(Screenshot YouTube)

Warum die USA einen Krieg mit China bis 2025 anstreben

Das Gerede über einen Krieg der USA mit China hat in den letzten Wochen zugenommen. Nicht aufgrund einer tatsächlichen Provokation durch Peking, sondern aufgrund kollektiver Resignation vor seiner vermeintlichen Unvermeidbarkeit.

Von Brian Berletic , veröffentlicht am: 5. April 2023, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 08.02.2023 auf www.journal-neo.org unter der URL <https://journal-neo.org/2023/02/08/why-the-us-seeks-war-with-china-by-2025/> veröffentlicht. Lizenz: Brian Berletic, New Eastern Outlook, CC BY-NC-ND 4.0

Am deutlichsten wird das durch die Äußerungen des US-Luftwaffengenerals Michael Minihan.

Im Artikel „U.S. General’s Prediction of War with China ˏin 2025´ Risks Turning Worst Fears Into Reality“ [„Die Prophezeiung eines Kriegs mit China ˏim Jahr 2025´ durch einen US-General könnte schlimmste Befürchtungen wahr werden lassen] des „TIME Magazine“ wird General Minihan mit den Worten zitiert [1]:

„Mein Gefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden,“

schrieb Minihan, der das Air Mobility Command der Luftwaffe leitet, in einem in den sozialen Medien verbreiteten internen Memo an die Führung der 110.000 Mitglieder. Und weiter heißt es:

„Ich hoffe, dass ich mich irre.“ Der chinesische Präsident Xi Jinping habe sich „seine dritte Amtszeit gesichert und seinen Kriegsrat im Oktober 2022 eingerichtet. 2024 finden in Taiwan Präsidentschaftswahlen statt und werden Xi einen Anlass bieten. In den Vereinigten Staaten finden die Präsidentschaftswahlen 2024 statt und werden Xi ein abgelenktes Amerika bieten. Xis Team, sein Motiv und seine Möglichkeiten sind alle auf 2025 ausgerichtet.“

Maj. Gen. Michael A. Minihan, U.S. Indo-Pacific Command / (Public Domain)

Doch nichts von General Minihans Aussagen erklärt, warum die Vereinigten Staaten möglicherweise in einen Krieg verwickelt sein könnten. Stattdessen räumt General Minihan mehr oder weniger ein, dass die USA wegen des chinesischen Vorgehens gegen Taiwan in einen Krieg mit China ziehen werden. Tatsächlich wird in dem Artikel zugegeben:

„Minihans Äußerungen sind nur der unmittelbarste Ausdruck eines besorgniserregenden, sich abzeichnenden Konsenses, dass die USA und China wegen Taiwan – der selbstverwalteten Insel mit 23 Millionen Einwohnern, die Peking als sein Hoheitsgebiet beansprucht – unvermeidlich aneinander geraten werden.“

Ein Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China um Taiwan wäre das Ergebnis eines vorsätzlichen Krieges der Vereinigten Staaten gegen China, und zwar in einer – wie die USA offiziell anerkennen – inneren politischen Angelegenheit Chinas.

Auf der aktuellen Website des US-Außenministeriums zu den „U.S. Relations With Taiwan“ wird offiziell festgestellt, dass „wir die Unabhängigkeit Taiwans nicht unterstützen“ [2].

Wenn die USA die Unabhängigkeit Taiwans nicht unterstützen, dann erkennen sie damit an, dass Taiwan nicht unabhängig ist. Somit erkennt Washington offiziell die Souveränität Pekings über Taiwan an. Das ist es, was die „Ein-China-Politik“ definiert, der Washington und praktisch jede andere Nation der Erde zugestimmt haben, um diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China in Peking aufzunehmen.

In einer Zeit, in der Washington regelmäßig Moskau über die „Verletzung der Souveränität“ belehrt, sollte Washingtons Haltung gegenüber Peking und Taiwan eine einfache Frage der Achtung chinesischer Souveränität sein. Aufgrund des doppelten Spiels, das die Vereinigten Staaten sowohl international als auch speziell mit China spielen, ist dies jedoch nicht der Fall.

Washingtons vorsätzliche Provokationen

Das „TIME Magazine“ und andere westliche Medien versuchen, Peking als Aggressor darzustellen, wobei sie jede Diskussion über die „Ein-China-Politik“ oder die offizielle Erklärung des US-Außenministeriums, diese Politik angeblich zu unterstützen, vermeiden.

Stattdessen wird dem westlichen Publikum vorgegaukelt, Taiwan sei irgendwie unabhängig und werde von Peking „schikaniert“. Der unvermeidliche Zusammenstoß zwischen den USA und China wird angeblich vom Wunsch Amerikas angetrieben, für Taiwan und seine angebliche Souveränität „einzutreten“. In Wirklichkeit wäre ein möglicher Zusammenstoß zwischen den USA und China das Ergebnis einer neuerlichen Verletzung der Souveränität eines anderen Landes, das Tausende von Kilometern von der eigenen Küste entfernt ist.

Das doppelte Spiel Washingtons, einerseits die chinesische Souveränität über Taiwan offiziell anzuerkennen und andererseits diese Souveränität offen und vorsätzlich mit Füßen zu treten, wird am besten durch den Besuch Nancy Pelosi in einem offiziellen Flugzeug der US-Luftwaffe in Taiwan deutlich. Peking hatte gegen den Besuch der ehemaligen US-Sprecherin des Repräsentantenhauses protestiert. Pelosi‘s Taiwan-Reise ist nur eine von vielen Reisen von US-Vertretern, die mit solchen Visiten offen versuchen, Peking zu provozieren.

Die USA behaupten zwar, amerikanische Beamte könnten „überall“ hinreisen und bräuchten dafür keine Genehmigung von Peking, wenn es um Taiwan geht, aber das widerspricht eindeutig den Aussagen auf der offiziellen Website des US-Außenministeriums. Dabei sind provokante diplomatische Aktivitäten, die im Wesentlichen den Separatismus in Taiwan fördern, noch bei weitem die mildeste der amerikanischen Provokationen.

China sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik. Die „Ein-China-Politik“ wird international anerkannt. / (Wikimedia Commons)

Ein Blick auf eine beliebige Karte der US-Militäreinrichtungen in der „indopazifischen“ Region zeigt, dass China über Südkorea, das japanische Festland, Okinawa und – mit den geplanten neuen Stützpunktabkommen mit Manila – möglicherweise auch die Philippinen praktisch vom US-Militär umkreist ist.

Damit befinden sich die US-Truppen, Seestreitkräfte und Hunderte von Kampfflugzeugen in Angriffsentfernung zu China, einschließlich Taiwan, im Norden, Osten und möglicherweise auch im Süden.

Auch haben die USA Waffen im Wert von Milliarden von Dollar nach Taiwan geliefert, genau wie sie es ab 2014 in der Ukraine getan haben. Diese Waffen sind zweifelsfrei für einen Stellvertreterkrieg mit China nach dem Muster des Ukraine-Kriegs bestimmt.

Am schlimmsten ist jedoch die geringe, aber wachsende Präsenz des US-Militärs auf Taiwan selbst.

Auch wenn das US-Außenministerium behauptet, Taiwans Unabhängigkeit nicht zu unterstützen, gab „Voice of America“ 2021 in seinem Artikel „US Nearly Doubled Military Personnel Stationed in Taiwan This Year“ nicht nur die Anwesenheit von US-Truppen auf Taiwan zu, sondern auch, dass deren Zahl wächst [3].

In dem Artikel wird erklärt:

„Die Aufstockung des Personals von 20 auf 39 Personen zwischen dem 31. Dezember und dem 30. September fand ohne großes Aufsehen statt, fiel aber mit einer seltenen öffentlichen Bestätigung von Präsidentin Tsai Ing-wen im Oktober zusammen, dass das US-Militär eine kleine Präsenz in Taiwan unterhält.

Nach Angaben des Defense Manpower Data Center des Pentagon sind derzeit 29 Marinesoldaten im aktiven Dienst sowie zwei Angehörige des Heeres, drei Angehörige der Marine und fünf Angehörige der Luftwaffe.“

Man stelle sich die Reaktion in Washington vor, wenn Peking und eine Regierung in, sagen wir, San Juan, die Anwesenheit chinesischer Streitkräfte in Puerto Rico aufdecken würden. Doch wie es in den internationalen Beziehungen oftmals der Fall ist, der amerikanische „Exzeptionalismus“ entbindet die USA nicht nur von jeglicher Strafe für eklatante Verletzungen der Souveränität eines anderen Landes, sondern überträgt auch die Schuld dafür auf das anvisierte Land – in diesem Fall China.

Warum ein US-Krieg mit China bis 2025?

Trotz wiederholter Provokationen hat sich Peking in vorbildlicher Weise geduldig und zurückhaltend gezeigt. China hat stark in sein Militär investiert und bereitet sich in der Tat auf einen Konflikt mit den Vereinigten Staaten vor. Nicht, weil es einen Krieg mit den Vereinigten Staaten führen will, sondern weil die Vereinigten Staaten ihr Militär vor Chinas Haustür platziert haben und ganz klar einen Krieg mit China anstreben.

Die vollständige Wiedereingliederung Taiwans in das übrige China ist unvermeidlich. Schon jetzt ist die taiwanesische Wirtschaft stark vom Zugang zu den Märkten im übrigen China abhängig. Aus dem „Atlas of Economic Complexity“ der Harvard University geht hervor, dass fast 50 % aller Exporte Taiwans in das übrige China gehen [4]. Aus diesem übrigen China kommt auch der größte Teil der Einfuhren auf die Insel. Viele dieser Importe sind wichtige Vorprodukte für Taiwans Produktion von Halbleitern und Elektronikkomponenten, die bei weitem den größten Industriezweig Taiwans darstellt.

Nur wegen der anhaltenden und umfassenden Einmischung Washingtons in die lokalen politischen Angelegenheiten Taiwans wurde die schrittweise Wiedervereinigung unterbrochen. Bevor die von den USA unterstützte Demokratische Fortschrittspartei (DPP) 2016 an die Macht kam, war die amtierende Kuomintang-Partei (KMT) auf dem besten Weg, ein Handelsabkommen mit dem Festland zu unterzeichnen, das die bereits weitreichende wirtschaftliche Integration noch weiter vorangetrieben hätte.

Ironischerweise unterstützten die USA im Jahr 2014, als sie die Ukraine politisch eroberten, auch die Proteste der Opposition in Taiwan, die als „Sonnenblumenbewegung“ bezeichnet werden. Damit ebneten sie so den Weg für den Aufstieg der DPP an die Macht zwei Jahre später. Genau wie das von den USA installierte Marionettenregime in Kiew nahm die DPP sofort Kurs auf Selbstzerstörung, indem sie die Beziehungen zum Festland auf Kosten der auf Taiwan lebenden Menschen unvernünftiger weise zurückschraubte.

Bei den jüngsten Kommunalwahlen in Taiwan schnitt die DPP schlecht ab und die Wahl diente als inoffizielles Referendum zur Ablehnung der separatistischen Plattform der DPP, des Schadens, den sie der lokalen Wirtschaft zugefügt hat, und der Instabilität, die sie an der Meerenge zum Festland verursacht hat. Doch genau wie in der Ukraine, wo die öffentliche Meinung nach Frieden strebt, haben Washington und seine Marionettenregierung die Absicht, sich über diese Stimmung in Taiwan hinwegzusetzen und die Insel noch näher an einen weiteren, von den USA angezettelten Stellvertreterkrieg heranzuführen.

Es ist klar, dass nicht China auf einen Krieg mit den Vereinigten Staaten hinarbeitet, sondern genau umgekehrt. Zeit, Wirtschaft und räumliche Nähe sprechen für China. In 10 Jahren wird China wirtschaftlich und militärisch stärker sein, während die USA ihren langsamen Niedergang fortsetzen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich das Zeitfenster für die Vereinigten Staaten geschlossen haben, um irgendeine Art von militärischem Konflikt mit China zu führen und auch nur annähernd einen „Sieg“ zu erringen. Und manch einer mag argumentieren, dieses Fenster habe sich bereits geschlossen.

Taiwan: Wichtigste Importländer im Jahr 2021 / (Statista)

Das „Center for Strategic and International Studies“ (CSIS) veröffentlichte kürzlich die Ergebnisse von „Kriegsspielen“ zu einer theoretischen chinesischen „Invasion“ Taiwans. Das Papier trägt denTitel „The First Battle of the Next War: Wargaming a Chinese Invasion of Taiwan“ [5], [Die erste Schlacht des nächsten Kriegs: Planspiele einer Invasion Chinas in Taiwan“]

Das Papier kommt zu dem Schluss:

„In den meisten Szenarien haben die Vereinigten Staaten/Taiwan/Japan eine konventionelle amphibische Invasion Chinas abgewehrt und ein autonomes Taiwan aufrechterhalten. Diese Verteidigung war jedoch mit hohen Kosten verbunden. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verloren Dutzende von Schiffen, Hunderte von Flugzeugen und Zehntausende von Militärangehörigen. Die Wirtschaft Taiwans wurde zerstört. Außerdem schadeten die hohen Verluste der Position der USA in der Welt für viele Jahre.“

Mit Blick auf China heißt es in dem Papier:

„China hat ebenfalls schwer verloren, und wenn es nicht gelingt, Taiwan zu besetzen, könnte dies die Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas destabilisieren. Ein Sieg ist daher nicht genug. Die Vereinigten Staaten müssen die Abschreckung sofort verstärken.“

Quintessenz: Die USA werden beispiellose militärische Verluste erleiden, und Taiwan selbst wird seiner Industrie und Infrastruktur beraubt werden. Während der CSIS behauptet, die chinesische amphibische Landung sei in seinen Kriegsspielen erfolgreich vereitelt worden, so dass Taiwans politische Existenz gewahrt bleibe, ist der Preis dafür Taiwans physische Existenz.

Sowohl das CSIS-Papier als auch die öffentlichen Äußerungen des Pentagons über die eigenen geheimen Kriegsspiele deuten darauf hin, dass sich die Unterschiede zwischen den USA und China im militärischen Bereich rasch verringern. Sollte es zu einem Konflikt zwischen den USA und China kommen, sind die Chancen der USA auf einen günstigen Ausgang um so größer, je früher er stattfindet. Es sind also die USA, die eifrig auf einen Krieg zusteuern, nicht China. Chinas militärische Haltung spiegelt die Nähe der US-Streitkräfte zum chinesischen Territorium und ihre offensichtliche Absicht wider, China auf seinem eigenen Territorium zu bedrohen. Und nicht ein China, das seine militärischen Fähigkeiten ausbaut, um die Vereinigten Staaten zu bedrohen. In dem CSIS-Papier wird sogar ausdrücklich auf Chinas Fähigkeit hingewiesen, das „Heimatland“ der USA anzugreifen.

Im Papier heißt es:

„Da die Vereinigten Staaten das chinesische Heimatland angreifen werden, wird im Basisfall davon ausgegangen, dass das US-Heimatland kein Schutzgebiet ist. Die Fähigkeit der Chinesen, Angriffe auf das US-Heimatland durchzuführen und dadurch die Operationen im Westpazifik zu beeinträchtigen, ist jedoch äußerst begrenzt. Einige wenige Spezialeinheiten könnten eindringen und eine kleine Anzahl hochwertiger Ziele angreifen, aber nicht genug, um die militärischen Operationen im Westpazifik wesentlich zu beeinträchtigen.“

Selbst im Falle eines Krieges zwischen den USA und China, in dem die USA chinesisches Territorium angreifen, gibt das CSIS zu, dass China nur über sehr begrenzte Mittel verfügt, um die USA ebenfalls anzugreifen. Dies zeigt, dass sich die US-Politiker nicht um eine wirkliche Bedrohung der USA durch China sorgen, sondern um „Interessen“ der USA. Und diese liegen Tausende von Kilometern von der eigenen Küste entfernt in Wahrheit auf dem Hoheitsgebiet Chinas selbst.

Ein möglicher Krieg zwischen den USA und China wäre, sollte er stattfinden, lediglich das jüngste Beispiel für die militärische Aggressivität der USA in ihrem Streben nach globaler Hegemonie. Sie zielt darauf ab, die Souveränität einer anderen Nation unter Verletzung des Völkerrechts zu untergraben, und nicht als Mittel zu dessen Wahrung. Wie so oft projizieren die USA im Vorfeld dieses potenziellen Krieges ihre eigene Bedrohung des Völkerrechts, des Friedens und der Stabilität auf das eigentliche Ziel ihrer militärischen Aggression, in diesem Fall China.

Quellen:

[1] TIME, Charlie Campbell, „U.S. General’s Prediction of War With China ‘in 2025’ Risks Turning Worst Fears Into Reality“, am 31.1.2023, <https://time.com/6251419/us-china-general-war-2025/>
[2] U.S. Departement of State, „U.S. Relations With Taiwan“ am 28.5.2022, <https://www.state.gov/u-s-relations-with-taiwan/>
[3] Voice of America, Erin Hale, „US Nearly Doubled Military Personnel Stationed in Taiwan This Year“, am 2.12.2021, <https://www.voanews.com/a/pentagon-us-nearly-doubled-military-personnel-stationed-in-taiwan-this-year-/6337695.html>
[4] Atlas of Economic Complexity, <https://atlas.cid.harvard.edu/explore?country=249&queryLevel=location&product=undefined&year=2020&tradeDirection=import&productClass=HS&target=Partner&partner=undefined&startYear=undefined>
[5] CSIS, Mark F. Cancian, „The First Battle of the Next War: Wargaming a Chinese Invasion of Taiwan“, am 9.1.2023, <https://www.csis.org/analysis/first-battle-next-war-wargaming-chinese-invasion-taiwan>

Warum die USA einen Krieg mit China bis 2025 anstreben

Von Brian Berletic , veröffentlicht am: 5. April 2023, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 08.02.2023 auf www.journal-neo.org unter der URL <https://journal-neo.org/2023/02/08/why-the-us-seeks-war-with-china-by-2025/> veröffentlicht. Lizenz: Brian Berletic, New Eastern Outlook, CC BY-NC-ND 4.0

(Screenshot YouTube)

Das Gerede über einen Krieg der USA mit China hat in den letzten Wochen zugenommen. Nicht aufgrund einer tatsächlichen Provokation durch Peking, sondern aufgrund kollektiver Resignation vor seiner vermeintlichen Unvermeidbarkeit.

Am deutlichsten wird das durch die Äußerungen des US-Luftwaffengenerals Michael Minihan.

Im Artikel „U.S. General’s Prediction of War with China ˏin 2025´ Risks Turning Worst Fears Into Reality“ [„Die Prophezeiung eines Kriegs mit China ˏim Jahr 2025´ durch einen US-General könnte schlimmste Befürchtungen wahr werden lassen] des „TIME Magazine“ wird General Minihan mit den Worten zitiert [1]:

„Mein Gefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden,“

schrieb Minihan, der das Air Mobility Command der Luftwaffe leitet, in einem in den sozialen Medien verbreiteten internen Memo an die Führung der 110.000 Mitglieder. Und weiter heißt es:

„Ich hoffe, dass ich mich irre.“ Der chinesische Präsident Xi Jinping habe sich „seine dritte Amtszeit gesichert und seinen Kriegsrat im Oktober 2022 eingerichtet. 2024 finden in Taiwan Präsidentschaftswahlen statt und werden Xi einen Anlass bieten. In den Vereinigten Staaten finden die Präsidentschaftswahlen 2024 statt und werden Xi ein abgelenktes Amerika bieten. Xis Team, sein Motiv und seine Möglichkeiten sind alle auf 2025 ausgerichtet.“

Maj. Gen. Michael A. Minihan, U.S. Indo-Pacific Command / (Public Domain)

Doch nichts von General Minihans Aussagen erklärt, warum die Vereinigten Staaten möglicherweise in einen Krieg verwickelt sein könnten. Stattdessen räumt General Minihan mehr oder weniger ein, dass die USA wegen des chinesischen Vorgehens gegen Taiwan in einen Krieg mit China ziehen werden. Tatsächlich wird in dem Artikel zugegeben:

„Minihans Äußerungen sind nur der unmittelbarste Ausdruck eines besorgniserregenden, sich abzeichnenden Konsenses, dass die USA und China wegen Taiwan – der selbstverwalteten Insel mit 23 Millionen Einwohnern, die Peking als sein Hoheitsgebiet beansprucht – unvermeidlich aneinander geraten werden.“

Ein Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China um Taiwan wäre das Ergebnis eines vorsätzlichen Krieges der Vereinigten Staaten gegen China, und zwar in einer – wie die USA offiziell anerkennen – inneren politischen Angelegenheit Chinas.

Auf der aktuellen Website des US-Außenministeriums zu den „U.S. Relations With Taiwan“ wird offiziell festgestellt, dass „wir die Unabhängigkeit Taiwans nicht unterstützen“ [2].

Wenn die USA die Unabhängigkeit Taiwans nicht unterstützen, dann erkennen sie damit an, dass Taiwan nicht unabhängig ist. Somit erkennt Washington offiziell die Souveränität Pekings über Taiwan an. Das ist es, was die „Ein-China-Politik“ definiert, der Washington und praktisch jede andere Nation der Erde zugestimmt haben, um diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China in Peking aufzunehmen.

In einer Zeit, in der Washington regelmäßig Moskau über die „Verletzung der Souveränität“ belehrt, sollte Washingtons Haltung gegenüber Peking und Taiwan eine einfache Frage der Achtung chinesischer Souveränität sein. Aufgrund des doppelten Spiels, das die Vereinigten Staaten sowohl international als auch speziell mit China spielen, ist dies jedoch nicht der Fall.

Washingtons vorsätzliche Provokationen

Das „TIME Magazine“ und andere westliche Medien versuchen, Peking als Aggressor darzustellen, wobei sie jede Diskussion über die „Ein-China-Politik“ oder die offizielle Erklärung des US-Außenministeriums, diese Politik angeblich zu unterstützen, vermeiden.

Stattdessen wird dem westlichen Publikum vorgegaukelt, Taiwan sei irgendwie unabhängig und werde von Peking „schikaniert“. Der unvermeidliche Zusammenstoß zwischen den USA und China wird angeblich vom Wunsch Amerikas angetrieben, für Taiwan und seine angebliche Souveränität „einzutreten“. In Wirklichkeit wäre ein möglicher Zusammenstoß zwischen den USA und China das Ergebnis einer neuerlichen Verletzung der Souveränität eines anderen Landes, das Tausende von Kilometern von der eigenen Küste entfernt ist.

Das doppelte Spiel Washingtons, einerseits die chinesische Souveränität über Taiwan offiziell anzuerkennen und andererseits diese Souveränität offen und vorsätzlich mit Füßen zu treten, wird am besten durch den Besuch Nancy Pelosi in einem offiziellen Flugzeug der US-Luftwaffe in Taiwan deutlich. Peking hatte gegen den Besuch der ehemaligen US-Sprecherin des Repräsentantenhauses protestiert. Pelosi‘s Taiwan-Reise ist nur eine von vielen Reisen von US-Vertretern, die mit solchen Visiten offen versuchen, Peking zu provozieren.

Die USA behaupten zwar, amerikanische Beamte könnten „überall“ hinreisen und bräuchten dafür keine Genehmigung von Peking, wenn es um Taiwan geht, aber das widerspricht eindeutig den Aussagen auf der offiziellen Website des US-Außenministeriums. Dabei sind provokante diplomatische Aktivitäten, die im Wesentlichen den Separatismus in Taiwan fördern, noch bei weitem die mildeste der amerikanischen Provokationen.

China sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik. Die „Ein-China-Politik“ wird international anerkannt. / (Wikimedia Commons)

Ein Blick auf eine beliebige Karte der US-Militäreinrichtungen in der „indopazifischen“ Region zeigt, dass China über Südkorea, das japanische Festland, Okinawa und – mit den geplanten neuen Stützpunktabkommen mit Manila – möglicherweise auch die Philippinen praktisch vom US-Militär umkreist ist.

Damit befinden sich die US-Truppen, Seestreitkräfte und Hunderte von Kampfflugzeugen in Angriffsentfernung zu China, einschließlich Taiwan, im Norden, Osten und möglicherweise auch im Süden.

Auch haben die USA Waffen im Wert von Milliarden von Dollar nach Taiwan geliefert, genau wie sie es ab 2014 in der Ukraine getan haben. Diese Waffen sind zweifelsfrei für einen Stellvertreterkrieg mit China nach dem Muster des Ukraine-Kriegs bestimmt.

Am schlimmsten ist jedoch die geringe, aber wachsende Präsenz des US-Militärs auf Taiwan selbst.

Auch wenn das US-Außenministerium behauptet, Taiwans Unabhängigkeit nicht zu unterstützen, gab „Voice of America“ 2021 in seinem Artikel „US Nearly Doubled Military Personnel Stationed in Taiwan This Year“ nicht nur die Anwesenheit von US-Truppen auf Taiwan zu, sondern auch, dass deren Zahl wächst [3].

In dem Artikel wird erklärt:

„Die Aufstockung des Personals von 20 auf 39 Personen zwischen dem 31. Dezember und dem 30. September fand ohne großes Aufsehen statt, fiel aber mit einer seltenen öffentlichen Bestätigung von Präsidentin Tsai Ing-wen im Oktober zusammen, dass das US-Militär eine kleine Präsenz in Taiwan unterhält.

Nach Angaben des Defense Manpower Data Center des Pentagon sind derzeit 29 Marinesoldaten im aktiven Dienst sowie zwei Angehörige des Heeres, drei Angehörige der Marine und fünf Angehörige der Luftwaffe.“

Man stelle sich die Reaktion in Washington vor, wenn Peking und eine Regierung in, sagen wir, San Juan, die Anwesenheit chinesischer Streitkräfte in Puerto Rico aufdecken würden. Doch wie es in den internationalen Beziehungen oftmals der Fall ist, der amerikanische „Exzeptionalismus“ entbindet die USA nicht nur von jeglicher Strafe für eklatante Verletzungen der Souveränität eines anderen Landes, sondern überträgt auch die Schuld dafür auf das anvisierte Land – in diesem Fall China.

Warum ein US-Krieg mit China bis 2025?

Trotz wiederholter Provokationen hat sich Peking in vorbildlicher Weise geduldig und zurückhaltend gezeigt. China hat stark in sein Militär investiert und bereitet sich in der Tat auf einen Konflikt mit den Vereinigten Staaten vor. Nicht, weil es einen Krieg mit den Vereinigten Staaten führen will, sondern weil die Vereinigten Staaten ihr Militär vor Chinas Haustür platziert haben und ganz klar einen Krieg mit China anstreben.

Die vollständige Wiedereingliederung Taiwans in das übrige China ist unvermeidlich. Schon jetzt ist die taiwanesische Wirtschaft stark vom Zugang zu den Märkten im übrigen China abhängig. Aus dem „Atlas of Economic Complexity“ der Harvard University geht hervor, dass fast 50 % aller Exporte Taiwans in das übrige China gehen [4]. Aus diesem übrigen China kommt auch der größte Teil der Einfuhren auf die Insel. Viele dieser Importe sind wichtige Vorprodukte für Taiwans Produktion von Halbleitern und Elektronikkomponenten, die bei weitem den größten Industriezweig Taiwans darstellt.

Nur wegen der anhaltenden und umfassenden Einmischung Washingtons in die lokalen politischen Angelegenheiten Taiwans wurde die schrittweise Wiedervereinigung unterbrochen. Bevor die von den USA unterstützte Demokratische Fortschrittspartei (DPP) 2016 an die Macht kam, war die amtierende Kuomintang-Partei (KMT) auf dem besten Weg, ein Handelsabkommen mit dem Festland zu unterzeichnen, das die bereits weitreichende wirtschaftliche Integration noch weiter vorangetrieben hätte.

Ironischerweise unterstützten die USA im Jahr 2014, als sie die Ukraine politisch eroberten, auch die Proteste der Opposition in Taiwan, die als „Sonnenblumenbewegung“ bezeichnet werden. Damit ebneten sie so den Weg für den Aufstieg der DPP an die Macht zwei Jahre später. Genau wie das von den USA installierte Marionettenregime in Kiew nahm die DPP sofort Kurs auf Selbstzerstörung, indem sie die Beziehungen zum Festland auf Kosten der auf Taiwan lebenden Menschen unvernünftiger weise zurückschraubte.

Bei den jüngsten Kommunalwahlen in Taiwan schnitt die DPP schlecht ab und die Wahl diente als inoffizielles Referendum zur Ablehnung der separatistischen Plattform der DPP, des Schadens, den sie der lokalen Wirtschaft zugefügt hat, und der Instabilität, die sie an der Meerenge zum Festland verursacht hat. Doch genau wie in der Ukraine, wo die öffentliche Meinung nach Frieden strebt, haben Washington und seine Marionettenregierung die Absicht, sich über diese Stimmung in Taiwan hinwegzusetzen und die Insel noch näher an einen weiteren, von den USA angezettelten Stellvertreterkrieg heranzuführen.

Es ist klar, dass nicht China auf einen Krieg mit den Vereinigten Staaten hinarbeitet, sondern genau umgekehrt. Zeit, Wirtschaft und räumliche Nähe sprechen für China. In 10 Jahren wird China wirtschaftlich und militärisch stärker sein, während die USA ihren langsamen Niedergang fortsetzen. Zu diesem Zeitpunkt wird sich das Zeitfenster für die Vereinigten Staaten geschlossen haben, um irgendeine Art von militärischem Konflikt mit China zu führen und auch nur annähernd einen „Sieg“ zu erringen. Und manch einer mag argumentieren, dieses Fenster habe sich bereits geschlossen.

Taiwan: Wichtigste Importländer im Jahr 2021 / (Statista)

Das „Center for Strategic and International Studies“ (CSIS) veröffentlichte kürzlich die Ergebnisse von „Kriegsspielen“ zu einer theoretischen chinesischen „Invasion“ Taiwans. Das Papier trägt denTitel „The First Battle of the Next War: Wargaming a Chinese Invasion of Taiwan“ [5], [Die erste Schlacht des nächsten Kriegs: Planspiele einer Invasion Chinas in Taiwan“]

Das Papier kommt zu dem Schluss:

„In den meisten Szenarien haben die Vereinigten Staaten/Taiwan/Japan eine konventionelle amphibische Invasion Chinas abgewehrt und ein autonomes Taiwan aufrechterhalten. Diese Verteidigung war jedoch mit hohen Kosten verbunden. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verloren Dutzende von Schiffen, Hunderte von Flugzeugen und Zehntausende von Militärangehörigen. Die Wirtschaft Taiwans wurde zerstört. Außerdem schadeten die hohen Verluste der Position der USA in der Welt für viele Jahre.“

Mit Blick auf China heißt es in dem Papier:

„China hat ebenfalls schwer verloren, und wenn es nicht gelingt, Taiwan zu besetzen, könnte dies die Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas destabilisieren. Ein Sieg ist daher nicht genug. Die Vereinigten Staaten müssen die Abschreckung sofort verstärken.“

Quintessenz: Die USA werden beispiellose militärische Verluste erleiden, und Taiwan selbst wird seiner Industrie und Infrastruktur beraubt werden. Während der CSIS behauptet, die chinesische amphibische Landung sei in seinen Kriegsspielen erfolgreich vereitelt worden, so dass Taiwans politische Existenz gewahrt bleibe, ist der Preis dafür Taiwans physische Existenz.

Sowohl das CSIS-Papier als auch die öffentlichen Äußerungen des Pentagons über die eigenen geheimen Kriegsspiele deuten darauf hin, dass sich die Unterschiede zwischen den USA und China im militärischen Bereich rasch verringern. Sollte es zu einem Konflikt zwischen den USA und China kommen, sind die Chancen der USA auf einen günstigen Ausgang um so größer, je früher er stattfindet. Es sind also die USA, die eifrig auf einen Krieg zusteuern, nicht China. Chinas militärische Haltung spiegelt die Nähe der US-Streitkräfte zum chinesischen Territorium und ihre offensichtliche Absicht wider, China auf seinem eigenen Territorium zu bedrohen. Und nicht ein China, das seine militärischen Fähigkeiten ausbaut, um die Vereinigten Staaten zu bedrohen. In dem CSIS-Papier wird sogar ausdrücklich auf Chinas Fähigkeit hingewiesen, das „Heimatland“ der USA anzugreifen.

Im Papier heißt es:

„Da die Vereinigten Staaten das chinesische Heimatland angreifen werden, wird im Basisfall davon ausgegangen, dass das US-Heimatland kein Schutzgebiet ist. Die Fähigkeit der Chinesen, Angriffe auf das US-Heimatland durchzuführen und dadurch die Operationen im Westpazifik zu beeinträchtigen, ist jedoch äußerst begrenzt. Einige wenige Spezialeinheiten könnten eindringen und eine kleine Anzahl hochwertiger Ziele angreifen, aber nicht genug, um die militärischen Operationen im Westpazifik wesentlich zu beeinträchtigen.“

Selbst im Falle eines Krieges zwischen den USA und China, in dem die USA chinesisches Territorium angreifen, gibt das CSIS zu, dass China nur über sehr begrenzte Mittel verfügt, um die USA ebenfalls anzugreifen. Dies zeigt, dass sich die US-Politiker nicht um eine wirkliche Bedrohung der USA durch China sorgen, sondern um „Interessen“ der USA. Und diese liegen Tausende von Kilometern von der eigenen Küste entfernt in Wahrheit auf dem Hoheitsgebiet Chinas selbst.

Ein möglicher Krieg zwischen den USA und China wäre, sollte er stattfinden, lediglich das jüngste Beispiel für die militärische Aggressivität der USA in ihrem Streben nach globaler Hegemonie. Sie zielt darauf ab, die Souveränität einer anderen Nation unter Verletzung des Völkerrechts zu untergraben, und nicht als Mittel zu dessen Wahrung. Wie so oft projizieren die USA im Vorfeld dieses potenziellen Krieges ihre eigene Bedrohung des Völkerrechts, des Friedens und der Stabilität auf das eigentliche Ziel ihrer militärischen Aggression, in diesem Fall China.

Quellen:

[1] TIME, Charlie Campbell, „U.S. General’s Prediction of War With China ‘in 2025’ Risks Turning Worst Fears Into Reality“, am 31.1.2023, <https://time.com/6251419/us-china-general-war-2025/>
[2] U.S. Departement of State, „U.S. Relations With Taiwan“ am 28.5.2022, <https://www.state.gov/u-s-relations-with-taiwan/>
[3] Voice of America, Erin Hale, „US Nearly Doubled Military Personnel Stationed in Taiwan This Year“, am 2.12.2021, <https://www.voanews.com/a/pentagon-us-nearly-doubled-military-personnel-stationed-in-taiwan-this-year-/6337695.html>
[4] Atlas of Economic Complexity, <https://atlas.cid.harvard.edu/explore?country=249&queryLevel=location&product=undefined&year=2020&tradeDirection=import&productClass=HS&target=Partner&partner=undefined&startYear=undefined>
[5] CSIS, Mark F. Cancian, „The First Battle of the Next War: Wargaming a Chinese Invasion of Taiwan“, am 9.1.2023, <https://www.csis.org/analysis/first-battle-next-war-wargaming-chinese-invasion-taiwan>