Schmutziges Geld in der iranischen Politik
Gelder aus dem Drogenschmuggel flössen teilweise in die iranische Politik. Das sagte der iranische Innenminister höchstpersönlich vergangene Woche. Und obwohl er seine Aussage mittlerweile etwas abgemildert hat, schließt er Einfluss des „schmutzigen Geldes“ auf die Politik immer noch nicht aus von Iman Aslani
Gleich zweimal hat der iranische Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli in den vergangenen zehn Tagen ein Thema angesprochen, das viel Aufsehen erregt hat.
Am 21. Februar sagte er bei einer Rede vor Drogenfahndern, ein Teil der Umsätze des Rauschgifthandels im Iran fließe „in die Politik und in die Wahlen“ und beeinflussten damit den Machttransfer.
Den jährlichen Umsatz des Drogenhandels im Iran schätzt Rahmani Fazli auf umgerechnet fünf Milliarden Euro. Das sei ein Drittel der staatlichen Investitionen, die der Iran in die Entwicklung des Landes investiere.
Der Minister warnte zugleich vor dem Einfluss der Rauschgiftschmuggler auf die Politik des Landes. Als Beispiel nannte er die finanzielle Unterstützung von Wahlkampfkandidaten durch „schmutziges Geld“.
Nach einer Welle der Kritik aus dem konservativen Lager des Iran und großer Aufmerksamkeit der persischsprachigen Medien im In– und Ausland milderte der Minister seine Worte nun etwas ab. Die Medien hätten seine Aussage verändert wiedergegeben, sagte er: „Die Schmuggler und die Terroristen investieren natürlich viel Geld, um die Macht an sich zu reißen und sich einen geschützten Bereich zu sichern. Wenn wir nicht aufpassen und uns nicht dagegen wehren, landet ein Teil dieses Geldes in die Politik.“
Empörung aus dem Parlament
Grund für die Abschwächung seiner Äußerungen könnte die heftige Kritik aus dem Parlament sein.
30 konservative Parlamentarier hatten Rahmani Fazli empört aufgefordert, Beweise für seine Behauptung offenzulegen.
Dabei kommt diese Reaktion aus einem Parlament, das seit Wochen aufgrund einer Korruptionsaffäre selbst stark in Kritik geraten ist. 170 Abgeordneten wird vorgeworfen, im Wahlkampf finanzielle Unterstützung bekommen zu haben.
Diese Unterstützung soll jemand geleistet haben, der wegen Korruption bereits zu einer langjährigen Haft verurteilt worden ist, behauptet Mohammad Reza Rahimi, Vizepräsident unter dem einstigen Staatschef Mahmoud Ahmadinedschad. Rahimi selbst wurde in dieser Affäre zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt und sitzt seine Strafe derzeit im Gefängnis ab.
„Systematische Korruption“
Der Innenminister gehört selbst zum konservativen Flügel des politischen Spektrums im Iran und ist ein enger Gefährte des Parlamentsvorsitzenden Ali Larijani. Dass sich ein so hochrangiger Politiker überhaupt zu diesem Tabuthema äußert, liegt darin begründet, dass Korruption im Iran mittlerweile so ein enormes Ausmaß angenommen hat, dass nicht nur die Exilopposition von „systematischer Korruption“ spricht. Die millionenschwere Affäre, die Ex-Vizepräsident Mohammad Reza Rahimi ins Gefängnis brachte sowie die Unterschlagung von 750 Millionen Euro bei iranischen Banken sind nur zwei der bekannt gewordenen Beispiele aus den vergangenen drei Jahren.
Den Terminus „systematische Korruption“ benutzte auch Ahmad Tavakoli, ebenfalls ein einflussreicher und langjähriger Parlamentarier aus dem konservativen Lager. Er sagte im März 2014, sogar die staatlichen Antikorruptionsbehörden selbst seien von Korruption befallen.
Doch die Äußerung des Innenministers sorgte für mehr Aufsehen: Immerhin ist das von ihm geführte Ministerium selbst für die Bekämpfung von Schmuggel und die Organisation der Wahlen zuständig ist.
Anschuldigung der Revolutionsgarde
Dabei wird im Iran seit Jahren gemunkelt, dass die Machthaber selbst ihre Hände im Drogenschmuggel hätten. Denn so ein profitables Geschäft könne nicht laufen, ohne den Sicherheitsbehörden aufzufallen, meinen Kritiker.
2012 wurde ein hochrangiges Mitglied der iranischen Revolutionsgarde von den USA auf die Sanktionsliste gesetzt. Dem General der „Quds-Einheit“ (Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarde für exterritoriale Operationen) Gholamreza Baghbani wurde vorgeworfen, den Schmugglern Drogentransit aus Afghanistan nach Europa ermöglicht zu haben. Die Schmuggler sollten als Gegenleistung die Taliban-Kämpfer in Afghanistan mit Waffen beliefern.
Der US-Staatssekretär für Terrorismus und Finanzkriminalität, David S. Cohen, beschuldigte die Quds-Einheit der Beteiligung am Drogenhandel und der Unterstützung des Terrorismus.
Finanzieller und politischer Einfluss der Revolutionsgarde
Die Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde zählen zu den einflussreichsten Funktionären des Landes. Der finanzielle Sektor dieser militärischen Organisation (Khatam Ghorb) besitzt mehrere Kartelle und Großfirmen und beschäftigt laut eigenen Angaben 135.000 ArbeitnehmerInnen. In der Amtszeit von Präsident Ahmadinedschad hat die Revolutionsgarde ihre finanzielle und vor allem politische Macht massiv ausgebaut. Viele ihrer hochrangigen Mitglieder sitzen im Parlament, besetzen hohe Ämter oder haben die Aufsicht über beliebte Sportclubs.
Es gibt bislang keinerlei Belege darüber, ob und wie viel „schmutziges Geld“ in die iranische Politik fließt. Ex-Vizepräsident Rahimi ist bislang der einzige hochrangige iranische Politiker, der wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Und Rahimis Freunde sagen, seine Verurteilung beruhe nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf internen politischen Machtkämpfen. Auch die Vorwürfe gegen die 170 Parlamentarier, die finanzielle Unterstützung erhalten haben sollen, werden bislang nicht ernsthaft verfolgt.
Dennoch oder gerade deshalb ist die Äußerung des Innenministers eine Bestätigung für jene, die schon immer behaupteten, dass das politische System im Iran korrupt sei.
Von Iranjournal.org 06.03.2015 übernommen
Schmutziges Geld in der iranischen Politik
Gelder aus dem Drogenschmuggel flössen teilweise in die iranische Politik. Das sagte der iranische Innenminister höchstpersönlich vergangene Woche. Und obwohl er seine Aussage mittlerweile etwas abgemildert hat, schließt er Einfluss des „schmutzigen Geldes“ auf die Politik immer noch nicht aus von Iman Aslani
Gleich zweimal hat der iranische Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli in den vergangenen zehn Tagen ein Thema angesprochen, das viel Aufsehen erregt hat.
Am 21. Februar sagte er bei einer Rede vor Drogenfahndern, ein Teil der Umsätze des Rauschgifthandels im Iran fließe „in die Politik und in die Wahlen“ und beeinflussten damit den Machttransfer.
Den jährlichen Umsatz des Drogenhandels im Iran schätzt Rahmani Fazli auf umgerechnet fünf Milliarden Euro. Das sei ein Drittel der staatlichen Investitionen, die der Iran in die Entwicklung des Landes investiere.
Der Minister warnte zugleich vor dem Einfluss der Rauschgiftschmuggler auf die Politik des Landes. Als Beispiel nannte er die finanzielle Unterstützung von Wahlkampfkandidaten durch „schmutziges Geld“.
Nach einer Welle der Kritik aus dem konservativen Lager des Iran und großer Aufmerksamkeit der persischsprachigen Medien im In– und Ausland milderte der Minister seine Worte nun etwas ab. Die Medien hätten seine Aussage verändert wiedergegeben, sagte er: „Die Schmuggler und die Terroristen investieren natürlich viel Geld, um die Macht an sich zu reißen und sich einen geschützten Bereich zu sichern. Wenn wir nicht aufpassen und uns nicht dagegen wehren, landet ein Teil dieses Geldes in die Politik.“
Empörung aus dem Parlament
Grund für die Abschwächung seiner Äußerungen könnte die heftige Kritik aus dem Parlament sein.
30 konservative Parlamentarier hatten Rahmani Fazli empört aufgefordert, Beweise für seine Behauptung offenzulegen.
Dabei kommt diese Reaktion aus einem Parlament, das seit Wochen aufgrund einer Korruptionsaffäre selbst stark in Kritik geraten ist. 170 Abgeordneten wird vorgeworfen, im Wahlkampf finanzielle Unterstützung bekommen zu haben.
Diese Unterstützung soll jemand geleistet haben, der wegen Korruption bereits zu einer langjährigen Haft verurteilt worden ist, behauptet Mohammad Reza Rahimi, Vizepräsident unter dem einstigen Staatschef Mahmoud Ahmadinedschad. Rahimi selbst wurde in dieser Affäre zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt und sitzt seine Strafe derzeit im Gefängnis ab.
„Systematische Korruption“
Der Innenminister gehört selbst zum konservativen Flügel des politischen Spektrums im Iran und ist ein enger Gefährte des Parlamentsvorsitzenden Ali Larijani. Dass sich ein so hochrangiger Politiker überhaupt zu diesem Tabuthema äußert, liegt darin begründet, dass Korruption im Iran mittlerweile so ein enormes Ausmaß angenommen hat, dass nicht nur die Exilopposition von „systematischer Korruption“ spricht. Die millionenschwere Affäre, die Ex-Vizepräsident Mohammad Reza Rahimi ins Gefängnis brachte sowie die Unterschlagung von 750 Millionen Euro bei iranischen Banken sind nur zwei der bekannt gewordenen Beispiele aus den vergangenen drei Jahren.
Den Terminus „systematische Korruption“ benutzte auch Ahmad Tavakoli, ebenfalls ein einflussreicher und langjähriger Parlamentarier aus dem konservativen Lager. Er sagte im März 2014, sogar die staatlichen Antikorruptionsbehörden selbst seien von Korruption befallen.
Doch die Äußerung des Innenministers sorgte für mehr Aufsehen: Immerhin ist das von ihm geführte Ministerium selbst für die Bekämpfung von Schmuggel und die Organisation der Wahlen zuständig ist.
Anschuldigung der Revolutionsgarde
Dabei wird im Iran seit Jahren gemunkelt, dass die Machthaber selbst ihre Hände im Drogenschmuggel hätten. Denn so ein profitables Geschäft könne nicht laufen, ohne den Sicherheitsbehörden aufzufallen, meinen Kritiker.
2012 wurde ein hochrangiges Mitglied der iranischen Revolutionsgarde von den USA auf die Sanktionsliste gesetzt. Dem General der „Quds-Einheit“ (Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarde für exterritoriale Operationen) Gholamreza Baghbani wurde vorgeworfen, den Schmugglern Drogentransit aus Afghanistan nach Europa ermöglicht zu haben. Die Schmuggler sollten als Gegenleistung die Taliban-Kämpfer in Afghanistan mit Waffen beliefern.
Der US-Staatssekretär für Terrorismus und Finanzkriminalität, David S. Cohen, beschuldigte die Quds-Einheit der Beteiligung am Drogenhandel und der Unterstützung des Terrorismus.
Finanzieller und politischer Einfluss der Revolutionsgarde
Die Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde zählen zu den einflussreichsten Funktionären des Landes. Der finanzielle Sektor dieser militärischen Organisation (Khatam Ghorb) besitzt mehrere Kartelle und Großfirmen und beschäftigt laut eigenen Angaben 135.000 ArbeitnehmerInnen. In der Amtszeit von Präsident Ahmadinedschad hat die Revolutionsgarde ihre finanzielle und vor allem politische Macht massiv ausgebaut. Viele ihrer hochrangigen Mitglieder sitzen im Parlament, besetzen hohe Ämter oder haben die Aufsicht über beliebte Sportclubs.
Es gibt bislang keinerlei Belege darüber, ob und wie viel „schmutziges Geld“ in die iranische Politik fließt. Ex-Vizepräsident Rahimi ist bislang der einzige hochrangige iranische Politiker, der wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Und Rahimis Freunde sagen, seine Verurteilung beruhe nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf internen politischen Machtkämpfen. Auch die Vorwürfe gegen die 170 Parlamentarier, die finanzielle Unterstützung erhalten haben sollen, werden bislang nicht ernsthaft verfolgt.
Dennoch oder gerade deshalb ist die Äußerung des Innenministers eine Bestätigung für jene, die schon immer behaupteten, dass das politische System im Iran korrupt sei.
Von Iranjournal.org 06.03.2015 übernommen