In der Sendung „Titel, Thesen, Temperamente“ am 10.7.2011 kam Mathias Bröckers zu den Widersprüchen und offenen Fragen zu 9/11 zu Wort. Sendungsausschnitt unter https://www.youtube.com/watch?v=xZi7Mtf9IgY&t=4s (Fotomontage aus Screenshots aus TTT, 10.07.2011, © alle Rechte vorbehalten)

Wie ich zum Verschwörungstheoretiker wurde

Von Mathias Bröckers , veröffentlicht am: 3. Oktober 2021, Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 11.09.2021 auf www.broeckers.com unter der URL <https://www.broeckers.co> veröffentlicht. Lizenz: Mathias Bröckers, CC BY-NC-ND 4.0 

Vor zehn Jahren stellte der Kollege Tilman Jens  in einem Beitrag für das Kulturmagazin „titel, thesen, temperamente“ unser Buch zum zehnten Jahrestag von 9/11 [1] vor – jetzt ist es wieder erschienen, als Teil 3 der Trilogie „11.9. – 20 Jahre danach“ [2]. Er fasste damals seine Rezension am Ende folgendermaßen zusammen: „Dabei ist Bröckers Sünden­register der Versäumnisse und Widersprüche bei der Aufklärung des 11. September weder anti-amerikanisch noch verschwörungstheoretisch. Der Autor konstruiert keine Antworten, sondern er besinnt sich einzig auf eine uralte journalistische Tugend: Auf das Handwerk des gelegentlich unbotmäßigen Zweifels.“ Da schlug die FAZ umgehend Alarm: Das „skandalöse Versagen“ der „Überwachungsinstanzen“ der ARD wurde angeprangert, die eine derartige „Hymne auf Verschwörungstheoretiker zu verantworten haben“, und es wurden schwere Geschütze aus der Jauchegrube gefeuert: „Paranoide Pseudo-Enthüllungen“, „sektiererisch“, „Antisemitismus“, „Antiamerikanismus“, „Mein Kampf“, „Die Protokolle der Weisen von Zion“.

Über das Buch:
Die Anschläge des 11.9.2001 dürften als das Jahrhundertverbrechen in die Geschichte eingehen. Wie aber kann es sein, dass auch nach zwanzig Jahren noch immer an der „offiziellen Wahrheit“ festgehalten wird, obwohl bis heute die objektiven Unstimmigkeiten an dieser Version erdrückend sind? Die Kommission zur Klärung der Ereignisse legte einen Abschlussbericht vor, der einer staatsanwaltlichen Prüfung nicht standhält und von dem sich selbst die Kommissionsmitglieder distanziert haben. Bestsellerautor Mathias Bröckers zieht zum 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 eine ernüchternde Bilanz über unterdrückte Beweise und die Folgen, die der „War on Terror“ bis heute weltweit nach sich zieht. (Buchcover, Westend Verlag, 2011, 2021)

Argumente für diese Schmähungen wurden nicht angeführt und so schien die Forderung doch reichlich vermessen, dass es Journalisten nach gründlicher Recherche nicht mehr erlaubt sein sollte, Fragen zum Hergang des 11.9. zu formulieren, und wenn sie es doch tun, die „Überwachungsinstanzen“ der ARD dafür zu sorgen haben, dass die Öffentlichkeit davon nichts erfährt. (Mehr dazu in Mythos 9/11 [3])

Sie scheint aber auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein, was mir in den letzten Tagen eine Serie von Deja-vú-Erlebnissen bescherte. Schon im Frühjahr hatte eine TV-Produktion für eine ARD-Doku zum 11.9. wegen eines Interviews angefragt. Nachdem ich zuerst abgelehnt hatte, weil ich auf das erwartbare Framing als „Verschwörungs­theoretiker“ keine Lust hatte, wurde zugesichert, dass die Dokumentation nur aus den unkommentierten O-Tönen der Protagonisten bestehen sollte. Ich sagte zu und gab im Mai ein längeres Interview. Als ich mich im August erkundigte, wann die Premiere des Films sein wird, erhielt ich die Nachricht, das meine Äußerungen „aus dramaturgischen Gründen“ leider komplett geschnitten werden mussten.

Ebenfalls schon vor zwei Monaten hatte der WDR wegen einer Wiederholung des 2-stündigen Hörspiels „Das fünfte Flugzeug” angefragt, das Andreas von Westphalen 2011 nach unserem Roman in Szene gesetzt hatte [4]. Es sollte am 2. und 9.September auf WDR1 laufen und am Vorabend hatte ich es hier noch angekündigt und die enstprechende Website verlinkt [5]. Am nächsten Morgen aber war sie verschwunden und gegen 10.30 bekam ich eine Mail, dass die Redaktion das Stück „leider“ aus dem Programm genommen hätte. Wahrscheinlich haben die Experten der „Überwachungsinstanzen“ im letzten Moment geschnallt, dass hinter dem Roman und dem Pseudonym John S.Cooper zwei „Verschwörungs­theoretiker“ stecken… und das geht ja nun gar nicht.

Vor zwei Wochen nun kam eine Anfrage vom Deutschlandfunk, ob ich für den 10.9. einen 4-Minuten-Kommentar unter dem Arbeitstitel „Wie ich zum Verschwörungstheoretiker wurde“ schreiben könnte. Ich fragte den Kollegen, ob er wüsste, dass er sich damit Ärger einhandelt und erzählte ihm, dass ich vor 20 Jahren als Autor im ARD-Radio hingeschmissen hatte, weil eine Glosse über die Elefantenspuren in Mohamed Attas Koffer nicht sendbar war. Selbst vorsichtige Zweifel an der offiziellen Geschichte konnten damals öffentlich-rechtlich nicht geäußert werden, weil schon diese Skepsis reichte, um zum „Verschwörungstheoretiker“ gestempelt zu werden – selbst dann nicht, wenn man gar keine alternativen Theorien verbreitete, sondern nur die Ungereimtheiten und Widersprüche der offiziellen Geschichte aufzeigte. 

Gerade das sei doch interessant, meinte der Kollege, darüber solle ich schreiben, was ich dann auch tat und den Text Anfang der Woche im DLF-Studio in Schöneberg  einsprach. Ein harmloses, kreuzbraves 4-Minuten-Stück – wie wir dachten, doch hatten wir die Rechnung ohne die Hierarchien gemacht. Was folgte, war eine Posse – deren Nacherzählung ich mir spare –, die für ein groteskes Theaterstück über die „Cancel Kultur“ und chomsky-eske „Manufacturing Consent“-Medien durchaus geeignet wäre… Am Ende entschied der Wellenchef, dass er die Verantwortung nicht übernehmen könne und der für Freitag 7:20 Uhr schon eingetaktete Kommentar musste noch in der Nacht entfernt und ausgetauscht werden. Hier nun für die Hörer*innen des Deutschlandradios exklusiv auf diesem Blog:

„Wie ich zum Verschwörungstheoretiker wurde“

Von Mathias Bröckers

 Als „Verschwörungstheoretiker“ ist man heutzutage ja nicht mehr einsam. Die Zuschreibungen zu dieser Klasse, Gruppe oder Glaubensgemeinschaft haben ein so inflationäres Ausmaß angenommen, dass Skeptiker und Kritiker/innen von Regierungs­verlautbarungen um­gehend Gefahr laufen, diesem Lager zugeschlagen zu werden.

Seinen Siegeszug im Zeichen der psycho­logischen Kriegsführung trat der Begriff „Verschwörungstheorie“ vor zwei Jahrzehnten an, als George W. Bush im Oktober 2001 vor der UN-Vollversammlung sagte: „Wir müssen die Wahrheit über den Terror aussprechen. Lasst uns niemals frevelhafte Verschwö­rungs­theorien im Zusammen­hang mit dem 11. September tolerieren, boshafte Lügen, die bezwecken, die Schuld von den Terroristen abzulenken, weg von den Schuldigen.“

Über das Buch:
Für den einstigen Top-Journalisten Max Fuller klingt das Ganze zunächst wie eine durchgeknallte 9/11-Verschwörungstheorie: Ein mysteriöser Anwalt bietet ihm die wahre Geschichte des »fünften Flugzeuges« an, das am 11. September 2001 über die Radarschirme der US-Luftabwehr irrte – und dazu auch gleich noch den angeblichen Piloten. Aber als er diesen tatsächlich ausfindig macht und ihm das Versprechen abnimmt, on air auszupacken, wird der Pilot Opfer eines merkwürdigen »Unfalls«. Und Fuller weiß, dass er der nächste auf der Liste ist. Ein atemberaubender Politthriller über die Hintergründe des 11. September. (Buchcover, Westend Verlag, 2021)

Zu diesem Zeitpunkt war die „Wahrheit“ über den Terror allerdings noch unbe­kannt, nicht einmal die Identitäten der 19 »Hijacker« waren geklärt, ge­schweige denn die Frage, wie sie mit zwei Flug­zeugen drei Wolken­kratzer pulverisieren konnten. Die Bush-Regierung hatte bekanntlich den Einsatz einer staatlichen Untersuchungs­kommission über ein Jahr lang verweigert und stattdessen den »War on Terror« ausgerufen. Unter der Parole „Mit uns oder mit den Terroristen“. Wer da noch Fragen stellte, war auf der Seite der »Terroristen« – als „boshafter Lügner“ und „frevelhafter Verschwörungstheoretiker“.

Weil ich schon Monate vor dem 11. September 2001 damit angefangen hatte, ein Buch über Verschwörungen und Verschwörungstheorien zu schreiben, notierte ich mir am Morgen, dass diese oft benutzt werden, um komplexe Ereignisse auf eine einzige Ursache zu reduzieren. Und mich dann gewundert, dass, als die WTC-Türme noch nicht einmal eingestürzt waren, schon Osama Bin Laden als Hauptverdächtiger genannt wurde und am nächsten Tag als Täter quasi feststand. Meine für extreme Komplexitiätsreduktion sensibilisierte Optik schlug aber spätestens dann Alarm, als in dem hängengebliebenen Koffer des angeblichen Rädelsführers von 9/11, Mohamed Atta, ein Koran-Gebetsbuch sowie sein Testament gefunden wurden. Wie es der Zufall dann auch noch wollte, fand sich in einem Mietwagen seiner Kameraden ein Zettel mit der Handynummer von niemand anderem als – Osama Bin Laden. Mich beschlich das Gefühl, dass hier gerade ein hochkomplexes Ereignis auf einen simplen Sündenbock reduziert wurde. Ich wunderte mich: Haben wir es nicht nur mit einem live übertragenen Verbrechen, sondern auch mit dem medialen »Making-of« einer Verschwörungstheorie zu tun? Nach George Bushs Diktum war zwar schon eine solche Frage frevelhaft, ich aber kam mir vor wie ein Paläontologe, der historische Fußabdrücke von Dinosauriern untersucht und seinen Forschungsgegenstand plötzlich live in der freien Wildbahn erlebt. 

Dass die großen Medien von dieser Beobachtung nichts wissen wollten, schaffte für mich die Ungereimtheiten und Widersprüche der offiziellen Version dieses Terroranschlages nicht aus der Welt. Und diese Fragezeichen verschwanden auch nicht nach dem 2004 vorgelegten „9/11-Report“ der offiziellen Untersuchungskommission, dessen Kronzeuge, Khalid Scheich Mohamed, in Guantanamo für seine Aussagen 182-mal dem „Waterboarding“ unterzogen wurde. Kein Gericht der Welt hätte solche Foltergeständnisse als Beweis akzeptieren können – doch vor einem ordentlichen Gericht mit einem rechtsstaatlichen Verfahren wurde diese Anklage bis heute nie verhandelt. Das Urteil war ja auch ohnehin längst gesprochen und lautete: „War On Terror“, Krieg gegen Afghanistan.

Es war eher ein Zufall, dass meine für Verschwörungstheorien sensibilisierte Perspektive an diesem 11. September 2001 schnell meine Zweifel an der offiziellen Darstellung der Ereignisse geweckt hatte. In der Folge machten meine weiteren Recherchen zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten an der offiziellen Version von 9/11 deutlich. Das Herausarbeiten der vielen Merkwürdigkeiten hat mir zwar das schwer ablösbare Etikett „Verschwörungstheoretiker“ eingebracht, vwie jedoch in meinen drei Büchern zu 9/11 leicht nachprüfbar ist, habe ich zwar die Lücken und Lügen der offiziellen Legende dargelegt, selbst aber nie eine Theorie über die Hintermänner, geschweige denn eine Verschwörungstheorie, aufgestellt. Denn die Wahrheit über den 11.September kenne ich nicht, und kein Journalist und kein Historiker kann sie ermitteln, das kann nur ein ordentliches Gericht, das Zeugen vorladen und die Freigabe von geheim gehaltenen Dokumenten erzwingen kann. Deshalb kann es zum 20. Jahrestag nur eine Forderung geben, die Neu-Untersuchung des Verbrechens: Re-Investigate 9/11!“

Quellen:

[1] Mathias Bröckers, 11.9. – Zehn Jahre danach, Westend Verlag, 2011, <https://www.broeckers.com/911-2/11-9-zehn-jahre-danach/>

[2] Mathias Bröckers, Andreas Hauß, Christian C. Walther, 11.9. 20 Jahre danach – Einsturz einer Legende, Westend Verlag, 2021,  <https://www.buchkomplizen.de/buecher/politik/11-9.html?noloc=1>

[3] Mathias Bröckers, MYTHOS 9/11 Die Bilanz des Jahrhundertverbrechens – 20 Jahre danach, Westend Verlag, 2021, <https://www.buchkomplizen.de/buecher-mehr/mythos-9-11.html>

[4] Mathias Bröckers, Still airborne: Das fünfte Flugzeug ist noch immer nicht gelandet, Artikel auf www.broeckers.com, am 13.07.2021, unter  <https://www.broeckers.com/2021/07/13/still-airborne-das-funfte-flugzeug-ist-noch-immer-nicht-gelandet/>

[5] Mathias Bröckers, 1LIVE Krimi: Das fünfte Flugzeug, Kommentar auf www.broeckers.com, am 01.09.2021 unter <https://www.broeckers.com/2021/09/01/1live-krimi-das-funfte-flugzeug/>

Wie ich zum Verschwörungstheoretiker wurde

Von Mathias Bröckers , veröffentlicht am: 3. Oktober 2021, Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 11.09.2021 auf www.broeckers.com unter der URL <https://www.broeckers.co> veröffentlicht. Lizenz: Mathias Bröckers, CC BY-NC-ND 4.0 

In der Sendung „Titel, Thesen, Temperamente“ am 10.7.2011 kam Mathias Bröckers zu den Widersprüchen und offenen Fragen zu 9/11 zu Wort. Sendungsausschnitt unter https://www.youtube.com/watch?v=xZi7Mtf9IgY&t=4s (Fotomontage aus Screenshots aus TTT, 10.07.2011, © alle Rechte vorbehalten)

Vor zehn Jahren stellte der Kollege Tilman Jens  in einem Beitrag für das Kulturmagazin „titel, thesen, temperamente“ unser Buch zum zehnten Jahrestag von 9/11 [1] vor – jetzt ist es wieder erschienen, als Teil 3 der Trilogie „11.9. – 20 Jahre danach“ [2]. Er fasste damals seine Rezension am Ende folgendermaßen zusammen: „Dabei ist Bröckers Sünden­register der Versäumnisse und Widersprüche bei der Aufklärung des 11. September weder anti-amerikanisch noch verschwörungstheoretisch. Der Autor konstruiert keine Antworten, sondern er besinnt sich einzig auf eine uralte journalistische Tugend: Auf das Handwerk des gelegentlich unbotmäßigen Zweifels.“ Da schlug die FAZ umgehend Alarm: Das „skandalöse Versagen“ der „Überwachungsinstanzen“ der ARD wurde angeprangert, die eine derartige „Hymne auf Verschwörungstheoretiker zu verantworten haben“, und es wurden schwere Geschütze aus der Jauchegrube gefeuert: „Paranoide Pseudo-Enthüllungen“, „sektiererisch“, „Antisemitismus“, „Antiamerikanismus“, „Mein Kampf“, „Die Protokolle der Weisen von Zion“.

Über das Buch:
Die Anschläge des 11.9.2001 dürften als das Jahrhundertverbrechen in die Geschichte eingehen. Wie aber kann es sein, dass auch nach zwanzig Jahren noch immer an der „offiziellen Wahrheit“ festgehalten wird, obwohl bis heute die objektiven Unstimmigkeiten an dieser Version erdrückend sind? Die Kommission zur Klärung der Ereignisse legte einen Abschlussbericht vor, der einer staatsanwaltlichen Prüfung nicht standhält und von dem sich selbst die Kommissionsmitglieder distanziert haben. Bestsellerautor Mathias Bröckers zieht zum 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 eine ernüchternde Bilanz über unterdrückte Beweise und die Folgen, die der „War on Terror“ bis heute weltweit nach sich zieht. (Buchcover, Westend Verlag, 2011, 2021)

Argumente für diese Schmähungen wurden nicht angeführt und so schien die Forderung doch reichlich vermessen, dass es Journalisten nach gründlicher Recherche nicht mehr erlaubt sein sollte, Fragen zum Hergang des 11.9. zu formulieren, und wenn sie es doch tun, die „Überwachungsinstanzen“ der ARD dafür zu sorgen haben, dass die Öffentlichkeit davon nichts erfährt. (Mehr dazu in Mythos 9/11 [3])

Sie scheint aber auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein, was mir in den letzten Tagen eine Serie von Deja-vú-Erlebnissen bescherte. Schon im Frühjahr hatte eine TV-Produktion für eine ARD-Doku zum 11.9. wegen eines Interviews angefragt. Nachdem ich zuerst abgelehnt hatte, weil ich auf das erwartbare Framing als „Verschwörungs­theoretiker“ keine Lust hatte, wurde zugesichert, dass die Dokumentation nur aus den unkommentierten O-Tönen der Protagonisten bestehen sollte. Ich sagte zu und gab im Mai ein längeres Interview. Als ich mich im August erkundigte, wann die Premiere des Films sein wird, erhielt ich die Nachricht, das meine Äußerungen „aus dramaturgischen Gründen“ leider komplett geschnitten werden mussten.

Ebenfalls schon vor zwei Monaten hatte der WDR wegen einer Wiederholung des 2-stündigen Hörspiels „Das fünfte Flugzeug” angefragt, das Andreas von Westphalen 2011 nach unserem Roman in Szene gesetzt hatte [4]. Es sollte am 2. und 9.September auf WDR1 laufen und am Vorabend hatte ich es hier noch angekündigt und die enstprechende Website verlinkt [5]. Am nächsten Morgen aber war sie verschwunden und gegen 10.30 bekam ich eine Mail, dass die Redaktion das Stück „leider“ aus dem Programm genommen hätte. Wahrscheinlich haben die Experten der „Überwachungsinstanzen“ im letzten Moment geschnallt, dass hinter dem Roman und dem Pseudonym John S.Cooper zwei „Verschwörungs­theoretiker“ stecken… und das geht ja nun gar nicht.

Vor zwei Wochen nun kam eine Anfrage vom Deutschlandfunk, ob ich für den 10.9. einen 4-Minuten-Kommentar unter dem Arbeitstitel „Wie ich zum Verschwörungstheoretiker wurde“ schreiben könnte. Ich fragte den Kollegen, ob er wüsste, dass er sich damit Ärger einhandelt und erzählte ihm, dass ich vor 20 Jahren als Autor im ARD-Radio hingeschmissen hatte, weil eine Glosse über die Elefantenspuren in Mohamed Attas Koffer nicht sendbar war. Selbst vorsichtige Zweifel an der offiziellen Geschichte konnten damals öffentlich-rechtlich nicht geäußert werden, weil schon diese Skepsis reichte, um zum „Verschwörungstheoretiker“ gestempelt zu werden – selbst dann nicht, wenn man gar keine alternativen Theorien verbreitete, sondern nur die Ungereimtheiten und Widersprüche der offiziellen Geschichte aufzeigte. 

Gerade das sei doch interessant, meinte der Kollege, darüber solle ich schreiben, was ich dann auch tat und den Text Anfang der Woche im DLF-Studio in Schöneberg  einsprach. Ein harmloses, kreuzbraves 4-Minuten-Stück – wie wir dachten, doch hatten wir die Rechnung ohne die Hierarchien gemacht. Was folgte, war eine Posse – deren Nacherzählung ich mir spare –, die für ein groteskes Theaterstück über die „Cancel Kultur“ und chomsky-eske „Manufacturing Consent“-Medien durchaus geeignet wäre… Am Ende entschied der Wellenchef, dass er die Verantwortung nicht übernehmen könne und der für Freitag 7:20 Uhr schon eingetaktete Kommentar musste noch in der Nacht entfernt und ausgetauscht werden. Hier nun für die Hörer*innen des Deutschlandradios exklusiv auf diesem Blog:

„Wie ich zum Verschwörungstheoretiker wurde“

Von Mathias Bröckers

 Als „Verschwörungstheoretiker“ ist man heutzutage ja nicht mehr einsam. Die Zuschreibungen zu dieser Klasse, Gruppe oder Glaubensgemeinschaft haben ein so inflationäres Ausmaß angenommen, dass Skeptiker und Kritiker/innen von Regierungs­verlautbarungen um­gehend Gefahr laufen, diesem Lager zugeschlagen zu werden.

Seinen Siegeszug im Zeichen der psycho­logischen Kriegsführung trat der Begriff „Verschwörungstheorie“ vor zwei Jahrzehnten an, als George W. Bush im Oktober 2001 vor der UN-Vollversammlung sagte: „Wir müssen die Wahrheit über den Terror aussprechen. Lasst uns niemals frevelhafte Verschwö­rungs­theorien im Zusammen­hang mit dem 11. September tolerieren, boshafte Lügen, die bezwecken, die Schuld von den Terroristen abzulenken, weg von den Schuldigen.“

Über das Buch:
Für den einstigen Top-Journalisten Max Fuller klingt das Ganze zunächst wie eine durchgeknallte 9/11-Verschwörungstheorie: Ein mysteriöser Anwalt bietet ihm die wahre Geschichte des »fünften Flugzeuges« an, das am 11. September 2001 über die Radarschirme der US-Luftabwehr irrte – und dazu auch gleich noch den angeblichen Piloten. Aber als er diesen tatsächlich ausfindig macht und ihm das Versprechen abnimmt, on air auszupacken, wird der Pilot Opfer eines merkwürdigen »Unfalls«. Und Fuller weiß, dass er der nächste auf der Liste ist. Ein atemberaubender Politthriller über die Hintergründe des 11. September. (Buchcover, Westend Verlag, 2021)

Zu diesem Zeitpunkt war die „Wahrheit“ über den Terror allerdings noch unbe­kannt, nicht einmal die Identitäten der 19 »Hijacker« waren geklärt, ge­schweige denn die Frage, wie sie mit zwei Flug­zeugen drei Wolken­kratzer pulverisieren konnten. Die Bush-Regierung hatte bekanntlich den Einsatz einer staatlichen Untersuchungs­kommission über ein Jahr lang verweigert und stattdessen den »War on Terror« ausgerufen. Unter der Parole „Mit uns oder mit den Terroristen“. Wer da noch Fragen stellte, war auf der Seite der »Terroristen« – als „boshafter Lügner“ und „frevelhafter Verschwörungstheoretiker“.

Weil ich schon Monate vor dem 11. September 2001 damit angefangen hatte, ein Buch über Verschwörungen und Verschwörungstheorien zu schreiben, notierte ich mir am Morgen, dass diese oft benutzt werden, um komplexe Ereignisse auf eine einzige Ursache zu reduzieren. Und mich dann gewundert, dass, als die WTC-Türme noch nicht einmal eingestürzt waren, schon Osama Bin Laden als Hauptverdächtiger genannt wurde und am nächsten Tag als Täter quasi feststand. Meine für extreme Komplexitiätsreduktion sensibilisierte Optik schlug aber spätestens dann Alarm, als in dem hängengebliebenen Koffer des angeblichen Rädelsführers von 9/11, Mohamed Atta, ein Koran-Gebetsbuch sowie sein Testament gefunden wurden. Wie es der Zufall dann auch noch wollte, fand sich in einem Mietwagen seiner Kameraden ein Zettel mit der Handynummer von niemand anderem als – Osama Bin Laden. Mich beschlich das Gefühl, dass hier gerade ein hochkomplexes Ereignis auf einen simplen Sündenbock reduziert wurde. Ich wunderte mich: Haben wir es nicht nur mit einem live übertragenen Verbrechen, sondern auch mit dem medialen »Making-of« einer Verschwörungstheorie zu tun? Nach George Bushs Diktum war zwar schon eine solche Frage frevelhaft, ich aber kam mir vor wie ein Paläontologe, der historische Fußabdrücke von Dinosauriern untersucht und seinen Forschungsgegenstand plötzlich live in der freien Wildbahn erlebt. 

Dass die großen Medien von dieser Beobachtung nichts wissen wollten, schaffte für mich die Ungereimtheiten und Widersprüche der offiziellen Version dieses Terroranschlages nicht aus der Welt. Und diese Fragezeichen verschwanden auch nicht nach dem 2004 vorgelegten „9/11-Report“ der offiziellen Untersuchungskommission, dessen Kronzeuge, Khalid Scheich Mohamed, in Guantanamo für seine Aussagen 182-mal dem „Waterboarding“ unterzogen wurde. Kein Gericht der Welt hätte solche Foltergeständnisse als Beweis akzeptieren können – doch vor einem ordentlichen Gericht mit einem rechtsstaatlichen Verfahren wurde diese Anklage bis heute nie verhandelt. Das Urteil war ja auch ohnehin längst gesprochen und lautete: „War On Terror“, Krieg gegen Afghanistan.

Es war eher ein Zufall, dass meine für Verschwörungstheorien sensibilisierte Perspektive an diesem 11. September 2001 schnell meine Zweifel an der offiziellen Darstellung der Ereignisse geweckt hatte. In der Folge machten meine weiteren Recherchen zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten an der offiziellen Version von 9/11 deutlich. Das Herausarbeiten der vielen Merkwürdigkeiten hat mir zwar das schwer ablösbare Etikett „Verschwörungstheoretiker“ eingebracht, vwie jedoch in meinen drei Büchern zu 9/11 leicht nachprüfbar ist, habe ich zwar die Lücken und Lügen der offiziellen Legende dargelegt, selbst aber nie eine Theorie über die Hintermänner, geschweige denn eine Verschwörungstheorie, aufgestellt. Denn die Wahrheit über den 11.September kenne ich nicht, und kein Journalist und kein Historiker kann sie ermitteln, das kann nur ein ordentliches Gericht, das Zeugen vorladen und die Freigabe von geheim gehaltenen Dokumenten erzwingen kann. Deshalb kann es zum 20. Jahrestag nur eine Forderung geben, die Neu-Untersuchung des Verbrechens: Re-Investigate 9/11!“

Quellen:

[1] Mathias Bröckers, 11.9. – Zehn Jahre danach, Westend Verlag, 2011, <https://www.broeckers.com/911-2/11-9-zehn-jahre-danach/>

[2] Mathias Bröckers, Andreas Hauß, Christian C. Walther, 11.9. 20 Jahre danach – Einsturz einer Legende, Westend Verlag, 2021,  <https://www.buchkomplizen.de/buecher/politik/11-9.html?noloc=1>

[3] Mathias Bröckers, MYTHOS 9/11 Die Bilanz des Jahrhundertverbrechens – 20 Jahre danach, Westend Verlag, 2021, <https://www.buchkomplizen.de/buecher-mehr/mythos-9-11.html>

[4] Mathias Bröckers, Still airborne: Das fünfte Flugzeug ist noch immer nicht gelandet, Artikel auf www.broeckers.com, am 13.07.2021, unter  <https://www.broeckers.com/2021/07/13/still-airborne-das-funfte-flugzeug-ist-noch-immer-nicht-gelandet/>

[5] Mathias Bröckers, 1LIVE Krimi: Das fünfte Flugzeug, Kommentar auf www.broeckers.com, am 01.09.2021 unter <https://www.broeckers.com/2021/09/01/1live-krimi-das-funfte-flugzeug/>