Zweierlei Maß: Die rationale Dekonstruktion der Zensur ist Zeitverschwendung

BAM! hat bereits über Zensur in Zusammenhang mit europäischen Institutionen, die auf alternative Medien abzielt, insbesondere wenn sie von GAFAM (GAFAM ist ein Akronym für die größten IT-Unternehmen der Welt. Diese sind Alphabet (Google), Amazon, Meta (Facebook), Apple und Microsoft) durchgeführt wird, berichtet [6, 7, 8]. Kürzlich (ein paar Tage vor der Zensur der russischen Medien) fiel BAM! dieser selbst zum Opfer: Am 18. Februar verlor das französischsprachige belgische Alternativmedium seinen Youtube-Kanal. Der Grund? Die Vorschriften zur Desinformation über Covid seien „gebrochen“ worden [9], jedoch wurde kein Inhalt, kein Video als Beispiel hierfür von Youtube ausdrücklich genannt.

Solange es sich nicht um illegale Inhalte handelt, kann kein Grund eine Zensur rechtfertigen. Wir würden der Zensur zu viel Legitimation zukommen lassen, wenn wir in den Geschäftsbedingungen von Youtube [10], Twitter [11] und Facebook [12], die alle eine ganze Palette von Themen aufzählen, die nicht auf ihren Plattformen diskutiert werden dürfen, nach rationalen Gründen suchten. Denken Sie hierbei nur an Facebooks Entscheidung [13] zurück, seine Regeln im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine anzupassen. Darin wurden in einigen Ländern bestimmte Formen des Gewaltaufrufs, gegen russische Soldaten, Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko, sowie Aufrufe zur Unterstützung des Azov-Bataillons genehmigt. Dieses faschistische, (neo-)nazistische und rassistische Regiment der ukrainischen Nationalgarde (im Kampf gegen die Sezessionisten im Donbass) – was übrigens durch zahlreiche Mainstream-Berichte der letzten Jahre [14, 15, 16, 17, 18] bestätigt ist – einschließlich Aufrufe zum Anschluss und zu seiner Unterstützung, wurden noch 2019 von Facebook verbannt [19, 20].

Eine lange vorbereitete Zensur

Was aber ist der Zusammenhang zwischen der gegen BAM! ausgeübten Zensur und der sich gegen RT und Sputnik richtenden? Wie viele alternative Medien ist RT, das 2014 als Reaktion auf antirussische Propaganda [21] gegründet wurde, das Opfer der Zensur rund um ein Thema, das in den letzten zwei Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat: Covid. Darüber hinaus wurde der Youtube-Kanal von RT DE bereits im Oktober 2021 zensiert, weil er angeblich gegen die Youtube-Bestimmungen zur Berichterstattung zu Covid verstoßen hatte [22]. RT ist jedoch seit Jahren im Fadenkreuz, so Josep Borrell, Hoher Vertreter für die Europäische Außenpolitik höchstpersönlich [23]: Seit 2015 bekämpft er „die Schlange der russischen Desinformation“, deren „Kopf“ RT und Sputnik seien. Ihm zufolge führt der Kreml eine große Desinformationskampagne in Osteuropa, aber auch in der gesamten EU durch:

„Letztlich, Desinformation. Denn Putin will nicht nur Territorien, sondern auch die Köpfe der Menschen mit toxischen Botschaften durch Lügen erobern. Der Kreml und seine Unterstützer beteiligen sich an massiven Desinformationskampagnen in der Ukraine, in unserer Nachbarschaft und in der EU. Wir bekämpfen sie seit 2015 mit der East StratCom Taskforce und der Plattform EU vs. Desinformation – zu deren Besuch ich Sie anhalte. Heute unternehmen wir einen entscheidenden Schlag, um der Manipulation von Informationen in Europa das Wasser abzudrehen, indem wir Russia Today und Sputnik daran hindern, in der Union zu senden. Wir brechen der Schlange das Genick.“ [24]

Es handelt sich also um eine seit mehreren Jahren bestehende Strategie, betrieben von der East StratCom (stehend für Strategic Communications) Taskforce (ESTF) der EU – das Akronym StratCom suggeriert, gewollt oder ungewollt, eine Nähe zur Leitung der Streitkräfte der US Army, STRATCOM (stehend für Strategic Command) –, die 2015 erschaffen wurde, um gezielt russische Desinformation zu bekämpfen und die „Förderung“ der EU-Politik in osteuropäischen Ländern zu betreiben (ein Euphemismus für „Propaganda“) [25]. Der offiziellen Version, wonach RT DE wegen fehlender Sendelizenz über Nacht verboten wurde, ist daher kaum zu glauben [26]. Im Gegenteil, laut Berichten [27] von unabhängigen Journalisten wie Thomas Röper – dem Gründer der medienkritischen Seite „Anti-Spiegel“ [28] und Autor zahlreicher investigativer Bücher, darunter eines über den Euro-Maidan und den Putsch in der Ukraine im Jahr 2014 [29] sowie kürzlich „Inside Corona“ [30] – hatte RT sogar eine Sendelizenz in Serbien erhalten, gemäß der Europäischen Konvention für grenzüberschreitendes Fernsehen [31]. Zum Verbot von Streaming: Da das deutsche Programm von RT aus Moskau, dem Hauptsitz von RT, gesendet wurde, hätte es an das Moskauer Büro gesendet werden müssen und nicht an das Berliner Büro von RT DE, so Röper.

Die Zensur von RT DE (und RT allgemein) scheint daher nur ein Etappenschritt einer langfristigen Strategie zu sein, die gerade mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine auf Hochtouren gefahren wurde und den idealen Vorwand für die Umsetzung einer Zensur „störender Medien“ bot. Diese Zensur bleibt jedoch nicht auf die russischen Medien beschränkt, da die Europäische Taskforce ihr Aktionsfeld auf Desinformationen im Zusammenhang mit Covid erweitert hat. Was werden die nächsten Themen sein, die sie interessieren werden?

Der Zweck der Zensur

Zensur dient in erster Linie einem Zweck: ein (Werte-)System zu verteidigen und es mit einem Minenfeld zu schützen, das jeden Andersdenkenden in die Luft jagt. Covid ist eines dieser Felder, in welchem Zensur zwei Jahre lang erprobt werden und gedeihen konnte. Ein Feldversuch, bei dem die breite Öffentlichkeit zunächst an die Zensur herangeführt und gewöhnt wurde, bis sie Letztere billigte.

Also zum Schluss, was ist der Unterschied zwischen der Zensur von BAM! und die von RT oder Sputnik? Russische Medien wurden nach subtileren aber vergeblichen Zensurmaßnahmen ausdrücklich zu Feinden erklärt und verboten. Was BAM! betrifft, ist es noch ein Opfer dieses subtileren Systems, das genau dafür eingerichtet wurde, um die Entstehung neuer, dissidenter Medien wie RT zu verhindern. Übrigens, der Moment der Zensur von BAM! auf Youtube, am 18. Februar 2022, fällt durch seine Koinzidenz auf: Es geschah, als die Zensur russischer Medien in vollem Gange war und nur wenige Tage vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Wollte man mögliche Gegenstimmen im entscheidenden Moment verstummen lassen, man hätte es nicht besser machen können. Aber das bleibt Spekulation. Es spielt außerdem keine Rolle, ob diese Aktion vorsätzlich und gezielt oder nur die logische Konsequenz eines vorhandenen Systems war, das Ergebnis ist das gleiche. Zensur ist eine Waffe, die sich früher oder später gegen diejenigen wendet, die sie fordern, weil sie keine Grenzen kennt und die „Freunde“ von heute schon bald die „Feinde“ von morgen sein können. Sie kriecht wie ein Krake mit den Interessen der Macht vor, die es als fatale Waffe in einem Informationskrieg einsetzt.