Sieg zu erringen, konzentrieren sich die USA darauf, einen „Rivalen“ zu untergraben. Die UN-Charta will jedoch nicht nur „militärische Invasionen“ verbieten und verhindern, sondern auch jede Bedrohung oder Aggression gegen einen anderen Staat. Die „Politik des Sieges“ der herrschenden US-Elite ist nicht mit der UN-Charta vereinbar. Diese Politik ist an sich schon ein Verstoß gegen das Völkerrecht.

Wenn wir eine sehr „enge“ Definition des Völkerrechts zugrunde legen, wäre Russland schuldig, gegen die UN-Charta verstoßen zu haben. Akzeptiert man jedoch eine „umfassendere“ Auslegung, bei der eine „Bedrohung des Friedens“ und „bedrohliche“ Einsätze als Verstöße gegen das Völkerrecht gelten, so haben die Vereinigten Staaten mehrfach gegen die UN-Charta verstoßen und das Veto der USA im Sicherheitsrat ermöglichte ihnen, ihre Verstöße ungestraft zu wiederholen. Es stellt sich die Frage, ob der Krieg Russlands als „Selbstverteidigungskrieg“ im Sinne des Völkerrechts angesehen werden sollte.

Ein russischer Krieg war für die Vereinigten Staaten eine Voraussetzung, um die Gaspipeline zu unterbrechen. Damit sollte Europa von Russland abgekoppelt werden und sowohl Russland als auch Deutschland geschwächt werden. Dies mag sogar ein Hauptgrund dafür gewesen sein, warum die USA den Krieg in der Ukraine vorbereiteten und diesen dann auch begannen.

Die weit verbreitete Behauptung, Russland wolle die Ukraine erobern, wird weder von der Rhetorik noch von der Praxis gestützt. Wie ich oben bereits beschrieben habe, sind dies unbegründete Behauptungen.

Russland hätte wahrscheinlich eine zehnmal größere Streitmacht benötigt, um eine Besetzung der Ukraine auch nur in Erwägung zu ziehen. Das ist etwas, was den russischen Militärplanern sehr wohl bewusst gewesen sein musste. Doch je mehr Waffen mit immer größerer Reichweite der Westen der Ukraine zur Verfügung stellt, desto mehr ukrainisches Territorium wird Russland für sich beanspruchen, um sich vor westlichen Angriffen zu schützen. Für Russland geht es darum, die Russen und die russischsprachigen Menschen in der Ostukraine vor Massenmorden zu schützen. Aber auch darum, dem Westen jegliche militärische Präsenz – einschließlich biologischer Labore – in der Ukraine zu verwehren. Dies wird – nach einem russischen Sieg auf dem Schlachtfeld – möglicherweise eine Art finnische Lösung für den Rest der Ukraine ermöglichen (Finnische Lösung – Strikte Neutralität nach dem 2. Weltkrieg und während des Kalten Krieges, Anm. d. Red.). [45] Die Ukraine wird, nachdem sie aus dem Minsker Abkommen ausgestiegen ist und das russisch-ukrainische Abkommen vom März/April 2022 aufgekündigt hat, noch mehr verlieren und einen großen Gebietsverlust im Osten und eine „finnische Lösung“ für den Rest der Ukraine akzeptieren müssen.

Dies will Russland um jeden Preis durchsetzen. Russland empfindet die Aktivitäten des Westens als „existenzielle Bedrohung“: ein gegen Russland gerichteter Krieg. Um als Staat zu überleben, wird Russland den Kampf mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln führen, notfalls auch mit Atomwaffen. Russland hat gesagt, dass man keine Atomwaffen in der Ukraine – gegen ein „Brudervolk“ – einsetzen wird, aber sollte der Krieg nach Polen eskalieren, ist es möglich, dass Atomwaffen eingesetzt werden, um unsere „Angst vor einer atomaren Eskalation“ wiederherzustellen, so Sergei Karaganow [46]. Das hat nichts damit zu tun, ob wir Russland zustimmen oder nicht. Man könnte zum Beispiel argumentieren, dass Russland ein autokratischer und sogar brutaler Staat ist, aber bei der russischen Invasion ging es nie um die Eroberung ukrainischen Territoriums, sondern aus Moskaus Sicht um die Verteidigung des russischen Volkes und die Verteidigung der ganzen Existenz eines geeinten Staates.

Quellen:

[1] Wikipedia, Unbekannt „Ukrainian presidential elections“, zuletzt bearbeitet am 4.2.2024:  <https://en.wikipedia.org/wiki/Ukrainian_presidential_elections>
[2] Wikipedia, Unbekannt „2004 Ukrainian presidential election“, zuletzt bearbeitet am 15.4.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/2004_Ukrainian_presidential_election>
[3] Wikipedia, Unbekannt „2010 Ukrainian presidential election“, zuletzt bearbeitet am 17.4.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/2010_Ukrainian_presidential_election>
[4] Die Carl-Beck-Papiere in Russland- und Osteuropastudien, A. Rudling „The OUN, the UPA
and the Holocaust: A Study in the Manufacturing of Historical Myths“, Nummer 2107 im November 2011: <https://carlbeckpapers.pitt.edu/ojs/index.php/cbp/article/view/164/160>
[5] Researchgate Datenbank, hochgeladen von Andre Liebich „The map of the monuments, busts, plaques, and museums to Bandera.“, Datum unbekannt: <https://www.researchgate.net/figure/The-map-of-the-monuments-busts-plaques-and-museums-to-Bandera-Source-Designed-by-O_fig1_265341805>
[6] Social Science Research Network (SSRN) Dokumentenserver, Ivan Katchanovski „The OUN, the UPA, and the Nazi Genocide in Ukraine“, am 3.8.2019: <https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3429340>
[7] siehe [4]
[8] The Times of Israel Zeitung, Efraim Zuroff und Per Anders Rudling „Russia’s ‘denazification’ lie and the whitewash of Roman Shukhevych“, am 22.11.2022: <https://www.timesofisrael.com/russias-denazification-lie-and-the-whitewash-of-roman-shukhevych/>
[9] siehe [4]
[10] ebd.
[11] ebd.
[12] Notes from Poland Nachrichten – und Analyseseite, Unbekannt „Poland condemns Ukraine’s commemoration of wartime nationalist leader Bandera“, am 2.1.2023: <https://notesfrompoland.com/2023/01/02/poland-condemns-ukraines-commemoration-of-wartime-nationalist-leader-bandera/>
[13] Researchgate Datenbank, Ivan Katchanovski „The Maidan Massacre in Ukraine: Relevations from Trial and Investigations“, im August 2021: <https://www.researchgate.net/publication/356691143_The_Maidan_Massacre_in_Ukraine_Revelations_from_Trials_and_Investigation>
[14] YouTube, Ivan Katchanovski „How Maidan Protesters Were Shot from Maidan-Controlled Buildings (2020): Video Appendix H“, am 2.11.2020: <https://www.youtube.com/watch?v=7yGst19L5us>
[15] siehe [13]
[16] Internet Archive, Michael Bergmann „Estonian Foreign Minister Urmas Paet And Catherine Ashton Discuss Ukraine Over The Phone“, am 5.3.2014: <https://archive.org/details/breakingestonianforeignministerurmaspaetandcatherineashtondiscussukraineoverthephonezegj0oo3oa8>
[17] YouTube, SCMP Archive „Recorded conversation between Asst. Sec. of State Victoria Nuland and Amb. Jeffery Pyatt“, am 19.11.2020: <https://www.youtube.com/watch?v=JoW75J5bnnE>
[18] New Cold War Forschung und Analysen, Interview mit George Friedman „Stratfor chief`s „most blatant coup in history“, im Dezember 2014: <https://newcoldwar.org/stratfor-chiefs-most-blatant-coup-in-history-interview-from-dec-2014/>
[19] YouTube, Chicago Council on Global Affairs „George Friedman, “Europe: Destined for Conflict?”“, am 4.2.2015: <https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc>
[20] Academia.edu Dokumentenserver, Anders Rudling „”The Return of the Ukrainian Far Right: The Case of VO Svoboda,” in Ruth Wodak and John E. Richardson (eds.) Analyzing Fascist Discourse: European Fascism in Talk and Text (London and New York: Routledge, 2013), 228-255“: <https://www.academia.edu/2481420/_The_Return_of_the_Ukrainian_Far_Right_The_Case_of_VO_Svoboda_in_Ruth_Wodak_and_John_E_Richardson_eds_Analyzing_Fascist_Discourse_European_Fascism_in_Talk_and_Text_London_and_New_York_Routledge_2013_228_255>
[21] Amazon, Jacques Baud „Operation Z: The Hidden Truth of the War in Ukraine Revealed“, am 24.11.2022: <https://www.amazon.co.uk/Operation-Hidden-Truth-Ukraine-Revealed/dp/2315010640>
[22] ebd.
[23] ebd.
[24] ebd.
[25] Krasno Analysen, Jack F. Matlock, Jr. „Ukraine: Tragedy of a Nation Divided“, am 14.12.2021: <https://www.krasnoevents.com/uploads/1/1/6/6/116679777/krasno_analysis_-_matlock_ukraine_-_dec._2021.pdf>
[26] Wikipedia, Unbekannt „List of Ukrainian oblasts and territories by population“, zuletzt bearbeitet am 23.4.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Ukrainian_oblasts_and_territories_by_population>
[27] ebd.
[28] Wikileaks, eingestuft von: Botschafter William J. Burns „NYET MEANS NYET: RUSSIA’S NATO ENLARGEMENT REDLINES“, am 1.2.2008: <https://wikileaks.org/plusd/cables/08MOSCOW265_a.html>
[29] siehe [21]
[30] Sicherheitsrat der Vereinten Nationen „Resolution 2202 (2015)
Adopted by the Security Council at its 7384th meeting, on 17 February 2015“: <https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/s_res_2202.pdf>
[31] Associated Press (AP)  Presseagentur, YURAS KARMANAU „Ukraine security chief: Minsk peace deal may create chaos“, am 31.1.2022: <https://apnews.com/article/russia-ukraine-russia-france-germany-europe-d9a2ed365b58d35274bf0c3c18427e81>
[32] siehe [4]
[33] Deutsche Welle (DW) Auslandsrundfunk, Petro Poroschenko „Poroshenko: ‘For peace we need three things’“, am 15.6.2022: <https://www.dw.com/en/poroshenko-for-peace-we-need-three-things-weapons-weapons-weapons/video-62144627>
[34] Präsident der Ukraine „УКАЗ ПРЕЗИДЕНТА УКРАЇНИ №117/2021“: <https://www.president.gov.ua/documents/1172021-37533>
[35] U.S. Verteidigungsministerium, Pentagon-Pressesprecher John F. Kirby; Brigadegeneral Joseph Hilbert, Kommandierender General, 7th Army Training Command, EUCOM; Oberstleutnant Todd Hopkins, Stabschef „Defense Officials Hold Media Brief on the Training of Ukrainian Military“, am 4.5.2022: <https://www.defense.gov/News/Transcripts/Transcript/Article/3020390/defense-officials-hold-media-brief-on-the-training-of-ukrainian-military/>
[36] Modern Diplomacy (MD) Plattform, Nachrichtenredaktion „Merkel’s confession could be a pretext for an International Tribunal“, am 13.12.2022: <https://moderndiplomacy.eu/2022/12/13/merkels-confession-could-be-a-pretext-for-an-international-tribunal/>
[37] The Kyiv Independent Nachrichtenportal, Theo Prouvost „Hollande: ‘There will only be a way out of the conflict when Russia fails on the ground’“, am 28.12.2022: <https://kyivindependent.com/hollande-there-will-only-be-a-way-out-of-the-conflict-when-russia-fails-on-the-ground/>
[38] U.S. Verteidigungsministerium, Antony J. Blinken und Dmytro Kuleba „U.S.-Ukraine Charter on Strategic Partnership“, am 10.11.2021: <https://www.state.gov/u-s-ukraine-charter-on-strategic-partnership/>
[39] Generalversammlung der Vereinten Nationen „Resolution adopted by the General Assembly“, am 8.10.2008: <https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/Kos A RES63 3.pdf>
[40] Internationaler Strafgerichtshof „ACCORDANCE WITH INTERNATIONAL LAW OF THE UNILATERAL
DECLARATION OF INDEPENDENCE IN RESPECT OF KOSOVO“, am 22.7.2010: <https://www.icj-cij.org/public/files/case-related/141/141-20100722-ADV-01-00-EN.pdf>
[41] Consortium News Magazin „Text von Putins Ankündigung einer Militäraktion“, am 1.3.2022: <https://consortiumnews.com/2022/03/01/text-of-putins-announcement-of-military-action/>
[42] Le Monde Zeitung,  CHRISTOPHE CHATELOT „Kosovo : les morts de Racak ont-ils vraiment été massacrés froidement ?“, veröffentlicht am 21. Januar 1999, geändert am 12. Mai 2022: <https://www.lemonde.fr/archives/article/1999/01/21/les-morts-de-racak-ont-ils-vraiment-ete-massacres-froidement_3533047_1819218.html>
[43] ebd.
[44] The Grayzone Magazin, Aaron Maté „US fighting Russia ‘to the last Ukrainian’: veteran US diplomat“, am 24.3.2022: <https://thegrayzone.com/2022/03/24/us-fighting-russia-to-the-last-ukrainian-veteran-us-diplomat/>
[45] The Washington Post, Henry A. Kissinger „How the Ukraine crisis ends“, am 5.3.2014: <https://www.washingtonpost.com/opinions/henry-kissinger-to-settle-the-ukraine-crisis-start-at-the-end/2014/03/05/46dad868-a496-11e3-8466-d34c451760b9_story.html>
[46] RT (Fernsehsender), Sergey Karaganov „By using its nuclear weapons, Russia could save humanity from a global catastrophe“, am 14.6.2023: <https://www.rt.com/russia/578042-russia-nuclear-weapons/>