Pegida-Demonstration am 25.1.2015 in Dresden mit 15.000 bis 25.000 Teilnehmern (Foto: Kalispera Dell, wikimedia, CC BY-SA 3.0)

Wie rechts ist der Osten wirklich?

Rassismus und rechte Gesinnung nur im Osten?

Von Katrin McClean , veröffentlicht am: 29. November 2018, Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

<http://www.free21.org/?p=30804>

Mit den Ereignissen von Chemnitz, die unsere Medienlandschaft wochenlang beschäftigten, hat sich das Bild vom „braunen“ Osten wieder einmal in die Köpfe gebrannt, vornehmlich in die Köpfe Westdeutscher, die nun endgültig so viel Angst vorm Osten haben, dass sie da nur noch unter größten Vorsichtsmaßnahmen hinfahren würden. So zu hören von meinen Hamburger Bekannten und etwa zu lesen bei Margarete Stokowski vom Spiegel. [1]

Angesichts solcher Ängste beschäftigt mich die Frage: Warum hat man ausgerechnet die Bilder aus Chemnitz durch jeden Sender und jede Zeitung geschleift? [2] Inzwischen mussten mehrere Sender und Medien einräumen, dass die Berichterstattung überzogen war. Ein Beitrag von Andrea Drescher in Free21 legt eindrücklich dar, warum ein Begriff wie Hetzjagd einfach nicht dem Tatbestand entspricht. [3] Zudem gibt es inzwischen eine glaubwürdige Gegendarstellung von der Urheberin des Videos selbst. [4]

Wenn Rassismus und gewaltbereite Neonazis in unserer Gesellschaft Fuß fassen, darf das sicher nicht verschwiegen werden.  Aber warum einen derart umstrittenen Beleg so hochpeitschen? Es gibt doch Vorfälle, die wesentlich eindeutiger als der in Chemnitz sind. Am 21. September 2018 zogen etwa hundert Neonazis durch Dortmund und brüllten unter anderem „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“. Sie zündeten Garagendächer an. Hier gab es nicht mal den Ansatz einer bundesweiten Empörung. Einzig die Huffingtonpost berichtete. [5]

 


„Eine Straße mitten in Dortmund-Dorstfeld. Hier markieren Nazis regelmäßig ein Revier, das sie gerne kontrollieren wollen.“ (Foto und Text: Michael Bonvalot, Twitter, CC BY-NC)

 

Ich kenne mehrere Menschen in westdeutschen Kleinstädten, die sich regelmäßiger rassistischer Anfeindungen ausgesetzt sehen. Und in Hamburg gab es auch schon mal eine Kita in einem Villenviertel, die mit einem „niedrigen Migrationsanteil“ geworben hat. [6]

Rassismus und auch Neonazis sind also mitnichten nur ein ostdeutsches Problem. Angesichts des Schweigens zu Dortmund muss man sich aber fragen: Könnte es vielleicht noch ein paar andere Gründe geben, warum das Geschehen in Chemnitz so aufgebauscht wurde und warum so oft vom „braunen“ Osten die Rede ist?

Ist der Osten wirklich mehr rechts als der Westen?

Dieser Frage sollten wir doch mal in aller Sachlichkeit nachgehen. Wie ist denn das Wahlverhalten? [7]

Was alle wissen: Der Osten wählt doppelt so viel AfD wie der Westen. Es steht 22 % zu 11 %. Aber was eben genauso wahr ist: Der Osten wählt weit mehr als doppelt so viel Die Linke wie der Westen. Da steht es 17,4 % zu 7,4 %.

Damit geht einher, dass „Ossis“ ein deutlich geringeres Vertrauen zu den Regierungsparteien haben, wogegen das Wählen von CDU oder SPD in westlichen Haushalten nicht selten zur Familientradition gehört.

2017 wurden im Westen CDU/CSU/SPD zu 56 Prozent gewählt. Im Osten kamen die Groko-Parteien gerade mal auf 42 Prozent. Sie wären in den neuen Bundesländern allein also gar nicht regierungsfähig.

Fakt ist also, der Osten ist wesentlich regierungskritischer als der Westen.

Und wie sieht es mit dem Vorwurf „rechts“ aus? Nehmen wir mal die klassische Einteilung, nach der alles rechts von der SPD rechts ist, da sieht es so aus:
Im Westen wählen 56 Prozent CDU, CSU, FDP oder AFD. Im Osten wählen 56 Prozent CDU, FDP oder AFD.

Also 56 Prozent ALLER Deutschen wählen Parteien, die sich in den Fragen „sichere (also militärisch abgeschottete) Grenzen“, „Stärkung von Arbeitgeberrechten“, „Opferung von Arbeitnehmerrechten“, „Zustimmung zu Kriegseinsätzen und Rüstungsausfuhren“, „Abschiebung in „sichere“ Herkunftsländer“  im Wesentlichen einig sind.

Da sich die SPD in den meisten Positionen inzwischen auch eher nach „rechts orientiert, müsste man sogar sagen, der Westen wählt viel stärker Richtung rechts als der Osten. Bei der SPD steht es derzeit 22 (West) zu 14 (Ost).

Zumindest kann man eindeutig feststellen: Im Hinblick auf die Gesamtbevölkerung kann dem Osten keine überdurchschnittlich rechte Einstellung nachgewiesen werden. Im Gegenteil sind linke Einstellungen und linkes Wahlverhalten hier weit ausgeprägter als im Westen.

 


Sind Sie mit der Art und Weise, wie die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert alles in allem sehr zufrieden, zufrieden, weniger zufrieden oder gar nicht zufrieden? (West-/Ost-Vergleich, 2016, Quelle: ARD-DeutschlandTREND, Oktober 2016, Seite 9) [12]

 

Ein Wort zur Neonazi-Szene im Osten

Nun ist es ja eine unumstrittene Tatsache, dass es in verschiedenen Regionen in den neuen Bundesländern eine rege Neonazi-Szene gibt. So wie es, und das sei hier vorab noch einmal betont, im gesamten Bundesgebiet leider eine rege Neonazi-Szene gibt, siehe Dortmund. Für die Entstehung der Neonazi-Szene im Osten gibt es sehr konkrete Gründe. Die Autorin selbst hat diese Entwicklung als ehemalige Psychologin für Jugendliche an Einzelschicksalen miterlebt.

In der DDR standen alle Taten, die für Neonazis typisch sind, unter strenger Strafverfolgung. Das öffentliche Schmieren eines Hakenkreuzes konnte bereits zu Gefängnishaft führen.

Für verhaltensschwierige Jugendliche in der DDR waren solche Straftaten beliebte Mutproben oder Provokationen. Mit der Wende verloren gerade diese Jugendlichen eine soziale Sicherheit, die ihnen bis dahin kaum bewusst gewesen war. Während sie bis 1989 in dem Bewusstsein lebten, dass ihnen zumindest eine Zukunft als Arbeiter bevorstand, denn Arbeitslosigkeit gab es in der DDR ja nicht, standen die meisten von ihnen plötzlich vor dem puren Nichts. Problemjugendliche hatten auf dem desaströsen Nachwende-Arbeitsmarkt im Osten die schlechtesten Zukunftschancen überhaupt. Die bis dahin überall funktionierende Jugendbetreuung wurde „abgewickelt“, Jugendclubs bzw. -zentren geschlossen. Das spürbarste Merkmal von Freiheit war für diese Jugendlichen, dass das Schmieren von Hakenkreuzen oder Herumbrüllen antisemitischer oder nationalistischer Parolen nicht mehr strafverfolgt wurde. Dafür kamen westliche NPD-Funktionäre wie Michael Kühnen in den Osten, um hier „Aufbau“-Arbeit zu leisten. [8] In manchen Dörfern waren Neonazis die einzigen, die sich als Anlaufstelle für orientierungslose Jugendliche anboten.

Gerhard Schröder sah dieses Problem und kündigte nach seiner sogenannten Sommerreise 2000 einen klaren Konfrontationskurs gegen Rechtsextremismus an. Wobei er gleichzeitig ankündigte, die soziale Jugendarbeit in diesen Regionen zu verstärken. [9] Zu letzterem ist kaum etwas geschehen, nur der politisch-mediale Konfrontationskurs wurde durchgezogen.

Der hatte sich jedoch schon vorher als kontraproduktiv erwiesen und tat das auch weiterhin. Die häufige Berichterstattung vom „Kampf gegen rechts“ schenkt(e) Rechtsextremen eine enorm hohe gesellschaftliche Aufmerksamkeit und sorgt(e) damit auf indirekte Weise für deren Popularisierung. Psychologisch nennt man so etwas „negative Verstärkung“.

Die kaum minder gewaltbereite Antifa lieferte (und liefert) desorientierten rechtsextremen Jugendlichen zudem einen willkommenen Feind, wie der ehemalige ostdeutsche Neonazi Ingo Hasselbach in seinem Buch beschreibt. Und was die Versuche von Resozialisierung angeht – Antifa-Aktivisten setzten sogar durch, dass Einrichtungen zur Resozialisierung rechtsextremer Jugendlicher geschlossen wurden. [8]

Rückblickend muss man also feststellen, dass die Politik der Konfrontation und das Ausbleiben dringend notwendiger Jugendarbeit in den Nachwendejahren eine wesentliche Mitschuld am Entstehen der ostdeutschen Neonazi-Szene trug.

Da sollte man doch meinen, dass Politiker aus Erfahrung lernen. Dass man also bei einem besorgniserregenden vermeintlich neuen Aufkeimen rechtsextremen Gebarens im Osten nun mal eine vernünftige Politik entwickelt. Doch das glatte Gegenteil ist der Fall. Stärker denn je setzt man auf eine fast grenzenlose mediale Popularisierung einer vermeintlich „rechten Gefahr“.  Und Slogans wie „Linke gegen rechte Hetze“ etablieren erneut das bereits gescheiterte Konfrontationsmodell im gesamt-gesellschaftlichen Rahmen.

Da muss man sich schon fragen: Ist der „Kampf gegen rechts“, der gerade von Medien, Politik und Kultureinrichtungen beschworen wird, wirklich ernst gemeint? Oder geht es eigentlich um etwas ganz anderes? Und vor allem: Warum soll die rechte Gefahr im Osten so besonders gefährlich sein? Warum sehen unsere Medien und Politiker in den Neonazis von Dortmund offenbar keine akute Bedrohung der gesellschaftlichen Ordnung?

Rechter Osten oder gefährliches Protestpotential?

Zwischen Bürgern aus Ost- und Westdeutschland gibt es ein paar Unterschiede. Und damit ist jetzt mal nicht das Gerede vom Untertanen-Geist des Ossis gemeint, der nichts als Diktatur kennt. Solchen Behauptungen fehlt seit Jahren ein entsprechender Beweis, sie fußen in erster Linie auf Hypothesen.

Dabei gibt es reihenweise Fakten, an denen man überhaupt nicht vorbei kommt, wenn man sich mal wirklich die Unterschiede zwischen Bürgern aus Ost und West anschaut.
Ostdeutsche bis in die Jahrgänge Anfang der Siebziger haben noch in DDR-Schulen gelernt. Dabei ist völlig egal, ob sie das gemocht haben oder nicht, ob sie sich all die Lehr- und Glaubenssätze gemerkt haben oder nicht. Fakt ist aber, dass sie alle ohne Ausnahme mit Kapitalismuskritik groß geworden sind. Das war schlichtweg Schulstoff. Was bedeutet, die kritische Distanz zu der Gesellschaft, in der Ostdeutsche heute leben, ist ihnen quasi in die Wiege gelegt. Eine Identifikation mit dem Weltbild vom westlichen Hort der Freiheit und Demokratie ist bei ihnen nicht ganz so wahrscheinlich, wie man das von Westdeutschen erwarten kann.

 


Ist der Rechtsextremismus Ihrer Meinung nach eher ein westdeutsches, ein ostdeutsches oder ein gesamtdeutsches Problem? Online-Umfrage aus 2016. Quelle: YouGov [13]

 

Darüber hinaus haben diese Jahrgänge erlebt, dass sie oder zumindest ihre Eltern noch einmal ganz von vorn anfangen mussten. Kaum ein Ossi, der 1989 schon im arbeitsfähigen Alter war, hat nicht mindestens einmal seine Arbeit wechseln oder sich neu orientieren müssen. Abschlüsse wurden nicht anerkannt oder nützten nichts mehr. Jeder musste auf seine Weise in das neue System hineinfinden. Da entstehen auch schon mal ganz kritische Verhältnisse zu diesem Neuen. Eine frühe Beziehungsstörung zum Westen wurde nicht zuletzt durch das unselige Wirken der Treuhand verstärkt. Heute bestätigen mehrere Zeugen entgegen der üblichen „Volkswirtschaft am Boden“-Leier, dass es durchaus wirtschaftliches Potential gab, das gut sanierungsfähig gewesen wäre. Was ja auch die Aufgabe der Treuhand sein sollte. Doch stattdessen wurden potentielle Konkurrenten abgewickelt, blühte eine dubiose Wirtschaftskriminalität und besetzten „Experten“ aus dem Westen im Handumdrehen die Schlüsselpositionen im Osten. [10]

Bis heute stammen ca. 75 Prozent aller Entscheidungsträger in ostdeutschen Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen aus dem Westen. Aber nicht nur das, Kultureinrichtungen, Fernseh- und Radiosender kamen unter die Intendanz von Westdeutschen. Gleichzeitig wurde ein akademischer Kahlschlag betrieben. Fast die gesamte Intelligenz der einstigen DDR wurde in den Wendejahren praktisch mit „abgewickelt“, Professoren und Dozenten mit teilweise hanebüchenen Begründungen aus dem Hochschuldienst entlassen. Nur ein kompletter Ignorant kann sich darüber wundern, wenn hier eine Stimmung des Bevormundetwerdens entstanden ist.

Markus Decker, ein westdeutscher Journalist, der seit den 90er Jahren in Ostdeutschland arbeitet, versteht diese Stimmung und hat ein schönes Beispiel dafür:

„Neulich gab es hier in Berlin eine Podiumsdiskussion zum Thema Stasi. Fünf der sechs Teilnehmer waren Westdeutsche. Stellen Sie sich das mal umgekehrt vor! Undenkbar, dass in Düsseldorf auf einem Podium zur BRD-Geschichte, sagen wir: zum Thema 68er-Bewegung, sechs Leute diskutieren – und fünf davon kommen aus dem Osten und erklären den Westdeutschen, wie das mit den 68ern wirklich war. Im Osten ist so etwas Alltag.“ [11]

Auch der Umgang mit Chemnitz ist wieder einmal so ein Fest für „Besserwessis“. Natürlich sind es jetzt wieder die Westdeutschen, die ganz genau wissen, dass die Männer auf dem Video ja nur die Spitze dessen sind, was da noch so an rechtsextremen Umtrieben in Chemnitz zu befürchten steht. Während sich Bürger, Künstler und Aktivisten in Chemnitz nach Kräften bemühen, um zu zeigen, wie viel Weltoffenheit es in ihrer Stadt gibt. Doch Beiträge darüber hört man leider nur beim Radiosender MDR-Kultur aus Halle.

Mir geht es mitnichten darum, für Mitleid mit Ostdeutschen zu werben. Mitleid braucht niemand, und die meisten, die noch Marx und Lenin in der Schule hatten, haben inzwischen ihren Weg im Kapitalismus gemacht. Es muss nur einfach klar sein, dass aufgrund der Geschichte und der besonderen Situation der Ostdeutschen bis heute das regierungskritische Potential im Osten hoch ist. Was sich ja auch im Wahlverhalten widerspiegelt.

Mit Hartz IV-Sanktionen und weiterem Sozialabbau dürfte da so manche Toleranzgrenze endgültig überschritten werden. Und natürlich wundern sich manche Ossis, warum in ihrem abgewickelten und leergewohnten Nest seit Jahrzehnten nichts getan werden konnte, weil das Geld fehlte, und jetzt, wo Flüchtlinge Hilfe brauchen, ist mit einem Mal alles möglich. Nicht alle Ostdeutschen werden deshalb gleich rechtsextrem. Doch Sprüche wie: „Deutschland geht es so gut wie nie zuvor“ erinnern Ossis höchstens an die Schönfärberei in der DDR und wecken Widerspruch und Widerstand.

Könnte es nicht sein, dass die derzeitige Regierung Angst vor diesen Ossis hat? Weil sie längst nicht mehr alles glauben, was man ihnen in der Tagesschau erzählt. Weil man sie schon mal betrogen hat, und weil sie am Ende vielleicht sogar noch hartnäckiger sein könnten, als die Aktivisten von Stuttgart21.

Wer weiß, wie viel Wut sich im Osten noch zusammenbraut, wenn Deutschland seine Rüstungsausgaben in gigantische Höhen treibt und keine Umkehr vom neoliberalen Kurs der Privatisierung im Billiglohnland Deutschland erkennen lässt. Da könnten sich die Ossis ja daran erinnern, dass sie mit einer Revolution schon einmal eine Wende bewirkt haben. Es dürfte kaum etwas geben, wovor sich unsere Wirtschaftselite und ihre treue Regierung mehr fürchten als davor, dass ein massiver Widerstand gegen „die Obrigkeit“ Schule macht.

Da ist es doch praktisch, wenn man gleich den gesamten Osten zur „braunen Zone“ erklären kann. Alles Rechte! Mit denen kann man nicht reden! Und hinfahren geht ja sowieso nicht! Um Himmelswillen, da könnten ja Vorurteile zusammenbrechen. Da könnten linke Intellektuelle wie Margarete Stokowski mit einem Mal erkennen, dass sie dort jede Menge Mitstreiter gegen das „Schweinesystem“ finden könnten.

Das ist gefährlich. Da muss Berührungsangst geschürt werden: Kein Kontakt mit Nazis! (Auch wenn’s keine sind, völlig egal.)

So werden Feindbilder gepflegt, eine Gesellschaft wird gespalten, und die eine Hälfte der Gesellschaft macht potentielle Regierungskritiker mundtot, noch bevor sich die Regierung selbst die Hände schmutzig machen muss. Und man wird sogar noch mit einem positiven Selbstwertgefühl belohnt im „Kampf gegen rechts“.

Derweil in Dortmund wieder ein paar Neonazis wie zu Hitlers Zeiten grölen. Und auch schon mal von Herrenrassen und Untermenschen fantasieren. Das macht dann aber nix. Denn der Rest ist ja ruhig. Und wer weiß, vielleicht kann man diese Nazis ja nochmal ganz gut gebrauchen, wenn es wieder gegen Russland geht.

 

 

 

 

 

 

Quellen:

[1] <http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/rechtsextremismus-endlich-die-aengste-ernst-nehmen-a-1225331.html>
[2] <https://www.youtube.com/watch?v=Eig_EHMi6q0>
[3] <http://www.free21.org/die-ideologische-mobilmachung/>
[4] <https://www.tichyseinblick.de/meinungen/tichys-einblick-fand-die-herkunft-des-chemnitz-videos-heraus/>
[5] <https://www.huffingtonpost.de/entry/dortmund-neonazis-randalieren-in-den-strassen-und-die-polizei-lasst-sie_de_5ba5fec9e4b069d5f9d322b6>
[6] <https://www.welt.de/regionales/hamburg/article182143788/Kinderbetreuung-Hamburger-Kita-wirbt-mit-niedrigem-Migrantenanteil.html>
[7] <https://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl_2017/wahlergebnisse-2017-so-haben-die-bundeslaender-bei-der-bundestagswahl-gewaehlt_id_7631289.html>
[8] Ingo Hasselbach, Winfried Bonengel: Die Abrechnung [AtV, 2001]
[9]<https://www.zeit.de/2012/49/Gerhard-Schroeder-Neonazis>
[10] <http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/tips/164243/index.html>
[11] <https://www.zeit.de/2014/33/markus-decker-westdeutsche-im-osten-zweite-heimat>
[12] ARD, Infratest dimap. n.d. Statista. Zugriff am 26. November 2018. Verfügbar unter <https://de.statista.com/statistik/daten/studie/752/umfrage/zufriedenheit-mit-dem-funktionieren-der-demokratie-in-deutschland>
[13] YouGov. n.d. Statista. Zugriff am 26. November 2018. Verfügbar unter <https://de.statista.com/statistik/daten/studie/623865/umfrage/empfinden-ob-der-rechtsextremismus-ein-ostdeutsches-problem-in-deutschland>

Wie rechts ist der Osten wirklich?

Von Katrin McClean , veröffentlicht am: 29. November 2018, Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

<http://www.free21.org/?p=30804>

Pegida-Demonstration am 25.1.2015 in Dresden mit 15.000 bis 25.000 Teilnehmern (Foto: Kalispera Dell, wikimedia, CC BY-SA 3.0)

Rassismus und rechte Gesinnung nur im Osten?

Mit den Ereignissen von Chemnitz, die unsere Medienlandschaft wochenlang beschäftigten, hat sich das Bild vom „braunen“ Osten wieder einmal in die Köpfe gebrannt, vornehmlich in die Köpfe Westdeutscher, die nun endgültig so viel Angst vorm Osten haben, dass sie da nur noch unter größten Vorsichtsmaßnahmen hinfahren würden. So zu hören von meinen Hamburger Bekannten und etwa zu lesen bei Margarete Stokowski vom Spiegel. [1]

Angesichts solcher Ängste beschäftigt mich die Frage: Warum hat man ausgerechnet die Bilder aus Chemnitz durch jeden Sender und jede Zeitung geschleift? [2] Inzwischen mussten mehrere Sender und Medien einräumen, dass die Berichterstattung überzogen war. Ein Beitrag von Andrea Drescher in Free21 legt eindrücklich dar, warum ein Begriff wie Hetzjagd einfach nicht dem Tatbestand entspricht. [3] Zudem gibt es inzwischen eine glaubwürdige Gegendarstellung von der Urheberin des Videos selbst. [4]

Wenn Rassismus und gewaltbereite Neonazis in unserer Gesellschaft Fuß fassen, darf das sicher nicht verschwiegen werden.  Aber warum einen derart umstrittenen Beleg so hochpeitschen? Es gibt doch Vorfälle, die wesentlich eindeutiger als der in Chemnitz sind. Am 21. September 2018 zogen etwa hundert Neonazis durch Dortmund und brüllten unter anderem „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“. Sie zündeten Garagendächer an. Hier gab es nicht mal den Ansatz einer bundesweiten Empörung. Einzig die Huffingtonpost berichtete. [5]

 


„Eine Straße mitten in Dortmund-Dorstfeld. Hier markieren Nazis regelmäßig ein Revier, das sie gerne kontrollieren wollen.“ (Foto und Text: Michael Bonvalot, Twitter, CC BY-NC)

 

Ich kenne mehrere Menschen in westdeutschen Kleinstädten, die sich regelmäßiger rassistischer Anfeindungen ausgesetzt sehen. Und in Hamburg gab es auch schon mal eine Kita in einem Villenviertel, die mit einem „niedrigen Migrationsanteil“ geworben hat. [6]

Rassismus und auch Neonazis sind also mitnichten nur ein ostdeutsches Problem. Angesichts des Schweigens zu Dortmund muss man sich aber fragen: Könnte es vielleicht noch ein paar andere Gründe geben, warum das Geschehen in Chemnitz so aufgebauscht wurde und warum so oft vom „braunen“ Osten die Rede ist?

Ist der Osten wirklich mehr rechts als der Westen?

Dieser Frage sollten wir doch mal in aller Sachlichkeit nachgehen. Wie ist denn das Wahlverhalten? [7]

Was alle wissen: Der Osten wählt doppelt so viel AfD wie der Westen. Es steht 22 % zu 11 %. Aber was eben genauso wahr ist: Der Osten wählt weit mehr als doppelt so viel Die Linke wie der Westen. Da steht es 17,4 % zu 7,4 %.

Damit geht einher, dass „Ossis“ ein deutlich geringeres Vertrauen zu den Regierungsparteien haben, wogegen das Wählen von CDU oder SPD in westlichen Haushalten nicht selten zur Familientradition gehört.

2017 wurden im Westen CDU/CSU/SPD zu 56 Prozent gewählt. Im Osten kamen die Groko-Parteien gerade mal auf 42 Prozent. Sie wären in den neuen Bundesländern allein also gar nicht regierungsfähig.

Fakt ist also, der Osten ist wesentlich regierungskritischer als der Westen.

Und wie sieht es mit dem Vorwurf „rechts“ aus? Nehmen wir mal die klassische Einteilung, nach der alles rechts von der SPD rechts ist, da sieht es so aus:
Im Westen wählen 56 Prozent CDU, CSU, FDP oder AFD. Im Osten wählen 56 Prozent CDU, FDP oder AFD.

Also 56 Prozent ALLER Deutschen wählen Parteien, die sich in den Fragen „sichere (also militärisch abgeschottete) Grenzen“, „Stärkung von Arbeitgeberrechten“, „Opferung von Arbeitnehmerrechten“, „Zustimmung zu Kriegseinsätzen und Rüstungsausfuhren“, „Abschiebung in „sichere“ Herkunftsländer“  im Wesentlichen einig sind.

Da sich die SPD in den meisten Positionen inzwischen auch eher nach „rechts orientiert, müsste man sogar sagen, der Westen wählt viel stärker Richtung rechts als der Osten. Bei der SPD steht es derzeit 22 (West) zu 14 (Ost).

Zumindest kann man eindeutig feststellen: Im Hinblick auf die Gesamtbevölkerung kann dem Osten keine überdurchschnittlich rechte Einstellung nachgewiesen werden. Im Gegenteil sind linke Einstellungen und linkes Wahlverhalten hier weit ausgeprägter als im Westen.

 


Sind Sie mit der Art und Weise, wie die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert alles in allem sehr zufrieden, zufrieden, weniger zufrieden oder gar nicht zufrieden? (West-/Ost-Vergleich, 2016, Quelle: ARD-DeutschlandTREND, Oktober 2016, Seite 9) [12]

 

Ein Wort zur Neonazi-Szene im Osten

Nun ist es ja eine unumstrittene Tatsache, dass es in verschiedenen Regionen in den neuen Bundesländern eine rege Neonazi-Szene gibt. So wie es, und das sei hier vorab noch einmal betont, im gesamten Bundesgebiet leider eine rege Neonazi-Szene gibt, siehe Dortmund. Für die Entstehung der Neonazi-Szene im Osten gibt es sehr konkrete Gründe. Die Autorin selbst hat diese Entwicklung als ehemalige Psychologin für Jugendliche an Einzelschicksalen miterlebt.

In der DDR standen alle Taten, die für Neonazis typisch sind, unter strenger Strafverfolgung. Das öffentliche Schmieren eines Hakenkreuzes konnte bereits zu Gefängnishaft führen.

Für verhaltensschwierige Jugendliche in der DDR waren solche Straftaten beliebte Mutproben oder Provokationen. Mit der Wende verloren gerade diese Jugendlichen eine soziale Sicherheit, die ihnen bis dahin kaum bewusst gewesen war. Während sie bis 1989 in dem Bewusstsein lebten, dass ihnen zumindest eine Zukunft als Arbeiter bevorstand, denn Arbeitslosigkeit gab es in der DDR ja nicht, standen die meisten von ihnen plötzlich vor dem puren Nichts. Problemjugendliche hatten auf dem desaströsen Nachwende-Arbeitsmarkt im Osten die schlechtesten Zukunftschancen überhaupt. Die bis dahin überall funktionierende Jugendbetreuung wurde „abgewickelt“, Jugendclubs bzw. -zentren geschlossen. Das spürbarste Merkmal von Freiheit war für diese Jugendlichen, dass das Schmieren von Hakenkreuzen oder Herumbrüllen antisemitischer oder nationalistischer Parolen nicht mehr strafverfolgt wurde. Dafür kamen westliche NPD-Funktionäre wie Michael Kühnen in den Osten, um hier „Aufbau“-Arbeit zu leisten. [8] In manchen Dörfern waren Neonazis die einzigen, die sich als Anlaufstelle für orientierungslose Jugendliche anboten.

Gerhard Schröder sah dieses Problem und kündigte nach seiner sogenannten Sommerreise 2000 einen klaren Konfrontationskurs gegen Rechtsextremismus an. Wobei er gleichzeitig ankündigte, die soziale Jugendarbeit in diesen Regionen zu verstärken. [9] Zu letzterem ist kaum etwas geschehen, nur der politisch-mediale Konfrontationskurs wurde durchgezogen.

Der hatte sich jedoch schon vorher als kontraproduktiv erwiesen und tat das auch weiterhin. Die häufige Berichterstattung vom „Kampf gegen rechts“ schenkt(e) Rechtsextremen eine enorm hohe gesellschaftliche Aufmerksamkeit und sorgt(e) damit auf indirekte Weise für deren Popularisierung. Psychologisch nennt man so etwas „negative Verstärkung“.

Die kaum minder gewaltbereite Antifa lieferte (und liefert) desorientierten rechtsextremen Jugendlichen zudem einen willkommenen Feind, wie der ehemalige ostdeutsche Neonazi Ingo Hasselbach in seinem Buch beschreibt. Und was die Versuche von Resozialisierung angeht – Antifa-Aktivisten setzten sogar durch, dass Einrichtungen zur Resozialisierung rechtsextremer Jugendlicher geschlossen wurden. [8]

Rückblickend muss man also feststellen, dass die Politik der Konfrontation und das Ausbleiben dringend notwendiger Jugendarbeit in den Nachwendejahren eine wesentliche Mitschuld am Entstehen der ostdeutschen Neonazi-Szene trug.

Da sollte man doch meinen, dass Politiker aus Erfahrung lernen. Dass man also bei einem besorgniserregenden vermeintlich neuen Aufkeimen rechtsextremen Gebarens im Osten nun mal eine vernünftige Politik entwickelt. Doch das glatte Gegenteil ist der Fall. Stärker denn je setzt man auf eine fast grenzenlose mediale Popularisierung einer vermeintlich „rechten Gefahr“.  Und Slogans wie „Linke gegen rechte Hetze“ etablieren erneut das bereits gescheiterte Konfrontationsmodell im gesamt-gesellschaftlichen Rahmen.

Da muss man sich schon fragen: Ist der „Kampf gegen rechts“, der gerade von Medien, Politik und Kultureinrichtungen beschworen wird, wirklich ernst gemeint? Oder geht es eigentlich um etwas ganz anderes? Und vor allem: Warum soll die rechte Gefahr im Osten so besonders gefährlich sein? Warum sehen unsere Medien und Politiker in den Neonazis von Dortmund offenbar keine akute Bedrohung der gesellschaftlichen Ordnung?

Rechter Osten oder gefährliches Protestpotential?

Zwischen Bürgern aus Ost- und Westdeutschland gibt es ein paar Unterschiede. Und damit ist jetzt mal nicht das Gerede vom Untertanen-Geist des Ossis gemeint, der nichts als Diktatur kennt. Solchen Behauptungen fehlt seit Jahren ein entsprechender Beweis, sie fußen in erster Linie auf Hypothesen.

Dabei gibt es reihenweise Fakten, an denen man überhaupt nicht vorbei kommt, wenn man sich mal wirklich die Unterschiede zwischen Bürgern aus Ost und West anschaut.
Ostdeutsche bis in die Jahrgänge Anfang der Siebziger haben noch in DDR-Schulen gelernt. Dabei ist völlig egal, ob sie das gemocht haben oder nicht, ob sie sich all die Lehr- und Glaubenssätze gemerkt haben oder nicht. Fakt ist aber, dass sie alle ohne Ausnahme mit Kapitalismuskritik groß geworden sind. Das war schlichtweg Schulstoff. Was bedeutet, die kritische Distanz zu der Gesellschaft, in der Ostdeutsche heute leben, ist ihnen quasi in die Wiege gelegt. Eine Identifikation mit dem Weltbild vom westlichen Hort der Freiheit und Demokratie ist bei ihnen nicht ganz so wahrscheinlich, wie man das von Westdeutschen erwarten kann.

 


Ist der Rechtsextremismus Ihrer Meinung nach eher ein westdeutsches, ein ostdeutsches oder ein gesamtdeutsches Problem? Online-Umfrage aus 2016. Quelle: YouGov [13]

 

Darüber hinaus haben diese Jahrgänge erlebt, dass sie oder zumindest ihre Eltern noch einmal ganz von vorn anfangen mussten. Kaum ein Ossi, der 1989 schon im arbeitsfähigen Alter war, hat nicht mindestens einmal seine Arbeit wechseln oder sich neu orientieren müssen. Abschlüsse wurden nicht anerkannt oder nützten nichts mehr. Jeder musste auf seine Weise in das neue System hineinfinden. Da entstehen auch schon mal ganz kritische Verhältnisse zu diesem Neuen. Eine frühe Beziehungsstörung zum Westen wurde nicht zuletzt durch das unselige Wirken der Treuhand verstärkt. Heute bestätigen mehrere Zeugen entgegen der üblichen „Volkswirtschaft am Boden“-Leier, dass es durchaus wirtschaftliches Potential gab, das gut sanierungsfähig gewesen wäre. Was ja auch die Aufgabe der Treuhand sein sollte. Doch stattdessen wurden potentielle Konkurrenten abgewickelt, blühte eine dubiose Wirtschaftskriminalität und besetzten „Experten“ aus dem Westen im Handumdrehen die Schlüsselpositionen im Osten. [10]

Bis heute stammen ca. 75 Prozent aller Entscheidungsträger in ostdeutschen Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen aus dem Westen. Aber nicht nur das, Kultureinrichtungen, Fernseh- und Radiosender kamen unter die Intendanz von Westdeutschen. Gleichzeitig wurde ein akademischer Kahlschlag betrieben. Fast die gesamte Intelligenz der einstigen DDR wurde in den Wendejahren praktisch mit „abgewickelt“, Professoren und Dozenten mit teilweise hanebüchenen Begründungen aus dem Hochschuldienst entlassen. Nur ein kompletter Ignorant kann sich darüber wundern, wenn hier eine Stimmung des Bevormundetwerdens entstanden ist.

Markus Decker, ein westdeutscher Journalist, der seit den 90er Jahren in Ostdeutschland arbeitet, versteht diese Stimmung und hat ein schönes Beispiel dafür:

„Neulich gab es hier in Berlin eine Podiumsdiskussion zum Thema Stasi. Fünf der sechs Teilnehmer waren Westdeutsche. Stellen Sie sich das mal umgekehrt vor! Undenkbar, dass in Düsseldorf auf einem Podium zur BRD-Geschichte, sagen wir: zum Thema 68er-Bewegung, sechs Leute diskutieren – und fünf davon kommen aus dem Osten und erklären den Westdeutschen, wie das mit den 68ern wirklich war. Im Osten ist so etwas Alltag.“ [11]

Auch der Umgang mit Chemnitz ist wieder einmal so ein Fest für „Besserwessis“. Natürlich sind es jetzt wieder die Westdeutschen, die ganz genau wissen, dass die Männer auf dem Video ja nur die Spitze dessen sind, was da noch so an rechtsextremen Umtrieben in Chemnitz zu befürchten steht. Während sich Bürger, Künstler und Aktivisten in Chemnitz nach Kräften bemühen, um zu zeigen, wie viel Weltoffenheit es in ihrer Stadt gibt. Doch Beiträge darüber hört man leider nur beim Radiosender MDR-Kultur aus Halle.

Mir geht es mitnichten darum, für Mitleid mit Ostdeutschen zu werben. Mitleid braucht niemand, und die meisten, die noch Marx und Lenin in der Schule hatten, haben inzwischen ihren Weg im Kapitalismus gemacht. Es muss nur einfach klar sein, dass aufgrund der Geschichte und der besonderen Situation der Ostdeutschen bis heute das regierungskritische Potential im Osten hoch ist. Was sich ja auch im Wahlverhalten widerspiegelt.

Mit Hartz IV-Sanktionen und weiterem Sozialabbau dürfte da so manche Toleranzgrenze endgültig überschritten werden. Und natürlich wundern sich manche Ossis, warum in ihrem abgewickelten und leergewohnten Nest seit Jahrzehnten nichts getan werden konnte, weil das Geld fehlte, und jetzt, wo Flüchtlinge Hilfe brauchen, ist mit einem Mal alles möglich. Nicht alle Ostdeutschen werden deshalb gleich rechtsextrem. Doch Sprüche wie: „Deutschland geht es so gut wie nie zuvor“ erinnern Ossis höchstens an die Schönfärberei in der DDR und wecken Widerspruch und Widerstand.

Könnte es nicht sein, dass die derzeitige Regierung Angst vor diesen Ossis hat? Weil sie längst nicht mehr alles glauben, was man ihnen in der Tagesschau erzählt. Weil man sie schon mal betrogen hat, und weil sie am Ende vielleicht sogar noch hartnäckiger sein könnten, als die Aktivisten von Stuttgart21.

Wer weiß, wie viel Wut sich im Osten noch zusammenbraut, wenn Deutschland seine Rüstungsausgaben in gigantische Höhen treibt und keine Umkehr vom neoliberalen Kurs der Privatisierung im Billiglohnland Deutschland erkennen lässt. Da könnten sich die Ossis ja daran erinnern, dass sie mit einer Revolution schon einmal eine Wende bewirkt haben. Es dürfte kaum etwas geben, wovor sich unsere Wirtschaftselite und ihre treue Regierung mehr fürchten als davor, dass ein massiver Widerstand gegen „die Obrigkeit“ Schule macht.

Da ist es doch praktisch, wenn man gleich den gesamten Osten zur „braunen Zone“ erklären kann. Alles Rechte! Mit denen kann man nicht reden! Und hinfahren geht ja sowieso nicht! Um Himmelswillen, da könnten ja Vorurteile zusammenbrechen. Da könnten linke Intellektuelle wie Margarete Stokowski mit einem Mal erkennen, dass sie dort jede Menge Mitstreiter gegen das „Schweinesystem“ finden könnten.

Das ist gefährlich. Da muss Berührungsangst geschürt werden: Kein Kontakt mit Nazis! (Auch wenn’s keine sind, völlig egal.)

So werden Feindbilder gepflegt, eine Gesellschaft wird gespalten, und die eine Hälfte der Gesellschaft macht potentielle Regierungskritiker mundtot, noch bevor sich die Regierung selbst die Hände schmutzig machen muss. Und man wird sogar noch mit einem positiven Selbstwertgefühl belohnt im „Kampf gegen rechts“.

Derweil in Dortmund wieder ein paar Neonazis wie zu Hitlers Zeiten grölen. Und auch schon mal von Herrenrassen und Untermenschen fantasieren. Das macht dann aber nix. Denn der Rest ist ja ruhig. Und wer weiß, vielleicht kann man diese Nazis ja nochmal ganz gut gebrauchen, wenn es wieder gegen Russland geht.

 

 

 

 

 

 

Quellen:

[1] <http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/rechtsextremismus-endlich-die-aengste-ernst-nehmen-a-1225331.html>
[2] <https://www.youtube.com/watch?v=Eig_EHMi6q0>
[3] <http://www.free21.org/die-ideologische-mobilmachung/>
[4] <https://www.tichyseinblick.de/meinungen/tichys-einblick-fand-die-herkunft-des-chemnitz-videos-heraus/>
[5] <https://www.huffingtonpost.de/entry/dortmund-neonazis-randalieren-in-den-strassen-und-die-polizei-lasst-sie_de_5ba5fec9e4b069d5f9d322b6>
[6] <https://www.welt.de/regionales/hamburg/article182143788/Kinderbetreuung-Hamburger-Kita-wirbt-mit-niedrigem-Migrantenanteil.html>
[7] <https://www.focus.de/politik/deutschland/bundestagswahl_2017/wahlergebnisse-2017-so-haben-die-bundeslaender-bei-der-bundestagswahl-gewaehlt_id_7631289.html>
[8] Ingo Hasselbach, Winfried Bonengel: Die Abrechnung [AtV, 2001]
[9]<https://www.zeit.de/2012/49/Gerhard-Schroeder-Neonazis>
[10] <http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/tips/164243/index.html>
[11] <https://www.zeit.de/2014/33/markus-decker-westdeutsche-im-osten-zweite-heimat>
[12] ARD, Infratest dimap. n.d. Statista. Zugriff am 26. November 2018. Verfügbar unter <https://de.statista.com/statistik/daten/studie/752/umfrage/zufriedenheit-mit-dem-funktionieren-der-demokratie-in-deutschland>
[13] YouGov. n.d. Statista. Zugriff am 26. November 2018. Verfügbar unter <https://de.statista.com/statistik/daten/studie/623865/umfrage/empfinden-ob-der-rechtsextremismus-ein-ostdeutsches-problem-in-deutschland>