CIA war an Entführung und Ermordung beteiligt.

Das Schicksal des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro

Untersuchungen des italienischen Parlaments zeigen, dass das berüchtigte „Secret Team“ unter der Leitung des CIA-Agenten Theodore Shackley an der Entführung und Ermordung des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro beteiligt war.

Von Published On: 9. Dezember 2023Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 27.10.2023 auf www.covertactionmagazine.com unter der URL <https://covertactionmagazine.com/2023/10/27/notorious-secret-team-headed-by-cia-agent-theodore-shackley-was-involved-in-the-kidnapping-and-assassination-of-italian-premier-aldo-moro-italian-parliamentary-investigations-show/> veröffentlicht. Lizenz: enis Voltaire, Covert Action Magazine, CC BY-NC-ND 4.0

Aldo Moro bei einer Kundgebung in Barletta. (Foto: Sconosciuto / Wikimedia Commons / public domain)

Das „Secret Team“ war eine Gruppe aus CIA-Agenten unter der Leitung von Theodore Shackley, dem „Blonden Geist“ der CIA, die in den 1970er und 1980er Jahren an den skandalösesten außenpolitischen Interventionen der USA beteiligt war [1]. Darunter die „Oktober-Überraschung“ („October Surprise”) und die Iran-Contra-Affäre. Nun wurde durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse in Italien und durch unabhängige Untersuchungen festgestellt, dass Shackleys „Secret Team“ weitreichende Verbindungen zur Ermordung des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro (1963-68 und 1974-76) hatte.

Moro war lange Zeit die Nemesis mächtiger konservativer Fraktionen des US-Establishments, da er auf einer direkten politischen Zusammenarbeit mit der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI) bestand.

Edwin P. Wilson, Mitglied im „Secret Team“, und sein Partner Frank Terpil – beide ehemalige CIA-Offiziere – führten umfangreiche Operationen in Gaddafis Libyen durch [2]; darunter die Lieferung von Waffen und militärischem Sprengstoff, politische Morde sowie die Ausbildung und logistische Unterstützung verschiedener internationaler Terrorgruppen. Dabei unter anderem die italienischen Roten Brigaden, die offiziell für die Entführung und Ermordung Moros im Jahr 1978 verantwortlich sind [3].

Für einige dieser illegalen Aktivitäten wurde Wilson Anfang der 1980er Jahre von der Bundesregierung angeklagt und verurteilt und verbrachte 20 Jahre im Gefängnis [4].

In seiner Verteidigung vor Gericht behauptete Wilson stets, dass er solche Operationen im Auftrag seines früheren Arbeitgebers durchgeführt habe – der CIA.

Eine gefälschte eidesstattliche Erklärung, die von einem hochrangigen CIA-Beamten unterzeichnet wurde, überzeugte eine US-Jury davon, dass die Agency die beruflichen Kontakte zu Wilson ab 1971 eingestellt hatte [5].

Spätere Untersuchungen, die von Wilson und seinem Anwalt eingeleitet wurden, deckten den Betrug der Regierung jedoch auf und bewiesen, dass Wilson bis mindestens 1982 weiterhin für die CIA tätig war.

Die Unterlagen über die Verbindung zwischen „Secret Team“ und der Moro-Operation bleiben geheim.

Die bahnbrechenden Erkenntnisse der neuen Moro-Kommission

Nach offiziellen Angaben wurde der Präsident der italienischen Christdemokratie, Aldo Moro, am 16. März 1978 von einer linksradikalen Terrorgruppe – den Roten Brigaden – in Rom entführt.

Moro war in Begleitung eines sehr strengen und professionellen Sicherheitsdienstes auf dem Weg ins italienische Parlament, wo zum ersten Mal über die mögliche Beteiligung der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI – Partito Comunista Italiano) an einer Koalitionsregierung diskutiert wurde.

Moro wurde schließlich ermordet; seine Leiche wurde am 9. Mai 1978 auf dem Rücksitz eines roten Renaults im Zentrum von Rom gefunden.

Die bis heute hartnäckig verteidigte offizielle Darstellung lautete immer, dass die Roten Brigaden allein gehandelt hätten, ohne nennenswertes Eingreifen von außen – insbesondere von der Regierung.

Dieser Autor hat über die hartnäckigen Fehler und Ungereimtheiten der offiziellen Darstellung berichtet und darüber, wie dies mehr als 35 Jahre nach den Ereignissen zur Einsetzung einer zweiten parlamentarischen Untersuchungskommission zum Fall Moro führte [6].

Die letzte Moro-Kommission war zwischen 2014 und 2017 tätig. Sie förderte äußerst wertvolles Beweismaterial zutage und erstellte mehrere Abschlussberichte [7], deren Ergebnisse weitgehend nicht mit der gängigen Darstellung übereinstimmten.

Es ist nun notwendig, sich auf die heikelsten Entdeckungen der Kommission zu konzentrieren, insbesondere auf den Hinweis zum „Secret Team“.

Die Einzelheiten der Gefangenschaft und des Todeskampfes von Moro im Frühjahr 1978 waren stets Gegenstand heftiger Diskussionen.

Ein besonders heftig und dauerhaft umstrittener Punkt ist das tatsächliche Versteck bzw. die tatsächlichen Verstecke, in denen Moro unmittelbar nach seiner Entführung in der Via Fani in Rom festgehalten wurde.

Das zweite Foto von Aldo Moro als Geisel der Roten Brigaden (Brigate Rossi). (Foto: Sconosciuto / Wikimedia Commons / public domain)

Mehrere unabhängige Untersuchungen und die letzte Moro-Kommission haben Beweise dafür gefunden, dass Wohneinheiten in der Via Massimi 91 und 96 in Rom, nach der Operation in der Via Fani als Moros Gefängnis benutzt wurden.

Die fraglichen Einheiten gehörten dem „Institut für die religiösen Werke“ (ital.: Istituto per le Opere di Religione, IOR, Anm. d. Red.), dem finanziellen Arm des Vatikans, der in höchst umstrittene kriminelle Vorfälle in der Zeit von 1970 bis 1980 verwickelt war. Geleitet wurde es von dem noch umstritteneren amerikanischen Erzbischof Paul Marcinkus [8], der enge Verbindungen zur Freimaurerei und zum US-Geheimdienst-Establishment hatte.

Noch beunruhigender ist, dass sich die Adresse in der Via Massimi 91 auch als Steuerdomizil des in den USA ansässigen Unternehmens Tumpane herausstellte – das in diesen Vorgängen als „Tumco“ (auch „Tumpco“) bezeichnet wird –, ein „amerikanisches Unternehmen, das Dienstleistungen für die NATO und das US-Militär in der Türkei erbracht hat“.

Der Moro-Kommission gelang es, Beweise dafür zu sammeln, dass „Tumco nachrichtendienstliche Aktivitäten zugunsten einer U.S.-militärischen Geheimdienststelle mit Sitz in der Via Veneto in Rom, allgemein bekannt als ,The Annexe‘, durchführte“.

Unter Berücksichtigung der italienischen Operationen von Tumpane unterstützte [Tumco] offiziell das US-amerikanische Radarüberwachungsnetz zur Unterstützung der NATO mit der Bezeichnung Troposcatter/NADGE.5 [9].

Die Kommission stellte fest, dass diese Tätigkeiten den zuständigen italienischen Behörden nicht ordnungsgemäß gemeldet worden waren.

Diese Enthüllungen sind wichtig genug. Man muss jedoch hinzufügen, dass die Via Veneto in Rom auch die Straße ist, in der sich die US-Botschaft befindet.

Die Kommission fand auch heraus, dass die Einheit in der Via Massimi die Anwesenheit von Omar Yahia (1931-2003), einem libyschen Finanzier mit Verbindungen zu libyschen und US-amerikanischen Geheimdiensten, in großem Umfang beobachtet hatte [10].

Yahia „arbeitete intensiv mit den italienischen Geheimdiensten zusammen“ und „war höchstwahrscheinlich die Person, die den Kontakt zu der Quelle ,Damiano‘ herstellte, die dem italienischen Geheimdienst hochwertige Informationen über die Roten Brigaden lieferte. Seine Operationen in der Via Massimi 91 bestätigen die Dichte der Geheimdienstpräsenz in dieser Wohnung“. [11]

Offensichtlich war sich die Kommission des äußerst sensiblen Charakters dieser Erkenntnisse bewusst und sah sich bereits einem unglaublichen Druck ausgesetzt, als sie die Einstufung der gesamten Dokumentation über die geheimdienstlichen Verbindungen in der Via Massimi als geheim anordnete.

Kurz nachdem die Moro-Kommission ihre Tätigkeit eingestellt hatte, äußerte sich jedoch einer ihrer wichtigsten Vertreter, Marco Carra, noch deutlicher und beunruhigender.

Nachdem er auf die zahlreichen Ermittlungserfolge der Kommission hingewiesen hatte, hob Carra insbesondere das „Secret Team“ hervor: „Omar Yahia [stand] in Kontakt mit dem Secret Team, einer antikommunistischen Struktur, die von aktiven und pensionierten US-Geheimdienstmitarbeitern gegründet wurde, um die Einschränkungen der CIA infolge der Reformen des Watergate-Skandals auszugleichen. Es lohnt sich, diesen Namen – „Secret Team“ – im Hinterkopf zu behalten, denn er könnte im Zusammenhang mit der Moro-Affäre wieder in den Vordergrund rücken, und zwar als ,Hauptakteur‘.“ [12]

Diese brisante Äußerung des Abgeordneten Carra, welche auch eindeutig beweist, dass die Kommission mehr wusste als sie zu veröffentlichen bereit war, wurde schnell in den Hintergrund gedrängt. [13]

Journalisten und Ermittler, die mit dem Fall vertraut sind und vom Autor kürzlich kontaktiert wurden, bestätigten, dass Carra nur äußerst ungern auf diese Episode zurückkommt und das Thema gänzlich vermeidet.

Aldo Moros Leiche wird am 09.05.1978 in einem roten Renault gefunden. (Foto: Bramfab / Wikimedia Commons / public domain)

Diese jüngsten und bahnbrechenden Entwicklungen in Bezug auf die Verbindung zwischen den US-Geheimdiensten und der Moro-Affäre gewinnen noch mehr an Bedeutung (und die anschließende massive Vertuschung wird verständlicher), wenn man sie im historischen Kontext der US-Ermittlungen gegen Edwin Wilson und das „Secret Team“ betrachtet.

Die sensiblen Informationen, die von der letzten Moro-Kommission aufgedeckt wurden, stimmen perfekt mit den ursprünglichen Ermittlungen der US-Behörden überein, die schließlich Anfang der 1980er Jahre zur Anklage und Verurteilung von Wilson führten.

Schließlich wurden umfangreiche illegale Operationen der Wilson-Gruppe aufgedeckt, insbesondere in Gaddafis Libyen [14]. Dies führte manchmal zu verblüffenden Verbindungen des „Secret Teams“ zum internationalen Terrorismus, auch – und das ist für unseren Fall wichtiger – in Italien.

Im Juni 1981 berichtete Seymour Hersh für die New York Times unter Berufung auf eine solche Untersuchung der Bundesbehörden, dass die von Wilsons Gruppe bereitgestellte Logistik und Ausbildung zur „Unterstützung solcher Terror-Gruppen wie der Palästinensischen Befreiungsorganisation, der Roten Brigaden in Italien, der Roten Armee in Japan, der Baader-Meinhof-Bande in Deutschland und der Irisch-Republikanischen Armee“ genutzt wurde. [15] (Kursivschrift hinzugefügt.)

Ausgehend von diesen anfänglichen Erkenntnissen und darauf aufbauend haben zwei italienische Enthüllungsjournalisten, Mimmo Scarano und Maurizio de Luca, in ihrer frühen Arbeit an dem Fall erstmals die Theorie aufgestellt, dass die beiden Agenten des „Secret Teams“, Wilson und Terpil, in die Moro-Affäre verwickelt waren [16] – was heute weitgehend bestätigt ist. [17]

Die Erkenntnisse der Moro-Kommission über den libyschen Agenten Omar Yahia werden auch durch die ursprünglichen Ermittlungen zu dieser höchst umstrittenen Figur gestützt, die weitreichende Verbindungen zur US-amerikanischen und internationalen Diplomatie sowie den Geheimdiensten hatte – und deren Schutz genoss [18].

Hochrangige Insider der als „Green Berets“ bekannten Spezialeinheiten wie Luke F. Thompson haben wiederholt zu Protokoll gegeben, dass sie unter der Aufsicht von Wilson und Terpil nach Libyen entsandt wurden, um Terroristen auszubilden [19], wobei sie davon ausgingen, dass die gesamte Operation von der CIA genehmigt worden war.

Die Erwähnung der „Green Berets“ in dieser Angelegenheit ist von großer Bedeutung.

Kevin P. Mulcahy, selbst ehemaliger CIA-Agent und einer der wichtigsten Informanten bezüglich der Wilson-Libyen-Verbindung, sprach von einer nicht näher bezeichneten „italienischen Beteiligung“ an der Ausbildung der Green Berets in Libyen. [20]

Die mögliche Anwesenheit eines Green Beret unter den Kommandotruppen, welche die Moro-Operation in Rom leiteten, ist bei italienischen Ermittlungen wiederholt aufgetaucht. [21]

Frank Terpil, ehemaliger CIA Agent, hat zusammen mit Edwin P. Wilson in Libyen Terrororganisationen gegründet und ausgebildet, u.a. (Screenshot Dokumentation „FRANK TERPIL – CONFESSIONS OF A DANGEROUS MAN”, Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=iQyggh7Ats8)

Wie fast seit Beginn der Ermittlungen im Fall Moro festgestellt wurde, verfügte die als Rote Brigaden bekannte italienische Terrorgruppe nicht – noch nicht mal im Entferntesten – über die militärische Ausbildung oder die operativen Kapazitäten, um eine so komplexe Aktion wie die Entführung eines hochrangigen politischen Führers wie Moro durchzuführen, der von fünf erfahrenen Polizeibeamten begleitet wurde, die bei der Operation alle getötet wurden. [22]

Ballistik-Experten haben immer wieder behauptet, dass zu dem Einsatzteam in der Via Fani mindestens ein professioneller Militärschütze gehört haben muss, der die offiziellen Roten Brigaden flankierte.

Senator Sergio Flamigni [23], der prominenteste Forscher im Fall Moro in Italien, meinte, dass sich die Ermittlungen in Bezug auf diesen nicht identifizierten Schützen auf „das libysche Flugzeug auf dem Weg nach Genf konzentrieren sollten, das am späten Nachmittag des 15. März 1978 (dem Tag vor dem Massaker in der Via Fani) stattdessen mit vier Personen an Bord auf dem Flughafen [Rom] Fiumicino landete, um am nächsten Tag wieder abzuheben … Es besteht der dringende Verdacht, dass sich an Bord dieses Fluges einer oder mehrere Killer befanden, die einer bestimmten Struktur angehören, die terroristische Organisationen ausbildet und unterstützt, die in Tripolis (Libyen) von Edwin P. Wilson und Frank Terpil, beide ehemalige CIA-Agenten, gegründet wurde.“ [24]

Trotz der erstaunlichen Natur dieser Entwicklungen hat sich eine dicke Schicht eiskalten Schweigens über den Fall und die Ergebnisse der Moro-Kommission gelegt.

In den Vereinigten Staaten ist das Schweigen sogar noch ohrenbetäubender. In dem buchstäblich einmaligen Fall als die Ergebnisse der letzten Moro-Untersuchung angesprochen wurden, setzte die US-akademische Öffentlichkeit in den USA einen neuen Standard der Verleugnung und behauptete, dass „die Kommission den Fall wie eine ,Geistergeschichte‘ behandelte, dann aber absolut nichts fand, was eine der Verschwörungstheorien bestätigte. Die parlamentarischen Ermittler legten eine riesige Menge an Dokumenten vor, ohne etwas Substanzielles zu unserem Wissen über Moros tragisches Ende beizutragen.“ [25]

Kissingers Albtraum: Die Italienische Kommunistische Partei und Moros „historischer Kompromiss“

Wie konnten Agenten des US-Establishments in einen der berüchtigtsten Kriminalfälle des 20. Jahrhunderts verwickelt werden, der sich gegen einen wichtigen politischen Führer eines verbündeten Landes richtete?

Die Geschichte zwischen Moro und dem US-NATO-Establishment war eine lange Reihe von gegenseitigen Missverständnissen, Misstrauen und ultimativer Feindschaft.

Es wäre richtig zu sagen, dass Moro und die USA eine lange Geschichte haben.

Tatsächlich hatte Moro bereits Anfang der 1960er Jahre in den USA eine heftige Kontroverse aufgrund seiner Bemühungen ausgelöst, die Sozialistische Partei Italiens in eine politische Koalition mit der Christdemokratischen Partei einzubinden [26].

Dennoch war es sicherlich Moros Politik, die politische Beteiligung der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI) an der italienischen Regierung anzustreben – der so genannte „Historische Kompromiss“ in den 1970er Jahren, der seiner Ansicht nach durch den unbestreitbaren Einfluss der Partei in Italiens Politik und Gesellschaft gerechtfertigt war –, die den fatalen Zorn der USA (und anderer) auf sich zog.

Es stimmt, dass die PCI mit ihren engen Verbindungen zu Moskau seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer eine Quelle extremer Besorgnis für die USA gewesen ist.

Es ist bekannt, dass die erste größere Operation der CIA tatsächlich darauf abzielte, einen Wahlsieg der PCI bei den entscheidenden italienischen Wahlen von 1948 zu verhindern [27].

Vom Standpunkt der USA aus durfte Italien, das seit 1949 ein wichtiger NATO-Verbündeter in Südeuropa ist und zahlreiche US-Stützpunkte beherbergt, einfach nicht „kommunistisch werden“.

Nur wenige Vertreter des politischen und diplomatischen Establishments der USA verkörperten die Feindseligkeit gegenüber Moros Politik mehr als Henry Kissinger.

Rom, 3. Mai 1977. Von links: Händedruck zwischen dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Italiens (PCI), Enrico Berlinguer, und dem Präsidenten der Christdemokraten, Aldo Moro, den Hauptbefürwortern des sogenannten historischen Kompromisses. (Foto: Archivio Storico LaPresse / Wikimedia Commons / public domain)

Kissingers Besessenheit von der italienischen PCI grenzte schon an pathologisches Verhalten.

Kissinger war in dieser Frage so empfindlich, dass er fast reflexartig immer dann auf Italien verwies, wenn irgendwo in der Welt die Möglichkeit einer „kommunistischen“, wenn nicht gar „sozialistischen“ Machtübernahme auftauchte – unabhängig davon, wie begründet solche Befürchtungen tatsächlich waren.

Das „National Security Archive“ der George Washington-Universität, das umfangreiche Nachforschungen anstellte, um die umfangreichen subversiven Aktivitäten der USA in Südamerika und Kissingers Rolle dabei aufzudecken, dokumentierte eine recht aufschlussreiche Episode.

Aus den kürzlich freigegebenen Unterlagen geht hervor, dass die Pläne zur Entmachtung von Salvador Allende in Chile bereits kurz nach Allendes historischem Wahlsieg im Jahr 1970 ausgearbeitet wurden [28].

Im Mittelpunkt der Anfeindungen gegen den chilenischen Staatschef stand die Befürchtung, dass sich sein Fall in anderen Teilen der Welt, einschließlich Westeuropa, wiederholen könnte.

In einem Briefing-Memo an Präsident Nixon zur Vorbereitung der entscheidenden Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (NSC – National Security Council, Anm. d. Red.) am 6. November 1970 schlug Kissinger einen sehr unheilvollen Ton an und nahm den düsteren Verlauf der bevorstehenden Aktionen vorweg: „Die Wahl Allendes zum Präsidenten Chiles stellt uns vor eine der ernsthaftesten Herausforderungen, mit denen wir in dieser Hemisphäre je konfrontiert waren … Ihre Entscheidung, wie damit umgegangen werden sollte, könnte die historischste und schwierigste außenpolitische Entscheidung sein, die Sie in diesem Jahr zu treffen haben … denn was in den nächsten sechs bis zwölf Monaten in Chile geschieht, wird Auswirkungen haben, die weit über die Beziehungen zwischen den USA und Chile hinausgehen.“

Kissinger ging auf die Auswirkungen einer akzeptierten „marxistischen“ Regierung wie der von Allende ein und warnte, dass Allendes „Modellwirkung heimtückisch sein kann“:

„Das Beispiel einer erfolgreich gewählten, marxistischen Regierung in Chile würde sicherlich eine Auswirkung auf andere Teile der Welt haben – und sogar einen Präzedenzfall für sie darstellen –, insbesondere in Italien; die nachahmende Verbreitung ähnlicher Phänomene anderswo würde wiederum das Gleichgewicht in der Welt und unsere eigene Position darin erheblich beeinflussen.“ (Kursivschrift hinzugefügt)

Ein Zitat, das zwischen kreativen Wegen zur Unterstützung demokratischer Prozesse und recht anschaulichen Interpretationen der „Domino-Theorie“ schwankt, die anderswo in der Welt, insbesondere in Südostasien, mit nicht gerade enthusiastischen Ergebnissen angewandt werden.

In der Tat hat Kissinger mit seinen Anti-PCI-Ausbrüchen die Geschichtsschreibung fast überrollt.

Die im letzten Jahrzehnt veröffentlichten Bände der Foreign Relations of the United States, die sich mit der Westeuropa- und NATO-Politik der Ford-Administration befassen, veranschaulichen ausführlich Kissingers Besessenheit vom Fall Italien.

Ein Treffen zwischen Kissinger und hochrangigen europäischen Beamten im September 1975 in New York, bei dem die „Südflanke Europas“ und die mögliche Beteiligung „sozialistischer“ Parteien an den Regierungen der Region erörtert wurden [29], ist ein typisches Beispiel dafür.

Die Diskussion wurde überwiegend von der zwanghaften Befürchtung beherrscht, dass jede „Öffnung nach links“ in Südeuropa, egal wie moderat sie ausfällt, einen gefährlichen Präzedenzfall für Italien darstellen und der Italienischen Kommunistischen Partei politisch nutzen könnte.

Der Zusammenhang zwischen einer Entspannungspolitik mit den europäischen sozialistischen Parteien und Italien wird in der Sitzung immer wieder angesprochen, und das wörtliche Zitat, dass man keinen „Präzedenzfall für Italien“ schaffen wolle, wird dreimal wiederholt, wobei Kissinger es zweimal innerhalb weniger Absätze ausspricht.

Der Jahrhundert-Staatsmann scheute sich nicht, seine radikale Feindseligkeit gegenüber einer möglichen Öffnung der PCI direkt gegenüber Aldo Moro zum Ausdruck zu bringen, unabhängig von den tatsächlichen Absichten Moros und einem eventuellen Mäßigungsprozess, den die PCI zu dieser Zeit einleitete und der die Mitgliedschaft Italiens in der NATO akzeptieren würde.

Kurz vor dem New Yorker Gipfeltreffen, am 1. August 1975, trafen sich Ford, Kissinger, Moro und der damalige italienische Außenminister Mariano Rumor anlässlich des berühmten Sicherheitsabkommens von Helsinki in Finnland [30], und die Diskussion drehte sich erneut um die europäische Sicherheit.

Die theoretische Möglichkeit, dass die PCI in die italienische Regierung eintreten könnte kam wieder auf den Tisch und das Gespräch eskalierte schnell.

Unabhängig vom politischen Wert der Argumente beider Seiten sind der unglaublich angespannte Austausch, sowie die Härte und der Tonfall, den Kissinger gegenüber Moro (damals italienischer Ministerpräsident!) anschlug – was sicherlich nicht üblich zwischen Vertretern zweier Verbündeter ist, erst recht nicht bei einem offiziellen Treffen – fast ein halbes Jahrhundert später immer noch bemerkenswert.

Nachdem Moro versucht hatte, den schwierigen Balanceakt der PCI in Bezug auf die NATO und ihren besonderen Einfluss auf die italienische Politik darzustellen, explodierte Kissinger:

Minister [Kissinger]: Wenn ich mich etwas unverblümter ausdrücken darf als der Präsident, dann ist es uns egal, ob sie [die PCI] den NATO-Beitritt mit Blut unterschreiben. Die Kommunisten in der Regierung Italiens zu haben, wäre völlig unvereinbar mit einer weiteren Mitgliedschaft im Bündnis. Es gibt einen Unterschied zwischen einer Wahltaktik und der Realität. Man kann uns auf keinen Fall dazu überreden in einer Allianz zu sein, die gegen Kommunismus sein soll, in der dann aber Regierungen mit Kommunisten sitzen – egal was Sie sagen.

Präsident [Ford]: Henry ist ein sehr subtiler Diplomat.

Minister [Kissinger]: Wenn der Präsident es will, kann ich diese Dinge in undiplomatischer Sprache sagen.“ [31]

Der Austausch kann als beredt genug angesehen werden.

Misstrauische Gemüter könnten daraus schließen, dass die US-Beamten – wenn sie sich schon nicht scheuten, in offiziellen Sitzungen solch strenge Warnungen auszusprechen – inoffiziell noch transparenter sein könnten.

Was die offiziellen Regierungsberichte nicht wiedergeben und auch nicht wiedergeben können, ist die Art und Weise, wie hinter den Kulissen noch finsterere Machenschaften stattfanden, um Moro zu zwingen, seine Politik der Öffnung gegenüber der Kommunistischen Partei aufzugeben.

Moro erzählte seinen engsten Mitarbeitern und seiner Frau Eleonora, dass hochrangige amerikanische Beamte ausdrücklich mit schwersten Konsequenzen gedroht hatten, falls er in seiner Strategie des „Historischen Kompromisses“ gegenüber der PCI nicht einlenken würde.

Der schwerwiegendste Vorfall ereignete sich im September 1974 im Zusammenhang mit mehreren hochrangigen Treffen, die eine italienische Regierungsdelegation, darunter der damalige Außenminister Moro und der italienische Präsident Giovanni Leone, mit Vertretern der USA abhielt, insbesondere mit Präsident Ford und Henry Kissinger [32].

Der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt hatte Moro Berichten zufolge vor einem „besorgniserregenden Zusammenschluss feindlicher Kräfte“ gegen seine Politik gewarnt, die mit „starken US-Interessensgruppen“ verbunden seien.

Moro wurde geraten, ein vertrauliches Treffen mit einem US-Geheimdienstmitarbeiter zu akzeptieren, um seine Politik der Öffnung nach links zu besprechen.

Das Treffen sollte in der Residenz des nicht identifizierten Offiziers im Hinterland von New York stattfinden.

Während die italienische Delegation an einer gesellschaftlichen Veranstaltung teilnahm, begab sich Moro in Begleitung eines vertrauenswürdigen Mitglieds des Sicherheitsdienstes, Marschall Oreste Leonardi, dorthin.

Während des unheimlichen Treffens wurde Moro unmissverständlich mitgeteilt, dass das US-Establishment gegen seine Politik sei und dass es „eine feste Entschlossenheit, auch innerhalb der US-Geheimdienste“, gebe, „seine Politik zu stören“.

Die Opposition der USA beschränkte sich nicht auf „seine progressive Öffnung gegenüber der PCI“, sondern erstreckte sich auch auf Moros Entspannungspolitik gegenüber der arabischen Welt.

Der Leiter der Christdemokratie wurde auch darauf aufmerksam gemacht, dass „Gruppen, die streng genommen auf der Seite der Nachrichtendienste operieren, eingesetzt werden könnten, um direkten Druck auszuüben“, was angesichts der mit solchen Gruppen verknüpften „plausiblen Abstreitbarkeit“ möglicherweise gefährlichere Folgen haben könnte.

Der US-Beamte zeigte zwar „insgesamt Verständnis für die Argumente Moros“, ermutigte Moro aber auch, „einen distanzierten Blick auf eine Realität zu werfen, die zu ebenso unangenehmen wie damals undenkbaren Situationen führen könnte.“ [33]

Mehrere enge Vertraute Moros berichteten, dass Moro kurz nach diesem Treffen alle anstehenden Termine absagte und krank wurde.

Diese streng vertraulichen, sensiblen Informationen wurden durch die Aussagen von Top-Insidern inhaltlich bestätigt.

Moros Witwe, die vor der ersten parlamentarischen Untersuchungskommission zum Fall aussagte, bestätigte, dass ihr Mann ausdrückliche Drohungen erhalten hatte: „Es war eines der wenigen Male, dass mein Mann genau das zitierte, was man ihm gesagt hatte, ohne den Namen der betreffenden Person zu nennen“.

Der ungenannte Beamte machte Moro gegenüber eine wenig subtile Bemerkung: „Er muss aufhören, seinen politischen Plan zu verfolgen, alle politischen Kräfte in seinem Land zur Zusammenarbeit zu bewegen. Entweder würde er damit aufhören oder er würde teuer dafür bezahlen. Es lag an ihm, wie er das interpretieren wollte.“

Corrado Guerzoni, ein langjähriger Mitarbeiter und enger Freund von Moro, enthüllte ebenso beunruhigende Details. [34]

Nach seiner Rückkehr von dieser traumatischen Begegnung in den USA im September 1974 teilte Moro Guerzoni mit, dass er sich ganz aus der Politik zurückziehen wolle.

Moro machte direkt „den amerikanischen Druck für seinen [erwarteten] Rückzug aus der Politik verantwortlich“ und fügte hinzu, dass ihm auch Folgendes angedroht worden sei: „Wenn Sie so weitermachen, wird Ihr Land wirtschaftlich erdrosselt.“ [35]

Nach diesem ereignisreichen Treffen war Moro tatsächlich zunehmend isoliert.

Ein Wechsel auf der politischen Bühne sorgte für eine vorübergehende Atempause, so dass Moro seinen Entschluss, aus der italienischen Politik auszusteigen, nicht in die Tat umsetzte.

Dennoch blieb die politische Landschaft Italiens äußerst instabil, der anhaltende Einfluss der PCI dominierte und vergiftete weiterhin die Beziehungen zwischen den USA und Italien.

Das Steve Pieczenik-Mysterium

Grundsätzlich könnte man einwenden, dass die Entführung und Ermordung von Aldo Moro im Frühjahr 1978 stattfand, also während der Präsidentschaft von Carter und nicht von Ford, als die Republikaner und Kissinger nicht mehr an der Macht waren.

Die tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Veränderungen in Carters Außenpolitik im Vergleich zu seinen Vorgängern können hier nicht erörtert werden. Aber sie haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Frage der US-Politik gegenüber der PCI.

Selbst aus den offiziellen Unterlagen geht eindeutig hervor, dass Carters Außenpolitik gegenüber dem „Euro-Kommunismus“ zwar diplomatischer formuliert war, sich aber nicht wesentlich von derjenigen der Vorgängerregierungen unterschied. [36]

In gewisser Weise war dies fast unvermeidlich, da die PCI bei den nationalen Wahlen von 1976 zwar nicht das erhoffte Ergebnis (oder gar den Wahlsieg, wie in US-Kreisen paranoid befürchtet) erzielte, aber dennoch einen Rekordwert von 34,4% der Stimmen erhielt, was die Argumente für den „Historischen Kompromiss“ mit der Christdemokratie in den Augen von Moro und anderen Politikern noch zwingender machte.

Darüber hinaus waren auch in der Carter-Administration streng konservative und anti-kommunistische Kräfte angemessen vertreten, vor allem in der Person des Nationalen Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski, der einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der Außenpolitik gegenüber Italien ausübte.

Es ist auch unzutreffend zu behaupten, Kissinger sei von der Bildfläche verschwunden, nur weil er keine Regierungsämter mehr bekleidete.

Es ist bekannt, dass der inzwischen 100 Jahre alte Staatsmann im außenpolitischen Establishment der USA nach wie vor einen bedeutenden Einfluss ausübt, der sogar heute noch anhält.

Auf jeden Fall erklärte die Carter-Regierung schließlich öffentlich ihre Feindschaft gegenüber der Anwesenheit von Kommunisten in jedweder italienischen Regierung.

Im Januar 1978, nur zwei Monate vor der Moro-Entführung, gab das Außenministerium ein offizielles Kommuniqué heraus, in dem die Position des Weißen Hauses zusammengefasst wurde. [37]

Carter warnte im Wesentlichen die demokratischen Führer Frankreichs und Italiens davor, die Kommunisten in ihre Regierungen einzuladen.

Gerade wenn die Demokratie vor schwierigen Herausforderungen stehe, so der Präsident, müssten ihre Führer „der Versuchung widerstehen, Lösungen in nicht-demokratischen Kräften zu suchen“.

„Die Verantwortlichen der Regierung haben wiederholt unsere Ansichten zur Frage der kommunistischen Beteiligung an westeuropäischen Regierungen zum Ausdruck gebracht. Unsere Position ist klar: Wir befürworten eine solche Beteiligung nicht und würden es gerne sehen, wenn der kommunistische Einfluss in jedem westeuropäischen Land reduziert würde … Die Vereinigten Staaten und Italien teilen tiefe demokratische Werte und Interessen, und wir glauben nicht, dass die Kommunisten diese Werte und Interessen teilen.“

Wie auch immer die letztendliche und undurchschaubare Befehlskette bei der Moro-Operation aussah – die lange Hand der US-Geheimdienste war dabei allgegenwärtig.

Man sollte im Hinterkopf behalten, dass der Krisenausschuss der italienischen Regierung, der von Innenminister Francesco Cossiga zur Bewältigung der Moro-Entführungskrise eingesetzt wurde, in großem Umfang von der berüchtigten Freimaurerloge P2 unter Leitung des US-Agenten Licio Gelli infiltriert war, zu der auch die damaligen Leiter des italienischen Militär- und Zivilgeheimdienstes gehörten.

Man sollte sich auch an die neofaschistische Ausrichtung der von den USA unterstützten P2-Loge erinnern: Es ist schwer in der Geschichte einen vergleichbaren Fall zu finden, in dem der Fuchs auf den Hühnerstall aufpassen soll.

Doch erst im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurde die Rolle eines anderen, äußerst zweideutigen US-Emissärs bekannt.

Steve Pieczenik, gebürtiger Kubaner mit polnischen Wurzeln und einem brillanten Hintergrund in Cornell, Harvard und am MIT, war ausgebildeter Psychiater und Experte für Terrorismus- und Geisel-Krisenmanagement im Außenministerium.

In dieser Eigenschaft wurde Pieczenik 1978 nach Italien entsandt, um den Moro-Krisenstab fachlich zu beraten.

Es stellte sich jedoch heraus, dass seine Rolle viel komplizierter und dunkler war.

In einem Geständnis des französischen Journalisten Emmanuel Amara mit dem bezeichnenden Titel „Wir haben Aldo Moro getötet“ (im französischen Original: „Nous avons tué Aldo Moro”) [38], das in einem 2006 erschienenen Buch Pieczeniks enthalten ist, sowie in späteren Enthüllungen gab Pieczenik zu, dass sein Auftrag letztlich darauf ausgerichtet war, „Moro zu opfern, um die politische Stabilität Italiens zu erhalten“. [39]

Pieczenik stand Henry Kissinger sehr nahe und erinnert sich in seinem Buch daran, dass es „Kissinger und Lawrence Eagleburger waren, die ihn zunächst rekrutierten“, „um die erste Krisen- und Anti-Terrorismus-Zelle in der internationalen Geschichte aufzubauen“.

Neben anderen Enthüllungen gab Pieczenik auch zu, dass er für das berüchtigte Kommuniqué „Duchess Lake“ verantwortlich war, das während Moros Gefangenschaft herausgegeben und den Roten Brigaden zugeschrieben wurde. In diesem wurde die falsche Information verbreitet, Moro liege tot auf dem Grund eines Sees in der Nähe von Rom.

Es war – in den Worten Pieczeniks – eine „psychologische Operation“, die darauf abzielte, „die italienische und europäische Öffentlichkeit auf den möglichen Tod Moros vorzubereiten“, der schließlich am 9. Mai 1978 eintrat, aber auch die Ermittler vom tatsächlichen Aufenthaltsort Moros ablenkte. [40]

Steve Pieczenik wurde 1978 nach Italien als Berater des Moro-Krisenstabes, entsandt. Seine Aufgabe bestand darin „Moro zu opfern, um die politische Stabilität Italiens zu erhalten“, wie er selbst zugab. (Screenshot: Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=C5zvGfOJWA8)

In einem Interview aus dem Jahr 2013 mit dem angesehenen italienischen Journalisten Giovanni Minoli war Pieczenik noch offener [41]:

„[Steve Pieczenik – SP]: Zu dieser Zeit haben wir alle Kanäle geschlossen, über die Moro hätte freigelassen werden können.“

[…]

„[Giovanni Minoli]: Im Grunde haben Sie also vom ersten Tag an gedacht und zu Cossiga gesagt: Moro muss sterben.“

„[SP]: Was mich betrifft, war die Sache offensichtlich. Cossiga hat das erst in den letzten Wochen begriffen. Aldo Moro war der zu opfernde Dreh- und Angelpunkt, um den sich die Rettung Italiens drehte.“

Die öffentlichen Enthüllungen von Pieczenik waren so beunruhigend, dass sie nicht nur einen erheblichen politischen Feuersturm auslösten, sondern auch die italienische Staatsanwaltschaft veranlassten, eine strafrechtliche Untersuchung gegen den US-amerikanischen Krisen-Experten wegen möglicher Beihilfe zum Mord einzuleiten [42].

Nach Ansicht des römischen Generalstaatsanwalts Luigi Ciampoli „gibt es ernstzunehmende Hinweise darauf, dass der Amerikaner hinter den Kulissen dafür gesorgt hat, dass Moros Ermordung die einzige ,notwendige und unausweichliche‘ Option war, die seinen Entführern zur Verfügung stand“.

Irgendwann wurde die diplomatische Angelegenheit so ernst, dass die Obama-Regierung Pieczenik 2014 zur Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden zwang.

Im Rahmen der Förderung eines Abkommens zur gegenseitigen Hilfe mit US-Pendants konnte der Ermittlungsrichter Luca Palamara Pieczenik vernehmen [43].

Pieczenik wurde jedoch nicht als Angeklagter, sondern als Zeuge in der Mordsache vernommen, was eine ziemliche Diskrepanz darstellt. [44]

Am 29. Juli 2015 wurde auch Palamara in dieser hochsensiblen Angelegenheit von der Moro-Kommission angehört.

Das Ergebnis ist an dieser Stelle fast vorhersehbar. Sowohl die Befragung von Pieczenik – abgesehen von einigen Auszügen, die von der italienischen Presse veröffentlicht wurden – als auch die Aussage von Palamara vor der Moro-Kommission waren geheim [45].

Die ganze Angelegenheit wurde buchstäblich begraben und die Pieczenik-Spur konnte nicht weiter verfolgt werden.

Während die Pieczenik-Affäre in Italien relativ bekannt ist, wurden die bahnbrechenden Enthüllungen des US-Gesandten fast vollständig unterdrückt und sind in den Vereinigten Staaten unbekannt. [46]

Die Vereinigten Staaten von Amerika gegen Edwin Paul Wilson – die Bedeutung des Falles für die Moro-Affäre und darüber hinaus

Auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen ist es nun möglich, die Punkte zu verbinden und einige beunruhigende Schlussfolgerungen über die Verbindung zwischen CIA-Wilson und der Moro-Affäre und darüber hinaus zu ziehen.

Zunächst ist es wichtig festzustellen, dass die kriminellen Aktivitäten von Wilsons Gruppe, also auch die Unterstützung der italienischen Roten Brigaden, nicht in Frage gestellt werden und auch nie in Frage gestellt wurden.

Es waren die US-Staatsanwälte selbst, die Wilsons umstrittene Unternehmungen aufdeckten und anklagten, obwohl sie dabei höchst selektiv vorgingen und die Verbindung zur CIA verschwiegen [47].

Bis zur Aufhebung von einer der vielen Verurteilungen gegen Wilson [48], stand in Frage, dass er solche Aktivitäten während seiner Zusammenarbeit mit der CIA durchführte – was die Agency fälschlicherweise bestritt, ungeachtet der offiziellen Rolle oder Verbindung, die er zu der Zeit mit der Agency gehabt haben mag.

Die Beweise, die während der strafrechtlichen Untersuchung aufgedeckt wurden und welche schließlich zur Aufhebung von Wilsons ursprünglicher Verurteilung 2003 führte, beseitigten weitgehend jeden Zweifel an diesem Punkt [49].

Diese letzte Bestätigung – zusätzlich zu den vorhandenen, überwältigenden Beweisen – ist ein überzeugendes Argument für die Verantwortlichkeit der US-Behörden im Fall Moro.

Dies öffnet allerdings auch die klassische Büchse der Pandora, was die Mitschuld der CIA an den unzähligen anderen umstrittenen Aktivitäten betrifft, an denen Wilson und das „Secret Team“ beteiligt waren.

Die wichtigsten Fakten, die zur endgültigen Entlastung Wilsons geführt haben, sind sehr nützlich. Zeigen sie doch, wie tief Wilson tatsächlich mit der Agency verstrickt war und wie weit die CIA und die US-Regierung zu gehen bereit waren. Wiederholt verstießen sie gegen das Gesetz, um sich von Wilson zu distanzieren – ein klarer Beweis für die extreme Sensibilität von Wilsons Aktivitäten. [50]

Darüber hinaus war die Mainstream-Presse zwar gezwungen, kurz über das Urteil aus dem Jahr 2003 zu berichten, mit dem die Verurteilung Wilsons aufgehoben wurde, doch über die hochsensiblen Informationen der CIA-Verbindungen Wilsons und deren Vertuschung durch die US-Regierung wurde in der Regel nur spärlich berichtet, das Ganze heruntergespielt oder ignoriert. [51]

Nach einer Verurteilung 1982 (und einer Haftstrafe von zehn Jahren) in Virginia wegen Waffenschmuggels an die Libyer wurde Wilson 1983 in Texas erneut vor Gericht gestellt, weil er 1977 42.000 Pfund C4-Plastiksprengstoff an den libyschen Diktator Muammar Gaddafi geliefert und dann US-Experten – ehemalige Green Berets der US-Armee – angeheuert hatte, um den Libyern den Bombenbau beizubringen.

Wilson verteidigte sich die ganze Zeit damit, dass er zumindest stillschweigend unter der Leitung und Autorität der CIA gehandelt habe.

Wilson sagte aus, dass seine Beziehungen zur Agency noch andauerten und der Ausgang des Falles ungewiss sei.

Um Wilsons Behauptungen zu widerlegen, legte die Regierung eine eidesstattliche Erklärung von Charles A. Briggs vor, dem damaligen Exekutivdirektor der CIA, dem dritthöchsten Beamten der Behörde.

Briggs erklärte unter Eid, dass Wilsons offizielles Arbeitsverhältnis mit der CIA im Jahr 1971 endete und dass „nach den Aufzeichnungen der Central Intelligence Agency mit einer Ausnahme, als er 1972 beim Marinegeheimdienst beschäftigt war, Herr Edwin P. Wilson weder direkt noch indirekt gebeten oder angefordert wurde, irgendeinen Dienst für [die] CIA zu leisten oder zu erbringen.“ [52]

Die eidesstattliche Erklärung von Briggs erwies sich als absolut falsch, aber sie entschied den Fall zugunsten der Staatsanwaltschaft. Im Februar 1983 wurde Wilson schuldig gesprochen und zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt.

1997 erhielt Wilson durch FOIA-Anfragen (Freedom of Information Act, Anm. d. Red.) Dokumente, die Briggs‘ eidesstattlicher Erklärung widersprachen, und schickte sie an den US-Bezirksrichter Lynn N. Hughes. Für Wilsons Verteidigung ernannte Richter Hughes den Anwalt David Adler, interessanterweise selbst ein ehemaliger CIA-Agent.

Als erfolgreicher und immer noch praktizierender Anwalt in Texas war Adler in der Lage, geheime CIA- und Regierungs-Informationen für die Verteidigung einzusehen und wurde so zur entscheidenden Figur bei der Aufhebung des Verfahrens gegen Wilson und indirekt bei der Förderung der historischen Wahrheit. [53]

Die von Adler gesammelten und vorgelegten Beweise enthüllten ein durchgängiges Muster von Fehlverhalten und Vertuschung seitens der Regierung, das darauf abzielte, Wilsons Verbindung zur CIA auszulöschen.

Erstens, wie Richter Hughes in seiner Stellungnahme feststellt, hat die Regierung bereits vor der Verurteilung von Wilson „intern zugegeben, dass [Briggs‘] eidesstattliche Erklärung falsch war.“

Ein CIA-Ermittler hatte für den Generalinspektor ein Memorandum verfasst, in dem mehrere Fälle dokumentiert waren, in denen Wilson nach 1971 für die Agency gearbeitet hatte.

„Der Mitarbeiter, der das Memorandum verfasste, hatte die meisten der vorgerichtlichen Untersuchungen zu Wilsons Kontakten mit der CIA nach seiner Anstellung durchgeführt; er wusste, dass die eidesstattliche Erklärung von Briggs falsch war.“ [54] (Kursivschrift hinzugefügt)

Noch wichtiger ist, dass die neuen Beweise, die in den Schlussanträgen von Richter Hughes ausführlich dargelegt werden, eine umfassende und weitreichende Zusammenarbeit zwischen Wilson und der CIA belegen, die weit über das angegebene „Grenzjahr“ 1971 hinausgeht.

Zwei Fälle verdienen besondere Aufmerksamkeit:

Als der Generalinspekteur der CIA den Fall untersuchte, wurde „das Ausmaß von Wilsons Verwicklung mit der CIA deutlich: Die CIA fand achtzig nicht-soziale Kontakte zwischen Wilson und CIA-Mitarbeitern, darunter fast vierzig Mal, bei denen Wilson zwischen 1972 und 1978 Dienstleistungen für die CIA erbrachte.“ [55] (Kursivschrift hinzugefügt)

Es wurde auch aufgedeckt, dass sich unter den Dokumenten, die das Justizministerium Wilsons Anwälten im ursprünglichen Fall nicht ausgehändigt hatte, lange handschriftliche Notizen befanden, die die Staatsanwälte bei einem Treffen mit CIA-Beamten am 13. Juli 1982 gemacht hatten.

In der Stellungnahme von Hughes heißt es: „Ebenso beunruhigend ist, dass die Notizen aus Dokumenten stammen, die weder Wilsons Prozessanwälten noch den Anwälten in der Berufungsinstanz zugänglich gemacht wurden. …

Mehrere Seiten der Notizen des Staatsanwalts spiegeln eine detaillierte chronologische Zusammenfassung der Nutzung von Wilson und seinen Unternehmen durch die CIA seit 1971 wider. Diese und vier weitere Zusammenfassungen aus den Jahren 1973 bis 1982 wurden am 1. Oktober 1982 innerhalb der CIA in Umlauf gebracht; keine davon wurde vorgelegt.“ [56]

Es ist also schlüssig dokumentiert, dass die CIA noch bis 1982 in großem Umfang auf Wilsons Dienste zurückgriff – und darüber sorgfältig Buch führte. [57]

Die interne Untersuchung der Agency hatte dies von Anfang an deutlich gemacht, aber es wurde nichts unternommen, um diese wichtigen Informationen an Wilsons Verteidigung weiterzugeben.

Richter Hughes kritisierte das Fehlverhalten der Regierung in diesem Fall, das offensichtlich von der zwingenden Notwendigkeit gesteuert wurde, die Verbindungen der US-Regierung zu einem so unbequemen und umstrittenen Aktivposten wie Wilson zu verschleiern, und nahm dabei kein Blatt vor den Mund:

„Ehrlichkeit fällt der Regierung schwer …

In der amerikanischen Justiz müsste man sich schon sehr anstrengen, um sich einen grundsätzlich unfaireren Prozess mit einem folglich unzuverlässigen Ergebnis vorzustellen, als die Fabrikation falscher Daten durch die Regierung, unter Eid durch einen Regierungsbeamten, wissentlich präsentiert durch den Staatsanwalt im Gerichtssaal mit der ausdrücklichen Genehmigung seiner Vorgesetzten in Washington.“ [58]

Die Implikationen dieses Falles für die Verantwortung der CIA und die Mitschuld an Wilsons umfangreichen kriminellen Aktivitäten sind offensichtlich und gehen über den Fall Aldo Moro hinaus.

Was letzteren betrifft, so sind mehrere Schlussfolgerungen unausweichlich geworden.

Es ist unbestreitbar, dass Wilsons Gruppe im Frühjahr 1978, also zur Zeit der Moro-Affäre, tatsächlich noch „Dienstleistungen“ für die CIA erbracht hat.

Wie in einem Artikel der New York Times und in anderen Quellen zitiert, wusste die Agency offenbar auch, dass über Wilsons „Dienste“ mehrere in Europa operierende Terrorgruppen militärische Ausbildung und andere Hilfe erhielten, darunter die Roten Brigaden, die angeblich in die Entführung und Ermordung Moros verwickelt waren [59].

Mit der zunehmenden Erforschung des „Secret Teams“, die zeigt, wie allgegenwärtig seine kriminellen Aktivitäten waren [60], steigt auch die Notwendigkeit einer vollständigen Offenlegung durch die Regierung.

Quellen:

[1] Covert Action Magazine, Jeremy Kuzmarov, „Son of Slain Journalist Who Exposed Web of CIA Corruption Calling For New Murder Investigation“, am 05.09.2023, <https://covertactionmagazine.com/2023/09/04/son-of-slain-journalist-who-exposed-web-of-cia-corruption-calling-for-new-murder-investigation/>
[2] The New York Times, Seymour M. Hersh, „THE QADDAFI CONNECTION“, am 14.06.1981, <https://www.nytimes.com/1981/06/14/magazine/the-qaddafi-connection.html>
[3] Einen maßgeblichen Überblick über das Secret Team und Wilsons umstrittene Aktivitäten sowie seine engen, tief verwurzelten Beziehungen zu hochrangigen CIA-Offizieren wie Shackley und Thomas Clines finden Sie in der stets aktuellen Biografie über Theodore Shackley von David Corn, „Blond Ghost“ (New York: Simon & Schuster, 1994; siehe auch: Joseph J. Trento, „Prelude to Terror: Edwin P. Wilson and the Legacy of America’s Private Intelligence Network“ (New York: Basic Books, 2006).
[4] CTV News, AP, „Edwin Wilson, former CIA operative convicted of selling arms to Libya, dies at 84“, am 22.09.2012, <https://www.ctvnews.ca/world/edwin-wilson-former-cia-operative-convicted-of-selling-arms-to-libya-dies-at-84-1.967907>
[5] JUSTIA, US District Court for the Southern District of Texas, „United States v. Wilson, 289 F. Supp. 2d 801 (S.D. Tex. 2003)“, am 27.10.2003, <https://law.justia.com/cases/federal/district-courts/FSupp2/289/801/2430886/>
[6] Covert Action Magazine, Denis Voltaire, „Top French Intelligence Operative Sent to Capture Carlos the Jackal Says that the Jackal Was Protected by Israeli Mossad For Years“, am 03.08.2023, <https://covertactionmagazine.com/2023/08/03/top-french-intelligence-operative-sent-to-capture-carlos-the-jackal-says-that-the-jackal-was-protected-by-israeli-mossad-for-years/>
[7] Parlamento Italiano, „Commissione parlamentare di inchiesta sul rapimento e sulla morte di Aldo Moro“,Berichte 2015, 2016 und 2017, <https://inchieste.camera.it/inchieste/moro/documenti.html?leg=17&legLabel=XVII legislatura>
[8] True Crime Detective, Michael East, „The Vatican Scandals: The Devil’s Archbishop — The Crimes of Paul Marcinkus“, am 27.09.2022, <https://truecrimedetective.co.uk/the-vatican-scandals-the-devils-archbishop-the-crimes-of-paul-marcinkus-138aba000c1f>
[9] Abschlussbericht der parlamentarischen Untersuchungskommision zur Untersuchung der Entführung und des Mordes an Aldo Moro. Am 06.12.2017, 268-69.
[10] The Washington Post, Maxine Cheshire, „The $400-Million Libyan Mystery Man“, am 04.05.1980, <https://www.washingtonpost.com/archive/lifestyle/1980/05/04/the-400-million-libyan-mystery-man/dcae0353-5ae0-4ab6-98a4-f3f0e6388b42/>/
[11] siehe [9]
[12] Ansa, Moro: „Carra, Gallinari in via Massimi e spunta il “Secret Team”“, 13.12.2017.
[13] Der ANSA-Artikel, in dem er zitiert wird, ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr online verfügbar.
[14] The New York Times, „EXPOSING THE LIBYAN LINK“, am 21.06.1981, <https://www.nytimes.com/1981/06/21/magazine/exposing-the-libyan-link.html>
[15] siehe [2]
[16] Library of Congress, Mimmo Scarano und Maurizio de Luca, „Il mandarino è marcio: terrorismo e cospirazione nel caso Moro“, Editori Riuniti, 1985.  <https://catalog.loc.gov/vwebv/search?searchArg=il+mandarino+e+marcio&searchCode=GKEY^*&searchType=0&recCount=25>
[17] Mimmo Scarano and Maurizio de Luca, „Il mandarino è marcio: terrorismo e cospirazione nel caso Moro“, Editori Riuniti, 1985.
[18] siehe [10]
[19] CIA, General CIA Record, „THE SECRET WORLD OF A GREEN BERET – AS A MEMBER OF THE SPECIAL FORCES, LUKE THOMPSON WAS INVOLVED IN COVERT ACTIONS FROM LATIN AMERICA TO ASIA. THE HE WAS RECRUITED TO GO TO LIBYA TO HELP TRAIN TERRORISTS.“, am 04.07.1982, <https://www.cia.gov/readingroom/document/cia-rdp09s00048r000100020035-3>
[20] L’Europeo, 15.11.1982, Mulcahy wurde schließlich im Oktober 1982 in einem Motel in Virginia tot aufgefunden. Die Umstände waren höchst verdächtig, und Green Beret Luke Thompson, ein weiterer wichtiger Insider in der Libyen-Affäre, äußerte klar seine Überzeugung, dass Mulcahy ermordet wurde, um ihn an einer Aussage im Prozess gegen Edwin Wilson zu hindern. UPI, Daniel F. Gilmore, „A former Green Beret who worked for the CIA…“, am 27.10.1982, <https://www.upi.com/Archives/1982/10/27/A-former-Green-Beret-who-worked-for-the-CIA/5058404539200/>
[21] Mimmo Scarano and Maurizio de Luca, cit., 119-24.
[22] siehe [6]
[23] Archivo Flamigni, <https://a4view.archivioflamigni.org/
[24] Antimafia Duemila, „”La commissione Moro ha nascosto la verità”. Le accuse di Sergio Flamigni nel suo ultimo libro“, am 02.12.2019, <https://www.antimafiaduemila.com/home/opinioni/235-politica/76803-la-commissione-moro-ha-nascosto-la-verita-le-accuse-di-sergio-flamigni-nel-suo-ultimo-libro.html>
[25] Richard Drake, „Moro: L’inchiesta senza finale by Fabio Lavagno and Vladimiro Satta (book review)“, in Journal of Cold War Studies, Vol. 20, No. 4, Fall 2018, 252-53.
[26] Royal Institute of International Affairs, The World Today Vol. 20, No. 1 (Jan., 1964), pp. 32-39 (8 pages), Muriel Grindrod, „A Centre-Left Government for Italy“, <https://www.jstor.org/stable/40393530>
[27] Wilson Center, History and Public Policy Program, Thomas Boghardt, „“By All Feasible Means”“, am 01.05.2017, <https://www.wilsoncenter.org/blog-post/all-feasible-means>
[28] National Security Archive, Peter Kornbluh und Savannah Bock, „Allende and Chile: ‘Bring Him Down’“, am 03.11.2020, <https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/chile/2020-11-06/allende-inauguration-50th-anniversary>
[29] Department of State, Office of the Historian, „FOREIGN RELATIONS OF THE UNITED STATES, 1969–1976, VOLUME E–15, PART 2, DOCUMENTS ON WESTERN EUROPE, 1973–1976“, am 05.09.1975, <https://history.state.gov/historicaldocuments/frus1969-76ve15p2/d73>
[30] Britannica, „Helsinki Accords – international relations“, <https://www.britannica.com/event/Helsinki-Accords>
[31] In Memorandum of Conversation [original classified “Secret NODIS”], 01.08.1975, Ford Presidential Library.
[32] Memorandum of Conversation [original classified “Secret NODIS”], 01.08.1975, Ford Presidential Library, <https://www.fordlibrarymuseum.gov/library/document/0314/1552806.pdf>
[33] Mimmo Scarano und Maurizio de Luca, „Il mandarino è marcio“, cit., pp.25-26, unter Berufung auf vertrauliche Quellen, die mit den atlantischen Diensten in Verbindung stehen und mit dem Fall vertraut sind. Im Nachhinein ist es natürlich unmöglich, einen solche Verbindung direkt zu beweisen, aber der mögliche Verweis auf Einrichtungen wie das Secret Team als „Gruppen, die auf der Seite der Geheimdienste operieren“, ist offenkundig.
[34] Eleonora Moro, „Testimony to the Parliamentary Commission of Investigation into the Via Fani Massacre, the Kidnapping and Murder of Aldo Moro“, 01.08.1980.
[35] Corrado Guerzoni, „Testimony to the Parliamentary Commission of Investigation into the Via Fani Massacre, the Kidnapping and Murder of Aldo Moro“, February 16, 1983.
[36] See, in particular, Olav Njølstad, „The Carter Administration and Italy: Keeping the Communists
Out of Power Without Interfering,“ Journal of Cold War Studies, Vol. 4, No. 3, Summer 2002, 56-94.
[37] Statement Issued by the Department of State, January 12, 1978, „American Foreign Policy: Basic Documents“ (Washington, D.C.: U.S. Government Printing Office, 1983), 514–15.
[38] Emmanuel Amara, „Nous avons tué Aldo Moro“, Patrick Robin Editions, 2006, <https://catalog.loc.gov/vwebv/holdingsInfo?searchId=18604&recCount=25&recPointer=36&bibId=14691758>
[39] Emmanuel Amara, „Nous avons tué Aldo Moro“, Patrick Robin Editions, 2006, 80.
[40] Ibid., 140.
[41] Commissione parlamentare di inchiesta sul rapimento e sulla morte di Aldo Moro, Giuseppe Fioroni, „Resoconto stenografico“, <http://documenti.camera.it/leg17/resoconti/commissioni/stenografici/html/68/audiz2/audizione/2015/07/29/indice_stenografico.0046.html>
[42] International Business Times, Umberto Bacchi, „Italy Accuses US Envoy Steve Pieczenik of Aldo Moro Murder“, am 12.11.2014, <https://www.ibtimes.co.uk/italy-accuses-us-envoy-steve-pieczenik-aldo-moro-murder-1474527>
[43] siehe [41]
[44] Magistrat Palamara erklärte schließlich, dass mit dieser Entscheidung verhindert werden sollte, dass Pieczenik sich auf das Recht beruft, als Angeklagter nicht zu antworten.
[45] siehe [41]
[46] Bei der hier erwähnten Ausgabe von Amaras Buch handelt es sich um die französische Originalausgabe. Das Buch wurde nie ins Englische übersetzt und ist auf dem US-amerikanischen Markt weitgehend nicht erhältlich.
[47] siehe [2]
[48] The National Registry of Exonerations, „EDWIN WILSON“, letztes Update am 09.11.2015, <https://www.law.umich.edu/special/exoneration/Pages/casedetail.aspx?caseid=3452#:~:text=On%20April%2023%2C%201980%2C%20a,in%20June%201982%20and%20arrested>
[49] siehe [5]
[50] Siehe insbesondere die Stellungnahmevon Richter Judge Lynn N. Hughes zur Verurteilung, siehe [5], welche die wichtigste Quelle für diesen Abschnitt und den Fall Wilson ist.
[51] Der Nachruf auf Wilson in der New York Times vom 22. September 2012, der für eine unglaublich komplexe Geschichte wie die von Wilson bemerkenswert knapp gehalten ist, ist ein gutes Beispiel dafür. Douglas Martin, „Edwin P. Wilson, the Spy Who Lived It Up, Dies at 84“, am 22.09.2012, <https://www.nytimes.com/2012/09/23/us/edwin-p-wilson-cia-operative-with-cloak-and-dagger-life-dies-at-84.html>
[52] Ibid., 8.
[53] Der Autor stand in Kontakt mit Rechtsanwalt Adler, der nützliche Beiträge und bestätigende Informationen geliefert hat.
[54] Hughes Opinion, cit., p.9, zitiert Wilson Antrag auf Annullierung, Ex.85.
[55] Ibid., 6, Siehe auch Ex. 101 zu Wilsons Antrag auf Aufhebung (eine Kopie des Beweisstücks wurde dem Verfasser freundlicherweise von Rechtsanwalt Adler zur Verfügung gestellt).
[56] Ibid., 17. Siehe auch Anhang der Regierung, Ex. A (dem Autor von Rechtsanwalt Adler zur Verfügung gestellt)
[57] Adler confirmed this crucial point to the author as the correct interpretation of the CIA records cited by Judge Hughes.
[58] Hughes Opinion, cit., 11 und 20.
[59] siehe [2]
[60] The Sixth Eye & The Promis Software Affair, Beweise, <https://thesixtheye.org/evidence>

CIA war an Entführung und Ermordung beteiligt.

Das Schicksal des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro

Untersuchungen des italienischen Parlaments zeigen, dass das berüchtigte „Secret Team“ unter der Leitung des CIA-Agenten Theodore Shackley an der Entführung und Ermordung des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro beteiligt war.

Von Published On: 9. Dezember 2023Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 27.10.2023 auf www.covertactionmagazine.com unter der URL <https://covertactionmagazine.com/2023/10/27/notorious-secret-team-headed-by-cia-agent-theodore-shackley-was-involved-in-the-kidnapping-and-assassination-of-italian-premier-aldo-moro-italian-parliamentary-investigations-show/> veröffentlicht. Lizenz: enis Voltaire, Covert Action Magazine, CC BY-NC-ND 4.0

Aldo Moro bei einer Kundgebung in Barletta. (Foto: Sconosciuto / Wikimedia Commons / public domain)

Das „Secret Team“ war eine Gruppe aus CIA-Agenten unter der Leitung von Theodore Shackley, dem „Blonden Geist“ der CIA, die in den 1970er und 1980er Jahren an den skandalösesten außenpolitischen Interventionen der USA beteiligt war [1]. Darunter die „Oktober-Überraschung“ („October Surprise”) und die Iran-Contra-Affäre. Nun wurde durch parlamentarische Untersuchungsausschüsse in Italien und durch unabhängige Untersuchungen festgestellt, dass Shackleys „Secret Team“ weitreichende Verbindungen zur Ermordung des italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro (1963-68 und 1974-76) hatte.

Moro war lange Zeit die Nemesis mächtiger konservativer Fraktionen des US-Establishments, da er auf einer direkten politischen Zusammenarbeit mit der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI) bestand.

Edwin P. Wilson, Mitglied im „Secret Team“, und sein Partner Frank Terpil – beide ehemalige CIA-Offiziere – führten umfangreiche Operationen in Gaddafis Libyen durch [2]; darunter die Lieferung von Waffen und militärischem Sprengstoff, politische Morde sowie die Ausbildung und logistische Unterstützung verschiedener internationaler Terrorgruppen. Dabei unter anderem die italienischen Roten Brigaden, die offiziell für die Entführung und Ermordung Moros im Jahr 1978 verantwortlich sind [3].

Für einige dieser illegalen Aktivitäten wurde Wilson Anfang der 1980er Jahre von der Bundesregierung angeklagt und verurteilt und verbrachte 20 Jahre im Gefängnis [4].

In seiner Verteidigung vor Gericht behauptete Wilson stets, dass er solche Operationen im Auftrag seines früheren Arbeitgebers durchgeführt habe – der CIA.

Eine gefälschte eidesstattliche Erklärung, die von einem hochrangigen CIA-Beamten unterzeichnet wurde, überzeugte eine US-Jury davon, dass die Agency die beruflichen Kontakte zu Wilson ab 1971 eingestellt hatte [5].

Spätere Untersuchungen, die von Wilson und seinem Anwalt eingeleitet wurden, deckten den Betrug der Regierung jedoch auf und bewiesen, dass Wilson bis mindestens 1982 weiterhin für die CIA tätig war.

Die Unterlagen über die Verbindung zwischen „Secret Team“ und der Moro-Operation bleiben geheim.

Die bahnbrechenden Erkenntnisse der neuen Moro-Kommission

Nach offiziellen Angaben wurde der Präsident der italienischen Christdemokratie, Aldo Moro, am 16. März 1978 von einer linksradikalen Terrorgruppe – den Roten Brigaden – in Rom entführt.

Moro war in Begleitung eines sehr strengen und professionellen Sicherheitsdienstes auf dem Weg ins italienische Parlament, wo zum ersten Mal über die mögliche Beteiligung der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI – Partito Comunista Italiano) an einer Koalitionsregierung diskutiert wurde.

Moro wurde schließlich ermordet; seine Leiche wurde am 9. Mai 1978 auf dem Rücksitz eines roten Renaults im Zentrum von Rom gefunden.

Die bis heute hartnäckig verteidigte offizielle Darstellung lautete immer, dass die Roten Brigaden allein gehandelt hätten, ohne nennenswertes Eingreifen von außen – insbesondere von der Regierung.

Dieser Autor hat über die hartnäckigen Fehler und Ungereimtheiten der offiziellen Darstellung berichtet und darüber, wie dies mehr als 35 Jahre nach den Ereignissen zur Einsetzung einer zweiten parlamentarischen Untersuchungskommission zum Fall Moro führte [6].

Die letzte Moro-Kommission war zwischen 2014 und 2017 tätig. Sie förderte äußerst wertvolles Beweismaterial zutage und erstellte mehrere Abschlussberichte [7], deren Ergebnisse weitgehend nicht mit der gängigen Darstellung übereinstimmten.

Es ist nun notwendig, sich auf die heikelsten Entdeckungen der Kommission zu konzentrieren, insbesondere auf den Hinweis zum „Secret Team“.

Die Einzelheiten der Gefangenschaft und des Todeskampfes von Moro im Frühjahr 1978 waren stets Gegenstand heftiger Diskussionen.

Ein besonders heftig und dauerhaft umstrittener Punkt ist das tatsächliche Versteck bzw. die tatsächlichen Verstecke, in denen Moro unmittelbar nach seiner Entführung in der Via Fani in Rom festgehalten wurde.

Das zweite Foto von Aldo Moro als Geisel der Roten Brigaden (Brigate Rossi). (Foto: Sconosciuto / Wikimedia Commons / public domain)

Mehrere unabhängige Untersuchungen und die letzte Moro-Kommission haben Beweise dafür gefunden, dass Wohneinheiten in der Via Massimi 91 und 96 in Rom, nach der Operation in der Via Fani als Moros Gefängnis benutzt wurden.

Die fraglichen Einheiten gehörten dem „Institut für die religiösen Werke“ (ital.: Istituto per le Opere di Religione, IOR, Anm. d. Red.), dem finanziellen Arm des Vatikans, der in höchst umstrittene kriminelle Vorfälle in der Zeit von 1970 bis 1980 verwickelt war. Geleitet wurde es von dem noch umstritteneren amerikanischen Erzbischof Paul Marcinkus [8], der enge Verbindungen zur Freimaurerei und zum US-Geheimdienst-Establishment hatte.

Noch beunruhigender ist, dass sich die Adresse in der Via Massimi 91 auch als Steuerdomizil des in den USA ansässigen Unternehmens Tumpane herausstellte – das in diesen Vorgängen als „Tumco“ (auch „Tumpco“) bezeichnet wird –, ein „amerikanisches Unternehmen, das Dienstleistungen für die NATO und das US-Militär in der Türkei erbracht hat“.

Der Moro-Kommission gelang es, Beweise dafür zu sammeln, dass „Tumco nachrichtendienstliche Aktivitäten zugunsten einer U.S.-militärischen Geheimdienststelle mit Sitz in der Via Veneto in Rom, allgemein bekannt als ,The Annexe‘, durchführte“.

Unter Berücksichtigung der italienischen Operationen von Tumpane unterstützte [Tumco] offiziell das US-amerikanische Radarüberwachungsnetz zur Unterstützung der NATO mit der Bezeichnung Troposcatter/NADGE.5 [9].

Die Kommission stellte fest, dass diese Tätigkeiten den zuständigen italienischen Behörden nicht ordnungsgemäß gemeldet worden waren.

Diese Enthüllungen sind wichtig genug. Man muss jedoch hinzufügen, dass die Via Veneto in Rom auch die Straße ist, in der sich die US-Botschaft befindet.

Die Kommission fand auch heraus, dass die Einheit in der Via Massimi die Anwesenheit von Omar Yahia (1931-2003), einem libyschen Finanzier mit Verbindungen zu libyschen und US-amerikanischen Geheimdiensten, in großem Umfang beobachtet hatte [10].

Yahia „arbeitete intensiv mit den italienischen Geheimdiensten zusammen“ und „war höchstwahrscheinlich die Person, die den Kontakt zu der Quelle ,Damiano‘ herstellte, die dem italienischen Geheimdienst hochwertige Informationen über die Roten Brigaden lieferte. Seine Operationen in der Via Massimi 91 bestätigen die Dichte der Geheimdienstpräsenz in dieser Wohnung“. [11]

Offensichtlich war sich die Kommission des äußerst sensiblen Charakters dieser Erkenntnisse bewusst und sah sich bereits einem unglaublichen Druck ausgesetzt, als sie die Einstufung der gesamten Dokumentation über die geheimdienstlichen Verbindungen in der Via Massimi als geheim anordnete.

Kurz nachdem die Moro-Kommission ihre Tätigkeit eingestellt hatte, äußerte sich jedoch einer ihrer wichtigsten Vertreter, Marco Carra, noch deutlicher und beunruhigender.

Nachdem er auf die zahlreichen Ermittlungserfolge der Kommission hingewiesen hatte, hob Carra insbesondere das „Secret Team“ hervor: „Omar Yahia [stand] in Kontakt mit dem Secret Team, einer antikommunistischen Struktur, die von aktiven und pensionierten US-Geheimdienstmitarbeitern gegründet wurde, um die Einschränkungen der CIA infolge der Reformen des Watergate-Skandals auszugleichen. Es lohnt sich, diesen Namen – „Secret Team“ – im Hinterkopf zu behalten, denn er könnte im Zusammenhang mit der Moro-Affäre wieder in den Vordergrund rücken, und zwar als ,Hauptakteur‘.“ [12]

Diese brisante Äußerung des Abgeordneten Carra, welche auch eindeutig beweist, dass die Kommission mehr wusste als sie zu veröffentlichen bereit war, wurde schnell in den Hintergrund gedrängt. [13]

Journalisten und Ermittler, die mit dem Fall vertraut sind und vom Autor kürzlich kontaktiert wurden, bestätigten, dass Carra nur äußerst ungern auf diese Episode zurückkommt und das Thema gänzlich vermeidet.

Aldo Moros Leiche wird am 09.05.1978 in einem roten Renault gefunden. (Foto: Bramfab / Wikimedia Commons / public domain)

Diese jüngsten und bahnbrechenden Entwicklungen in Bezug auf die Verbindung zwischen den US-Geheimdiensten und der Moro-Affäre gewinnen noch mehr an Bedeutung (und die anschließende massive Vertuschung wird verständlicher), wenn man sie im historischen Kontext der US-Ermittlungen gegen Edwin Wilson und das „Secret Team“ betrachtet.

Die sensiblen Informationen, die von der letzten Moro-Kommission aufgedeckt wurden, stimmen perfekt mit den ursprünglichen Ermittlungen der US-Behörden überein, die schließlich Anfang der 1980er Jahre zur Anklage und Verurteilung von Wilson führten.

Schließlich wurden umfangreiche illegale Operationen der Wilson-Gruppe aufgedeckt, insbesondere in Gaddafis Libyen [14]. Dies führte manchmal zu verblüffenden Verbindungen des „Secret Teams“ zum internationalen Terrorismus, auch – und das ist für unseren Fall wichtiger – in Italien.

Im Juni 1981 berichtete Seymour Hersh für die New York Times unter Berufung auf eine solche Untersuchung der Bundesbehörden, dass die von Wilsons Gruppe bereitgestellte Logistik und Ausbildung zur „Unterstützung solcher Terror-Gruppen wie der Palästinensischen Befreiungsorganisation, der Roten Brigaden in Italien, der Roten Armee in Japan, der Baader-Meinhof-Bande in Deutschland und der Irisch-Republikanischen Armee“ genutzt wurde. [15] (Kursivschrift hinzugefügt.)

Ausgehend von diesen anfänglichen Erkenntnissen und darauf aufbauend haben zwei italienische Enthüllungsjournalisten, Mimmo Scarano und Maurizio de Luca, in ihrer frühen Arbeit an dem Fall erstmals die Theorie aufgestellt, dass die beiden Agenten des „Secret Teams“, Wilson und Terpil, in die Moro-Affäre verwickelt waren [16] – was heute weitgehend bestätigt ist. [17]

Die Erkenntnisse der Moro-Kommission über den libyschen Agenten Omar Yahia werden auch durch die ursprünglichen Ermittlungen zu dieser höchst umstrittenen Figur gestützt, die weitreichende Verbindungen zur US-amerikanischen und internationalen Diplomatie sowie den Geheimdiensten hatte – und deren Schutz genoss [18].

Hochrangige Insider der als „Green Berets“ bekannten Spezialeinheiten wie Luke F. Thompson haben wiederholt zu Protokoll gegeben, dass sie unter der Aufsicht von Wilson und Terpil nach Libyen entsandt wurden, um Terroristen auszubilden [19], wobei sie davon ausgingen, dass die gesamte Operation von der CIA genehmigt worden war.

Die Erwähnung der „Green Berets“ in dieser Angelegenheit ist von großer Bedeutung.

Kevin P. Mulcahy, selbst ehemaliger CIA-Agent und einer der wichtigsten Informanten bezüglich der Wilson-Libyen-Verbindung, sprach von einer nicht näher bezeichneten „italienischen Beteiligung“ an der Ausbildung der Green Berets in Libyen. [20]

Die mögliche Anwesenheit eines Green Beret unter den Kommandotruppen, welche die Moro-Operation in Rom leiteten, ist bei italienischen Ermittlungen wiederholt aufgetaucht. [21]

Frank Terpil, ehemaliger CIA Agent, hat zusammen mit Edwin P. Wilson in Libyen Terrororganisationen gegründet und ausgebildet, u.a. (Screenshot Dokumentation „FRANK TERPIL – CONFESSIONS OF A DANGEROUS MAN”, Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=iQyggh7Ats8)

Wie fast seit Beginn der Ermittlungen im Fall Moro festgestellt wurde, verfügte die als Rote Brigaden bekannte italienische Terrorgruppe nicht – noch nicht mal im Entferntesten – über die militärische Ausbildung oder die operativen Kapazitäten, um eine so komplexe Aktion wie die Entführung eines hochrangigen politischen Führers wie Moro durchzuführen, der von fünf erfahrenen Polizeibeamten begleitet wurde, die bei der Operation alle getötet wurden. [22]

Ballistik-Experten haben immer wieder behauptet, dass zu dem Einsatzteam in der Via Fani mindestens ein professioneller Militärschütze gehört haben muss, der die offiziellen Roten Brigaden flankierte.

Senator Sergio Flamigni [23], der prominenteste Forscher im Fall Moro in Italien, meinte, dass sich die Ermittlungen in Bezug auf diesen nicht identifizierten Schützen auf „das libysche Flugzeug auf dem Weg nach Genf konzentrieren sollten, das am späten Nachmittag des 15. März 1978 (dem Tag vor dem Massaker in der Via Fani) stattdessen mit vier Personen an Bord auf dem Flughafen [Rom] Fiumicino landete, um am nächsten Tag wieder abzuheben … Es besteht der dringende Verdacht, dass sich an Bord dieses Fluges einer oder mehrere Killer befanden, die einer bestimmten Struktur angehören, die terroristische Organisationen ausbildet und unterstützt, die in Tripolis (Libyen) von Edwin P. Wilson und Frank Terpil, beide ehemalige CIA-Agenten, gegründet wurde.“ [24]

Trotz der erstaunlichen Natur dieser Entwicklungen hat sich eine dicke Schicht eiskalten Schweigens über den Fall und die Ergebnisse der Moro-Kommission gelegt.

In den Vereinigten Staaten ist das Schweigen sogar noch ohrenbetäubender. In dem buchstäblich einmaligen Fall als die Ergebnisse der letzten Moro-Untersuchung angesprochen wurden, setzte die US-akademische Öffentlichkeit in den USA einen neuen Standard der Verleugnung und behauptete, dass „die Kommission den Fall wie eine ,Geistergeschichte‘ behandelte, dann aber absolut nichts fand, was eine der Verschwörungstheorien bestätigte. Die parlamentarischen Ermittler legten eine riesige Menge an Dokumenten vor, ohne etwas Substanzielles zu unserem Wissen über Moros tragisches Ende beizutragen.“ [25]

Kissingers Albtraum: Die Italienische Kommunistische Partei und Moros „historischer Kompromiss“

Wie konnten Agenten des US-Establishments in einen der berüchtigtsten Kriminalfälle des 20. Jahrhunderts verwickelt werden, der sich gegen einen wichtigen politischen Führer eines verbündeten Landes richtete?

Die Geschichte zwischen Moro und dem US-NATO-Establishment war eine lange Reihe von gegenseitigen Missverständnissen, Misstrauen und ultimativer Feindschaft.

Es wäre richtig zu sagen, dass Moro und die USA eine lange Geschichte haben.

Tatsächlich hatte Moro bereits Anfang der 1960er Jahre in den USA eine heftige Kontroverse aufgrund seiner Bemühungen ausgelöst, die Sozialistische Partei Italiens in eine politische Koalition mit der Christdemokratischen Partei einzubinden [26].

Dennoch war es sicherlich Moros Politik, die politische Beteiligung der Italienischen Kommunistischen Partei (PCI) an der italienischen Regierung anzustreben – der so genannte „Historische Kompromiss“ in den 1970er Jahren, der seiner Ansicht nach durch den unbestreitbaren Einfluss der Partei in Italiens Politik und Gesellschaft gerechtfertigt war –, die den fatalen Zorn der USA (und anderer) auf sich zog.

Es stimmt, dass die PCI mit ihren engen Verbindungen zu Moskau seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer eine Quelle extremer Besorgnis für die USA gewesen ist.

Es ist bekannt, dass die erste größere Operation der CIA tatsächlich darauf abzielte, einen Wahlsieg der PCI bei den entscheidenden italienischen Wahlen von 1948 zu verhindern [27].

Vom Standpunkt der USA aus durfte Italien, das seit 1949 ein wichtiger NATO-Verbündeter in Südeuropa ist und zahlreiche US-Stützpunkte beherbergt, einfach nicht „kommunistisch werden“.

Nur wenige Vertreter des politischen und diplomatischen Establishments der USA verkörperten die Feindseligkeit gegenüber Moros Politik mehr als Henry Kissinger.

Rom, 3. Mai 1977. Von links: Händedruck zwischen dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Italiens (PCI), Enrico Berlinguer, und dem Präsidenten der Christdemokraten, Aldo Moro, den Hauptbefürwortern des sogenannten historischen Kompromisses. (Foto: Archivio Storico LaPresse / Wikimedia Commons / public domain)

Kissingers Besessenheit von der italienischen PCI grenzte schon an pathologisches Verhalten.

Kissinger war in dieser Frage so empfindlich, dass er fast reflexartig immer dann auf Italien verwies, wenn irgendwo in der Welt die Möglichkeit einer „kommunistischen“, wenn nicht gar „sozialistischen“ Machtübernahme auftauchte – unabhängig davon, wie begründet solche Befürchtungen tatsächlich waren.

Das „National Security Archive“ der George Washington-Universität, das umfangreiche Nachforschungen anstellte, um die umfangreichen subversiven Aktivitäten der USA in Südamerika und Kissingers Rolle dabei aufzudecken, dokumentierte eine recht aufschlussreiche Episode.

Aus den kürzlich freigegebenen Unterlagen geht hervor, dass die Pläne zur Entmachtung von Salvador Allende in Chile bereits kurz nach Allendes historischem Wahlsieg im Jahr 1970 ausgearbeitet wurden [28].

Im Mittelpunkt der Anfeindungen gegen den chilenischen Staatschef stand die Befürchtung, dass sich sein Fall in anderen Teilen der Welt, einschließlich Westeuropa, wiederholen könnte.

In einem Briefing-Memo an Präsident Nixon zur Vorbereitung der entscheidenden Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates (NSC – National Security Council, Anm. d. Red.) am 6. November 1970 schlug Kissinger einen sehr unheilvollen Ton an und nahm den düsteren Verlauf der bevorstehenden Aktionen vorweg: „Die Wahl Allendes zum Präsidenten Chiles stellt uns vor eine der ernsthaftesten Herausforderungen, mit denen wir in dieser Hemisphäre je konfrontiert waren … Ihre Entscheidung, wie damit umgegangen werden sollte, könnte die historischste und schwierigste außenpolitische Entscheidung sein, die Sie in diesem Jahr zu treffen haben … denn was in den nächsten sechs bis zwölf Monaten in Chile geschieht, wird Auswirkungen haben, die weit über die Beziehungen zwischen den USA und Chile hinausgehen.“

Kissinger ging auf die Auswirkungen einer akzeptierten „marxistischen“ Regierung wie der von Allende ein und warnte, dass Allendes „Modellwirkung heimtückisch sein kann“:

„Das Beispiel einer erfolgreich gewählten, marxistischen Regierung in Chile würde sicherlich eine Auswirkung auf andere Teile der Welt haben – und sogar einen Präzedenzfall für sie darstellen –, insbesondere in Italien; die nachahmende Verbreitung ähnlicher Phänomene anderswo würde wiederum das Gleichgewicht in der Welt und unsere eigene Position darin erheblich beeinflussen.“ (Kursivschrift hinzugefügt)

Ein Zitat, das zwischen kreativen Wegen zur Unterstützung demokratischer Prozesse und recht anschaulichen Interpretationen der „Domino-Theorie“ schwankt, die anderswo in der Welt, insbesondere in Südostasien, mit nicht gerade enthusiastischen Ergebnissen angewandt werden.

In der Tat hat Kissinger mit seinen Anti-PCI-Ausbrüchen die Geschichtsschreibung fast überrollt.

Die im letzten Jahrzehnt veröffentlichten Bände der Foreign Relations of the United States, die sich mit der Westeuropa- und NATO-Politik der Ford-Administration befassen, veranschaulichen ausführlich Kissingers Besessenheit vom Fall Italien.

Ein Treffen zwischen Kissinger und hochrangigen europäischen Beamten im September 1975 in New York, bei dem die „Südflanke Europas“ und die mögliche Beteiligung „sozialistischer“ Parteien an den Regierungen der Region erörtert wurden [29], ist ein typisches Beispiel dafür.

Die Diskussion wurde überwiegend von der zwanghaften Befürchtung beherrscht, dass jede „Öffnung nach links“ in Südeuropa, egal wie moderat sie ausfällt, einen gefährlichen Präzedenzfall für Italien darstellen und der Italienischen Kommunistischen Partei politisch nutzen könnte.

Der Zusammenhang zwischen einer Entspannungspolitik mit den europäischen sozialistischen Parteien und Italien wird in der Sitzung immer wieder angesprochen, und das wörtliche Zitat, dass man keinen „Präzedenzfall für Italien“ schaffen wolle, wird dreimal wiederholt, wobei Kissinger es zweimal innerhalb weniger Absätze ausspricht.

Der Jahrhundert-Staatsmann scheute sich nicht, seine radikale Feindseligkeit gegenüber einer möglichen Öffnung der PCI direkt gegenüber Aldo Moro zum Ausdruck zu bringen, unabhängig von den tatsächlichen Absichten Moros und einem eventuellen Mäßigungsprozess, den die PCI zu dieser Zeit einleitete und der die Mitgliedschaft Italiens in der NATO akzeptieren würde.

Kurz vor dem New Yorker Gipfeltreffen, am 1. August 1975, trafen sich Ford, Kissinger, Moro und der damalige italienische Außenminister Mariano Rumor anlässlich des berühmten Sicherheitsabkommens von Helsinki in Finnland [30], und die Diskussion drehte sich erneut um die europäische Sicherheit.

Die theoretische Möglichkeit, dass die PCI in die italienische Regierung eintreten könnte kam wieder auf den Tisch und das Gespräch eskalierte schnell.

Unabhängig vom politischen Wert der Argumente beider Seiten sind der unglaublich angespannte Austausch, sowie die Härte und der Tonfall, den Kissinger gegenüber Moro (damals italienischer Ministerpräsident!) anschlug – was sicherlich nicht üblich zwischen Vertretern zweier Verbündeter ist, erst recht nicht bei einem offiziellen Treffen – fast ein halbes Jahrhundert später immer noch bemerkenswert.

Nachdem Moro versucht hatte, den schwierigen Balanceakt der PCI in Bezug auf die NATO und ihren besonderen Einfluss auf die italienische Politik darzustellen, explodierte Kissinger:

Minister [Kissinger]: Wenn ich mich etwas unverblümter ausdrücken darf als der Präsident, dann ist es uns egal, ob sie [die PCI] den NATO-Beitritt mit Blut unterschreiben. Die Kommunisten in der Regierung Italiens zu haben, wäre völlig unvereinbar mit einer weiteren Mitgliedschaft im Bündnis. Es gibt einen Unterschied zwischen einer Wahltaktik und der Realität. Man kann uns auf keinen Fall dazu überreden in einer Allianz zu sein, die gegen Kommunismus sein soll, in der dann aber Regierungen mit Kommunisten sitzen – egal was Sie sagen.

Präsident [Ford]: Henry ist ein sehr subtiler Diplomat.

Minister [Kissinger]: Wenn der Präsident es will, kann ich diese Dinge in undiplomatischer Sprache sagen.“ [31]

Der Austausch kann als beredt genug angesehen werden.

Misstrauische Gemüter könnten daraus schließen, dass die US-Beamten – wenn sie sich schon nicht scheuten, in offiziellen Sitzungen solch strenge Warnungen auszusprechen – inoffiziell noch transparenter sein könnten.

Was die offiziellen Regierungsberichte nicht wiedergeben und auch nicht wiedergeben können, ist die Art und Weise, wie hinter den Kulissen noch finsterere Machenschaften stattfanden, um Moro zu zwingen, seine Politik der Öffnung gegenüber der Kommunistischen Partei aufzugeben.

Moro erzählte seinen engsten Mitarbeitern und seiner Frau Eleonora, dass hochrangige amerikanische Beamte ausdrücklich mit schwersten Konsequenzen gedroht hatten, falls er in seiner Strategie des „Historischen Kompromisses“ gegenüber der PCI nicht einlenken würde.

Der schwerwiegendste Vorfall ereignete sich im September 1974 im Zusammenhang mit mehreren hochrangigen Treffen, die eine italienische Regierungsdelegation, darunter der damalige Außenminister Moro und der italienische Präsident Giovanni Leone, mit Vertretern der USA abhielt, insbesondere mit Präsident Ford und Henry Kissinger [32].

Der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt hatte Moro Berichten zufolge vor einem „besorgniserregenden Zusammenschluss feindlicher Kräfte“ gegen seine Politik gewarnt, die mit „starken US-Interessensgruppen“ verbunden seien.

Moro wurde geraten, ein vertrauliches Treffen mit einem US-Geheimdienstmitarbeiter zu akzeptieren, um seine Politik der Öffnung nach links zu besprechen.

Das Treffen sollte in der Residenz des nicht identifizierten Offiziers im Hinterland von New York stattfinden.

Während die italienische Delegation an einer gesellschaftlichen Veranstaltung teilnahm, begab sich Moro in Begleitung eines vertrauenswürdigen Mitglieds des Sicherheitsdienstes, Marschall Oreste Leonardi, dorthin.

Während des unheimlichen Treffens wurde Moro unmissverständlich mitgeteilt, dass das US-Establishment gegen seine Politik sei und dass es „eine feste Entschlossenheit, auch innerhalb der US-Geheimdienste“, gebe, „seine Politik zu stören“.

Die Opposition der USA beschränkte sich nicht auf „seine progressive Öffnung gegenüber der PCI“, sondern erstreckte sich auch auf Moros Entspannungspolitik gegenüber der arabischen Welt.

Der Leiter der Christdemokratie wurde auch darauf aufmerksam gemacht, dass „Gruppen, die streng genommen auf der Seite der Nachrichtendienste operieren, eingesetzt werden könnten, um direkten Druck auszuüben“, was angesichts der mit solchen Gruppen verknüpften „plausiblen Abstreitbarkeit“ möglicherweise gefährlichere Folgen haben könnte.

Der US-Beamte zeigte zwar „insgesamt Verständnis für die Argumente Moros“, ermutigte Moro aber auch, „einen distanzierten Blick auf eine Realität zu werfen, die zu ebenso unangenehmen wie damals undenkbaren Situationen führen könnte.“ [33]

Mehrere enge Vertraute Moros berichteten, dass Moro kurz nach diesem Treffen alle anstehenden Termine absagte und krank wurde.

Diese streng vertraulichen, sensiblen Informationen wurden durch die Aussagen von Top-Insidern inhaltlich bestätigt.

Moros Witwe, die vor der ersten parlamentarischen Untersuchungskommission zum Fall aussagte, bestätigte, dass ihr Mann ausdrückliche Drohungen erhalten hatte: „Es war eines der wenigen Male, dass mein Mann genau das zitierte, was man ihm gesagt hatte, ohne den Namen der betreffenden Person zu nennen“.

Der ungenannte Beamte machte Moro gegenüber eine wenig subtile Bemerkung: „Er muss aufhören, seinen politischen Plan zu verfolgen, alle politischen Kräfte in seinem Land zur Zusammenarbeit zu bewegen. Entweder würde er damit aufhören oder er würde teuer dafür bezahlen. Es lag an ihm, wie er das interpretieren wollte.“

Corrado Guerzoni, ein langjähriger Mitarbeiter und enger Freund von Moro, enthüllte ebenso beunruhigende Details. [34]

Nach seiner Rückkehr von dieser traumatischen Begegnung in den USA im September 1974 teilte Moro Guerzoni mit, dass er sich ganz aus der Politik zurückziehen wolle.

Moro machte direkt „den amerikanischen Druck für seinen [erwarteten] Rückzug aus der Politik verantwortlich“ und fügte hinzu, dass ihm auch Folgendes angedroht worden sei: „Wenn Sie so weitermachen, wird Ihr Land wirtschaftlich erdrosselt.“ [35]

Nach diesem ereignisreichen Treffen war Moro tatsächlich zunehmend isoliert.

Ein Wechsel auf der politischen Bühne sorgte für eine vorübergehende Atempause, so dass Moro seinen Entschluss, aus der italienischen Politik auszusteigen, nicht in die Tat umsetzte.

Dennoch blieb die politische Landschaft Italiens äußerst instabil, der anhaltende Einfluss der PCI dominierte und vergiftete weiterhin die Beziehungen zwischen den USA und Italien.

Das Steve Pieczenik-Mysterium

Grundsätzlich könnte man einwenden, dass die Entführung und Ermordung von Aldo Moro im Frühjahr 1978 stattfand, also während der Präsidentschaft von Carter und nicht von Ford, als die Republikaner und Kissinger nicht mehr an der Macht waren.

Die tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Veränderungen in Carters Außenpolitik im Vergleich zu seinen Vorgängern können hier nicht erörtert werden. Aber sie haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Frage der US-Politik gegenüber der PCI.

Selbst aus den offiziellen Unterlagen geht eindeutig hervor, dass Carters Außenpolitik gegenüber dem „Euro-Kommunismus“ zwar diplomatischer formuliert war, sich aber nicht wesentlich von derjenigen der Vorgängerregierungen unterschied. [36]

In gewisser Weise war dies fast unvermeidlich, da die PCI bei den nationalen Wahlen von 1976 zwar nicht das erhoffte Ergebnis (oder gar den Wahlsieg, wie in US-Kreisen paranoid befürchtet) erzielte, aber dennoch einen Rekordwert von 34,4% der Stimmen erhielt, was die Argumente für den „Historischen Kompromiss“ mit der Christdemokratie in den Augen von Moro und anderen Politikern noch zwingender machte.

Darüber hinaus waren auch in der Carter-Administration streng konservative und anti-kommunistische Kräfte angemessen vertreten, vor allem in der Person des Nationalen Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski, der einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der Außenpolitik gegenüber Italien ausübte.

Es ist auch unzutreffend zu behaupten, Kissinger sei von der Bildfläche verschwunden, nur weil er keine Regierungsämter mehr bekleidete.

Es ist bekannt, dass der inzwischen 100 Jahre alte Staatsmann im außenpolitischen Establishment der USA nach wie vor einen bedeutenden Einfluss ausübt, der sogar heute noch anhält.

Auf jeden Fall erklärte die Carter-Regierung schließlich öffentlich ihre Feindschaft gegenüber der Anwesenheit von Kommunisten in jedweder italienischen Regierung.

Im Januar 1978, nur zwei Monate vor der Moro-Entführung, gab das Außenministerium ein offizielles Kommuniqué heraus, in dem die Position des Weißen Hauses zusammengefasst wurde. [37]

Carter warnte im Wesentlichen die demokratischen Führer Frankreichs und Italiens davor, die Kommunisten in ihre Regierungen einzuladen.

Gerade wenn die Demokratie vor schwierigen Herausforderungen stehe, so der Präsident, müssten ihre Führer „der Versuchung widerstehen, Lösungen in nicht-demokratischen Kräften zu suchen“.

„Die Verantwortlichen der Regierung haben wiederholt unsere Ansichten zur Frage der kommunistischen Beteiligung an westeuropäischen Regierungen zum Ausdruck gebracht. Unsere Position ist klar: Wir befürworten eine solche Beteiligung nicht und würden es gerne sehen, wenn der kommunistische Einfluss in jedem westeuropäischen Land reduziert würde … Die Vereinigten Staaten und Italien teilen tiefe demokratische Werte und Interessen, und wir glauben nicht, dass die Kommunisten diese Werte und Interessen teilen.“

Wie auch immer die letztendliche und undurchschaubare Befehlskette bei der Moro-Operation aussah – die lange Hand der US-Geheimdienste war dabei allgegenwärtig.

Man sollte im Hinterkopf behalten, dass der Krisenausschuss der italienischen Regierung, der von Innenminister Francesco Cossiga zur Bewältigung der Moro-Entführungskrise eingesetzt wurde, in großem Umfang von der berüchtigten Freimaurerloge P2 unter Leitung des US-Agenten Licio Gelli infiltriert war, zu der auch die damaligen Leiter des italienischen Militär- und Zivilgeheimdienstes gehörten.

Man sollte sich auch an die neofaschistische Ausrichtung der von den USA unterstützten P2-Loge erinnern: Es ist schwer in der Geschichte einen vergleichbaren Fall zu finden, in dem der Fuchs auf den Hühnerstall aufpassen soll.

Doch erst im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wurde die Rolle eines anderen, äußerst zweideutigen US-Emissärs bekannt.

Steve Pieczenik, gebürtiger Kubaner mit polnischen Wurzeln und einem brillanten Hintergrund in Cornell, Harvard und am MIT, war ausgebildeter Psychiater und Experte für Terrorismus- und Geisel-Krisenmanagement im Außenministerium.

In dieser Eigenschaft wurde Pieczenik 1978 nach Italien entsandt, um den Moro-Krisenstab fachlich zu beraten.

Es stellte sich jedoch heraus, dass seine Rolle viel komplizierter und dunkler war.

In einem Geständnis des französischen Journalisten Emmanuel Amara mit dem bezeichnenden Titel „Wir haben Aldo Moro getötet“ (im französischen Original: „Nous avons tué Aldo Moro”) [38], das in einem 2006 erschienenen Buch Pieczeniks enthalten ist, sowie in späteren Enthüllungen gab Pieczenik zu, dass sein Auftrag letztlich darauf ausgerichtet war, „Moro zu opfern, um die politische Stabilität Italiens zu erhalten“. [39]

Pieczenik stand Henry Kissinger sehr nahe und erinnert sich in seinem Buch daran, dass es „Kissinger und Lawrence Eagleburger waren, die ihn zunächst rekrutierten“, „um die erste Krisen- und Anti-Terrorismus-Zelle in der internationalen Geschichte aufzubauen“.

Neben anderen Enthüllungen gab Pieczenik auch zu, dass er für das berüchtigte Kommuniqué „Duchess Lake“ verantwortlich war, das während Moros Gefangenschaft herausgegeben und den Roten Brigaden zugeschrieben wurde. In diesem wurde die falsche Information verbreitet, Moro liege tot auf dem Grund eines Sees in der Nähe von Rom.

Es war – in den Worten Pieczeniks – eine „psychologische Operation“, die darauf abzielte, „die italienische und europäische Öffentlichkeit auf den möglichen Tod Moros vorzubereiten“, der schließlich am 9. Mai 1978 eintrat, aber auch die Ermittler vom tatsächlichen Aufenthaltsort Moros ablenkte. [40]

Steve Pieczenik wurde 1978 nach Italien als Berater des Moro-Krisenstabes, entsandt. Seine Aufgabe bestand darin „Moro zu opfern, um die politische Stabilität Italiens zu erhalten“, wie er selbst zugab. (Screenshot: Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=C5zvGfOJWA8)

In einem Interview aus dem Jahr 2013 mit dem angesehenen italienischen Journalisten Giovanni Minoli war Pieczenik noch offener [41]:

„[Steve Pieczenik – SP]: Zu dieser Zeit haben wir alle Kanäle geschlossen, über die Moro hätte freigelassen werden können.“

[…]

„[Giovanni Minoli]: Im Grunde haben Sie also vom ersten Tag an gedacht und zu Cossiga gesagt: Moro muss sterben.“

„[SP]: Was mich betrifft, war die Sache offensichtlich. Cossiga hat das erst in den letzten Wochen begriffen. Aldo Moro war der zu opfernde Dreh- und Angelpunkt, um den sich die Rettung Italiens drehte.“

Die öffentlichen Enthüllungen von Pieczenik waren so beunruhigend, dass sie nicht nur einen erheblichen politischen Feuersturm auslösten, sondern auch die italienische Staatsanwaltschaft veranlassten, eine strafrechtliche Untersuchung gegen den US-amerikanischen Krisen-Experten wegen möglicher Beihilfe zum Mord einzuleiten [42].

Nach Ansicht des römischen Generalstaatsanwalts Luigi Ciampoli „gibt es ernstzunehmende Hinweise darauf, dass der Amerikaner hinter den Kulissen dafür gesorgt hat, dass Moros Ermordung die einzige ,notwendige und unausweichliche‘ Option war, die seinen Entführern zur Verfügung stand“.

Irgendwann wurde die diplomatische Angelegenheit so ernst, dass die Obama-Regierung Pieczenik 2014 zur Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden zwang.

Im Rahmen der Förderung eines Abkommens zur gegenseitigen Hilfe mit US-Pendants konnte der Ermittlungsrichter Luca Palamara Pieczenik vernehmen [43].

Pieczenik wurde jedoch nicht als Angeklagter, sondern als Zeuge in der Mordsache vernommen, was eine ziemliche Diskrepanz darstellt. [44]

Am 29. Juli 2015 wurde auch Palamara in dieser hochsensiblen Angelegenheit von der Moro-Kommission angehört.

Das Ergebnis ist an dieser Stelle fast vorhersehbar. Sowohl die Befragung von Pieczenik – abgesehen von einigen Auszügen, die von der italienischen Presse veröffentlicht wurden – als auch die Aussage von Palamara vor der Moro-Kommission waren geheim [45].

Die ganze Angelegenheit wurde buchstäblich begraben und die Pieczenik-Spur konnte nicht weiter verfolgt werden.

Während die Pieczenik-Affäre in Italien relativ bekannt ist, wurden die bahnbrechenden Enthüllungen des US-Gesandten fast vollständig unterdrückt und sind in den Vereinigten Staaten unbekannt. [46]

Die Vereinigten Staaten von Amerika gegen Edwin Paul Wilson – die Bedeutung des Falles für die Moro-Affäre und darüber hinaus

Auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen ist es nun möglich, die Punkte zu verbinden und einige beunruhigende Schlussfolgerungen über die Verbindung zwischen CIA-Wilson und der Moro-Affäre und darüber hinaus zu ziehen.

Zunächst ist es wichtig festzustellen, dass die kriminellen Aktivitäten von Wilsons Gruppe, also auch die Unterstützung der italienischen Roten Brigaden, nicht in Frage gestellt werden und auch nie in Frage gestellt wurden.

Es waren die US-Staatsanwälte selbst, die Wilsons umstrittene Unternehmungen aufdeckten und anklagten, obwohl sie dabei höchst selektiv vorgingen und die Verbindung zur CIA verschwiegen [47].

Bis zur Aufhebung von einer der vielen Verurteilungen gegen Wilson [48], stand in Frage, dass er solche Aktivitäten während seiner Zusammenarbeit mit der CIA durchführte – was die Agency fälschlicherweise bestritt, ungeachtet der offiziellen Rolle oder Verbindung, die er zu der Zeit mit der Agency gehabt haben mag.

Die Beweise, die während der strafrechtlichen Untersuchung aufgedeckt wurden und welche schließlich zur Aufhebung von Wilsons ursprünglicher Verurteilung 2003 führte, beseitigten weitgehend jeden Zweifel an diesem Punkt [49].

Diese letzte Bestätigung – zusätzlich zu den vorhandenen, überwältigenden Beweisen – ist ein überzeugendes Argument für die Verantwortlichkeit der US-Behörden im Fall Moro.

Dies öffnet allerdings auch die klassische Büchse der Pandora, was die Mitschuld der CIA an den unzähligen anderen umstrittenen Aktivitäten betrifft, an denen Wilson und das „Secret Team“ beteiligt waren.

Die wichtigsten Fakten, die zur endgültigen Entlastung Wilsons geführt haben, sind sehr nützlich. Zeigen sie doch, wie tief Wilson tatsächlich mit der Agency verstrickt war und wie weit die CIA und die US-Regierung zu gehen bereit waren. Wiederholt verstießen sie gegen das Gesetz, um sich von Wilson zu distanzieren – ein klarer Beweis für die extreme Sensibilität von Wilsons Aktivitäten. [50]

Darüber hinaus war die Mainstream-Presse zwar gezwungen, kurz über das Urteil aus dem Jahr 2003 zu berichten, mit dem die Verurteilung Wilsons aufgehoben wurde, doch über die hochsensiblen Informationen der CIA-Verbindungen Wilsons und deren Vertuschung durch die US-Regierung wurde in der Regel nur spärlich berichtet, das Ganze heruntergespielt oder ignoriert. [51]

Nach einer Verurteilung 1982 (und einer Haftstrafe von zehn Jahren) in Virginia wegen Waffenschmuggels an die Libyer wurde Wilson 1983 in Texas erneut vor Gericht gestellt, weil er 1977 42.000 Pfund C4-Plastiksprengstoff an den libyschen Diktator Muammar Gaddafi geliefert und dann US-Experten – ehemalige Green Berets der US-Armee – angeheuert hatte, um den Libyern den Bombenbau beizubringen.

Wilson verteidigte sich die ganze Zeit damit, dass er zumindest stillschweigend unter der Leitung und Autorität der CIA gehandelt habe.

Wilson sagte aus, dass seine Beziehungen zur Agency noch andauerten und der Ausgang des Falles ungewiss sei.

Um Wilsons Behauptungen zu widerlegen, legte die Regierung eine eidesstattliche Erklärung von Charles A. Briggs vor, dem damaligen Exekutivdirektor der CIA, dem dritthöchsten Beamten der Behörde.

Briggs erklärte unter Eid, dass Wilsons offizielles Arbeitsverhältnis mit der CIA im Jahr 1971 endete und dass „nach den Aufzeichnungen der Central Intelligence Agency mit einer Ausnahme, als er 1972 beim Marinegeheimdienst beschäftigt war, Herr Edwin P. Wilson weder direkt noch indirekt gebeten oder angefordert wurde, irgendeinen Dienst für [die] CIA zu leisten oder zu erbringen.“ [52]

Die eidesstattliche Erklärung von Briggs erwies sich als absolut falsch, aber sie entschied den Fall zugunsten der Staatsanwaltschaft. Im Februar 1983 wurde Wilson schuldig gesprochen und zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt.

1997 erhielt Wilson durch FOIA-Anfragen (Freedom of Information Act, Anm. d. Red.) Dokumente, die Briggs‘ eidesstattlicher Erklärung widersprachen, und schickte sie an den US-Bezirksrichter Lynn N. Hughes. Für Wilsons Verteidigung ernannte Richter Hughes den Anwalt David Adler, interessanterweise selbst ein ehemaliger CIA-Agent.

Als erfolgreicher und immer noch praktizierender Anwalt in Texas war Adler in der Lage, geheime CIA- und Regierungs-Informationen für die Verteidigung einzusehen und wurde so zur entscheidenden Figur bei der Aufhebung des Verfahrens gegen Wilson und indirekt bei der Förderung der historischen Wahrheit. [53]

Die von Adler gesammelten und vorgelegten Beweise enthüllten ein durchgängiges Muster von Fehlverhalten und Vertuschung seitens der Regierung, das darauf abzielte, Wilsons Verbindung zur CIA auszulöschen.

Erstens, wie Richter Hughes in seiner Stellungnahme feststellt, hat die Regierung bereits vor der Verurteilung von Wilson „intern zugegeben, dass [Briggs‘] eidesstattliche Erklärung falsch war.“

Ein CIA-Ermittler hatte für den Generalinspektor ein Memorandum verfasst, in dem mehrere Fälle dokumentiert waren, in denen Wilson nach 1971 für die Agency gearbeitet hatte.

„Der Mitarbeiter, der das Memorandum verfasste, hatte die meisten der vorgerichtlichen Untersuchungen zu Wilsons Kontakten mit der CIA nach seiner Anstellung durchgeführt; er wusste, dass die eidesstattliche Erklärung von Briggs falsch war.“ [54] (Kursivschrift hinzugefügt)

Noch wichtiger ist, dass die neuen Beweise, die in den Schlussanträgen von Richter Hughes ausführlich dargelegt werden, eine umfassende und weitreichende Zusammenarbeit zwischen Wilson und der CIA belegen, die weit über das angegebene „Grenzjahr“ 1971 hinausgeht.

Zwei Fälle verdienen besondere Aufmerksamkeit:

Als der Generalinspekteur der CIA den Fall untersuchte, wurde „das Ausmaß von Wilsons Verwicklung mit der CIA deutlich: Die CIA fand achtzig nicht-soziale Kontakte zwischen Wilson und CIA-Mitarbeitern, darunter fast vierzig Mal, bei denen Wilson zwischen 1972 und 1978 Dienstleistungen für die CIA erbrachte.“ [55] (Kursivschrift hinzugefügt)

Es wurde auch aufgedeckt, dass sich unter den Dokumenten, die das Justizministerium Wilsons Anwälten im ursprünglichen Fall nicht ausgehändigt hatte, lange handschriftliche Notizen befanden, die die Staatsanwälte bei einem Treffen mit CIA-Beamten am 13. Juli 1982 gemacht hatten.

In der Stellungnahme von Hughes heißt es: „Ebenso beunruhigend ist, dass die Notizen aus Dokumenten stammen, die weder Wilsons Prozessanwälten noch den Anwälten in der Berufungsinstanz zugänglich gemacht wurden. …

Mehrere Seiten der Notizen des Staatsanwalts spiegeln eine detaillierte chronologische Zusammenfassung der Nutzung von Wilson und seinen Unternehmen durch die CIA seit 1971 wider. Diese und vier weitere Zusammenfassungen aus den Jahren 1973 bis 1982 wurden am 1. Oktober 1982 innerhalb der CIA in Umlauf gebracht; keine davon wurde vorgelegt.“ [56]

Es ist also schlüssig dokumentiert, dass die CIA noch bis 1982 in großem Umfang auf Wilsons Dienste zurückgriff – und darüber sorgfältig Buch führte. [57]

Die interne Untersuchung der Agency hatte dies von Anfang an deutlich gemacht, aber es wurde nichts unternommen, um diese wichtigen Informationen an Wilsons Verteidigung weiterzugeben.

Richter Hughes kritisierte das Fehlverhalten der Regierung in diesem Fall, das offensichtlich von der zwingenden Notwendigkeit gesteuert wurde, die Verbindungen der US-Regierung zu einem so unbequemen und umstrittenen Aktivposten wie Wilson zu verschleiern, und nahm dabei kein Blatt vor den Mund:

„Ehrlichkeit fällt der Regierung schwer …

In der amerikanischen Justiz müsste man sich schon sehr anstrengen, um sich einen grundsätzlich unfaireren Prozess mit einem folglich unzuverlässigen Ergebnis vorzustellen, als die Fabrikation falscher Daten durch die Regierung, unter Eid durch einen Regierungsbeamten, wissentlich präsentiert durch den Staatsanwalt im Gerichtssaal mit der ausdrücklichen Genehmigung seiner Vorgesetzten in Washington.“ [58]

Die Implikationen dieses Falles für die Verantwortung der CIA und die Mitschuld an Wilsons umfangreichen kriminellen Aktivitäten sind offensichtlich und gehen über den Fall Aldo Moro hinaus.

Was letzteren betrifft, so sind mehrere Schlussfolgerungen unausweichlich geworden.

Es ist unbestreitbar, dass Wilsons Gruppe im Frühjahr 1978, also zur Zeit der Moro-Affäre, tatsächlich noch „Dienstleistungen“ für die CIA erbracht hat.

Wie in einem Artikel der New York Times und in anderen Quellen zitiert, wusste die Agency offenbar auch, dass über Wilsons „Dienste“ mehrere in Europa operierende Terrorgruppen militärische Ausbildung und andere Hilfe erhielten, darunter die Roten Brigaden, die angeblich in die Entführung und Ermordung Moros verwickelt waren [59].

Mit der zunehmenden Erforschung des „Secret Teams“, die zeigt, wie allgegenwärtig seine kriminellen Aktivitäten waren [60], steigt auch die Notwendigkeit einer vollständigen Offenlegung durch die Regierung.

Quellen:

[1] Covert Action Magazine, Jeremy Kuzmarov, „Son of Slain Journalist Who Exposed Web of CIA Corruption Calling For New Murder Investigation“, am 05.09.2023, <https://covertactionmagazine.com/2023/09/04/son-of-slain-journalist-who-exposed-web-of-cia-corruption-calling-for-new-murder-investigation/>
[2] The New York Times, Seymour M. Hersh, „THE QADDAFI CONNECTION“, am 14.06.1981, <https://www.nytimes.com/1981/06/14/magazine/the-qaddafi-connection.html>
[3] Einen maßgeblichen Überblick über das Secret Team und Wilsons umstrittene Aktivitäten sowie seine engen, tief verwurzelten Beziehungen zu hochrangigen CIA-Offizieren wie Shackley und Thomas Clines finden Sie in der stets aktuellen Biografie über Theodore Shackley von David Corn, „Blond Ghost“ (New York: Simon & Schuster, 1994; siehe auch: Joseph J. Trento, „Prelude to Terror: Edwin P. Wilson and the Legacy of America’s Private Intelligence Network“ (New York: Basic Books, 2006).
[4] CTV News, AP, „Edwin Wilson, former CIA operative convicted of selling arms to Libya, dies at 84“, am 22.09.2012, <https://www.ctvnews.ca/world/edwin-wilson-former-cia-operative-convicted-of-selling-arms-to-libya-dies-at-84-1.967907>
[5] JUSTIA, US District Court for the Southern District of Texas, „United States v. Wilson, 289 F. Supp. 2d 801 (S.D. Tex. 2003)“, am 27.10.2003, <https://law.justia.com/cases/federal/district-courts/FSupp2/289/801/2430886/>
[6] Covert Action Magazine, Denis Voltaire, „Top French Intelligence Operative Sent to Capture Carlos the Jackal Says that the Jackal Was Protected by Israeli Mossad For Years“, am 03.08.2023, <https://covertactionmagazine.com/2023/08/03/top-french-intelligence-operative-sent-to-capture-carlos-the-jackal-says-that-the-jackal-was-protected-by-israeli-mossad-for-years/>
[7] Parlamento Italiano, „Commissione parlamentare di inchiesta sul rapimento e sulla morte di Aldo Moro“,Berichte 2015, 2016 und 2017, <https://inchieste.camera.it/inchieste/moro/documenti.html?leg=17&legLabel=XVII legislatura>
[8] True Crime Detective, Michael East, „The Vatican Scandals: The Devil’s Archbishop — The Crimes of Paul Marcinkus“, am 27.09.2022, <https://truecrimedetective.co.uk/the-vatican-scandals-the-devils-archbishop-the-crimes-of-paul-marcinkus-138aba000c1f>
[9] Abschlussbericht der parlamentarischen Untersuchungskommision zur Untersuchung der Entführung und des Mordes an Aldo Moro. Am 06.12.2017, 268-69.
[10] The Washington Post, Maxine Cheshire, „The $400-Million Libyan Mystery Man“, am 04.05.1980, <https://www.washingtonpost.com/archive/lifestyle/1980/05/04/the-400-million-libyan-mystery-man/dcae0353-5ae0-4ab6-98a4-f3f0e6388b42/>/
[11] siehe [9]
[12] Ansa, Moro: „Carra, Gallinari in via Massimi e spunta il “Secret Team”“, 13.12.2017.
[13] Der ANSA-Artikel, in dem er zitiert wird, ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr online verfügbar.
[14] The New York Times, „EXPOSING THE LIBYAN LINK“, am 21.06.1981, <https://www.nytimes.com/1981/06/21/magazine/exposing-the-libyan-link.html>
[15] siehe [2]
[16] Library of Congress, Mimmo Scarano und Maurizio de Luca, „Il mandarino è marcio: terrorismo e cospirazione nel caso Moro“, Editori Riuniti, 1985.  <https://catalog.loc.gov/vwebv/search?searchArg=il+mandarino+e+marcio&searchCode=GKEY^*&searchType=0&recCount=25>
[17] Mimmo Scarano and Maurizio de Luca, „Il mandarino è marcio: terrorismo e cospirazione nel caso Moro“, Editori Riuniti, 1985.
[18] siehe [10]
[19] CIA, General CIA Record, „THE SECRET WORLD OF A GREEN BERET – AS A MEMBER OF THE SPECIAL FORCES, LUKE THOMPSON WAS INVOLVED IN COVERT ACTIONS FROM LATIN AMERICA TO ASIA. THE HE WAS RECRUITED TO GO TO LIBYA TO HELP TRAIN TERRORISTS.“, am 04.07.1982, <https://www.cia.gov/readingroom/document/cia-rdp09s00048r000100020035-3>
[20] L’Europeo, 15.11.1982, Mulcahy wurde schließlich im Oktober 1982 in einem Motel in Virginia tot aufgefunden. Die Umstände waren höchst verdächtig, und Green Beret Luke Thompson, ein weiterer wichtiger Insider in der Libyen-Affäre, äußerte klar seine Überzeugung, dass Mulcahy ermordet wurde, um ihn an einer Aussage im Prozess gegen Edwin Wilson zu hindern. UPI, Daniel F. Gilmore, „A former Green Beret who worked for the CIA…“, am 27.10.1982, <https://www.upi.com/Archives/1982/10/27/A-former-Green-Beret-who-worked-for-the-CIA/5058404539200/>
[21] Mimmo Scarano and Maurizio de Luca, cit., 119-24.
[22] siehe [6]
[23] Archivo Flamigni, <https://a4view.archivioflamigni.org/
[24] Antimafia Duemila, „”La commissione Moro ha nascosto la verità”. Le accuse di Sergio Flamigni nel suo ultimo libro“, am 02.12.2019, <https://www.antimafiaduemila.com/home/opinioni/235-politica/76803-la-commissione-moro-ha-nascosto-la-verita-le-accuse-di-sergio-flamigni-nel-suo-ultimo-libro.html>
[25] Richard Drake, „Moro: L’inchiesta senza finale by Fabio Lavagno and Vladimiro Satta (book review)“, in Journal of Cold War Studies, Vol. 20, No. 4, Fall 2018, 252-53.
[26] Royal Institute of International Affairs, The World Today Vol. 20, No. 1 (Jan., 1964), pp. 32-39 (8 pages), Muriel Grindrod, „A Centre-Left Government for Italy“, <https://www.jstor.org/stable/40393530>
[27] Wilson Center, History and Public Policy Program, Thomas Boghardt, „“By All Feasible Means”“, am 01.05.2017, <https://www.wilsoncenter.org/blog-post/all-feasible-means>
[28] National Security Archive, Peter Kornbluh und Savannah Bock, „Allende and Chile: ‘Bring Him Down’“, am 03.11.2020, <https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/chile/2020-11-06/allende-inauguration-50th-anniversary>
[29] Department of State, Office of the Historian, „FOREIGN RELATIONS OF THE UNITED STATES, 1969–1976, VOLUME E–15, PART 2, DOCUMENTS ON WESTERN EUROPE, 1973–1976“, am 05.09.1975, <https://history.state.gov/historicaldocuments/frus1969-76ve15p2/d73>
[30] Britannica, „Helsinki Accords – international relations“, <https://www.britannica.com/event/Helsinki-Accords>
[31] In Memorandum of Conversation [original classified “Secret NODIS”], 01.08.1975, Ford Presidential Library.
[32] Memorandum of Conversation [original classified “Secret NODIS”], 01.08.1975, Ford Presidential Library, <https://www.fordlibrarymuseum.gov/library/document/0314/1552806.pdf>
[33] Mimmo Scarano und Maurizio de Luca, „Il mandarino è marcio“, cit., pp.25-26, unter Berufung auf vertrauliche Quellen, die mit den atlantischen Diensten in Verbindung stehen und mit dem Fall vertraut sind. Im Nachhinein ist es natürlich unmöglich, einen solche Verbindung direkt zu beweisen, aber der mögliche Verweis auf Einrichtungen wie das Secret Team als „Gruppen, die auf der Seite der Geheimdienste operieren“, ist offenkundig.
[34] Eleonora Moro, „Testimony to the Parliamentary Commission of Investigation into the Via Fani Massacre, the Kidnapping and Murder of Aldo Moro“, 01.08.1980.
[35] Corrado Guerzoni, „Testimony to the Parliamentary Commission of Investigation into the Via Fani Massacre, the Kidnapping and Murder of Aldo Moro“, February 16, 1983.
[36] See, in particular, Olav Njølstad, „The Carter Administration and Italy: Keeping the Communists
Out of Power Without Interfering,“ Journal of Cold War Studies, Vol. 4, No. 3, Summer 2002, 56-94.
[37] Statement Issued by the Department of State, January 12, 1978, „American Foreign Policy: Basic Documents“ (Washington, D.C.: U.S. Government Printing Office, 1983), 514–15.
[38] Emmanuel Amara, „Nous avons tué Aldo Moro“, Patrick Robin Editions, 2006, <https://catalog.loc.gov/vwebv/holdingsInfo?searchId=18604&recCount=25&recPointer=36&bibId=14691758>
[39] Emmanuel Amara, „Nous avons tué Aldo Moro“, Patrick Robin Editions, 2006, 80.
[40] Ibid., 140.
[41] Commissione parlamentare di inchiesta sul rapimento e sulla morte di Aldo Moro, Giuseppe Fioroni, „Resoconto stenografico“, <http://documenti.camera.it/leg17/resoconti/commissioni/stenografici/html/68/audiz2/audizione/2015/07/29/indice_stenografico.0046.html>
[42] International Business Times, Umberto Bacchi, „Italy Accuses US Envoy Steve Pieczenik of Aldo Moro Murder“, am 12.11.2014, <https://www.ibtimes.co.uk/italy-accuses-us-envoy-steve-pieczenik-aldo-moro-murder-1474527>
[43] siehe [41]
[44] Magistrat Palamara erklärte schließlich, dass mit dieser Entscheidung verhindert werden sollte, dass Pieczenik sich auf das Recht beruft, als Angeklagter nicht zu antworten.
[45] siehe [41]
[46] Bei der hier erwähnten Ausgabe von Amaras Buch handelt es sich um die französische Originalausgabe. Das Buch wurde nie ins Englische übersetzt und ist auf dem US-amerikanischen Markt weitgehend nicht erhältlich.
[47] siehe [2]
[48] The National Registry of Exonerations, „EDWIN WILSON“, letztes Update am 09.11.2015, <https://www.law.umich.edu/special/exoneration/Pages/casedetail.aspx?caseid=3452#:~:text=On%20April%2023%2C%201980%2C%20a,in%20June%201982%20and%20arrested>
[49] siehe [5]
[50] Siehe insbesondere die Stellungnahmevon Richter Judge Lynn N. Hughes zur Verurteilung, siehe [5], welche die wichtigste Quelle für diesen Abschnitt und den Fall Wilson ist.
[51] Der Nachruf auf Wilson in der New York Times vom 22. September 2012, der für eine unglaublich komplexe Geschichte wie die von Wilson bemerkenswert knapp gehalten ist, ist ein gutes Beispiel dafür. Douglas Martin, „Edwin P. Wilson, the Spy Who Lived It Up, Dies at 84“, am 22.09.2012, <https://www.nytimes.com/2012/09/23/us/edwin-p-wilson-cia-operative-with-cloak-and-dagger-life-dies-at-84.html>
[52] Ibid., 8.
[53] Der Autor stand in Kontakt mit Rechtsanwalt Adler, der nützliche Beiträge und bestätigende Informationen geliefert hat.
[54] Hughes Opinion, cit., p.9, zitiert Wilson Antrag auf Annullierung, Ex.85.
[55] Ibid., 6, Siehe auch Ex. 101 zu Wilsons Antrag auf Aufhebung (eine Kopie des Beweisstücks wurde dem Verfasser freundlicherweise von Rechtsanwalt Adler zur Verfügung gestellt).
[56] Ibid., 17. Siehe auch Anhang der Regierung, Ex. A (dem Autor von Rechtsanwalt Adler zur Verfügung gestellt)
[57] Adler confirmed this crucial point to the author as the correct interpretation of the CIA records cited by Judge Hughes.
[58] Hughes Opinion, cit., 11 und 20.
[59] siehe [2]
[60] The Sixth Eye & The Promis Software Affair, Beweise, <https://thesixtheye.org/evidence>