(Foto: Christian Michelides, CC BY-SA 4.0)
Beobachtungen zur Flüchtlingsdebatte
Ein Gespenst geht wieder einmal um in Europa und dieses Mal ist es die Flüchtlingsdebatte.
Dieser Text wurde zuerst am 12.11.2018 auf den Nachdenkseiten unter der URL <https://www.nachdenkseiten.de/?p=47013> veröffentlicht. (Lizenz: CC-BY-2.0)
Ein Gespenst geht wieder einmal um in Europa und dieses Mal ist es die Flüchtlingsdebatte. Kaum eine Frage wird im Augenblick so heiß und leidenschaftlich diskutiert, keine Frage spaltet die europäischen Staaten, die Gesellschaft und leider auch die Linke zur Zeit so sehr wie das Thema Flüchtlinge. Es ist eine richtige Kakophonie, die aus dem fernen Europa da zu uns nach Thailand dringt.
Und in der Tat, es ist ein vertracktes Thema, das der neoliberale Spätkapitalismus mit all seinen Ausuferungen der Linken da aufgedrängt hat. Ein hinterlistiges Thema. Denn gerade die Linke will und darf sich ja nicht mit einfachen Erklärungen abgeben, sondern muss der Sache auf den Grund gehen. Und die Problemlage ist vielschichtig, das Terrain ist vermint. Wer sich darauf begibt, läuft schnell Gefahr, unter Beschuss zu geraten. Unter Beschuss sowohl vom politischen Gegner als auch unter Beschuss aus den eigenen Reihen. Und gerade deshalb ist es so wichtig, Konsens und Klarheit in die Debatte hineinzubekommen.
Die Herrschenden wollen von den eigentlichen Ursachen der Flüchtlingswelle und damit von ihren eigenen Missetaten ablenken, denn die Ursache des Elends ist eine Verwertungskrise des Kapitals und die Gier der großen Weltkonzerne nach immer mehr Dominanz auf „freien Märkten“. Die Herrschenden stellen die Migrationswelle als ein plötzlich wie vom Himmel gefallenes Phänomen des 21. Jahrhunderts dar und spalten die Arbeiterklasse damit, dass sie Solidarität mit den Flüchtlingen gerade von denen einfordern, die das materiell am wenigsten bewerkstelligen können. Solidarität der Ausgebeuteten zu Hause mit den Ausgebeuteten ferner Länder, Solidarität mit den Brüdern und Schwestern, die zuwandern. Solidarität, internationale Solidarität ist ja eines der ureigensten Anliegen der Arbeiterklasse. Weltweite Solidarität der Proletarier untereinander, Proletarier aller Länder vereinigt euch, wie es im kommunistischen Manifest von 1848 heißt. Solidarität im Kampf gegen die Bourgeoisie ist hier aber gemeint, Solidarität der Arbeiter aller Länder gegen die weltweite Ausbeutung.
Die Zuwanderung, diese neuartige „Flüchtlingswelle“, haben die Herrschenden selber durch Kriege, Regierungsumstürze und durch den Entzug der Lebensgrundlage ganzer Völker verursacht. Gegen die negativen Folgen davon fordern sie jetzt die Solidarität der Einheimischen mit den Vertriebenen aus den Ländern, die sie zerstört und ruiniert haben. Damit sie ihre Politik der weltweiten Ausbeutung weiterführen können und damit andere deren negativen Folgen abfedern. Ohne selbst etwas zur Schadensbegrenzung beitragen zu wollen, ohne ihre Politik der neoliberalen Ausbeutung und Eroberung aufgeben zu wollen. Ohne Geld in die Hand zu nehmen, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Die Arbeiter in Deutschland, in Europa, sollen es nun richten, sie sollen es ausbaden. Sie sollen alle Vertriebenen ohne Wenn und Aber bei sich aufnehmen und mit ihnen das Wenige teilen, das die Herrschenden ihnen noch gelassen haben. Und wer Kritik an der damit verbundenen Politik der offenen Grenzen übt, gilt als Egoist und Rassist. Ein Fremdenhasser, der seinen Besitzstand wahren will, hartherzig und ohne Mitgefühl für das Elend in der Welt.
Ursachen der Migration und der Flucht: Kriege, Bürgerkriege und Regierungsumstürze
Seit dem zweiten Weltkrieg gab es nicht mehr so viele Kriege und bewaffnete Konflikte wie heute. Die meisten dieser Konflikte waren Kriege der USA und ihrer Verbündeten im Rahmen des allgemeinen Krieges gegen den Terror. So wurden Afghanistan, der Irak und Libyen überfallen, illegale Kriege, alle angestiftet von den USA. In Syrien wurde ein Bürgerkrieg angezettelt und das Land wurde mit Raketen beschossen, es tobt ein Krieg im Jemen und es toben Bürgerkriege in der Ukraine, in Nigeria und in Somalia, in Pakistan und im Sudan. Der ganze Nahe Osten ist in Brand. Dazu kommen noch zahlreiche andere Konflikte wie in Darfur, Burma usw., die oft mit brutaler Waffengewalt ausgetragen werden. Kriege, Bürgerkriege und als Reaktion darauf terroristische Vergeltungsschläge. Söldner, Privatarmeen, gemäßigte und weniger gemäßigte Rebellen, Al Kaida, Isis und Boko Haram. Fast immer bezahlt und ausgerüstet von den USA und ihren Verbündeten. Um Unruhe zu stiften und um nicht genehme Regierungen zu stürzen. Zerbombte Städte, zerbombte Häuser, kaputte Infrastruktur. Kein Wasser, kein Strom. Bomben, Mord, Terror und Vergewaltigung. Arbeitslosigkeit, Zukunftslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung unter den Betroffenen. Die Fluchtursachen sind in diesem Fall militärischer Art.
Ungerechte Wirtschaftsverträge
Eine weitere wichtige Fluchtursache ist die Ausbeutung der Länder des „globalen Südens“ mittels ungerechter Handelsabkommen. An vorderster Stelle stehen hier die EPA-Verträge (Europeen Partnership Agreements) mit den sogenannten AKP-Staaten, Ländern in Afrika, der Karibik und des Südpazifiks. Ziel dieser Verträge ist die Öffnung neuer Märkte für europäische Produkte. Die EU nutzt dabei ihre starke Verhandlungsposition aus, um die Länder zur Unterschrift unter die Verträge zu drängen. Bei Unterschriftsverweigerung drohen hohe Importzölle in die EU, damit die Entwicklungsländer auf ihren Waren so lange sitzen bleiben, bis sie gezwungen sind, zu unterschreiben.
Unterstützt wird die EU dabei von der Weltbank, der Welthandelsorganisation und dem IWF, die für ihre Kredithilfen die Liberalisierung der Märkte, Abbau der Zölle, Privatisierungen und Abbau der öffentlichen Dienstleistungen fordern. Teil des Inhalts dieser Handelsabkommen ist immer Abbau der Schutzzölle, damit die europäischen Waren ungehinderten Zugang zu den Märkten, insbesondere zu den Märkten Afrikas bekommen. Öffentliche Beschaffungen dürfen nicht mehr national vergeben, sondern müssen international ausgeschrieben werden.
Infolgedessen werden die einheimischen Märkte Afrikas von europäischen Billigprodukten überschwemmt. Bekanntestes Beispiel sind tiefgefrorene Hähnchenteile aus der EU, die auf allen afrikanischen Märkten den einheimischen Geflügelzüchtern Konkurrenz machen und sie ruinieren. Aber auch Schweinefleisch aus allen Teilen der EU, Zwiebeln aus Holland, Tomaten aus Holland und Italien sowie Milchpulver, hergestellt aus der überschüssigen Milch von Kühen in der EU, sind gnadenlos billig und machen den einheimischen Kleinbauern Konkurrenz.
Keine EU-Konkurrenz: Afrikanische Landwirtschaft (Foto: Kristina Stefanova, USAID, CC0)
Altkleider werden in Europa gesammelt und in Afrika billig weiterverkauft, wo sie die einheimische Textilindustrie bereits ruiniert haben. Müll und Schrott werden nach Afrika exportiert, damit sie dort billig entsorgt werden können, von Menschen, die den ganzen Tag für einen Hungerlohn unter sengender Sonne den europäischen Dreck sortieren und nach Verwertbarem durchsuchen.
Die Gewässer vor den Küsten Afrikas sind von internationalen Fischereiflotten leergefischt und die lokalen Fischer mit ihren kleinen Booten kommen leer zurück. Ihre Fischerboote vermieten sie aus der Not heraus an Schlepper für die Überfahrt von Flüchtlingen nach Italien und Spanien.
Die europäischen Agrarprodukte sind in aller Regel subventioniert, die Fischkutter und die Fischfanglizenzen sind subventioniert, der Treibstoff und der Transport sind subventioniert. Die afrikanischen Bauern und Fischer aber erhalten keine Subventionen von ihren Regierungen, die haben dafür kein Geld. Freier und vor allem fairer Handel sieht anders aus.
Hinzu kommt noch der Landraub von großen ausländischen Konzernen, aber auch von Staaten wie Dubai und Saudi-Arabien, sogenannten Investoren, die ganze Landstriche in den armen Ländern billig aufkaufen oder auf lange Zeit pachten. So sichern sich diese Konzerne den Zugang zu Rohstoffen. Die ansässigen Familien, die oft seit Generationen dort wohnen, aber keine Besitzurkunden vorweisen können, werden vertrieben. Die Grundstücke werden anschließend eingezäunt und es werden Rohstoffe abgebaut, Grundwasser abgepumpt, in Flaschen gefüllt und als Mineralwasser in alle Welt verkauft oder es werden große Plantagen, meist Monokulturen, für den Export oder zur Erzeugung von Brennstoffen für europäische Autos darauf errichtet. Einheimische werden dort kaum beschäftigt.
Diese Wirtschaftsabkommen machen jede Entwicklungshilfe sofort wieder zunichte. Sie zerstören die Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung und viele verlassen das Land in Richtung Europa in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Von ihrem Land vertrieben, von Billigprodukten aus dem Ausland ruiniert, Fischer vor leergefischten Ozeanen, ohne Arbeit und ohne Perspektive, hier spricht man dann gerne von „Wirtschaftsflüchtlingen“.
Hinzu kommen noch Flüchtlinge nach Definition der Genfer Konvention. Das sind Menschen, die auf Grund ihre Religion, Rasse, Nationalität usw. in ihrem Land verfolgt werden. Sie haben Anspruch auf Asyl.
Daneben gibt es noch Flüchtlinge auf Grund von Naturkatastrophen. Deren Anzahl könnte sich wegen des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten erheblich steigern.
Die Grenzziehung zwischen diesen Kategorien von Flüchtlingen und Migranten ist zweifelhaft. Wer würde bestreiten wollen, dass Krieg oder Bürgerkrieg ein Fluchtgrund sei oder dass Hunger und Armut im eigenen Land keine ausreichenden Gründe seien, sein Land zu verlassen?
Laut offizieller Statistik gibt es derzeit weltweit etwa 260 Millionen Migranten, das sind Menschen, die ihr Heimatland verlassen haben. Davon wurden etwa 68 Millionen aus ihrer Heimat vertrieben, das sind so viele wie noch nie zuvor. Von dieser Entwicklung sind in erster Linie die Entwicklungsländer betroffen.
Es ist nicht Abenteuerlust, es sind Krieg, Armut und Hunger, die diese Menschen dazu veranlasst haben, ihre Heimat ohne Papiere und ohne Gepäck zu verlassen. Menschen sind in der Regel sesshaft und verlassen nur ungern auf Dauer und auf ungewisse Zukunft ihre Familie, ihre Freunde, ihre Heimat. Es ist die Hoffnung, im Ausland Arbeit zu finden und ein besseres Leben zu führen, die zur Migration führt. Migration findet dann statt, wenn Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt werden oder ihres Lebens nicht mehr sicher sein können. Und genau da muss die Linke in ihrer Kritik ansetzen.
Grenzen sind dem Kapital ein Dorn im Auge. Investitionsfreiheit bedeutet auch, überall auf der Welt genügend Arbeitskräfte vorzufinden und die Gewinne zurückführen zu können. Unter der Mär fehlender qualifizierter Arbeitskräfte und des Facharbeitermangels wird jetzt ein neues Einwanderungsgesetz in Deutschland vorbereitet. Der UN-Migrationspakt kommt hier gerade recht und liefert einen weiteren Vorwand dafür. Der UN-Migrationspakt will die Migration kontrollieren und steuern. Kein Wort darüber, wie die Ursachen der Migration bekämpft werden sollen, wie der Migration als solcher entgegengewirkt werden kann. Das ist nicht das Ziel des UN-Migrationspaktes, das ist auch nicht das Ziel des Einwanderungsgesetzes der Bundesregierung.
Die Wirtschaft will neue, billige, möglichst bereits qualifizierte Arbeitskräfte und die Bundesregierung liefert sie ihnen frei Haus. Die Reservearmee wird größer, der Druck auf die Löhne wird noch weiter steigen. Von der verschärften Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt ganz zu schweigen.
Anstatt in Bildung und Qualifikation zu investieren, holt man sich lieber Kräfte aus dem Ausland, deren Bildung von anderen Ländern bereits bezahlt wurde und die zu Hause dringend gebraucht würden. Man lässt junge Menschen von anderen Staaten ausbilden und beschäftigt sie dann in der BRD. Eine berufliche Zukunft haben diese jungen Leute in ihren Ursprungsländern meist eh nicht, die Wirtschaft dort liegt am Boden. Diejenigen Fachkräfte, die legal einwandern dürfen, werden aber kaum eine entsprechende Stelle finden und unterhalb ihrer Qualifikation zu Billiglöhnen arbeiten müssen.
Migration positiv betrachten, Migration gar als Chance zu sehen, heißt auch, Migration zu akzeptieren und heißt damit implizit auch, die Zustände in den Ursprungsländern zu akzeptieren, sie quasi als Ausdruck höherer Gewalt zu sehen, gegen die man eh nichts machen kann. Was nichts anderes bedeutet, als eine Fortsetzung der neoliberalen Logik der freien Märkte, die selbstregulierend seien und unter deren Obhut alles am besten aufgehoben sei, sofern man nicht in ihre Entwicklung eingreife.
Und hier schließt sich der Kreis, denn die Migration ist schlussendlich das Resultat der Entfesselung der freien Märkte. Man sollte also nach neoliberaler Theorie auch die Migration nicht behindern, regulieren oder gar aufhalten, sondern man sollte im Gegenteil die Landesgrenzen weit öffnen für die Migranten, damit nicht nur das Kapital, sondern auch die Arbeitskräfte sich frei bewegen und die Kräfte des Marktes sich entfalten können. Die „unsichtbare Hand“ der Märkte wird alles andere dann schon regeln, die Rassendiskriminierung inklusive.
Die Industrie- und Unternehmerverbände befürworten die Immigration. Für sie sind Immigranten potentielle Arbeitskräfte. Aus der sozialen Verantwortung haben sie sich schon lange verabschiedet. Die Flüchtlinge und Migranten werden in Konkurrenz mit den einheimischen Lohnarbeitern gesetzt. In einer Zeit, wo Arbeitslosigkeit grassiert, wächst der Lohndruck jetzt noch mehr, die Löhne sinken weiter. Wer keinen gewerkschaftlichen Schutz genießt, ist den Arbeitgebern hilflos ausgeliefert. In der Heimat zu verhungern oder getötet zu werden oder im Westen seine Haut für einen Hungerlohn zu Markte zu tragen – das ist die Alternative der Flüchtlinge.
(Grafik: Pixabay, CC0)
Die Linke verweilt derzeit dabei in Schockstarre und starrt wie das Kaninchen auf die Schlange AfD.
Sie versucht mit allen Mitteln sich von wirklichen oder vermeintlichen Faschisten jeder Couleur abzugrenzen. Und wenn die AfD, wenn auch aus anderen Motiven heraus, sagt, „die Immigration ist schlecht“, dann sagt ein großer Teil der orientierungslos gewordenen Linken: „Nein, Immigration ist gut, denn sie bringt gesellschaftliche Vielfalt“. Und fordert offene Grenzen für Alle. Das Kapital bedankt sich derweil für die unerwartete Schützenhilfe.
Die Linke muss das ganze Problem anpacken und nicht nur den Teilaspekt Flucht und Migration. In der Migration gar eine Chance zu sehen, ist kurzsichtig und politischer Selbstmord. Das bedeutet natürlich nicht, keine Kritik mehr daran üben zu dürfen, wie die Bourgeoisie mit den Flüchtlingen umgeht und sie nur als Arbeitskräfte sieht. Und das schließt natürlich auch Hilfe für die Flüchtlinge im Land ein, natürlich muss man den Menschen helfen. Aber man muss auch denen helfen, die nicht (noch nicht?) hier angekommen sind und man muss vor allem dabei helfen, dass sie erst gar nicht von zu Hause flüchten müssen. Das Problem der Flüchtlinge ist nur ein Aspekt der verheerenden Folgen, die der neoliberale kapitalistische Raubzug in der Welt anrichtet. Auch die Umweltzerstörung und ein drohender neuer Weltkrieg mit Atomwaffen gehören dazu. Wir müssen das Problem in seinem Ursprung bekämpfen. Alles hängt mit allem zusammen.
Linke Politik heißt also nicht nur, den Flüchtlingen zu helfen, sondern vor allem die Ursachen der Flucht zu bekämpfen. Es heißt, die ungehinderte Ausbreitung der großen Konzerne und ihren Raubzug durch die Länder der Dritten Welt zu stoppen, es heißt Kriege und Bürgerkriege zu verhindern oder zu beenden.
Öffnung der Grenzen allein kann keine linke Forderung sein, wenn sie nicht an Bedingungen geknüpft ist. Diese Bedingungen müssen darauf abzielen, der Migration das Wasser abzugraben, indem man die Not der Menschen, die sich auf die Flucht begeben, wirkungsvoll und nachhaltig in den Herkunftsländern bekämpft. Das muss aber durch praktische Maßnahmen geschehen und nicht durch Absichtserklärungen auf dem Papier. Und das heißt auch, Forderungen an das Kapital zu stellen. Das heißt auch, dem Kapital in den Arm zu fallen.
Stoppen werden die Flüchtlinge keine Grenzen und kein Frontex mehr, sondern nur die Aussicht auf eine Zukunft im eigenen Land. Gerechter Handel wäre ein erster Schritt dazu.
Die wichtigsten Forderungen der Linken in diesem Kontext müssen sein:
• Kriege verhindern durch Einhaltung des Völkerrechts. Austritt aus und Auflösung der Nato. Schließung der Militärbasen der USA in Europa und für Deutschland insbesondere die Schließung von Ramstein. Zudem ein Verbot der Herstellung und des Verkaufs von Kriegswaffen.
• Diejenigen, die völkerrechtswidrige Kriege angezettelt haben, diejenigen, die ohne UN-Mandat Bomben auf fremde Länder abwerfen lassen, müssen auch rechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Sie müssen verhaftet und vor den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gebracht werden. Ob sie Präsident der USA oder sonst eines Landes sind oder nicht.
• Abschaffung der ungerechten Handelsverträge mit Drittländern. Entwicklungshilfe zur Hebung des Wohlstands in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Angleichung des Sozialstandards und der Löhne. Gleiche Besteuerung für die Konzerne in allen Ländern. Unterbindung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht.
• Unbegrenzte Schadenshaftung für die Verursacher. Egal, ob es sie ruiniert oder nicht. Sie müssen wiederaufbauen, was sie kaputt gemacht haben.
• Solidarität und Zusammenarbeit mit linken Parteien und Gewerkschaften in aller Welt.
Weltoffen, bunt, vielfältig, tolerant. Das ist die schöne Welt, die es nur geben kann, wenn die Menschen auch untereinander gleich sind. Es ist auch eine Welt ohne Flüchtlinge.
Buntheit und Vielfältigkeit bestehen heutzutage in einer Gesellschaft, wo die exotischen „Bunten“ gleichzeitig auch die Unterdrückten sind, diejenigen, die der Einheimische nur dann als bunte Vielfalt begrüßt, wenn sie ihm zu Diensten sind. Sobald die „Bunten“ Gleichbehandlung fordern, ist es mit der Toleranz vorbei. Und als Konkurrenten waren die „Bunten“ nie willkommen.
Beobachtungen zur Flüchtlingsdebatte
Dieser Text wurde zuerst am 12.11.2018 auf den Nachdenkseiten unter der URL <https://www.nachdenkseiten.de/?p=47013> veröffentlicht. (Lizenz: CC-BY-2.0)
(Foto: Christian Michelides, CC BY-SA 4.0)
Ein Gespenst geht wieder einmal um in Europa und dieses Mal ist es die Flüchtlingsdebatte.
Ein Gespenst geht wieder einmal um in Europa und dieses Mal ist es die Flüchtlingsdebatte. Kaum eine Frage wird im Augenblick so heiß und leidenschaftlich diskutiert, keine Frage spaltet die europäischen Staaten, die Gesellschaft und leider auch die Linke zur Zeit so sehr wie das Thema Flüchtlinge. Es ist eine richtige Kakophonie, die aus dem fernen Europa da zu uns nach Thailand dringt.
Und in der Tat, es ist ein vertracktes Thema, das der neoliberale Spätkapitalismus mit all seinen Ausuferungen der Linken da aufgedrängt hat. Ein hinterlistiges Thema. Denn gerade die Linke will und darf sich ja nicht mit einfachen Erklärungen abgeben, sondern muss der Sache auf den Grund gehen. Und die Problemlage ist vielschichtig, das Terrain ist vermint. Wer sich darauf begibt, läuft schnell Gefahr, unter Beschuss zu geraten. Unter Beschuss sowohl vom politischen Gegner als auch unter Beschuss aus den eigenen Reihen. Und gerade deshalb ist es so wichtig, Konsens und Klarheit in die Debatte hineinzubekommen.
Die Herrschenden wollen von den eigentlichen Ursachen der Flüchtlingswelle und damit von ihren eigenen Missetaten ablenken, denn die Ursache des Elends ist eine Verwertungskrise des Kapitals und die Gier der großen Weltkonzerne nach immer mehr Dominanz auf „freien Märkten“. Die Herrschenden stellen die Migrationswelle als ein plötzlich wie vom Himmel gefallenes Phänomen des 21. Jahrhunderts dar und spalten die Arbeiterklasse damit, dass sie Solidarität mit den Flüchtlingen gerade von denen einfordern, die das materiell am wenigsten bewerkstelligen können. Solidarität der Ausgebeuteten zu Hause mit den Ausgebeuteten ferner Länder, Solidarität mit den Brüdern und Schwestern, die zuwandern. Solidarität, internationale Solidarität ist ja eines der ureigensten Anliegen der Arbeiterklasse. Weltweite Solidarität der Proletarier untereinander, Proletarier aller Länder vereinigt euch, wie es im kommunistischen Manifest von 1848 heißt. Solidarität im Kampf gegen die Bourgeoisie ist hier aber gemeint, Solidarität der Arbeiter aller Länder gegen die weltweite Ausbeutung.
Die Zuwanderung, diese neuartige „Flüchtlingswelle“, haben die Herrschenden selber durch Kriege, Regierungsumstürze und durch den Entzug der Lebensgrundlage ganzer Völker verursacht. Gegen die negativen Folgen davon fordern sie jetzt die Solidarität der Einheimischen mit den Vertriebenen aus den Ländern, die sie zerstört und ruiniert haben. Damit sie ihre Politik der weltweiten Ausbeutung weiterführen können und damit andere deren negativen Folgen abfedern. Ohne selbst etwas zur Schadensbegrenzung beitragen zu wollen, ohne ihre Politik der neoliberalen Ausbeutung und Eroberung aufgeben zu wollen. Ohne Geld in die Hand zu nehmen, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Die Arbeiter in Deutschland, in Europa, sollen es nun richten, sie sollen es ausbaden. Sie sollen alle Vertriebenen ohne Wenn und Aber bei sich aufnehmen und mit ihnen das Wenige teilen, das die Herrschenden ihnen noch gelassen haben. Und wer Kritik an der damit verbundenen Politik der offenen Grenzen übt, gilt als Egoist und Rassist. Ein Fremdenhasser, der seinen Besitzstand wahren will, hartherzig und ohne Mitgefühl für das Elend in der Welt.
Ursachen der Migration und der Flucht: Kriege, Bürgerkriege und Regierungsumstürze
Seit dem zweiten Weltkrieg gab es nicht mehr so viele Kriege und bewaffnete Konflikte wie heute. Die meisten dieser Konflikte waren Kriege der USA und ihrer Verbündeten im Rahmen des allgemeinen Krieges gegen den Terror. So wurden Afghanistan, der Irak und Libyen überfallen, illegale Kriege, alle angestiftet von den USA. In Syrien wurde ein Bürgerkrieg angezettelt und das Land wurde mit Raketen beschossen, es tobt ein Krieg im Jemen und es toben Bürgerkriege in der Ukraine, in Nigeria und in Somalia, in Pakistan und im Sudan. Der ganze Nahe Osten ist in Brand. Dazu kommen noch zahlreiche andere Konflikte wie in Darfur, Burma usw., die oft mit brutaler Waffengewalt ausgetragen werden. Kriege, Bürgerkriege und als Reaktion darauf terroristische Vergeltungsschläge. Söldner, Privatarmeen, gemäßigte und weniger gemäßigte Rebellen, Al Kaida, Isis und Boko Haram. Fast immer bezahlt und ausgerüstet von den USA und ihren Verbündeten. Um Unruhe zu stiften und um nicht genehme Regierungen zu stürzen. Zerbombte Städte, zerbombte Häuser, kaputte Infrastruktur. Kein Wasser, kein Strom. Bomben, Mord, Terror und Vergewaltigung. Arbeitslosigkeit, Zukunftslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung unter den Betroffenen. Die Fluchtursachen sind in diesem Fall militärischer Art.
Ungerechte Wirtschaftsverträge
Eine weitere wichtige Fluchtursache ist die Ausbeutung der Länder des „globalen Südens“ mittels ungerechter Handelsabkommen. An vorderster Stelle stehen hier die EPA-Verträge (Europeen Partnership Agreements) mit den sogenannten AKP-Staaten, Ländern in Afrika, der Karibik und des Südpazifiks. Ziel dieser Verträge ist die Öffnung neuer Märkte für europäische Produkte. Die EU nutzt dabei ihre starke Verhandlungsposition aus, um die Länder zur Unterschrift unter die Verträge zu drängen. Bei Unterschriftsverweigerung drohen hohe Importzölle in die EU, damit die Entwicklungsländer auf ihren Waren so lange sitzen bleiben, bis sie gezwungen sind, zu unterschreiben.
Unterstützt wird die EU dabei von der Weltbank, der Welthandelsorganisation und dem IWF, die für ihre Kredithilfen die Liberalisierung der Märkte, Abbau der Zölle, Privatisierungen und Abbau der öffentlichen Dienstleistungen fordern. Teil des Inhalts dieser Handelsabkommen ist immer Abbau der Schutzzölle, damit die europäischen Waren ungehinderten Zugang zu den Märkten, insbesondere zu den Märkten Afrikas bekommen. Öffentliche Beschaffungen dürfen nicht mehr national vergeben, sondern müssen international ausgeschrieben werden.
Infolgedessen werden die einheimischen Märkte Afrikas von europäischen Billigprodukten überschwemmt. Bekanntestes Beispiel sind tiefgefrorene Hähnchenteile aus der EU, die auf allen afrikanischen Märkten den einheimischen Geflügelzüchtern Konkurrenz machen und sie ruinieren. Aber auch Schweinefleisch aus allen Teilen der EU, Zwiebeln aus Holland, Tomaten aus Holland und Italien sowie Milchpulver, hergestellt aus der überschüssigen Milch von Kühen in der EU, sind gnadenlos billig und machen den einheimischen Kleinbauern Konkurrenz.
Keine EU-Konkurrenz: Afrikanische Landwirtschaft (Foto: Kristina Stefanova, USAID, CC0)
Altkleider werden in Europa gesammelt und in Afrika billig weiterverkauft, wo sie die einheimische Textilindustrie bereits ruiniert haben. Müll und Schrott werden nach Afrika exportiert, damit sie dort billig entsorgt werden können, von Menschen, die den ganzen Tag für einen Hungerlohn unter sengender Sonne den europäischen Dreck sortieren und nach Verwertbarem durchsuchen.
Die Gewässer vor den Küsten Afrikas sind von internationalen Fischereiflotten leergefischt und die lokalen Fischer mit ihren kleinen Booten kommen leer zurück. Ihre Fischerboote vermieten sie aus der Not heraus an Schlepper für die Überfahrt von Flüchtlingen nach Italien und Spanien.
Die europäischen Agrarprodukte sind in aller Regel subventioniert, die Fischkutter und die Fischfanglizenzen sind subventioniert, der Treibstoff und der Transport sind subventioniert. Die afrikanischen Bauern und Fischer aber erhalten keine Subventionen von ihren Regierungen, die haben dafür kein Geld. Freier und vor allem fairer Handel sieht anders aus.
Hinzu kommt noch der Landraub von großen ausländischen Konzernen, aber auch von Staaten wie Dubai und Saudi-Arabien, sogenannten Investoren, die ganze Landstriche in den armen Ländern billig aufkaufen oder auf lange Zeit pachten. So sichern sich diese Konzerne den Zugang zu Rohstoffen. Die ansässigen Familien, die oft seit Generationen dort wohnen, aber keine Besitzurkunden vorweisen können, werden vertrieben. Die Grundstücke werden anschließend eingezäunt und es werden Rohstoffe abgebaut, Grundwasser abgepumpt, in Flaschen gefüllt und als Mineralwasser in alle Welt verkauft oder es werden große Plantagen, meist Monokulturen, für den Export oder zur Erzeugung von Brennstoffen für europäische Autos darauf errichtet. Einheimische werden dort kaum beschäftigt.
Diese Wirtschaftsabkommen machen jede Entwicklungshilfe sofort wieder zunichte. Sie zerstören die Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung und viele verlassen das Land in Richtung Europa in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Von ihrem Land vertrieben, von Billigprodukten aus dem Ausland ruiniert, Fischer vor leergefischten Ozeanen, ohne Arbeit und ohne Perspektive, hier spricht man dann gerne von „Wirtschaftsflüchtlingen“.
Hinzu kommen noch Flüchtlinge nach Definition der Genfer Konvention. Das sind Menschen, die auf Grund ihre Religion, Rasse, Nationalität usw. in ihrem Land verfolgt werden. Sie haben Anspruch auf Asyl.
Daneben gibt es noch Flüchtlinge auf Grund von Naturkatastrophen. Deren Anzahl könnte sich wegen des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten erheblich steigern.
Die Grenzziehung zwischen diesen Kategorien von Flüchtlingen und Migranten ist zweifelhaft. Wer würde bestreiten wollen, dass Krieg oder Bürgerkrieg ein Fluchtgrund sei oder dass Hunger und Armut im eigenen Land keine ausreichenden Gründe seien, sein Land zu verlassen?
Laut offizieller Statistik gibt es derzeit weltweit etwa 260 Millionen Migranten, das sind Menschen, die ihr Heimatland verlassen haben. Davon wurden etwa 68 Millionen aus ihrer Heimat vertrieben, das sind so viele wie noch nie zuvor. Von dieser Entwicklung sind in erster Linie die Entwicklungsländer betroffen.
Es ist nicht Abenteuerlust, es sind Krieg, Armut und Hunger, die diese Menschen dazu veranlasst haben, ihre Heimat ohne Papiere und ohne Gepäck zu verlassen. Menschen sind in der Regel sesshaft und verlassen nur ungern auf Dauer und auf ungewisse Zukunft ihre Familie, ihre Freunde, ihre Heimat. Es ist die Hoffnung, im Ausland Arbeit zu finden und ein besseres Leben zu führen, die zur Migration führt. Migration findet dann statt, wenn Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt werden oder ihres Lebens nicht mehr sicher sein können. Und genau da muss die Linke in ihrer Kritik ansetzen.
Grenzen sind dem Kapital ein Dorn im Auge. Investitionsfreiheit bedeutet auch, überall auf der Welt genügend Arbeitskräfte vorzufinden und die Gewinne zurückführen zu können. Unter der Mär fehlender qualifizierter Arbeitskräfte und des Facharbeitermangels wird jetzt ein neues Einwanderungsgesetz in Deutschland vorbereitet. Der UN-Migrationspakt kommt hier gerade recht und liefert einen weiteren Vorwand dafür. Der UN-Migrationspakt will die Migration kontrollieren und steuern. Kein Wort darüber, wie die Ursachen der Migration bekämpft werden sollen, wie der Migration als solcher entgegengewirkt werden kann. Das ist nicht das Ziel des UN-Migrationspaktes, das ist auch nicht das Ziel des Einwanderungsgesetzes der Bundesregierung.
Die Wirtschaft will neue, billige, möglichst bereits qualifizierte Arbeitskräfte und die Bundesregierung liefert sie ihnen frei Haus. Die Reservearmee wird größer, der Druck auf die Löhne wird noch weiter steigen. Von der verschärften Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt ganz zu schweigen.
Anstatt in Bildung und Qualifikation zu investieren, holt man sich lieber Kräfte aus dem Ausland, deren Bildung von anderen Ländern bereits bezahlt wurde und die zu Hause dringend gebraucht würden. Man lässt junge Menschen von anderen Staaten ausbilden und beschäftigt sie dann in der BRD. Eine berufliche Zukunft haben diese jungen Leute in ihren Ursprungsländern meist eh nicht, die Wirtschaft dort liegt am Boden. Diejenigen Fachkräfte, die legal einwandern dürfen, werden aber kaum eine entsprechende Stelle finden und unterhalb ihrer Qualifikation zu Billiglöhnen arbeiten müssen.
Migration positiv betrachten, Migration gar als Chance zu sehen, heißt auch, Migration zu akzeptieren und heißt damit implizit auch, die Zustände in den Ursprungsländern zu akzeptieren, sie quasi als Ausdruck höherer Gewalt zu sehen, gegen die man eh nichts machen kann. Was nichts anderes bedeutet, als eine Fortsetzung der neoliberalen Logik der freien Märkte, die selbstregulierend seien und unter deren Obhut alles am besten aufgehoben sei, sofern man nicht in ihre Entwicklung eingreife.
Und hier schließt sich der Kreis, denn die Migration ist schlussendlich das Resultat der Entfesselung der freien Märkte. Man sollte also nach neoliberaler Theorie auch die Migration nicht behindern, regulieren oder gar aufhalten, sondern man sollte im Gegenteil die Landesgrenzen weit öffnen für die Migranten, damit nicht nur das Kapital, sondern auch die Arbeitskräfte sich frei bewegen und die Kräfte des Marktes sich entfalten können. Die „unsichtbare Hand“ der Märkte wird alles andere dann schon regeln, die Rassendiskriminierung inklusive.
Die Industrie- und Unternehmerverbände befürworten die Immigration. Für sie sind Immigranten potentielle Arbeitskräfte. Aus der sozialen Verantwortung haben sie sich schon lange verabschiedet. Die Flüchtlinge und Migranten werden in Konkurrenz mit den einheimischen Lohnarbeitern gesetzt. In einer Zeit, wo Arbeitslosigkeit grassiert, wächst der Lohndruck jetzt noch mehr, die Löhne sinken weiter. Wer keinen gewerkschaftlichen Schutz genießt, ist den Arbeitgebern hilflos ausgeliefert. In der Heimat zu verhungern oder getötet zu werden oder im Westen seine Haut für einen Hungerlohn zu Markte zu tragen – das ist die Alternative der Flüchtlinge.
(Grafik: Pixabay, CC0)
Die Linke verweilt derzeit dabei in Schockstarre und starrt wie das Kaninchen auf die Schlange AfD.
Sie versucht mit allen Mitteln sich von wirklichen oder vermeintlichen Faschisten jeder Couleur abzugrenzen. Und wenn die AfD, wenn auch aus anderen Motiven heraus, sagt, „die Immigration ist schlecht“, dann sagt ein großer Teil der orientierungslos gewordenen Linken: „Nein, Immigration ist gut, denn sie bringt gesellschaftliche Vielfalt“. Und fordert offene Grenzen für Alle. Das Kapital bedankt sich derweil für die unerwartete Schützenhilfe.
Die Linke muss das ganze Problem anpacken und nicht nur den Teilaspekt Flucht und Migration. In der Migration gar eine Chance zu sehen, ist kurzsichtig und politischer Selbstmord. Das bedeutet natürlich nicht, keine Kritik mehr daran üben zu dürfen, wie die Bourgeoisie mit den Flüchtlingen umgeht und sie nur als Arbeitskräfte sieht. Und das schließt natürlich auch Hilfe für die Flüchtlinge im Land ein, natürlich muss man den Menschen helfen. Aber man muss auch denen helfen, die nicht (noch nicht?) hier angekommen sind und man muss vor allem dabei helfen, dass sie erst gar nicht von zu Hause flüchten müssen. Das Problem der Flüchtlinge ist nur ein Aspekt der verheerenden Folgen, die der neoliberale kapitalistische Raubzug in der Welt anrichtet. Auch die Umweltzerstörung und ein drohender neuer Weltkrieg mit Atomwaffen gehören dazu. Wir müssen das Problem in seinem Ursprung bekämpfen. Alles hängt mit allem zusammen.
Linke Politik heißt also nicht nur, den Flüchtlingen zu helfen, sondern vor allem die Ursachen der Flucht zu bekämpfen. Es heißt, die ungehinderte Ausbreitung der großen Konzerne und ihren Raubzug durch die Länder der Dritten Welt zu stoppen, es heißt Kriege und Bürgerkriege zu verhindern oder zu beenden.
Öffnung der Grenzen allein kann keine linke Forderung sein, wenn sie nicht an Bedingungen geknüpft ist. Diese Bedingungen müssen darauf abzielen, der Migration das Wasser abzugraben, indem man die Not der Menschen, die sich auf die Flucht begeben, wirkungsvoll und nachhaltig in den Herkunftsländern bekämpft. Das muss aber durch praktische Maßnahmen geschehen und nicht durch Absichtserklärungen auf dem Papier. Und das heißt auch, Forderungen an das Kapital zu stellen. Das heißt auch, dem Kapital in den Arm zu fallen.
Stoppen werden die Flüchtlinge keine Grenzen und kein Frontex mehr, sondern nur die Aussicht auf eine Zukunft im eigenen Land. Gerechter Handel wäre ein erster Schritt dazu.
Die wichtigsten Forderungen der Linken in diesem Kontext müssen sein:
• Kriege verhindern durch Einhaltung des Völkerrechts. Austritt aus und Auflösung der Nato. Schließung der Militärbasen der USA in Europa und für Deutschland insbesondere die Schließung von Ramstein. Zudem ein Verbot der Herstellung und des Verkaufs von Kriegswaffen.
• Diejenigen, die völkerrechtswidrige Kriege angezettelt haben, diejenigen, die ohne UN-Mandat Bomben auf fremde Länder abwerfen lassen, müssen auch rechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Sie müssen verhaftet und vor den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gebracht werden. Ob sie Präsident der USA oder sonst eines Landes sind oder nicht.
• Abschaffung der ungerechten Handelsverträge mit Drittländern. Entwicklungshilfe zur Hebung des Wohlstands in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Angleichung des Sozialstandards und der Löhne. Gleiche Besteuerung für die Konzerne in allen Ländern. Unterbindung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht.
• Unbegrenzte Schadenshaftung für die Verursacher. Egal, ob es sie ruiniert oder nicht. Sie müssen wiederaufbauen, was sie kaputt gemacht haben.
• Solidarität und Zusammenarbeit mit linken Parteien und Gewerkschaften in aller Welt.
Weltoffen, bunt, vielfältig, tolerant. Das ist die schöne Welt, die es nur geben kann, wenn die Menschen auch untereinander gleich sind. Es ist auch eine Welt ohne Flüchtlinge.
Buntheit und Vielfältigkeit bestehen heutzutage in einer Gesellschaft, wo die exotischen „Bunten“ gleichzeitig auch die Unterdrückten sind, diejenigen, die der Einheimische nur dann als bunte Vielfalt begrüßt, wenn sie ihm zu Diensten sind. Sobald die „Bunten“ Gleichbehandlung fordern, ist es mit der Toleranz vorbei. Und als Konkurrenten waren die „Bunten“ nie willkommen.