Das Bild zeigt eine Atomkriegssimulation, die von der Universität Princeton 2019 durchgeführt wurde, mit dem Namen „Plan A“. In der Simulation kommt es als erstes zur Zerstörung Europas. Das gilt es zu verhindern. (Bild: Princeton – Science & Global Security / Plan A / <https://sgs.princeton.edu/the-lab/plan-a>)

Der Weg in den 3. Weltkrieg

Wie Free21 bereits in der letzten Ausgabe berichtet hat, wird die Arktis zunehmend wichtiger in der Konfrontation mit Russland [1]. Deutschland übernimmt eine entscheidende Rolle in der Arktis und ordnet sich damit der neuen US-Strategie der Great Power Competition (Wettbewerb der Großmächte) unter.

Von Tobias Augenbraun , veröffentlicht am: 10. Juni 2024, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 10.06.2024 auf www.free21.org veröffentlicht. Lizenz: Tobias Augenbraun, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

Gehen wir die Entwicklungen chronologisch durch. Zunächst wurde unter anderem durch den Taurus-Leak bekannt, dass bereits US-amerikanische und britische Soldaten in der Ukraine sind und Unterstützung leisten. Nun hat der Leiter des US Special Forces Command, General Bryan Fenton neue Details zu der britischen Operation offenbart. Er sagte, dass Pentagon würde über den Krieg „am meisten durch die britischen Spezialoperationen“ lernen. Die britischen Einheiten beraten und beaufsichtigen laut Fenton die Drohnenoperationen [2]. Die russische Nachrichtenagentur TASS berichtete, dass über 3100 ausländische Soldaten in der Ukraine kämpfen sollen [3].

Angeblich sollen bereits 100 Soldaten der französischen Fremdenlegion vor Ort sein und weitere sollen mutmaßlich folgen [4]. Macron forderte in den letzten Wochen immer wieder auch westliche Truppen in die Ukraine zu schicken. Nachdem er Ende April/Anfang Mai nicht ausschloss französische Soldaten in die Ukraine zu schicken und der britische Außenminister Cameron dies ebenfalls nicht ausschloss, reagierte Moskau mit der Ankündigung, eine Atomwaffenübung durchzuführen [5].

Als weitere Reaktion auf die andauernden Drohungen westlicher Staaten, wurden die Botschafter Frankreichs und Großbritanniens einbestellt. Dabei wurde dem britischen Botschafter in Moskau, Nigel Casey, mitgeteilt, dass die russische „Antwort auf ukrainische Angriffe mit britischen Waffen auf russischem Territorium, jede britische Militäreinrichtung und Ausrüstung auf ukrainischem Territorium und darüber hinaus“ treffen könne [6]. Auch der französische Botschafter wurde von den Russen einbestellt. Für sie gilt das Gleiche wie für die Briten [7]. Die Briten reagierten daraufhin mit der Ausweisung eines russischen Diplomaten, dem man Spionage vorwarf [8]. Die Franzosen bestellten als Reaktion ebenfalls den russischen Botschafter ein [9].

Obwohl Russland damit klar gemacht hat, dass sie alle Staaten als kriegsbeteiligt ansehen, wenn von ihnen gelieferte Waffen auf russischem Territorium einschlagen, wurde in den USA darüber diskutiert, ob die Ukraine US-Waffen benutzen darf, um Ziele in Russland anzugreifen [10]. Dies hatte man bisher vermieden, um nicht als Kriegspartei zu gelten. US-Außenminister Blinken forderte, Kiew das Abfeuern von US-Waffen gegen Russland zu erlauben [11].

In Deutschland wurde die Diskussion von den beiden Politikern Anton Hofreiter (Grüne) und Roderich Kiesewetter (CDU) angefacht. Beide forderten die Lockerung der Regeln. Das ZDF schreibt über Hofreiters Forderungen:

„Der Grünen-Europa-Politiker Anton Hofreiter hat sich als erster Bundespolitiker der Ampel-Koalition dafür ausgesprochen, die Ukraine nicht länger davon abzuhalten, mit westlichen Waffen auch russisches Territorium anzugreifen. ,Es geht hier um den Schutz der ukrainischen Bevölkerungʻ, sagte er in einem am Samstag veröffentlichten Interview der Funke-Mediengruppe. ,Das Völkerrecht erlaubt es einem angegriffenen Staat, militärische Ziele im Land des Aggressors zu attackieren.ʻ“ [12]

Kiesewetter forderte in guter alter Bush-Tradition eine „Koalition der Willigen“ zur Luftabwehr in der Westukraine [13]. Bundeskanzler Scholz hielt bisher weiter an den Regeln für Waffenlieferungen fest. Er sagte: „Für die Waffenlieferungen, die wir bisher geleistet haben, haben wir klare Regeln, die mit der Ukraine vereinbart sind. Und die funktionieren. Das ist jedenfalls meine These.“ [14] Allerdings sagte Scholz auch, dass die Ukraine sich verteidigen könne, solange sie sich ans Völkerrecht halte [15]. Wie bereits die Aussagen von Hofreiter und Kiesewetter zeigen, ist die Haltung, dass ein solcher Beschuss vom Völkerrecht gedeckt ist. Diese Haltung spielt überhaupt keine Rolle, da es darauf ankommt, wie dies von Russland wahrgenommen wird. Und sie haben bereits unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie den Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium als Kriegsbeteiligung ansehen würden.

Jens Stoltenberg, der NATO-Generalsekretär, forderte am 24.05.2024 Schläge bis tief auf russisches Territorium [16]. Am Montag 27.05.2024 rief die NATO ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, den Einsatz westlicher Waffen auf Militärziele in Russland zu erlauben [17]. Am 27.05.2024 meldete das Handelsblatt im Liveticker, dass die NATO, unter dem Motto „Der Ukraine bis zum Sieg beistehen“, den Einsatz westlicher Waffen gegen Russland in der Parlamentarischen Versammlung der NATO (PV) beschlossen hat [18].

Die Zeit berichtete am 30.05.2024, dass Joe Biden wohl den Einsatz von US-Waffen in der Region Charkiw gegen Ziele innerhalb des nahgelegenen Russlands genehmigt hat. Die Zeit schreibt, dass sich an der Vorgabe der USA, keine Langstreckenwaffen innerhalb Russlands einzusetzen, nichts geändert habe [19].

Deutschland folgte den USA und laut BILD-Zeitung gab es nun eine „Waffenwende“. Dem Beispiel der USA folgend hat Bundeskanzler Scholz den Einsatz deutscher Waffen gegen Ziele innerhalb Russlands für den Raum Charkiw genehmigt. Angeblich gehe es nur um einen 40 km Radius hinter der Grenze. Die Lieferung von Taurus und anderen Langstreckenwaffen an die Ukraine soll auch weiterhin nicht genehmigt werden. Der Regierungssprecher erklärte:

Es geht um die Befreiung des ­ukrainischen Staatsgebiets, und wir haben mit der Ukraine vereinbart, dass die von uns gelieferten Waffen dazu völkerrechtskonform eingesetzt werden. …“ [20]

Deutschland ist also beim Entzünden des 3. Weltkriegs mit von der Partie, wieder einmal.

Deutschland und der Ukrainekrieg

Am 09.05.2024 traf Boris Pistorius seinen Amtskollegen Lloyd J. Austin III im Pentagon. Bei dem Treffen der beiden Verteidigungsminister ging es um die Ukraine und um den Indo-Pazifik. Diese beiden Themen werden, wie wir bereits beim Taurus Leak sehen konnten, immer gemeinsam besprochen.

Boris Pistorius hatte dort für die Vereinigten Staaten erfreuliches zu verkünden, denn er brachte ein paar Geschenke mit: „Der Mehrfachraketenwerfer HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) soll die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland unterstützen. Drei werden gemeinsam von den USA und Deutschland geliefert. Sie stammen aus Beständen der US-Streitkräfte und werden von Deutschland bezahlt.“, verkündete Pistorius in Washington während seiner USA-Reise. [21]Außerdem lobte Pistorius die enge Kooperation mit der US-Rüstungsindustrie. So habe man 380 Rüstungsverträge mit einem Volumen von 23 Milliarden Euro geschlossen. Dazu kommt noch die Verpflichtung, 2% des BIP für Rüstung auszugeben. Die USA agieren hier wie ein Mafiapate, der 25% von allen Geschäften verlangt. Dafür und für den Aufbau einer ständigen Brigade in Litauen gab es ein extra Lob vom US-Verteidigungsminister. Der sagte: „Deutschlands Plan für eine ständige Brigade in Litauen ist eine historische Verpflichtung, die die europäische Sicherheit stärken wird. Und wir sind sehr erfreut darüber, dass Deutschland unsere gemeinsame NATO-Verpflichtung erfüllt hat, in diesem Jahr mindestens 2% seines BIP für die Verteidigung auszugeben. Deutschland bleibt einer unserer stärksten und zuverlässigsten Verbündeten.“ [22]

In einer Rede an der Johns Hopkins University sprach Pistorius davon, dass Deutschland bereit sei für eine sicherheitspolitische Führungsrolle in Europa. Er sagte: „Lassen Sie uns – die USA und Deutschland zusammen – die Zukunft gestalten, zusammen mit all denen, die für Freiheit, Frieden und die regelbasierte internationale Ordnung stehen.“ [23]

Laut Bundeswehr wird Deutschland an der „Ostflanke“ verteidigt. (Bild: Bundeswehr / <https://www.bmvg.de/de/themen/dossiers/die-nato-staerke-und-dialog/schutz-der-nato-ostflanke>)

Kanada, Deutschland und die „NATO-Ostflanke”

Einen Tag nach dem Besuch von Verteidigungsminister Pistorius in den USA reiste er weiter nach Kanada, um sich dort mit seinem Amtskollegen Bill Blair zu treffen. Bei diesem Treffen ging es um die ­Ukraine und die Arktis. Kanada verpflichtete sich für den „Abwehrkampf der Ukraine mit 52 Millionen Euro“. Eine entscheidende Rolle in der engen Militärkooperation spielt der „Schutz der NATO-Ostflanke“ [24]. Laut Verteidigungsministerium (BMVg) hat die „NATO adäquate Beschlüsse“ zum Schutz der NATO-Ostflanke beschlossen. Diese sehen folgendes vor:

  • „Erhöhung der Verteidigungsausgaben
  • Aufbau einer besonders schnellen Eingreiftruppe (VJTF)
  • Verstärkung der Luftraumüberwachung (Air Policing)
  • Intensivere maritime Präsenz
  • Entsendung von Kampfverbänden (Battlegroups) in die osteuropäischen NATO-Staaten
  • Truppenverstärkung an der ­NATO Ostflanke
  • Mehr Übungen und größere Manöver
  • Verabschiedung eines neuen strategischen Konzeptes [25]

Die größte NATO-Übung seit Jahrzehnten, Steadfast Defender, welche im Mai zu Ende ging, hat man bereits dazu genutzt Truppen an der „Ostflanke“ zu stationieren. Deutschland diente dabei als Drehscheibe für die Truppenverschiebungen.

Um den Schutz der NATO-Ostflanke zu koordinieren hat Deutschland das 3+3-Format ins Leben gerufen. „Neben Kanada sind außerdem Großbritannien, Litauen, Estland und Lettland daran beteiligt.“ [26] Mit so genannten Battlegroups wird hier laut BMVg das „Bündnisterritorium geschützt“:

„Deutschland hat als Rahmennation die Führung der Battlegroup in Litauen übernommen, Kanada in Lettland und Großbritannien in Estland sowie die USA in Polen. Die Zusammensetzung der multinationalen Kampfverbände variiert und wird mit den Gaststaaten abgestimmt. Deutschland zum Beispiel stellt neben der Führung der Battlegroup dauerhaft mindestens eine Kampftruppenkompanie. In der Regel sind über 500 deutsche Soldatinnen und Soldaten Teil der eFP (enhanced Forward Presence) in Litauen. Vor allem in Rukla, rund 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Vilnius, leisten sie Dienst. Unterstellt ist diese Battlegroup der litauischen Kampfbrigade Iron Wolf.“ [27]

Das bedeutet, dass Deutschland, Kanada, Großbritannien und die USA mit schnell einsetzbaren Kampfgruppen direkt an der Grenze Russlands und Belarus stehen.

In dem Zusammenhang sagte Pistorius in seiner bereits erwähnten Grundsatzrede an der Johns Hopkins University:

„Wir wissen, die kollektive Sicherheit ist das, was uns stark macht. Die Sicherheit unserer Verbündeten ist unsere Sicherheit. Deshalb wird bis zum nächsten Jahr ein Großteil der Bundeswehr dem Kommando der NATO unterstellt sein. Davon werden rund 35.000 Soldaten in den beiden höchsten Alarmstufen bereit stehen. Unser besonderes Augenmerk gilt weiterhin der Verteidigung unserer Verbündeten an der NATO-Ostflanke.“ [28]

Dies ist Teil des so genannten New Force Models der NATO, bei dem es darum geht noch schneller einsatzbereite Kampftruppen zu schaffen. Das neue Streitkräftemodell soll die NATO Response Force ersetzen. Deutschland beteiligt sich mit über 30.000 Soldaten und 85 Schiffen und Flugzeugen an dieser Umstrukturierung. Diese Soldaten, Schiffe und Flugzeuge sollen innerhalb von 30 Tagen, nachdem der Einsatzbefehl erfolgt ist, einsatzbereit sein. [29]

Insgesamt sieht das New Force Model vor, nach einem Einsatzbefehl, in den ersten zehn Tagen mehr als 100.000 Soldaten zu aktivieren, in den Tagen 10-30 sollen ca 200.000 Soldaten aktiviert werden und in den Tagen 30-180 sollen mindestens 500.000 Soldaten aktiviert werden. Diese Umstrukturierung sollte bereits 2023 abgeschlossen sein. Nun wird angestrebt die Umstrukturierung bis 2025 abzuschließen. [30]

Ziel der schnellen Einsatztruppen ist die Abschreckung Russlands. Man könnte dies allerdings auch leicht mit Angriffsvorbereitungen verwechseln. In Deutschland trägt dieses Projekt den Namen Division 25 und wird von General Ruprecht von Butler kommandiert. Zur Division 25 gehören eine niederländische Brigade und die deutsch-französische Brigade. Zum Thema eines möglichen Kriegs sagte von Butler im Bayrischen Rundfunk, dass sich die Männer und Frauen unter seinem Kommando die Frage stellen:

„…was bedeutet es, wenn ich im Dienst der Bundesrepublik Deutschland Frieden und Freiheit vielleicht auch mit Waffengewalt verteidigen muss“? Das sei nicht mehr nur eine theoretische Frage, sondern im Bereich des „praktisch Möglichen“. [31]

Das New Force Model wird die alte NATO-Response Force ersetzen. Die Veränderungen werden in diesem Schaubild gezeigt. (Bild: Bundeswehr, Stand 14.7.2022 / <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/new-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2025-in-nato-engagiert-5465714>)

Der Indo-Pazifische Raum – Im Gleichschritt gegen China

Bei den Gesprächen von Pistorius mit Austin ging es, wie bereits erwähnt, auch um die immer wichtiger werdende Indo-Pazik Region. Die USA und zahlreiche Nationen kommen zur Zeit im Indo-Pazifik zusammen, um die Großübung „Rim of the Pacific“ oder auch RIMPAC genannt, durchzuführen. Bei der Bundeswehr heißt die weltweit größte jemals durchgeführte Seekriegsübung Indo-Pacific Deployment 2024 [32]. Die Übung der Luftwaffe im Indo-Pazifik heißt Pacific Skies 24. „Starten werden deutsche Tornados mit einem Tiefflugtraining in Alaska – der letzte internationale Auftritt der Tornado-Flotte.“, schreibt die Bundeswehr [33]. Diese Übung in Alaska kennen wir bereits aus dem Taurus-Leak.

Über die Partnerschaft im Indo-Pazifik schreibt das US-Verteidigungsministerium: „,Ob es um die Abschreckung der Kreml-Aggression geht oder darum die Stabilität im indo-pazifischen Raum zu stärken, unsere beiden stolzen Demokratien marschieren im Gleichschrittʻ, sagte Austin.
Pistorius dankte Austin für die amerikanische Führungsrolle bei der Unterstützung der Ukraine und räumte ein, dass die USA und Deutschland auch Interessen außerhalb Europas haben – insbesondere im indo-pazifischen Raum.
Ein freier und friedlicher Indo-Pazifik ist für uns alle wichtig, und wir wollen dazu beitragen, den Frieden und die Stabilität in dieser ­Region zu fördernʻ, sagte Pistorius und fügte hinzu, dass er sich auf die Teilnahme Deutschlands an der Übung ‚Rim of the Pacific‘ freue, die im Juni beginnt.
Die Veranstaltung, die auch als Rimpac bekannt ist, ist die weltweit größte Übung zur Seekriegsführung, die jemals durchgeführt wurde. ,Deutschland ist und bleibt ein fester Verbündeter der Vereinigten Staatenʻ, sagte Pistorius. ,Wir werden weiterhin enge Partner sein und als Verbündete und Freunde zusammenarbeiten. Das ist in dieser Welt wichtiger denn je, und ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam viel erreichen können.‘“ [35]

In Deutschlands Indo-Pazifik Strategie werden folgende „Interessen“ benannt [36]:

  • Frieden und Sicherheit: Im indo-pazifischen Raum liegen mehrere Atomwaffenstaaten, mit China, Indien und Pakistan. Dazu kommt noch Nordkorea mit einem eigenen Atomwaffenprogramm. Russland und die USA sind beide Pazifik-Anreinerstaaten. Außerdem wäre die Sicherheit in der Region auch durch internationalen Terror gefährdet. In der indo-pazifischen Region gibt es mehrere offene Grenzstreitigkeiten. Diese Konfliktlinien, die mehr oder weniger seit dem 2. Weltkrieg bestehen, sollen durch kleine, von den USA angeführte und gegen China gerichtete Allianzen wieder reaktiviert werden. [37]
  • Diversifizierung und Vertiefung der Beziehungen: Zusammenarbeit insbesondere in den Bereichen Handel, Investitionen und Entwicklung sollen strategisch ausgebaut werden.
  • Weder Unipolarität noch Bipolarität: Man möchte keine hegemoniale Vereinnahmuing der Region. Damit meint man vor allem China. „Die freie Wahl über die Zugehörigkeit zu wirtschaftlichen und (sicherheits-)politischen Strukturen ist für Länder des indo-pazifischen Raums zentral.“, heißt es in der Indo-Pazifik-Strategie. Das heißt im Klartext, dass man Indo-Pazifik-Staaten in die westlichen Strukturen einbinden will, um mit ihnen in einer Art indo-pazifischen NATO gegen China anzutreten.
  • Offene Seewege: 90% des Welthandels erfolgt auf dem Seeweg. „Eine Beeinträchtigung dieser Seehandelswege und damit der Lieferketten von und nach Europa hätte gravierende Folgen für Wohlstand und Versorgung der Bevölkerung.“
  • Offene Märkte und Freihandel: Deutsch­land hat ein gesteigertes Interesse Handel in der Region zu führen. Der Handel mit Ländern Südasiens, Südostasiens, Ostasiens sowie Australiens und Neuseelands steigt konstant und hat ein enormes Handelsvolumen erreicht. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, das „regelbasierter Handel“ zu einem Wohlstandsgewinn auf beiden Seiten führt. Dies soll durch Freihandelsabkommen erreicht werden. Seit TTIP sollten wir wissen, wie einseitig solche Freihandelsabkommen gestaltet werden. Das ifo-Institut stellt zur Diskussion, ob freier Handel gleichzeitig überhaupt fair sein kann [38].
  • Digitalisierung und Konnektivität: Für den Aufbau von Schlüsseltechnologien sollen die Regionen vernetzt werden. Der Aufbau von Schlüsseltechnologien wird vermutlich auf dem Rücken dieser Länder geschehen.
  • Schutz unseres Planeten: Das enorme Wachstum der Länder des indo-pazifischen Raums, die einer breiten Bevölkerungsschicht aus der Armut geholfen hat, wird von Deutschland kritisch gesehen, da es zu „steigenden Emissionen“ geführt hätte. Das Wirtschaftswachstum hätte zu sozialen Verwerfungen geführt, wodurch es zu einer stärkeren Migration kommen soll. Das soll bekämpft werden. Dies klingt nach einem eindeutigen Scheinargument.
  • Zugang zu faktenbasierter Information: Der Informationskampf, sprich Propaganda soll auch im indo-pazifischen Raum verbreitet werden. Oder wie es die Bundesregierung formuliert: „In Zeiten wachsender Bedeutung sozialer Medien ist Kommunikation auch in der indo-pazifischen Region ein effektives Instrument der Außenpolitik.“ Dies nennt man auch kognitive Kriegsführung.

Ein Beitrag von Matt Pottinger und Mike Gallagher in Foreign Affairs macht deutlich, dass es um einen Sieg gegen China geht. Der Titel des Artikels lautet „Kein Ersatz für den Sieg“. Darin heißt es, dass Amerika den Wettbewerb gegen China gewinnen „muss“ und ihn nicht nur verwalten darf. [39]

Karte des indo-pazifischen Raums. Bild: Bundeswehr, Stand Juli 2022.

Die Arktis – Die strategisch wichtigste Region der Welt

Bei dem Besuch in Ottawa und den Gesprächen der Verteidigungsminister, ging es auch um die Arktis. Boris Pistorius hat Kanada zu einer Sicherheitspartnerschaft in der Arktis eingeladen, gemeinsam mit Norwegen. Laut Pistorius sei das Ziel, „die Sicherung von Kommunikationsverbindungen durch den nördlichen Atlantik und die Arktis“ [40].

Die Arktis ist und wird geoplitisch immer wichtiger. Die Sicherheitspartnerschaft ist gegen Russland und China gerichtet und versucht die Bestrebungen Russlands und Chinas, ihre Positionen in der Region auszubauen, zu behindern. Im Nordpolarmeer schmelzen die Eismassen und es wird erwartet, dass man zukünftig die Region mit Schiffen befahren kann. Deshalb hat Kanada im April neue verteidigungspolitische Richtlinien verabschiedet, in denen benennt Kanada als dringendste Aufgabe den „Schutz der eigenen Souveränität im arktischen Norden sicherzustellen, wo Russland insgesamt betrachtet die stärkste Militärpräsenz aller Staaten hat.“ [41] Man rechnet damit, dass wenn der Konflikt mit Russland eskaliert, was immer wahrscheinlicher wird, auch die Arktis zum Schlachtfeld wird.

Treffen des kanadischen mit dem US-Verteidigungsminister

Nur zwei Tage nachdem sich Verteidigungsminister Pistorius in Ottawa mit seinem kanadischen Amtskollegen Blair getroffen hat, flog Blair in die USA und traf dort den US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin III. Bei dem Treffen stellte Blair seinem US-Amtskollegen die neuen sicherheitspolitischen Richtlinien Kanadas vor. Blair versprach neue Investitionen in:

  • „Neue Möglichkeiten und Ausrüstung zur Verbesserung der arktischen und nordamerikanischen Sicherheit;
  • Modernisierung des North American Aerospace Defense Command;
  • Unterstützung der Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen die russische Aggression und
  • Verstärkung der NATO-Verteidigung.“ [42]

So war der US-Verteidigungsminister sehr zufrieden, dass Kanada beschlossen hat, Drohnen in der Ukraine zu produzieren. Austin unterstrich die Bedeutung der Arktis: „Die Aktualisierung der verteidigungspolitischen Richtlinien unterstreicht die Bedeutung der Verteidigung der Arktis, der Verbesserung der Cyber- und Weltraumfähigkeiten und der Modernisierung der kanadischen Verteidigungsinfrastruktur und -ausrüstung.“ [43]

Ausschnitt aus der Infografik der Nato zum New Force Model der NATO. Nachdem der Einsatzbefehl eingeht sollen zuerst 100.000 Soldaten einsatzbereit sein. Im nächsten Schritt nochmal 200.000 und abschließend mindestens 500.000. Also insgesamt 800.000 Soldaten sollen in 180 Tagen bereit zum Kampf sein. (Grafik: NATO / <https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/6/pdf/220629-infographic-new-nato-force-model.pdf>)

Die Arktis-Strategie der USA

Mitte April machte Esther McClure, Direktorin des Verteidigungsministeriums für die Arktis und Meerespolitik, deutlich, dass die Arktis eine führende Rolle in der Great Power Competition spielen wird. Durch den Klimawandel wird die Konfrontation zunehmen, da das Eis schmilzt und den Weg zu unglaublich großen Rohstofflagerstätten frei macht. Die USA wollen sicherstellen, dass sie es sind, die sich die Rohstoffe unter den Nagel reißen.

Allerdings haben auch Russland und China Interessen in der Arktis. McClure erklärt, was das Ziel für die Arktis ist:

„Die Arktis soll eine sichere und stabile Region sein, in der die nationalen Sicherheitsinteressen der USA gewahrt werden, das Heimatland der USA verteidigt wird und die Nationen bei der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen zusammenarbeiten.“ [44]

Um diese Strategie umzusetzen braucht die USA ihre Verbündeten. Es scheint als ob Deutschland und Kanada dabei eine Schlüsselrolle übernehmen und sich damit der US-Strategie, der Great Power Competition unterordnen. Auch McClure meint, dass Allianzen der Schlüssel für die Arktis sind. Und so arbeitet man laut McClure daran, das gemeinsame Handeln zu koordinieren:

„Aber Allianzen brauchen, wie Gärten, Pflege. Die Verwaltung von Bündnissen ist ein ganz eigener Arbeitsbereich im Pentagon, da wir versuchen, die verschiedenen nationalen Perspektiven zu verstehen, die jeder Verbündete einbringt, und unsere Maßnahmen zu koordinieren.“ [45]

Man muss dabei betonen, dass im Zuge der Great Power Competition schnell einsatzbereite Kampfgruppen, so genannte „units of action“, gebildet wurden, denen ein Kriegerethos „warrior ethos“ antrainiert wird, so sind z.B. auch die Battlegroups in den osteuropäischen Ländern aufgebaut. Dies zeigt, dass sich die USA und ihre Verbündeten kriegsbereit machen. Es geht in dieser Strategie nur noch um reine Konfrontation und um die Verteidigung der „internationalen regelbasierten Ordnung“ gegen China und Russland, die die „etablierten Normen der regelbasierten Ordnung“ herausfordern. China läuft den USA den Rang ab und bringt die internationale Ordnung durch „erstaunlichen Erfolg in den Bereichen Wirtschaft, Diplomatie, Militär und Technologie“ durcheinander. Die Einsatzbereitschaft wird über Großübungen hergestellt. Die „Wirksamkeit der Missionen“ steht im Vordergrund, um Einsätze präzise durchzuführen. [46]

Die USA, Deutschland und die NATO treten angeblich für freie Seefahrt, Freiheit und Stabilität im Indo-Pazifik ein. Für die Arktis und ganz besonders für Alaska gilt dies nicht. Hier sind es knallharte US-Interessen, die verteidigt werden.

Ein weiterer Grund warum gerade Alaska mit allen Mitteln „verteidigt“ wird, könnte das Frühwarnradar für ICBM (Interkontinentalraketen), sprich Atomwaffen sein. Allerdings kann man bis zum Einschlag nie mit Sicherheit sagen, ob wirklich ein atomarer Sprengkopf angebracht ist. Dazu sind die Systeme nicht in der Lage.

Soldaten der 1st Infantry Brigade Combat Team und der 11th Airborne Division auf dem Weg zu ihrem Übungsziel außerhalb von Utqiagvik, Alaska. Teil der Übung: Joint Pacific Multinational Readiness Training, am 15.02.2024. (Foto: US-Verteidigungsministerium / Army Pfc. Brandon Vasquez / <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3741920/pentagon-arctic-policy-official-underscores-critical-role-of-alliances-in-evolv/>)

Auf der Clear Space Force Station in Alaska befindet sich das Long Range Dis­crimi­­nation Radar, welches speziell den Zweck hat, nach ballistischen Raketen zu suchen. Sobald das Radar eine anfliegende Rakete entdeckt, kommen die Abfangraketen in Fort Greely, Alaska, ins Spiel. Dieser Stützpunkt gehört zum U.S. Army Space and Missile Defense Command. Hier lagern 40 der 44 Abfangraketen, die die Vereinigten Staaten besitzen. Die Erfolgsrate der Abfangraketen lag 2017 bei erschütternden 40 %. Daraufhin verkündete die Missile Defence Agency eine „strategische Pause“. Seither wurden die Abfangraketen allerdings nicht ersetzt. Die USA besitzen effektivere Abfangsysteme, wie etwa THAAD (Terminal High Altitude Area Defense), dessen antiballistische Raketen von Tiefladern abgeschossen werden. Allerdings sind alle THAAD Systeme zur Zeit im Ausland stationiert [47]. Außerdem hat die US-Navy ein Programm namens Aegis, bei dem antiballistische Raketen von Kreuzern oder Schiffen abgeschossen werden. Hier beträgt die Erfolgsrate im Gegensatz zu den Abfangraketen in Alaska 85 % [48]. Allerdings sind die Aegis-Schiffe im Atlantik, im Pazifik und im Persischen Golf stationiert. Dort sollen sie US-Soldaten, die NATO-Partner und andere Verbündete vor ballistischen Raketen schützen.

Deshalb bezeichnete das US-Verteidigungsministerium Alaska als „den strategisch wichtigsten Ort der Welt“. [49]

Wenn also die Eismassen abschmelzen und es eine schiffbare nördliche Passage gibt, könnte das Frühwarnsystem und die Abfangraketen vollkommen nutzlos sein und einfach unterlaufen werden. Dies könnte zu einer raschen Eskala­tion führen.

Allerdings muss man dazu sagen, dass es mit U-Booten auch heute möglich ist, diese Frühwarnsysteme zu umgehen. Atomar betriebene und bestückte U-Boote sind nicht aufzuspüren und können völlig autark, mit eigener Luftversorgung, eigener Wasserherstellung und Energie, solange Unterwasser bleiben, wie es die Lebensmittelvorräte erlauben. Mit diesen Atom-U-Booten verkürzt sich die Vorwarnzeit erheblich und es können bis zu 50 SLBM (U-Boot-gestütze ballistische Raketen) fast gleichzeitig auf verschiedene Ziele abgefeuert werden, was auch der Grund für die ständige Einsatzbereitschaft der Atomwaffen auf allen Seiten ist. [50] Die so gennante „Launch on Warning“-Doktrin besagt, dass sobald ein Frühwarnsystem vor einem bevorstehenden Atomwaffenangriff warnt, sofort zurückgeschossen wird. [51] Dies soll der Abschreckung dienen, eine Art psychologischer Zustand, der gegenseitige Vernichtung verspricht. Das geht solange gut, bis es eben nicht mehr gut geht. Und dann ist wirklich alles möglich.

Befehlsstruktur der nuklearen Teilhabe. (Grafik: Greenpeace / Flyer: „Abstimmung eines deutschen Atomwaffeneinsatzes im Rahmen der nuklearen Teilhabe“ / Stand 09/2021)

Die Folgen einer Eskalation

Alles deutet darauf hin, dass es einen großen Krieg, einen möglichen 3. Weltkrieg geben könnte. Es ist davon auszugehen, dass ein 3. Weltkrieg ein nuklear geführter Krieg sein wird.

1983 brachte Carl Sagan sein berühmtes „Nuclear Winter“ Paper heraus, in dem er vor den Folgen eines Atomkriegs warnte. Ein Atomkrieg hätte direkte Folgen auf das Klima. Es kommt zu einem nuklearen Winter. In einer Studie von Xia, Robock und Scherrer et al., die in Nature Food erschienen ist [52], wurde das Paper von Sagan aktualisiert. Darin wird für einen Atomkrieg zwischen Russland und den USA eine Opferzahl von 5 Milliarden geschätzt (5.000.000.000), die durch die Explosionen direkt oder durch die Folgen eines Atomkriegs sterben.

Wenn man einen Atomkrieg überlebt, stirbt man entweder an der Strahlenkrankheit oder man erfriert, aufgrund des nuklearen Winters, der die Temperaturen massiv nach unten katapultiert. Es wird geschätzt, dass die Temperaturen in der Ukraine, bei einem Atomkrieg zwischen Russland und den USA, mindestens 6 Jahre nicht über den Gefrierpunkt steigen werden.

Wenn man das übersteht, kommen die nächsten „Hindernisse“. Böden werden verstrahlt sein und die Ernten werden eingehen. Daraufhin kommt es auch zu einem Massensterben der Tiere. Menschen werden es schwer haben etwas zu essen zu finden. Durch die niedrigen Temperaturen wird es auch immer schwieriger an Oberflächenwasser zu gelangen, da alles eingefroren sein wird. Dies führt zu Dehydrierung und letztendlich zum Tod. Nikita Chruschtschow hat einmal gesagt:

„Die Überlebenden werden die Toten beneiden.“

Sieht so der Schutz der ukrainischen Zivilbevölkerung aus? Und warum gilt der Schutz nicht für die gesamte Weltbevölkerung?

Also Schluss mit diesem Wahnsinn! Wollen Sie, liebe Politiker und Journalisten, die für den Krieg eintreten, wirklich dafür verantwortlich sein? 5 Milliarden Tote!

Erinnern Sie sich an die Worte von Dr. Martin Luther King Jr.:

„Lassen Sie uns also in dieser Versammlung in dem Wissen bleiben, dass bei bestimmten Positionen die Feigheit fragt, ob es sicher ist; die Zweckmäßigkeit fragt, ob es politisch ist; die Eitelkeit fragt, ob es populär ist. Aber das Bewusstsein stellt die Frage, ob es richtig ist. Und bei manchen Positionen ist es für den moralischen Menschen notwendig, einen Standpunkt einzunehmen, der weder sicher, noch politisch, noch populär ist. Er muss es tun, weil es richtig ist.“ [53]

Tun Sie das Richtige!

PEACE!

Quellen:

[1] Free21, Ausgabe 02-2024, <https://free21.org/magazine/02-2024/>
[2] Military Watch Magazine, „U.S. Special Forces Chief Gives New Details on British Ground Forces’ Frontline Ops. in Ukraine“, am 14.05.2024, <https://militarywatchmagazine.com/article/specialforces-details-british-ops-ukraine>
[3] TASS, „Over 3,100 foreign mercenaries fight for Ukraine, most of them from US“, am 25.04.2024, <https://tass.com/politics/1780383>
[4] Uncutnews, „Die ersten 100 französischen Soldaten des 3. Infanterieregiments sind in der Ukraine eingetroffen! – 1.400 weitere werden folgen.“, am 06.05.2024, <https://uncutnews.ch/die-ersten-100-franzoesischen-soldaten-des-3-infanterieregiments-sind-in-der-ukraine-eingetroffen-1-400-weitere-werden-folgen/>
[5] BBC, Laura Gozzi, „Russia to hold nuclear drills following ‘threats’ from West“, am 06.05.2024, <https://www.bbc.com/news/articles/cq5npwdv3wzo>
[6] Berliner Zeitung, „Russland droht mit Angriffen auf britische Militärziele – Botschafter einbestellt“, am 06.05.2024, <https://www.berliner-zeitung.de/news/russland-droht-mit-angriffen-auf-britische-militaerziele-botschafter-einbestellt-li.2212655>
[7] BBC, Laura Gozzi, „Russia to hold nuclear drills following ‘threats’ from West“, am 06.05.2024, <https://www.bbc.com/news/articles/cq5npwdv3wzo>
[8] Jurist News, Shannon McKeown-Gilmore, „UK to expel diplomat Russia diplomat over accusations of espionage“, am 08.05.2024, <https://www.jurist.org/news/2024/05/uk-to-expel-diplomat-russia-diplomat-over-accusations-of-espionage/>
[9] France24, „France summons Russian ambassador over disinformation campaign“, am 07.05.2024, <https://www.france24.com/en/europe/20240507-france-summons-russian-ambassador-over-disinformation-campaign>
[10] ZDF, Kevin Schubert, „US-Waffen: Warum Kiew auf die Freigabe hofft“, am 17.05.2024, <https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/ukraine-us-waffen-gegen-russland-100.html>
[11] Spiegel, „US-Außenminister Blinken will Kiew das Abfeuern von US-Waffen auf Russland erlauben“, am 223.05.2024, <https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-antony-blinken-will-das-abfeuern-von-us-waffen-auf-russland-erlauben-a-c5257774-95d1-4dc9-95ac-a5e6526a4481>
[12] ZDF, dpa, „Scholz will Regel für Waffen beibehalten“, am 26.05.2024, <https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/scholz-waffenlieferungen-regeln-ukraine-krieg-russland-100.html>
[13] Welt, „Kiesewetter schlägt „Koalition der Willigen“ für Luftabwehr über Westukraine vor“, am 26.05.2024, <https://www.welt.de/politik/ausland/article251693480/Ukraine-News-Kiesewetter-schlaegt-Koalition-der-Willigen-fuer-Luftabwehr-ueber-Westukraine-vor.html>
[14] ZDF, dpa, „Scholz will Regel für Waffen beibehalten“, am 26.05.2024, <https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/scholz-waffenlieferungen-regeln-ukraine-krieg-russland-100.html>
[15] DW, Bernd Riegert, „NATO berät Waffeneinsatz der Ukraine auf russischem Gebiet“, am 30.05.2024, <https://www.dw.com/de/nato-ber%C3%A4t-waffeneinsatz-der-ukraine-auf-russischem-gebiet/a-69222887>
[16] The Economist, „NATO’s boss wants to free Ukraine to strike hard inside Russia“, am 24.05.2024, <https://www.economist.com/europe/2024/05/24/natos-boss-wants-to-free-ukraine-to-strike-hard-inside-russia>
[17] SRF, „Nato: Ukraine Einsatz westlicher Waffen in Russland gestatten“, am 27.05.2024,  <https://www.srf.ch/news/international/krieg-in-der-ukraine-nato-ukraine-einsatz-westlicher-waffen-in-russland-gestatten>
[18] Handelsblatt, „Ukraine: Selenski fordert Recht auf Einsatz westlicher Waffen“, am 27.05.2024 um 14.27 Uhr, <https://www.handelsblatt.com/politik/international/ukraine-selenski-fordert-recht-auf-einsatz-westlicher-waffen-gegen-russland/27982126.html>
[19] ZEIT, „Biden erlaubt offenbar teilweise Einsatz von US-Waffen in Russland“, am 30.05.2024, <https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-05/usa-ukraine-russland-krieg-einsatz-waffen>
[20] Bild, Angelika Hellemann, „Ukraine darf mit deutschen Waffen auf Ziele in Russland feuern“, am 31.05.2024, <https://www.bild.de/politik/krieg-in-der-ukraine-scholz-erlaubt-waffeneinsatz-auf-russische-gebiete-66598d39c78b1a7505f8e306>
[21] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „Pistorius trifft Amtskollegen Austin in Washington: HIMARS für die Ukraine“, am 10.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/pistorius-verkuendet-in-washington-himars-fuer-die-ukraine-5778634>
[22] US-Verteidigungsministerium, Todd Lopez, „U.S., German Defense Leaders Discuss Shared Interests in NATO, Ukraine, Indo-Pacific“, am 09.05.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3770788/us-german-defense-leaders-discuss-shared-interests-in-nato-ukraine-indo-pacific/>
[23] Bundesministerium der Verteidigung, „USA-Reise: Rede des Verteidigungsministers an der Johns Hopkins University“, am 14.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/rede-des-verteidigungsministers-an-der-johns-hopkins-university-5782324>
[24] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „Ottawa: Kanada zahlt 52 Millionen Euro für ukrainische Luftverteidigung“, am 11.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/kanada-52-millionen-ukrainische-luftverteidigung-5781836>
[25] Bundesministerium der Verteidigung, „Schutz der NATO-Ostflanke“, <https://www.bmvg.de/de/themen/dossiers/die-nato-staerke-und-dialog/schutz-der-nato-ostflanke>
[26] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „Ottawa: Kanada zahlt 52 Millionen Euro für ukrainische Luftverteidigung“, am 11.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/kanada-52-millionen-ukrainische-luftverteidigung-5781836>
[27] Bundesministerium der Verteidigung, Florian  Manthey, „3+3 im Baltikum: Gemeinsam im Einsatz für den Schutz der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke“, am 07.07.2023, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/3-3-die-nato-im-baltikum-5649256>
[28] Bundesministerium der Verteidigung, „USA-Reise: Rede des Verteidigungsministers an der Johns Hopkins University“, am 14.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/rede-des-verteidigungsministers-an-der-johns-hopkins-university-5782324>
[29] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „New Force Model: Wie Deutschland sich ab 2025 in der NATO engagiert“, am 25.07.2022, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/new-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2025-in-nato-engagiert-5465714>
[30] NATO, Infografik: New Force Model, <https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/6/pdf/220629-infographic-new-nato-force-model.pdf>
[31] BR24, Kilian Neuwert und Pirmin Breninek, „Heeresdivision bis 2025: Großprojekt mit Hindernissen“, am 19.01.2024, <https://www.br.de/nachrichten/bayern/heeresdivision-bis-2025-grossprojekt-mit-hindernissen,U1iJtRf>
[32] Bundeswehr, „Indo-Pacific Deployment 2024“, <https://www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/indo-pacific-deployment-2024>
[33] Bundeswehr, „Pacific Skies 24: Eine Verlegung, fünf Übungen“, <https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/team-luftwaffe-auf-uebung/luftwaffe-bei-pacific-skies-24->
[35] US-Verteidigungsministerium, Todd Lopez, „U.S., German Defense Leaders Discuss Shared Interests in NATO, Ukraine, Indo-Pacific“, am 09.05.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3770788/us-german-defense-leaders-discuss-shared-interests-in-nato-ukraine-indo-pacific/>
[36] Auswärtiges Amt, „Leitlinien zum Indo-Pazifik“, <https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2380500/33f978a9d4f511942c241eb4602086c1/200901-indo-pazifik-leitlinien–1–data.pdf>
[37] The TriContinental: Institute for Social Research, Dae-Han Song, „The New Cold War Is Sending Tremors through Northeast Asia“, am 21.05.2024, <https://thetricontinental.org/dossier-76-new-cold-war-northeast-asia/>
[38] ifo-Institut, Gabriel Felbermayr und Wilhelm Kohler, „Welthandel: Frei und fair? Handelsabkommen in der Kritik“, am 09.04.2015, <https://www.ifo.de/DocDL/ifosd_2015_07_1.pdf>
[39] Foreign Affairs, Matt Pottinger und Mike Gallagher, „No Substitute for Victory“, Mai/Juni 2024, <https://www.foreignaffairs.com/united-states/no-substitute-victory-pottinger-gallagher>
[40] Deutschlandfunk, „Pistorius schlägt Kanada Zusammenarbeit in der Arktis vor“, am 11.05.2024, <https://www.deutschlandfunk.de/pistorius-schlaegt-kanada-zusammenarbeit-in-der-arktis-vor-104.html>
[41] ebd.
[42] US-Verteidigungsministerium, David Vergun, „Canada Releases Defense Policy Update to Boost Security“, am 13.05.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3773641/canada-releases-defense-policy-update-to-boost-security/>
[43] ebd.
[44] US-Verteidigungsministerium, Joseph Clark, „Pentagon Arctic Policy Official Underscores Critical Role of Alliances in Evolving Region“, am 15.04.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3741920/pentagon-arctic-policy-official-underscores-critical-role-of-alliances-in-evolv/>
[45] ebd.
[46] US-Luftwaffe, „THE CASE FOR CHANGE“, <https://www.af.mil/Portals/1/documents/2024SAF/GPC/The_Case_for_Change.pdf>
[47] Annie Jacobsen, „72 Minuten bis zur Vernichtung – Atomkrieg Ein Szenario“, Heyne Verlag, 2024, S. 157
[48] ebd. S. 156
[49] ebd. S. 104-110
[50] ebd. S. 143-152
[51] ebd. S. 86-87
[52] Xia, L., Robock, A., Scherrer, K. et al. „Global food insecurity and famine from reduced crop, marine fishery and livestock production due to climate disruption from nuclear war soot injection.“ Nat Food 3, 586–596 (2022). <https://doi.org/10.1038/s43016-022-00573-0>
[53] Free21, Dr. Martin Luther King, Jr., „Die drei Übel der Gesellschaft“, am 28.03.2024, <https://free21.org/die-drei-uebel-der-gesellschaft/>

Der Weg in den 3. Weltkrieg

Von Tobias Augenbraun , veröffentlicht am: 10. Juni 2024, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 10.06.2024 auf www.free21.org veröffentlicht. Lizenz: Tobias Augenbraun, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

Das Bild zeigt eine Atomkriegssimulation, die von der Universität Princeton 2019 durchgeführt wurde, mit dem Namen „Plan A“. In der Simulation kommt es als erstes zur Zerstörung Europas. Das gilt es zu verhindern. (Bild: Princeton – Science & Global Security / Plan A / <https://sgs.princeton.edu/the-lab/plan-a>)

Wie Free21 bereits in der letzten Ausgabe berichtet hat, wird die Arktis zunehmend wichtiger in der Konfrontation mit Russland [1]. Deutschland übernimmt eine entscheidende Rolle in der Arktis und ordnet sich damit der neuen US-Strategie der Great Power Competition (Wettbewerb der Großmächte) unter.

Gehen wir die Entwicklungen chronologisch durch. Zunächst wurde unter anderem durch den Taurus-Leak bekannt, dass bereits US-amerikanische und britische Soldaten in der Ukraine sind und Unterstützung leisten. Nun hat der Leiter des US Special Forces Command, General Bryan Fenton neue Details zu der britischen Operation offenbart. Er sagte, dass Pentagon würde über den Krieg „am meisten durch die britischen Spezialoperationen“ lernen. Die britischen Einheiten beraten und beaufsichtigen laut Fenton die Drohnenoperationen [2]. Die russische Nachrichtenagentur TASS berichtete, dass über 3100 ausländische Soldaten in der Ukraine kämpfen sollen [3].

Angeblich sollen bereits 100 Soldaten der französischen Fremdenlegion vor Ort sein und weitere sollen mutmaßlich folgen [4]. Macron forderte in den letzten Wochen immer wieder auch westliche Truppen in die Ukraine zu schicken. Nachdem er Ende April/Anfang Mai nicht ausschloss französische Soldaten in die Ukraine zu schicken und der britische Außenminister Cameron dies ebenfalls nicht ausschloss, reagierte Moskau mit der Ankündigung, eine Atomwaffenübung durchzuführen [5].

Als weitere Reaktion auf die andauernden Drohungen westlicher Staaten, wurden die Botschafter Frankreichs und Großbritanniens einbestellt. Dabei wurde dem britischen Botschafter in Moskau, Nigel Casey, mitgeteilt, dass die russische „Antwort auf ukrainische Angriffe mit britischen Waffen auf russischem Territorium, jede britische Militäreinrichtung und Ausrüstung auf ukrainischem Territorium und darüber hinaus“ treffen könne [6]. Auch der französische Botschafter wurde von den Russen einbestellt. Für sie gilt das Gleiche wie für die Briten [7]. Die Briten reagierten daraufhin mit der Ausweisung eines russischen Diplomaten, dem man Spionage vorwarf [8]. Die Franzosen bestellten als Reaktion ebenfalls den russischen Botschafter ein [9].

Obwohl Russland damit klar gemacht hat, dass sie alle Staaten als kriegsbeteiligt ansehen, wenn von ihnen gelieferte Waffen auf russischem Territorium einschlagen, wurde in den USA darüber diskutiert, ob die Ukraine US-Waffen benutzen darf, um Ziele in Russland anzugreifen [10]. Dies hatte man bisher vermieden, um nicht als Kriegspartei zu gelten. US-Außenminister Blinken forderte, Kiew das Abfeuern von US-Waffen gegen Russland zu erlauben [11].

In Deutschland wurde die Diskussion von den beiden Politikern Anton Hofreiter (Grüne) und Roderich Kiesewetter (CDU) angefacht. Beide forderten die Lockerung der Regeln. Das ZDF schreibt über Hofreiters Forderungen:

„Der Grünen-Europa-Politiker Anton Hofreiter hat sich als erster Bundespolitiker der Ampel-Koalition dafür ausgesprochen, die Ukraine nicht länger davon abzuhalten, mit westlichen Waffen auch russisches Territorium anzugreifen. ,Es geht hier um den Schutz der ukrainischen Bevölkerungʻ, sagte er in einem am Samstag veröffentlichten Interview der Funke-Mediengruppe. ,Das Völkerrecht erlaubt es einem angegriffenen Staat, militärische Ziele im Land des Aggressors zu attackieren.ʻ“ [12]

Kiesewetter forderte in guter alter Bush-Tradition eine „Koalition der Willigen“ zur Luftabwehr in der Westukraine [13]. Bundeskanzler Scholz hielt bisher weiter an den Regeln für Waffenlieferungen fest. Er sagte: „Für die Waffenlieferungen, die wir bisher geleistet haben, haben wir klare Regeln, die mit der Ukraine vereinbart sind. Und die funktionieren. Das ist jedenfalls meine These.“ [14] Allerdings sagte Scholz auch, dass die Ukraine sich verteidigen könne, solange sie sich ans Völkerrecht halte [15]. Wie bereits die Aussagen von Hofreiter und Kiesewetter zeigen, ist die Haltung, dass ein solcher Beschuss vom Völkerrecht gedeckt ist. Diese Haltung spielt überhaupt keine Rolle, da es darauf ankommt, wie dies von Russland wahrgenommen wird. Und sie haben bereits unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie den Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium als Kriegsbeteiligung ansehen würden.

Jens Stoltenberg, der NATO-Generalsekretär, forderte am 24.05.2024 Schläge bis tief auf russisches Territorium [16]. Am Montag 27.05.2024 rief die NATO ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, den Einsatz westlicher Waffen auf Militärziele in Russland zu erlauben [17]. Am 27.05.2024 meldete das Handelsblatt im Liveticker, dass die NATO, unter dem Motto „Der Ukraine bis zum Sieg beistehen“, den Einsatz westlicher Waffen gegen Russland in der Parlamentarischen Versammlung der NATO (PV) beschlossen hat [18].

Die Zeit berichtete am 30.05.2024, dass Joe Biden wohl den Einsatz von US-Waffen in der Region Charkiw gegen Ziele innerhalb des nahgelegenen Russlands genehmigt hat. Die Zeit schreibt, dass sich an der Vorgabe der USA, keine Langstreckenwaffen innerhalb Russlands einzusetzen, nichts geändert habe [19].

Deutschland folgte den USA und laut BILD-Zeitung gab es nun eine „Waffenwende“. Dem Beispiel der USA folgend hat Bundeskanzler Scholz den Einsatz deutscher Waffen gegen Ziele innerhalb Russlands für den Raum Charkiw genehmigt. Angeblich gehe es nur um einen 40 km Radius hinter der Grenze. Die Lieferung von Taurus und anderen Langstreckenwaffen an die Ukraine soll auch weiterhin nicht genehmigt werden. Der Regierungssprecher erklärte:

Es geht um die Befreiung des ­ukrainischen Staatsgebiets, und wir haben mit der Ukraine vereinbart, dass die von uns gelieferten Waffen dazu völkerrechtskonform eingesetzt werden. …“ [20]

Deutschland ist also beim Entzünden des 3. Weltkriegs mit von der Partie, wieder einmal.

Deutschland und der Ukrainekrieg

Am 09.05.2024 traf Boris Pistorius seinen Amtskollegen Lloyd J. Austin III im Pentagon. Bei dem Treffen der beiden Verteidigungsminister ging es um die Ukraine und um den Indo-Pazifik. Diese beiden Themen werden, wie wir bereits beim Taurus Leak sehen konnten, immer gemeinsam besprochen.

Boris Pistorius hatte dort für die Vereinigten Staaten erfreuliches zu verkünden, denn er brachte ein paar Geschenke mit: „Der Mehrfachraketenwerfer HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System) soll die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland unterstützen. Drei werden gemeinsam von den USA und Deutschland geliefert. Sie stammen aus Beständen der US-Streitkräfte und werden von Deutschland bezahlt.“, verkündete Pistorius in Washington während seiner USA-Reise. [21]Außerdem lobte Pistorius die enge Kooperation mit der US-Rüstungsindustrie. So habe man 380 Rüstungsverträge mit einem Volumen von 23 Milliarden Euro geschlossen. Dazu kommt noch die Verpflichtung, 2% des BIP für Rüstung auszugeben. Die USA agieren hier wie ein Mafiapate, der 25% von allen Geschäften verlangt. Dafür und für den Aufbau einer ständigen Brigade in Litauen gab es ein extra Lob vom US-Verteidigungsminister. Der sagte: „Deutschlands Plan für eine ständige Brigade in Litauen ist eine historische Verpflichtung, die die europäische Sicherheit stärken wird. Und wir sind sehr erfreut darüber, dass Deutschland unsere gemeinsame NATO-Verpflichtung erfüllt hat, in diesem Jahr mindestens 2% seines BIP für die Verteidigung auszugeben. Deutschland bleibt einer unserer stärksten und zuverlässigsten Verbündeten.“ [22]

In einer Rede an der Johns Hopkins University sprach Pistorius davon, dass Deutschland bereit sei für eine sicherheitspolitische Führungsrolle in Europa. Er sagte: „Lassen Sie uns – die USA und Deutschland zusammen – die Zukunft gestalten, zusammen mit all denen, die für Freiheit, Frieden und die regelbasierte internationale Ordnung stehen.“ [23]

Laut Bundeswehr wird Deutschland an der „Ostflanke“ verteidigt. (Bild: Bundeswehr / <https://www.bmvg.de/de/themen/dossiers/die-nato-staerke-und-dialog/schutz-der-nato-ostflanke>)

Kanada, Deutschland und die „NATO-Ostflanke”

Einen Tag nach dem Besuch von Verteidigungsminister Pistorius in den USA reiste er weiter nach Kanada, um sich dort mit seinem Amtskollegen Bill Blair zu treffen. Bei diesem Treffen ging es um die ­Ukraine und die Arktis. Kanada verpflichtete sich für den „Abwehrkampf der Ukraine mit 52 Millionen Euro“. Eine entscheidende Rolle in der engen Militärkooperation spielt der „Schutz der NATO-Ostflanke“ [24]. Laut Verteidigungsministerium (BMVg) hat die „NATO adäquate Beschlüsse“ zum Schutz der NATO-Ostflanke beschlossen. Diese sehen folgendes vor:

  • „Erhöhung der Verteidigungsausgaben
  • Aufbau einer besonders schnellen Eingreiftruppe (VJTF)
  • Verstärkung der Luftraumüberwachung (Air Policing)
  • Intensivere maritime Präsenz
  • Entsendung von Kampfverbänden (Battlegroups) in die osteuropäischen NATO-Staaten
  • Truppenverstärkung an der ­NATO Ostflanke
  • Mehr Übungen und größere Manöver
  • Verabschiedung eines neuen strategischen Konzeptes [25]

Die größte NATO-Übung seit Jahrzehnten, Steadfast Defender, welche im Mai zu Ende ging, hat man bereits dazu genutzt Truppen an der „Ostflanke“ zu stationieren. Deutschland diente dabei als Drehscheibe für die Truppenverschiebungen.

Um den Schutz der NATO-Ostflanke zu koordinieren hat Deutschland das 3+3-Format ins Leben gerufen. „Neben Kanada sind außerdem Großbritannien, Litauen, Estland und Lettland daran beteiligt.“ [26] Mit so genannten Battlegroups wird hier laut BMVg das „Bündnisterritorium geschützt“:

„Deutschland hat als Rahmennation die Führung der Battlegroup in Litauen übernommen, Kanada in Lettland und Großbritannien in Estland sowie die USA in Polen. Die Zusammensetzung der multinationalen Kampfverbände variiert und wird mit den Gaststaaten abgestimmt. Deutschland zum Beispiel stellt neben der Führung der Battlegroup dauerhaft mindestens eine Kampftruppenkompanie. In der Regel sind über 500 deutsche Soldatinnen und Soldaten Teil der eFP (enhanced Forward Presence) in Litauen. Vor allem in Rukla, rund 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Vilnius, leisten sie Dienst. Unterstellt ist diese Battlegroup der litauischen Kampfbrigade Iron Wolf.“ [27]

Das bedeutet, dass Deutschland, Kanada, Großbritannien und die USA mit schnell einsetzbaren Kampfgruppen direkt an der Grenze Russlands und Belarus stehen.

In dem Zusammenhang sagte Pistorius in seiner bereits erwähnten Grundsatzrede an der Johns Hopkins University:

„Wir wissen, die kollektive Sicherheit ist das, was uns stark macht. Die Sicherheit unserer Verbündeten ist unsere Sicherheit. Deshalb wird bis zum nächsten Jahr ein Großteil der Bundeswehr dem Kommando der NATO unterstellt sein. Davon werden rund 35.000 Soldaten in den beiden höchsten Alarmstufen bereit stehen. Unser besonderes Augenmerk gilt weiterhin der Verteidigung unserer Verbündeten an der NATO-Ostflanke.“ [28]

Dies ist Teil des so genannten New Force Models der NATO, bei dem es darum geht noch schneller einsatzbereite Kampftruppen zu schaffen. Das neue Streitkräftemodell soll die NATO Response Force ersetzen. Deutschland beteiligt sich mit über 30.000 Soldaten und 85 Schiffen und Flugzeugen an dieser Umstrukturierung. Diese Soldaten, Schiffe und Flugzeuge sollen innerhalb von 30 Tagen, nachdem der Einsatzbefehl erfolgt ist, einsatzbereit sein. [29]

Insgesamt sieht das New Force Model vor, nach einem Einsatzbefehl, in den ersten zehn Tagen mehr als 100.000 Soldaten zu aktivieren, in den Tagen 10-30 sollen ca 200.000 Soldaten aktiviert werden und in den Tagen 30-180 sollen mindestens 500.000 Soldaten aktiviert werden. Diese Umstrukturierung sollte bereits 2023 abgeschlossen sein. Nun wird angestrebt die Umstrukturierung bis 2025 abzuschließen. [30]

Ziel der schnellen Einsatztruppen ist die Abschreckung Russlands. Man könnte dies allerdings auch leicht mit Angriffsvorbereitungen verwechseln. In Deutschland trägt dieses Projekt den Namen Division 25 und wird von General Ruprecht von Butler kommandiert. Zur Division 25 gehören eine niederländische Brigade und die deutsch-französische Brigade. Zum Thema eines möglichen Kriegs sagte von Butler im Bayrischen Rundfunk, dass sich die Männer und Frauen unter seinem Kommando die Frage stellen:

„…was bedeutet es, wenn ich im Dienst der Bundesrepublik Deutschland Frieden und Freiheit vielleicht auch mit Waffengewalt verteidigen muss“? Das sei nicht mehr nur eine theoretische Frage, sondern im Bereich des „praktisch Möglichen“. [31]

Das New Force Model wird die alte NATO-Response Force ersetzen. Die Veränderungen werden in diesem Schaubild gezeigt. (Bild: Bundeswehr, Stand 14.7.2022 / <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/new-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2025-in-nato-engagiert-5465714>)

Der Indo-Pazifische Raum – Im Gleichschritt gegen China

Bei den Gesprächen von Pistorius mit Austin ging es, wie bereits erwähnt, auch um die immer wichtiger werdende Indo-Pazik Region. Die USA und zahlreiche Nationen kommen zur Zeit im Indo-Pazifik zusammen, um die Großübung „Rim of the Pacific“ oder auch RIMPAC genannt, durchzuführen. Bei der Bundeswehr heißt die weltweit größte jemals durchgeführte Seekriegsübung Indo-Pacific Deployment 2024 [32]. Die Übung der Luftwaffe im Indo-Pazifik heißt Pacific Skies 24. „Starten werden deutsche Tornados mit einem Tiefflugtraining in Alaska – der letzte internationale Auftritt der Tornado-Flotte.“, schreibt die Bundeswehr [33]. Diese Übung in Alaska kennen wir bereits aus dem Taurus-Leak.

Über die Partnerschaft im Indo-Pazifik schreibt das US-Verteidigungsministerium: „,Ob es um die Abschreckung der Kreml-Aggression geht oder darum die Stabilität im indo-pazifischen Raum zu stärken, unsere beiden stolzen Demokratien marschieren im Gleichschrittʻ, sagte Austin.
Pistorius dankte Austin für die amerikanische Führungsrolle bei der Unterstützung der Ukraine und räumte ein, dass die USA und Deutschland auch Interessen außerhalb Europas haben – insbesondere im indo-pazifischen Raum.
Ein freier und friedlicher Indo-Pazifik ist für uns alle wichtig, und wir wollen dazu beitragen, den Frieden und die Stabilität in dieser ­Region zu fördernʻ, sagte Pistorius und fügte hinzu, dass er sich auf die Teilnahme Deutschlands an der Übung ‚Rim of the Pacific‘ freue, die im Juni beginnt.
Die Veranstaltung, die auch als Rimpac bekannt ist, ist die weltweit größte Übung zur Seekriegsführung, die jemals durchgeführt wurde. ,Deutschland ist und bleibt ein fester Verbündeter der Vereinigten Staatenʻ, sagte Pistorius. ,Wir werden weiterhin enge Partner sein und als Verbündete und Freunde zusammenarbeiten. Das ist in dieser Welt wichtiger denn je, und ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam viel erreichen können.‘“ [35]

In Deutschlands Indo-Pazifik Strategie werden folgende „Interessen“ benannt [36]:

  • Frieden und Sicherheit: Im indo-pazifischen Raum liegen mehrere Atomwaffenstaaten, mit China, Indien und Pakistan. Dazu kommt noch Nordkorea mit einem eigenen Atomwaffenprogramm. Russland und die USA sind beide Pazifik-Anreinerstaaten. Außerdem wäre die Sicherheit in der Region auch durch internationalen Terror gefährdet. In der indo-pazifischen Region gibt es mehrere offene Grenzstreitigkeiten. Diese Konfliktlinien, die mehr oder weniger seit dem 2. Weltkrieg bestehen, sollen durch kleine, von den USA angeführte und gegen China gerichtete Allianzen wieder reaktiviert werden. [37]
  • Diversifizierung und Vertiefung der Beziehungen: Zusammenarbeit insbesondere in den Bereichen Handel, Investitionen und Entwicklung sollen strategisch ausgebaut werden.
  • Weder Unipolarität noch Bipolarität: Man möchte keine hegemoniale Vereinnahmuing der Region. Damit meint man vor allem China. „Die freie Wahl über die Zugehörigkeit zu wirtschaftlichen und (sicherheits-)politischen Strukturen ist für Länder des indo-pazifischen Raums zentral.“, heißt es in der Indo-Pazifik-Strategie. Das heißt im Klartext, dass man Indo-Pazifik-Staaten in die westlichen Strukturen einbinden will, um mit ihnen in einer Art indo-pazifischen NATO gegen China anzutreten.
  • Offene Seewege: 90% des Welthandels erfolgt auf dem Seeweg. „Eine Beeinträchtigung dieser Seehandelswege und damit der Lieferketten von und nach Europa hätte gravierende Folgen für Wohlstand und Versorgung der Bevölkerung.“
  • Offene Märkte und Freihandel: Deutsch­land hat ein gesteigertes Interesse Handel in der Region zu führen. Der Handel mit Ländern Südasiens, Südostasiens, Ostasiens sowie Australiens und Neuseelands steigt konstant und hat ein enormes Handelsvolumen erreicht. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, das „regelbasierter Handel“ zu einem Wohlstandsgewinn auf beiden Seiten führt. Dies soll durch Freihandelsabkommen erreicht werden. Seit TTIP sollten wir wissen, wie einseitig solche Freihandelsabkommen gestaltet werden. Das ifo-Institut stellt zur Diskussion, ob freier Handel gleichzeitig überhaupt fair sein kann [38].
  • Digitalisierung und Konnektivität: Für den Aufbau von Schlüsseltechnologien sollen die Regionen vernetzt werden. Der Aufbau von Schlüsseltechnologien wird vermutlich auf dem Rücken dieser Länder geschehen.
  • Schutz unseres Planeten: Das enorme Wachstum der Länder des indo-pazifischen Raums, die einer breiten Bevölkerungsschicht aus der Armut geholfen hat, wird von Deutschland kritisch gesehen, da es zu „steigenden Emissionen“ geführt hätte. Das Wirtschaftswachstum hätte zu sozialen Verwerfungen geführt, wodurch es zu einer stärkeren Migration kommen soll. Das soll bekämpft werden. Dies klingt nach einem eindeutigen Scheinargument.
  • Zugang zu faktenbasierter Information: Der Informationskampf, sprich Propaganda soll auch im indo-pazifischen Raum verbreitet werden. Oder wie es die Bundesregierung formuliert: „In Zeiten wachsender Bedeutung sozialer Medien ist Kommunikation auch in der indo-pazifischen Region ein effektives Instrument der Außenpolitik.“ Dies nennt man auch kognitive Kriegsführung.

Ein Beitrag von Matt Pottinger und Mike Gallagher in Foreign Affairs macht deutlich, dass es um einen Sieg gegen China geht. Der Titel des Artikels lautet „Kein Ersatz für den Sieg“. Darin heißt es, dass Amerika den Wettbewerb gegen China gewinnen „muss“ und ihn nicht nur verwalten darf. [39]

Karte des indo-pazifischen Raums. Bild: Bundeswehr, Stand Juli 2022.

Die Arktis – Die strategisch wichtigste Region der Welt

Bei dem Besuch in Ottawa und den Gesprächen der Verteidigungsminister, ging es auch um die Arktis. Boris Pistorius hat Kanada zu einer Sicherheitspartnerschaft in der Arktis eingeladen, gemeinsam mit Norwegen. Laut Pistorius sei das Ziel, „die Sicherung von Kommunikationsverbindungen durch den nördlichen Atlantik und die Arktis“ [40].

Die Arktis ist und wird geoplitisch immer wichtiger. Die Sicherheitspartnerschaft ist gegen Russland und China gerichtet und versucht die Bestrebungen Russlands und Chinas, ihre Positionen in der Region auszubauen, zu behindern. Im Nordpolarmeer schmelzen die Eismassen und es wird erwartet, dass man zukünftig die Region mit Schiffen befahren kann. Deshalb hat Kanada im April neue verteidigungspolitische Richtlinien verabschiedet, in denen benennt Kanada als dringendste Aufgabe den „Schutz der eigenen Souveränität im arktischen Norden sicherzustellen, wo Russland insgesamt betrachtet die stärkste Militärpräsenz aller Staaten hat.“ [41] Man rechnet damit, dass wenn der Konflikt mit Russland eskaliert, was immer wahrscheinlicher wird, auch die Arktis zum Schlachtfeld wird.

Treffen des kanadischen mit dem US-Verteidigungsminister

Nur zwei Tage nachdem sich Verteidigungsminister Pistorius in Ottawa mit seinem kanadischen Amtskollegen Blair getroffen hat, flog Blair in die USA und traf dort den US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin III. Bei dem Treffen stellte Blair seinem US-Amtskollegen die neuen sicherheitspolitischen Richtlinien Kanadas vor. Blair versprach neue Investitionen in:

  • „Neue Möglichkeiten und Ausrüstung zur Verbesserung der arktischen und nordamerikanischen Sicherheit;
  • Modernisierung des North American Aerospace Defense Command;
  • Unterstützung der Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen die russische Aggression und
  • Verstärkung der NATO-Verteidigung.“ [42]

So war der US-Verteidigungsminister sehr zufrieden, dass Kanada beschlossen hat, Drohnen in der Ukraine zu produzieren. Austin unterstrich die Bedeutung der Arktis: „Die Aktualisierung der verteidigungspolitischen Richtlinien unterstreicht die Bedeutung der Verteidigung der Arktis, der Verbesserung der Cyber- und Weltraumfähigkeiten und der Modernisierung der kanadischen Verteidigungsinfrastruktur und -ausrüstung.“ [43]

Ausschnitt aus der Infografik der Nato zum New Force Model der NATO. Nachdem der Einsatzbefehl eingeht sollen zuerst 100.000 Soldaten einsatzbereit sein. Im nächsten Schritt nochmal 200.000 und abschließend mindestens 500.000. Also insgesamt 800.000 Soldaten sollen in 180 Tagen bereit zum Kampf sein. (Grafik: NATO / <https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/6/pdf/220629-infographic-new-nato-force-model.pdf>)

Die Arktis-Strategie der USA

Mitte April machte Esther McClure, Direktorin des Verteidigungsministeriums für die Arktis und Meerespolitik, deutlich, dass die Arktis eine führende Rolle in der Great Power Competition spielen wird. Durch den Klimawandel wird die Konfrontation zunehmen, da das Eis schmilzt und den Weg zu unglaublich großen Rohstofflagerstätten frei macht. Die USA wollen sicherstellen, dass sie es sind, die sich die Rohstoffe unter den Nagel reißen.

Allerdings haben auch Russland und China Interessen in der Arktis. McClure erklärt, was das Ziel für die Arktis ist:

„Die Arktis soll eine sichere und stabile Region sein, in der die nationalen Sicherheitsinteressen der USA gewahrt werden, das Heimatland der USA verteidigt wird und die Nationen bei der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen zusammenarbeiten.“ [44]

Um diese Strategie umzusetzen braucht die USA ihre Verbündeten. Es scheint als ob Deutschland und Kanada dabei eine Schlüsselrolle übernehmen und sich damit der US-Strategie, der Great Power Competition unterordnen. Auch McClure meint, dass Allianzen der Schlüssel für die Arktis sind. Und so arbeitet man laut McClure daran, das gemeinsame Handeln zu koordinieren:

„Aber Allianzen brauchen, wie Gärten, Pflege. Die Verwaltung von Bündnissen ist ein ganz eigener Arbeitsbereich im Pentagon, da wir versuchen, die verschiedenen nationalen Perspektiven zu verstehen, die jeder Verbündete einbringt, und unsere Maßnahmen zu koordinieren.“ [45]

Man muss dabei betonen, dass im Zuge der Great Power Competition schnell einsatzbereite Kampfgruppen, so genannte „units of action“, gebildet wurden, denen ein Kriegerethos „warrior ethos“ antrainiert wird, so sind z.B. auch die Battlegroups in den osteuropäischen Ländern aufgebaut. Dies zeigt, dass sich die USA und ihre Verbündeten kriegsbereit machen. Es geht in dieser Strategie nur noch um reine Konfrontation und um die Verteidigung der „internationalen regelbasierten Ordnung“ gegen China und Russland, die die „etablierten Normen der regelbasierten Ordnung“ herausfordern. China läuft den USA den Rang ab und bringt die internationale Ordnung durch „erstaunlichen Erfolg in den Bereichen Wirtschaft, Diplomatie, Militär und Technologie“ durcheinander. Die Einsatzbereitschaft wird über Großübungen hergestellt. Die „Wirksamkeit der Missionen“ steht im Vordergrund, um Einsätze präzise durchzuführen. [46]

Die USA, Deutschland und die NATO treten angeblich für freie Seefahrt, Freiheit und Stabilität im Indo-Pazifik ein. Für die Arktis und ganz besonders für Alaska gilt dies nicht. Hier sind es knallharte US-Interessen, die verteidigt werden.

Ein weiterer Grund warum gerade Alaska mit allen Mitteln „verteidigt“ wird, könnte das Frühwarnradar für ICBM (Interkontinentalraketen), sprich Atomwaffen sein. Allerdings kann man bis zum Einschlag nie mit Sicherheit sagen, ob wirklich ein atomarer Sprengkopf angebracht ist. Dazu sind die Systeme nicht in der Lage.

Soldaten der 1st Infantry Brigade Combat Team und der 11th Airborne Division auf dem Weg zu ihrem Übungsziel außerhalb von Utqiagvik, Alaska. Teil der Übung: Joint Pacific Multinational Readiness Training, am 15.02.2024. (Foto: US-Verteidigungsministerium / Army Pfc. Brandon Vasquez / <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3741920/pentagon-arctic-policy-official-underscores-critical-role-of-alliances-in-evolv/>)

Auf der Clear Space Force Station in Alaska befindet sich das Long Range Dis­crimi­­nation Radar, welches speziell den Zweck hat, nach ballistischen Raketen zu suchen. Sobald das Radar eine anfliegende Rakete entdeckt, kommen die Abfangraketen in Fort Greely, Alaska, ins Spiel. Dieser Stützpunkt gehört zum U.S. Army Space and Missile Defense Command. Hier lagern 40 der 44 Abfangraketen, die die Vereinigten Staaten besitzen. Die Erfolgsrate der Abfangraketen lag 2017 bei erschütternden 40 %. Daraufhin verkündete die Missile Defence Agency eine „strategische Pause“. Seither wurden die Abfangraketen allerdings nicht ersetzt. Die USA besitzen effektivere Abfangsysteme, wie etwa THAAD (Terminal High Altitude Area Defense), dessen antiballistische Raketen von Tiefladern abgeschossen werden. Allerdings sind alle THAAD Systeme zur Zeit im Ausland stationiert [47]. Außerdem hat die US-Navy ein Programm namens Aegis, bei dem antiballistische Raketen von Kreuzern oder Schiffen abgeschossen werden. Hier beträgt die Erfolgsrate im Gegensatz zu den Abfangraketen in Alaska 85 % [48]. Allerdings sind die Aegis-Schiffe im Atlantik, im Pazifik und im Persischen Golf stationiert. Dort sollen sie US-Soldaten, die NATO-Partner und andere Verbündete vor ballistischen Raketen schützen.

Deshalb bezeichnete das US-Verteidigungsministerium Alaska als „den strategisch wichtigsten Ort der Welt“. [49]

Wenn also die Eismassen abschmelzen und es eine schiffbare nördliche Passage gibt, könnte das Frühwarnsystem und die Abfangraketen vollkommen nutzlos sein und einfach unterlaufen werden. Dies könnte zu einer raschen Eskala­tion führen.

Allerdings muss man dazu sagen, dass es mit U-Booten auch heute möglich ist, diese Frühwarnsysteme zu umgehen. Atomar betriebene und bestückte U-Boote sind nicht aufzuspüren und können völlig autark, mit eigener Luftversorgung, eigener Wasserherstellung und Energie, solange Unterwasser bleiben, wie es die Lebensmittelvorräte erlauben. Mit diesen Atom-U-Booten verkürzt sich die Vorwarnzeit erheblich und es können bis zu 50 SLBM (U-Boot-gestütze ballistische Raketen) fast gleichzeitig auf verschiedene Ziele abgefeuert werden, was auch der Grund für die ständige Einsatzbereitschaft der Atomwaffen auf allen Seiten ist. [50] Die so gennante „Launch on Warning“-Doktrin besagt, dass sobald ein Frühwarnsystem vor einem bevorstehenden Atomwaffenangriff warnt, sofort zurückgeschossen wird. [51] Dies soll der Abschreckung dienen, eine Art psychologischer Zustand, der gegenseitige Vernichtung verspricht. Das geht solange gut, bis es eben nicht mehr gut geht. Und dann ist wirklich alles möglich.

Befehlsstruktur der nuklearen Teilhabe. (Grafik: Greenpeace / Flyer: „Abstimmung eines deutschen Atomwaffeneinsatzes im Rahmen der nuklearen Teilhabe“ / Stand 09/2021)

Die Folgen einer Eskalation

Alles deutet darauf hin, dass es einen großen Krieg, einen möglichen 3. Weltkrieg geben könnte. Es ist davon auszugehen, dass ein 3. Weltkrieg ein nuklear geführter Krieg sein wird.

1983 brachte Carl Sagan sein berühmtes „Nuclear Winter“ Paper heraus, in dem er vor den Folgen eines Atomkriegs warnte. Ein Atomkrieg hätte direkte Folgen auf das Klima. Es kommt zu einem nuklearen Winter. In einer Studie von Xia, Robock und Scherrer et al., die in Nature Food erschienen ist [52], wurde das Paper von Sagan aktualisiert. Darin wird für einen Atomkrieg zwischen Russland und den USA eine Opferzahl von 5 Milliarden geschätzt (5.000.000.000), die durch die Explosionen direkt oder durch die Folgen eines Atomkriegs sterben.

Wenn man einen Atomkrieg überlebt, stirbt man entweder an der Strahlenkrankheit oder man erfriert, aufgrund des nuklearen Winters, der die Temperaturen massiv nach unten katapultiert. Es wird geschätzt, dass die Temperaturen in der Ukraine, bei einem Atomkrieg zwischen Russland und den USA, mindestens 6 Jahre nicht über den Gefrierpunkt steigen werden.

Wenn man das übersteht, kommen die nächsten „Hindernisse“. Böden werden verstrahlt sein und die Ernten werden eingehen. Daraufhin kommt es auch zu einem Massensterben der Tiere. Menschen werden es schwer haben etwas zu essen zu finden. Durch die niedrigen Temperaturen wird es auch immer schwieriger an Oberflächenwasser zu gelangen, da alles eingefroren sein wird. Dies führt zu Dehydrierung und letztendlich zum Tod. Nikita Chruschtschow hat einmal gesagt:

„Die Überlebenden werden die Toten beneiden.“

Sieht so der Schutz der ukrainischen Zivilbevölkerung aus? Und warum gilt der Schutz nicht für die gesamte Weltbevölkerung?

Also Schluss mit diesem Wahnsinn! Wollen Sie, liebe Politiker und Journalisten, die für den Krieg eintreten, wirklich dafür verantwortlich sein? 5 Milliarden Tote!

Erinnern Sie sich an die Worte von Dr. Martin Luther King Jr.:

„Lassen Sie uns also in dieser Versammlung in dem Wissen bleiben, dass bei bestimmten Positionen die Feigheit fragt, ob es sicher ist; die Zweckmäßigkeit fragt, ob es politisch ist; die Eitelkeit fragt, ob es populär ist. Aber das Bewusstsein stellt die Frage, ob es richtig ist. Und bei manchen Positionen ist es für den moralischen Menschen notwendig, einen Standpunkt einzunehmen, der weder sicher, noch politisch, noch populär ist. Er muss es tun, weil es richtig ist.“ [53]

Tun Sie das Richtige!

PEACE!

Quellen:

[1] Free21, Ausgabe 02-2024, <https://free21.org/magazine/02-2024/>
[2] Military Watch Magazine, „U.S. Special Forces Chief Gives New Details on British Ground Forces’ Frontline Ops. in Ukraine“, am 14.05.2024, <https://militarywatchmagazine.com/article/specialforces-details-british-ops-ukraine>
[3] TASS, „Over 3,100 foreign mercenaries fight for Ukraine, most of them from US“, am 25.04.2024, <https://tass.com/politics/1780383>
[4] Uncutnews, „Die ersten 100 französischen Soldaten des 3. Infanterieregiments sind in der Ukraine eingetroffen! – 1.400 weitere werden folgen.“, am 06.05.2024, <https://uncutnews.ch/die-ersten-100-franzoesischen-soldaten-des-3-infanterieregiments-sind-in-der-ukraine-eingetroffen-1-400-weitere-werden-folgen/>
[5] BBC, Laura Gozzi, „Russia to hold nuclear drills following ‘threats’ from West“, am 06.05.2024, <https://www.bbc.com/news/articles/cq5npwdv3wzo>
[6] Berliner Zeitung, „Russland droht mit Angriffen auf britische Militärziele – Botschafter einbestellt“, am 06.05.2024, <https://www.berliner-zeitung.de/news/russland-droht-mit-angriffen-auf-britische-militaerziele-botschafter-einbestellt-li.2212655>
[7] BBC, Laura Gozzi, „Russia to hold nuclear drills following ‘threats’ from West“, am 06.05.2024, <https://www.bbc.com/news/articles/cq5npwdv3wzo>
[8] Jurist News, Shannon McKeown-Gilmore, „UK to expel diplomat Russia diplomat over accusations of espionage“, am 08.05.2024, <https://www.jurist.org/news/2024/05/uk-to-expel-diplomat-russia-diplomat-over-accusations-of-espionage/>
[9] France24, „France summons Russian ambassador over disinformation campaign“, am 07.05.2024, <https://www.france24.com/en/europe/20240507-france-summons-russian-ambassador-over-disinformation-campaign>
[10] ZDF, Kevin Schubert, „US-Waffen: Warum Kiew auf die Freigabe hofft“, am 17.05.2024, <https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/ukraine-us-waffen-gegen-russland-100.html>
[11] Spiegel, „US-Außenminister Blinken will Kiew das Abfeuern von US-Waffen auf Russland erlauben“, am 223.05.2024, <https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-antony-blinken-will-das-abfeuern-von-us-waffen-auf-russland-erlauben-a-c5257774-95d1-4dc9-95ac-a5e6526a4481>
[12] ZDF, dpa, „Scholz will Regel für Waffen beibehalten“, am 26.05.2024, <https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/scholz-waffenlieferungen-regeln-ukraine-krieg-russland-100.html>
[13] Welt, „Kiesewetter schlägt „Koalition der Willigen“ für Luftabwehr über Westukraine vor“, am 26.05.2024, <https://www.welt.de/politik/ausland/article251693480/Ukraine-News-Kiesewetter-schlaegt-Koalition-der-Willigen-fuer-Luftabwehr-ueber-Westukraine-vor.html>
[14] ZDF, dpa, „Scholz will Regel für Waffen beibehalten“, am 26.05.2024, <https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/scholz-waffenlieferungen-regeln-ukraine-krieg-russland-100.html>
[15] DW, Bernd Riegert, „NATO berät Waffeneinsatz der Ukraine auf russischem Gebiet“, am 30.05.2024, <https://www.dw.com/de/nato-ber%C3%A4t-waffeneinsatz-der-ukraine-auf-russischem-gebiet/a-69222887>
[16] The Economist, „NATO’s boss wants to free Ukraine to strike hard inside Russia“, am 24.05.2024, <https://www.economist.com/europe/2024/05/24/natos-boss-wants-to-free-ukraine-to-strike-hard-inside-russia>
[17] SRF, „Nato: Ukraine Einsatz westlicher Waffen in Russland gestatten“, am 27.05.2024,  <https://www.srf.ch/news/international/krieg-in-der-ukraine-nato-ukraine-einsatz-westlicher-waffen-in-russland-gestatten>
[18] Handelsblatt, „Ukraine: Selenski fordert Recht auf Einsatz westlicher Waffen“, am 27.05.2024 um 14.27 Uhr, <https://www.handelsblatt.com/politik/international/ukraine-selenski-fordert-recht-auf-einsatz-westlicher-waffen-gegen-russland/27982126.html>
[19] ZEIT, „Biden erlaubt offenbar teilweise Einsatz von US-Waffen in Russland“, am 30.05.2024, <https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-05/usa-ukraine-russland-krieg-einsatz-waffen>
[20] Bild, Angelika Hellemann, „Ukraine darf mit deutschen Waffen auf Ziele in Russland feuern“, am 31.05.2024, <https://www.bild.de/politik/krieg-in-der-ukraine-scholz-erlaubt-waffeneinsatz-auf-russische-gebiete-66598d39c78b1a7505f8e306>
[21] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „Pistorius trifft Amtskollegen Austin in Washington: HIMARS für die Ukraine“, am 10.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/pistorius-verkuendet-in-washington-himars-fuer-die-ukraine-5778634>
[22] US-Verteidigungsministerium, Todd Lopez, „U.S., German Defense Leaders Discuss Shared Interests in NATO, Ukraine, Indo-Pacific“, am 09.05.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3770788/us-german-defense-leaders-discuss-shared-interests-in-nato-ukraine-indo-pacific/>
[23] Bundesministerium der Verteidigung, „USA-Reise: Rede des Verteidigungsministers an der Johns Hopkins University“, am 14.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/rede-des-verteidigungsministers-an-der-johns-hopkins-university-5782324>
[24] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „Ottawa: Kanada zahlt 52 Millionen Euro für ukrainische Luftverteidigung“, am 11.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/kanada-52-millionen-ukrainische-luftverteidigung-5781836>
[25] Bundesministerium der Verteidigung, „Schutz der NATO-Ostflanke“, <https://www.bmvg.de/de/themen/dossiers/die-nato-staerke-und-dialog/schutz-der-nato-ostflanke>
[26] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „Ottawa: Kanada zahlt 52 Millionen Euro für ukrainische Luftverteidigung“, am 11.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/kanada-52-millionen-ukrainische-luftverteidigung-5781836>
[27] Bundesministerium der Verteidigung, Florian  Manthey, „3+3 im Baltikum: Gemeinsam im Einsatz für den Schutz der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke“, am 07.07.2023, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/3-3-die-nato-im-baltikum-5649256>
[28] Bundesministerium der Verteidigung, „USA-Reise: Rede des Verteidigungsministers an der Johns Hopkins University“, am 14.05.2024, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/rede-des-verteidigungsministers-an-der-johns-hopkins-university-5782324>
[29] Bundesministerium der Verteidigung, Amina Vieth, „New Force Model: Wie Deutschland sich ab 2025 in der NATO engagiert“, am 25.07.2022, <https://www.bmvg.de/de/aktuelles/new-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2025-in-nato-engagiert-5465714>
[30] NATO, Infografik: New Force Model, <https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/6/pdf/220629-infographic-new-nato-force-model.pdf>
[31] BR24, Kilian Neuwert und Pirmin Breninek, „Heeresdivision bis 2025: Großprojekt mit Hindernissen“, am 19.01.2024, <https://www.br.de/nachrichten/bayern/heeresdivision-bis-2025-grossprojekt-mit-hindernissen,U1iJtRf>
[32] Bundeswehr, „Indo-Pacific Deployment 2024“, <https://www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/indo-pacific-deployment-2024>
[33] Bundeswehr, „Pacific Skies 24: Eine Verlegung, fünf Übungen“, <https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/team-luftwaffe-auf-uebung/luftwaffe-bei-pacific-skies-24->
[35] US-Verteidigungsministerium, Todd Lopez, „U.S., German Defense Leaders Discuss Shared Interests in NATO, Ukraine, Indo-Pacific“, am 09.05.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3770788/us-german-defense-leaders-discuss-shared-interests-in-nato-ukraine-indo-pacific/>
[36] Auswärtiges Amt, „Leitlinien zum Indo-Pazifik“, <https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2380500/33f978a9d4f511942c241eb4602086c1/200901-indo-pazifik-leitlinien–1–data.pdf>
[37] The TriContinental: Institute for Social Research, Dae-Han Song, „The New Cold War Is Sending Tremors through Northeast Asia“, am 21.05.2024, <https://thetricontinental.org/dossier-76-new-cold-war-northeast-asia/>
[38] ifo-Institut, Gabriel Felbermayr und Wilhelm Kohler, „Welthandel: Frei und fair? Handelsabkommen in der Kritik“, am 09.04.2015, <https://www.ifo.de/DocDL/ifosd_2015_07_1.pdf>
[39] Foreign Affairs, Matt Pottinger und Mike Gallagher, „No Substitute for Victory“, Mai/Juni 2024, <https://www.foreignaffairs.com/united-states/no-substitute-victory-pottinger-gallagher>
[40] Deutschlandfunk, „Pistorius schlägt Kanada Zusammenarbeit in der Arktis vor“, am 11.05.2024, <https://www.deutschlandfunk.de/pistorius-schlaegt-kanada-zusammenarbeit-in-der-arktis-vor-104.html>
[41] ebd.
[42] US-Verteidigungsministerium, David Vergun, „Canada Releases Defense Policy Update to Boost Security“, am 13.05.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3773641/canada-releases-defense-policy-update-to-boost-security/>
[43] ebd.
[44] US-Verteidigungsministerium, Joseph Clark, „Pentagon Arctic Policy Official Underscores Critical Role of Alliances in Evolving Region“, am 15.04.2024, <https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3741920/pentagon-arctic-policy-official-underscores-critical-role-of-alliances-in-evolv/>
[45] ebd.
[46] US-Luftwaffe, „THE CASE FOR CHANGE“, <https://www.af.mil/Portals/1/documents/2024SAF/GPC/The_Case_for_Change.pdf>
[47] Annie Jacobsen, „72 Minuten bis zur Vernichtung – Atomkrieg Ein Szenario“, Heyne Verlag, 2024, S. 157
[48] ebd. S. 156
[49] ebd. S. 104-110
[50] ebd. S. 143-152
[51] ebd. S. 86-87
[52] Xia, L., Robock, A., Scherrer, K. et al. „Global food insecurity and famine from reduced crop, marine fishery and livestock production due to climate disruption from nuclear war soot injection.“ Nat Food 3, 586–596 (2022). <https://doi.org/10.1038/s43016-022-00573-0>
[53] Free21, Dr. Martin Luther King, Jr., „Die drei Übel der Gesellschaft“, am 28.03.2024, <https://free21.org/die-drei-uebel-der-gesellschaft/>