Dirk C. Fleck

Von Published On: 22. April 2015Kategorien: Allgemein

Inzwischen hat sich Fleck aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und arbeitet vor allem als Buchautor. Wir trafen ihn in seinen Privaträumen in Hamburg, um uns ausführlich über sein Buch “Die vierte Macht” zu unterhalten. Für dieses Buch befragte Dirk C. Fleck 25 Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten. Unter ihnen befand sich auch der inzwischen verstorbene FAZ-Chefredakteur Frank Schirrmacher.

Wir erlebten einen sehr nachdenklichen, aber auch weisen Kollegen, der gerade für die neue Generation der Netz-Journalisten ein echtes Vorbild sein kann. Fleck ist ein Typ von Mensch, den man integer nennen kann.

Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe von KenFM im Gespräch. Unser heutiger Gast heißt: Dirk Fleck.

KenFM: Guten Tag Herr Fleck.

Dirk C. Fleck: Tag Herr Jebsen.

KenFM: Herr Fleck, ich habe das „C“ weggelassen. Legen Sie großen Wert darauf?

Dirk C. Fleck: Es ist ein eleganter Buchstabe.

KenFM: Ok. Sie sind Vollblutjournalist, gebürtiger Hamburger, Baujahr 43, haben Ihr Leben lang als Pressemann gearbeitet für wirklich namhafte Medien, für die ich auch gerne mal gearbeitet hätte. Es hat nicht hingehauen bei mir. „Meridian“ zum Beispiel, ein phantastisches Heft, „Tempo“ – gibt es nicht mehr, „Die Woche“ – war die erste Zeitung, die ich abonniert hatte, „Die Welt“, „GEO“, „Der Stern“ und „Der Spiegel“, die „Morgenpost“. Sie sind kein aktiver Journalist mehr, Sie haben die Segel gestrichen, würde ich nicht sagen, aber Sie sind heraus aus dem klassischen Tagesjournalismus, aber Sie sind weiterhin Autor, haben Bücher geschrieben und schreiben Bücher, und dass wir uns heute zu Ihnen bemüht haben nach Hamburg in Ihre Privatgemächer – das ist der Raum, in dem Sie arbeiten – dafür gibt es einen Grund. Sie haben ein Buch geschrieben, was mich sehr berührt hat, nämlich „Die vierte Macht“, also die Presse. Sie haben 25 Spitzenjournalisten befragt und zwar zu ihrer Verantwortung. Da ist das schlimme Wort, Verantwortung in „Krisenzeiten“. Haben wir Krisenzeiten?

Dirk C. Fleck: Na, davon gehe ich aber aus. Sehen Sie das anders?

KenFM: Ich sehe es ähnlich, aber sind die Krisenzeiten neu oder müssen Sie, weil wir auch eine Bilanz ziehen wollen, wie Sie Ihren Beruf verstehen und verstanden haben und vielleicht ihn jetzt anders verstehen. Waren wir nicht immer in Krisenzeiten und in der Zeit, wo Sie glücklicher geschrieben haben, haben Sie es einfach nicht gesehen?

Dirk C. Fleck: Ja, das kann sein, dass ich es nicht gesehen habe, weil einfach die Euphorie, in diesem Job zu arbeiten, eine Zeit lang sehr stark war. Also, ich möchte meine Beziehung zum Journalismus schon als Liebesbeziehung verstanden wissen, aber wie jede Liebesbeziehung hat sie auch tragisch geendet und ich habe daraus die Konsequenzen gezogen und mir überlegt, wie ich mit dem Rest meines Lebens umgehe,  und da war die Fremdarbeit keine Option. Und deshalb habe ich mich völlig, total zurückgenommen aus dem Job.

KenFM: Sie sind jemand, der auch über Bücher wie die „Ökodiktatur“ noch einmal in Buchform gezeigt hat, dass er sich immer um die Ökologie bemüht hat. Wir alle sollten uns  um die Ökologie bemühen, nicht nur als Autoren. Darüber wollen wir auf jeden Fall mit Ihnen reden. Ich glaube, man kann das auf einen Satz zusammendampfen: Sie machen sich Sorgen. Mehr als Sorgen.

Dirk C. Fleck: Ja, also es ist sehr schmerzhaft, die Augen aufzuhalten heutzutage. Auf der anderen Seite, wenn man so lange Journalist war, dann begreift man sich auch als Zeitzeuge und dann ist es wiederum äußerst spannend, am Ende der Zivilisation zu leben.

KenFM: Leben wir am Ende der Zivilisation?

Dirk C. Fleck: Ja, auf jeden Fall. Weil zum ersten Mal kommt dieses kapitalistische Suprasystem zum Stillstand und zwar auf eine natürliche Art und Weise. Nicht, weil die Leute zur Besinnung kommen, daran glaube ich überhaupt nicht, sondern weil dieses ausbeuterische System natürlich der Erde alles abverlangt an Ressourcen, was diesen Lebenswandel und sagen wir auch, diese politischen Verhältnisse erst ermöglicht. Jetzt ist es aber so, dass alle Ressourcen, ob dass das Erdöl ist, die seltenen Erden oder andere Geschichten, dass das radikal dem natürlichen Ende zugeht. Das heißt, es ist nicht mehr wirtschaftlich. Das, was noch da ist, muss unter so großem finanziellen und technischen Aufwand gefördert werden, dass die Gewinn- und Verlustrechnung nicht mehr stimmt. Und deshalb, ich weiß nicht, ob ich es noch erleben werde, aber wenn ich Kinder hätte, die würden das erleben, und was die Folge dieses Dominoeffekts ist, dieses zusammenbrechenden Systems, nicht nur der Naturhaushalt, sondern auch des Wirtschaftssystems, das kann man in sehr düsteren Farben malen und das wird ja auch überall getan. Ich selbst bin dazu übergegangen, diese Dystopie-Schiene ein wenig zu verlassen, um mich a) nicht selbstständig zu belasten, weil Sie sprachen das ja eben an, ob es weh tut, sondern um auch aus den auch zu beobachtenden alternativen Bewegungen, die man zweifellos und insbesondere im Internet wahrnehmen kann, ein wenig Hoffnung zu schöpfen für mich und für meine Leserschaft.

KenFM: Sie sind jetzt 70. Ist da irgendwas besser, wenn man 70 ist?

Dirk C. Fleck: Ja. Das gemeine am Leben ist, dass man in diesem Alter, das ist fast ein automatisches Geschenk, was einem verabreicht wird, zu einer Gelassenheit findet, die sehr wohltuend ist, die einen, sagen wir mal, diese ganzen Kriegsschauplätze, auf denen man sich vorher getummelt hat, auf denen Sie sich ja sehr intensiv tummeln, mit etwas Abstand als etwas begreift, was Teil der Evolution ist. Und diese Gelassenheit führt auch dazu, dass man sich nicht mehr in vordergründigen Kämpfen erschöpft, sondern dass man vielmehr eine distanzierte Sicht einnimmt, um die Gesamtentwicklung besser beobachten zu können und das bringt Spaß. Das Gemeine ist nur, das einem mit diesem neuen Bewusstsein der Körper unter dem Arsch wegfault.

KenFM: Ich verstehe, was Sie sagen möchten. Ich verstehe Sie so auch, wenn ich höre, wie Sie schreiben, das höre ich wirklich, weil ich kenne Ihre Stimme, dass Sie sehr pessimistisch sind, aber, also was die Zukunft dieses Planeten angeht. Wir sägen an unserem eigenen Ast. Ich glaube, da sagt man niemandem etwas Neues, es geht nur darum, wie dick dieser Ast ist und wie schnell die Säge läuft. Das sind, glaube ich, verschiedenen Ansichten dazu, aber das es so ist, werden Ihnen alle bestätigen. Trotzdem, wenn man so pessimistisch an die Sache herangeht, wie Sie das tun, dann ist doch ein Buch noch zu schreiben eigentlich das Gegenteil. Das ist doch eigentlich optimistisch. Auf was will man abzielen? Auf eine Zukunft, an die man nicht mehr glaubt?

Dirk C. Fleck: Ja, da haben Sie Recht. Selbst mein Buch „Die Ökodiktatur,“ die damals total falsch verstanden wurde und für die ich sehr geschlachtet worden bin in den Rezensionen und Talkshows, ist eigentlich ein harmloses positives Buch, weil ich habe mir lediglich vorzustellen versucht, wie wohl ein politischer Notwehrreflex funktioniert, wenn die Ressourcen erkennbar zu Ende gehen.

KenFM: Können Sie das kurz skizzieren?

Dirk C. Fleck: Ja, die Gesellschaft in Geiselhaft des Staates regiert nach zehn Grundgesetzen. Zwei-, drei Zwischengenerationen ruhig stehen, damit die Erde eine  Chance hat, durchzuatmen. Das war die Idee. Und das wurde mir ausgelegt als Ökofaschismus, diese Missverständnisse, und immer von linker Seite. Die gibt es ja immer wieder, nur das ändert ja nichts daran, dass man seine Botschaften trotzdem unter die Leute bringen muss. Ich bin dann, als diese Art von Literatur von der Unterhaltungsindustrie vereinnahmt wurde…

KenFM: Der Schwarm, solche Dinge.

Dirk C. Fleck: Genau, und im Kino und so weiter. … bin ich dann davon abgekommen und habe mir vorgestellt, was denn theoretisch mit den vorhandenen Mitteln möglich wäre, um eine sozio-ökologische Gesellschaft zu etablieren, die mehr Lebensqualität generiert und da habe ich zur Überraschung meiner Leser ein Buch geschrieben, das heißt „Das Tahiti Projekt“, und das weist unglaublich hoffnungsvoll und positiv in die Zukunft. Und das verrückte, Herr Jebsen, ist, dass dieses Buch, und das hat auch mit dem Internet zu tun, plötzlich ein Bestseller wurde zur Überraschung auch des Verlages. Ich weiß inzwischen auch warum. Weil draußen ein Haufen Leute herumlaufen, die auf eine positive Antwort warten. Sie sind einfach diesen negativen Informationsmüll leid. Ich verstehe das in gewisser Weise, das hält unsere Psyche auch nicht aus.

KenFM: Wir sind hier in Ihrem Arbeitszimmer. Sie sind jemand, der, anders als ich, ich kann, inzwischen ist der Laptop mein Zuhause, ich kann überall schreiben, ich kann da abschalten. Sie haben gesagt, Sie haben das mal versucht, das klappt nicht unbedingt. Das ist der Ort, an dem Sie schreiben, da drüben steht ein Computer amerikanischer Bauart mit abgeklebter Kamera, das ist Ihr verzweifelter Versuch, der NSA auszuweichen,  toll. Und Sie müssen aber hier morgens herkommen, weil Sie auch gerade an einem Roman schreiben, um das ganze klassisch hier an Ihrem neuen Arbeitsplatz zu machen. Sie haben mir im Vorgespräch gesagt, ein einfaches Telefonat kann Sie wirklich aus der Bahn werfen, obwohl Sie Jahrzehnte ja in Großraumbüros gearbeitet haben, wo ja Hektik war, Sie Ihren mindestens 8-Stunden-Tag hatten, Lou Grant-mäßig sage ich mal, und dann kam 10 Minuten vor Schlagzeilenschluss doch noch eine Top-Schlagzeile und Sie haben die nächsten 60 Zeilen in die Maschine gehämmert. Wie kommt es dazu, dass Sie das heute nicht mehr können, oder konnten Sie es damals auch nicht, aber haben sich gezwungen?

Dirk C. Fleck: Doch, ich könnte es heute auch noch, nur nicht mit dieser Art von Arbeit, weil das passt da nicht hin. Ich lebe in Korrespondenz mit einer Idee, wenn ich mir ein Buch vorgenommen habe, die eine ganz andere Schwingung und auch Zeitschwingung  hat, als es im Journalismus erfahrbar ist. Ich baue ein Thema gedanklich auf, dann braucht es ein paar Monate, bis es sich soweit gezeigt hat mir gegenüber, dass ich es bearbeiten darf, und dann dauert es noch mal hundert Seiten, die ich in hart erkämpfter Selbstdisziplin da durch muss, wo ich auch immer denke, das schaffe ich nicht und dann irgendwann setzt etwas ein, auf das ich auch jedes Mal hoffe, dann werde ich beschenkt. Also auch im Schlafzustand. Und dann entwickelt man Techniken, diese Ideen aus dem Schlaf zu retten ins Notizbuch und dann am nächsten Tag zu verwerten. Das heißt, ich vertraue auch auf diese Zeitschwingung, auf die Ruhe, die es braucht, um sich dem Thema zu widmen, und da ist es in der Tat so, dass ein Anruf – nicht von jedem -, aber mancher, der mich zu Beispiel informiert über eine persönliche Not eines Freundes oder Familienmitglieds, diese Verbindung, diese zarte Bande, zu meinen Musen total durchschneidet und ich es dann auch aufgebe, für diesen Tag zu arbeiten. So läuft das. Völlig neue Erfahrung für mich.

KenFM: Welche Aufgabe hat „Die vierte Macht“, die Presse, für eine Demokratie?

Dirk C. Fleck: Also bestimmt nicht die Aufgabe, die ich mir immer vorgestellt habe, als ich diesen Beruf gewählt habe. Ich bin ja, als mein Vater gemerkt hat, dass ich nicht genau weiß, was ich werden will, hat er in seiner Not versucht, mich als Lehrling in einer Hamburger Schraubenfabrik unterzubringen, und das hat mich dermaßen erschreckt, dass ich mich selbst gefragt habe, was willst du denn wirklich? Und da ich immer sehr gerne  geschrieben habe, habe ich mich bei der Deutschen Journalistenschule in München beworben, bin dort auch zur mündlichen Prüfung vorgeladen worden und habe die auch  bestanden. Habe eine sehr gute Ausbildung bekommen und dann hatte ich das Glück, mir – so war die Auftragslage damals – da standen zehn Zeitungen Schlange, die die Absolventen einstellen wollten als Volontäre und ich konnte mir aussuchen, wo ich hin wollte. Und dann bin ich nach Berlin gegangen. Und in Berlin gab es damals eine Zeitungslandschaft, die total von Springer beherrscht worden war, aber es gab eine kleine, wie so ein gallisches Dorf, eine kleine kleine Zeitung in Spandau, das „Spandauer Volksblatt“, die damals einen irrsinns Versuch unternommen hatten, den Springer Paroli zu bieten. Und zwar hatten sich namhafte deutsche Schriftsteller wie Böll, Uwe Johnson, Günter Grass, Wolfgang Neuss, ein halbes Jahr jeden Tag in der Redaktion eingefunden, um Zeitung zu machen. Und genau in diese Zeit kam ich in die Redaktion. Ich habe gedacht, ich bin im Paradies, jeden Tag mit diesen Leuten Zeitung zu machen.

KenFM: Sie sind ein Print-Mann?

Dirk C. Fleck: Ja.

KenFM: Ich habe ja meinen Beruf als Radiovolontär gelernt, das ist was anderes. Also auch, wenn ich ihr aktuelles Buch lese, also „Die vierte Macht“, 25 Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten, da fällt mir etwas auf, was ich jetzt so nicht könnte, da möchte ich auch sagen, tschakka, dass Sie mit 25 Spitzenjournalisten gesprochen haben und Sie machen das nicht mit den Diktiergerät, sondern Sie haben denen zugehört und das, was die gesagt haben, haben Sie dann niedergeschrieben und trotzdem habe ich die Personen da herausgehört, die unterscheiden sich, die verschiedenen Personen. Das könnte ich so nicht, also.

Dirk C. Fleck: Das ist ein Trick. Schon, um nicht den Vorwurf zu bekommen, dass man falsch zitiert, weil das machen die Leute ja immer gerne, wenn sie hinterher feststellen, um Gottes Willen, was habe ich da gesagt, oh, ich bin falsch zitiert worden. Es ist einfach ein Prinzip von mir, jedes Gespräch, dass immer 2,5 Stunden gedauert hat, auf Tonband mit  aufzuzeichnen. Und dann habe ich mir die Mühe gemacht, das ist in der Tat sehr mühsam, einen ganzen Tag Wort für Wort abzuschreiben, und aus diesem 25-seitigen Manuskript habe ich dann die O-Töne übernommen.

KenFM: Ok. Damit die Zitate stimmen?

Dirk C. Fleck: Ja, und wenn es O-Töne sind, erkennen sie die Leute, wenn sie sie denn kennen, auch wieder. Das ist der ganze Trick dabei.

KenFM: Aber ich finde auch, wie Sie sie beschreiben, dass das die Person doch skizziert. Also wie, kommt mir vor wie ein Film, wo verschiedene Personen angelegt sind und ich erkenne die Handschrift des Regisseurs, trotzdem haben dieses Persönlichkeiten Seiten,  die der Regisseur in dieser Ausprägung nicht hat. Das fand ich sehr spannend.     

Dirk C. Fleck: Ja, ich fand es spannend, dass die Riege der Leute, die ich dort versammelt habe, also von Kai Diekmann – Bild-Zeitung, bis Frank Schirrmacher, dass die alle sofort bereit waren, also mit mir diese Gespräche zu führen. Damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet.

KenFM: Sie hätten mit mehr Frauen gerechnet.

Dirk C. Fleck: Ja, das ist eine andere Geschichte. Und zwar hat zu der Zeit ja eine Journalistinnen-Riege ganz vehement über das Internet mit einem offenen Brief Führungspositionen eingeklagt im Journalismus, während ich zur selben Zeit die Erfahrung machen musste, dass sie sich alle weggeduckt haben. Wie ging das zusammen. Ich habe das im Vorwort auch beschrieben.

KenFM: Sie haben viele Frauen angeschrieben und da gab es nur von Zweien eine Zusage, obwohl, das fand ich erstaunlich, Sie hatten den Menschen die Möglichkeit eingeräumt, zwei Stunden ihrer Zeit zu opfern, und zwar im nächsten halben Jahr, aber es hat trotzdem nicht geklappt. Womit hat das zu tun? 

Dirk C. Fleck: Ja, ich weiß es nicht. Ich habe darauf keine Antwort gefunden. Auf jeden Fall gab es hinterher, als das Buch dann erschienen war, bekam ich eine E-Mail, über die ich mich sehr gefreut habe von Sonia Mikich, Moskau-Korrespondentin der ARD und heute Chefredakteurin beim WDR, die ich auch gefragt habe und die auch mit Terminschwierigkeiten geantwortet hatte, und die dann in einem Brief an mich gesagt hat, sie hätte mein Buch gelesen und es sei ja eine Liebeserklärung an den Journalismus und ihr täte es so leid, dass sie nicht dabei ist und damals abgesagt hat, aber das hätte wohl damit zu tun, dass sie der Meinung war, dass die Journalisten sich immer zu sehr selbst feiern und ihr das zuwider ist und so. Aber die hat zumindest sich bekannt zu ihrer Absage, während andere Leute, auch die TAZ-Chefredakteurin und andere sich also so feige weggeduckt haben, dass ich es kaum glauben konnte.

KenFM: Würden Sie heute noch mal Journalist werden?

Dirk C. Fleck: Wenn ich jung wäre?

KenFM: Ja.

Dirk C. Fleck: Und die Landschaft kennen würde?

KenFM: Nö, also wenn Sie genauso wie damals noch heute wären, das geht natürlich nicht, aber würde Sie es nochmal versuchen? 

Dirk C. Fleck: Ja sicher.

KenFM: Was ist denn daran so spannend?

Dirk C. Fleck: Also, damals hat es mich gereizt, aber wie gesagt, man kann das überhaupt nicht mehr vergleichen. Wie hatten damals eine Redaktionskultur, die noch geprägt war vom Zigaretten rauchen und Alkohol. Und wir hatten gestandene herzleidende Reporter zu ertragen, aber wir hatten auch jeden Tag unsere Diskussion über die Inhalte. Und wer stark war in der Diskussion, hat auch seinen Platz bekommen. Jedenfalls war das meine Erfahrung. Das ist heute nicht mehr möglich.

KenFM: Ich möchte mal zurückkommen zu Ihrem Ursprung. Sie sind ein klassischer Zeitungsmann, also, das heißt, man macht die Zeitung, damals noch mit Satz, also da wurden noch Bleibuchstaben tatsächlich von den Setzern da wirklich in die Maschine gepackt, und dann kam die Zeitung sehr früh morgens natürlich heraus, Druckerschwärze, man musste man auch mal in das Werk und sich das alles angucken. Können Sie mal beschreiben, wie das so war in den ersten Wochen, wenn der eigene Bericht im Blatt ist? Wie fühlt sich das an? Beobachtet man dann auf der Straße, ob jemand die Zeitung kauft, aber auch auf Seite 3 geht?

Dirk C. Fleck: Ja, das ist ein unwahrscheinliches Glücksgefühl. Ja, also ich erinnere mich, ich meine, man mag das gar nicht mehr zugeben, aber das war in der Tat so, als meine erste Filmkritik erschienen ist, das waren 20 Zeilen unter DCF, ja, bin ich in der Berliner U-Bahn unterwegs gewesen und habe nach Lesern gesucht. Und wenn einer das Spandauer Volksblatt in der Hand gehabt hat, habe ich mich dann hingestellt und geguckt, wann er auf die Seite kommt. Wenn er die überblättert hat, war ich traurig und solche Sachen. Aber das kennt jeder, das hat nicht nur was mit Eitelkeit zu tun, sondern eben auch mit dieser Starteuphorie, die man in den Job schiebt, die sich dann allerdings sehr schnell abbaut.

KenFM: Was war in der Rückschau Ihre schönste Zeitung, für die Sie gearbeitet haben, wo Sie sagen, das war ein phantastisches Projekt, die Zeitung ist immer noch toll, oder  vielleicht gibt es die auch gar nicht mehr, das war super?

Dirk C. Fleck: Also, etwas, was eben auch beispielhaft dafür ist, was damals ging und heute nicht. Ich habe, ich glaube 1982, für die Hamburger Morgenpost über 6  Wochen  hinweg jeden Tag eine ganze Seite geschrieben über einen „Fluss ohne Wiederkehr“, über die Elbverschmutzung. Und damals hatte die SPD die Zeitung gerade an einen Schweizer Verleger verkauft und die hatten auch kein Geld. Und die sind jeden Tag zu mir gekommen und haben gesagt, Herr Fleck, Herr Fleck, wir müssen die Serie einstellen, wir können es uns doch nicht erlauben, mit der Norddeutschen Raffinerie oder Dow Chemical oder so zu prozessieren, dann geht der ganze Verlag in die Luft, und ich habe es doch tatsächlich geschafft, diese ängstlichen Menschen davon zu überzeugen, dass ich keine Recherchenfehler machen werde. Dass sie mir bitte vertrauen mögen. Und das haben die fertiggebracht und die Serie war ein riesen Erfolg.     

KenFM: Sie sprechen die Anzeigenkunden an, also die Zeitungen haben sich auch schon damals nicht gerechnet, also durch den Verkaufspreis. Die Anzeigenkunden bestimmen letztendlich, wie das Blatt gemacht wird. Kann man das so böse ausdrücken, oder ist es immer noch der Chefredakteur, der gegenrechnen muss?   

Dirk C. Fleck: Mein Eindruck war als junger Redakteur, dass die Anzeigen nicht diese Bedeutung haben. Das mag für die kaufmännischen Abteilungen ganz anders ausgesehen haben. Es gab dann, irgendwann Mitte der 70er-Jahre konnte ich beobachten, dass die heimlich an der Redaktion vorbei eben auch den Anzeigenkunden redaktionelle Beiträge versprochen haben, das da also eine Vermischung gab und so weiter und so fort. Das ist wohl wahr, aber wie gesagt, groß geworden bin ich eigentlich in einer freien Presse.   

KenFM: Ist die Presse heute noch frei?

Dirk C. Fleck: Nein. Nein. Ich habe hier ein Zitat von einem Journalisten, mit dem ich mal zusammengearbeitet habe und den ich auch sehr schätze, und der hat ein Buch geschrieben „Am besten nichts Neues“, und der hat es hier wirklich auf den Punkt gebracht.

KenFM: Wie heißt der Autor?

Dirk C. Fleck: Tom Schimmeck. Und der schrieb: „Während Zeit und Geld ständig knapper werden, in den Redaktionen und Korrespondenzbüros immer weniger Leute, die gleiche Menge an Arbeit machen, wächst in Wirtschaft und Politik die Macht und Zahl der Spin-Doktoren, PR-Consultants, Agenda-Setter, Werber, Imageberater, Marktforscher, Eventmanager und Medien-Coaches. Meinungen und Stimmungen werden gegen Geld von Profis gemacht. Ihre perfekt designten Bilder und Botschaften zielen direkt auf die Massen. Der unabhängige Journalist ist nur noch Störfaktor.“

KenFM: Da machen Sie einen direkten Sprung in die Gegenwart. Sind sie ein Putin-Versteher? Hat die PR bei Ihnen nicht funktioniert?

Dirk C. Fleck: Ja, also ich meine, wenn man die Informationen hat, die das Internet ja Gott sei Dank liefert und man schaut sich die Krise in der Ukraine an, dann muss jeder vernünftig denkende Mensch ein Putin-Versteher sein. Also, das ich ja wohl nicht schwierig, da zu erkennen, wie die Medien arbeiten. Nur, was ich bezweifele, ist, was man immer hört, dass die Medien im Konzert und unter Absprache die Menschen bewusst hinter das Licht führen. Ich glaube, das ist viel simpler, so wie Hannah Arendt das mal gesagt hat mit der Banalität des Bösen. Harald Schumann sagt in diesem Buch in der „Vierten Macht“, Medien können niemals die Speerspitze eines revolutionären Umdenkungsprozesses sein. Wer sollte das bewerkstelligen? Die Medienarbeiter, die werden zu 99 % überfordert, weil sie aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Und wenn Sie sehen, wer da arbeitet, das war immer so, dann wissen Sie auch, dass da ein Bewusstsein bestimmt nicht heranwächst. Und heute sind eben auch die Etats so beschnitten, dass für Recherchen der eigenen Redaktion überhaupt ja gar kein Geld mehr da ist. Die übernehmen und übernehmen und übernehmen und dadurch kommt diese Gleichheit zustande.         

KenFM: Sie haben ihren Zenit, also Ihren Bezahl-Journalismus, sage ich mal, erlebt in einer Zeit, da gab es das Internet, so wie wir das heute haben, noch nicht. Es gibt schon länger die E-Mail, die ist 40 Jahre alt geworden, aber dass jeder einen Computer hat und schnell kommuniziert hat über soziale Netzwerke, das waren Computer-Nerds. Wie betrachten Sie denn die Presse heute, wo es doch etwas gibt, nämlich das Informationsmonopol, wie Marshall McLuhan es beschrieben hat, schon in den 50ern angeführt hat, ist ja gefallen. Welchen Impact hat das auf den Journalismus? Anders gefragt, Sie haben Spitzenjournalisten gefragt zu ihrer Verantwortung, und diese Spitzenjournalisten haben genau wie Sie in Systemmedien gearbeitet. Also in Medien, die in irgendeiner Weise kontrolliert wurden zumindest durch die Besitzer. Kann man heutzutage 2014 noch als Spitzenjournalist in einem Systemmedium arbeiten, oder aber findet man Spitzenjournalisten in den letzten noch unabhängigen Medien und in diesem schmalen Zeitfenster Internet?     

Dirk C. Fleck: Ich glaube, das verlagert sich mehr und mehr ins Internet, weil in den klassischen Medien wird das immer weniger möglich. Wir sehen das zum Beispiel am Beispiel der ZEIT. Das Gespräch mit Giovanni di Lorenzo, der ja da Chefredakteur ist, war sehr erfrischend, sehr angenehm und sehr offen, und mir hat auch größten Teils gefallen, was er erzählt hat, wie er seine Aufgabe begreift. Und kaum kommt es zu einem Interessenkonflikt mit den USA, stellen wir fest, dass der Herausgeber der ZEIT, der Joffe, der Herr Joffe, der ja eng verbandelt ist über diverse Gesellschaften mit den USA…

KenFM: Think Tanks.

Dirk C. Fleck: Ja, natürlich. …das Zepter übernimmt innerhalb der Redaktion und das auch ein Giovanni di Lorenzo, wenn er seinen Job nicht verlieren will, völlig hilflos zwischen den Funken baumelt. Aber mir tut das leid für die ZEIT, weil sie hier einen Imageverlust gerade erleidet, der kaum noch gut zu machen ist.

KenFM: Also, frage ich nochmal direkter: Kann man Spitzenjournalist bleiben, also, kann man immer an die Spitze des Problems gehen, kann man Spitze einer Bewegung, nämlich der befragenden Bewegung sein, der die dummen Fragen stellt, ohne die Antworten zu kennen? Kann man das heute bleiben, wenn man in den Systemmedien bleibt?   

Dirk C. Fleck: Es gibt Ausnahmen. Also, ich nenne mal Heribert Prantl von der Süddeutschen, der sitzt dort auch in der Chefredaktion und für mein Verständnis lässt er des Öfteren sehr vernünftige und ausführliche Kommentare ab, die nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widerspiegelt, sage ich mal. Also, es gibt es mit Sicherheit noch, aber dass sich jetzt ein Medium erkennbar als Ganzes dieser Aufklärung zur Verfügung stellt, das sehe ich überhaupt nicht mehr.

KenFM: Wer in diesem Buch „Die vierte Macht“, wer dieser 25 Spitzenjournalisten hat sich Ihrer Meinung nach am stärksten der Verantwortung gestellt in den letzten Jahren?

Dirk C. Fleck: Harald Schumann. Vom Tagesspiegel in Berlin.

KenFM: Ehemaliger Spiegel-Mann.

Dirk C. Fleck: Ehemaliger Spiegel-Mann, der dort aufgehört hat, weil er eine Geschichte für Windkraft gemacht hat, während Stefan Aust, der damals Chefredakteur war, die gecancelt hat und ersetzt hat durch eine Geschichte gegen Windkraft. Wie Harald Schumann behauptet, ist das passiert, weil man auf seinem Gut, wo er Pferde züchtet, ein Windrad aufstellen wollte. Also so simpel kann es manchmal kommen.    

KenFM: Aust wollte kein Windrad zwischen seinen Pferden.

Dirk C. Fleck: So ist es.

KenFM: Herr Schumann hat einen Vortrag auch gehalten, der auch im Internet zu sehen ist, nämlich über die innere Pressefreiheit. Da beginnt es ja, dass die innere Pressefreiheit nahezu nicht mehr existiert. Also, wenn Sie in einer Redaktion nicht frei entscheiden können, dann können Sie nicht erwarten, dass das Endprodukt etwas liefert, was mit Freiheit zu tun hat. Waren Sie Systemjournalist, ohne es zu wissen? Hat man Sie in Ruhe gelassen, weil Sie nie an die Grenzen gestoßen sind?

Dirk C. Fleck: Ich bin lange Zeit wirklich sehr in Ruhe gelassen worden, bis man, ich sage mal, die wachsende Radikalität, zu der ich dann in meiner gesellschaftlichen Analyse gefunden habe, dann nicht mehr goutiert hat. Das ist bei der „Woche“ passiert.

KenFM: Können Sie mal beschreiben, wie Journalisten heute bei der Zeitung, die ja auch eine Online-Ausgabe inzwischen haben, wie die aktuell arbeiten müssen? Also, wenn man sich überlegt, Sie haben angefangen in einer Zeit, da kam die Zeitung heraus und wenn man etwas Neues erfahren wollte, da war die Zeitung immer vor dem Fernsehen oder manchmal vor dem Radio. Oft hat das Radio das aufgegriffen, was in der Zeitung war. Heute ist die Zeitung immer nach dem Internet. Bedeutet das etwas, wie recherchiert werden kann, bedeutet das etwas für die Zeit, die man hat, um einen Bericht zu machen? Was hat sich geändert, seit es alles digitalisiert wurde und eine Nachrichten direkt ungeprüft in das Netz gehen kann?

Dirk C. Fleck: Ja, dadurch, dass eine Tageszeitung ja erst am nächsten Tag erscheint, nachdem sie gemacht worden ist, und die Konkurrenz durch das Internet so groß geworden ist, verliert natürlich die gedruckte Nachricht vollkommen an Wert, weil sie am nächsten Tag dem Leser uralt erscheint. Ich denke, dass eine Tageszeitung heute den Anspruch auf Nachrichtenübermittlung völlig fallenlassen kann, ja. Das haben längst andere übernommen. Aber man kann begleitend dazu bewerten und das ist am nächsten Tag oder am übernächsten Tag natürlich immer noch sehr interessant. Nur soweit sind sie noch nicht, dabei verlieren sie immens an Auflage, überall.    

KenFM: Auch im digitalen Sektor.

Dirk C. Fleck: Auch im Netz.

KenFM: Würden Sie, um eine Metapher zu benutzen, die Nachricht als etwas sehen, wie eine Röntgenaufnahme, aber es braucht dann einen Facharzt, der sie zu deuten kann? Das wäre die Presse?

Dirk C. Fleck: Ja, es gibt ja das Prinzip der Objektivität. Ich glaube nicht, dass es eine objektive Wahrheit gibt. Ich glaube, dass die Leute innerhalb der Redaktion auch begreifen müssen, dass sie sich den Luxus einer persönlichen Stellungnahme durchaus leisten dürfen. Wenn sich jemand zu erkennen gibt in seiner Meinung, dann goutiert das der Leser auch. Dann kann ja jemand anderes was dagegen sagen. Aber das wird nicht gemacht. Es wird der Anschein erweckt, als würde man von einer objektiven Wahrheit ausgehen und dann kommt nichts dabei heraus. Nichts Gehaltvolles.      

KenFM: Wie war das denn damals, als Sie für die großen Gazetten geschrieben haben? Da gibt es ja am Ende immer eine Redaktionskonferenz, und das haben dann die Anderen gelesen. Ich kenne auch das Gefühl, wie sich das anfühlt kann, wenn man nicht so ganz sicher weiß, wer vor allem die dann macht, das wechselt ja manchmal und wie man da dabei herüber kommt. Wie ist das, wie war das damals, können Sie das mal beschreiben, wie läuft so der Alltag eines Reporters, eines Journalisten, wie läuft der so ab? Also, wenn man weiß, er hat gestern den Auftrag bekommen, heute haben es alle bereits gelesen in gedruckter Form, das ist nicht mehr revidierbar, kann ich nicht mehr korrigieren wie im Netz, das ist heraus, und da muss ich durch. Das ist dann zwischen 11 und 12. Wie ist das? Wie fühlt sich das an?      

Dirk C. Fleck: Also, ich habe diese Redaktionskonferenzen immer gehasst, weil die Leute in Ehrfurcht vor dem Chefredakteur erstarren und längst nicht mehr so reden, als würden sie in dein Büro kommen. Das heißt, es findet irgendwie, was weiß ich, ein gedanklicher Umwälzungsprozess statt. Ich fand, ich saß immer in einer Meute von Feiglingen und mich hat das nicht sonderlich interessiert. Und ich war auch nicht sehr gut darin, meine Ideen und „dieser“ Gesellschaft so schmackhaft zu machen, dass ich das Placet bekommen hätte, aber ich habe das dann immer im Dialog mit dem Chefredakteur direkt ausgehandelt. Nur ein Mal, muss ich sagen, habe ich mich geweigert und das ist mir zum Verhängnis geworden. Ich komme morgens in die Redaktion der Woche und da steht vor meinem Büro so ein Bundeswehr-Set mit Stahlhelm und schusssicherer Weste, und ich lache noch so und sage, wer hat denn das hier vergessen? Ja, du fliegst heute nach Ruanda mit der Bundeswehr, Hutu und Tutsi, Sie wissen.

KenFM: Ja.

Dirk C. Fleck: Und dann habe ich gesagt, das mache ich nicht. Zum Chefredakteur rein zitiert worden, warum machen sie das nicht? Habe ich gesagt, weil ich diese Bilder mein Leben lang nicht mehr loswerde. Das tue ich mir nicht an. Sie sind aber hier angestellt und haben da hin zu fliegen. Und dann habe ich gesagt, gut, ich nehme jetzt unbezahlten Urlaub, bin nach San Francisco geflogen und nach drei Wochen habe ich angerufen und habe um Vertragsauflösung gebeten. Das war es im Journalismus für mich. Da konnte ich nicht mehr.

KenFM: Es gibt ja auch Leute, die genau das suchen, Kriegsberichterstatter zum Beispiel, ja. Da habe ich großen Respekt vor den Fotografen, die für Magnum zum Beispiel arbeiten, Capa fällt mir zum Beispiel ein. Also Leute, wo ich auch verstehe, warum sie Fotos machen, ja. Wenn ich da zitieren darf, man muss den Leuten ein Bild davon zeigen, denn erst, wenn es dort eine Überdosis gibt und so unerträglich wird beim Zusehen, fängt der Bürger an zu sagen, wir müssen das stoppen, wo immer es stattfindet.    

Dirk C. Fleck: Das ist natürlich klar, das ist Einer. Im Grunde ist das eine unerträgliche Clique, also die Kriegsberichterstatter, gerade die Fotografen. Was da an Zynismus in den Hotels zu haben ist, während unten Kinder und Frauen sterben und zusammengeschossen werden, das hält man nicht aus. Es ist, ich weiß nicht was, ob die überhaupt noch eine Seele haben. Also, ich habe da einen ganz anderen Eindruck und ich habe überhaupt keinen Respekt vor ihrer Arbeit.

KenFM: Aber ist das, es muss ja auch, also wenn ich den Kriegsberichterstatter, wie ich ihn verstehen würde, ich würde sagen, ich muss die Realität ablichten, bevor sie embedded wird.   

Dirk C. Fleck: Natürlich.

KenFM: Weil da wird was anderes gemacht.

Dirk C. Fleck: Ja, richtig.

KenFM: So, und das ist gefährlich, weil ich nicht ganz sicher bin, ob mich feindliche Truppen treffen oder aber die, mit den ich embedded bin, weil ich die falschen Sachen fotografiert habe.

Dirk C. Fleck: Ja, ja.

KenFM: Glauben Sie, dass diese Arbeit nötig ist, oder?

Dirk C. Fleck: Das glaube ich schon, ja. Also es gibt ja, wie überall gibt es Ausnahmen. Es gibt Leute, die sich, sagen wir mal, diesem Verbund entziehen, dieser Community entziehen und die ihrer eigenen Nase folgen auf eigenes Risiko und ihre eigene Arbeit machen. Das halte ich für sehr, sehr wertvoll, für sehr mutig auch. Die gibt es natürlich auch.     

KenFM: Welchen Druck öffentliche Medien ausüben können, weil sie die öffentliche Meinung machen, sie machen ja, die meinen, indem sie die Realität erzeugen und dann  behaupten, das sei die Realität, sie bringen eine Kopfzeile, da ist eine Behauptung drin, und dann bestätigen sie sie selber im Text und das ist dann der Beweis. Das kann man immer wieder sehen. Glauben Sie, die Menschen fangen an durch das Netz, das zu durchschauen? Lassen sie uns aktuell mal sprechen. Im Moment erleben wir ja etwas, dass Menschen in größeren Gruppen anfangen zu zweifeln, an dem, was aus der Kiste heraus kommt oder was in der Zeitung steht.       

Dirk C. Fleck: Ja, das hat zweierlei Gründe. Zum einen ist es die Skepsis gegenüber der herkömmlichen Art der Berichterstattung und zum anderen denke ich mir, es ist auch der Spaß an der eigenen Kreativität. Also früher konnte man Leserbrief schreiben, das dauerte dann ewig und wenn man abgedruckt wurde, war man vielleicht froh. Heute kann man direkt reagieren und auch im eigenen Duktus seine Meinung sagen. Also, das ist ja sehr viel geforderte Kreativität, die die Leute an sich selbst zurzeit entdecken, und das, glaube ich, ist fast noch wichtiger.

KenFM: Wir haben ja in Deutschland einen ziemlich großen Zeitungsmarkt, ich glaube, vierhundert Zeitungen gibt es. Immer mehr Fachmagazine, man kann sich immer mehr in seine Nische zurückziehen. Trotzdem ist es so, dass die Zeitungen letztendlich einigen wenigen Verlagen gehören. Das kann man an einer Hand oder zwei Händen abzählen. Eine Frage, womit ich regelmäßig Menschen, Kollegen sage ich gar nicht mehr, Menschen irritiere, ist, wenn jemand sagt, er hat etwas irgendwo gelesen, über wen auch immer, wem gehört das Blatt? Wie oft begegnet Ihnen diese Frage oder wie oft stellen Sie sie und gucken dann in was für Gesichter? Wem gehört das Blatt?

Dirk C. Fleck: Also ich stelle die Frage gar nicht, weil ich es eh weiß.

KenFM: Aber andere sozusagen.

Dirk C. Fleck: Ja, ich will Ihnen mal, also, der Gipfel dieser Entwicklung ist ja immer in den USA zu beobachten. Ich habe Ihnen hier mal zusammengestellt heute Morgen, was ja auch kaum ein Mensch glauben will. Es gibt in Amerika 1.500 Zeitungen, 1.100 Magazine, 9.000 Radiostationen und 1.500 TV-Anstalten. Die sind in sechs Händen konzentriert, in sechs. Davon sind vier Rüstungsunternehmen und zwei Energieunternehmen. Jetzt wissen Sie Bescheid über die freie Presse, ja.

KenFM: Das heißt, das schreiben Sie auch in Ihrem Buch „Die vierte Macht“ im Gespräch mit Bröckers, guter Mann aus Berlin.

Dirk C. Fleck: Ja, guter Mann.

KenFM: Guter Mann aus Berlin, nicht nur über Hanf hat er Bücher geschrieben, auch über 9/11. Telepolis, phantastischer Mann, TAZ-Gründer, jetzt schreibt er wieder für die TAZ, aber ein durchaus kritischer Zeitgenosse mit einer Menge Humor.

Dirk C. Fleck: Auch der TAZ gegenüber sehr kritisch.

KenFM: Genau. Und er macht es an General Electric fest, zweitgrößter Rüstungskonzern letztendlich, beteiligt an NBC, zweitgrößter Fernsehkonzern und dieser Fernsehkonzern, dieser Medienkonzern, das sind ja Konzerne, kann kein Interesse daran haben, der eigenen Rüstungssparte zu schaden, also schreibt er einen Krieg nicht schön, sondern er macht ihn notwendig. Wo leben wir denn eigentlich? Weil, die amerikanische Presse, die arbeitet ja global, sie haben ja auch Beteiligung in Deutschland. Man kann ja hier nicht sagen, deutsche Presse, das sind ja, das ist ja alles vernetzt. Wo leben wir und wie kann man sich dagegen wehren oder muss ich jetzt auch pessimistisch werden?

Dirk C. Fleck: Herr Jebsen, erwarten Sie jetzt eine ehrliche Antwort?

KenFM: Ja.

Dirk C. Fleck:  Dann garantiere ich Ihnen, dass ich nach dieser Sendung in eine ähnliche Ecke gestellt werde, in der Sie sich bereits aufhalten. Wir leben in einem globalen Schweinesystem. Unsere Demokratien sind heute lediglich die Deckmäntelchen legalisierter Schweinereien. Ja, mehr habe ich dazu eigentlich nicht zu sagen. Aber interessant ist ja nicht, was sie sind, interessant ist, wohin sie führen. Und dadurch, das, was wir am Anfang besprochen hatten, dieser Raubtierkapitalismus an die Lebensgrundlagen der Schöpfung geht, verändert sich natürlich nebenbei, und das wird heute immer noch für wichtiger erachtet als der Ökozid, ich bin aber anderer Meinung, verändert sich natürlich auch die demokratische Grundordnung. Das, was die Demokratien heute noch für uns bereithalten, hat mit Demokratie überhaupt nichts mehr zu tun. Wir leben im Scheinpluralismus weniger globaler Konzerne …

KenFM: Schönes Wort, Scheinpluralismus, ja. Geldschein.

Dirk C. Fleck: … und sind reduziert auf ein Konsumentendasein, ja. Und um dieses Konsumentendasein erträglich zu machen, hat sich die Unterhaltungsindustrie eben zu einer Mördernummer entwickelt, aus der dann auch keiner mehr heraus kommt. Das ist eine riesen Falle, es sei denn, er hat das Glück, sein Fernseher geht kaputt, wie ich das Glück hatte.

KenFM: Herr Fleck, Sie planen eine Friedhof der Worte, habe ich das richtig verstanden?

Dirk C. Fleck: Ja, das ist eine alte Idee, die ich mal der Frankfurter Buchmesse vorgeschlagen habe, die auch ganz begeistert war. Die wollten vor den Hallen ein Waldfriedhof mit mir bauen, wo Worte täglich beerdigt werden von Schriftstellern, die da gerade ihre Bücher vorstellen mit Grabreden und so weiter. Und dann gibt es also ein  Massengrab mit den Worten, die die Nazis vernichtet haben. Dann gibt es die Worte, die unter dem Oberbegriff Liebe nicht mehr angewendet werden wie „Feinsliebchen“ beispielsweise, und dann gibt es Worte, die in der rasenden technischen Entwicklung sich einfach überholt haben. Und so ist dieser Waldfriedhof aufgegliedert in verschiedene Bereiche und in der Mitte steht ein Ehrenmal, und dort thront Blattgold-verziert das Wort Sympathisant. Und ich selbst wurde Zeuge in den 70er-Jahren, wie im Zuge der RAF-Hatz, Leute diffamiert wurden als Sympathisanten durch die Presse. Und plötzlich war dieses wunderschöne Wort – ich meine, ich kenne kaum ein schöneres – etwa so schwarz und negativ behaftet, wie heute das Wort Terrorist. Also, Nietzsche nennt das die Sprachverwirrung des Guten und des Bösen. Und die Medien haben daran erhebliche Schuld an diesen Entwicklungen. Also die Medien sind eigentlich die Betreiber dieser Sprachverwirrung.

KenFM: Ich möchte auf ein Wort zurückkommen, was Sie benutzt haben, da stelle ich fest, dass Sie das Wort, dass Sie Old School sind, sage ich jetzt mal, neudeutsch sage ich mal Old School. Sie sagen, „Raubtierkapitalismus“, und da würde ich insofern widersprechen, dass Raubtiere ab Punkt-X ja eine Beißhemmung haben. Ist es nicht Turbokapitalismus?

Dirk C. Fleck: Ja, das war nicht geschickt gewählt das Wort, ja. Suprakapitalismus benutze ich eigentlich immer. Raubtierkapitalismus ist völlig daneben, da gebe ich Ihnen Recht.

KenFM: Was macht dieser Suprakapitalismus? Ist das ein Endkapitalismus oder kann man das noch steigern? Was wäre die Steigerungsform?

Dirk C. Fleck: Also, es gibt eine. Man glaubt ja immer, dass es für gewisse Begriffe keine  Steigerungsform gibt. Nennen Sie mir doch mal die Steigerungsform von Tod.

KenFM: Wo, in der Masse?

Dirk C. Fleck: Ausgestorben.

KenFM: Das ist richtig, ja.

Dirk C. Fleck: Das meine ich. Das macht dieser Suprakapitalismus. Er geht wirklich in seinem mörderischen Mechanismus, der durch nichts aufzuhalten ist, bis an seine natürlichen Grenzen. Das Ding ist ja, Sie können ja im Prinzip, auch, wenn unsere Empörung immer gegen Personen zielt, und wir uns wünschen, dass Atommanager, Politiker, Wirtschaftsleute vor Gericht gestellt werden, wenn wir von einer gerechten Gesellschaft träumen, so könnten wir das Problem nicht lösen. Wissen Sie warum? Weil das System so angelegt ist, dass jeder, der in diesem System zu Macht und Geltung kommt, nur einem Gesetz verpflichtet ist. Er muss der Spur des Geldes folgen. Tut er das nicht, wird er ausgetauscht in dem System. DAS ist das System. Das heißt, es ist völlig egal, ob Sie heute den Ackermann oder sonst wen vor Gericht stellen, das System kümmert das einen Dreck. Das ist ein Perpetuum mobile, möchte ich mal fast sagen.    

KenFM: Herr Fleck, wenn wir die aktuelle Situation mal mit der Titanic vergleichen wollen, so wie Sie sie gerade beschrieben haben, das war ja eher ein düsteres Bild. Ich habe da auch eine gewisse Wut bei Ihnen gespürt, dann kann man sagen, dass dieser Globus eine  Titanic ist und die Titanic ist untergegangen. Da haben sich auch relativ viele reiche Menschen im Vergleich zu den Armen, die an Bord waren, retten können, aber es kam dann ein großes Schiff und hat diese Menschen aufgenommen. Gibt es dieses große Schiff am Ende des Untergangs dieses Kapitalismus noch?    

Dirk C. Fleck: Nein, das gibt es nicht mehr, aber es gibt Rettungsinseln. Und komisch, dass Sie das erwähnen. Mein neues Buch handelt genau davon. Auf der eine Seite beschreibe ich den Untergang der Zivilisationen auf viele Ebenen in der heutigen Ersten Welt, und praktisch als Balance auf der anderen Waagschale beschreibe ich, wie aus der Not geboren in verschiedensten Regionen dieses Planeten ein neues Bewusstsein wächst, dass spirituell untermauert ist. Und jetzt haben wir das fatale Wort „spirituell“ ausgesprochen, mit dem Sie ja auch zu tun haben. Und ich verstehe einfach nicht, warum die Menschen diesem Begriff gegenüber eine solche Scheu haben. Das ist eben sehr schade, weil damit sich die gesellschaftspolitische Debatte nicht wirklich nach vorne bewegen lässt, wenn man das Wort nicht annimmt, auf das es eigentlich ankommt zurzeit.

KenFM: Wie lang wird denn dieser Kahn, der hat ja schon Schlagseite, wie lang wird der denn noch über Wasser bleiben?

Dirk C. Fleck: Ja, da gibt es ja die diverse Berechnungen, die alle sehr unterschiedlich auslaufen, das hat sehr entscheidend damit zu tun, dass wir den, wie sagt man – Peak Oil, dass wir den Punkt überschritten haben und derjenige, der das am intensivsten gepredigt hat, der ist vor kurzem gestorben, der hat sich umgebracht – Michael C. Ruppert. Der hat es nicht mehr ausgehalten, der ist als Prediger und Warner so intensiv an der Front unterwegs gewesen, dass er diese ganzen Widersprüche und Entgegnungen, die er auszuhalten hatte, nicht mehr ertragen hat und er hat sich umgebracht. Aber ich kann nur jedem raten, seinen Film „Collapse“, auf Englisch geschrieben c, o und so weiter, sich anzugucken, weil da ist bereits alles drin und ganz am Ende fängt er auch an zu weinen in diesem Video und sagt, das ist etwas, was ich eben auch tief im Herzen trage: Alles, was die Menschen an schönen Dingen kreiert haben, die ganz Kunst, die Musik, die Malerei, die Herzensliebe, die wir miteinander entwickeln konnten, ist unter diesem Berg von Scheiße begraben.

KenFM: Würden Sie den Menschen, so wie wir ihn heute vorfinden, würden Sie ihn als Auslaufmodell bezeichnen? Ein Auslaufmodell, das sich auch nicht ändern kann, also das einfach auslaufen wird?

Dirk C. Fleck: Ja, da gibt es natürlich zwei Argumente dafür. Das eine ist einfach, dass wir durch die Hunger- und Dürrekatastrophen, durch den Klimawandel, durch den Atommüll, der zurückschlagen wird, durch die CO2-Emission, die sich jetzt aus den Weltmeeren lösen und im Permafrostboden nach oben geht, das ist natürlich eine unerträgliche Belastung der Luft und des Wassers, also auch unserer Grundnahrungsmittel haben werden, so dass sich die Zahl durch Katastrophen schon dezimieren wird, und zwar gewaltig. Ich bin nicht der Meinung, dass wir die 8 Milliarden noch erreichen werden oder die 9 Milliarden. Als ich geboren wurde, gab es 2,5 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Jetzt habe ich ein Menschenleben gelebt, und die Zahl hat sich verdreifacht. Das ist auch, wie Peak Oil jetzt, an seine Grenzen gestoßen. Also von daher wird es zurückgehen. Und, Sie meinen aber mit Auslaufmodell wahrscheinlich die Bewusstseinsebene.

KenFM: Ja, und auch die gesamt Menschheit. Das Bewusstsein gehört ja zum Menschen dazu, dass man dann, also, in einer Millionen Jahre wird sich die Erde erholt haben ohne Menschheit. Aussterben.

Dirk C. Fleck: Ja, das ist es. Also, bei all dem Schmerz, den wir empfinden, wenn wir an die augenblickliche Situation denken, darf man ja eins nicht vergessen: Der Planet hat Zeit. Wie Sie gerade gesagt haben. Für den sind ein paar Millionen Jahre Erholung überhaupt nichts. Der wird uns verkraften, da bin ich auch ganz sicher. Die Zivilisation in der heutigen Form wird garantiert keine 50 Jahre mehr existieren. Da bin ich auch ganz sicher. Und was sich dann in den Restbeständen der Menschheit neu organisiert und in welchem Bewusstsein das stattfindet, das weiß ich nicht. Das bleibt abzuwarten. Aber ich investiere in diese Geschichte mehr Hoffnung als in das, was wir als Gesamtheit heute veranstalten.

KenFM: Können Sie mir folgendes erklären? Mit Ihrer Erfahrung, die Sie natürlich haben, weil Sie länger auf diesem Planeten wandeln als ich. Was ich nicht verstehe, oder die Antworten, die ich dazu finde, sind für mich unlogisch. Think Tanks, die uns regieren, sage ich mal, wo die neuen Trends, die neuen Wirtschaftsimpulse, die neuen Ideen, die neuen Lösungen, was auch immer dort erdacht werden, diese Think Tanks strotzen ja vor Menschen, die auf ihrem Gebiet sehr klug sind. Das kann man ja nicht anders sagen, sind intelligente Menschen. Diese Menschen sehen doch auch, dass sie funktionieren im Think Tank, darum machen sie auch Karriere, aber dass sie in der Gesamtsumme die totale Zerstörung betreiben, von der sie aber betroffen sind. Wie blendet man das aus? Womit hat das zu tun?

Dirk C. Fleck: Das hat wahrscheinlich mit dem Instinkt zu tun, dass ich nur ein Leben habe und das dauert aller Wahrscheinlichkeit nach noch 30, 40 Jahre Maximum und innerhalb dieses einen Lebens, die meisten Leute glauben ja nicht an Wiedergeburten, werde ich für mich persönlich dafür sorgen, dass ich nicht betroffen bin in dem Maße. Das heißt, die Leute in den Think Tanks haben auch alle Familie. Und die sind käuflich. Ich weiß zum Beispiel, dass in Amerika Koch Industries, das ist eine Firma, die in, ich glaube, fünfzig verschiedenen Sparten unterwegs ist und eine der größten Global Player. Das weiß kein Mensch. Und Koch Industries, das sind die beiden Cook Brothers, heißen die, so spricht sich das aus, die haben etwas getan, was eben auch von den Medien, obwohl es bekannt ist, in keiner Weise diskutiert oder geschweige denn angeklagt wurde. Die haben eine eigene Armee von Aufklärern finanziert. Hunderttausende geschulter Menschen, von Koch Industries bezahlt, gehen in die amerikanische Provinz, um vor Ort den Leuten zu erklären, was für eine Lüge der Klimawandel ist. Das findet jetzt statt. Ich habe das in den Medien noch nicht gelesen.

KenFM: Das heißt, es ist eine PR-Industrie, die den Leuten das Gehirn wäscht…

Dirk C. Fleck: Damit sie so weiter machen können wie bisher.

KenFM: Da muss man ja manchmal annehmen, dass es Menschen auf diesem Planeten gibt, die wollen, dass es nicht weiter geht, jedenfalls nicht für alle. Die wollen, dass wir  uns abschaffen. Würden Sie so weit gehen oder sagen Sie, nein, das auch nicht.

Dirk C. Fleck: Es gibt eine ganz interessante Geschichte, und zwar in Georgia gibt es nahe der Autobahn seit ungefähr zehn Jahren ein Steinmonument, dass Stonehenge nachgebildet wurde. Auch mit diesen Löchern, wo die Sonne in einem bestimmten Winkel einfällt, total Mini-Stonehenge, aber schon ziemlich gigantisch. Und auf diesen Steinquadern ist in zwölf Sprachen, nicht auf deutsch, aber in arabisch, chinesisch, altgriechisch und so weiter, ist eine Satzung abgedruckt. Die geht davon aus, dass wir dafür zu sorgen haben, dass nicht mehr als 500 Millionen Menschen auf diesem Planeten leben, und das diese 500 Millionen im Einklang mit der Natur zu leben haben, wobei es notwendig ist, sie unter die totale Kontrolle zu bringen. Das steht da. Und kurz vorher, ein halbes Jahr vorher, habe ich ein Zitat von Ted Turner gelesen, dem CNN-Besitzer, der davon spricht, dass es unbedingt notwendig ist, die Menschheit auf 500 Millionen Leute zu begrenzen. Also, was läuft da ab?

KenFM: Die Frage kann man auch umdrehen, was muss ablaufen, damit nicht das abläuft, was wir sehen, was abläuft, nämlich die Vernichtung durch Überbevölkerung. Wie werden wir, frage ich es jetzt mal boshaft, wenn man Humanist ist und die traurige Aufgabe hat, dass man es bleiben soll, indem man versucht, die Menschen in die nächste Generation, die Zukunft zu retten, wie soll man das bewerkstelligen, Menschen loszuwerden, weil das doch ja inhuman ist?    

Dirk C. Fleck: Also, Humanist zu bleiben ist schon mal schwierig, weil dann können Sie ja einfach nur akzeptieren, was abläuft. Machen Sie sich Gedanken, vernünftige Gedanken über das, was der Planet an Mensch noch erträgt. Da müssen sie in Kauf nehmen, dass es rigide Maßnahmen braucht, um diese Rasse in Schach zu halten, die sich krebsgeschwürartig ausgebreitet hat. Nehmen wir mal eine Computersimulation der letzten 150 Jahre, also die Zeit, wo das Industriezeitalter voll zu Buche schlägt und wir stellen uns eine Kamera vor, die eine Erdumrundung macht, aber das sind 150 Jahre. Und das raffen wir auf eine Stunde. Was würden wir sehen? Wir würden den Planeten vor unseren Augen verfaulen sehen. Wer danach noch auf die Idee kommt, dass diese Rasse gesund ist für Mutter Erde, der spinnt. Also, wenn Sie sich um Mutter Erde sorgen, dann müssen Sie in der Lage sein, diese grausamen Perspektiven in Kauf zu nehmen. In einem Roman oder als Romanschriftsteller kann ich es mir leisten, ich habe ja in der „Ökodiktatur“ eine Konferenz in Seattle geschrieben, wo gerade beschlossen wird, mit einem Virenangriff und mit Trinkwasserverseuchung Afrika und China auszurotten. Also, ich meine, ich habe, als ich das geschrieben habe, schon einen Schreck gekriegt, nur das war ja am Schreibtisch und weit ab von der Realität. Aber dass das in den Planungen der Mächtigen, die ja sich wieder Freiräume schaffen müssen, auch gegen die ansteigende Empörung, die ihren wirklich fast bis zum Hals steht, die müssen sich ja Trutzburgen inzwischen bauen für ihren Reichtum, dass das Überlegungen sind, ist mir völlig klar. Nur werden die nicht bekannt gegeben. Ich weiß, dass in Amerika die FEMA, das ist die Heimatschutzbehörde, über 800 Konzentrationslager in dem Westen Nevadas, in Oklahoma gebaut hat, wo Leute, die Umweltflüchtlinge oder Armutsflüchtlinge sind, oder Leute, die die Refugien der Reichen bedrohen, ohne Anklage 10 Jahre lang festgehalten werden können. Das bestreitet auch gar keiner mehr. Die Pläne sind alle da, das sind auch NATO-Pläne, das hat in den 90er-Jahren ein Treffen pensionierter NATO-Generäle gegeben, die im Auftrag der NATO diese Szenarien, wie man in Zukunft mit Hunger und Umweltflüchtlingen umzugehen hat, entworfen haben. Die Papiere liegen vor, die kann man im Internet abrufen. Wo findet es in den Medien statt? Nirgendwo.

KenFM: Ich möchte einen Ausspruch von George Soros mal hier bringen, der gesagt hat, es findet ein Krieg, ein Medienkrieg statt zwischen den Armen und den Reichen, und die Reichen gewinnen. Die Reichen gewinnen da aber dann auch nicht, weil sie das, was sie können, sie können diese Zerstörung des Planeten ja nicht mehr aufhalten, weil sie davon auch leben. 

Dirk C. Fleck: Ja, ich meine, Reichtum ist ja dann nur gut, wenn man sich innerhalb der Gesellschaft über den Reichtum nach oben bewegen kann, um Macht auszuüben. Nur irgendwann zählt das alles nicht mehr, wenn die Gesellschaft, also ich sage mal, das System des Suprakapitalismus nicht mehr funktioniert, weil die Ressourcen nicht mehr da sind, dann sind auch die Reichen hilflos und was sie versäumt haben auszubilden, ihre Seele und ihr Herz, hinterlässt eine fürchterliche Leere. Außer Geld haben die armen Leute nichts und mit dem Geld können sie auch nichts mehr anfangen, insofern gehören sie nicht zu den Gewinnern.    

KenFM: Ich möchte auf ihr Buch zurückkommen. Wer war denn für Sie die größte, vielleicht auch, sage ich mal, erschreckendste Überraschung? Sie haben mit 25 Menschen gesprochen.

Dirk C. Fleck: Also, erschreckend war Volker Panzer, der ja eine Talkshow hatte, die mit erstaunlich intelligenten und potenten Leuten bestückt war. Da waren Leute wie Jean Ziegler und andere und so weiter. Also eigentlich sollte man davon ausgehen, dass er sein Bewusstsein weiter entwickelt hat. Aber ich meine, der ist eben auch dieses Standardargument geritten, die Menschen haben immer Lösungen gefunden, ja. Das kann ich ja schon gar nicht mehr hören. Wer mich erschreckt hat, war Jakob Augstein, den ich eigentlich für einen sehr intelligenten fähigen Journalisten halte, der aber in einem Punkt ein echtes Problem hat. Für ihn ist der Mensch, so wie ich ihn verstanden habe, nicht Teil der Schöpfung, nicht eingebettet in ein Ganzes, sondern das bestimmende Element auf diesem Planeten. Das ist die anthropozentrische Weltsicht, die er nicht aufgeben will. Er sagt, der Planet ohne Mensch ist nichts. Ich habe noch niemals einen solchen dummen Satz gehört. Und das von Jakob Augstein.           

KenFM: Augstein schreibt für den Spiegel, ist ,glaube ich, auch Mitbesitzer des Spiegel, aber er gibt vor allem auch den Freitag heraus, eine sehr kleine feine Gazette, die immer, glaube ich, bis 2016 noch guckt, ob sie das Oberwasser behalten kann und wenn das so geht, wie es geht, also wenn sie keine 60.000 Auflage mehr hinbekommen, dann werden da Arbeitslose produziert. Ich lese den Freitag regelmäßig, obwohl ich in der Community zum Teil auch hart attackiert werde, aber das sind dann Leute aus der Community, das sind Leser, die auch schreiben dürfen. Eine offene, gute Idee, aber manchmal schadet sich auch der Freitag damit. Nochmal zurück zu Augstein. Den Satz, den ich dort gelesen habe, ist, dass der Planet ohne den Menschen keinen Sinn macht. Meinen Sie das damit?   

Dirk C. Fleck: Ja. Ich meine, wie meint er das? Wie meint er das? Ich meine, jemand, der das im Kopf hat, der wird so auf die Fresse fallen, ja, spätestens in dem Moment, wo er stirbt. Ich meine, mir tun solche Leute inzwischen eher leid, als dass ich mich darüber empören könnte.

KenFM: Aber vielleicht haben Sie den Satz auch nicht verstanden. Was könnte Augstein damit gemeint haben?

Dirk C. Fleck: Ich habe mir Mühe gegeben, ich habe nachgefragt, aber er war nicht mehr diskussionsbereit.

KenFM: Sehen Sie da einen sehr christlichen Ansatz?

Dirk C. Fleck: Nee.

KenFM: Der Mensch als Krone der Schöpfung?

Dirk C. Fleck: Nee, das gar nicht mal, aber Augstein hatte von Anfang an in diesem Gespräch, als er gemerkt hat, was mir wichtig ist, Aversion entwickelt. Und die hat er in diesem Satz dann halt sehr deutlich herausgelassen. Es war ein unangenehmes Gespräch. Eines der Wenigen.   

KenFM: Macht für Sie denn der Planet Sinn, auch eine amerikanisch-deutsche Übersetzung, das eigentlich ein schlechtes Wort ist, Sinn kann man nicht machen. Dinge können sinnvoll sein oder können sie eben haben, aber bleiben wir dabei, macht für Sie der Planet Sinn ohne Menschen?

Dirk C. Fleck: Ja, absolut. Absolut. Also, der Mensch ist ja nur ein Lebewesen dritten oder vierten Grades in diesem Kontext. Und ist in seinen Kommunikationsmöglichkeiten entgegen dem eigenen Selbstverständnis meiner Ansicht nach unglaublich beschränkt. Inzwischen weiß die Wissenschaft, die weiß nicht viel, weil sie mit der Taschenlampe durchs All läuft, aber das haben sie inzwischen herausgekriegt, dass Pflanzen zum Beispiel ein viel filigraneres Kommunikationssystem miteinander haben als der Mensch. Wir leben doch, Herr Jebsen, inmitten von tausenden Parallelwelten, die alle in sich ein stimmiges System entwickelt haben. Ob es Ameisen sind, Elefanten, Pflanzen oder sonst was. Und die ihre Systeme auch untereinander so abgestimmt haben, dass das natürliche Gleichgewicht durch sie nie zu Schaden kommt. Der Einzige, der mit der Machete dort reinhaut, ist der Mensch, weil er nichts verstanden hat.

KenFM: Warum hat die Natur diesen Menschen zugelassen?

Dirk C. Fleck: Ja, das ist eine gute Frage. Also in meinem Zynismus habe ich mal gesagt, vielleicht hat die Evolution den Menschen nur dazu eingesetzt, diesen Planeten einmal kräftig umzupflügen, damit sich die Evolution neue Bahnen suchen kann. Mit den Jahren ist dieser Satz für mich immer tröstlicher geworden, weil ich finde keine andere Antwort für diese versammelte, geballte Dummheit, die diese Rasse auszeichnet.    

KenFM: Lassen Sie uns nochmal zurück zu diesem Buch kommen, wir wollen es ja immer wieder streifen – „Die vierte Macht“. Sie haben mit einem Kollegen gesprochen, den ich sehr schätze, nämlich Bröckers aus Berlin, der hat ein Buch, mehrere Bücher geschrieben über den 11. September, „Einsturz des Lügengebäudes“ war, glaube ich, der letzte Band, wo einfach nur ohne investigativ arbeiten zu müssen, Dinge in diesem Buch niedergeschrieben haben, die 9/11 so beleuchten, dass da so offene Fragen sind, dass er sagt, also wenn einer dieser vielen Fälle, die er dort aufzeigt, wenn einer dieser Fälle in einem normalen Kriminalfall auftauchen würde, würde es zu einer Wiederaufnahme des Falles führen. Bei 9/11 ist das nicht so. Ist für Sie 9/11 der Gau der Medien, was ihre Glaubwürdigkeit angeht?      

Dirk C. Fleck: Das könnte man so sehen. Ich glaube, dass es eine ganz extreme Zäsur ist, was die Medien betrifft, weil, was Bröckers gemacht hat, der ist ja nicht hingegangen und hat Behauptungen aufgestellt. Also er ist ja nicht zum Verschwörungstheoretiker geworden, sondern er hat Fragen gestellt, von denen man eigentlich erwarten sollte, dass sie die Medien grundsätzlich fragen. Aber es ist in der Weise nichts passiert und insofern gebe ich Ihnen Recht, es ist ein Gau, ja.

KenFM: Aber dieser Gau hat ja kollektiv funktioniert.

Dirk C. Fleck: Ja, der hat kollektiv funktioniert.

KenFM: Wie wurde da Druck ausgeübt?

Dirk C. Fleck: Ja, und jetzt kommen wir natürlich, wenn wir dort einen Verdacht entwickeln, sofort tatsächlich in die Nähe der Verschwörungstheorie, weil die Antwort darauf ist wahnsinnig schwierig, weil es gibt ja auch unter den Kritikern von 9/11 so unterschiedliche Standpunkte. Also, die einen sagen, da waren überhaupt keine Flugzeuge am Werk, die anderen sagen wieder, ja, das ist eine Cruise Missile im Pentagon gewesen. Es gibt so unterschiedliche Beweise auch von Sprengmeistern, von sonst was, dass man also wirklich mal auf einen Whistleblower warten müsste.    

KenFM: Was weiß Edward Snowden über 9/11, weil es gab ja vor der NSA auch Echelon?

Dirk C. Fleck: Ja, es gibt einen ganz interessanten Satz von dem Guardian-Journalisten Greenwald, heißt er. Der hat gesagt, also der eigentliche Hammer, den halten wir noch schön zurück, und er würde der amerikanischen Regierung jetzt schon mal raten, zu fliehen. Das kann nur mit 9/11 zu tun haben.

KenFM: Also, ich habe ja vor langer Zeit die Frage gestellt, ich habe mich ja da auch festgebissen, als Snowden flüchtete, was weiß Snowden über 9/11? Das war die erste Frage, die ich gestellt habe. Ich habe sie so in deutschen Medien nicht mehr gehört, ich stelle die Frage noch mal. Er weiß eine Menge, deswegen ist er in Moskau. Aber man muss gar nicht spekulieren, man muss gar kein Verschwörungstheoretiker sein. Ich frage einfach mal von Journalist zu Journalist, wie halten Sie es? Erst das Ereignis und dann die Meldung oder erst die Meldung und dann das Ereignis?    

Dirk C. Fleck: Ja, innerhalb des Ereignisses gingen ja Meldungen an Ereignissen mehrmals hin und her. Also die BBC hat ja über den Zusammenbruch von WTC 7 eine viertel Stunde vorher berichtet. Da stand es noch, da haben die schon über den Zusammenbruch berichtet.     

KenFM: Das ist die Frage, die ich an Sie habe, weil Sie sind länger im Geschäft. Können Sie mir das erklären, hat das mit der Zeitverschiebung zu tun?

Dirk C. Fleck: Nee, das kann nicht mit der Zeitverschiebung zu tun haben, wenn die…

KenFM: Es war eine Live-Schalte. Um 17 Uhr sendet die BBC und da wird schon ausführlich beschrieben, dass das Gebäude der Salomon Brothers zusammengestürzt ist und das es keine Toten gab und so weiter. Und 20 Minuten später stürzt es tatsächlich zusammen und man sieht im Hintergrund eben der Reporterin, dass das Gebäude noch steht. Sie wusste offensichtlich nicht, dass das WTC 7 ist. Können Sie mir das erklären? Wie geht das?

Dirk C. Fleck: Ich habe keine Ahnung, also das ist ein Unfall, ja. Der war bestimmt nicht beabsichtigt. Ein Unfall in der Berichterstattung und da sind sie in gewisser Weise auch ertappt worden. Das andere ist ja, dass die Trümmer der beiden Zwillingstürme so pulverisiert worden sind, dass es eigentlich nur allen wissenschaftlichen Angaben zufolge mit Mini-Atombomben ausgelöst worden sein kann. Das heißt, die Sprengsätze, die atomaren Mini-Sprengsätze müssen vorher am Gebäude bereits angebracht worden sein. Es gibt viele Indizien, die darauf hinweisen, zum Beispiel, dass dann die FBI-Agenten in totaler Strahlenmontur dort ankamen bei den Müllbergen, während die anderen Arbeiter alle noch irgendwie…

KenFM: Aber lassen sie uns gar nicht darüber reden.

Dirk C. Fleck: Ich will auch keine Behauptungen aufstellen.

KenFM: Es wird ja nicht bestritten, ich glaube, letztes Jahr hat ja auch ein britischer Staatsbürger gesagt, er möchte für diese britischen Medien, wo er sich schlecht informiert fühlt, auch gar keine Gebühren mehr bezahlen, ich glaube, der Mann hat Recht bekommen. Wie ist es möglich, dass das britische Staatsfernsehen zur prime time, am 11. September saßen wirklich alle vor dem Fernseher, über den Zusammenbruch von WTC 7 berichten kann, und zwar ein Detail über 7-, 8 Minuten und 20 Minuten später passiert das?

Dirk C. Fleck: Haben die Bilder gezeigt dabei?

KenFM: Sie haben das Bild gezeigt, aber es stand eben noch.

Dirk C. Fleck: Ach so, dann ist ja relativ einfach. Dann haben sie halt das Herrschaftswissen. Ich meine, wenn sie jetzt nicht den Zusammenbruch gezeigt haben, geht ja auch gar nicht.

KenFM: Nein, das steht ja noch.

Dirk C. Fleck: Na, dann haben sie sich einfach in der Zeit vertan, ja.

KenFM: Und wenn sie sich in der Zeit vertan haben, bedeutet das, dass irgendjemand mehr wusste, also, der wusste über die Zukunft Bescheid, so würde ich das jetzt mal deuten. Er wusste über die Zukunft Bescheid, weil er sie in der Gegenwart geplant hat, was dann zukünftig passieren würde. Müsste da nicht irgendein Journalist nachfragen? Bröckers hat es ja getan, aber wo sind die Anderen? Ich meine, das ist doch eine ganz einfache Geschichte.   

Dirk C. Fleck: Ich meine, die Journalisten, die dann in der Hierarchie nachfragen könnten, die sind mit Sicherheit in der Redaktion mit dem Thema nicht vertraut gewesen oder wurden auch nicht herangelassen. Das ist nun wirklich, läuft auf oberster Ebene ab, und da entscheiden zwei-, drei Leute in Absprache mit Washington, nehme ich mal an.    

KenFM: Hat der 11. September was mit Ihnen gemacht auch als Journalist?

Dirk C. Fleck: Na ja, er kam, ich sage mal, etwas zu spät, ich hatte mich bereits aus den Medien verabschiedet. Was ich am Anfang erlebt habe, war, wahrscheinlich, also waren diese faszinierenden Bilder, die ja um die Welt gingen. Und dann hat der Stockhausen als Erster gesagt damals, er hätte das mit klammheimlicher Freude beobachtet. Erinnern Sie sich? Karl-Heinz Stockhausen. Und da hat er mir einen Satz geliefert, über den ich lange nachgedacht habe. Und im Nachhinein habe ich mich gefragt, hast du das vielleicht auch mit klammheimlicher Freude gesehen, und da muss ich sagen, nein, weil ich habe auch die Leute da aus den Fenstern springen sehen und ich war also wirklich betroffen. Nur das fing ja ganz schnell an, dubios zu werden. Also, man kann ja ein paar Stunden später nicht gleich die Schuldigen benennen. Wir müssen uns darüber ja nicht unterhalten, es gibt ja tausend Merkwürdigkeiten dabei, aber 9/11 ist mit Sicherheit ein Medien-Gau. Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

KenFM: Darum geht es mir. Es ist ein Fall, der im Anschluss global die Politik verändert hat. Amerikanische Außenpolitik und damit alle, die davon betroffen sind. Die ganze Welt ist davon betroffen. Da wurde dann der Irak-Krieg mit erklärt, Afghanistan, in Saudi Arabien war man gar nicht. War on Terror wurde erklärt, NSA, Patriot Act. Alle diese Dinge, die ja nachwirken. SWIFT. Steckt überall mit drin. Trotzdem ist dieser Fall meiner Meinung nach eben nur durch diese Verschwörungstheorie, die ja als Commission Report existiert, das ist die Beweisschrift, was ja keine ist. Wir haben Informationen, die auf Folter beruhen, ein Gebäude wie WTC 7 kommt nicht drin vor und die Dinge, die man nicht erklären konnte, die hat man eben theoretisch erklärt, aber man wusste, dass es eben mehrere waren, das war also eine Verschwörung, das ist eine Verschwörungstheorie. Aber warum haben alle Journalisten stillgehalten, weil das wirkt ja bis heute nach? NSA ist ja, und später Osama Bin Laden wird getötet, allerdings habe ich nie ein aktuelles Bild gesehen. Ich sehe Spitzenpolitiker der Vereinigten Staaten, die in eine Ecke gucken. Auch da wieder. Können Sie mir das erklären? 

Dirk C. Fleck: Nein, ich war zu der Zeit nicht innerhalb einer Redaktion tätig. Insofern fällt es mir ein bisschen schwer, Auskunft darüber zu geben. Aber ich glaube, dass dieser Gewaltakt, den man sich auch, sagen wir mal, als Inside Job nie hätte vorstellen können, egal, ob es jetzt einer war oder nicht, so stark gewirkt hat und so viel Solidarität innerhalb weniger Sekunden für Amerika, das geschädigte Amerika, produziert hat, dass die Leute ja wie benommen waren an der Stelle. Nur dass dann nach einer Woche oder zwei oder drei überhaupt nichts mehr passiert, sondern einfach alles übernommen wird, was von offizieller Seite dort in die Welt gesetzt wurde, ist natürlich ein Armutszeugnis.          

KenFM: Ich möchte da noch mal auf ihr Buch zurückkommen, weil Bröckers darüber auch schreibt in Ihrem Buch, weil für ihn das auch etwas war, wo er gesagt hat, ok, da lehnt er sich weit aus dem Fenster und hat dann sehr großen Druck bekommen von der TAZ, die ja eigentlich sich auch immer als eine Gegenpressestimme des Mainstream verstanden hat. Sie lachen. 

Dirk C. Fleck: Entschuldigung.

KenFM: Bröckers sagt, und das finde ich erstaunlich und das ist vielleicht etwas, das macht ein wenig ratlos, Bröckers sagt, dass er mit seiner Mutter zum Beispiel darüber gesprochen hat, dass das, was da im Fernsehen läuft, nicht unmittelbar der Wahrheit entsprechen muss und verweist auf andere Quellen im Internet, wo jemand anderes das gefilmt hat mit seinem Handy und dann sagt die Mutter irgendwann, oh, das ist mir zu kompliziert, das stimmt doch hoffentlich alles gar nicht, aber das will ich ja gar nicht alles wissen. Wir sind beide Journalisten. Hat unser Beruf überhaupt einen Sinn, wenn Menschen vor der eigenen Freiheit, der gedanklichen Freiheit, mehr Angst haben, wie vor den Folgen eines Krieges zum Beispiel? Bringt das was?      

Dirk C. Fleck: Ja, an dieser Stelle merken wir einfach, wo unsere Grenzen als Journalisten liegen. Wir unterschätzen völlig, ich sage mal, das psychologische Abwehrbollwerk, was die Leute auf ihre Seelen legen, um eben nicht Schaden zu nehmen an solchen Informationen. Um ehrlich zu sein, kann ich das auch niemandem übel nehmen. Stellen Sie sich mal vor, Sie haben ein Leben lang an Werte geglaubt, die praktisch durch ein Ereignis auf den Kopf gestellt werden. Das würde ja bedeuten, dass Sie auch in Zukunft das gesamte Wertesystem in Frage stellen müssen. Und das ist eine enorme Anstrengung, ein enormes Risiko, mit dem sie weder an ihrem Arbeitsplatz Sympathien finden, noch in der Familie, noch sonst was und irgendwann geben die Leute da auf. Medien, die an dieser Stelle versuchen, aufzuklären, sind zum Scheitern verurteilt. Auch vielleicht ist das ein Grund dafür, dass der Versuch auch erst gar nicht unternommen wurde. Ich weiß es nicht.   

KenFM: Vielleicht ist es auch der Versuch, dass ein Journalist, der selber versucht, aufzuklären, ja sich selber dabei quasi auch vergiftet. Er schützt sich selber.    

Dirk C. Fleck: Das absolut, ja. Es gibt übrigens ein -, was 9/11 angeht, hat Michael Ende mit Sicherheit nicht vorhergesehen, aber er hat etwas gesagt: „Ich glaube, dass wir in unserem Geldsystem eine Art karzinombildendes Element haben, was unsere Wirtschaft fortwährend krank macht. Meiner Meinung nach kann dieses Geldsystem nur dadurch funktionieren, dass es immer wieder zusammenbricht und dann immer wieder von vorn begonnen wird. Diese Zusammenbrüche nennt man dann Kriege oder  Wirtschaftskatastrophen oder Inflation, je nach dem, aber das bedeutet eigentlich nur, dass dieses System in sich selbst kein Regulativ hat, was zu einer vernünftigen Eindämmung führen würde.“ Und wenn man sich jetzt, oder, ich bin niemand, der sich mit Wirtschaft sonderlich gut auskennt, aber dass die amerikanische Wirtschaft überdimensional hoch verschuldet ist, ist jedem bekannt. Und wenn Ende Recht hat, dann wäre es rein theoretisch an der Zeit, so ein Ding vom Zaun zu brechen.    

KenFM: Zumindest Krieg im großen Stil zu produzieren.

Dirk C. Fleck: Darf ich Ihnen mal etwas erzählen aus der Geschichte. Als das Römische Reich am Kollabieren war durch die vielen Kriege und so weiter, 43 vor Christi, wussten sie nicht mehr, wie sie ihre Gläubiger bezahlen sollten, und was haben sie gemacht? Sie haben die Gläubiger ausgeschrieben als Freiwild. Jeder, der einen dieser Gläubiger getötet hat, wurde finanziell belohnt. Auch die Sklaven der Gläubiger. Die sind in den Gully gegangen und haben sich versteckt. So ist das Römische Reich seine Schulden losgeworden. Ich will nur sagen, was in der Politik, wenn man, ich sage mal, den Gipfel der Ratlosigkeit erklommen hat, dann doch alles möglich ist.        

KenFM: Lassen Sie uns zur aktuellen Situation in den Medien kommen. Wir haben einen Medienkrieg, der auf einen Krieg vorbereitet, sage ich mal, oder auf einen, wir nennen es heute militärischen Konflikt, oder noch besser, Peace-Keeping-Operation mit Waffen. Die Krim-Krise. Was ist Ihrer Meinung nach die Krim-Krise und würden Sie hier von einer Gleichschaltung der Medien sprechen? Wie würden Sie es nennen?

Dirk C. Fleck: Sie sind gleichgeschaltet, was die Außenwirkung angeht. In wie weit das jetzt auf eine Absprache beruht, wage ich nicht zu behaupten. Aber das sie unisono den gleiche Mist verzapfen, ist klar. Dass sie sich vor der Wahrheit drücken, ist auch klar, was wiederum damit zu tun haben kann, dass sie keine eigenen Recherchemöglichkeiten besitzen, also weil einfach der Etat eingeschrumpelt worden ist. Das ist doch ganz klar Bröckers. Weil wir gerade von ihm geredet haben, hat er eine sehr schöne Karikatur ins Internet gestellt. Also man sieht Russland und drum herum sieht man lauter NATO-Stützpunkte und da drunter steht: „So eine Frechheit, dass das russische Reich unseren Stützpunkten so nahe kommt.“ Also, ich will nur sagen, die Ukraine spielt in den Plänen der USA, das ist jetzt aber meine persönliche Meinung, eine große Rolle, um eben diesen Euro-asiatischen Raum zu besetzen.          

KenFM: Um ihn zu spalten.

Dirk C. Fleck: Um ihn zu spalten. Und jetzt sind wir beide wieder Putin-Versteher. Ich behaupte nur, wenn wir ihn an dieser Stelle nicht so souverän erleben würden, es sehe die Geschichte schon mal ganz anders aus.

KenFM: Wo beginnt Ihrer Meinung nach Propaganda? Wurde das so geschickt gemacht, dass Sie das schon selber nicht mehr sagen können?

Dirk C. Fleck: Na ja, in dem Moment, wo der Journalismus aufgegeben hat, Meinung und Nachricht zu trennen. Das war immer so ein eherner Grundsatz, mit dem ich auch noch groß geworden bin im Job. Da wurden auch keine Überschriften gefärbt mit Meinungen, sondern die Überschriften basierten auf der Nachricht. Das gibt es ja heute alles gar nicht mehr. Da beginnt die Propaganda.

KenFM: Ist das für Sie eine Art von bestätigendem kritischen Wohlfühljournalismus? Was ist das? Also ist der Spiegel noch der Spiegel? Also Aust, der mal Chefredakteur war, ist heute an der Springer-Presse mit N24 beteiligt. Der letzte Bild-Chef Blome, der mit Augstein gerne im Studio steht, der leitet das Spiegel-Büro in Berlin.

Dirk C. Fleck: Herr Jebsen, die sind austauschbar. Der Wagner von der Bild-Zeitung könnte morgen die Chefredaktion vom Spiegel übernehmen, und er würde es genau so gut, wenn nicht besser machen und umgekehrt. Ja, die Leute sind total austauschbar. Die Zeiten des journalistischen Lagerdenkens, hier der liberale Stern und der Spiegel und dort die konservative FAZ, das ist alle Quatsch, das gibt es nicht mehr, weil unter diesen Logos die Belegschaften ständig hin und her gechincht werden.

KenFM: Also das ist wie Revolving Door.

Dirk C. Fleck: Ja. Und was ich früher noch erlebt habe, dass die Kollegen vom Stern, also Frau Stern und Herr Spiegel sich abends getroffen haben und jeweils zu ihrer Zeitungen standen, das ist alles längst überholt. Das sind alles Korrumpierte, also ich sage jetzt mal, nicht bezahlt, aber doch innerlich korrumpierte Medienarbeiter geworden.

KenFM: Das geht ja aber an der Bevölkerung dahingehend nicht spurlos vorbei, weil es ist im Moment, nein, sie sagen, es ist ein schmales Zeitfenster, aber es gibt es wenigstens, ja, es gibt da Windows, sich über das Internet parallel informieren kann und man kann es auch sehen, ich glaube, Sie habe es gerade erst veröffentlicht auf ihrem Account, dass nämlich die digitalen Medien, die großen digitalen Leitmedien, also mit der digitalen Ausspielung, massiv an Klickzahlen verdienen. Das ist im zweistelligen Bereich. Dreizehn, vierzehn, siebzehn Prozent. Sehen sie da Hoffnung? 

Dirk C. Fleck: Kurzfristig sehe ich da Hoffnung, weil wir im Moment in der Blüte des Internets uns befinden, das wird aber sehr schnell wieder eingeholt werden, nehme ich an.  Aber im Moment ist es tatsächlich so, dass die Menschen offensichtlich an der Art der Berichterstattung, die aus der konservativen Ecke kommt, nicht mehr glücklich werden. Damit werden sie nicht mehr glücklich, das kennen sie, das hängt ihnen zum Hals heraus und das was an frischer, wenn auch nicht immer nachprüfbarer Information aus dem Internet kommt und dem widerspricht, kriegt erst mal Beifall. Ich weiß nicht, in wie weit das bleibt, da müsste noch mehr Qualität herein, denke ich mir.

KenFM: Das ist gut gemeinter Bürgerjournalismus zum Teil, also Blogs und so etwas, aber da fehlt natürlich auch das Know-how für eine wirkliche fundierte Analyse, obwohl das als Pauschalurteil auch falsch ist. Es gibt da tolle Talente. Ich kenne da Menschen, die sind gerade mal 16 und haben eine tollen Blog, wo ich sage, wow, hätte ich nicht gedacht, würde ich sofort nehmen, wenn die Kollegen nicht aus England schreiben würden. Geistern Sie oder suchen und sehen Sie durch das Netz und gucken, was da so passiert? Surfen Sie so herum? 

Dirk C. Fleck: Ja.

KenFM: Und treffen Sie da auf solche Geschichten?

Dirk C. Fleck: Ja, mache ich schon und ich gucke mir die Sachen auch an. Nicht alle, aber viele. Das irre ist ja, dass gerade durch die Krim-Krise und das, was in der Ukraine passiert, folgendes zu beobachten ist: Die klassischen Medien starten gegen ihre eigene Leserschaft durch. Sie sehen das an den Kommentaren bei Spiegel online.

KenFM: Die sind besser, als die Artikel.

Dirk C. Fleck: Besser und anders, ja. Und trotzdem verändert sich nichts. Da heißt, die nehmen ihre Leser gar nicht mehr mit, die arbeiten gegen ihre Leser und das ist ein Phänomen, was sie wahrscheinlich selbst überrascht, aber was auf Dauer nicht gut geht.

KenFM: Sie haben in Ihrem Buch geschrieben, ich habe den Satz gefunden: „Wir sind in einer Phase des Verharmlosens.“ Sie sprechen auch die ökologische Situation an, die kapitalistische Situation, die globale Situation, und diese Phase des Verharmlosens, die wird Platz machen müssen für die Phase des Entsetzens. Wie wird dieses Entsetzen aussehen? Gibt es da einen Countdown, der, wo wir vielleicht schon auf der Drei sind, wie wird das Entsetzen aussehen?       

Dirk C. Fleck: Der Satz ist von Schellenhuber, dem Klimaforscher Schellenhuber. Der hat gesagt, also, wir werden aus der Phase der Verharmlosung in die Phase des Entsetzens kommen, und das hat damit zu tun, darüber habe ich mich mit Frank Schirrmacher, der unglaublich offen ist für alle diese Themen, also hat mich überrascht, sehr gut unterhalten können. Und er hat völlig Recht, wenn er sagt, ok, alle die Argumente, dass es Klimawandel schon immer gegeben hat, ist ja richtig. Nur die haben immer ein paar Jahrtausende gebraucht, und was wir heute erleben ist doch tatsächlich, dass wir Zeuge werden eines Klimawandels, den wir 1:1 beobachten können. So dramatisch ist es inzwischen.       

KenFM: Das heißt, die Gefahr ist die Dynamik.

Dirk C. Fleck: Ja. Und das ist natürlich, wenn das den Leuten erst mal bewusst wird in Holland oder sonst wo, wo die Meeresspiegel so schnell ansteigen, dann geraten wir natürlich sofort in die Phase des Entsetzens, nur dann ist es zu spät.   

KenFM: Jetzt bin ich mal ganz bösartig. Also angenommen, ich möchte die Menschheit reduzieren und ich sehe, dass ich zufällig durch meinen Lifestyle dafür sorge, dass die Meeresspiegel ansteigen, weil alles andere wegschmilzt, dann ist das doch ein guter Weg. 

Dirk C. Fleck: Was?

KenFM: Na, dann sterben die Menschen in großen Massen einfach. Sie können sie nicht retten. Da wären sie sie los. 

Dirk C. Fleck: Gefährliches Terrain, auf das Sie sich da begeben. Ich bin ohnehin der Meinung, dass der Drops gelutscht ist und wenn ich Geld hätte, würde ich mir jetzt einen Jaguar kaufen. Also, jetzt das war jetzt sehr provokativ. Nein, natürlich muss jeder in diesem Chaos, damit er nicht mitgerissen wird, von dieser Traurigkeit und diesem Entsetzen sehen, dass er sich persönlich, in seiner ganz persönlichen Existenz, mal in Korrespondenz begibt mit der Schöpfung. Mit dem Wunder der Schöpfung. Und das bedeutet, dass er zu einer gewissen Demut in seinem eigenen Leben finden muss, und wenn ihm das gelingt, dann wird er auch feststellen, dass diese Außenereignisse, so tragisch sie uns jetzt erscheinen, nicht mehr die Bedeutung haben.   

KenFM: Wir können ja noch lachen, das heißt, eine gewisse Hoffnung muss man ja haben, sonst ginge das ja gar nicht mehr. Humor kann ja auch ein Ventil sein oder auch eine Waffe oder einfach auch eine Energie, um weiter zu machen. Menschen sind flexibel, sehen wir es mal positiv. Menschen waren immer flexibel und sie mussten erst eine Katastrophe erleben, um zu neuen Höhen zu gelangen. Warum sehen sie die Dinge nicht so positiv, dass der Mensch auf eine globale Katastrophe zusteuert, es wird vielleicht Eliten geben, die sagen, ja, da helfe ich nach oder ich sorge dafür, dass nicht verhindert wird, aber die noch übrig bleiben, werden sich flexibel entwickeln. 

Dirk C. Fleck: Ja. Kann sein. Die, die übrig bleiben. Im Moment ist es so, dass wir, sagen wir, einen Dominoeffekt zusammenbrechender Systeme erleben, weil ein zusammenbrechendes System seine eigene Dynamik hat und die kann man auch nicht durch ein neues Bewusstsein ad hoc beenden. Was müsste denn passieren, um, sagen wir mal, das herzustellen, was Meadows die Resilienz nennt, einen federnden Aufprall. Das ist noch die einzige Chance, die er uns gibt.

KenFM: Meadows, die „Grenzen des Wachstums“ aus dem Jahre 1982.

Dirk C. Fleck: Die „Grenzen des Wachstums“, ganz genau. Und Meadows sagt, es ist natürlich auch für jedermann nicht vorstellbar, dass die Bedingungen, die wir bräuchten, um diese globale Konsumgesellschaft zur Einsicht zu bewegen, in irgendeiner Weise auf Erfolg zielen können. Nehmen wir nur mal das Beispiel Auto. Wir alle wissen, dass die Atmosphäre eine begrenzte Kapazität hat. Dass sie wie eine geschlossene Garage die Erde umfängt. Nun bitten Sie mal irgendeinen Autofahrer auf dieser Welt, egal, wie gebildet der ist, sich drei Minuten bei laufendem Motor in eine geschlossene Garage zu stellen. Der würde Ihnen den Vogel zeigen, weil er weiß, was hinten herauskommt. Und nun bitten Sie ihn, das Auto stehen zu lassen oder aus seinem Leben zu entfernen. Das wird nicht passieren. Das ist nur ein Beispiel, und so gibt es Millionen anderer Beispiele, wo wir einfach miteinander überfordert sind. Der Umbau der menschlichen Konsumkultur ist vielleicht die größte ordnungspolitische Aufgabe, der wir uns je gegenüber gesehen haben und die wird nicht zu stemmen sein. Nicht in der Geschwindigkeit, in der es  notwendig wäre.   

KenFM: Sie sagen, Sie machen eine interessante Wortschöpfung: Konsumkultur. Ist das Kultur?

Dirk C. Fleck: Nee. Aber K und K klingt nun mal gut. Es ist in gewisser Weise Kultur, weil auch das negative Abbild den gleichen Namen verdient. Und Konsum ist, glaube ich, mit Kultur zusammengenommen, schon ein Schimpfwort an sich. Also ich verstehe es so.

KenFM: Ich möchte mal den Kapitalismus zu Ende denken. Der Mensch ist ja ein Kostenbringer im Kapitalismus. Eine Arbeit, die durch eine Maschine gemacht werden kann, die kann günstiger gemacht werden. Wäre es nicht das effektivste, wenn der Mensch sich selbst abschafft, weil der Mensch möchte am Ende Spaß haben. Maschinen wollen keinen Spaß haben, Maschinen funktionieren. Ist das nicht das Endziel des Kapitalismus, wenn der Mensch sich selbst abschafft? Dann sind nur noch die Maschinen übrig. Das würde sich rechnen.

Dirk C. Fleck: Ja, weiß ich nicht genau, weil der Lustgewinn, ich sage mal, einer Machtelite besteht ja im Wesentlichen darin, Macht über Andere zu haben. Und Macht über Maschinen zu haben, ist nicht sexy. Also, so sehe ich das. Aber es gibt natürlich genügend Überlegung, immer angestoßen auch von der Science Fiction komischer Weise, ist die Realität da manchmal auf der Überholspur, dass man, sagen wir mal, ein willfähriges Publikum auf unterschiedlichste Art und Weise heranzüchten kann. Sie wissen, dass der Chip unter der Haut in der Diskussion ist, den man bereits Neugeborenen einpflanzen kann und so weiter, das heißt, die Perversität der Unterjochung, Unterwerfung des freien Geistes, die wird extrem zunehmen. Und was für ein Glück, dass ich das nicht mehr erleben soll.        

KenFM: Ich kann es vielleicht verhindern. Sie lachen. Herr Fleck, warum haben Sie dieses Buch geschrieben „Die vierte Macht“ – Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten?   

Dirk C. Fleck: Ich erzähle hier von einer Liebesgeschichte, die ich mit dem Journalismus habe, und dazu stehe ich nach wie vor. Dass diese Geschichte dann auseinander gegangen ist wie viele andere Liebesgeschichten auch, spielt jetzt keine Rolle, aber ich habe dann nach drei Romanen einfach wieder Lust gehabt auf was Journalistisches. Und da ich mich aber für journalistische Auftragsarbeit nicht mehr bezahlen lasse, habe ich mir das Thema selbst gesucht und habe gesagt, ich frage mal bei den alten Kollegen einfach noch mal vorbei, was die jetzt in der doch sehr dramatischer gewordenen Situation über ihre Aufgabe denken. Das war mein Ansatz.

KenFM: Zeitzeugen befragen.

Dirk C. Fleck: Ja, genau. Und da wir ja aus dem gleichen Stall kommen, ich viele Leute kenne und wir uns gegenseitig schätzen, habe ich sehr angenehme, sehr offene Gespräche führen dürfen und habe mir ein Bild machen können von dem, was an Bewusstsein in den Redaktionen vorherrschend ist, und das ist dann doch zum Teil sehr niederschmetternd. Aber ich bin froh, dass ich das Buch geschrieben habe. Das ist ein Zeugnis.   

KenFM: Gab es ein Presseerzeugnis, ein Buch, was Sie geschrieben haben, ein Aufsatz, wo Sie sagen, hier hat sich auch für andere außen sichtbar die Spreu vom Weizen getrennt? Sie haben das klassische Feld des Journalisten verlassen und sind auf ein anderes Feld übergewechselt und was war das für ein Feld?    

Dirk C. Fleck: Also, das war ein schleichender Übergang. Ich habe bei der Woche versucht, die eigentlich sehr tolerant war und für viele Themen sehr, sehr empfänglich, einfach zum Thema Ökodiktatur auf einer Seite Stellung zu nehmen und habe das Manuskript abgeliefert und bin nach Los Angeles geflogen, um Urlaub zu machen, und kam nach vier Wochen zurück und das Ding war immer noch nicht gedruckt. Und dann musste ich erfahren, unter welchen Qualen und mit welchen Widersprüchen dieser Artikel innerhalb der Redaktion diskutiert wurde, und dann bin ich zum Chefredakteur und der hat es dann durchgesetzt, aber mit erheblichen Kürzungen und Änderungen. Und da habe ich gemerkt, hier ist für mich das Ende der Fahnenstange erreicht. Ich werde nach dieser Erfahrung nicht mehr frei für dieses Medium schreiben können. Für andere schon mal gar nicht, weil die Woche lag ja weit vorne.

KenFM: Haben Sie das Feld des Journalismus damals verlassen, sind Sie geswitcht hinüber in einen Bereich, den man als Aktivist bezeichnen kann?

Dirk C. Fleck: Nein.

KenFM: Was sind Sie dann heute?

Dirk C. Fleck: Zeitzeuge. Und Romancier.

KenFM: Was macht man als Romancier?

Dirk C. Fleck: Man bündelt in Romanen die Erkenntnisse, die man als Zeitzeuge gewinnt und versucht sie, einem Publikum so plausibel, spannend und schmackhaft zu machen, wie es irgendwie geht. Und das habe ich auch lernen müssen. Ich bin ja nicht Bücherschreiber gewesen von Anfang an. Und da ich keine längeren Geschichten erzählen kann, das ist eine Schwäche von mir, ich kann nicht wie ein Romanschreiber dreihundert Seiten im Stück schreiben, ist mir unmöglich, ich bin Tageszeitungsjournalist, habe ich aus der Schwäche eine Stärke gemacht. Kein Kapitel in meinen Büchern ist länger als drei-, vier Seiten. Und dann habe ich immer drei-, vier Handlungsebenen mit einander verzahnt. Vor mir hergetrieben. Das liest sich so spannend, wie ein Drehbuch. Es ist praktisch wie ein Drehbuch geschrieben. Und die Leute, also der Leser, hat immer die Möglichkeit, nach drei Seiten zu sagen, so, jetzt bin ich müde, ich lese morgen weiter, aber meist kommt er dann nochmal zwei Seiten weiter. Und diese Schwäche, die ich zur Stärke gemacht habe, ist zu meinem Stil geworden. Das ist mir aber zugeflogen aus einer Schwäche heraus.

KenFM: Würden sie sich heute als einen Menschen bezeichnen, der einen journalistischen Background hat, aber sich heute eher auch als jemand versteht, der durch seine Bücher der Generation nach ihm und der Generation, die jetzt da ist und die aktiv genug im Kopf genug ist, Ratschläge zu geben? 

Dirk C. Fleck: Ratschläge nicht, aber Denkanstöße. Also, ich bin der Meinung, dass mein nächstes Buch wird den Titel „Dumm gelaufen – Eine Entschuldigung“ als Untertitel haben, weil ich der Meinung bin, dass es mal an der Zeit ist, sich bei der nächsten Generation zu entschuldigen für das, was wir hier veranstalten, und danach werde ich Heros schreiben, wo ich, wie gesagt, diesen fünfundzwanzig Menschen, die sich wacker gegen den Wahnsinn gewehrt haben unter Einsatz ihrer Finanzen und auch ihres Lebens, ein Denkmal setzen möchte und danach habe ich eigentlich vor, mich von dem Ökologie-Thema zu verabschieden für immer, weil dann werde ich auch 73-, 74 Jahre alt sein und dann wollte ich etwas aufleben lassen, was schon ewig nicht mehr geschrieben wurde, aber was in der Literaturgeschichte lange Tradition hat, den Sittenroman.        

KenFM: Da bin ich aber gespannt.

Dirk C. Fleck: Ich möchte einen abschließenden Sittenroman schreiben und ohne Zeitstress. Vielleicht wird er nicht fertig oder sonst was, und dieser Sittenroman spielt in einer Sex-Videokabine, doppelsitzig, wo sich ein verzweifelter Mann einmietet mit seinem Laptop, weil er keine andere Mönchszelle in dieser Gesellschaft findet. Und dieser Laden wird gesäubert von einem Schwarzen, der illegal in Deutschland ist. Also Robinson Crusoe und Freitag in einer Sex-Videokabine. Und die werden Freunde. Und draußen ist der Crack-Strich. Und mein Robinson sagt aber seinem Freitag, er möge bitte nie, wenn er einkaufen geht, irgendeine Information von draußen nach drinnen mitbringen. Und daran hält er sich auch, und irgendwann hält er es nicht mehr aus und geht selbst nachts heraus und stellt fest, dass der Krieg, der da draußen direkt vor seiner Kabine tobt, viel schlimmer ist, als das, was er da an seinem Laptop beklagt. Das ist jetzt die äußere Handlung eines großen Sittenromans, den ich mir vorgenommen habe. Irgendwas muss man sich ja vornehmen.           

KenFM: Lassen sie uns abschließend auf einen, ja, auch persönlichen Sittenroman zu sprechen kommen, an dem ich beteiligt bin, die Montagsdemonstrationen, von denen Sie vielleicht auch Wind bekommen haben. In Hamburg ist das nicht so groß, das hat auch damit zu tun, dass man in Hamburg immer noch Autos ohne Kleber fährt, das sind oft Neuwagen, frisch gewaschen, hier ist die Welt einigermaßen noch in Ordnung, obwohl ich weiß, dass das Bild auch hier täuscht. Auch hier gibt es Menschen, die nichts zu lachen haben, während es andere gibt, die sich morgens die Frage stellen, welchen Sportwagen nehme ich denn? Wie beurteilen Sie die Montagsdemonstrationen aus der Presse und haben Sie schon mal eine überhaupt so erlebt und Freunde gefragt, was machen die ihr denn da? Gibt es da einen Unterschied von der Wahrnehmung? Was sagen Sie generell dazu?    

Dirk C. Fleck: Also, ich war noch nie auf einer Montagsdemo, aber ich erinnere mich an die Demonstrationen, die ich damals in Berlin begleitet habe, und habe von daher schon eine gewissen Neugier entwickelt auf das, was sich dort tut und bin zu allererst auch im Netz auf diese enorme Intoleranz und Verunglimpfungskampagne gestoßen, die ja auch Ihnen zuteilwird, und ich hatte da mal an einer Stelle, weil ich auch Sonntag nachmittags Zeit hatte, mal so ganz kurz geantwortet auf so ein übles Ding, was gegen Sie oder gegen Elsässer oder Popp gerichtet war, weil ich es einfach nicht mehr, ich habe gesagt, so, Leute, jetzt ist mal genug und so.

KenFM: Man muss die Leute nicht mögen, aber man sollte nicht unter der Gürtellinie. 

Dirk C. Fleck: Ja, genau. Und dann passierte sofort folgendes, ich wurde hineingezogen in einen üblen Dialog, der darin gipfelte, dass man nachher dieses Plakat gepostet hat, das uns beide ja auch in Walsrode ankündigt, mit dem fettgedruckten Ding, und wie erklären Sie dies? Und da habe ich gemerkt, hoppla, ja, das ist kein Dialog mehr, das ist schlimmste Diffamierung.          

KenFM: Also diffamieren statt recherchieren?

Dirk C. Fleck: Ja, ja. Genau das. Und da habe ich mich gefragt, wieso eigentlich? Wieso wurde ich plötzlich als Neurechter da eingestuft, nur weil ich mit Ihnen die Absicht hatte, irgendwo aufzutreten? Und das konnte ich mir nicht erklären. Und dann habe ich ein Video ins Netz gestellt von Ihnen, dass ich mir selbst sehr genau angeguckt habe, weil ich wollte sie ja auch kennenlernen, und habe dann die Leute gefragt, wer von euch hat das gesehen und wer es gesehen hat und trotzdem so einer Meinung ist, möge mir doch bitte erzählen, welcher Satz ihnen nicht passt? Nur einen Satz bitte. Das ist natürlich keine Antwort gekommen und da habe ich gemerkt, wie die Mechanismen der Vorurteile greifen.   

KenFM: Vielleicht ist die Montagsdemonstration auch für mich eine Art von persönlichem Test, dem ich mich aussetze, nämlich die Frage zu beantworten, wer hetzt besser, die Rechten oder die Linken? Können Sie das beantworten?

Dirk C. Fleck: Also, ich glaube, dass die Linken ein Problem damit haben, weil sie, sagen wir, diese Art von Friedensprotest über die Jahrzehnte für sich gepachtet hatten.

KenFM: Das heißt, also die Linken und die Urheberrechte?

Dirk C. Fleck: Ja, genau. So ähnlich ist es wohl und dass die Linken schon immer Probleme hatten mit einer spirituellen Ausrichtung, ist ja auch bekannt, und wer diese anmahnt, also als Weg nach innen, was ja auch ein Schlagwort ist, der setzt sich natürlich sofort in Verdacht für irgendetwas. Also, mir war die ganze Sache dann irgendwann zu blöd, muss ich ehrlich sagen und auch vor unserem Gespräch jetzt haben sich Leute bemüßigt gefühlt, mir zu raten, mich nur nicht mir Ihnen zu zeigen und so weiter. Das ist, wahrscheinlich muss man da durch, wenn man eine gewisse Radikalität in die Diskussion bringt. Radikal sein heißt ja, an die Wurzel gehen, Radix, die Wurzel. Und wer die Wurzel des Übels nicht benennt, wird ja nie eine Antwort bekommen oder eine Erklärung für irgendetwas.      

KenFM: Den Montagsdemonstrationen, den Rednern, auch den Leuten, die vor Ort sind, wird vorgeworfen, dass sie oft komplizierte Inhalte in ganz einfache Slogans eindampfen. Zum Beispiel: „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen.“ Würden sie das unterschreiben?   

Dirk C. Fleck: Es ist gefährlich mit solchen Slogans. Den Reichen nehmen ist im Prinzip immer gut. Und Europa wollen, ja welches Europa will ich? Ich will bestimmt keine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern ich will ein Europa der Toleranz, des Miteinanders und des Verständnisses. Aber, wie gesagt, Herr Jebsen, ich nehme an solchen tagespolitischen Diskussionen auch nicht mehr teil.      

KenFM: Aber muss man da den Fehler auch bei sich selber suchen, ein Slogan, „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen“, also dieses, zu mir mit dem Reichtum, ist das ein Fehler?    

Dirk C. Fleck: Na ja, die Gefahr besteht immer, dass man dort unwahrscheinlich verallgemeinert. Natürlich ist das im Prinzip richtig, nur man müsste es den Leuten auch erklären.

KenFM: Das heißt, mit so einem Spruch verunsichert man, und man sollte davon, weil es pauschal ist und aggressiv machen könnte, davon Abstand nehmen? 

Dirk C. Fleck: Ja, ich weiß nicht, ob man politisch anders arbeiten kann als mit pauschalen Schlagzeilen. Das tun die anderen ja auch.

KenFM: Also, halten Sie diesen Slogan: „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen“, für einen Fehler? 

Dirk C. Fleck: Nein. Eigentlich nicht.

KenFM: Und wenn der auf der Montagsdemo gesagt werden würde, wie würden sie das finden?

Dirk C. Fleck: Das ist völlig in Ordnung als Message in meinen Augen.

KenFM: Es ist das Plakat der Linken zu Europawahl.

Dirk C. Fleck: Ja? Echt? Wie kommen die jetzt darauf?

KenFM: Ich weiß es nicht, ich habe meinen zweiten Satz auch auf der Montagsdemonstration gehört. Man möchte kein Europa der Vermögenden. Ist ja praktisch dasselbe. 

Dirk C. Fleck: Ja, ich meine, es ist ja gut, wenn sich die Fronten vermischen, weil, worum geht es? Es geht ja nicht darum, dass wir uns in Gegnerschaft miteinander aufreiben, sondern dass wir einen Konsens finden, der uns es ermöglicht, gegen Zustände gemeinsam anzugehen, um überhaupt Erfolg zu haben, die wir ja alle mehr oder weniger miteinander beklagen. Und sich dort in Grabenkämpfen aufzureiben und Standpunkte, Positionen zu verteidigen, halte ich für einen absoluten Schwachsinn.     

KenFM: Eine letzte Frage an Sie als Journalisten, der Sie jetzt in die Tagespolitik zurückdrängt. Versuchen Sie die Frage so zu beantworten, als wären sie noch im Dienst. Wie ehrlich ist deutsche Außenpolitik?

Dirk C. Fleck: Ja, die deutsche Außenpolitik ist nicht ehrlicher als die amerikanische oder die russische. Also, ich glaube, dass wir es hier mit einer Insider-Politik zu tun haben. Welchen Regeln folgt Politik? Ich meine, das kannst du doch herunterbrechen auf Gewinnmaximierung. Und auf Einflussnahme. Und mit Sicherheit nicht auf Mitmenschlichkeit und Fürsorge. Also insofern ist jede Außenpolitik für mich, wenn sie denn nicht erkennbar um Frieden ringt, verräterisch.    

KenFM: Herr Fleck, Sie sind der Autor unter anderem des Buches „Die vierte Macht“ –   Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten. Stellen sich Spitzenjournalisten noch ihrer Verantwortung? Sind die 25 Spitzenjournalisten in diesem Buch die letzten, reichen die, oder stellt sich keiner mehr wirklich?

Dirk C. Fleck: Doch. Also daran hat sich nichts geändert. Es gibt überall und wird es auch immer geben, Leute, die sich nicht verbiegen lassen und die im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Beste zu tun versuchen. Davon kenne ich nicht so wenige, muss ich sagen. Und ich bin froh, also ich meine, der Beruf ist ja nicht total ausgedünnt an guten Geistern, das kann ja nicht angehen. Was die jetzt im Einzelnen in diesem Räderwerk noch bewerkstelligen können, kann ich nicht beurteilen. Aber was ich beurteilen kann, ist, was der Journalismus, wenn man ihn denn aus kritischer Distanz betrachtet, tatsächlich ist, hat Luis Bunuel formuliert in einem wunderbaren Zitat, dass ich zum Abschluss gerne von mir geben möchte. Sie wissen, wer Bunuel ist, dieser Regisseur, der mit den großen Menschen der 20er-Jahre in einer Hochblüte der europäischen Kultur kreativ tätig war. Der hat folgendes gesagt, das ist wirklich genial, ja. Das merken wir uns beide:

“Die Trompeten der Apokalypse ertönen schon lange vor unseren Toren, (- Das war in den 20er-Jahren.) und wir verstopfen uns die Ohren. Diese neue Apokalypse galoppiert, wie die alte, in Gestalt von vier Reitern heran, die Überbevölkerung – als erstem, als dem Anführer, der das schwarze Banner schwenkt – der Wissenschaft, der Technik und der Medien. All die anderen Übel, die über uns hereinbrechen, sind nur deren Folgen. Die Medien rechne ich ohne Zögern zu den apokalyptischen Reitern. Sie sind der bösartigste der vier Reiter, denn er folgt den drei anderen auf dem Fuße und ernährt sich von dem, was diese hinterlassen. Würde ein Pfeil ihn niederstrecken, so würde der Ansturm, der uns erwartet, bestimmt noch etwas aufgeschoben werden.”            

KenFM: Herr Fleck, Dirk C. Fleck, ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Gespräch.

Dirk C. Fleck: Ich bedanke mich auch.

Das war eine weitere Ausgabe von KenFM im Gespräch. Unser Gast war Dirk C. Fleck, Autor unter anderem des Buches „Die vierte Macht“, was ich nur dringend empfehlen möchte. Es ist auch amüsant bei 25 Autoren und 2 Frauen.

Mein Name ist Ken Jebsen und meine Zielgruppe bleibt der Mensch.

Dirk C. Fleck

Von Published On: 22. April 2015Kategorien: Allgemein

Inzwischen hat sich Fleck aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und arbeitet vor allem als Buchautor. Wir trafen ihn in seinen Privaträumen in Hamburg, um uns ausführlich über sein Buch “Die vierte Macht” zu unterhalten. Für dieses Buch befragte Dirk C. Fleck 25 Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten. Unter ihnen befand sich auch der inzwischen verstorbene FAZ-Chefredakteur Frank Schirrmacher.

Wir erlebten einen sehr nachdenklichen, aber auch weisen Kollegen, der gerade für die neue Generation der Netz-Journalisten ein echtes Vorbild sein kann. Fleck ist ein Typ von Mensch, den man integer nennen kann.

Herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe von KenFM im Gespräch. Unser heutiger Gast heißt: Dirk Fleck.

KenFM: Guten Tag Herr Fleck.

Dirk C. Fleck: Tag Herr Jebsen.

KenFM: Herr Fleck, ich habe das „C“ weggelassen. Legen Sie großen Wert darauf?

Dirk C. Fleck: Es ist ein eleganter Buchstabe.

KenFM: Ok. Sie sind Vollblutjournalist, gebürtiger Hamburger, Baujahr 43, haben Ihr Leben lang als Pressemann gearbeitet für wirklich namhafte Medien, für die ich auch gerne mal gearbeitet hätte. Es hat nicht hingehauen bei mir. „Meridian“ zum Beispiel, ein phantastisches Heft, „Tempo“ – gibt es nicht mehr, „Die Woche“ – war die erste Zeitung, die ich abonniert hatte, „Die Welt“, „GEO“, „Der Stern“ und „Der Spiegel“, die „Morgenpost“. Sie sind kein aktiver Journalist mehr, Sie haben die Segel gestrichen, würde ich nicht sagen, aber Sie sind heraus aus dem klassischen Tagesjournalismus, aber Sie sind weiterhin Autor, haben Bücher geschrieben und schreiben Bücher, und dass wir uns heute zu Ihnen bemüht haben nach Hamburg in Ihre Privatgemächer – das ist der Raum, in dem Sie arbeiten – dafür gibt es einen Grund. Sie haben ein Buch geschrieben, was mich sehr berührt hat, nämlich „Die vierte Macht“, also die Presse. Sie haben 25 Spitzenjournalisten befragt und zwar zu ihrer Verantwortung. Da ist das schlimme Wort, Verantwortung in „Krisenzeiten“. Haben wir Krisenzeiten?

Dirk C. Fleck: Na, davon gehe ich aber aus. Sehen Sie das anders?

KenFM: Ich sehe es ähnlich, aber sind die Krisenzeiten neu oder müssen Sie, weil wir auch eine Bilanz ziehen wollen, wie Sie Ihren Beruf verstehen und verstanden haben und vielleicht ihn jetzt anders verstehen. Waren wir nicht immer in Krisenzeiten und in der Zeit, wo Sie glücklicher geschrieben haben, haben Sie es einfach nicht gesehen?

Dirk C. Fleck: Ja, das kann sein, dass ich es nicht gesehen habe, weil einfach die Euphorie, in diesem Job zu arbeiten, eine Zeit lang sehr stark war. Also, ich möchte meine Beziehung zum Journalismus schon als Liebesbeziehung verstanden wissen, aber wie jede Liebesbeziehung hat sie auch tragisch geendet und ich habe daraus die Konsequenzen gezogen und mir überlegt, wie ich mit dem Rest meines Lebens umgehe,  und da war die Fremdarbeit keine Option. Und deshalb habe ich mich völlig, total zurückgenommen aus dem Job.

KenFM: Sie sind jemand, der auch über Bücher wie die „Ökodiktatur“ noch einmal in Buchform gezeigt hat, dass er sich immer um die Ökologie bemüht hat. Wir alle sollten uns  um die Ökologie bemühen, nicht nur als Autoren. Darüber wollen wir auf jeden Fall mit Ihnen reden. Ich glaube, man kann das auf einen Satz zusammendampfen: Sie machen sich Sorgen. Mehr als Sorgen.

Dirk C. Fleck: Ja, also es ist sehr schmerzhaft, die Augen aufzuhalten heutzutage. Auf der anderen Seite, wenn man so lange Journalist war, dann begreift man sich auch als Zeitzeuge und dann ist es wiederum äußerst spannend, am Ende der Zivilisation zu leben.

KenFM: Leben wir am Ende der Zivilisation?

Dirk C. Fleck: Ja, auf jeden Fall. Weil zum ersten Mal kommt dieses kapitalistische Suprasystem zum Stillstand und zwar auf eine natürliche Art und Weise. Nicht, weil die Leute zur Besinnung kommen, daran glaube ich überhaupt nicht, sondern weil dieses ausbeuterische System natürlich der Erde alles abverlangt an Ressourcen, was diesen Lebenswandel und sagen wir auch, diese politischen Verhältnisse erst ermöglicht. Jetzt ist es aber so, dass alle Ressourcen, ob dass das Erdöl ist, die seltenen Erden oder andere Geschichten, dass das radikal dem natürlichen Ende zugeht. Das heißt, es ist nicht mehr wirtschaftlich. Das, was noch da ist, muss unter so großem finanziellen und technischen Aufwand gefördert werden, dass die Gewinn- und Verlustrechnung nicht mehr stimmt. Und deshalb, ich weiß nicht, ob ich es noch erleben werde, aber wenn ich Kinder hätte, die würden das erleben, und was die Folge dieses Dominoeffekts ist, dieses zusammenbrechenden Systems, nicht nur der Naturhaushalt, sondern auch des Wirtschaftssystems, das kann man in sehr düsteren Farben malen und das wird ja auch überall getan. Ich selbst bin dazu übergegangen, diese Dystopie-Schiene ein wenig zu verlassen, um mich a) nicht selbstständig zu belasten, weil Sie sprachen das ja eben an, ob es weh tut, sondern um auch aus den auch zu beobachtenden alternativen Bewegungen, die man zweifellos und insbesondere im Internet wahrnehmen kann, ein wenig Hoffnung zu schöpfen für mich und für meine Leserschaft.

KenFM: Sie sind jetzt 70. Ist da irgendwas besser, wenn man 70 ist?

Dirk C. Fleck: Ja. Das gemeine am Leben ist, dass man in diesem Alter, das ist fast ein automatisches Geschenk, was einem verabreicht wird, zu einer Gelassenheit findet, die sehr wohltuend ist, die einen, sagen wir mal, diese ganzen Kriegsschauplätze, auf denen man sich vorher getummelt hat, auf denen Sie sich ja sehr intensiv tummeln, mit etwas Abstand als etwas begreift, was Teil der Evolution ist. Und diese Gelassenheit führt auch dazu, dass man sich nicht mehr in vordergründigen Kämpfen erschöpft, sondern dass man vielmehr eine distanzierte Sicht einnimmt, um die Gesamtentwicklung besser beobachten zu können und das bringt Spaß. Das Gemeine ist nur, das einem mit diesem neuen Bewusstsein der Körper unter dem Arsch wegfault.

KenFM: Ich verstehe, was Sie sagen möchten. Ich verstehe Sie so auch, wenn ich höre, wie Sie schreiben, das höre ich wirklich, weil ich kenne Ihre Stimme, dass Sie sehr pessimistisch sind, aber, also was die Zukunft dieses Planeten angeht. Wir sägen an unserem eigenen Ast. Ich glaube, da sagt man niemandem etwas Neues, es geht nur darum, wie dick dieser Ast ist und wie schnell die Säge läuft. Das sind, glaube ich, verschiedenen Ansichten dazu, aber das es so ist, werden Ihnen alle bestätigen. Trotzdem, wenn man so pessimistisch an die Sache herangeht, wie Sie das tun, dann ist doch ein Buch noch zu schreiben eigentlich das Gegenteil. Das ist doch eigentlich optimistisch. Auf was will man abzielen? Auf eine Zukunft, an die man nicht mehr glaubt?

Dirk C. Fleck: Ja, da haben Sie Recht. Selbst mein Buch „Die Ökodiktatur,“ die damals total falsch verstanden wurde und für die ich sehr geschlachtet worden bin in den Rezensionen und Talkshows, ist eigentlich ein harmloses positives Buch, weil ich habe mir lediglich vorzustellen versucht, wie wohl ein politischer Notwehrreflex funktioniert, wenn die Ressourcen erkennbar zu Ende gehen.

KenFM: Können Sie das kurz skizzieren?

Dirk C. Fleck: Ja, die Gesellschaft in Geiselhaft des Staates regiert nach zehn Grundgesetzen. Zwei-, drei Zwischengenerationen ruhig stehen, damit die Erde eine  Chance hat, durchzuatmen. Das war die Idee. Und das wurde mir ausgelegt als Ökofaschismus, diese Missverständnisse, und immer von linker Seite. Die gibt es ja immer wieder, nur das ändert ja nichts daran, dass man seine Botschaften trotzdem unter die Leute bringen muss. Ich bin dann, als diese Art von Literatur von der Unterhaltungsindustrie vereinnahmt wurde…

KenFM: Der Schwarm, solche Dinge.

Dirk C. Fleck: Genau, und im Kino und so weiter. … bin ich dann davon abgekommen und habe mir vorgestellt, was denn theoretisch mit den vorhandenen Mitteln möglich wäre, um eine sozio-ökologische Gesellschaft zu etablieren, die mehr Lebensqualität generiert und da habe ich zur Überraschung meiner Leser ein Buch geschrieben, das heißt „Das Tahiti Projekt“, und das weist unglaublich hoffnungsvoll und positiv in die Zukunft. Und das verrückte, Herr Jebsen, ist, dass dieses Buch, und das hat auch mit dem Internet zu tun, plötzlich ein Bestseller wurde zur Überraschung auch des Verlages. Ich weiß inzwischen auch warum. Weil draußen ein Haufen Leute herumlaufen, die auf eine positive Antwort warten. Sie sind einfach diesen negativen Informationsmüll leid. Ich verstehe das in gewisser Weise, das hält unsere Psyche auch nicht aus.

KenFM: Wir sind hier in Ihrem Arbeitszimmer. Sie sind jemand, der, anders als ich, ich kann, inzwischen ist der Laptop mein Zuhause, ich kann überall schreiben, ich kann da abschalten. Sie haben gesagt, Sie haben das mal versucht, das klappt nicht unbedingt. Das ist der Ort, an dem Sie schreiben, da drüben steht ein Computer amerikanischer Bauart mit abgeklebter Kamera, das ist Ihr verzweifelter Versuch, der NSA auszuweichen,  toll. Und Sie müssen aber hier morgens herkommen, weil Sie auch gerade an einem Roman schreiben, um das ganze klassisch hier an Ihrem neuen Arbeitsplatz zu machen. Sie haben mir im Vorgespräch gesagt, ein einfaches Telefonat kann Sie wirklich aus der Bahn werfen, obwohl Sie Jahrzehnte ja in Großraumbüros gearbeitet haben, wo ja Hektik war, Sie Ihren mindestens 8-Stunden-Tag hatten, Lou Grant-mäßig sage ich mal, und dann kam 10 Minuten vor Schlagzeilenschluss doch noch eine Top-Schlagzeile und Sie haben die nächsten 60 Zeilen in die Maschine gehämmert. Wie kommt es dazu, dass Sie das heute nicht mehr können, oder konnten Sie es damals auch nicht, aber haben sich gezwungen?

Dirk C. Fleck: Doch, ich könnte es heute auch noch, nur nicht mit dieser Art von Arbeit, weil das passt da nicht hin. Ich lebe in Korrespondenz mit einer Idee, wenn ich mir ein Buch vorgenommen habe, die eine ganz andere Schwingung und auch Zeitschwingung  hat, als es im Journalismus erfahrbar ist. Ich baue ein Thema gedanklich auf, dann braucht es ein paar Monate, bis es sich soweit gezeigt hat mir gegenüber, dass ich es bearbeiten darf, und dann dauert es noch mal hundert Seiten, die ich in hart erkämpfter Selbstdisziplin da durch muss, wo ich auch immer denke, das schaffe ich nicht und dann irgendwann setzt etwas ein, auf das ich auch jedes Mal hoffe, dann werde ich beschenkt. Also auch im Schlafzustand. Und dann entwickelt man Techniken, diese Ideen aus dem Schlaf zu retten ins Notizbuch und dann am nächsten Tag zu verwerten. Das heißt, ich vertraue auch auf diese Zeitschwingung, auf die Ruhe, die es braucht, um sich dem Thema zu widmen, und da ist es in der Tat so, dass ein Anruf – nicht von jedem -, aber mancher, der mich zu Beispiel informiert über eine persönliche Not eines Freundes oder Familienmitglieds, diese Verbindung, diese zarte Bande, zu meinen Musen total durchschneidet und ich es dann auch aufgebe, für diesen Tag zu arbeiten. So läuft das. Völlig neue Erfahrung für mich.

KenFM: Welche Aufgabe hat „Die vierte Macht“, die Presse, für eine Demokratie?

Dirk C. Fleck: Also bestimmt nicht die Aufgabe, die ich mir immer vorgestellt habe, als ich diesen Beruf gewählt habe. Ich bin ja, als mein Vater gemerkt hat, dass ich nicht genau weiß, was ich werden will, hat er in seiner Not versucht, mich als Lehrling in einer Hamburger Schraubenfabrik unterzubringen, und das hat mich dermaßen erschreckt, dass ich mich selbst gefragt habe, was willst du denn wirklich? Und da ich immer sehr gerne  geschrieben habe, habe ich mich bei der Deutschen Journalistenschule in München beworben, bin dort auch zur mündlichen Prüfung vorgeladen worden und habe die auch  bestanden. Habe eine sehr gute Ausbildung bekommen und dann hatte ich das Glück, mir – so war die Auftragslage damals – da standen zehn Zeitungen Schlange, die die Absolventen einstellen wollten als Volontäre und ich konnte mir aussuchen, wo ich hin wollte. Und dann bin ich nach Berlin gegangen. Und in Berlin gab es damals eine Zeitungslandschaft, die total von Springer beherrscht worden war, aber es gab eine kleine, wie so ein gallisches Dorf, eine kleine kleine Zeitung in Spandau, das „Spandauer Volksblatt“, die damals einen irrsinns Versuch unternommen hatten, den Springer Paroli zu bieten. Und zwar hatten sich namhafte deutsche Schriftsteller wie Böll, Uwe Johnson, Günter Grass, Wolfgang Neuss, ein halbes Jahr jeden Tag in der Redaktion eingefunden, um Zeitung zu machen. Und genau in diese Zeit kam ich in die Redaktion. Ich habe gedacht, ich bin im Paradies, jeden Tag mit diesen Leuten Zeitung zu machen.

KenFM: Sie sind ein Print-Mann?

Dirk C. Fleck: Ja.

KenFM: Ich habe ja meinen Beruf als Radiovolontär gelernt, das ist was anderes. Also auch, wenn ich ihr aktuelles Buch lese, also „Die vierte Macht“, 25 Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten, da fällt mir etwas auf, was ich jetzt so nicht könnte, da möchte ich auch sagen, tschakka, dass Sie mit 25 Spitzenjournalisten gesprochen haben und Sie machen das nicht mit den Diktiergerät, sondern Sie haben denen zugehört und das, was die gesagt haben, haben Sie dann niedergeschrieben und trotzdem habe ich die Personen da herausgehört, die unterscheiden sich, die verschiedenen Personen. Das könnte ich so nicht, also.

Dirk C. Fleck: Das ist ein Trick. Schon, um nicht den Vorwurf zu bekommen, dass man falsch zitiert, weil das machen die Leute ja immer gerne, wenn sie hinterher feststellen, um Gottes Willen, was habe ich da gesagt, oh, ich bin falsch zitiert worden. Es ist einfach ein Prinzip von mir, jedes Gespräch, dass immer 2,5 Stunden gedauert hat, auf Tonband mit  aufzuzeichnen. Und dann habe ich mir die Mühe gemacht, das ist in der Tat sehr mühsam, einen ganzen Tag Wort für Wort abzuschreiben, und aus diesem 25-seitigen Manuskript habe ich dann die O-Töne übernommen.

KenFM: Ok. Damit die Zitate stimmen?

Dirk C. Fleck: Ja, und wenn es O-Töne sind, erkennen sie die Leute, wenn sie sie denn kennen, auch wieder. Das ist der ganze Trick dabei.

KenFM: Aber ich finde auch, wie Sie sie beschreiben, dass das die Person doch skizziert. Also wie, kommt mir vor wie ein Film, wo verschiedene Personen angelegt sind und ich erkenne die Handschrift des Regisseurs, trotzdem haben dieses Persönlichkeiten Seiten,  die der Regisseur in dieser Ausprägung nicht hat. Das fand ich sehr spannend.     

Dirk C. Fleck: Ja, ich fand es spannend, dass die Riege der Leute, die ich dort versammelt habe, also von Kai Diekmann – Bild-Zeitung, bis Frank Schirrmacher, dass die alle sofort bereit waren, also mit mir diese Gespräche zu führen. Damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet.

KenFM: Sie hätten mit mehr Frauen gerechnet.

Dirk C. Fleck: Ja, das ist eine andere Geschichte. Und zwar hat zu der Zeit ja eine Journalistinnen-Riege ganz vehement über das Internet mit einem offenen Brief Führungspositionen eingeklagt im Journalismus, während ich zur selben Zeit die Erfahrung machen musste, dass sie sich alle weggeduckt haben. Wie ging das zusammen. Ich habe das im Vorwort auch beschrieben.

KenFM: Sie haben viele Frauen angeschrieben und da gab es nur von Zweien eine Zusage, obwohl, das fand ich erstaunlich, Sie hatten den Menschen die Möglichkeit eingeräumt, zwei Stunden ihrer Zeit zu opfern, und zwar im nächsten halben Jahr, aber es hat trotzdem nicht geklappt. Womit hat das zu tun? 

Dirk C. Fleck: Ja, ich weiß es nicht. Ich habe darauf keine Antwort gefunden. Auf jeden Fall gab es hinterher, als das Buch dann erschienen war, bekam ich eine E-Mail, über die ich mich sehr gefreut habe von Sonia Mikich, Moskau-Korrespondentin der ARD und heute Chefredakteurin beim WDR, die ich auch gefragt habe und die auch mit Terminschwierigkeiten geantwortet hatte, und die dann in einem Brief an mich gesagt hat, sie hätte mein Buch gelesen und es sei ja eine Liebeserklärung an den Journalismus und ihr täte es so leid, dass sie nicht dabei ist und damals abgesagt hat, aber das hätte wohl damit zu tun, dass sie der Meinung war, dass die Journalisten sich immer zu sehr selbst feiern und ihr das zuwider ist und so. Aber die hat zumindest sich bekannt zu ihrer Absage, während andere Leute, auch die TAZ-Chefredakteurin und andere sich also so feige weggeduckt haben, dass ich es kaum glauben konnte.

KenFM: Würden Sie heute noch mal Journalist werden?

Dirk C. Fleck: Wenn ich jung wäre?

KenFM: Ja.

Dirk C. Fleck: Und die Landschaft kennen würde?

KenFM: Nö, also wenn Sie genauso wie damals noch heute wären, das geht natürlich nicht, aber würde Sie es nochmal versuchen? 

Dirk C. Fleck: Ja sicher.

KenFM: Was ist denn daran so spannend?

Dirk C. Fleck: Also, damals hat es mich gereizt, aber wie gesagt, man kann das überhaupt nicht mehr vergleichen. Wie hatten damals eine Redaktionskultur, die noch geprägt war vom Zigaretten rauchen und Alkohol. Und wir hatten gestandene herzleidende Reporter zu ertragen, aber wir hatten auch jeden Tag unsere Diskussion über die Inhalte. Und wer stark war in der Diskussion, hat auch seinen Platz bekommen. Jedenfalls war das meine Erfahrung. Das ist heute nicht mehr möglich.

KenFM: Ich möchte mal zurückkommen zu Ihrem Ursprung. Sie sind ein klassischer Zeitungsmann, also, das heißt, man macht die Zeitung, damals noch mit Satz, also da wurden noch Bleibuchstaben tatsächlich von den Setzern da wirklich in die Maschine gepackt, und dann kam die Zeitung sehr früh morgens natürlich heraus, Druckerschwärze, man musste man auch mal in das Werk und sich das alles angucken. Können Sie mal beschreiben, wie das so war in den ersten Wochen, wenn der eigene Bericht im Blatt ist? Wie fühlt sich das an? Beobachtet man dann auf der Straße, ob jemand die Zeitung kauft, aber auch auf Seite 3 geht?

Dirk C. Fleck: Ja, das ist ein unwahrscheinliches Glücksgefühl. Ja, also ich erinnere mich, ich meine, man mag das gar nicht mehr zugeben, aber das war in der Tat so, als meine erste Filmkritik erschienen ist, das waren 20 Zeilen unter DCF, ja, bin ich in der Berliner U-Bahn unterwegs gewesen und habe nach Lesern gesucht. Und wenn einer das Spandauer Volksblatt in der Hand gehabt hat, habe ich mich dann hingestellt und geguckt, wann er auf die Seite kommt. Wenn er die überblättert hat, war ich traurig und solche Sachen. Aber das kennt jeder, das hat nicht nur was mit Eitelkeit zu tun, sondern eben auch mit dieser Starteuphorie, die man in den Job schiebt, die sich dann allerdings sehr schnell abbaut.

KenFM: Was war in der Rückschau Ihre schönste Zeitung, für die Sie gearbeitet haben, wo Sie sagen, das war ein phantastisches Projekt, die Zeitung ist immer noch toll, oder  vielleicht gibt es die auch gar nicht mehr, das war super?

Dirk C. Fleck: Also, etwas, was eben auch beispielhaft dafür ist, was damals ging und heute nicht. Ich habe, ich glaube 1982, für die Hamburger Morgenpost über 6  Wochen  hinweg jeden Tag eine ganze Seite geschrieben über einen „Fluss ohne Wiederkehr“, über die Elbverschmutzung. Und damals hatte die SPD die Zeitung gerade an einen Schweizer Verleger verkauft und die hatten auch kein Geld. Und die sind jeden Tag zu mir gekommen und haben gesagt, Herr Fleck, Herr Fleck, wir müssen die Serie einstellen, wir können es uns doch nicht erlauben, mit der Norddeutschen Raffinerie oder Dow Chemical oder so zu prozessieren, dann geht der ganze Verlag in die Luft, und ich habe es doch tatsächlich geschafft, diese ängstlichen Menschen davon zu überzeugen, dass ich keine Recherchenfehler machen werde. Dass sie mir bitte vertrauen mögen. Und das haben die fertiggebracht und die Serie war ein riesen Erfolg.     

KenFM: Sie sprechen die Anzeigenkunden an, also die Zeitungen haben sich auch schon damals nicht gerechnet, also durch den Verkaufspreis. Die Anzeigenkunden bestimmen letztendlich, wie das Blatt gemacht wird. Kann man das so böse ausdrücken, oder ist es immer noch der Chefredakteur, der gegenrechnen muss?   

Dirk C. Fleck: Mein Eindruck war als junger Redakteur, dass die Anzeigen nicht diese Bedeutung haben. Das mag für die kaufmännischen Abteilungen ganz anders ausgesehen haben. Es gab dann, irgendwann Mitte der 70er-Jahre konnte ich beobachten, dass die heimlich an der Redaktion vorbei eben auch den Anzeigenkunden redaktionelle Beiträge versprochen haben, das da also eine Vermischung gab und so weiter und so fort. Das ist wohl wahr, aber wie gesagt, groß geworden bin ich eigentlich in einer freien Presse.   

KenFM: Ist die Presse heute noch frei?

Dirk C. Fleck: Nein. Nein. Ich habe hier ein Zitat von einem Journalisten, mit dem ich mal zusammengearbeitet habe und den ich auch sehr schätze, und der hat ein Buch geschrieben „Am besten nichts Neues“, und der hat es hier wirklich auf den Punkt gebracht.

KenFM: Wie heißt der Autor?

Dirk C. Fleck: Tom Schimmeck. Und der schrieb: „Während Zeit und Geld ständig knapper werden, in den Redaktionen und Korrespondenzbüros immer weniger Leute, die gleiche Menge an Arbeit machen, wächst in Wirtschaft und Politik die Macht und Zahl der Spin-Doktoren, PR-Consultants, Agenda-Setter, Werber, Imageberater, Marktforscher, Eventmanager und Medien-Coaches. Meinungen und Stimmungen werden gegen Geld von Profis gemacht. Ihre perfekt designten Bilder und Botschaften zielen direkt auf die Massen. Der unabhängige Journalist ist nur noch Störfaktor.“

KenFM: Da machen Sie einen direkten Sprung in die Gegenwart. Sind sie ein Putin-Versteher? Hat die PR bei Ihnen nicht funktioniert?

Dirk C. Fleck: Ja, also ich meine, wenn man die Informationen hat, die das Internet ja Gott sei Dank liefert und man schaut sich die Krise in der Ukraine an, dann muss jeder vernünftig denkende Mensch ein Putin-Versteher sein. Also, das ich ja wohl nicht schwierig, da zu erkennen, wie die Medien arbeiten. Nur, was ich bezweifele, ist, was man immer hört, dass die Medien im Konzert und unter Absprache die Menschen bewusst hinter das Licht führen. Ich glaube, das ist viel simpler, so wie Hannah Arendt das mal gesagt hat mit der Banalität des Bösen. Harald Schumann sagt in diesem Buch in der „Vierten Macht“, Medien können niemals die Speerspitze eines revolutionären Umdenkungsprozesses sein. Wer sollte das bewerkstelligen? Die Medienarbeiter, die werden zu 99 % überfordert, weil sie aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Und wenn Sie sehen, wer da arbeitet, das war immer so, dann wissen Sie auch, dass da ein Bewusstsein bestimmt nicht heranwächst. Und heute sind eben auch die Etats so beschnitten, dass für Recherchen der eigenen Redaktion überhaupt ja gar kein Geld mehr da ist. Die übernehmen und übernehmen und übernehmen und dadurch kommt diese Gleichheit zustande.         

KenFM: Sie haben ihren Zenit, also Ihren Bezahl-Journalismus, sage ich mal, erlebt in einer Zeit, da gab es das Internet, so wie wir das heute haben, noch nicht. Es gibt schon länger die E-Mail, die ist 40 Jahre alt geworden, aber dass jeder einen Computer hat und schnell kommuniziert hat über soziale Netzwerke, das waren Computer-Nerds. Wie betrachten Sie denn die Presse heute, wo es doch etwas gibt, nämlich das Informationsmonopol, wie Marshall McLuhan es beschrieben hat, schon in den 50ern angeführt hat, ist ja gefallen. Welchen Impact hat das auf den Journalismus? Anders gefragt, Sie haben Spitzenjournalisten gefragt zu ihrer Verantwortung, und diese Spitzenjournalisten haben genau wie Sie in Systemmedien gearbeitet. Also in Medien, die in irgendeiner Weise kontrolliert wurden zumindest durch die Besitzer. Kann man heutzutage 2014 noch als Spitzenjournalist in einem Systemmedium arbeiten, oder aber findet man Spitzenjournalisten in den letzten noch unabhängigen Medien und in diesem schmalen Zeitfenster Internet?     

Dirk C. Fleck: Ich glaube, das verlagert sich mehr und mehr ins Internet, weil in den klassischen Medien wird das immer weniger möglich. Wir sehen das zum Beispiel am Beispiel der ZEIT. Das Gespräch mit Giovanni di Lorenzo, der ja da Chefredakteur ist, war sehr erfrischend, sehr angenehm und sehr offen, und mir hat auch größten Teils gefallen, was er erzählt hat, wie er seine Aufgabe begreift. Und kaum kommt es zu einem Interessenkonflikt mit den USA, stellen wir fest, dass der Herausgeber der ZEIT, der Joffe, der Herr Joffe, der ja eng verbandelt ist über diverse Gesellschaften mit den USA…

KenFM: Think Tanks.

Dirk C. Fleck: Ja, natürlich. …das Zepter übernimmt innerhalb der Redaktion und das auch ein Giovanni di Lorenzo, wenn er seinen Job nicht verlieren will, völlig hilflos zwischen den Funken baumelt. Aber mir tut das leid für die ZEIT, weil sie hier einen Imageverlust gerade erleidet, der kaum noch gut zu machen ist.

KenFM: Also, frage ich nochmal direkter: Kann man Spitzenjournalist bleiben, also, kann man immer an die Spitze des Problems gehen, kann man Spitze einer Bewegung, nämlich der befragenden Bewegung sein, der die dummen Fragen stellt, ohne die Antworten zu kennen? Kann man das heute bleiben, wenn man in den Systemmedien bleibt?   

Dirk C. Fleck: Es gibt Ausnahmen. Also, ich nenne mal Heribert Prantl von der Süddeutschen, der sitzt dort auch in der Chefredaktion und für mein Verständnis lässt er des Öfteren sehr vernünftige und ausführliche Kommentare ab, die nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widerspiegelt, sage ich mal. Also, es gibt es mit Sicherheit noch, aber dass sich jetzt ein Medium erkennbar als Ganzes dieser Aufklärung zur Verfügung stellt, das sehe ich überhaupt nicht mehr.

KenFM: Wer in diesem Buch „Die vierte Macht“, wer dieser 25 Spitzenjournalisten hat sich Ihrer Meinung nach am stärksten der Verantwortung gestellt in den letzten Jahren?

Dirk C. Fleck: Harald Schumann. Vom Tagesspiegel in Berlin.

KenFM: Ehemaliger Spiegel-Mann.

Dirk C. Fleck: Ehemaliger Spiegel-Mann, der dort aufgehört hat, weil er eine Geschichte für Windkraft gemacht hat, während Stefan Aust, der damals Chefredakteur war, die gecancelt hat und ersetzt hat durch eine Geschichte gegen Windkraft. Wie Harald Schumann behauptet, ist das passiert, weil man auf seinem Gut, wo er Pferde züchtet, ein Windrad aufstellen wollte. Also so simpel kann es manchmal kommen.    

KenFM: Aust wollte kein Windrad zwischen seinen Pferden.

Dirk C. Fleck: So ist es.

KenFM: Herr Schumann hat einen Vortrag auch gehalten, der auch im Internet zu sehen ist, nämlich über die innere Pressefreiheit. Da beginnt es ja, dass die innere Pressefreiheit nahezu nicht mehr existiert. Also, wenn Sie in einer Redaktion nicht frei entscheiden können, dann können Sie nicht erwarten, dass das Endprodukt etwas liefert, was mit Freiheit zu tun hat. Waren Sie Systemjournalist, ohne es zu wissen? Hat man Sie in Ruhe gelassen, weil Sie nie an die Grenzen gestoßen sind?

Dirk C. Fleck: Ich bin lange Zeit wirklich sehr in Ruhe gelassen worden, bis man, ich sage mal, die wachsende Radikalität, zu der ich dann in meiner gesellschaftlichen Analyse gefunden habe, dann nicht mehr goutiert hat. Das ist bei der „Woche“ passiert.

KenFM: Können Sie mal beschreiben, wie Journalisten heute bei der Zeitung, die ja auch eine Online-Ausgabe inzwischen haben, wie die aktuell arbeiten müssen? Also, wenn man sich überlegt, Sie haben angefangen in einer Zeit, da kam die Zeitung heraus und wenn man etwas Neues erfahren wollte, da war die Zeitung immer vor dem Fernsehen oder manchmal vor dem Radio. Oft hat das Radio das aufgegriffen, was in der Zeitung war. Heute ist die Zeitung immer nach dem Internet. Bedeutet das etwas, wie recherchiert werden kann, bedeutet das etwas für die Zeit, die man hat, um einen Bericht zu machen? Was hat sich geändert, seit es alles digitalisiert wurde und eine Nachrichten direkt ungeprüft in das Netz gehen kann?

Dirk C. Fleck: Ja, dadurch, dass eine Tageszeitung ja erst am nächsten Tag erscheint, nachdem sie gemacht worden ist, und die Konkurrenz durch das Internet so groß geworden ist, verliert natürlich die gedruckte Nachricht vollkommen an Wert, weil sie am nächsten Tag dem Leser uralt erscheint. Ich denke, dass eine Tageszeitung heute den Anspruch auf Nachrichtenübermittlung völlig fallenlassen kann, ja. Das haben längst andere übernommen. Aber man kann begleitend dazu bewerten und das ist am nächsten Tag oder am übernächsten Tag natürlich immer noch sehr interessant. Nur soweit sind sie noch nicht, dabei verlieren sie immens an Auflage, überall.    

KenFM: Auch im digitalen Sektor.

Dirk C. Fleck: Auch im Netz.

KenFM: Würden Sie, um eine Metapher zu benutzen, die Nachricht als etwas sehen, wie eine Röntgenaufnahme, aber es braucht dann einen Facharzt, der sie zu deuten kann? Das wäre die Presse?

Dirk C. Fleck: Ja, es gibt ja das Prinzip der Objektivität. Ich glaube nicht, dass es eine objektive Wahrheit gibt. Ich glaube, dass die Leute innerhalb der Redaktion auch begreifen müssen, dass sie sich den Luxus einer persönlichen Stellungnahme durchaus leisten dürfen. Wenn sich jemand zu erkennen gibt in seiner Meinung, dann goutiert das der Leser auch. Dann kann ja jemand anderes was dagegen sagen. Aber das wird nicht gemacht. Es wird der Anschein erweckt, als würde man von einer objektiven Wahrheit ausgehen und dann kommt nichts dabei heraus. Nichts Gehaltvolles.      

KenFM: Wie war das denn damals, als Sie für die großen Gazetten geschrieben haben? Da gibt es ja am Ende immer eine Redaktionskonferenz, und das haben dann die Anderen gelesen. Ich kenne auch das Gefühl, wie sich das anfühlt kann, wenn man nicht so ganz sicher weiß, wer vor allem die dann macht, das wechselt ja manchmal und wie man da dabei herüber kommt. Wie ist das, wie war das damals, können Sie das mal beschreiben, wie läuft so der Alltag eines Reporters, eines Journalisten, wie läuft der so ab? Also, wenn man weiß, er hat gestern den Auftrag bekommen, heute haben es alle bereits gelesen in gedruckter Form, das ist nicht mehr revidierbar, kann ich nicht mehr korrigieren wie im Netz, das ist heraus, und da muss ich durch. Das ist dann zwischen 11 und 12. Wie ist das? Wie fühlt sich das an?      

Dirk C. Fleck: Also, ich habe diese Redaktionskonferenzen immer gehasst, weil die Leute in Ehrfurcht vor dem Chefredakteur erstarren und längst nicht mehr so reden, als würden sie in dein Büro kommen. Das heißt, es findet irgendwie, was weiß ich, ein gedanklicher Umwälzungsprozess statt. Ich fand, ich saß immer in einer Meute von Feiglingen und mich hat das nicht sonderlich interessiert. Und ich war auch nicht sehr gut darin, meine Ideen und „dieser“ Gesellschaft so schmackhaft zu machen, dass ich das Placet bekommen hätte, aber ich habe das dann immer im Dialog mit dem Chefredakteur direkt ausgehandelt. Nur ein Mal, muss ich sagen, habe ich mich geweigert und das ist mir zum Verhängnis geworden. Ich komme morgens in die Redaktion der Woche und da steht vor meinem Büro so ein Bundeswehr-Set mit Stahlhelm und schusssicherer Weste, und ich lache noch so und sage, wer hat denn das hier vergessen? Ja, du fliegst heute nach Ruanda mit der Bundeswehr, Hutu und Tutsi, Sie wissen.

KenFM: Ja.

Dirk C. Fleck: Und dann habe ich gesagt, das mache ich nicht. Zum Chefredakteur rein zitiert worden, warum machen sie das nicht? Habe ich gesagt, weil ich diese Bilder mein Leben lang nicht mehr loswerde. Das tue ich mir nicht an. Sie sind aber hier angestellt und haben da hin zu fliegen. Und dann habe ich gesagt, gut, ich nehme jetzt unbezahlten Urlaub, bin nach San Francisco geflogen und nach drei Wochen habe ich angerufen und habe um Vertragsauflösung gebeten. Das war es im Journalismus für mich. Da konnte ich nicht mehr.

KenFM: Es gibt ja auch Leute, die genau das suchen, Kriegsberichterstatter zum Beispiel, ja. Da habe ich großen Respekt vor den Fotografen, die für Magnum zum Beispiel arbeiten, Capa fällt mir zum Beispiel ein. Also Leute, wo ich auch verstehe, warum sie Fotos machen, ja. Wenn ich da zitieren darf, man muss den Leuten ein Bild davon zeigen, denn erst, wenn es dort eine Überdosis gibt und so unerträglich wird beim Zusehen, fängt der Bürger an zu sagen, wir müssen das stoppen, wo immer es stattfindet.    

Dirk C. Fleck: Das ist natürlich klar, das ist Einer. Im Grunde ist das eine unerträgliche Clique, also die Kriegsberichterstatter, gerade die Fotografen. Was da an Zynismus in den Hotels zu haben ist, während unten Kinder und Frauen sterben und zusammengeschossen werden, das hält man nicht aus. Es ist, ich weiß nicht was, ob die überhaupt noch eine Seele haben. Also, ich habe da einen ganz anderen Eindruck und ich habe überhaupt keinen Respekt vor ihrer Arbeit.

KenFM: Aber ist das, es muss ja auch, also wenn ich den Kriegsberichterstatter, wie ich ihn verstehen würde, ich würde sagen, ich muss die Realität ablichten, bevor sie embedded wird.   

Dirk C. Fleck: Natürlich.

KenFM: Weil da wird was anderes gemacht.

Dirk C. Fleck: Ja, richtig.

KenFM: So, und das ist gefährlich, weil ich nicht ganz sicher bin, ob mich feindliche Truppen treffen oder aber die, mit den ich embedded bin, weil ich die falschen Sachen fotografiert habe.

Dirk C. Fleck: Ja, ja.

KenFM: Glauben Sie, dass diese Arbeit nötig ist, oder?

Dirk C. Fleck: Das glaube ich schon, ja. Also es gibt ja, wie überall gibt es Ausnahmen. Es gibt Leute, die sich, sagen wir mal, diesem Verbund entziehen, dieser Community entziehen und die ihrer eigenen Nase folgen auf eigenes Risiko und ihre eigene Arbeit machen. Das halte ich für sehr, sehr wertvoll, für sehr mutig auch. Die gibt es natürlich auch.     

KenFM: Welchen Druck öffentliche Medien ausüben können, weil sie die öffentliche Meinung machen, sie machen ja, die meinen, indem sie die Realität erzeugen und dann  behaupten, das sei die Realität, sie bringen eine Kopfzeile, da ist eine Behauptung drin, und dann bestätigen sie sie selber im Text und das ist dann der Beweis. Das kann man immer wieder sehen. Glauben Sie, die Menschen fangen an durch das Netz, das zu durchschauen? Lassen sie uns aktuell mal sprechen. Im Moment erleben wir ja etwas, dass Menschen in größeren Gruppen anfangen zu zweifeln, an dem, was aus der Kiste heraus kommt oder was in der Zeitung steht.       

Dirk C. Fleck: Ja, das hat zweierlei Gründe. Zum einen ist es die Skepsis gegenüber der herkömmlichen Art der Berichterstattung und zum anderen denke ich mir, es ist auch der Spaß an der eigenen Kreativität. Also früher konnte man Leserbrief schreiben, das dauerte dann ewig und wenn man abgedruckt wurde, war man vielleicht froh. Heute kann man direkt reagieren und auch im eigenen Duktus seine Meinung sagen. Also, das ist ja sehr viel geforderte Kreativität, die die Leute an sich selbst zurzeit entdecken, und das, glaube ich, ist fast noch wichtiger.

KenFM: Wir haben ja in Deutschland einen ziemlich großen Zeitungsmarkt, ich glaube, vierhundert Zeitungen gibt es. Immer mehr Fachmagazine, man kann sich immer mehr in seine Nische zurückziehen. Trotzdem ist es so, dass die Zeitungen letztendlich einigen wenigen Verlagen gehören. Das kann man an einer Hand oder zwei Händen abzählen. Eine Frage, womit ich regelmäßig Menschen, Kollegen sage ich gar nicht mehr, Menschen irritiere, ist, wenn jemand sagt, er hat etwas irgendwo gelesen, über wen auch immer, wem gehört das Blatt? Wie oft begegnet Ihnen diese Frage oder wie oft stellen Sie sie und gucken dann in was für Gesichter? Wem gehört das Blatt?

Dirk C. Fleck: Also ich stelle die Frage gar nicht, weil ich es eh weiß.

KenFM: Aber andere sozusagen.

Dirk C. Fleck: Ja, ich will Ihnen mal, also, der Gipfel dieser Entwicklung ist ja immer in den USA zu beobachten. Ich habe Ihnen hier mal zusammengestellt heute Morgen, was ja auch kaum ein Mensch glauben will. Es gibt in Amerika 1.500 Zeitungen, 1.100 Magazine, 9.000 Radiostationen und 1.500 TV-Anstalten. Die sind in sechs Händen konzentriert, in sechs. Davon sind vier Rüstungsunternehmen und zwei Energieunternehmen. Jetzt wissen Sie Bescheid über die freie Presse, ja.

KenFM: Das heißt, das schreiben Sie auch in Ihrem Buch „Die vierte Macht“ im Gespräch mit Bröckers, guter Mann aus Berlin.

Dirk C. Fleck: Ja, guter Mann.

KenFM: Guter Mann aus Berlin, nicht nur über Hanf hat er Bücher geschrieben, auch über 9/11. Telepolis, phantastischer Mann, TAZ-Gründer, jetzt schreibt er wieder für die TAZ, aber ein durchaus kritischer Zeitgenosse mit einer Menge Humor.

Dirk C. Fleck: Auch der TAZ gegenüber sehr kritisch.

KenFM: Genau. Und er macht es an General Electric fest, zweitgrößter Rüstungskonzern letztendlich, beteiligt an NBC, zweitgrößter Fernsehkonzern und dieser Fernsehkonzern, dieser Medienkonzern, das sind ja Konzerne, kann kein Interesse daran haben, der eigenen Rüstungssparte zu schaden, also schreibt er einen Krieg nicht schön, sondern er macht ihn notwendig. Wo leben wir denn eigentlich? Weil, die amerikanische Presse, die arbeitet ja global, sie haben ja auch Beteiligung in Deutschland. Man kann ja hier nicht sagen, deutsche Presse, das sind ja, das ist ja alles vernetzt. Wo leben wir und wie kann man sich dagegen wehren oder muss ich jetzt auch pessimistisch werden?

Dirk C. Fleck: Herr Jebsen, erwarten Sie jetzt eine ehrliche Antwort?

KenFM: Ja.

Dirk C. Fleck:  Dann garantiere ich Ihnen, dass ich nach dieser Sendung in eine ähnliche Ecke gestellt werde, in der Sie sich bereits aufhalten. Wir leben in einem globalen Schweinesystem. Unsere Demokratien sind heute lediglich die Deckmäntelchen legalisierter Schweinereien. Ja, mehr habe ich dazu eigentlich nicht zu sagen. Aber interessant ist ja nicht, was sie sind, interessant ist, wohin sie führen. Und dadurch, das, was wir am Anfang besprochen hatten, dieser Raubtierkapitalismus an die Lebensgrundlagen der Schöpfung geht, verändert sich natürlich nebenbei, und das wird heute immer noch für wichtiger erachtet als der Ökozid, ich bin aber anderer Meinung, verändert sich natürlich auch die demokratische Grundordnung. Das, was die Demokratien heute noch für uns bereithalten, hat mit Demokratie überhaupt nichts mehr zu tun. Wir leben im Scheinpluralismus weniger globaler Konzerne …

KenFM: Schönes Wort, Scheinpluralismus, ja. Geldschein.

Dirk C. Fleck: … und sind reduziert auf ein Konsumentendasein, ja. Und um dieses Konsumentendasein erträglich zu machen, hat sich die Unterhaltungsindustrie eben zu einer Mördernummer entwickelt, aus der dann auch keiner mehr heraus kommt. Das ist eine riesen Falle, es sei denn, er hat das Glück, sein Fernseher geht kaputt, wie ich das Glück hatte.

KenFM: Herr Fleck, Sie planen eine Friedhof der Worte, habe ich das richtig verstanden?

Dirk C. Fleck: Ja, das ist eine alte Idee, die ich mal der Frankfurter Buchmesse vorgeschlagen habe, die auch ganz begeistert war. Die wollten vor den Hallen ein Waldfriedhof mit mir bauen, wo Worte täglich beerdigt werden von Schriftstellern, die da gerade ihre Bücher vorstellen mit Grabreden und so weiter. Und dann gibt es also ein  Massengrab mit den Worten, die die Nazis vernichtet haben. Dann gibt es die Worte, die unter dem Oberbegriff Liebe nicht mehr angewendet werden wie „Feinsliebchen“ beispielsweise, und dann gibt es Worte, die in der rasenden technischen Entwicklung sich einfach überholt haben. Und so ist dieser Waldfriedhof aufgegliedert in verschiedene Bereiche und in der Mitte steht ein Ehrenmal, und dort thront Blattgold-verziert das Wort Sympathisant. Und ich selbst wurde Zeuge in den 70er-Jahren, wie im Zuge der RAF-Hatz, Leute diffamiert wurden als Sympathisanten durch die Presse. Und plötzlich war dieses wunderschöne Wort – ich meine, ich kenne kaum ein schöneres – etwa so schwarz und negativ behaftet, wie heute das Wort Terrorist. Also, Nietzsche nennt das die Sprachverwirrung des Guten und des Bösen. Und die Medien haben daran erhebliche Schuld an diesen Entwicklungen. Also die Medien sind eigentlich die Betreiber dieser Sprachverwirrung.

KenFM: Ich möchte auf ein Wort zurückkommen, was Sie benutzt haben, da stelle ich fest, dass Sie das Wort, dass Sie Old School sind, sage ich jetzt mal, neudeutsch sage ich mal Old School. Sie sagen, „Raubtierkapitalismus“, und da würde ich insofern widersprechen, dass Raubtiere ab Punkt-X ja eine Beißhemmung haben. Ist es nicht Turbokapitalismus?

Dirk C. Fleck: Ja, das war nicht geschickt gewählt das Wort, ja. Suprakapitalismus benutze ich eigentlich immer. Raubtierkapitalismus ist völlig daneben, da gebe ich Ihnen Recht.

KenFM: Was macht dieser Suprakapitalismus? Ist das ein Endkapitalismus oder kann man das noch steigern? Was wäre die Steigerungsform?

Dirk C. Fleck: Also, es gibt eine. Man glaubt ja immer, dass es für gewisse Begriffe keine  Steigerungsform gibt. Nennen Sie mir doch mal die Steigerungsform von Tod.

KenFM: Wo, in der Masse?

Dirk C. Fleck: Ausgestorben.

KenFM: Das ist richtig, ja.

Dirk C. Fleck: Das meine ich. Das macht dieser Suprakapitalismus. Er geht wirklich in seinem mörderischen Mechanismus, der durch nichts aufzuhalten ist, bis an seine natürlichen Grenzen. Das Ding ist ja, Sie können ja im Prinzip, auch, wenn unsere Empörung immer gegen Personen zielt, und wir uns wünschen, dass Atommanager, Politiker, Wirtschaftsleute vor Gericht gestellt werden, wenn wir von einer gerechten Gesellschaft träumen, so könnten wir das Problem nicht lösen. Wissen Sie warum? Weil das System so angelegt ist, dass jeder, der in diesem System zu Macht und Geltung kommt, nur einem Gesetz verpflichtet ist. Er muss der Spur des Geldes folgen. Tut er das nicht, wird er ausgetauscht in dem System. DAS ist das System. Das heißt, es ist völlig egal, ob Sie heute den Ackermann oder sonst wen vor Gericht stellen, das System kümmert das einen Dreck. Das ist ein Perpetuum mobile, möchte ich mal fast sagen.    

KenFM: Herr Fleck, wenn wir die aktuelle Situation mal mit der Titanic vergleichen wollen, so wie Sie sie gerade beschrieben haben, das war ja eher ein düsteres Bild. Ich habe da auch eine gewisse Wut bei Ihnen gespürt, dann kann man sagen, dass dieser Globus eine  Titanic ist und die Titanic ist untergegangen. Da haben sich auch relativ viele reiche Menschen im Vergleich zu den Armen, die an Bord waren, retten können, aber es kam dann ein großes Schiff und hat diese Menschen aufgenommen. Gibt es dieses große Schiff am Ende des Untergangs dieses Kapitalismus noch?    

Dirk C. Fleck: Nein, das gibt es nicht mehr, aber es gibt Rettungsinseln. Und komisch, dass Sie das erwähnen. Mein neues Buch handelt genau davon. Auf der eine Seite beschreibe ich den Untergang der Zivilisationen auf viele Ebenen in der heutigen Ersten Welt, und praktisch als Balance auf der anderen Waagschale beschreibe ich, wie aus der Not geboren in verschiedensten Regionen dieses Planeten ein neues Bewusstsein wächst, dass spirituell untermauert ist. Und jetzt haben wir das fatale Wort „spirituell“ ausgesprochen, mit dem Sie ja auch zu tun haben. Und ich verstehe einfach nicht, warum die Menschen diesem Begriff gegenüber eine solche Scheu haben. Das ist eben sehr schade, weil damit sich die gesellschaftspolitische Debatte nicht wirklich nach vorne bewegen lässt, wenn man das Wort nicht annimmt, auf das es eigentlich ankommt zurzeit.

KenFM: Wie lang wird denn dieser Kahn, der hat ja schon Schlagseite, wie lang wird der denn noch über Wasser bleiben?

Dirk C. Fleck: Ja, da gibt es ja die diverse Berechnungen, die alle sehr unterschiedlich auslaufen, das hat sehr entscheidend damit zu tun, dass wir den, wie sagt man – Peak Oil, dass wir den Punkt überschritten haben und derjenige, der das am intensivsten gepredigt hat, der ist vor kurzem gestorben, der hat sich umgebracht – Michael C. Ruppert. Der hat es nicht mehr ausgehalten, der ist als Prediger und Warner so intensiv an der Front unterwegs gewesen, dass er diese ganzen Widersprüche und Entgegnungen, die er auszuhalten hatte, nicht mehr ertragen hat und er hat sich umgebracht. Aber ich kann nur jedem raten, seinen Film „Collapse“, auf Englisch geschrieben c, o und so weiter, sich anzugucken, weil da ist bereits alles drin und ganz am Ende fängt er auch an zu weinen in diesem Video und sagt, das ist etwas, was ich eben auch tief im Herzen trage: Alles, was die Menschen an schönen Dingen kreiert haben, die ganz Kunst, die Musik, die Malerei, die Herzensliebe, die wir miteinander entwickeln konnten, ist unter diesem Berg von Scheiße begraben.

KenFM: Würden Sie den Menschen, so wie wir ihn heute vorfinden, würden Sie ihn als Auslaufmodell bezeichnen? Ein Auslaufmodell, das sich auch nicht ändern kann, also das einfach auslaufen wird?

Dirk C. Fleck: Ja, da gibt es natürlich zwei Argumente dafür. Das eine ist einfach, dass wir durch die Hunger- und Dürrekatastrophen, durch den Klimawandel, durch den Atommüll, der zurückschlagen wird, durch die CO2-Emission, die sich jetzt aus den Weltmeeren lösen und im Permafrostboden nach oben geht, das ist natürlich eine unerträgliche Belastung der Luft und des Wassers, also auch unserer Grundnahrungsmittel haben werden, so dass sich die Zahl durch Katastrophen schon dezimieren wird, und zwar gewaltig. Ich bin nicht der Meinung, dass wir die 8 Milliarden noch erreichen werden oder die 9 Milliarden. Als ich geboren wurde, gab es 2,5 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Jetzt habe ich ein Menschenleben gelebt, und die Zahl hat sich verdreifacht. Das ist auch, wie Peak Oil jetzt, an seine Grenzen gestoßen. Also von daher wird es zurückgehen. Und, Sie meinen aber mit Auslaufmodell wahrscheinlich die Bewusstseinsebene.

KenFM: Ja, und auch die gesamt Menschheit. Das Bewusstsein gehört ja zum Menschen dazu, dass man dann, also, in einer Millionen Jahre wird sich die Erde erholt haben ohne Menschheit. Aussterben.

Dirk C. Fleck: Ja, das ist es. Also, bei all dem Schmerz, den wir empfinden, wenn wir an die augenblickliche Situation denken, darf man ja eins nicht vergessen: Der Planet hat Zeit. Wie Sie gerade gesagt haben. Für den sind ein paar Millionen Jahre Erholung überhaupt nichts. Der wird uns verkraften, da bin ich auch ganz sicher. Die Zivilisation in der heutigen Form wird garantiert keine 50 Jahre mehr existieren. Da bin ich auch ganz sicher. Und was sich dann in den Restbeständen der Menschheit neu organisiert und in welchem Bewusstsein das stattfindet, das weiß ich nicht. Das bleibt abzuwarten. Aber ich investiere in diese Geschichte mehr Hoffnung als in das, was wir als Gesamtheit heute veranstalten.

KenFM: Können Sie mir folgendes erklären? Mit Ihrer Erfahrung, die Sie natürlich haben, weil Sie länger auf diesem Planeten wandeln als ich. Was ich nicht verstehe, oder die Antworten, die ich dazu finde, sind für mich unlogisch. Think Tanks, die uns regieren, sage ich mal, wo die neuen Trends, die neuen Wirtschaftsimpulse, die neuen Ideen, die neuen Lösungen, was auch immer dort erdacht werden, diese Think Tanks strotzen ja vor Menschen, die auf ihrem Gebiet sehr klug sind. Das kann man ja nicht anders sagen, sind intelligente Menschen. Diese Menschen sehen doch auch, dass sie funktionieren im Think Tank, darum machen sie auch Karriere, aber dass sie in der Gesamtsumme die totale Zerstörung betreiben, von der sie aber betroffen sind. Wie blendet man das aus? Womit hat das zu tun?

Dirk C. Fleck: Das hat wahrscheinlich mit dem Instinkt zu tun, dass ich nur ein Leben habe und das dauert aller Wahrscheinlichkeit nach noch 30, 40 Jahre Maximum und innerhalb dieses einen Lebens, die meisten Leute glauben ja nicht an Wiedergeburten, werde ich für mich persönlich dafür sorgen, dass ich nicht betroffen bin in dem Maße. Das heißt, die Leute in den Think Tanks haben auch alle Familie. Und die sind käuflich. Ich weiß zum Beispiel, dass in Amerika Koch Industries, das ist eine Firma, die in, ich glaube, fünfzig verschiedenen Sparten unterwegs ist und eine der größten Global Player. Das weiß kein Mensch. Und Koch Industries, das sind die beiden Cook Brothers, heißen die, so spricht sich das aus, die haben etwas getan, was eben auch von den Medien, obwohl es bekannt ist, in keiner Weise diskutiert oder geschweige denn angeklagt wurde. Die haben eine eigene Armee von Aufklärern finanziert. Hunderttausende geschulter Menschen, von Koch Industries bezahlt, gehen in die amerikanische Provinz, um vor Ort den Leuten zu erklären, was für eine Lüge der Klimawandel ist. Das findet jetzt statt. Ich habe das in den Medien noch nicht gelesen.

KenFM: Das heißt, es ist eine PR-Industrie, die den Leuten das Gehirn wäscht…

Dirk C. Fleck: Damit sie so weiter machen können wie bisher.

KenFM: Da muss man ja manchmal annehmen, dass es Menschen auf diesem Planeten gibt, die wollen, dass es nicht weiter geht, jedenfalls nicht für alle. Die wollen, dass wir  uns abschaffen. Würden Sie so weit gehen oder sagen Sie, nein, das auch nicht.

Dirk C. Fleck: Es gibt eine ganz interessante Geschichte, und zwar in Georgia gibt es nahe der Autobahn seit ungefähr zehn Jahren ein Steinmonument, dass Stonehenge nachgebildet wurde. Auch mit diesen Löchern, wo die Sonne in einem bestimmten Winkel einfällt, total Mini-Stonehenge, aber schon ziemlich gigantisch. Und auf diesen Steinquadern ist in zwölf Sprachen, nicht auf deutsch, aber in arabisch, chinesisch, altgriechisch und so weiter, ist eine Satzung abgedruckt. Die geht davon aus, dass wir dafür zu sorgen haben, dass nicht mehr als 500 Millionen Menschen auf diesem Planeten leben, und das diese 500 Millionen im Einklang mit der Natur zu leben haben, wobei es notwendig ist, sie unter die totale Kontrolle zu bringen. Das steht da. Und kurz vorher, ein halbes Jahr vorher, habe ich ein Zitat von Ted Turner gelesen, dem CNN-Besitzer, der davon spricht, dass es unbedingt notwendig ist, die Menschheit auf 500 Millionen Leute zu begrenzen. Also, was läuft da ab?

KenFM: Die Frage kann man auch umdrehen, was muss ablaufen, damit nicht das abläuft, was wir sehen, was abläuft, nämlich die Vernichtung durch Überbevölkerung. Wie werden wir, frage ich es jetzt mal boshaft, wenn man Humanist ist und die traurige Aufgabe hat, dass man es bleiben soll, indem man versucht, die Menschen in die nächste Generation, die Zukunft zu retten, wie soll man das bewerkstelligen, Menschen loszuwerden, weil das doch ja inhuman ist?    

Dirk C. Fleck: Also, Humanist zu bleiben ist schon mal schwierig, weil dann können Sie ja einfach nur akzeptieren, was abläuft. Machen Sie sich Gedanken, vernünftige Gedanken über das, was der Planet an Mensch noch erträgt. Da müssen sie in Kauf nehmen, dass es rigide Maßnahmen braucht, um diese Rasse in Schach zu halten, die sich krebsgeschwürartig ausgebreitet hat. Nehmen wir mal eine Computersimulation der letzten 150 Jahre, also die Zeit, wo das Industriezeitalter voll zu Buche schlägt und wir stellen uns eine Kamera vor, die eine Erdumrundung macht, aber das sind 150 Jahre. Und das raffen wir auf eine Stunde. Was würden wir sehen? Wir würden den Planeten vor unseren Augen verfaulen sehen. Wer danach noch auf die Idee kommt, dass diese Rasse gesund ist für Mutter Erde, der spinnt. Also, wenn Sie sich um Mutter Erde sorgen, dann müssen Sie in der Lage sein, diese grausamen Perspektiven in Kauf zu nehmen. In einem Roman oder als Romanschriftsteller kann ich es mir leisten, ich habe ja in der „Ökodiktatur“ eine Konferenz in Seattle geschrieben, wo gerade beschlossen wird, mit einem Virenangriff und mit Trinkwasserverseuchung Afrika und China auszurotten. Also, ich meine, ich habe, als ich das geschrieben habe, schon einen Schreck gekriegt, nur das war ja am Schreibtisch und weit ab von der Realität. Aber dass das in den Planungen der Mächtigen, die ja sich wieder Freiräume schaffen müssen, auch gegen die ansteigende Empörung, die ihren wirklich fast bis zum Hals steht, die müssen sich ja Trutzburgen inzwischen bauen für ihren Reichtum, dass das Überlegungen sind, ist mir völlig klar. Nur werden die nicht bekannt gegeben. Ich weiß, dass in Amerika die FEMA, das ist die Heimatschutzbehörde, über 800 Konzentrationslager in dem Westen Nevadas, in Oklahoma gebaut hat, wo Leute, die Umweltflüchtlinge oder Armutsflüchtlinge sind, oder Leute, die die Refugien der Reichen bedrohen, ohne Anklage 10 Jahre lang festgehalten werden können. Das bestreitet auch gar keiner mehr. Die Pläne sind alle da, das sind auch NATO-Pläne, das hat in den 90er-Jahren ein Treffen pensionierter NATO-Generäle gegeben, die im Auftrag der NATO diese Szenarien, wie man in Zukunft mit Hunger und Umweltflüchtlingen umzugehen hat, entworfen haben. Die Papiere liegen vor, die kann man im Internet abrufen. Wo findet es in den Medien statt? Nirgendwo.

KenFM: Ich möchte einen Ausspruch von George Soros mal hier bringen, der gesagt hat, es findet ein Krieg, ein Medienkrieg statt zwischen den Armen und den Reichen, und die Reichen gewinnen. Die Reichen gewinnen da aber dann auch nicht, weil sie das, was sie können, sie können diese Zerstörung des Planeten ja nicht mehr aufhalten, weil sie davon auch leben. 

Dirk C. Fleck: Ja, ich meine, Reichtum ist ja dann nur gut, wenn man sich innerhalb der Gesellschaft über den Reichtum nach oben bewegen kann, um Macht auszuüben. Nur irgendwann zählt das alles nicht mehr, wenn die Gesellschaft, also ich sage mal, das System des Suprakapitalismus nicht mehr funktioniert, weil die Ressourcen nicht mehr da sind, dann sind auch die Reichen hilflos und was sie versäumt haben auszubilden, ihre Seele und ihr Herz, hinterlässt eine fürchterliche Leere. Außer Geld haben die armen Leute nichts und mit dem Geld können sie auch nichts mehr anfangen, insofern gehören sie nicht zu den Gewinnern.    

KenFM: Ich möchte auf ihr Buch zurückkommen. Wer war denn für Sie die größte, vielleicht auch, sage ich mal, erschreckendste Überraschung? Sie haben mit 25 Menschen gesprochen.

Dirk C. Fleck: Also, erschreckend war Volker Panzer, der ja eine Talkshow hatte, die mit erstaunlich intelligenten und potenten Leuten bestückt war. Da waren Leute wie Jean Ziegler und andere und so weiter. Also eigentlich sollte man davon ausgehen, dass er sein Bewusstsein weiter entwickelt hat. Aber ich meine, der ist eben auch dieses Standardargument geritten, die Menschen haben immer Lösungen gefunden, ja. Das kann ich ja schon gar nicht mehr hören. Wer mich erschreckt hat, war Jakob Augstein, den ich eigentlich für einen sehr intelligenten fähigen Journalisten halte, der aber in einem Punkt ein echtes Problem hat. Für ihn ist der Mensch, so wie ich ihn verstanden habe, nicht Teil der Schöpfung, nicht eingebettet in ein Ganzes, sondern das bestimmende Element auf diesem Planeten. Das ist die anthropozentrische Weltsicht, die er nicht aufgeben will. Er sagt, der Planet ohne Mensch ist nichts. Ich habe noch niemals einen solchen dummen Satz gehört. Und das von Jakob Augstein.           

KenFM: Augstein schreibt für den Spiegel, ist ,glaube ich, auch Mitbesitzer des Spiegel, aber er gibt vor allem auch den Freitag heraus, eine sehr kleine feine Gazette, die immer, glaube ich, bis 2016 noch guckt, ob sie das Oberwasser behalten kann und wenn das so geht, wie es geht, also wenn sie keine 60.000 Auflage mehr hinbekommen, dann werden da Arbeitslose produziert. Ich lese den Freitag regelmäßig, obwohl ich in der Community zum Teil auch hart attackiert werde, aber das sind dann Leute aus der Community, das sind Leser, die auch schreiben dürfen. Eine offene, gute Idee, aber manchmal schadet sich auch der Freitag damit. Nochmal zurück zu Augstein. Den Satz, den ich dort gelesen habe, ist, dass der Planet ohne den Menschen keinen Sinn macht. Meinen Sie das damit?   

Dirk C. Fleck: Ja. Ich meine, wie meint er das? Wie meint er das? Ich meine, jemand, der das im Kopf hat, der wird so auf die Fresse fallen, ja, spätestens in dem Moment, wo er stirbt. Ich meine, mir tun solche Leute inzwischen eher leid, als dass ich mich darüber empören könnte.

KenFM: Aber vielleicht haben Sie den Satz auch nicht verstanden. Was könnte Augstein damit gemeint haben?

Dirk C. Fleck: Ich habe mir Mühe gegeben, ich habe nachgefragt, aber er war nicht mehr diskussionsbereit.

KenFM: Sehen Sie da einen sehr christlichen Ansatz?

Dirk C. Fleck: Nee.

KenFM: Der Mensch als Krone der Schöpfung?

Dirk C. Fleck: Nee, das gar nicht mal, aber Augstein hatte von Anfang an in diesem Gespräch, als er gemerkt hat, was mir wichtig ist, Aversion entwickelt. Und die hat er in diesem Satz dann halt sehr deutlich herausgelassen. Es war ein unangenehmes Gespräch. Eines der Wenigen.   

KenFM: Macht für Sie denn der Planet Sinn, auch eine amerikanisch-deutsche Übersetzung, das eigentlich ein schlechtes Wort ist, Sinn kann man nicht machen. Dinge können sinnvoll sein oder können sie eben haben, aber bleiben wir dabei, macht für Sie der Planet Sinn ohne Menschen?

Dirk C. Fleck: Ja, absolut. Absolut. Also, der Mensch ist ja nur ein Lebewesen dritten oder vierten Grades in diesem Kontext. Und ist in seinen Kommunikationsmöglichkeiten entgegen dem eigenen Selbstverständnis meiner Ansicht nach unglaublich beschränkt. Inzwischen weiß die Wissenschaft, die weiß nicht viel, weil sie mit der Taschenlampe durchs All läuft, aber das haben sie inzwischen herausgekriegt, dass Pflanzen zum Beispiel ein viel filigraneres Kommunikationssystem miteinander haben als der Mensch. Wir leben doch, Herr Jebsen, inmitten von tausenden Parallelwelten, die alle in sich ein stimmiges System entwickelt haben. Ob es Ameisen sind, Elefanten, Pflanzen oder sonst was. Und die ihre Systeme auch untereinander so abgestimmt haben, dass das natürliche Gleichgewicht durch sie nie zu Schaden kommt. Der Einzige, der mit der Machete dort reinhaut, ist der Mensch, weil er nichts verstanden hat.

KenFM: Warum hat die Natur diesen Menschen zugelassen?

Dirk C. Fleck: Ja, das ist eine gute Frage. Also in meinem Zynismus habe ich mal gesagt, vielleicht hat die Evolution den Menschen nur dazu eingesetzt, diesen Planeten einmal kräftig umzupflügen, damit sich die Evolution neue Bahnen suchen kann. Mit den Jahren ist dieser Satz für mich immer tröstlicher geworden, weil ich finde keine andere Antwort für diese versammelte, geballte Dummheit, die diese Rasse auszeichnet.    

KenFM: Lassen Sie uns nochmal zurück zu diesem Buch kommen, wir wollen es ja immer wieder streifen – „Die vierte Macht“. Sie haben mit einem Kollegen gesprochen, den ich sehr schätze, nämlich Bröckers aus Berlin, der hat ein Buch, mehrere Bücher geschrieben über den 11. September, „Einsturz des Lügengebäudes“ war, glaube ich, der letzte Band, wo einfach nur ohne investigativ arbeiten zu müssen, Dinge in diesem Buch niedergeschrieben haben, die 9/11 so beleuchten, dass da so offene Fragen sind, dass er sagt, also wenn einer dieser vielen Fälle, die er dort aufzeigt, wenn einer dieser Fälle in einem normalen Kriminalfall auftauchen würde, würde es zu einer Wiederaufnahme des Falles führen. Bei 9/11 ist das nicht so. Ist für Sie 9/11 der Gau der Medien, was ihre Glaubwürdigkeit angeht?      

Dirk C. Fleck: Das könnte man so sehen. Ich glaube, dass es eine ganz extreme Zäsur ist, was die Medien betrifft, weil, was Bröckers gemacht hat, der ist ja nicht hingegangen und hat Behauptungen aufgestellt. Also er ist ja nicht zum Verschwörungstheoretiker geworden, sondern er hat Fragen gestellt, von denen man eigentlich erwarten sollte, dass sie die Medien grundsätzlich fragen. Aber es ist in der Weise nichts passiert und insofern gebe ich Ihnen Recht, es ist ein Gau, ja.

KenFM: Aber dieser Gau hat ja kollektiv funktioniert.

Dirk C. Fleck: Ja, der hat kollektiv funktioniert.

KenFM: Wie wurde da Druck ausgeübt?

Dirk C. Fleck: Ja, und jetzt kommen wir natürlich, wenn wir dort einen Verdacht entwickeln, sofort tatsächlich in die Nähe der Verschwörungstheorie, weil die Antwort darauf ist wahnsinnig schwierig, weil es gibt ja auch unter den Kritikern von 9/11 so unterschiedliche Standpunkte. Also, die einen sagen, da waren überhaupt keine Flugzeuge am Werk, die anderen sagen wieder, ja, das ist eine Cruise Missile im Pentagon gewesen. Es gibt so unterschiedliche Beweise auch von Sprengmeistern, von sonst was, dass man also wirklich mal auf einen Whistleblower warten müsste.    

KenFM: Was weiß Edward Snowden über 9/11, weil es gab ja vor der NSA auch Echelon?

Dirk C. Fleck: Ja, es gibt einen ganz interessanten Satz von dem Guardian-Journalisten Greenwald, heißt er. Der hat gesagt, also der eigentliche Hammer, den halten wir noch schön zurück, und er würde der amerikanischen Regierung jetzt schon mal raten, zu fliehen. Das kann nur mit 9/11 zu tun haben.

KenFM: Also, ich habe ja vor langer Zeit die Frage gestellt, ich habe mich ja da auch festgebissen, als Snowden flüchtete, was weiß Snowden über 9/11? Das war die erste Frage, die ich gestellt habe. Ich habe sie so in deutschen Medien nicht mehr gehört, ich stelle die Frage noch mal. Er weiß eine Menge, deswegen ist er in Moskau. Aber man muss gar nicht spekulieren, man muss gar kein Verschwörungstheoretiker sein. Ich frage einfach mal von Journalist zu Journalist, wie halten Sie es? Erst das Ereignis und dann die Meldung oder erst die Meldung und dann das Ereignis?    

Dirk C. Fleck: Ja, innerhalb des Ereignisses gingen ja Meldungen an Ereignissen mehrmals hin und her. Also die BBC hat ja über den Zusammenbruch von WTC 7 eine viertel Stunde vorher berichtet. Da stand es noch, da haben die schon über den Zusammenbruch berichtet.     

KenFM: Das ist die Frage, die ich an Sie habe, weil Sie sind länger im Geschäft. Können Sie mir das erklären, hat das mit der Zeitverschiebung zu tun?

Dirk C. Fleck: Nee, das kann nicht mit der Zeitverschiebung zu tun haben, wenn die…

KenFM: Es war eine Live-Schalte. Um 17 Uhr sendet die BBC und da wird schon ausführlich beschrieben, dass das Gebäude der Salomon Brothers zusammengestürzt ist und das es keine Toten gab und so weiter. Und 20 Minuten später stürzt es tatsächlich zusammen und man sieht im Hintergrund eben der Reporterin, dass das Gebäude noch steht. Sie wusste offensichtlich nicht, dass das WTC 7 ist. Können Sie mir das erklären? Wie geht das?

Dirk C. Fleck: Ich habe keine Ahnung, also das ist ein Unfall, ja. Der war bestimmt nicht beabsichtigt. Ein Unfall in der Berichterstattung und da sind sie in gewisser Weise auch ertappt worden. Das andere ist ja, dass die Trümmer der beiden Zwillingstürme so pulverisiert worden sind, dass es eigentlich nur allen wissenschaftlichen Angaben zufolge mit Mini-Atombomben ausgelöst worden sein kann. Das heißt, die Sprengsätze, die atomaren Mini-Sprengsätze müssen vorher am Gebäude bereits angebracht worden sein. Es gibt viele Indizien, die darauf hinweisen, zum Beispiel, dass dann die FBI-Agenten in totaler Strahlenmontur dort ankamen bei den Müllbergen, während die anderen Arbeiter alle noch irgendwie…

KenFM: Aber lassen sie uns gar nicht darüber reden.

Dirk C. Fleck: Ich will auch keine Behauptungen aufstellen.

KenFM: Es wird ja nicht bestritten, ich glaube, letztes Jahr hat ja auch ein britischer Staatsbürger gesagt, er möchte für diese britischen Medien, wo er sich schlecht informiert fühlt, auch gar keine Gebühren mehr bezahlen, ich glaube, der Mann hat Recht bekommen. Wie ist es möglich, dass das britische Staatsfernsehen zur prime time, am 11. September saßen wirklich alle vor dem Fernseher, über den Zusammenbruch von WTC 7 berichten kann, und zwar ein Detail über 7-, 8 Minuten und 20 Minuten später passiert das?

Dirk C. Fleck: Haben die Bilder gezeigt dabei?

KenFM: Sie haben das Bild gezeigt, aber es stand eben noch.

Dirk C. Fleck: Ach so, dann ist ja relativ einfach. Dann haben sie halt das Herrschaftswissen. Ich meine, wenn sie jetzt nicht den Zusammenbruch gezeigt haben, geht ja auch gar nicht.

KenFM: Nein, das steht ja noch.

Dirk C. Fleck: Na, dann haben sie sich einfach in der Zeit vertan, ja.

KenFM: Und wenn sie sich in der Zeit vertan haben, bedeutet das, dass irgendjemand mehr wusste, also, der wusste über die Zukunft Bescheid, so würde ich das jetzt mal deuten. Er wusste über die Zukunft Bescheid, weil er sie in der Gegenwart geplant hat, was dann zukünftig passieren würde. Müsste da nicht irgendein Journalist nachfragen? Bröckers hat es ja getan, aber wo sind die Anderen? Ich meine, das ist doch eine ganz einfache Geschichte.   

Dirk C. Fleck: Ich meine, die Journalisten, die dann in der Hierarchie nachfragen könnten, die sind mit Sicherheit in der Redaktion mit dem Thema nicht vertraut gewesen oder wurden auch nicht herangelassen. Das ist nun wirklich, läuft auf oberster Ebene ab, und da entscheiden zwei-, drei Leute in Absprache mit Washington, nehme ich mal an.    

KenFM: Hat der 11. September was mit Ihnen gemacht auch als Journalist?

Dirk C. Fleck: Na ja, er kam, ich sage mal, etwas zu spät, ich hatte mich bereits aus den Medien verabschiedet. Was ich am Anfang erlebt habe, war, wahrscheinlich, also waren diese faszinierenden Bilder, die ja um die Welt gingen. Und dann hat der Stockhausen als Erster gesagt damals, er hätte das mit klammheimlicher Freude beobachtet. Erinnern Sie sich? Karl-Heinz Stockhausen. Und da hat er mir einen Satz geliefert, über den ich lange nachgedacht habe. Und im Nachhinein habe ich mich gefragt, hast du das vielleicht auch mit klammheimlicher Freude gesehen, und da muss ich sagen, nein, weil ich habe auch die Leute da aus den Fenstern springen sehen und ich war also wirklich betroffen. Nur das fing ja ganz schnell an, dubios zu werden. Also, man kann ja ein paar Stunden später nicht gleich die Schuldigen benennen. Wir müssen uns darüber ja nicht unterhalten, es gibt ja tausend Merkwürdigkeiten dabei, aber 9/11 ist mit Sicherheit ein Medien-Gau. Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

KenFM: Darum geht es mir. Es ist ein Fall, der im Anschluss global die Politik verändert hat. Amerikanische Außenpolitik und damit alle, die davon betroffen sind. Die ganze Welt ist davon betroffen. Da wurde dann der Irak-Krieg mit erklärt, Afghanistan, in Saudi Arabien war man gar nicht. War on Terror wurde erklärt, NSA, Patriot Act. Alle diese Dinge, die ja nachwirken. SWIFT. Steckt überall mit drin. Trotzdem ist dieser Fall meiner Meinung nach eben nur durch diese Verschwörungstheorie, die ja als Commission Report existiert, das ist die Beweisschrift, was ja keine ist. Wir haben Informationen, die auf Folter beruhen, ein Gebäude wie WTC 7 kommt nicht drin vor und die Dinge, die man nicht erklären konnte, die hat man eben theoretisch erklärt, aber man wusste, dass es eben mehrere waren, das war also eine Verschwörung, das ist eine Verschwörungstheorie. Aber warum haben alle Journalisten stillgehalten, weil das wirkt ja bis heute nach? NSA ist ja, und später Osama Bin Laden wird getötet, allerdings habe ich nie ein aktuelles Bild gesehen. Ich sehe Spitzenpolitiker der Vereinigten Staaten, die in eine Ecke gucken. Auch da wieder. Können Sie mir das erklären? 

Dirk C. Fleck: Nein, ich war zu der Zeit nicht innerhalb einer Redaktion tätig. Insofern fällt es mir ein bisschen schwer, Auskunft darüber zu geben. Aber ich glaube, dass dieser Gewaltakt, den man sich auch, sagen wir mal, als Inside Job nie hätte vorstellen können, egal, ob es jetzt einer war oder nicht, so stark gewirkt hat und so viel Solidarität innerhalb weniger Sekunden für Amerika, das geschädigte Amerika, produziert hat, dass die Leute ja wie benommen waren an der Stelle. Nur dass dann nach einer Woche oder zwei oder drei überhaupt nichts mehr passiert, sondern einfach alles übernommen wird, was von offizieller Seite dort in die Welt gesetzt wurde, ist natürlich ein Armutszeugnis.          

KenFM: Ich möchte da noch mal auf ihr Buch zurückkommen, weil Bröckers darüber auch schreibt in Ihrem Buch, weil für ihn das auch etwas war, wo er gesagt hat, ok, da lehnt er sich weit aus dem Fenster und hat dann sehr großen Druck bekommen von der TAZ, die ja eigentlich sich auch immer als eine Gegenpressestimme des Mainstream verstanden hat. Sie lachen. 

Dirk C. Fleck: Entschuldigung.

KenFM: Bröckers sagt, und das finde ich erstaunlich und das ist vielleicht etwas, das macht ein wenig ratlos, Bröckers sagt, dass er mit seiner Mutter zum Beispiel darüber gesprochen hat, dass das, was da im Fernsehen läuft, nicht unmittelbar der Wahrheit entsprechen muss und verweist auf andere Quellen im Internet, wo jemand anderes das gefilmt hat mit seinem Handy und dann sagt die Mutter irgendwann, oh, das ist mir zu kompliziert, das stimmt doch hoffentlich alles gar nicht, aber das will ich ja gar nicht alles wissen. Wir sind beide Journalisten. Hat unser Beruf überhaupt einen Sinn, wenn Menschen vor der eigenen Freiheit, der gedanklichen Freiheit, mehr Angst haben, wie vor den Folgen eines Krieges zum Beispiel? Bringt das was?      

Dirk C. Fleck: Ja, an dieser Stelle merken wir einfach, wo unsere Grenzen als Journalisten liegen. Wir unterschätzen völlig, ich sage mal, das psychologische Abwehrbollwerk, was die Leute auf ihre Seelen legen, um eben nicht Schaden zu nehmen an solchen Informationen. Um ehrlich zu sein, kann ich das auch niemandem übel nehmen. Stellen Sie sich mal vor, Sie haben ein Leben lang an Werte geglaubt, die praktisch durch ein Ereignis auf den Kopf gestellt werden. Das würde ja bedeuten, dass Sie auch in Zukunft das gesamte Wertesystem in Frage stellen müssen. Und das ist eine enorme Anstrengung, ein enormes Risiko, mit dem sie weder an ihrem Arbeitsplatz Sympathien finden, noch in der Familie, noch sonst was und irgendwann geben die Leute da auf. Medien, die an dieser Stelle versuchen, aufzuklären, sind zum Scheitern verurteilt. Auch vielleicht ist das ein Grund dafür, dass der Versuch auch erst gar nicht unternommen wurde. Ich weiß es nicht.   

KenFM: Vielleicht ist es auch der Versuch, dass ein Journalist, der selber versucht, aufzuklären, ja sich selber dabei quasi auch vergiftet. Er schützt sich selber.    

Dirk C. Fleck: Das absolut, ja. Es gibt übrigens ein -, was 9/11 angeht, hat Michael Ende mit Sicherheit nicht vorhergesehen, aber er hat etwas gesagt: „Ich glaube, dass wir in unserem Geldsystem eine Art karzinombildendes Element haben, was unsere Wirtschaft fortwährend krank macht. Meiner Meinung nach kann dieses Geldsystem nur dadurch funktionieren, dass es immer wieder zusammenbricht und dann immer wieder von vorn begonnen wird. Diese Zusammenbrüche nennt man dann Kriege oder  Wirtschaftskatastrophen oder Inflation, je nach dem, aber das bedeutet eigentlich nur, dass dieses System in sich selbst kein Regulativ hat, was zu einer vernünftigen Eindämmung führen würde.“ Und wenn man sich jetzt, oder, ich bin niemand, der sich mit Wirtschaft sonderlich gut auskennt, aber dass die amerikanische Wirtschaft überdimensional hoch verschuldet ist, ist jedem bekannt. Und wenn Ende Recht hat, dann wäre es rein theoretisch an der Zeit, so ein Ding vom Zaun zu brechen.    

KenFM: Zumindest Krieg im großen Stil zu produzieren.

Dirk C. Fleck: Darf ich Ihnen mal etwas erzählen aus der Geschichte. Als das Römische Reich am Kollabieren war durch die vielen Kriege und so weiter, 43 vor Christi, wussten sie nicht mehr, wie sie ihre Gläubiger bezahlen sollten, und was haben sie gemacht? Sie haben die Gläubiger ausgeschrieben als Freiwild. Jeder, der einen dieser Gläubiger getötet hat, wurde finanziell belohnt. Auch die Sklaven der Gläubiger. Die sind in den Gully gegangen und haben sich versteckt. So ist das Römische Reich seine Schulden losgeworden. Ich will nur sagen, was in der Politik, wenn man, ich sage mal, den Gipfel der Ratlosigkeit erklommen hat, dann doch alles möglich ist.        

KenFM: Lassen Sie uns zur aktuellen Situation in den Medien kommen. Wir haben einen Medienkrieg, der auf einen Krieg vorbereitet, sage ich mal, oder auf einen, wir nennen es heute militärischen Konflikt, oder noch besser, Peace-Keeping-Operation mit Waffen. Die Krim-Krise. Was ist Ihrer Meinung nach die Krim-Krise und würden Sie hier von einer Gleichschaltung der Medien sprechen? Wie würden Sie es nennen?

Dirk C. Fleck: Sie sind gleichgeschaltet, was die Außenwirkung angeht. In wie weit das jetzt auf eine Absprache beruht, wage ich nicht zu behaupten. Aber das sie unisono den gleiche Mist verzapfen, ist klar. Dass sie sich vor der Wahrheit drücken, ist auch klar, was wiederum damit zu tun haben kann, dass sie keine eigenen Recherchemöglichkeiten besitzen, also weil einfach der Etat eingeschrumpelt worden ist. Das ist doch ganz klar Bröckers. Weil wir gerade von ihm geredet haben, hat er eine sehr schöne Karikatur ins Internet gestellt. Also man sieht Russland und drum herum sieht man lauter NATO-Stützpunkte und da drunter steht: „So eine Frechheit, dass das russische Reich unseren Stützpunkten so nahe kommt.“ Also, ich will nur sagen, die Ukraine spielt in den Plänen der USA, das ist jetzt aber meine persönliche Meinung, eine große Rolle, um eben diesen Euro-asiatischen Raum zu besetzen.          

KenFM: Um ihn zu spalten.

Dirk C. Fleck: Um ihn zu spalten. Und jetzt sind wir beide wieder Putin-Versteher. Ich behaupte nur, wenn wir ihn an dieser Stelle nicht so souverän erleben würden, es sehe die Geschichte schon mal ganz anders aus.

KenFM: Wo beginnt Ihrer Meinung nach Propaganda? Wurde das so geschickt gemacht, dass Sie das schon selber nicht mehr sagen können?

Dirk C. Fleck: Na ja, in dem Moment, wo der Journalismus aufgegeben hat, Meinung und Nachricht zu trennen. Das war immer so ein eherner Grundsatz, mit dem ich auch noch groß geworden bin im Job. Da wurden auch keine Überschriften gefärbt mit Meinungen, sondern die Überschriften basierten auf der Nachricht. Das gibt es ja heute alles gar nicht mehr. Da beginnt die Propaganda.

KenFM: Ist das für Sie eine Art von bestätigendem kritischen Wohlfühljournalismus? Was ist das? Also ist der Spiegel noch der Spiegel? Also Aust, der mal Chefredakteur war, ist heute an der Springer-Presse mit N24 beteiligt. Der letzte Bild-Chef Blome, der mit Augstein gerne im Studio steht, der leitet das Spiegel-Büro in Berlin.

Dirk C. Fleck: Herr Jebsen, die sind austauschbar. Der Wagner von der Bild-Zeitung könnte morgen die Chefredaktion vom Spiegel übernehmen, und er würde es genau so gut, wenn nicht besser machen und umgekehrt. Ja, die Leute sind total austauschbar. Die Zeiten des journalistischen Lagerdenkens, hier der liberale Stern und der Spiegel und dort die konservative FAZ, das ist alle Quatsch, das gibt es nicht mehr, weil unter diesen Logos die Belegschaften ständig hin und her gechincht werden.

KenFM: Also das ist wie Revolving Door.

Dirk C. Fleck: Ja. Und was ich früher noch erlebt habe, dass die Kollegen vom Stern, also Frau Stern und Herr Spiegel sich abends getroffen haben und jeweils zu ihrer Zeitungen standen, das ist alles längst überholt. Das sind alles Korrumpierte, also ich sage jetzt mal, nicht bezahlt, aber doch innerlich korrumpierte Medienarbeiter geworden.

KenFM: Das geht ja aber an der Bevölkerung dahingehend nicht spurlos vorbei, weil es ist im Moment, nein, sie sagen, es ist ein schmales Zeitfenster, aber es gibt es wenigstens, ja, es gibt da Windows, sich über das Internet parallel informieren kann und man kann es auch sehen, ich glaube, Sie habe es gerade erst veröffentlicht auf ihrem Account, dass nämlich die digitalen Medien, die großen digitalen Leitmedien, also mit der digitalen Ausspielung, massiv an Klickzahlen verdienen. Das ist im zweistelligen Bereich. Dreizehn, vierzehn, siebzehn Prozent. Sehen sie da Hoffnung? 

Dirk C. Fleck: Kurzfristig sehe ich da Hoffnung, weil wir im Moment in der Blüte des Internets uns befinden, das wird aber sehr schnell wieder eingeholt werden, nehme ich an.  Aber im Moment ist es tatsächlich so, dass die Menschen offensichtlich an der Art der Berichterstattung, die aus der konservativen Ecke kommt, nicht mehr glücklich werden. Damit werden sie nicht mehr glücklich, das kennen sie, das hängt ihnen zum Hals heraus und das was an frischer, wenn auch nicht immer nachprüfbarer Information aus dem Internet kommt und dem widerspricht, kriegt erst mal Beifall. Ich weiß nicht, in wie weit das bleibt, da müsste noch mehr Qualität herein, denke ich mir.

KenFM: Das ist gut gemeinter Bürgerjournalismus zum Teil, also Blogs und so etwas, aber da fehlt natürlich auch das Know-how für eine wirkliche fundierte Analyse, obwohl das als Pauschalurteil auch falsch ist. Es gibt da tolle Talente. Ich kenne da Menschen, die sind gerade mal 16 und haben eine tollen Blog, wo ich sage, wow, hätte ich nicht gedacht, würde ich sofort nehmen, wenn die Kollegen nicht aus England schreiben würden. Geistern Sie oder suchen und sehen Sie durch das Netz und gucken, was da so passiert? Surfen Sie so herum? 

Dirk C. Fleck: Ja.

KenFM: Und treffen Sie da auf solche Geschichten?

Dirk C. Fleck: Ja, mache ich schon und ich gucke mir die Sachen auch an. Nicht alle, aber viele. Das irre ist ja, dass gerade durch die Krim-Krise und das, was in der Ukraine passiert, folgendes zu beobachten ist: Die klassischen Medien starten gegen ihre eigene Leserschaft durch. Sie sehen das an den Kommentaren bei Spiegel online.

KenFM: Die sind besser, als die Artikel.

Dirk C. Fleck: Besser und anders, ja. Und trotzdem verändert sich nichts. Da heißt, die nehmen ihre Leser gar nicht mehr mit, die arbeiten gegen ihre Leser und das ist ein Phänomen, was sie wahrscheinlich selbst überrascht, aber was auf Dauer nicht gut geht.

KenFM: Sie haben in Ihrem Buch geschrieben, ich habe den Satz gefunden: „Wir sind in einer Phase des Verharmlosens.“ Sie sprechen auch die ökologische Situation an, die kapitalistische Situation, die globale Situation, und diese Phase des Verharmlosens, die wird Platz machen müssen für die Phase des Entsetzens. Wie wird dieses Entsetzen aussehen? Gibt es da einen Countdown, der, wo wir vielleicht schon auf der Drei sind, wie wird das Entsetzen aussehen?       

Dirk C. Fleck: Der Satz ist von Schellenhuber, dem Klimaforscher Schellenhuber. Der hat gesagt, also, wir werden aus der Phase der Verharmlosung in die Phase des Entsetzens kommen, und das hat damit zu tun, darüber habe ich mich mit Frank Schirrmacher, der unglaublich offen ist für alle diese Themen, also hat mich überrascht, sehr gut unterhalten können. Und er hat völlig Recht, wenn er sagt, ok, alle die Argumente, dass es Klimawandel schon immer gegeben hat, ist ja richtig. Nur die haben immer ein paar Jahrtausende gebraucht, und was wir heute erleben ist doch tatsächlich, dass wir Zeuge werden eines Klimawandels, den wir 1:1 beobachten können. So dramatisch ist es inzwischen.       

KenFM: Das heißt, die Gefahr ist die Dynamik.

Dirk C. Fleck: Ja. Und das ist natürlich, wenn das den Leuten erst mal bewusst wird in Holland oder sonst wo, wo die Meeresspiegel so schnell ansteigen, dann geraten wir natürlich sofort in die Phase des Entsetzens, nur dann ist es zu spät.   

KenFM: Jetzt bin ich mal ganz bösartig. Also angenommen, ich möchte die Menschheit reduzieren und ich sehe, dass ich zufällig durch meinen Lifestyle dafür sorge, dass die Meeresspiegel ansteigen, weil alles andere wegschmilzt, dann ist das doch ein guter Weg. 

Dirk C. Fleck: Was?

KenFM: Na, dann sterben die Menschen in großen Massen einfach. Sie können sie nicht retten. Da wären sie sie los. 

Dirk C. Fleck: Gefährliches Terrain, auf das Sie sich da begeben. Ich bin ohnehin der Meinung, dass der Drops gelutscht ist und wenn ich Geld hätte, würde ich mir jetzt einen Jaguar kaufen. Also, jetzt das war jetzt sehr provokativ. Nein, natürlich muss jeder in diesem Chaos, damit er nicht mitgerissen wird, von dieser Traurigkeit und diesem Entsetzen sehen, dass er sich persönlich, in seiner ganz persönlichen Existenz, mal in Korrespondenz begibt mit der Schöpfung. Mit dem Wunder der Schöpfung. Und das bedeutet, dass er zu einer gewissen Demut in seinem eigenen Leben finden muss, und wenn ihm das gelingt, dann wird er auch feststellen, dass diese Außenereignisse, so tragisch sie uns jetzt erscheinen, nicht mehr die Bedeutung haben.   

KenFM: Wir können ja noch lachen, das heißt, eine gewisse Hoffnung muss man ja haben, sonst ginge das ja gar nicht mehr. Humor kann ja auch ein Ventil sein oder auch eine Waffe oder einfach auch eine Energie, um weiter zu machen. Menschen sind flexibel, sehen wir es mal positiv. Menschen waren immer flexibel und sie mussten erst eine Katastrophe erleben, um zu neuen Höhen zu gelangen. Warum sehen sie die Dinge nicht so positiv, dass der Mensch auf eine globale Katastrophe zusteuert, es wird vielleicht Eliten geben, die sagen, ja, da helfe ich nach oder ich sorge dafür, dass nicht verhindert wird, aber die noch übrig bleiben, werden sich flexibel entwickeln. 

Dirk C. Fleck: Ja. Kann sein. Die, die übrig bleiben. Im Moment ist es so, dass wir, sagen wir, einen Dominoeffekt zusammenbrechender Systeme erleben, weil ein zusammenbrechendes System seine eigene Dynamik hat und die kann man auch nicht durch ein neues Bewusstsein ad hoc beenden. Was müsste denn passieren, um, sagen wir mal, das herzustellen, was Meadows die Resilienz nennt, einen federnden Aufprall. Das ist noch die einzige Chance, die er uns gibt.

KenFM: Meadows, die „Grenzen des Wachstums“ aus dem Jahre 1982.

Dirk C. Fleck: Die „Grenzen des Wachstums“, ganz genau. Und Meadows sagt, es ist natürlich auch für jedermann nicht vorstellbar, dass die Bedingungen, die wir bräuchten, um diese globale Konsumgesellschaft zur Einsicht zu bewegen, in irgendeiner Weise auf Erfolg zielen können. Nehmen wir nur mal das Beispiel Auto. Wir alle wissen, dass die Atmosphäre eine begrenzte Kapazität hat. Dass sie wie eine geschlossene Garage die Erde umfängt. Nun bitten Sie mal irgendeinen Autofahrer auf dieser Welt, egal, wie gebildet der ist, sich drei Minuten bei laufendem Motor in eine geschlossene Garage zu stellen. Der würde Ihnen den Vogel zeigen, weil er weiß, was hinten herauskommt. Und nun bitten Sie ihn, das Auto stehen zu lassen oder aus seinem Leben zu entfernen. Das wird nicht passieren. Das ist nur ein Beispiel, und so gibt es Millionen anderer Beispiele, wo wir einfach miteinander überfordert sind. Der Umbau der menschlichen Konsumkultur ist vielleicht die größte ordnungspolitische Aufgabe, der wir uns je gegenüber gesehen haben und die wird nicht zu stemmen sein. Nicht in der Geschwindigkeit, in der es  notwendig wäre.   

KenFM: Sie sagen, Sie machen eine interessante Wortschöpfung: Konsumkultur. Ist das Kultur?

Dirk C. Fleck: Nee. Aber K und K klingt nun mal gut. Es ist in gewisser Weise Kultur, weil auch das negative Abbild den gleichen Namen verdient. Und Konsum ist, glaube ich, mit Kultur zusammengenommen, schon ein Schimpfwort an sich. Also ich verstehe es so.

KenFM: Ich möchte mal den Kapitalismus zu Ende denken. Der Mensch ist ja ein Kostenbringer im Kapitalismus. Eine Arbeit, die durch eine Maschine gemacht werden kann, die kann günstiger gemacht werden. Wäre es nicht das effektivste, wenn der Mensch sich selbst abschafft, weil der Mensch möchte am Ende Spaß haben. Maschinen wollen keinen Spaß haben, Maschinen funktionieren. Ist das nicht das Endziel des Kapitalismus, wenn der Mensch sich selbst abschafft? Dann sind nur noch die Maschinen übrig. Das würde sich rechnen.

Dirk C. Fleck: Ja, weiß ich nicht genau, weil der Lustgewinn, ich sage mal, einer Machtelite besteht ja im Wesentlichen darin, Macht über Andere zu haben. Und Macht über Maschinen zu haben, ist nicht sexy. Also, so sehe ich das. Aber es gibt natürlich genügend Überlegung, immer angestoßen auch von der Science Fiction komischer Weise, ist die Realität da manchmal auf der Überholspur, dass man, sagen wir mal, ein willfähriges Publikum auf unterschiedlichste Art und Weise heranzüchten kann. Sie wissen, dass der Chip unter der Haut in der Diskussion ist, den man bereits Neugeborenen einpflanzen kann und so weiter, das heißt, die Perversität der Unterjochung, Unterwerfung des freien Geistes, die wird extrem zunehmen. Und was für ein Glück, dass ich das nicht mehr erleben soll.        

KenFM: Ich kann es vielleicht verhindern. Sie lachen. Herr Fleck, warum haben Sie dieses Buch geschrieben „Die vierte Macht“ – Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten?   

Dirk C. Fleck: Ich erzähle hier von einer Liebesgeschichte, die ich mit dem Journalismus habe, und dazu stehe ich nach wie vor. Dass diese Geschichte dann auseinander gegangen ist wie viele andere Liebesgeschichten auch, spielt jetzt keine Rolle, aber ich habe dann nach drei Romanen einfach wieder Lust gehabt auf was Journalistisches. Und da ich mich aber für journalistische Auftragsarbeit nicht mehr bezahlen lasse, habe ich mir das Thema selbst gesucht und habe gesagt, ich frage mal bei den alten Kollegen einfach noch mal vorbei, was die jetzt in der doch sehr dramatischer gewordenen Situation über ihre Aufgabe denken. Das war mein Ansatz.

KenFM: Zeitzeugen befragen.

Dirk C. Fleck: Ja, genau. Und da wir ja aus dem gleichen Stall kommen, ich viele Leute kenne und wir uns gegenseitig schätzen, habe ich sehr angenehme, sehr offene Gespräche führen dürfen und habe mir ein Bild machen können von dem, was an Bewusstsein in den Redaktionen vorherrschend ist, und das ist dann doch zum Teil sehr niederschmetternd. Aber ich bin froh, dass ich das Buch geschrieben habe. Das ist ein Zeugnis.   

KenFM: Gab es ein Presseerzeugnis, ein Buch, was Sie geschrieben haben, ein Aufsatz, wo Sie sagen, hier hat sich auch für andere außen sichtbar die Spreu vom Weizen getrennt? Sie haben das klassische Feld des Journalisten verlassen und sind auf ein anderes Feld übergewechselt und was war das für ein Feld?    

Dirk C. Fleck: Also, das war ein schleichender Übergang. Ich habe bei der Woche versucht, die eigentlich sehr tolerant war und für viele Themen sehr, sehr empfänglich, einfach zum Thema Ökodiktatur auf einer Seite Stellung zu nehmen und habe das Manuskript abgeliefert und bin nach Los Angeles geflogen, um Urlaub zu machen, und kam nach vier Wochen zurück und das Ding war immer noch nicht gedruckt. Und dann musste ich erfahren, unter welchen Qualen und mit welchen Widersprüchen dieser Artikel innerhalb der Redaktion diskutiert wurde, und dann bin ich zum Chefredakteur und der hat es dann durchgesetzt, aber mit erheblichen Kürzungen und Änderungen. Und da habe ich gemerkt, hier ist für mich das Ende der Fahnenstange erreicht. Ich werde nach dieser Erfahrung nicht mehr frei für dieses Medium schreiben können. Für andere schon mal gar nicht, weil die Woche lag ja weit vorne.

KenFM: Haben Sie das Feld des Journalismus damals verlassen, sind Sie geswitcht hinüber in einen Bereich, den man als Aktivist bezeichnen kann?

Dirk C. Fleck: Nein.

KenFM: Was sind Sie dann heute?

Dirk C. Fleck: Zeitzeuge. Und Romancier.

KenFM: Was macht man als Romancier?

Dirk C. Fleck: Man bündelt in Romanen die Erkenntnisse, die man als Zeitzeuge gewinnt und versucht sie, einem Publikum so plausibel, spannend und schmackhaft zu machen, wie es irgendwie geht. Und das habe ich auch lernen müssen. Ich bin ja nicht Bücherschreiber gewesen von Anfang an. Und da ich keine längeren Geschichten erzählen kann, das ist eine Schwäche von mir, ich kann nicht wie ein Romanschreiber dreihundert Seiten im Stück schreiben, ist mir unmöglich, ich bin Tageszeitungsjournalist, habe ich aus der Schwäche eine Stärke gemacht. Kein Kapitel in meinen Büchern ist länger als drei-, vier Seiten. Und dann habe ich immer drei-, vier Handlungsebenen mit einander verzahnt. Vor mir hergetrieben. Das liest sich so spannend, wie ein Drehbuch. Es ist praktisch wie ein Drehbuch geschrieben. Und die Leute, also der Leser, hat immer die Möglichkeit, nach drei Seiten zu sagen, so, jetzt bin ich müde, ich lese morgen weiter, aber meist kommt er dann nochmal zwei Seiten weiter. Und diese Schwäche, die ich zur Stärke gemacht habe, ist zu meinem Stil geworden. Das ist mir aber zugeflogen aus einer Schwäche heraus.

KenFM: Würden sie sich heute als einen Menschen bezeichnen, der einen journalistischen Background hat, aber sich heute eher auch als jemand versteht, der durch seine Bücher der Generation nach ihm und der Generation, die jetzt da ist und die aktiv genug im Kopf genug ist, Ratschläge zu geben? 

Dirk C. Fleck: Ratschläge nicht, aber Denkanstöße. Also, ich bin der Meinung, dass mein nächstes Buch wird den Titel „Dumm gelaufen – Eine Entschuldigung“ als Untertitel haben, weil ich der Meinung bin, dass es mal an der Zeit ist, sich bei der nächsten Generation zu entschuldigen für das, was wir hier veranstalten, und danach werde ich Heros schreiben, wo ich, wie gesagt, diesen fünfundzwanzig Menschen, die sich wacker gegen den Wahnsinn gewehrt haben unter Einsatz ihrer Finanzen und auch ihres Lebens, ein Denkmal setzen möchte und danach habe ich eigentlich vor, mich von dem Ökologie-Thema zu verabschieden für immer, weil dann werde ich auch 73-, 74 Jahre alt sein und dann wollte ich etwas aufleben lassen, was schon ewig nicht mehr geschrieben wurde, aber was in der Literaturgeschichte lange Tradition hat, den Sittenroman.        

KenFM: Da bin ich aber gespannt.

Dirk C. Fleck: Ich möchte einen abschließenden Sittenroman schreiben und ohne Zeitstress. Vielleicht wird er nicht fertig oder sonst was, und dieser Sittenroman spielt in einer Sex-Videokabine, doppelsitzig, wo sich ein verzweifelter Mann einmietet mit seinem Laptop, weil er keine andere Mönchszelle in dieser Gesellschaft findet. Und dieser Laden wird gesäubert von einem Schwarzen, der illegal in Deutschland ist. Also Robinson Crusoe und Freitag in einer Sex-Videokabine. Und die werden Freunde. Und draußen ist der Crack-Strich. Und mein Robinson sagt aber seinem Freitag, er möge bitte nie, wenn er einkaufen geht, irgendeine Information von draußen nach drinnen mitbringen. Und daran hält er sich auch, und irgendwann hält er es nicht mehr aus und geht selbst nachts heraus und stellt fest, dass der Krieg, der da draußen direkt vor seiner Kabine tobt, viel schlimmer ist, als das, was er da an seinem Laptop beklagt. Das ist jetzt die äußere Handlung eines großen Sittenromans, den ich mir vorgenommen habe. Irgendwas muss man sich ja vornehmen.           

KenFM: Lassen sie uns abschließend auf einen, ja, auch persönlichen Sittenroman zu sprechen kommen, an dem ich beteiligt bin, die Montagsdemonstrationen, von denen Sie vielleicht auch Wind bekommen haben. In Hamburg ist das nicht so groß, das hat auch damit zu tun, dass man in Hamburg immer noch Autos ohne Kleber fährt, das sind oft Neuwagen, frisch gewaschen, hier ist die Welt einigermaßen noch in Ordnung, obwohl ich weiß, dass das Bild auch hier täuscht. Auch hier gibt es Menschen, die nichts zu lachen haben, während es andere gibt, die sich morgens die Frage stellen, welchen Sportwagen nehme ich denn? Wie beurteilen Sie die Montagsdemonstrationen aus der Presse und haben Sie schon mal eine überhaupt so erlebt und Freunde gefragt, was machen die ihr denn da? Gibt es da einen Unterschied von der Wahrnehmung? Was sagen Sie generell dazu?    

Dirk C. Fleck: Also, ich war noch nie auf einer Montagsdemo, aber ich erinnere mich an die Demonstrationen, die ich damals in Berlin begleitet habe, und habe von daher schon eine gewissen Neugier entwickelt auf das, was sich dort tut und bin zu allererst auch im Netz auf diese enorme Intoleranz und Verunglimpfungskampagne gestoßen, die ja auch Ihnen zuteilwird, und ich hatte da mal an einer Stelle, weil ich auch Sonntag nachmittags Zeit hatte, mal so ganz kurz geantwortet auf so ein übles Ding, was gegen Sie oder gegen Elsässer oder Popp gerichtet war, weil ich es einfach nicht mehr, ich habe gesagt, so, Leute, jetzt ist mal genug und so.

KenFM: Man muss die Leute nicht mögen, aber man sollte nicht unter der Gürtellinie. 

Dirk C. Fleck: Ja, genau. Und dann passierte sofort folgendes, ich wurde hineingezogen in einen üblen Dialog, der darin gipfelte, dass man nachher dieses Plakat gepostet hat, das uns beide ja auch in Walsrode ankündigt, mit dem fettgedruckten Ding, und wie erklären Sie dies? Und da habe ich gemerkt, hoppla, ja, das ist kein Dialog mehr, das ist schlimmste Diffamierung.          

KenFM: Also diffamieren statt recherchieren?

Dirk C. Fleck: Ja, ja. Genau das. Und da habe ich mich gefragt, wieso eigentlich? Wieso wurde ich plötzlich als Neurechter da eingestuft, nur weil ich mit Ihnen die Absicht hatte, irgendwo aufzutreten? Und das konnte ich mir nicht erklären. Und dann habe ich ein Video ins Netz gestellt von Ihnen, dass ich mir selbst sehr genau angeguckt habe, weil ich wollte sie ja auch kennenlernen, und habe dann die Leute gefragt, wer von euch hat das gesehen und wer es gesehen hat und trotzdem so einer Meinung ist, möge mir doch bitte erzählen, welcher Satz ihnen nicht passt? Nur einen Satz bitte. Das ist natürlich keine Antwort gekommen und da habe ich gemerkt, wie die Mechanismen der Vorurteile greifen.   

KenFM: Vielleicht ist die Montagsdemonstration auch für mich eine Art von persönlichem Test, dem ich mich aussetze, nämlich die Frage zu beantworten, wer hetzt besser, die Rechten oder die Linken? Können Sie das beantworten?

Dirk C. Fleck: Also, ich glaube, dass die Linken ein Problem damit haben, weil sie, sagen wir, diese Art von Friedensprotest über die Jahrzehnte für sich gepachtet hatten.

KenFM: Das heißt, also die Linken und die Urheberrechte?

Dirk C. Fleck: Ja, genau. So ähnlich ist es wohl und dass die Linken schon immer Probleme hatten mit einer spirituellen Ausrichtung, ist ja auch bekannt, und wer diese anmahnt, also als Weg nach innen, was ja auch ein Schlagwort ist, der setzt sich natürlich sofort in Verdacht für irgendetwas. Also, mir war die ganze Sache dann irgendwann zu blöd, muss ich ehrlich sagen und auch vor unserem Gespräch jetzt haben sich Leute bemüßigt gefühlt, mir zu raten, mich nur nicht mir Ihnen zu zeigen und so weiter. Das ist, wahrscheinlich muss man da durch, wenn man eine gewisse Radikalität in die Diskussion bringt. Radikal sein heißt ja, an die Wurzel gehen, Radix, die Wurzel. Und wer die Wurzel des Übels nicht benennt, wird ja nie eine Antwort bekommen oder eine Erklärung für irgendetwas.      

KenFM: Den Montagsdemonstrationen, den Rednern, auch den Leuten, die vor Ort sind, wird vorgeworfen, dass sie oft komplizierte Inhalte in ganz einfache Slogans eindampfen. Zum Beispiel: „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen.“ Würden sie das unterschreiben?   

Dirk C. Fleck: Es ist gefährlich mit solchen Slogans. Den Reichen nehmen ist im Prinzip immer gut. Und Europa wollen, ja welches Europa will ich? Ich will bestimmt keine Wirtschaftsgemeinschaft, sondern ich will ein Europa der Toleranz, des Miteinanders und des Verständnisses. Aber, wie gesagt, Herr Jebsen, ich nehme an solchen tagespolitischen Diskussionen auch nicht mehr teil.      

KenFM: Aber muss man da den Fehler auch bei sich selber suchen, ein Slogan, „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen“, also dieses, zu mir mit dem Reichtum, ist das ein Fehler?    

Dirk C. Fleck: Na ja, die Gefahr besteht immer, dass man dort unwahrscheinlich verallgemeinert. Natürlich ist das im Prinzip richtig, nur man müsste es den Leuten auch erklären.

KenFM: Das heißt, mit so einem Spruch verunsichert man, und man sollte davon, weil es pauschal ist und aggressiv machen könnte, davon Abstand nehmen? 

Dirk C. Fleck: Ja, ich weiß nicht, ob man politisch anders arbeiten kann als mit pauschalen Schlagzeilen. Das tun die anderen ja auch.

KenFM: Also, halten Sie diesen Slogan: „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen“, für einen Fehler? 

Dirk C. Fleck: Nein. Eigentlich nicht.

KenFM: Und wenn der auf der Montagsdemo gesagt werden würde, wie würden sie das finden?

Dirk C. Fleck: Das ist völlig in Ordnung als Message in meinen Augen.

KenFM: Es ist das Plakat der Linken zu Europawahl.

Dirk C. Fleck: Ja? Echt? Wie kommen die jetzt darauf?

KenFM: Ich weiß es nicht, ich habe meinen zweiten Satz auch auf der Montagsdemonstration gehört. Man möchte kein Europa der Vermögenden. Ist ja praktisch dasselbe. 

Dirk C. Fleck: Ja, ich meine, es ist ja gut, wenn sich die Fronten vermischen, weil, worum geht es? Es geht ja nicht darum, dass wir uns in Gegnerschaft miteinander aufreiben, sondern dass wir einen Konsens finden, der uns es ermöglicht, gegen Zustände gemeinsam anzugehen, um überhaupt Erfolg zu haben, die wir ja alle mehr oder weniger miteinander beklagen. Und sich dort in Grabenkämpfen aufzureiben und Standpunkte, Positionen zu verteidigen, halte ich für einen absoluten Schwachsinn.     

KenFM: Eine letzte Frage an Sie als Journalisten, der Sie jetzt in die Tagespolitik zurückdrängt. Versuchen Sie die Frage so zu beantworten, als wären sie noch im Dienst. Wie ehrlich ist deutsche Außenpolitik?

Dirk C. Fleck: Ja, die deutsche Außenpolitik ist nicht ehrlicher als die amerikanische oder die russische. Also, ich glaube, dass wir es hier mit einer Insider-Politik zu tun haben. Welchen Regeln folgt Politik? Ich meine, das kannst du doch herunterbrechen auf Gewinnmaximierung. Und auf Einflussnahme. Und mit Sicherheit nicht auf Mitmenschlichkeit und Fürsorge. Also insofern ist jede Außenpolitik für mich, wenn sie denn nicht erkennbar um Frieden ringt, verräterisch.    

KenFM: Herr Fleck, Sie sind der Autor unter anderem des Buches „Die vierte Macht“ –   Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten. Stellen sich Spitzenjournalisten noch ihrer Verantwortung? Sind die 25 Spitzenjournalisten in diesem Buch die letzten, reichen die, oder stellt sich keiner mehr wirklich?

Dirk C. Fleck: Doch. Also daran hat sich nichts geändert. Es gibt überall und wird es auch immer geben, Leute, die sich nicht verbiegen lassen und die im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Beste zu tun versuchen. Davon kenne ich nicht so wenige, muss ich sagen. Und ich bin froh, also ich meine, der Beruf ist ja nicht total ausgedünnt an guten Geistern, das kann ja nicht angehen. Was die jetzt im Einzelnen in diesem Räderwerk noch bewerkstelligen können, kann ich nicht beurteilen. Aber was ich beurteilen kann, ist, was der Journalismus, wenn man ihn denn aus kritischer Distanz betrachtet, tatsächlich ist, hat Luis Bunuel formuliert in einem wunderbaren Zitat, dass ich zum Abschluss gerne von mir geben möchte. Sie wissen, wer Bunuel ist, dieser Regisseur, der mit den großen Menschen der 20er-Jahre in einer Hochblüte der europäischen Kultur kreativ tätig war. Der hat folgendes gesagt, das ist wirklich genial, ja. Das merken wir uns beide:

“Die Trompeten der Apokalypse ertönen schon lange vor unseren Toren, (- Das war in den 20er-Jahren.) und wir verstopfen uns die Ohren. Diese neue Apokalypse galoppiert, wie die alte, in Gestalt von vier Reitern heran, die Überbevölkerung – als erstem, als dem Anführer, der das schwarze Banner schwenkt – der Wissenschaft, der Technik und der Medien. All die anderen Übel, die über uns hereinbrechen, sind nur deren Folgen. Die Medien rechne ich ohne Zögern zu den apokalyptischen Reitern. Sie sind der bösartigste der vier Reiter, denn er folgt den drei anderen auf dem Fuße und ernährt sich von dem, was diese hinterlassen. Würde ein Pfeil ihn niederstrecken, so würde der Ansturm, der uns erwartet, bestimmt noch etwas aufgeschoben werden.”            

KenFM: Herr Fleck, Dirk C. Fleck, ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Gespräch.

Dirk C. Fleck: Ich bedanke mich auch.

Das war eine weitere Ausgabe von KenFM im Gespräch. Unser Gast war Dirk C. Fleck, Autor unter anderem des Buches „Die vierte Macht“, was ich nur dringend empfehlen möchte. Es ist auch amüsant bei 25 Autoren und 2 Frauen.

Mein Name ist Ken Jebsen und meine Zielgruppe bleibt der Mensch.