Das Netzwerk von rechtskonservativen Unternehmern:

Die Männer hinter Donald Trump

Von Paul Schreyer , veröffentlicht am: 30. November 2016, Kategorien:

Der Aufstieg der extremen Rechten in den USA vollzieht sich schon seit einigen Jahren spiegelbildlich zum sozialen Niedergang großer Teile der Bevölkerung. Sichtbar wurde das spätestens durch den furiosen Erfolg der Tea-Party-Bewegung ab 2009, deren populäre Anführerin Sarah Palin in den deutschen Medien vor einigen Jahren ganz ähnlich verlacht und karikiert wurde, wie nun Donald Trump. Getragen haben den neuen Präsidenten nicht nur die Wut und Verzweiflung der vom Aufstieg Abgehängten, sondern auch diejenigen Teile des Establishments, die diese Wut gern für ihre Zwecke kanalisieren und politisch nutzbar machen wollen.

 

Während die mächtigsten und einflussreichsten Kreise des Landes klar Hillary Clinton favorisierten und auch bei den Republikanern zunächst andere, „gefälligere“ Kandidaten mit Millionenspenden unterstützt hatten, wurden spätestens mit der sich abzeichnenden Dominanz des Kandidaten Trump auch Verbindungen in dessen Lager geknüpft. Die wesentliche Entscheidung Trumps war es, nicht als unabhängiger Kandidat anzutreten, sondern im Rahmen der Republikanischen Partei. Deren Vorsitzendem, dem jungen und eloquenten Reince Priebus, fiel die knifflige Aufgabe zu, die Parteieliten mit dem einzelgängerischen Provokateur Trump zu versöhnen.

 

Nach der Wahl ernannte Trump nun ebenjenen Priebus zum Stabschef im Weißen Haus, und verschaffte dem Mann des Establishments damit einen der wichtigsten Regierungsposten. Der Stabschef leitet das Tagesgeschäft des Präsidenten, koordiniert dessen Termine und entscheidet, wer überhaupt ins Oval Office vorgelassen wird und wessen Stimme dort Gehör finden kann. Aufgrund dieser Aufgaben ist der Stabschef immer auch einer der engsten Berater des Präsidenten.

 

Reinhold „Reince“ Priebus (44), Sohn eines deutschstämmigen Vaters, stammt aus dem Bundesstaat Wisconsin, der, wie sich zeigt, eine Schlüsselrolle im neuen Machtgefüge der Republikaner spielt. Auch Paul Ryan (46), derzeitiger Sprecher des Repräsentantenhauses und Scott Walker (49), Gouverneur Wisconsins und 2015 zeitweiliger Präsidentschaftskandidat der Republikaner, stammen von dort. Das ist kein Zufall, sondern Ergebnis jahrelanger Vorarbeit, vor allem geleistet von einer in Wisconsin beheimateten superreichen und erzkonservativen Stiftung, die ihre Millionen konsequent in den Aufbau von Netzwerken und genehmen Politikern lenkt – der Bradley Foundation.

 

Die Bradley Foundation

Deren Gründer, die Gebrüder Bradley, machten ab Anfang des 20. Jahrhunderts ein Vermögen mit der Entwicklung und Fertigung von Steuerungselektronik und Automatisierungstechnik. Ihre Stiftung förderte zunächst vor allem soziale Zwecke im heimatlichen Wisconsin. Als das Unternehmen 1985 an einen großen Konzern verkauft wurde, schwoll das Stiftungsvermögen durch die Verkaufserlöse rapide an und man entschloss sich, die zukünftige Arbeit politisch und landesweit auszurichten.

 

Heute ist die Bradley Foundation mit einem Vermögen von mehr als 800 Millionen Dollar und einem Jahresetat von durchschnittlich 40 Millionen einer der größten politischen Player im konservativen Lager der USA. Das Geld fließt Jahr für Jahr an hunderte Initiativen und Gruppen, die sich den Bradley-Zielen verpflichtet fühlen: „limited government“, sowie der Stärkung eines „demokratisch-kapitalistischen Systems“. Die Stiftung gibt sich marktradikal, wünscht sich einen weitgehend unregulierten Kapitalismus und möchte den Einfluss des Staates systematisch verringern. Sie wendet sich dazu gezielt an Eliten und Entscheidungsträger, die sie fördert und zu beeinflussen sucht. Jährlich verleiht sie mehrere „Bradley-Preise“, die jeweils mit 250.000 Dollar dotiert sind, und gern auch an Journalisten vergeben werden.

 

Die Bradley Foundation ist weiterhin einer der größten Geldgeber vieler berühmter konservativer Denkfabriken, wie etwa des „American Enterprise Institute“ oder des (mittlerweile eingestellten) „Project für the New American Century“, wo ab 1997 die Neokonservativen Dick Cheney und Donald Rumsfeld ihre aggressiven außenpolitischen Aktivitäten bündelten, noch bevor sie 2001 Teil von George W. Bushs Regierung wurden. Man prägt mit den Stiftungsmillionen also durchaus nachhaltig Entwicklungen und setzt Trends.

 

Geleitet wurde die Bradley Foundation zuletzt von Michael Grebe, einem erfolgreichen Anwalt an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft. Er war es auch, der einflussreiche republikanische Nachwuchspolitiker wie Reince Priebus, Scott Walker oder Paul Ryan systematisch mit aufbaute. An Grebes eigener Karriere lässt sich dabei gut die Funktionsweise solcher Netzwerke illustrieren.

 

Wie man Politiker „macht“

Grebe begann seine Laufbahn 1970 bei einer der größten Anwaltskanzleien Wisconsins, Foley & Lardner, zu einer Zeit, als diese Kanzlei gerade ein erstes Büro in Washington eröffnete und damit den Sprung auf die nationale Ebene wagte. Ab den 1980er Jahren war Grebe zudem direkt politisch aktiv. Als ständiger Delegierter Wisconsins bei den Parteitagen der Republikaner und vor allem als Rechtsberater der nationalen Parteiorganisation der Republikaner knüpfte er zahlreiche Kontakte in die Regierung und ins Parlament. In den 1990er Jahren wurde Grebe zum Chef von Foley & Lardner und verantwortete innerhalb der Kanzlei die Gründung einer neuen Unternehmenssparte für Lobbying und PR, um die Politik des Landes im Sinne seiner Geschäftsklienten noch direkter beeinflussen zu können. Als Lobbyisten stellte er ehemalige Politiker ein. 1996 wurde der talentierte Netzwerker dann in den Vorstand der Bradley Foundation berufen, die er von 2002 bis zu seinem Ruhestand 2016 auch leitete und dort maßgeblich entschied, wer in den Genuss der unerschöpflichen Bradley-Millionen kam und wen man dort protegierte.

 

Grebe war es auch, der das politische Talent im Studienabbrecher Scott Walker entdeckte und dessen Wahlkampf zum Gouverneur von Wisconsin 2010 persönlich leitete. Walker gewann.

 

Der Sieg Scott Walkers in Wisconsin markierte damals einen Durchbruch für die rechtskonservativen und marktliberalen Kreise in den USA. Mitverantwortlich war der schon erwähnte Reince Priebus, der als damaliger Vorsitzender der Republikaner in Wisconsin Walkers Wahlkampf entscheidend mitlenkte und dem es insbesondere gelang, die radikale Tea-Party-Bewegung in Wisconsin so mit den Republikanern zu verzahnen, dass kein öffentlicher Konflikt zwischen beiden entstand.

 

Schaukampf gegen Gewerkschaften

Wisconsin war vorher von Demokraten regiert worden und hat eine weit zurück reichende linke Tradition, die in Deutschland gründet. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 wanderten zahlreiche Deutsche nach Wisconsin aus, einen Staat, der damals gerade zur Besiedlung freigegeben war. Die Hauptstadt Milwaukee wurde später, zwischen 1910 und 1960, die meiste Zeit über von sozialistischen Bürgermeistern regiert – für eine amerikanische Großstadt extrem ungewöhnlich. Den radikalen Konservatismus der in Milwaukee beheimateten Bradley Foundation kann man auch als Gegenreaktion auf diese linke Tradition sehen.

 

Nach seinem Wahlsieg attackierte Scott Walker direkt die Gewerkschaften. Er legte 2011 ein Gesetz vor, das ihnen das Recht nahm, für die öffentlichen Angestellten Tarifverträge auszuhandeln. Daraufhin kam es zu großen Protesten, die bis zur Besetzung des Parlamentsgebäudes und Neuwahlen führten. Doch Gouverneur Walker hielt Kurs und wurde sogar wiedergewählt, nicht zuletzt mit Unterstützung teurer PR-Kampagnen und TV-Spots. Parteichef Priebus meinte im Anschluss:

 

„Wir müssen uns nicht länger von den Gewerkschaften herumschubsen lassen.“

Das Ganze war ein Schaukampf mit nationaler Ausstrahlung, ganz im Sinne der Geldgeber. Als Walker schließlich 2015 für die Präsidentschaft kandidierte – wieder mit Grebe als Wahlkampfmanager – blieb er zwar erfolglos, doch die konservativen Sponsoren fanden letztlich auch hier einen Kandidaten, der ihren marktliberalen Kurs mehr oder weniger teilte. Geschäftsleute gehen pragmatisch vor, wenn der jeweilige Favorit in den Vorwahlen verliert. So hat zum Beispiel Ronald Cameron, Chef eines Geflügelkonzerns und einer der zehn größten Spender für die Republikaner im diesjährigen Präsidentschaftswahlkampf, zunächst 3 Millionen Dollar in die Kampagne von Kandidat Mike Huckabee gesteckt, nach dessen Ausscheiden dann 5 Millionen auf Marco Rubio gesetzt und nach dessen Rückzug noch einmal 2 Millionen an Trump gespendet. So ähnlich machen es viele. Wichtig ist, am Ende das Geld beim Sieger platziert zu haben.

 

Zu Donald Trumps Großspendern gehören auch zwei Milliardärinnen aus Wisconsin: Liz Uihlein, Chefin des Verpackungsherstellers Uline, sowie die Bauunternehmerin Diane Hendricks. Letztere gilt als ausgemachte Gewerkschaftsfeindin und hatte mit ihren Millionen zuvor schon Scott Walker ins Gouverneursamt geholfen. Beide Frauen gehörten im Präsidentschaftswahlkampf zum Beraterstab Donald Trumps. Diane Hendricks sitzt darüber hinaus gemeinsam mit Michael Grebe im Vorstand der Bradley Foundation. Man kennt sich.

 

Wer ist Mike Pence?

Auch Trumps kommender Vizepräsident Mike Pence – der derzeit schon als Leiter des „Transition Teams“ maßgeblich über die Besetzung diverser Regierungsposten entscheidet – ist kein unbeschriebenes Blatt. Der langjährige konservative Abgeordnete gilt als streng religiös und begeisterter Anhänger der Tea-Party-Bewegung, die ihrerseits von Beginn an von den milliardenschweren Koch-Brüdern unterstützt und mit gesteuert wurde. Die Kochs gehören darüber hinaus ganz direkt zu den größten Sponsoren von Pence.

 

Das politische Potenzial von Pence erkannte ebenso die Bradley Foundation, die ihn schon früh umwarb. Als Gast auf einer Konferenz der Stiftung äußerte er 2010, auf dem Höhepunkt der Tea-Party-Bewegung, diese gehe „zurück zu den Quellen unserer Größe, nämlich unserem Charakter, unserer Überzeugung und unserem Glauben an begrenzte Regierung“ („belief in limited government“). Für Pence und viele seiner Mitstreiter verschmilzt der urchristliche Glaube mit einer nicht minder strengen Marktgläubigkeit – ein in den USA verbreitetes Phänomen, das viel mit europäischen, calvinistischen Wurzeln zu tun hat. Reiche Geldgeber und Strippenzieher können dort bequem andocken und fördern solchen Extremismus gerne.

 

Auf einer Veranstaltung der Koch-Brüder sprach Pence 2014 davon, wie einzelne Bundesstaaten (zu der Zeit war er Gouverneur von Indiana) als Labor dafür dienen könnten, Regierungsmacht zu minimieren, die Steuern zu senken und die Wirtschaft weiter zu deregulieren.

 

Trump selbst hatte im Wahlkampf angekündigt, die Unternehmenssteuern von 35 auf 15 Prozent senken zu wollen. Sicher einer der Gründe, weshalb gegen Ende des Wahlkampfes im Oktober diesen Jahres gut 100 Unternehmenslenker per offenem Brief energisch zu seiner Wahl aufriefen.

 

Am Ende bleibt zwar richtig, dass der größte Teil des Establishments fast jeden Kandidaten lieber an der Spitze gesehen hätte, als Donald Trump. Doch den Grund für dieses Unbehagen sollte man weniger in Trumps schrägen politischen Überzeugungen oder seinem schrillen Auftreten suchen, als eher in der schlichten Tatsache, dass sich fast alle anderen Kandidaten viel einfacher hätten kontrollieren lassen, als dieser ebenso exaltierte wie selbstbewusste Milliardär, der offenbar einfach „macht, was er will“. Genau deshalb allerdings wurde er vermutlich auch gewählt.

 

Trump selbst ist klug genug, um sich zukünftig nicht unnötig Feinde unter den Mächtigen zu schaffen. Seine Entscheidung, Priebus und auch Pence in den engsten Kreis aufzunehmen, deutet an, dass er den reichen Sponsoren der anderen Kandidaten durchaus Zugang ins Weiße Haus gewähren will – so wie es auch eine Hillary Clinton als Präsidentin fraglos getan hätte.

Das Netzwerk von rechtskonservativen Unternehmern:

Die Männer hinter Donald Trump

Von Paul Schreyer , veröffentlicht am: 30. November 2016, Kategorien:

Der Aufstieg der extremen Rechten in den USA vollzieht sich schon seit einigen Jahren spiegelbildlich zum sozialen Niedergang großer Teile der Bevölkerung. Sichtbar wurde das spätestens durch den furiosen Erfolg der Tea-Party-Bewegung ab 2009, deren populäre Anführerin Sarah Palin in den deutschen Medien vor einigen Jahren ganz ähnlich verlacht und karikiert wurde, wie nun Donald Trump. Getragen haben den neuen Präsidenten nicht nur die Wut und Verzweiflung der vom Aufstieg Abgehängten, sondern auch diejenigen Teile des Establishments, die diese Wut gern für ihre Zwecke kanalisieren und politisch nutzbar machen wollen.

 

Während die mächtigsten und einflussreichsten Kreise des Landes klar Hillary Clinton favorisierten und auch bei den Republikanern zunächst andere, „gefälligere“ Kandidaten mit Millionenspenden unterstützt hatten, wurden spätestens mit der sich abzeichnenden Dominanz des Kandidaten Trump auch Verbindungen in dessen Lager geknüpft. Die wesentliche Entscheidung Trumps war es, nicht als unabhängiger Kandidat anzutreten, sondern im Rahmen der Republikanischen Partei. Deren Vorsitzendem, dem jungen und eloquenten Reince Priebus, fiel die knifflige Aufgabe zu, die Parteieliten mit dem einzelgängerischen Provokateur Trump zu versöhnen.

 

Nach der Wahl ernannte Trump nun ebenjenen Priebus zum Stabschef im Weißen Haus, und verschaffte dem Mann des Establishments damit einen der wichtigsten Regierungsposten. Der Stabschef leitet das Tagesgeschäft des Präsidenten, koordiniert dessen Termine und entscheidet, wer überhaupt ins Oval Office vorgelassen wird und wessen Stimme dort Gehör finden kann. Aufgrund dieser Aufgaben ist der Stabschef immer auch einer der engsten Berater des Präsidenten.

 

Reinhold „Reince“ Priebus (44), Sohn eines deutschstämmigen Vaters, stammt aus dem Bundesstaat Wisconsin, der, wie sich zeigt, eine Schlüsselrolle im neuen Machtgefüge der Republikaner spielt. Auch Paul Ryan (46), derzeitiger Sprecher des Repräsentantenhauses und Scott Walker (49), Gouverneur Wisconsins und 2015 zeitweiliger Präsidentschaftskandidat der Republikaner, stammen von dort. Das ist kein Zufall, sondern Ergebnis jahrelanger Vorarbeit, vor allem geleistet von einer in Wisconsin beheimateten superreichen und erzkonservativen Stiftung, die ihre Millionen konsequent in den Aufbau von Netzwerken und genehmen Politikern lenkt – der Bradley Foundation.

 

Die Bradley Foundation

Deren Gründer, die Gebrüder Bradley, machten ab Anfang des 20. Jahrhunderts ein Vermögen mit der Entwicklung und Fertigung von Steuerungselektronik und Automatisierungstechnik. Ihre Stiftung förderte zunächst vor allem soziale Zwecke im heimatlichen Wisconsin. Als das Unternehmen 1985 an einen großen Konzern verkauft wurde, schwoll das Stiftungsvermögen durch die Verkaufserlöse rapide an und man entschloss sich, die zukünftige Arbeit politisch und landesweit auszurichten.

 

Heute ist die Bradley Foundation mit einem Vermögen von mehr als 800 Millionen Dollar und einem Jahresetat von durchschnittlich 40 Millionen einer der größten politischen Player im konservativen Lager der USA. Das Geld fließt Jahr für Jahr an hunderte Initiativen und Gruppen, die sich den Bradley-Zielen verpflichtet fühlen: „limited government“, sowie der Stärkung eines „demokratisch-kapitalistischen Systems“. Die Stiftung gibt sich marktradikal, wünscht sich einen weitgehend unregulierten Kapitalismus und möchte den Einfluss des Staates systematisch verringern. Sie wendet sich dazu gezielt an Eliten und Entscheidungsträger, die sie fördert und zu beeinflussen sucht. Jährlich verleiht sie mehrere „Bradley-Preise“, die jeweils mit 250.000 Dollar dotiert sind, und gern auch an Journalisten vergeben werden.

 

Die Bradley Foundation ist weiterhin einer der größten Geldgeber vieler berühmter konservativer Denkfabriken, wie etwa des „American Enterprise Institute“ oder des (mittlerweile eingestellten) „Project für the New American Century“, wo ab 1997 die Neokonservativen Dick Cheney und Donald Rumsfeld ihre aggressiven außenpolitischen Aktivitäten bündelten, noch bevor sie 2001 Teil von George W. Bushs Regierung wurden. Man prägt mit den Stiftungsmillionen also durchaus nachhaltig Entwicklungen und setzt Trends.

 

Geleitet wurde die Bradley Foundation zuletzt von Michael Grebe, einem erfolgreichen Anwalt an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft. Er war es auch, der einflussreiche republikanische Nachwuchspolitiker wie Reince Priebus, Scott Walker oder Paul Ryan systematisch mit aufbaute. An Grebes eigener Karriere lässt sich dabei gut die Funktionsweise solcher Netzwerke illustrieren.

 

Wie man Politiker „macht“

Grebe begann seine Laufbahn 1970 bei einer der größten Anwaltskanzleien Wisconsins, Foley & Lardner, zu einer Zeit, als diese Kanzlei gerade ein erstes Büro in Washington eröffnete und damit den Sprung auf die nationale Ebene wagte. Ab den 1980er Jahren war Grebe zudem direkt politisch aktiv. Als ständiger Delegierter Wisconsins bei den Parteitagen der Republikaner und vor allem als Rechtsberater der nationalen Parteiorganisation der Republikaner knüpfte er zahlreiche Kontakte in die Regierung und ins Parlament. In den 1990er Jahren wurde Grebe zum Chef von Foley & Lardner und verantwortete innerhalb der Kanzlei die Gründung einer neuen Unternehmenssparte für Lobbying und PR, um die Politik des Landes im Sinne seiner Geschäftsklienten noch direkter beeinflussen zu können. Als Lobbyisten stellte er ehemalige Politiker ein. 1996 wurde der talentierte Netzwerker dann in den Vorstand der Bradley Foundation berufen, die er von 2002 bis zu seinem Ruhestand 2016 auch leitete und dort maßgeblich entschied, wer in den Genuss der unerschöpflichen Bradley-Millionen kam und wen man dort protegierte.

 

Grebe war es auch, der das politische Talent im Studienabbrecher Scott Walker entdeckte und dessen Wahlkampf zum Gouverneur von Wisconsin 2010 persönlich leitete. Walker gewann.

 

Der Sieg Scott Walkers in Wisconsin markierte damals einen Durchbruch für die rechtskonservativen und marktliberalen Kreise in den USA. Mitverantwortlich war der schon erwähnte Reince Priebus, der als damaliger Vorsitzender der Republikaner in Wisconsin Walkers Wahlkampf entscheidend mitlenkte und dem es insbesondere gelang, die radikale Tea-Party-Bewegung in Wisconsin so mit den Republikanern zu verzahnen, dass kein öffentlicher Konflikt zwischen beiden entstand.

 

Schaukampf gegen Gewerkschaften

Wisconsin war vorher von Demokraten regiert worden und hat eine weit zurück reichende linke Tradition, die in Deutschland gründet. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 wanderten zahlreiche Deutsche nach Wisconsin aus, einen Staat, der damals gerade zur Besiedlung freigegeben war. Die Hauptstadt Milwaukee wurde später, zwischen 1910 und 1960, die meiste Zeit über von sozialistischen Bürgermeistern regiert – für eine amerikanische Großstadt extrem ungewöhnlich. Den radikalen Konservatismus der in Milwaukee beheimateten Bradley Foundation kann man auch als Gegenreaktion auf diese linke Tradition sehen.

 

Nach seinem Wahlsieg attackierte Scott Walker direkt die Gewerkschaften. Er legte 2011 ein Gesetz vor, das ihnen das Recht nahm, für die öffentlichen Angestellten Tarifverträge auszuhandeln. Daraufhin kam es zu großen Protesten, die bis zur Besetzung des Parlamentsgebäudes und Neuwahlen führten. Doch Gouverneur Walker hielt Kurs und wurde sogar wiedergewählt, nicht zuletzt mit Unterstützung teurer PR-Kampagnen und TV-Spots. Parteichef Priebus meinte im Anschluss:

 

„Wir müssen uns nicht länger von den Gewerkschaften herumschubsen lassen.“

Das Ganze war ein Schaukampf mit nationaler Ausstrahlung, ganz im Sinne der Geldgeber. Als Walker schließlich 2015 für die Präsidentschaft kandidierte – wieder mit Grebe als Wahlkampfmanager – blieb er zwar erfolglos, doch die konservativen Sponsoren fanden letztlich auch hier einen Kandidaten, der ihren marktliberalen Kurs mehr oder weniger teilte. Geschäftsleute gehen pragmatisch vor, wenn der jeweilige Favorit in den Vorwahlen verliert. So hat zum Beispiel Ronald Cameron, Chef eines Geflügelkonzerns und einer der zehn größten Spender für die Republikaner im diesjährigen Präsidentschaftswahlkampf, zunächst 3 Millionen Dollar in die Kampagne von Kandidat Mike Huckabee gesteckt, nach dessen Ausscheiden dann 5 Millionen auf Marco Rubio gesetzt und nach dessen Rückzug noch einmal 2 Millionen an Trump gespendet. So ähnlich machen es viele. Wichtig ist, am Ende das Geld beim Sieger platziert zu haben.

 

Zu Donald Trumps Großspendern gehören auch zwei Milliardärinnen aus Wisconsin: Liz Uihlein, Chefin des Verpackungsherstellers Uline, sowie die Bauunternehmerin Diane Hendricks. Letztere gilt als ausgemachte Gewerkschaftsfeindin und hatte mit ihren Millionen zuvor schon Scott Walker ins Gouverneursamt geholfen. Beide Frauen gehörten im Präsidentschaftswahlkampf zum Beraterstab Donald Trumps. Diane Hendricks sitzt darüber hinaus gemeinsam mit Michael Grebe im Vorstand der Bradley Foundation. Man kennt sich.

 

Wer ist Mike Pence?

Auch Trumps kommender Vizepräsident Mike Pence – der derzeit schon als Leiter des „Transition Teams“ maßgeblich über die Besetzung diverser Regierungsposten entscheidet – ist kein unbeschriebenes Blatt. Der langjährige konservative Abgeordnete gilt als streng religiös und begeisterter Anhänger der Tea-Party-Bewegung, die ihrerseits von Beginn an von den milliardenschweren Koch-Brüdern unterstützt und mit gesteuert wurde. Die Kochs gehören darüber hinaus ganz direkt zu den größten Sponsoren von Pence.

 

Das politische Potenzial von Pence erkannte ebenso die Bradley Foundation, die ihn schon früh umwarb. Als Gast auf einer Konferenz der Stiftung äußerte er 2010, auf dem Höhepunkt der Tea-Party-Bewegung, diese gehe „zurück zu den Quellen unserer Größe, nämlich unserem Charakter, unserer Überzeugung und unserem Glauben an begrenzte Regierung“ („belief in limited government“). Für Pence und viele seiner Mitstreiter verschmilzt der urchristliche Glaube mit einer nicht minder strengen Marktgläubigkeit – ein in den USA verbreitetes Phänomen, das viel mit europäischen, calvinistischen Wurzeln zu tun hat. Reiche Geldgeber und Strippenzieher können dort bequem andocken und fördern solchen Extremismus gerne.

 

Auf einer Veranstaltung der Koch-Brüder sprach Pence 2014 davon, wie einzelne Bundesstaaten (zu der Zeit war er Gouverneur von Indiana) als Labor dafür dienen könnten, Regierungsmacht zu minimieren, die Steuern zu senken und die Wirtschaft weiter zu deregulieren.

 

Trump selbst hatte im Wahlkampf angekündigt, die Unternehmenssteuern von 35 auf 15 Prozent senken zu wollen. Sicher einer der Gründe, weshalb gegen Ende des Wahlkampfes im Oktober diesen Jahres gut 100 Unternehmenslenker per offenem Brief energisch zu seiner Wahl aufriefen.

 

Am Ende bleibt zwar richtig, dass der größte Teil des Establishments fast jeden Kandidaten lieber an der Spitze gesehen hätte, als Donald Trump. Doch den Grund für dieses Unbehagen sollte man weniger in Trumps schrägen politischen Überzeugungen oder seinem schrillen Auftreten suchen, als eher in der schlichten Tatsache, dass sich fast alle anderen Kandidaten viel einfacher hätten kontrollieren lassen, als dieser ebenso exaltierte wie selbstbewusste Milliardär, der offenbar einfach „macht, was er will“. Genau deshalb allerdings wurde er vermutlich auch gewählt.

 

Trump selbst ist klug genug, um sich zukünftig nicht unnötig Feinde unter den Mächtigen zu schaffen. Seine Entscheidung, Priebus und auch Pence in den engsten Kreis aufzunehmen, deutet an, dass er den reichen Sponsoren der anderen Kandidaten durchaus Zugang ins Weiße Haus gewähren will – so wie es auch eine Hillary Clinton als Präsidentin fraglos getan hätte.