U-Boot-Jagd am Marinestützpunkt Muskö südlich von Stockholm am 5. Oktober 1982.

Über ein beschädigtes Mini-U-Boot 1982 in Schweden

„Eine Unterwasser-U-2“: Teil 1

Von Ola Tunander , veröffentlicht am: 17. Mai 2023, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 31.03.2023 auf www.olatunander.substack.com unter der URL <https://olatunander.substack.com/p/an-underwater-u-2-part-i> veröffentlicht. Lizenz: Ola Tunander, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

Die U-Boot-Zwischenfälle in den 1980er Jahren, insbesondere die Ereignisse in Hårsfjärden in der Nähe des Marinestützpunkts Muskö im Jahr 1982, waren von enormer Bedeutung für die schwedische Wahrnehmung einer Bedrohung aus Moskau. Schweden veränderte sich von einem Jahr zum anderen. Bis 1980 hatten 25-30% der Schweden die Sowjetunion als direkte Bedrohung oder als feindlich gegenüber Schweden wahrgenommen. Drei Jahre später, 1983, war diese Zahl auf 83% gestiegen. Schweden war ein anderes Land geworden. Die gesamte öffentliche Meinung hatte sich geändert. Die russische Bedrohung beherrschte Schweden. Die sozialdemokratische Partei Schwedens, die nun an der Regierung war, musste in die Defensive gehen.

In diesem Artikel soll ein konkreter Vorfall untersucht werden: Was geschah als das schwedische Schnellboot Väktaren am 5. Oktober 1982 um 14:40 Uhr eine Unterwasserbombe abwarf. Es gibt keine definitiven Beweise, aber zahlreiche Quellen behaupten, dass in diesem Moment ein kleines Unterwasserfahrzeug versenkt oder schwer beschädigt wurde. In diese Richtung deuten die Aussagen von schwedischen und amerikanischen Entscheidungsträgern, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich. Ein ehemaliger stellvertretender CIA-Direktor für Nachrichtendienste und ein ehemaliger US-Marineminister sprachen bei diesem Vorfall von einer „Unterwasser-U-2“. Was bedeutet, dass dieses Ereignis die gleiche Bedeutung gehabt haben könnte wie der Abschuss des amerikanischen U-2-Flugzeugs über der Sowjetunion im Mai 1960. Aber über den schwedischen Vorfall wurde nichts bekannt.

Viele der Quellen zu diesem Artikel sind nicht im Internet zu finden. Und viele von ihnen beziehen sich auf Dokumente in schwedischen Archiven und Archiven anderer Länder sowie auf Bücher und Interviews, die nicht im Internet zu finden sind. Um die Suche nach Originalquellen zu erleichtern, verweise ich auf eine frühere norwegische Version dieses Artikels („40 år siden ,U-2-episoden under vann“), die reguläre Fußnoten enthält und 2022 veröffentlicht wurde [1]. Ich werde diesen Quelle zu jedem Kapitel angeben.

In Teil I dieses Artikels beginne ich mit einem ersten Abschnitt, der den U-2-Zwischenfall von 1960 aufgreift und die Bedeutung dieses Ereignisses beschreibt. Im zweiten Abschnitt werden einige Aussagen hoher Beamter über ein beschädigtes oder gesunkenes Mini-U-Boot vorgestellt. Im dritten Abschnitt werden schwedische Dokumente über eben diesen Vorfall im Jahr 1982 besprochen [2]: das Kriegstagebuch des Marinestützpunkts, das Tagebuch des Verteidigungsministers und der Bericht des späteren Marinechefs Dick Börjesson über die Spuren auf dem Meeresboden. Ich habe Interviews mit mehreren Personen auf militärischer und ziviler Seite geführt und aufgenommen, die direkt an dem Vorfall beteiligt waren, und zwar nicht nur mit Schweden, sondern auch mit Amerikanern und Norwegern. Im vierten Abschnitt präsentiere ich Informationen aus einer Reihe von Gesprächen mit Offizieren und Zivilisten des US-Geheimdienstes und der US-Marine, aber auch Interviews mit Schlüsselfiguren, die Dirk Pohlmann für das ZDF und den deutsch-französischen Sender ARTE geführt hat [3].

In Teil II fahre ich mit einem fünften Abschnitt fort, in dem ich mögliche Szenarien für Schiffe diskutiere, die an der Operation teilgenommen haben könnten. Ich erörtere britische und westdeutsche U-Boote sowie italienische Mini-U-Boote unter amerikanischem oder britischem Kommando. Dieser Abschnitt basiert zum Teil auf amerikanischer Literatur, zum Teil auf Gesprächen mit zentralen Personen aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland, Norwegen und Schweden. Nicht zuletzt mit Robert Bathurst, dem ehemaligen Leiter des US-Marinegeheimdienstes, mit dem ich zehn Jahre lang zusammengearbeitet habe. Der sechste Abschnitt stützt sich auf Dokumente aus Schwedens offiziellem Bericht zur Geschichte des Kalten Krieges 1969-89 (2002), vom damaligen Chef der Marine und vom ehemaligen Leiter des Nachrichtendienstes, die für Premierminister Ingvar Carlsson geschrieben wurden, aber auch auf Bücher von Ingvar Carlsson selbst und seines Verteidigungsministers Thage G. Peterson.

In Teil III fahre ich mit einem siebten Abschnitt fort, der Einzelheiten über das schwedische System enthält, die auf Gesprächen mit Fachleuten des US-Marinegeheimdienstes wie Robert Bathurst und seinem Kollegen Bobby Inman beruhen. Während Bathurst Mitte der 1960er Jahre stellvertretender US-Attaché in Moskau war, war Inman stellvertretender US-Attaché in Stockholm. Inman war dann Direktor des Marinenachrichtendienstes, stellvertretender Direktor der Defense Intelligence Agency (DIA), Direktor der National Security Agency (NSA) und stellvertretender Direktor der Central Intelligence (DDCI). Außerdem war er der engste Berater von Präsident George H.W. Bush in Sachen Geheimdienst. Das Kapitel stützt sich zum Teil auf Informationen eines ehemaligen Vorsitzenden der Joint Chief of Staff (Generalstabchefs) und auf Informationen von Offizieren des Marinenachrichtendienstes. Ein achter Abschnitt enthält Informationen von Schlüsselfiguren der CIA und von Admiral James „Ace“ Lyons, der von 1981 bis 1983 Befehlshaber der Zweiten US-Flotte und von 1983 bis 1985 stellvertretender Chef der Marineoperationen war. Er wurde direkt vom Direktor der Central Intelligence Agency William Casey kontaktiert und sagte: „Es waren meine Mitarbeiter“, die das getan haben. Auf dieses Kapitel folgt eine Diskussion über die Quellen.

1. Ein U-2 Flugzeug über der ­Sowjetunion (1960) [4]

Der Abschuss des U-2-Flugzeugs am 1. Mai 1960 war möglicherweise das größte Ereignis dieses Jahres. Es war eine Katastrophe für die Vereinigten Staaten. Ein U-2-Aufklärungsflugzeug der CIA wurde über der zentralen Sowjetunion in der Nähe des Uralgebirges bei Swerdlowsk, dem heutigen Jekaterinburg (2500 km nördlich der Türkei), abgeschossen. Das Flugzeug, das aus Peshawar in Pakistan kam, war auf dem Weg nach Bodø in Norwegen. Es flog sehr hoch und machte extrem gute Fotos. Es sollte einen großen Teil der Sowjetunion abdecken und viele Militäreinrichtungen fotografieren. Das Flugzeug flog zu hoch, als dass die Russen es hätten angreifen können, aber nun wurde es abgeschossen. Die Explosion einer Rakete ereignete sich direkt hinter dem Flugzeug, als ob der Abschuss ein Unfall gewesen wäre. Der sowjetische Führer Nikita Chruschtschow protestierte scharf. Die Vereinigten Staaten, die zunächst keine Ahnung hatten, was die Russen wussten, folgten sofort ihrer stets im Voraus geplanten Tarngeschichte. Die USA behaupteten, das Flugzeug sei aus Adana in der Türkei gekommen. Es sei in Schwierigkeiten geraten und nördlich der Türkei verschwunden. Das Flugzeug war angeblich mit der Untersuchung von Luftbewegungen beauftragt. Der Pilot habe die Sauerstoffversorgung verloren und gemeldet, dass er in Adana nicht landen könne. Es wurde vermutet, dass er in Ohnmacht gefallen sein könnte. CIA-Chef Allen Dulles, der Director of Central Intelligence (DCI), hatte Präsident Dwight Eisenhower „kategorisch vollständige“ Garantien gegeben, dass der Pilot einen Absturz nicht überleben würde und dass die Russen das Flugzeug in dieser Höhe nicht abschießen könnten. Die Vereinigten Staaten behaupteten, dass sie sowjetisches Hoheitsgebiet nicht absichtlich verletzt hätten (Bamford, 2002; Brugioni, 2010; Burrows, 2001).

Es stellte sich jedoch heraus, dass es den Sowjets gelungen war, das U-2-Flugzeug abzuschießen, und dass der Pilot Gary Powers überlebt hatte und von den Russen gefangen genommen worden war. Die Sowjets waren in der Lage gewesen, den Film zu entwickeln, und sie sagten, dass die Bilder extrem gut waren. Es seien Bilder von wichtigen militärischen Einrichtungen gemacht worden. Nun mussten die Amerikaner zugeben, dass es sich um Spionage über der zentralen Sowjetunion handelte. Es war das größte diplomatische Desaster für die Vereinigten Staaten in diesem Jahr. Chruschtschow konnte sich über alle amerikanischen Lügen lustig machen. Die Amerikaner hatten nicht nur die Medien, sondern auch die Vereinten Nationen belogen.

Eisenhower wollte CIA-Direktor Allen Dulles entlassen, aber er konnte es nicht.

Es würde seiner eigenen Regierung den Eindruck vermitteln, dass er selbst nicht informiert war – obwohl viele wussten, dass er es war -, und es würde den Russen den Eindruck vermitteln, dass er selbst keine Kontrolle über die CIA oder seine eigene Verwaltung hätte. Eisenhower schrieb, dass Chruschtschow dann in der Lage sein könnte, seine eigenen Argumente außer Acht zu lassen. Chruschtschow könnte sagen, dass es egal sei, welche Versprechungen Eisenhower mache, da er ohnehin nicht die Verantwortung trage.

Das gleiche Problem stellte sich in Norwegen nach dem U-2-Vorfall. Obwohl viele in Bodø und im norwegischen Geheimdienst vom U-2-Flugzeug wussten, war unklar, was Premierminister Einar Gerhardsen und sein Außenminister Halvard Lange wussten. Gerhardsen sagte, man habe ihn über alliierte Aufklärungsflugzeuge informiert, die für kurze Besuche auf dem Flughafen Bodø gelandet waren [5], aber er wusste nichts von der Landung der U-2. Lange sagte dem sowjetischen Außenminister Andrei Gromyko, dass auch er nicht informiert worden sei. „Umso schlimmer“, antwortete Gromyko laut Langes engem Berater Einar Ansteensen. Das heißt, wenn der Ministerpräsident und der Außenminister nichts wussten, konnten die Amerikaner auf norwegischem Territorium machen, was sie wollten. Die Regierung hatte keine Kontrolle über ihre eigenen Streitkräfte. Wie konnten die Russen den Worten des Ministerpräsidenten vertrauen, wenn er nicht wusste, was seine eigenen Mitarbeiter taten?

Vladimir Cheremnykh, ein sowjetischer Generalleutnant, den wir 1994 an das Friedensforschungsinstitut Oslo (PRIO) einluden, war am Abschuss des U-2-Flugzeugs beteiligt. Das war wichtig für seine Karriere. In den Jahren 1976-86 war er als erster stellvertretender Stabschef des Leningrader Militärbezirks für die militärische Planung in Nordeuropa zuständig – ausgenommen 1980-81, als er Oberbefehlshaber der sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan war. Der U-2-Vorfall war einer der größten Geheimdienstskandale des Kalten Krieges. Es gab jedoch einen offenbar ebenso schwerwiegenden Vorfall in Schweden – auf dem Marinestützpunkt Muskö im Jahr 1982. Und von Cheremnykh erfuhr ich, dass dieser Vorfall, „ein gesunkenes Mini-U-Boot“, nicht sowjetischen Ursprungs war.

2. Erklärungen hoher Beamter über ein beschädigtes Mini-U-Boot [6]

Im Juni 1993 veranstaltete PRIO in Rjukan eine Konferenz über Atomwaffen und internationale Politik [7]. Ich unterhielt mich lange mit James Schlesinger, dem CIA-Direktor und Verteidigungsminister von Präsident Richard Nixon (1973-76). Ich aß mit ihm zu Mittag, und während unserer Autofahrt zurück nach Oslo bestätigte er, dass auf dem Marinestützpunkt Muskö ein westliches U-Boot unter US-Kommando beschädigt worden war. Aber er könne sich „nicht an die Einzelheiten erinnern“, sagte er. Mehr wollte er nicht sagen. Eine Person, die aufgrund ihrer Position ein Gespräch zwischen zwei englischsprachigen Botschaftern mitgehört hatte, konnte die gleiche Geschichte erzählen. Und 1999 erzählte mir Einar Ansteensen [8], während eines Gesprächs, das ich mit ihm im Dezember 1999 im Haus von Bernt Bull, dem Berater des ehemaligen norwegischen Außenministers Knut Frydenlund, führte, fast die gleiche Geschichte. Ansteensen war nicht nur Langes (Halvard Manthey Lange, norwegischer Außenminister von 1946-1965, Anm. d. Red.) engster Berater, sondern leitete auch 15 Jahre lang die politische Abteilung und den politischen Planungsstab im norwegischen Außenministerium. Er war ein Mentor der Außenminister Knut Frydenlund und Thorvald Stoltenberg gewesen. Ansteensen hatte während der U-Boot-Jagd 1982 mit dem US-Marineattaché in Stockholm zu Abend gegessen und erfahren, dass die Schweden versehentlich ein kleines U-Boot unter US-Kommando versenkt oder schwer beschädigt hatten. „Das war eine traurige Geschichte“, sagte er. Er habe nur den norwegischen Verteidigungsminister Sven Hauge darüber informiert, nicht aber Hauges schwedischen Amtskollegen General Lennart Ljung und auch nicht Premierminister Olof Palme, den er gut kannte. Mehr wollte er nicht sagen. Die Angelegenheit war offensichtlich sehr heikel.

Als ich als ziviler Experte an der offiziellen schwedischen U-Boot-Untersuchung 2000-2001 [9] teilnahm (an der dritten offiziellen U-Boot Untersuchung, Anm. d. Red.), erzählte ich Botschafter Rolf Ekéus, dem Leiter der Untersuchung, was Ansteensen gesagt hatte. Ekéus kannte Ansteensen, und was er wusste, war offensichtlich wichtig.

Die Untersuchung war ins Leben gerufen worden, nachdem der Verteidigungsminister von Präsident Ronald Reagan, Caspar Weinberger [10] (1981-87), in einem langen Interview im schwedischen Fernsehen (SVT) im März 2000 [11] gesagt hatte, dass die Vereinigten Staaten regelmäßig und häufig westliche U-Boote in schwedischen Gewässern eingesetzt hätten, um „die schwedische Bereitschaft zu testen“.

Einen Monat später hatte der britische Marineminister Keith Speed in einem anderen SVT-Interview dasselbe gesagt [12]. Er erzählte von „Penetrationstauchübungen. Können U-Boote tatsächlich in den Stockholmer Hafen eindringen und dort fast auftauchen? Nicht ganz, aber ähnliche Dinge. Wie weit könnten wir kommen, ohne dass Sie es bemerken.“ (Penetrationstauchübung = Eine Übung, um zu testen wie weit man unbemerkt in fremde Hoheitsgewässer vordringen kann, Anm. d. Red.) Sowohl Weinberger als auch Speed sagten, dass diese Operationen nach „Konsultationen zwischen beiden Seestreitkräften“ eingeleitet wurden. Im Falle Großbritanniens waren es der britische Chef des Verteidigungsstabs oder der Flaggoffizier (entspricht einem Admiralsrang, Anm. d. Red.) der U-Boote, die sich mit ihrem schwedischen Amtskollegen berieten. Wir haben Grund zu der Annahme, dass es sich bei dem Mini-U-Boot in Muskö 1982 nicht um ein sowjetisches U-Boot handelte, sondern um ein U-Boot, das für solche Tests verwendet wurde, über die Weinberger und Speed gesprochen hatten.

US-Verteidigungsminister Caspar Weinberger überreicht Präsident Ronald Reagan das erste Exemplar der populären Publikation des Verteidigungsministeriums, „Soviet Military Power” 1983. Das Verteidigungsministerium war in der Lage, die Sowjetunion als aggressive Macht darzustellen. Und der Einsatz westlicher U-Boote, die als sowjetische U-Boote bezeichnet wurden, veränderte die Wahrnehmung der sowjetischen Bedrohung nicht nur in Schweden, sondern in ganz Europa grundlegend. (Foto: Wikimedia Commons / public domain)

Jedes Jahr berichteten die Direktoren des U.S. Marinegeheimdienstes, John Butts (1982-85), William Studeman (1985-88) und Thomas Brooks (1988-91), vor dem Armed Services Committee des Repräsentantenhauses über die sowjetischen Marineaktivitäten und die Bedrohung der westlichen Länder, aber sie sprachen nie über sowjetische Vorstöße in schwedische Gewässer. Diese Vorstöße gab es nicht. Hätten sie Vertrauen in die schwedischen Berichte gehabt, hätten sie dies gesagt. Im März 1984 befragte das Armed Services Committee Konteradmiral Butts, den Direktor des Marinegeheimdienstes, zusammen mit John Lehman, Weinbergers Marineminister, zu den U-Booten in Schweden 1982-83. Butts sagte, dass das U-Boot, das 1981 bei Karlskrona auf Grund lief, ein „echtes“ sowjetisches U-Boot war [13], aber der Absatz über die U-Boote in Muskö 1982 ist immer noch geheim. Das bedeutet, dass diese U-Boote keine echten sowjetischen U-Boote waren. Es gab keinen Grund, diese Informationen geheim zu halten, und es war noch immer nicht möglich, sie freizugeben. Kurz nach diesem Treffen ließen hochrangige Offiziere jedoch etwas durchsickern. Sie erzählten „World News Tonight“ des Senders ABC (21. März 1984), dass die US-Marine U-Boote auch in den Gewässern befreundeter Länder eingesetzt hatte, während sie Hydrophone einsetzten und „die Fähigkeit eines Landes, Eindringlinge aufzuspüren“, prüften [14]. Die schwedische Kritik an den Vereinigten Staaten hatte Schweden offenbar zur Zielscheibe solcher Operationen gemacht. Ansteensen sagte, die Amerikaner hätten U-Boote in schwedischen Gewässern eingesetzt, aber nur bis zu einem bestimmten Breitengrad, um die Finnen nicht zu stören. Der schwedische Diplomat Rolf Ekéus (2000 zum Sonderbeauftrageten der schwedischen Regierung ernannt, um die schwedische Sicherheitspolitik während des Kalten Krieges und das Eindringen ausländischer U-Boote in schwedische Gewässer zu analysieren. Anm. d. Red.) und ich vereinbarten, dass ich mit Ansteensen sprechen sollte, sobald ich wieder in Oslo war, aber als ich dort ankam, war er gerade verstorben. Bei der Gedenkfeier nach der Beerdigung (17. April 2001) saß ich neben dem norwegischen Botschafter Arne Arnesen. Als ich ihm von der Untersuchung und den Äußerungen Ansteensens erzählte, sagte Arnesen vorsichtig: „Sind die Schweden reif genug für so etwas?“ Es war offensichtlich ein heikles Thema. Ich unterhielt mich auch regelmäßig mit dem damaligen Ministerpräsidenten Kåre Willoch, der sagte, er könne weder bestätigen noch dementieren, was Ansteensen gesagt habe, aber er fügte auch hinzu: „Man kann darauf vertrauen, dass das, was Ansteensen gesagt hat, richtig ist.“

3. Ein Unterwasser-U-2-Einsatz in den Stockholmer Schären (1982) [15]

Ich hatte einen besonderen Grund, mich für dieses Ereignis zu interessieren. 1985 hatte ich Kontakt zu einem schwedischen Taucher, der erzählte, dass er 1982 bei der U-Boot-Jagd in Muskö zu einem beschädigten Mini- oder besser gesagt einem Mini-U-Boot getaucht war und ein Kabel daran befestigt hatte. Sie hatten zunächst einen kleinen „schwarzen Hügel“ (später als „Walfischrücken“ bezeichnet) an der Oberfläche gesehen. Er wurde einige Minuten lang bis um ca. 14:15 Uhr beobachtet (laut dem Kriegstagebuch der Marinebasis) [16]. Ein Hubschrauber nahm Kontakt mit ihm auf. Ein schwedisches Väktaren-Schnellboot warf eine Unterwasserbombe auf das Schiff. Diese habe das Mini-U-Boot zufällig getroffen und versenkt, sagte der Taucher. Ein Mini-U-Boot wurde möglicherweise „einmal durch eine Unterwasserbombe beschädigt“, schrieb die U-Boot-Verteidigungskommission 1983 in ihrem Bericht. Dem Kriegstagebuch der Marinebasis zufolge hat nur einmal ein schnelles Angriffsboot eine einzige Unterwasserbombe abgeworfen: Väktaren um 14:40 Uhr am 5. Oktober. Die Zielinformation erhielt es von Hubschrauber 71. Der Zeitpunkt des „beschädigten Mini-U-Boots“ wurde bei der U-Boot-Untersuchung 2001 von Mauritz Carlsson, dem Geheimdienstchef des Marinestützpunkts 1982, bestätigt.

Per Rudberg, Chef der Marine (1978-84), sagte 1983, dass ein Mini-U-Boot beschädigt worden sei. Um 14:42 Uhr, zwei Minuten nach der Detonation, meldete der Hubschrauber Y71 etwas auf der Oberfläche. Um 14.50 Uhr kehrt Y71 zur Basis zurück. Nach Angaben eines Militärarztes des Marinestützpunktes kam die Hubschrauberabteilung mit einem amerikanischen Taucher, der einen freien Aufstieg machen musste. Er überlebte.

Sie nannten ihn „Ohio“. Sie fragten ihn, woher er komme, aber er sagte nichts. Er zeigte nur geradeaus nach unten. Nach einer Stunde traf ein Wagen der US-Botschaft ein und kümmerte sich um den Taucher. Es war so etwas wie eine „Unterwasser-U-2“. Wie schon 1960 hatte der Pilot überlebt und war versorgt worden. Ich habe ein paar Mal mit dem Militärarzt gesprochen. Er hatte mich 2001 nach meinem Buch Hårsfjärden kontaktiert. Er starb kurz darauf.

Um 15:44 Uhr wird der gesamte Verkehr im Gebiet Hårsfjärden eingestellt. Um 16:10 Uhr wird das U-Boot-Bergungsschiff Belos aus Karlskrona (400 km entfernt) angefordert. Um 17.40 Uhr wird dem Marinestützpunkt das unbemannte Unterwasserfahrzeug Sjöugglan (zur Aufnahme von Fotos unter Wasser) zur Verfügung gestellt. Um 18.10 Uhr wird das Schiff Urd (zur Bergung der Torpedos) an den Ort der Detonation beordert. Alle Berichte über Urd sind immer noch geheim. Der Hubschrauber Y69 patrouilliert östlich der Detonation zwei Stunden lang am Strand von Märsgarn, als hätte man Angst, dass etwas oder jemand an Land gespült werden könnte. Im Kriegstagebuch heißt es: „23.17 Uhr: alle Taucher sind zurückgekehrt“. Alle Marineschiffe in der Gegend wurden angewiesen, ihre Motoren abzustellen. Es war die ganze Nacht über so still, als ob man um jemanden getrauert hätte. Am nächsten Tag begab sich Vizeadmiral Rudberg in die Hubschrauberabteilung, um mit dem Personal zu sprechen. Es war etwas Ernstes passiert.

Die schwedische Zeitung Dagens Nyheter beschreibt die U-Boot-Jagd im Oktober 1982 auf dramatische Weise. Die Schlagzeilen: „Die Jagd nach dem U-Boot“ und „Das U-Boot versucht zu entkommen“. (Foto: Ola Tunander / https://olatunander.substack.com/p/an-underwater-u-2-part-i)

Der Stabschef von Muskö, Lars-Erik Hoff, konnte mir nicht sagen, was passiert war. Aber er erzählte mir, dass Christina Jutterström, die Chefredakteurin von Dagens Nyheter, ihn angerufen hatte und sagte, sie habe absolut sichere Informationen, dass ein kleines U-Boot beschädigt worden sei. Sie wollte den Fall bestätigt haben. Der Kapitän des Bergungsschiffs Belos, Björn Mohlin, sagte, sie habe ihn ebenfalls angerufen, aber Belos sei einen Tag später in Muskö angekommen. Er wisse nichts, sagte er. Als ich mit Jutterström sprach, wollte sie ihre Quelle nicht preisgeben. Sie habe die „Pflicht“, „zu schweigen“, schrieb sie. Der Presseoffizier der Marine, Sven Calle Carlsson, teilte später mit, dass der Chef des Verteidigungsstabes, Vizeadmiral Bror Stefenson, zur Marineschule Berga auf dem Hårsfjärden geflogen sei, um um 18 Uhr eine erste Pressekonferenz für die weltweiten Massenmedien abzuhalten. Alle großen internationalen Fernsehsender und bis zu 500 Journalisten waren an diesem Tag anwesend. Carlsson informierte Stefenson und den Kommandanten von Berga, Commodore Christer Söderhjelm von der Marineakademie. Das war vielleicht eine Stunde vor der Pressekonferenz, vielleicht auch zwei Stunden, nachdem das Mini-U-Boot beschädigt oder versenkt worden war. Es war sehr geheim. Carlsson wurde nicht informiert. Nach der Unterrichtung von Carlsson sagte Stefenson, er wolle stattdessen etwas anderes zur Sprache bringen. Carlsson war erstaunt: Was sollte das sein? sagte er. Söderhjelm sagte: „Ich denke, der Admiral sollte auf Sven Calle [Carlsson] hören.“ Aber als Stefenson seine Pressekonferenz abhielt, konnte er nichts darüber sagen, was genau vorgefallen war. Er fing an, über sich selbst zu sprechen. Er hatte dem Briefing von Sven Calle Carlsson nicht zugehört. Er hatte sich keine Notizen gemacht. Jemand muss ihm kurz vor der Pressekonferenz strikte Anweisungen gegeben haben, nicht das zu sagen, was er sagen wollte. Sven Calle Carlsson übernahm die Pressekonferenz vom Admiral. Stefenson hat vielleicht erst später erfahren, welche Nationalität das Mini-U-Boot hatte. Der Chef der Stockholmer Küstenverteidigungskräfte, Brigadegeneral Lars Hansson, sagte am nächsten Tag in einem Interview mit dem Aftonbladet, dass es sich um ein sowjetisches U-Boot oder vielleicht „ein NATO-U-Boot, das uns testen wollte“, gehandelt haben könnte. Stefenson bat Hansson, in sein Büro zu kommen: „Es gibt Gerüchte über ein NATO-U-Boot. Das sind Gerüchte, die wir sofort und energisch dementieren müssen“, sagte er.

Der Hauptbericht der Marine über Spuren und Objekte auf dem Meeresboden nach der U-Boot-Jagd von 1982 ist inzwischen weitgehend freigegeben (viele Anhänge sind noch geheim). Taucher hatten Spuren auf dem Grund gefunden. Es sah so aus, als ob ein Raupenfahrzeug vor Näsudden, wo das Väktaren-Schnellboot eine Unterwasserbombe gezündet hatte, aber auch bei Mälsten auf Grund gegangen war. In einem kurzen Absatz (12 Zeilen) des Berichts ist von zwei Wracks auf dem Meeresboden die Rede, doch ist dieser Absatz jetzt, nach 40 Jahren, immer noch geheim (Sonarbilder dieser beiden Wracks sind in Anhängen zu finden, die teilweise immer noch geheim sind). Ich habe mich an ein höheres Gericht gewandt, um die Freigabe dieser Zeilen und einiger Anhänge zu erwirken, aber das war nicht möglich. Ein Wrack war 16 Meter lang, das andere weniger als 10 Meter. Die Tatsache, dass die Marine an diesen Wracks tauchte, wurde 2001 freigegeben, aber 2008 erneut als geheim eingestuft. Warum? Neben dem Originaldokument, das vom späteren Chef der Marine, Vizeadmiral Dick Börjesson, verfasst wurde, gab es zwei Kopien. Der Bericht und eine Kopie wurden Vizeadmiral Per Rudberg, dem Chef der Marine, übergeben, während die andere Kopie an Konteradmiral Christer Kierkegaard ging, den Chef der Marinebasis. Man muss sich fragen, warum diese Informationen immer noch geheim gehalten werden. Dies waren auch die beiden schwedischen Admirale, die US-Verteidigungsminister Weinberger während seines fünftägigen Besuchs in Schweden, fast genau ein Jahr zuvor, unterrichtet und begleitet hatten.

1984-85 sprach ich mit einem Offizier, der den Taucher kannte, der ein Kabel an dem kleinen U-Boot befestigt hatte. Es war schwierig, ein gemeinsames Treffen zu vereinbaren, also rief ich den Taucher an einem Sonntagabend an. Er wohnte südlich von Stockholm. Er erklärte sich bereit, mich am Dienstagmorgen, also weniger als zwei Tage später, zu treffen. Er hatte einen Tag frei und wollte Wäsche waschen. Ich erhielt seine Adresse und seinen Türcode. Ich gab ihm meine Telefonnummer, falls etwas passieren würde. Am nächsten Tag rief er an und sagte, ein Treffen sei unmöglich. Er war in eine Stadt in Nordschweden mehrere hundert Kilometer entfernt versetzt worden. Nach einer Woche rief ich ihn im Norden an. Er sagte dann, dass er nicht darüber sprechen könne. Er hatte seine Wohnung und seine Freundin in Stockholm mit einer Frist von einem Tag verlassen. Er kam nie wieder zurück. Als ich 2001, also 15 Jahre später, als ziviler Experte an der U-Boot-Untersuchung teilnahm, rief ich ihn von unserem Büro im Verteidigungsministerium in Nordschweden an. Er sagte dann, er hätte meinen Anruf erwartet (nachdem er 15 Jahre lang nicht mit mir gesprochen hatte). Jemand, der wusste, dass ich bei der Untersuchung dabei war, hatte ihn gewarnt. Er sagte, er sei zu der Zeit nicht in Muskö, sondern in Karlskrona gewesen. Andere sagten, er sei in Muskö gewesen. Es war klar, dass er nichts mehr sagen wollte.

Man könnte sich fragen: Wie glaubwürdig sind solche Quellen? Warum sollten wir einem Taucher, einem Arzt oder einem Offizier glauben, der Behauptungen aufstellt, die nicht mit der offiziellen Version vereinbar sind?

Aber diese Quellen waren nicht die einzigen, die von einem beschädigten Mini-U-Boot sprachen. Per Rudberg, Chef der Marine, tat es auch. Die Dokumente deuten in dieselbe Richtung.

Es war etwas Ernstes passiert. Die schwedische Marine musste etwas Konkretes vorweisen. Man behauptete, dass die U-Boote aus der Sowjetunion stammten, aber die Marine musste Beweise vorlegen. Wenn es ein gesunkenes sowjetisches Mini-U-Boot gegeben hätte, hätte man es bergen und der Welt zeigen können. Ein gesunkenes sowjetisches Mini-U-Boot ergibt keinen Sinn. Als Einar Ansteensen 1999 sagte, das havarierte U-Boot habe unter amerikanischem Kommando gestanden, und als andere sagten, man habe einen Taucher der US-Marine aufgesammelt, wurde alles viel leichter verständlich. Jetzt war es möglich zu verstehen, warum die Marine nichts über den Vorfall sagen konnte. Als US-Verteidigungsminister Weinberger und der britische Marineminister Keith Speed im Jahr 2000 erklärten, dass die USA und die Briten regelmäßig und häufig U-Boote in schwedischen Gewässern eingesetzt haben, war dies eine Bestätigung dessen, was einige von uns bereits wussten. Aber wer war daran beteiligt?

4. Ein streng geheimes „Unterwasser-U-2“ [17]

Im April 2002 präsentierte ich mein frühes englisches Manuskript über westliche U-Boot-Operationen in schwedischen Gewässern der internationalen Historikergruppe des norwegischen Nobel-Instituts. Das Manuskript wurde zu einem Buch über „US and British submarine deception in the 1980s“ [18] weiterentwickelt. Im Nobel-Institut legte ich viele Informationen vor, die alle auf westliche Aktivitäten hindeuteten, und einer der Historiker war an diesem Thema mehr interessiert als die anderen: Benjamin Fischer. Er hatte bis zu 30 Jahre lang für die CIA gearbeitet. Später hatte er die Position des CIA-Chefhistorikers inne. Im Juni 2002 veranstaltete das Nobel-Institut in Lysebu (Oslo) ein Symposium über den Kalten Krieg in den 1980er Jahren mit Historikern aus mehreren Ländern [19], von denen einige einen Hintergrund bei den Geheimdiensten hatten, wie Generalleutnant William Odom von der NSA und Douglas MacEachin von der CIA. Ich unterhielt mich viel mit Odom, dem Militärberater von Zbigniew Brzezinski, des nationalen Sicherheitsberaters von Präsident Jimmy Carter (1977-81). Außerdem war er Chef des Nachrichtendienstes der Armee (1981-85), Direktor der National Security Agency (NSA, 1985-88) und dann Direktor für nationale Sicherheitsstudien am Hudson Institute. Ich traf ihn auch auf späteren Konferenzen und in Washington am Hudson Institute. Ich erzählte ihm, was Caspar Weinberger im Jahr 2000 über die U-Boote der USA gesagt hatte, die regelmäßig in schwedischen Gewässern operierten, um die schwedische Küstenverteidigung zu testen, aber Bill Odom sagte nur kurz: „Ich werde nicht über geheime Informationen sprechen“. Es war offensichtlich, dass das, was Weinberger über die westlichen U-Boote, die an der schwedischen Küste operierten, gesagt hatte, immer noch sehr, sehr geheim war. Ein sehr sensibles Thema. Weinbergers stellvertretender Unter-Staatssekretär Dov Zakheim sagte am Tag nach dem Interview zu Dagens Nyheter: „Wenn Weinberger das sagen wollte, ist das seine Sache“. Aber er sagte einem Freund von mir, dass weder Weinberger, noch sein Nachfolger Frank Carlucci, noch sonstwer mehr etwas sagen werden. Alle würden schweigen.

Der ehemalige stellvertretende CIA-Direktor für Nachrichtendienste (DDI), Douglas MacEachin (Leiter der CIA-Sowjetanalyse 1984-89), sprach 2011 in der Reagan-Bibliothek zusammen mit dem ehemaligen stellvertretenden Direktor für zentrale Nachrichtendienste, Admiral Bobby Ray Inman, zum Thema „Intelligence Used to End the Cold War”. (Screenshot C-SPAN 3)

Auf dem Osloer Symposium 2002 sagte Ben Fisher (CIA, Anm. d. Red.) zu mir: „Fragen Sie Doug MacEachin?“ Er war bei der CIA für die Analyse der Sowjetunion und später für die gesamte Geheimdienstanalyse der CIA zuständig. „Er könnte etwas wissen“. Ab 1981 war MacEachin stellvertretender und späterer Leiter des Operationszentrums der CIA, das alle nachrichtendienstlichen Informationen für Präsident Reagan und sein tägliches Briefing vorbereitete. Von 1984 bis 1989 war er Leiter des CIA-Büros für sowjetische Analysen (SOVA) unter Robert Gates. Gates leitete später die CIA (Director of Central Intelligence) und war auch Verteidigungsminister, aber seit 1982 war er stellvertretender Direktor für Nachrichtendienste (DDI) der CIA. MacEachin hatte die gleiche Position des DDI von 1993-95 unter CIA-Direktor James Woolsey und dem amtierenden Direktor Admiral William Studeman inne. MacEachin wurde 1982 über den Vorfall in Muskö informiert.

Es war offensichtlich keine sowjetische Operation. Als ich ihn danach fragte, sagte er: „Das war wie ein U-2-Zwischenfall unter Wasser“, als ob ein Schiff unter dem Kommando der CIA oder der Marine versenkt worden wäre und ein amerikanischer Pilot überlebt hätte – genau wie bei dem U-2-Zwischenfall von 1960 und genau wie es mir der Taucher und der Arzt/Offizier, wie oben geschildert, gesagt haben.

Ich sagte: „Aber die Schweden sind [im Gegensatz zu den Russen] nie an die Öffentlichkeit gegangen“. Dann wandte er sich an Ben Fischer, der ebenfalls anwesend war, und fragte: „Wissen Sie, wovon wir hier reden?“ Ben Fischer antwortete kurz: „Ja, Ola hat ein Paper darüber geschrieben. Olas Vortrag war der erste Vortrag, den ich in Oslo gehört habe.“ Danach war das Gespräch zu Ende.

Daraufhin fragte ich MacEachin, mit wem außer Studeman ich sprechen sollte, der sein unmittelbarer Vorgesetzter gewesen war (Studeman war nach Butts Leiter des US-Marinegeheimdienstes, dann 1988-92 Nachfolger von Bill Odom als Direktor der NSA, dann 1991-93 stellvertretender Direktor der CIA unter Gates und Woolsey und 1995 amtierender CIA-Direktor). MacEachin sagte: „Haver, Rich Haver“. Richard Haver war Studemans Protegé und der erste zivile stellvertretende Direktor des US-Marinegeheimdienstes (unter Studeman und Thomas Brooks). Im Jahr 1989 rekrutierte Verteidigungsminister Dick Cheney ihn als seinen stellvertretenden Sekretär für die Nachrichtendienste. Während MacEachin DDI war, war Haver CIA-Exekutivdirektor für Angelegenheiten der Geheimdienstgemeinde. Im Jahr 2000 wurde er erneut von Cheney rekrutiert, nun aber als Geheimdienstleiter für George W. Bush während der Übergangszeit bis zum 20. Januar 2001. Danach wurde er der „Special Assistant for Intelligence“ von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Es war klar, dass MacEachin seine Informationen von diesen beiden erhielt. Sie hatten ihn offenbar über eine „Unterwasser-U-2“ in Schweden im Jahr 1982 informiert.

Am 20. und 21. August 2007 nahm ich in Bodø in Nordnorwegen an einer Konferenz über die maritime Strategie der USA teil, die unter dem Titel „Politisch-militärische Bewertungen der Nordflanke 1975-1990“ stattfand. Die Konferenz wurde vom Institut für Verteidigungsstudien und dem „Parallel History Project“ zusammen mit Odom, Admiral James Eberle, dem ehemaligen Chef der britischen Flotte und Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte im Ostatlantik, mit General Vigleik Eide, dem norwegischen Verteidigungsminister (1987-89) und Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses (1989-93), und dem ehemaligen US-Marineminister John Lehman (1981-87) organisiert. In der Nixon-Regierung hatte Lehman direkt unter Henry Kissinger und Alexander Haig gearbeitet. Ich hatte in den 1980er Jahren meine Doktorarbeit über die „Maritime Strategie der USA“ geschrieben, die als „Lehman’s Maritime Strategy“ bekannt wurde. In den späten 1970er Jahren war Lehman am „Sea Plan 2000“ beteiligt, und als Marineminister von Präsident Reagan war er die treibende Kraft hinter der neuen Strategie, einer Strategie, die in erster Linie auf die sowjetischen strategischen U-Boote und die Stützpunkte auf der Kola-Halbinsel ausgerichtet war. Ich unterhielt mich viel mit ihm, und er freute sich darüber, dass ich in meiner Dissertation „Cold Water Politics“ (1989) [20], die auf dem Lehrplan des US Naval War College stand, seine Argumente hervorgehoben und korrekt beschrieben hatte. 2008 erwähnte er mich mit freundlichen Worten gegenüber einem Journalisten der britischen Sunday Times.

US-Marineminister John Lehman (1981-87) und der Autor auf der Konferenz des Bodø-Instituts für Verteidigungsstudien im Jahr 2007 mit dem Vestfjord im Hintergrund, wo Lehmans Flugzeugträger in einem Krieg mit den Sowjets in den 1980er Jahren Radarschatten suchen sollte. (Foto: Ola Tunander)

Lehman sagte, die Entscheidung über die U-Boot-Operationen in schwedischen Gewässern, über die Weinberger bei SVT [21] gesprochen hatte, sei von einem „Täuschungsausschuss“ („Deception Committee“) [22] unter CIA-Direktor William Casey getroffen worden, dem es bereits vor dem Übergang im Januar 1981 gelungen war, Reagan dazu zu bringen, diesen Ausschuss einzusetzen. Die Aufgabe des Komitees war „Deception“, die Täuschung der Sowjets. Aber die Aufgabe bestand eindeutig auch darin, den Alliierten und Freunden „russische Offensivaktionen“ vorzugaukeln, um die Alliierten zur Mobilisierung gegen die Russen zu bewegen (siehe Teil III).

Es waren Casey, der nationale Sicherheitsberater Dick Allen und die stellvertretenden Außen- und Verteidigungsminister, die die Entscheidung getroffen haben, Präsident Reagan, Außenminister Alexander Haig und Verteidigungsminister Weinberger eine „plausible Abstreitbarkeit“ („plausible deniability“) zu geben, damit sie sagen konnten: Wir wussten nichts von diesen illegalen Aktivitäten. Lehman wollte nicht sagen, welche Schweden beteiligt waren. Aber er fügte hinzu, wenn er mir das gesagt hätte, hätte er mich „hinterher umbringen müssen“. Dies waren die sensibelsten Informationen, die sie besaßen. Er bestätigte, dass sie kleine italienische Mini-U-Boote in schwedischen Gewässern einsetzten, um der US-Marine eine „plausible Abstreitbarkeit“ zu geben, so dass die US-Vertreter im Falle eines Fehlers sagen könnten: „Das waren nicht wir, und wir alle wissen, wie die Italiener sind“.

Das Buch Blind Man’s Bluff (1998) [23] von Sherry Sontag und Christopher Drew befasst sich mit der amerikanischen Spionage und dem Einsatz von Abhörgeräten in sowjetischen Gewässern. Ein Großteil dieser Aktivitäten wurde von einem Verbindungsbüro zwischen der US-Marine und der CIA organisiert, dem „National Underwater Reconnaissance Office“ (NURO), das mit der CIA und dem entsprechenden Amt der US-Luftwaffe, dem „National Reconnaissance Office“ (NRO), das für die Satellitenüberwachung zuständig war, verwandt war. Das NURO wurde 1969 gegründet, aber es war extrem geheim. Formal ist es das immer noch. Seine Existenz wurde erst 1998 von Sontag und Drew aufgedeckt. Sie schrieben, dass in den frühen 1970er Jahren John Warner, Präsident Nixons Marineminister, Leiter des NURO war, während der stellvertretende Direktor für Wissenschaft und Technologie der CIA sein Stellvertreter war. In einem Gespräch mit Bill Odom und Doug MacEachin sagten diese, dass Rich Haver die zentrale Quelle von Sontag und Drew gewesen sei. MacEachin sagte jedoch, dass die U-Boot-Operationen in sowjetischen Gewässern nur einen Teil der NURO-Aktivitäten ausmachten. NURO habe auch in skandinavischen Gewässern mit U-Booten operiert. Bei einem Abendessen sprach ich mit einem Sonderberater von Präsident Clinton. Er sagte, es gebe ein Verbindungsbüro zwischen CIA und DIA (Defense Intelligence Agency) (mit Offizieren der Navy Intelligence), das die Operation in schwedischen Gewässern durchführte. „Es war die geheimste Sache, die wir hatten“, sagte er. In den späten 1980er Jahren soll NURO aus Leuten wie Bill Studeman, Rich Haver, späteren Chefs des Marinegeheimdienstes wie Thomas Brooks (1988-91), Edward Sheafer (1991-94), Mike Cramer (1994-97) und Mike McConnell bestanden haben. Sowohl Sheafer als auch McConnell waren Geheimdienstchefs (J-2, Manager der Geheimdienstcommunity für militärische Operationen, Anm. d. Red.) des Vorsitzenden der gemeinsamen Stabschefs, Admiral William Crowe bzw. General Colin Powell. Ich fragte John Lehman, ob er, wie Warner, Leiter des NURO gewesen sei, was er bestätigte.

Admiral Bill Studeman als stellvertretender CIA-Direktor (DDCI) und später amtierender Direktor der Central Intelligence mit James Hirsch als stellvertretendem CIA-Direktor für Wissenschaft und Technologie im Haus des norwegischen Geheimdienstchefs Generalmajor Alf Roar Berg und mit Bergs Frau Joe zwischen ihnen. Als Direktor des Marinenachrichtendienstes war Studeman Chef des Nationalen Unterwasseraufklärungsbüros (NURO), während Hirsch der stellvertretende Chef war. Rechts sitzt Terje Kristensen, der ähnlich wie das NURO für die norwegische Unterwasseranalyse zuständig war und dann unter Berg stellvertretender Chef des norwegischen Geheimdienstes wurde. Kristensen ist im Bild angeschnitten, sitzt aber an der richtigen Stelle am Tisch (Foto: Privatarchiv Ola Tunander).

Als ich 2021 mit Lehmans Freund, Admiral Bobby Inman, sprach, der sowohl Direktor des Marinegeheimdienstes als auch Chef der Nationalen Sicherheitsbehörde und stellvertretender Leiter der DIA und CIA war (siehe unten), sagte er, dass der Leiter des NURO immer auch der Direktor des Marinegeheimdienstes war.

Der Marineminister kontrollierte die Finanzierung, war aber nie der formale Chef. Dies habe sowohl für die 1970er als auch für die 1980er Jahre gegolten, sagte er. Sontag und Drew hätten Warners Position missverstanden, und Lehman habe vielleicht eher seine informelle Rolle gesehen. Das würde aber bedeuten, dass nach 1985 Bill Studeman und später Thomas Brooks Chef des NURO waren, während Evens Hineman und später James Hirsch als stellvertretende CIA-Direktoren für Wissenschaft und Technologie ihre Stellvertreter waren. Inman sagte auch, dass NURO „keinerlei Aktivitäten im Baltikum“ durchführte. In Nordeuropa „lag der Schwerpunkt auf der sowjetischen Nordflotte“, so Inman. Wenn Inman die Wahrheit sagt, gäbe es ein noch geheimeres CIA-Marine-Netzwerk, „das die schwedisch-baltischen Operationen leitete“. Wir werden später sehen, wer diese Leute waren.

Ich habe John Lehman nie über den Vorfall von 1982 befragt. Aber als Dirk Pohlmann vom deutsch-französischen Fernsehsender ARTE Lehman 2009 interviewen wollte, bat ich Pohlmann, den schwedischen Vorfall von 1982 zu erwähnen: „Das Unterwasser-U-2“. Pohlmann sagte zu Lehman: „Das U-Boot in Schweden, das beschädigt wurde, wurde ,Unterwasser-U-2‘ genannt. Was haben Sie damit gemeint?“ Lehmann antwortete: Nicht nur die Amerikaner, sondern auch andere NATO-Länder operieren mit U-Booten in fremden Hoheitsgewässern. „In der Tat gab es einige Behauptungen, dass es zahlreiche Gelegenheiten gab, bei denen sie tatsächlich in Häfen – Marinehäfen – eindrangen und nachrichtendienstliche Erkenntnisse sammelten“, und „der schwedische Vorfall wäre in diese Kategorie gefallen“, sagte Lehman. Der Begriff „Ein Unterwasser-U-2“ in Schweden 1982 war ihm wohlbekannt. Schlüsselpersonen innerhalb der CIA und der US-Marine wie Studeman, Haver, MacEachin und Lehman sprachen Berichten zufolge alle über denselben Vorfall. Sie verglichen die schwedische Versenkung eines Mini-U-Boots mit dem sowjetischen Abschuss des U-2-Flugzeugs. Tatsächlich war der Vorfall von 1982 für die Vereinigten Staaten ein viel größerer Skandal, weil er sich gegen einen befreundeten Staat richtete. Es war unmöglich, in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen. Lehman würde nur sagen, dass dieses „Unterwasser-U-2“ (das unter dem Kommando der US Navy/CIA gestanden haben muss) zumindest formal nicht amerikanisch war, sondern aus einem anderen NATO-Land kam. Es hätte sich um ein Mini-U-Boot eines anderen westlichen Landes gehandelt, das unter dem Kommando der USA/der CIA operierte.

Quellen:

[1] Ola Tunander, „40 år siden «U-2-episoden under vann»”, 01.10.2022, <https://terjealnes.files.wordpress.com/2022/09/u-2-under-vann-1-oktober-2022.pdf>
[2] Taylor & Francis Online, Ola Tunander, „Subs and PSYOPs: The 1982 Swedish Submarine Intrusions“, am 13.07.2012, <https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02684527.2012.699294>
[3] InternetArchive, Dirk Pohlmann, „Operation Täuschung – Die Methode Reagan / Doku Von Dirk Pohlmann“, uploaded 23.06.2020, <https://archive.org/details/operation-tauschung-die-methode-reagan>
[4] siehe [1]
[5] NRK TV, „3. Fra fred til kald krig“, <https://tv.nrk.no/serie/einar-hele-historien/sesong/1/episode/3/avspiller>
[6] siehe [1]
[7] Amazon, Jørn Gjelstad und Olav Njølstad, „Nuclear Rivalry and International Order“, am 05.04.1996, <https://www.amazon.com/Nuclear-Rivalry-International-Research-Institute/dp/0803977530>
[8] lokalhistoriewiki.no, „Einar Ansteensen“, <https://lokalhistoriewiki.no/wiki/Einar_Ansteensen>
[9] Regerinskansliet, „Perspektiv på Ubåtsfrågan“, am 15.11.2001, Update: 02.04.2015, <https://www.regeringen.se/rattsliga-dokument/statens-offentliga-utredningar/2001/11/sou-200185/>
[10] siehe [2]
[11] Rutledge, Ola Tunander, „The Secret War Against Sweden – US and British Submarine Deception in the 1980s“, 2004, <https://www.routledge.com/The-Secret-War-Against-Sweden-US-and-British-Submarine-Deception-in-the/Tunander/p/book/9780714682754>
[12] siehe [2]
[13] siehe [2]
[14] siehe [2]
[15] siehe [1]
[16] Google Books, „The Secret War Against Sweden – US and British Submarine Deception in the 1980s“, 2004, <https://books.google.se/books?id=cN-ETroO0zEC&printsec=frontcover&hl=sv#v=onepage&q&f=false>
[17] siehe [2]
[18] siehe [16]
[19] Routledge, Olav Njølstad, „The Last Decade of the Cold War – From Conflict Escalation to Conflict Transformation“, 2004, <https://www.routledge.com/The-Last-Decade-of-the-Cold-War-From-Conflict-Escalation-to-Conflict-Transformation/Njolstad/p/book/9780714685397>
[20] Google Books, Ola Tunander, „Cold Water Politics: The Maritime Strategy and Geopolitics of the Northern Front“, 1989, <https://books.google.no/books?hl=no&id=dEa4AAAAIAAJ&focus=searchwithinvolume&q=Lehman>
[21] siehe [2]
[22] siehe [3]
[23] Google Books, Sherry Sontag und Christopher Drew, „Blind Man’s Bluff: The Untold Story of American Submarine Espionage“, Thorndike Press, 1999, <https://books.google.no/books/about/Blind_Man_s_Bluff.html?id=UmEpAQAAMAAJ&redir_esc=y>

Über ein beschädigtes Mini-U-Boot 1982 in Schweden

„Eine Unterwasser-U-2“: Teil 1

Von Ola Tunander , veröffentlicht am: 17. Mai 2023, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 31.03.2023 auf www.olatunander.substack.com unter der URL <https://olatunander.substack.com/p/an-underwater-u-2-part-i> veröffentlicht. Lizenz: Ola Tunander, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

U-Boot-Jagd am Marinestützpunkt Muskö südlich von Stockholm am 5. Oktober 1982.

Die U-Boot-Zwischenfälle in den 1980er Jahren, insbesondere die Ereignisse in Hårsfjärden in der Nähe des Marinestützpunkts Muskö im Jahr 1982, waren von enormer Bedeutung für die schwedische Wahrnehmung einer Bedrohung aus Moskau. Schweden veränderte sich von einem Jahr zum anderen. Bis 1980 hatten 25-30% der Schweden die Sowjetunion als direkte Bedrohung oder als feindlich gegenüber Schweden wahrgenommen. Drei Jahre später, 1983, war diese Zahl auf 83% gestiegen. Schweden war ein anderes Land geworden. Die gesamte öffentliche Meinung hatte sich geändert. Die russische Bedrohung beherrschte Schweden. Die sozialdemokratische Partei Schwedens, die nun an der Regierung war, musste in die Defensive gehen.

In diesem Artikel soll ein konkreter Vorfall untersucht werden: Was geschah als das schwedische Schnellboot Väktaren am 5. Oktober 1982 um 14:40 Uhr eine Unterwasserbombe abwarf. Es gibt keine definitiven Beweise, aber zahlreiche Quellen behaupten, dass in diesem Moment ein kleines Unterwasserfahrzeug versenkt oder schwer beschädigt wurde. In diese Richtung deuten die Aussagen von schwedischen und amerikanischen Entscheidungsträgern, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich. Ein ehemaliger stellvertretender CIA-Direktor für Nachrichtendienste und ein ehemaliger US-Marineminister sprachen bei diesem Vorfall von einer „Unterwasser-U-2“. Was bedeutet, dass dieses Ereignis die gleiche Bedeutung gehabt haben könnte wie der Abschuss des amerikanischen U-2-Flugzeugs über der Sowjetunion im Mai 1960. Aber über den schwedischen Vorfall wurde nichts bekannt.

Viele der Quellen zu diesem Artikel sind nicht im Internet zu finden. Und viele von ihnen beziehen sich auf Dokumente in schwedischen Archiven und Archiven anderer Länder sowie auf Bücher und Interviews, die nicht im Internet zu finden sind. Um die Suche nach Originalquellen zu erleichtern, verweise ich auf eine frühere norwegische Version dieses Artikels („40 år siden ,U-2-episoden under vann“), die reguläre Fußnoten enthält und 2022 veröffentlicht wurde [1]. Ich werde diesen Quelle zu jedem Kapitel angeben.

In Teil I dieses Artikels beginne ich mit einem ersten Abschnitt, der den U-2-Zwischenfall von 1960 aufgreift und die Bedeutung dieses Ereignisses beschreibt. Im zweiten Abschnitt werden einige Aussagen hoher Beamter über ein beschädigtes oder gesunkenes Mini-U-Boot vorgestellt. Im dritten Abschnitt werden schwedische Dokumente über eben diesen Vorfall im Jahr 1982 besprochen [2]: das Kriegstagebuch des Marinestützpunkts, das Tagebuch des Verteidigungsministers und der Bericht des späteren Marinechefs Dick Börjesson über die Spuren auf dem Meeresboden. Ich habe Interviews mit mehreren Personen auf militärischer und ziviler Seite geführt und aufgenommen, die direkt an dem Vorfall beteiligt waren, und zwar nicht nur mit Schweden, sondern auch mit Amerikanern und Norwegern. Im vierten Abschnitt präsentiere ich Informationen aus einer Reihe von Gesprächen mit Offizieren und Zivilisten des US-Geheimdienstes und der US-Marine, aber auch Interviews mit Schlüsselfiguren, die Dirk Pohlmann für das ZDF und den deutsch-französischen Sender ARTE geführt hat [3].

In Teil II fahre ich mit einem fünften Abschnitt fort, in dem ich mögliche Szenarien für Schiffe diskutiere, die an der Operation teilgenommen haben könnten. Ich erörtere britische und westdeutsche U-Boote sowie italienische Mini-U-Boote unter amerikanischem oder britischem Kommando. Dieser Abschnitt basiert zum Teil auf amerikanischer Literatur, zum Teil auf Gesprächen mit zentralen Personen aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland, Norwegen und Schweden. Nicht zuletzt mit Robert Bathurst, dem ehemaligen Leiter des US-Marinegeheimdienstes, mit dem ich zehn Jahre lang zusammengearbeitet habe. Der sechste Abschnitt stützt sich auf Dokumente aus Schwedens offiziellem Bericht zur Geschichte des Kalten Krieges 1969-89 (2002), vom damaligen Chef der Marine und vom ehemaligen Leiter des Nachrichtendienstes, die für Premierminister Ingvar Carlsson geschrieben wurden, aber auch auf Bücher von Ingvar Carlsson selbst und seines Verteidigungsministers Thage G. Peterson.

In Teil III fahre ich mit einem siebten Abschnitt fort, der Einzelheiten über das schwedische System enthält, die auf Gesprächen mit Fachleuten des US-Marinegeheimdienstes wie Robert Bathurst und seinem Kollegen Bobby Inman beruhen. Während Bathurst Mitte der 1960er Jahre stellvertretender US-Attaché in Moskau war, war Inman stellvertretender US-Attaché in Stockholm. Inman war dann Direktor des Marinenachrichtendienstes, stellvertretender Direktor der Defense Intelligence Agency (DIA), Direktor der National Security Agency (NSA) und stellvertretender Direktor der Central Intelligence (DDCI). Außerdem war er der engste Berater von Präsident George H.W. Bush in Sachen Geheimdienst. Das Kapitel stützt sich zum Teil auf Informationen eines ehemaligen Vorsitzenden der Joint Chief of Staff (Generalstabchefs) und auf Informationen von Offizieren des Marinenachrichtendienstes. Ein achter Abschnitt enthält Informationen von Schlüsselfiguren der CIA und von Admiral James „Ace“ Lyons, der von 1981 bis 1983 Befehlshaber der Zweiten US-Flotte und von 1983 bis 1985 stellvertretender Chef der Marineoperationen war. Er wurde direkt vom Direktor der Central Intelligence Agency William Casey kontaktiert und sagte: „Es waren meine Mitarbeiter“, die das getan haben. Auf dieses Kapitel folgt eine Diskussion über die Quellen.

1. Ein U-2 Flugzeug über der ­Sowjetunion (1960) [4]

Der Abschuss des U-2-Flugzeugs am 1. Mai 1960 war möglicherweise das größte Ereignis dieses Jahres. Es war eine Katastrophe für die Vereinigten Staaten. Ein U-2-Aufklärungsflugzeug der CIA wurde über der zentralen Sowjetunion in der Nähe des Uralgebirges bei Swerdlowsk, dem heutigen Jekaterinburg (2500 km nördlich der Türkei), abgeschossen. Das Flugzeug, das aus Peshawar in Pakistan kam, war auf dem Weg nach Bodø in Norwegen. Es flog sehr hoch und machte extrem gute Fotos. Es sollte einen großen Teil der Sowjetunion abdecken und viele Militäreinrichtungen fotografieren. Das Flugzeug flog zu hoch, als dass die Russen es hätten angreifen können, aber nun wurde es abgeschossen. Die Explosion einer Rakete ereignete sich direkt hinter dem Flugzeug, als ob der Abschuss ein Unfall gewesen wäre. Der sowjetische Führer Nikita Chruschtschow protestierte scharf. Die Vereinigten Staaten, die zunächst keine Ahnung hatten, was die Russen wussten, folgten sofort ihrer stets im Voraus geplanten Tarngeschichte. Die USA behaupteten, das Flugzeug sei aus Adana in der Türkei gekommen. Es sei in Schwierigkeiten geraten und nördlich der Türkei verschwunden. Das Flugzeug war angeblich mit der Untersuchung von Luftbewegungen beauftragt. Der Pilot habe die Sauerstoffversorgung verloren und gemeldet, dass er in Adana nicht landen könne. Es wurde vermutet, dass er in Ohnmacht gefallen sein könnte. CIA-Chef Allen Dulles, der Director of Central Intelligence (DCI), hatte Präsident Dwight Eisenhower „kategorisch vollständige“ Garantien gegeben, dass der Pilot einen Absturz nicht überleben würde und dass die Russen das Flugzeug in dieser Höhe nicht abschießen könnten. Die Vereinigten Staaten behaupteten, dass sie sowjetisches Hoheitsgebiet nicht absichtlich verletzt hätten (Bamford, 2002; Brugioni, 2010; Burrows, 2001).

Es stellte sich jedoch heraus, dass es den Sowjets gelungen war, das U-2-Flugzeug abzuschießen, und dass der Pilot Gary Powers überlebt hatte und von den Russen gefangen genommen worden war. Die Sowjets waren in der Lage gewesen, den Film zu entwickeln, und sie sagten, dass die Bilder extrem gut waren. Es seien Bilder von wichtigen militärischen Einrichtungen gemacht worden. Nun mussten die Amerikaner zugeben, dass es sich um Spionage über der zentralen Sowjetunion handelte. Es war das größte diplomatische Desaster für die Vereinigten Staaten in diesem Jahr. Chruschtschow konnte sich über alle amerikanischen Lügen lustig machen. Die Amerikaner hatten nicht nur die Medien, sondern auch die Vereinten Nationen belogen.

Eisenhower wollte CIA-Direktor Allen Dulles entlassen, aber er konnte es nicht.

Es würde seiner eigenen Regierung den Eindruck vermitteln, dass er selbst nicht informiert war – obwohl viele wussten, dass er es war -, und es würde den Russen den Eindruck vermitteln, dass er selbst keine Kontrolle über die CIA oder seine eigene Verwaltung hätte. Eisenhower schrieb, dass Chruschtschow dann in der Lage sein könnte, seine eigenen Argumente außer Acht zu lassen. Chruschtschow könnte sagen, dass es egal sei, welche Versprechungen Eisenhower mache, da er ohnehin nicht die Verantwortung trage.

Das gleiche Problem stellte sich in Norwegen nach dem U-2-Vorfall. Obwohl viele in Bodø und im norwegischen Geheimdienst vom U-2-Flugzeug wussten, war unklar, was Premierminister Einar Gerhardsen und sein Außenminister Halvard Lange wussten. Gerhardsen sagte, man habe ihn über alliierte Aufklärungsflugzeuge informiert, die für kurze Besuche auf dem Flughafen Bodø gelandet waren [5], aber er wusste nichts von der Landung der U-2. Lange sagte dem sowjetischen Außenminister Andrei Gromyko, dass auch er nicht informiert worden sei. „Umso schlimmer“, antwortete Gromyko laut Langes engem Berater Einar Ansteensen. Das heißt, wenn der Ministerpräsident und der Außenminister nichts wussten, konnten die Amerikaner auf norwegischem Territorium machen, was sie wollten. Die Regierung hatte keine Kontrolle über ihre eigenen Streitkräfte. Wie konnten die Russen den Worten des Ministerpräsidenten vertrauen, wenn er nicht wusste, was seine eigenen Mitarbeiter taten?

Vladimir Cheremnykh, ein sowjetischer Generalleutnant, den wir 1994 an das Friedensforschungsinstitut Oslo (PRIO) einluden, war am Abschuss des U-2-Flugzeugs beteiligt. Das war wichtig für seine Karriere. In den Jahren 1976-86 war er als erster stellvertretender Stabschef des Leningrader Militärbezirks für die militärische Planung in Nordeuropa zuständig – ausgenommen 1980-81, als er Oberbefehlshaber der sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan war. Der U-2-Vorfall war einer der größten Geheimdienstskandale des Kalten Krieges. Es gab jedoch einen offenbar ebenso schwerwiegenden Vorfall in Schweden – auf dem Marinestützpunkt Muskö im Jahr 1982. Und von Cheremnykh erfuhr ich, dass dieser Vorfall, „ein gesunkenes Mini-U-Boot“, nicht sowjetischen Ursprungs war.

2. Erklärungen hoher Beamter über ein beschädigtes Mini-U-Boot [6]

Im Juni 1993 veranstaltete PRIO in Rjukan eine Konferenz über Atomwaffen und internationale Politik [7]. Ich unterhielt mich lange mit James Schlesinger, dem CIA-Direktor und Verteidigungsminister von Präsident Richard Nixon (1973-76). Ich aß mit ihm zu Mittag, und während unserer Autofahrt zurück nach Oslo bestätigte er, dass auf dem Marinestützpunkt Muskö ein westliches U-Boot unter US-Kommando beschädigt worden war. Aber er könne sich „nicht an die Einzelheiten erinnern“, sagte er. Mehr wollte er nicht sagen. Eine Person, die aufgrund ihrer Position ein Gespräch zwischen zwei englischsprachigen Botschaftern mitgehört hatte, konnte die gleiche Geschichte erzählen. Und 1999 erzählte mir Einar Ansteensen [8], während eines Gesprächs, das ich mit ihm im Dezember 1999 im Haus von Bernt Bull, dem Berater des ehemaligen norwegischen Außenministers Knut Frydenlund, führte, fast die gleiche Geschichte. Ansteensen war nicht nur Langes (Halvard Manthey Lange, norwegischer Außenminister von 1946-1965, Anm. d. Red.) engster Berater, sondern leitete auch 15 Jahre lang die politische Abteilung und den politischen Planungsstab im norwegischen Außenministerium. Er war ein Mentor der Außenminister Knut Frydenlund und Thorvald Stoltenberg gewesen. Ansteensen hatte während der U-Boot-Jagd 1982 mit dem US-Marineattaché in Stockholm zu Abend gegessen und erfahren, dass die Schweden versehentlich ein kleines U-Boot unter US-Kommando versenkt oder schwer beschädigt hatten. „Das war eine traurige Geschichte“, sagte er. Er habe nur den norwegischen Verteidigungsminister Sven Hauge darüber informiert, nicht aber Hauges schwedischen Amtskollegen General Lennart Ljung und auch nicht Premierminister Olof Palme, den er gut kannte. Mehr wollte er nicht sagen. Die Angelegenheit war offensichtlich sehr heikel.

Als ich als ziviler Experte an der offiziellen schwedischen U-Boot-Untersuchung 2000-2001 [9] teilnahm (an der dritten offiziellen U-Boot Untersuchung, Anm. d. Red.), erzählte ich Botschafter Rolf Ekéus, dem Leiter der Untersuchung, was Ansteensen gesagt hatte. Ekéus kannte Ansteensen, und was er wusste, war offensichtlich wichtig.

Die Untersuchung war ins Leben gerufen worden, nachdem der Verteidigungsminister von Präsident Ronald Reagan, Caspar Weinberger [10] (1981-87), in einem langen Interview im schwedischen Fernsehen (SVT) im März 2000 [11] gesagt hatte, dass die Vereinigten Staaten regelmäßig und häufig westliche U-Boote in schwedischen Gewässern eingesetzt hätten, um „die schwedische Bereitschaft zu testen“.

Einen Monat später hatte der britische Marineminister Keith Speed in einem anderen SVT-Interview dasselbe gesagt [12]. Er erzählte von „Penetrationstauchübungen. Können U-Boote tatsächlich in den Stockholmer Hafen eindringen und dort fast auftauchen? Nicht ganz, aber ähnliche Dinge. Wie weit könnten wir kommen, ohne dass Sie es bemerken.“ (Penetrationstauchübung = Eine Übung, um zu testen wie weit man unbemerkt in fremde Hoheitsgewässer vordringen kann, Anm. d. Red.) Sowohl Weinberger als auch Speed sagten, dass diese Operationen nach „Konsultationen zwischen beiden Seestreitkräften“ eingeleitet wurden. Im Falle Großbritanniens waren es der britische Chef des Verteidigungsstabs oder der Flaggoffizier (entspricht einem Admiralsrang, Anm. d. Red.) der U-Boote, die sich mit ihrem schwedischen Amtskollegen berieten. Wir haben Grund zu der Annahme, dass es sich bei dem Mini-U-Boot in Muskö 1982 nicht um ein sowjetisches U-Boot handelte, sondern um ein U-Boot, das für solche Tests verwendet wurde, über die Weinberger und Speed gesprochen hatten.

US-Verteidigungsminister Caspar Weinberger überreicht Präsident Ronald Reagan das erste Exemplar der populären Publikation des Verteidigungsministeriums, „Soviet Military Power” 1983. Das Verteidigungsministerium war in der Lage, die Sowjetunion als aggressive Macht darzustellen. Und der Einsatz westlicher U-Boote, die als sowjetische U-Boote bezeichnet wurden, veränderte die Wahrnehmung der sowjetischen Bedrohung nicht nur in Schweden, sondern in ganz Europa grundlegend. (Foto: Wikimedia Commons / public domain)

Jedes Jahr berichteten die Direktoren des U.S. Marinegeheimdienstes, John Butts (1982-85), William Studeman (1985-88) und Thomas Brooks (1988-91), vor dem Armed Services Committee des Repräsentantenhauses über die sowjetischen Marineaktivitäten und die Bedrohung der westlichen Länder, aber sie sprachen nie über sowjetische Vorstöße in schwedische Gewässer. Diese Vorstöße gab es nicht. Hätten sie Vertrauen in die schwedischen Berichte gehabt, hätten sie dies gesagt. Im März 1984 befragte das Armed Services Committee Konteradmiral Butts, den Direktor des Marinegeheimdienstes, zusammen mit John Lehman, Weinbergers Marineminister, zu den U-Booten in Schweden 1982-83. Butts sagte, dass das U-Boot, das 1981 bei Karlskrona auf Grund lief, ein „echtes“ sowjetisches U-Boot war [13], aber der Absatz über die U-Boote in Muskö 1982 ist immer noch geheim. Das bedeutet, dass diese U-Boote keine echten sowjetischen U-Boote waren. Es gab keinen Grund, diese Informationen geheim zu halten, und es war noch immer nicht möglich, sie freizugeben. Kurz nach diesem Treffen ließen hochrangige Offiziere jedoch etwas durchsickern. Sie erzählten „World News Tonight“ des Senders ABC (21. März 1984), dass die US-Marine U-Boote auch in den Gewässern befreundeter Länder eingesetzt hatte, während sie Hydrophone einsetzten und „die Fähigkeit eines Landes, Eindringlinge aufzuspüren“, prüften [14]. Die schwedische Kritik an den Vereinigten Staaten hatte Schweden offenbar zur Zielscheibe solcher Operationen gemacht. Ansteensen sagte, die Amerikaner hätten U-Boote in schwedischen Gewässern eingesetzt, aber nur bis zu einem bestimmten Breitengrad, um die Finnen nicht zu stören. Der schwedische Diplomat Rolf Ekéus (2000 zum Sonderbeauftrageten der schwedischen Regierung ernannt, um die schwedische Sicherheitspolitik während des Kalten Krieges und das Eindringen ausländischer U-Boote in schwedische Gewässer zu analysieren. Anm. d. Red.) und ich vereinbarten, dass ich mit Ansteensen sprechen sollte, sobald ich wieder in Oslo war, aber als ich dort ankam, war er gerade verstorben. Bei der Gedenkfeier nach der Beerdigung (17. April 2001) saß ich neben dem norwegischen Botschafter Arne Arnesen. Als ich ihm von der Untersuchung und den Äußerungen Ansteensens erzählte, sagte Arnesen vorsichtig: „Sind die Schweden reif genug für so etwas?“ Es war offensichtlich ein heikles Thema. Ich unterhielt mich auch regelmäßig mit dem damaligen Ministerpräsidenten Kåre Willoch, der sagte, er könne weder bestätigen noch dementieren, was Ansteensen gesagt habe, aber er fügte auch hinzu: „Man kann darauf vertrauen, dass das, was Ansteensen gesagt hat, richtig ist.“

3. Ein Unterwasser-U-2-Einsatz in den Stockholmer Schären (1982) [15]

Ich hatte einen besonderen Grund, mich für dieses Ereignis zu interessieren. 1985 hatte ich Kontakt zu einem schwedischen Taucher, der erzählte, dass er 1982 bei der U-Boot-Jagd in Muskö zu einem beschädigten Mini- oder besser gesagt einem Mini-U-Boot getaucht war und ein Kabel daran befestigt hatte. Sie hatten zunächst einen kleinen „schwarzen Hügel“ (später als „Walfischrücken“ bezeichnet) an der Oberfläche gesehen. Er wurde einige Minuten lang bis um ca. 14:15 Uhr beobachtet (laut dem Kriegstagebuch der Marinebasis) [16]. Ein Hubschrauber nahm Kontakt mit ihm auf. Ein schwedisches Väktaren-Schnellboot warf eine Unterwasserbombe auf das Schiff. Diese habe das Mini-U-Boot zufällig getroffen und versenkt, sagte der Taucher. Ein Mini-U-Boot wurde möglicherweise „einmal durch eine Unterwasserbombe beschädigt“, schrieb die U-Boot-Verteidigungskommission 1983 in ihrem Bericht. Dem Kriegstagebuch der Marinebasis zufolge hat nur einmal ein schnelles Angriffsboot eine einzige Unterwasserbombe abgeworfen: Väktaren um 14:40 Uhr am 5. Oktober. Die Zielinformation erhielt es von Hubschrauber 71. Der Zeitpunkt des „beschädigten Mini-U-Boots“ wurde bei der U-Boot-Untersuchung 2001 von Mauritz Carlsson, dem Geheimdienstchef des Marinestützpunkts 1982, bestätigt.

Per Rudberg, Chef der Marine (1978-84), sagte 1983, dass ein Mini-U-Boot beschädigt worden sei. Um 14:42 Uhr, zwei Minuten nach der Detonation, meldete der Hubschrauber Y71 etwas auf der Oberfläche. Um 14.50 Uhr kehrt Y71 zur Basis zurück. Nach Angaben eines Militärarztes des Marinestützpunktes kam die Hubschrauberabteilung mit einem amerikanischen Taucher, der einen freien Aufstieg machen musste. Er überlebte.

Sie nannten ihn „Ohio“. Sie fragten ihn, woher er komme, aber er sagte nichts. Er zeigte nur geradeaus nach unten. Nach einer Stunde traf ein Wagen der US-Botschaft ein und kümmerte sich um den Taucher. Es war so etwas wie eine „Unterwasser-U-2“. Wie schon 1960 hatte der Pilot überlebt und war versorgt worden. Ich habe ein paar Mal mit dem Militärarzt gesprochen. Er hatte mich 2001 nach meinem Buch Hårsfjärden kontaktiert. Er starb kurz darauf.

Um 15:44 Uhr wird der gesamte Verkehr im Gebiet Hårsfjärden eingestellt. Um 16:10 Uhr wird das U-Boot-Bergungsschiff Belos aus Karlskrona (400 km entfernt) angefordert. Um 17.40 Uhr wird dem Marinestützpunkt das unbemannte Unterwasserfahrzeug Sjöugglan (zur Aufnahme von Fotos unter Wasser) zur Verfügung gestellt. Um 18.10 Uhr wird das Schiff Urd (zur Bergung der Torpedos) an den Ort der Detonation beordert. Alle Berichte über Urd sind immer noch geheim. Der Hubschrauber Y69 patrouilliert östlich der Detonation zwei Stunden lang am Strand von Märsgarn, als hätte man Angst, dass etwas oder jemand an Land gespült werden könnte. Im Kriegstagebuch heißt es: „23.17 Uhr: alle Taucher sind zurückgekehrt“. Alle Marineschiffe in der Gegend wurden angewiesen, ihre Motoren abzustellen. Es war die ganze Nacht über so still, als ob man um jemanden getrauert hätte. Am nächsten Tag begab sich Vizeadmiral Rudberg in die Hubschrauberabteilung, um mit dem Personal zu sprechen. Es war etwas Ernstes passiert.

Die schwedische Zeitung Dagens Nyheter beschreibt die U-Boot-Jagd im Oktober 1982 auf dramatische Weise. Die Schlagzeilen: „Die Jagd nach dem U-Boot“ und „Das U-Boot versucht zu entkommen“. (Foto: Ola Tunander / https://olatunander.substack.com/p/an-underwater-u-2-part-i)

Der Stabschef von Muskö, Lars-Erik Hoff, konnte mir nicht sagen, was passiert war. Aber er erzählte mir, dass Christina Jutterström, die Chefredakteurin von Dagens Nyheter, ihn angerufen hatte und sagte, sie habe absolut sichere Informationen, dass ein kleines U-Boot beschädigt worden sei. Sie wollte den Fall bestätigt haben. Der Kapitän des Bergungsschiffs Belos, Björn Mohlin, sagte, sie habe ihn ebenfalls angerufen, aber Belos sei einen Tag später in Muskö angekommen. Er wisse nichts, sagte er. Als ich mit Jutterström sprach, wollte sie ihre Quelle nicht preisgeben. Sie habe die „Pflicht“, „zu schweigen“, schrieb sie. Der Presseoffizier der Marine, Sven Calle Carlsson, teilte später mit, dass der Chef des Verteidigungsstabes, Vizeadmiral Bror Stefenson, zur Marineschule Berga auf dem Hårsfjärden geflogen sei, um um 18 Uhr eine erste Pressekonferenz für die weltweiten Massenmedien abzuhalten. Alle großen internationalen Fernsehsender und bis zu 500 Journalisten waren an diesem Tag anwesend. Carlsson informierte Stefenson und den Kommandanten von Berga, Commodore Christer Söderhjelm von der Marineakademie. Das war vielleicht eine Stunde vor der Pressekonferenz, vielleicht auch zwei Stunden, nachdem das Mini-U-Boot beschädigt oder versenkt worden war. Es war sehr geheim. Carlsson wurde nicht informiert. Nach der Unterrichtung von Carlsson sagte Stefenson, er wolle stattdessen etwas anderes zur Sprache bringen. Carlsson war erstaunt: Was sollte das sein? sagte er. Söderhjelm sagte: „Ich denke, der Admiral sollte auf Sven Calle [Carlsson] hören.“ Aber als Stefenson seine Pressekonferenz abhielt, konnte er nichts darüber sagen, was genau vorgefallen war. Er fing an, über sich selbst zu sprechen. Er hatte dem Briefing von Sven Calle Carlsson nicht zugehört. Er hatte sich keine Notizen gemacht. Jemand muss ihm kurz vor der Pressekonferenz strikte Anweisungen gegeben haben, nicht das zu sagen, was er sagen wollte. Sven Calle Carlsson übernahm die Pressekonferenz vom Admiral. Stefenson hat vielleicht erst später erfahren, welche Nationalität das Mini-U-Boot hatte. Der Chef der Stockholmer Küstenverteidigungskräfte, Brigadegeneral Lars Hansson, sagte am nächsten Tag in einem Interview mit dem Aftonbladet, dass es sich um ein sowjetisches U-Boot oder vielleicht „ein NATO-U-Boot, das uns testen wollte“, gehandelt haben könnte. Stefenson bat Hansson, in sein Büro zu kommen: „Es gibt Gerüchte über ein NATO-U-Boot. Das sind Gerüchte, die wir sofort und energisch dementieren müssen“, sagte er.

Der Hauptbericht der Marine über Spuren und Objekte auf dem Meeresboden nach der U-Boot-Jagd von 1982 ist inzwischen weitgehend freigegeben (viele Anhänge sind noch geheim). Taucher hatten Spuren auf dem Grund gefunden. Es sah so aus, als ob ein Raupenfahrzeug vor Näsudden, wo das Väktaren-Schnellboot eine Unterwasserbombe gezündet hatte, aber auch bei Mälsten auf Grund gegangen war. In einem kurzen Absatz (12 Zeilen) des Berichts ist von zwei Wracks auf dem Meeresboden die Rede, doch ist dieser Absatz jetzt, nach 40 Jahren, immer noch geheim (Sonarbilder dieser beiden Wracks sind in Anhängen zu finden, die teilweise immer noch geheim sind). Ich habe mich an ein höheres Gericht gewandt, um die Freigabe dieser Zeilen und einiger Anhänge zu erwirken, aber das war nicht möglich. Ein Wrack war 16 Meter lang, das andere weniger als 10 Meter. Die Tatsache, dass die Marine an diesen Wracks tauchte, wurde 2001 freigegeben, aber 2008 erneut als geheim eingestuft. Warum? Neben dem Originaldokument, das vom späteren Chef der Marine, Vizeadmiral Dick Börjesson, verfasst wurde, gab es zwei Kopien. Der Bericht und eine Kopie wurden Vizeadmiral Per Rudberg, dem Chef der Marine, übergeben, während die andere Kopie an Konteradmiral Christer Kierkegaard ging, den Chef der Marinebasis. Man muss sich fragen, warum diese Informationen immer noch geheim gehalten werden. Dies waren auch die beiden schwedischen Admirale, die US-Verteidigungsminister Weinberger während seines fünftägigen Besuchs in Schweden, fast genau ein Jahr zuvor, unterrichtet und begleitet hatten.

1984-85 sprach ich mit einem Offizier, der den Taucher kannte, der ein Kabel an dem kleinen U-Boot befestigt hatte. Es war schwierig, ein gemeinsames Treffen zu vereinbaren, also rief ich den Taucher an einem Sonntagabend an. Er wohnte südlich von Stockholm. Er erklärte sich bereit, mich am Dienstagmorgen, also weniger als zwei Tage später, zu treffen. Er hatte einen Tag frei und wollte Wäsche waschen. Ich erhielt seine Adresse und seinen Türcode. Ich gab ihm meine Telefonnummer, falls etwas passieren würde. Am nächsten Tag rief er an und sagte, ein Treffen sei unmöglich. Er war in eine Stadt in Nordschweden mehrere hundert Kilometer entfernt versetzt worden. Nach einer Woche rief ich ihn im Norden an. Er sagte dann, dass er nicht darüber sprechen könne. Er hatte seine Wohnung und seine Freundin in Stockholm mit einer Frist von einem Tag verlassen. Er kam nie wieder zurück. Als ich 2001, also 15 Jahre später, als ziviler Experte an der U-Boot-Untersuchung teilnahm, rief ich ihn von unserem Büro im Verteidigungsministerium in Nordschweden an. Er sagte dann, er hätte meinen Anruf erwartet (nachdem er 15 Jahre lang nicht mit mir gesprochen hatte). Jemand, der wusste, dass ich bei der Untersuchung dabei war, hatte ihn gewarnt. Er sagte, er sei zu der Zeit nicht in Muskö, sondern in Karlskrona gewesen. Andere sagten, er sei in Muskö gewesen. Es war klar, dass er nichts mehr sagen wollte.

Man könnte sich fragen: Wie glaubwürdig sind solche Quellen? Warum sollten wir einem Taucher, einem Arzt oder einem Offizier glauben, der Behauptungen aufstellt, die nicht mit der offiziellen Version vereinbar sind?

Aber diese Quellen waren nicht die einzigen, die von einem beschädigten Mini-U-Boot sprachen. Per Rudberg, Chef der Marine, tat es auch. Die Dokumente deuten in dieselbe Richtung.

Es war etwas Ernstes passiert. Die schwedische Marine musste etwas Konkretes vorweisen. Man behauptete, dass die U-Boote aus der Sowjetunion stammten, aber die Marine musste Beweise vorlegen. Wenn es ein gesunkenes sowjetisches Mini-U-Boot gegeben hätte, hätte man es bergen und der Welt zeigen können. Ein gesunkenes sowjetisches Mini-U-Boot ergibt keinen Sinn. Als Einar Ansteensen 1999 sagte, das havarierte U-Boot habe unter amerikanischem Kommando gestanden, und als andere sagten, man habe einen Taucher der US-Marine aufgesammelt, wurde alles viel leichter verständlich. Jetzt war es möglich zu verstehen, warum die Marine nichts über den Vorfall sagen konnte. Als US-Verteidigungsminister Weinberger und der britische Marineminister Keith Speed im Jahr 2000 erklärten, dass die USA und die Briten regelmäßig und häufig U-Boote in schwedischen Gewässern eingesetzt haben, war dies eine Bestätigung dessen, was einige von uns bereits wussten. Aber wer war daran beteiligt?

4. Ein streng geheimes „Unterwasser-U-2“ [17]

Im April 2002 präsentierte ich mein frühes englisches Manuskript über westliche U-Boot-Operationen in schwedischen Gewässern der internationalen Historikergruppe des norwegischen Nobel-Instituts. Das Manuskript wurde zu einem Buch über „US and British submarine deception in the 1980s“ [18] weiterentwickelt. Im Nobel-Institut legte ich viele Informationen vor, die alle auf westliche Aktivitäten hindeuteten, und einer der Historiker war an diesem Thema mehr interessiert als die anderen: Benjamin Fischer. Er hatte bis zu 30 Jahre lang für die CIA gearbeitet. Später hatte er die Position des CIA-Chefhistorikers inne. Im Juni 2002 veranstaltete das Nobel-Institut in Lysebu (Oslo) ein Symposium über den Kalten Krieg in den 1980er Jahren mit Historikern aus mehreren Ländern [19], von denen einige einen Hintergrund bei den Geheimdiensten hatten, wie Generalleutnant William Odom von der NSA und Douglas MacEachin von der CIA. Ich unterhielt mich viel mit Odom, dem Militärberater von Zbigniew Brzezinski, des nationalen Sicherheitsberaters von Präsident Jimmy Carter (1977-81). Außerdem war er Chef des Nachrichtendienstes der Armee (1981-85), Direktor der National Security Agency (NSA, 1985-88) und dann Direktor für nationale Sicherheitsstudien am Hudson Institute. Ich traf ihn auch auf späteren Konferenzen und in Washington am Hudson Institute. Ich erzählte ihm, was Caspar Weinberger im Jahr 2000 über die U-Boote der USA gesagt hatte, die regelmäßig in schwedischen Gewässern operierten, um die schwedische Küstenverteidigung zu testen, aber Bill Odom sagte nur kurz: „Ich werde nicht über geheime Informationen sprechen“. Es war offensichtlich, dass das, was Weinberger über die westlichen U-Boote, die an der schwedischen Küste operierten, gesagt hatte, immer noch sehr, sehr geheim war. Ein sehr sensibles Thema. Weinbergers stellvertretender Unter-Staatssekretär Dov Zakheim sagte am Tag nach dem Interview zu Dagens Nyheter: „Wenn Weinberger das sagen wollte, ist das seine Sache“. Aber er sagte einem Freund von mir, dass weder Weinberger, noch sein Nachfolger Frank Carlucci, noch sonstwer mehr etwas sagen werden. Alle würden schweigen.

Der ehemalige stellvertretende CIA-Direktor für Nachrichtendienste (DDI), Douglas MacEachin (Leiter der CIA-Sowjetanalyse 1984-89), sprach 2011 in der Reagan-Bibliothek zusammen mit dem ehemaligen stellvertretenden Direktor für zentrale Nachrichtendienste, Admiral Bobby Ray Inman, zum Thema „Intelligence Used to End the Cold War”. (Screenshot C-SPAN 3)

Auf dem Osloer Symposium 2002 sagte Ben Fisher (CIA, Anm. d. Red.) zu mir: „Fragen Sie Doug MacEachin?“ Er war bei der CIA für die Analyse der Sowjetunion und später für die gesamte Geheimdienstanalyse der CIA zuständig. „Er könnte etwas wissen“. Ab 1981 war MacEachin stellvertretender und späterer Leiter des Operationszentrums der CIA, das alle nachrichtendienstlichen Informationen für Präsident Reagan und sein tägliches Briefing vorbereitete. Von 1984 bis 1989 war er Leiter des CIA-Büros für sowjetische Analysen (SOVA) unter Robert Gates. Gates leitete später die CIA (Director of Central Intelligence) und war auch Verteidigungsminister, aber seit 1982 war er stellvertretender Direktor für Nachrichtendienste (DDI) der CIA. MacEachin hatte die gleiche Position des DDI von 1993-95 unter CIA-Direktor James Woolsey und dem amtierenden Direktor Admiral William Studeman inne. MacEachin wurde 1982 über den Vorfall in Muskö informiert.

Es war offensichtlich keine sowjetische Operation. Als ich ihn danach fragte, sagte er: „Das war wie ein U-2-Zwischenfall unter Wasser“, als ob ein Schiff unter dem Kommando der CIA oder der Marine versenkt worden wäre und ein amerikanischer Pilot überlebt hätte – genau wie bei dem U-2-Zwischenfall von 1960 und genau wie es mir der Taucher und der Arzt/Offizier, wie oben geschildert, gesagt haben.

Ich sagte: „Aber die Schweden sind [im Gegensatz zu den Russen] nie an die Öffentlichkeit gegangen“. Dann wandte er sich an Ben Fischer, der ebenfalls anwesend war, und fragte: „Wissen Sie, wovon wir hier reden?“ Ben Fischer antwortete kurz: „Ja, Ola hat ein Paper darüber geschrieben. Olas Vortrag war der erste Vortrag, den ich in Oslo gehört habe.“ Danach war das Gespräch zu Ende.

Daraufhin fragte ich MacEachin, mit wem außer Studeman ich sprechen sollte, der sein unmittelbarer Vorgesetzter gewesen war (Studeman war nach Butts Leiter des US-Marinegeheimdienstes, dann 1988-92 Nachfolger von Bill Odom als Direktor der NSA, dann 1991-93 stellvertretender Direktor der CIA unter Gates und Woolsey und 1995 amtierender CIA-Direktor). MacEachin sagte: „Haver, Rich Haver“. Richard Haver war Studemans Protegé und der erste zivile stellvertretende Direktor des US-Marinegeheimdienstes (unter Studeman und Thomas Brooks). Im Jahr 1989 rekrutierte Verteidigungsminister Dick Cheney ihn als seinen stellvertretenden Sekretär für die Nachrichtendienste. Während MacEachin DDI war, war Haver CIA-Exekutivdirektor für Angelegenheiten der Geheimdienstgemeinde. Im Jahr 2000 wurde er erneut von Cheney rekrutiert, nun aber als Geheimdienstleiter für George W. Bush während der Übergangszeit bis zum 20. Januar 2001. Danach wurde er der „Special Assistant for Intelligence“ von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Es war klar, dass MacEachin seine Informationen von diesen beiden erhielt. Sie hatten ihn offenbar über eine „Unterwasser-U-2“ in Schweden im Jahr 1982 informiert.

Am 20. und 21. August 2007 nahm ich in Bodø in Nordnorwegen an einer Konferenz über die maritime Strategie der USA teil, die unter dem Titel „Politisch-militärische Bewertungen der Nordflanke 1975-1990“ stattfand. Die Konferenz wurde vom Institut für Verteidigungsstudien und dem „Parallel History Project“ zusammen mit Odom, Admiral James Eberle, dem ehemaligen Chef der britischen Flotte und Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte im Ostatlantik, mit General Vigleik Eide, dem norwegischen Verteidigungsminister (1987-89) und Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses (1989-93), und dem ehemaligen US-Marineminister John Lehman (1981-87) organisiert. In der Nixon-Regierung hatte Lehman direkt unter Henry Kissinger und Alexander Haig gearbeitet. Ich hatte in den 1980er Jahren meine Doktorarbeit über die „Maritime Strategie der USA“ geschrieben, die als „Lehman’s Maritime Strategy“ bekannt wurde. In den späten 1970er Jahren war Lehman am „Sea Plan 2000“ beteiligt, und als Marineminister von Präsident Reagan war er die treibende Kraft hinter der neuen Strategie, einer Strategie, die in erster Linie auf die sowjetischen strategischen U-Boote und die Stützpunkte auf der Kola-Halbinsel ausgerichtet war. Ich unterhielt mich viel mit ihm, und er freute sich darüber, dass ich in meiner Dissertation „Cold Water Politics“ (1989) [20], die auf dem Lehrplan des US Naval War College stand, seine Argumente hervorgehoben und korrekt beschrieben hatte. 2008 erwähnte er mich mit freundlichen Worten gegenüber einem Journalisten der britischen Sunday Times.

US-Marineminister John Lehman (1981-87) und der Autor auf der Konferenz des Bodø-Instituts für Verteidigungsstudien im Jahr 2007 mit dem Vestfjord im Hintergrund, wo Lehmans Flugzeugträger in einem Krieg mit den Sowjets in den 1980er Jahren Radarschatten suchen sollte. (Foto: Ola Tunander)

Lehman sagte, die Entscheidung über die U-Boot-Operationen in schwedischen Gewässern, über die Weinberger bei SVT [21] gesprochen hatte, sei von einem „Täuschungsausschuss“ („Deception Committee“) [22] unter CIA-Direktor William Casey getroffen worden, dem es bereits vor dem Übergang im Januar 1981 gelungen war, Reagan dazu zu bringen, diesen Ausschuss einzusetzen. Die Aufgabe des Komitees war „Deception“, die Täuschung der Sowjets. Aber die Aufgabe bestand eindeutig auch darin, den Alliierten und Freunden „russische Offensivaktionen“ vorzugaukeln, um die Alliierten zur Mobilisierung gegen die Russen zu bewegen (siehe Teil III).

Es waren Casey, der nationale Sicherheitsberater Dick Allen und die stellvertretenden Außen- und Verteidigungsminister, die die Entscheidung getroffen haben, Präsident Reagan, Außenminister Alexander Haig und Verteidigungsminister Weinberger eine „plausible Abstreitbarkeit“ („plausible deniability“) zu geben, damit sie sagen konnten: Wir wussten nichts von diesen illegalen Aktivitäten. Lehman wollte nicht sagen, welche Schweden beteiligt waren. Aber er fügte hinzu, wenn er mir das gesagt hätte, hätte er mich „hinterher umbringen müssen“. Dies waren die sensibelsten Informationen, die sie besaßen. Er bestätigte, dass sie kleine italienische Mini-U-Boote in schwedischen Gewässern einsetzten, um der US-Marine eine „plausible Abstreitbarkeit“ zu geben, so dass die US-Vertreter im Falle eines Fehlers sagen könnten: „Das waren nicht wir, und wir alle wissen, wie die Italiener sind“.

Das Buch Blind Man’s Bluff (1998) [23] von Sherry Sontag und Christopher Drew befasst sich mit der amerikanischen Spionage und dem Einsatz von Abhörgeräten in sowjetischen Gewässern. Ein Großteil dieser Aktivitäten wurde von einem Verbindungsbüro zwischen der US-Marine und der CIA organisiert, dem „National Underwater Reconnaissance Office“ (NURO), das mit der CIA und dem entsprechenden Amt der US-Luftwaffe, dem „National Reconnaissance Office“ (NRO), das für die Satellitenüberwachung zuständig war, verwandt war. Das NURO wurde 1969 gegründet, aber es war extrem geheim. Formal ist es das immer noch. Seine Existenz wurde erst 1998 von Sontag und Drew aufgedeckt. Sie schrieben, dass in den frühen 1970er Jahren John Warner, Präsident Nixons Marineminister, Leiter des NURO war, während der stellvertretende Direktor für Wissenschaft und Technologie der CIA sein Stellvertreter war. In einem Gespräch mit Bill Odom und Doug MacEachin sagten diese, dass Rich Haver die zentrale Quelle von Sontag und Drew gewesen sei. MacEachin sagte jedoch, dass die U-Boot-Operationen in sowjetischen Gewässern nur einen Teil der NURO-Aktivitäten ausmachten. NURO habe auch in skandinavischen Gewässern mit U-Booten operiert. Bei einem Abendessen sprach ich mit einem Sonderberater von Präsident Clinton. Er sagte, es gebe ein Verbindungsbüro zwischen CIA und DIA (Defense Intelligence Agency) (mit Offizieren der Navy Intelligence), das die Operation in schwedischen Gewässern durchführte. „Es war die geheimste Sache, die wir hatten“, sagte er. In den späten 1980er Jahren soll NURO aus Leuten wie Bill Studeman, Rich Haver, späteren Chefs des Marinegeheimdienstes wie Thomas Brooks (1988-91), Edward Sheafer (1991-94), Mike Cramer (1994-97) und Mike McConnell bestanden haben. Sowohl Sheafer als auch McConnell waren Geheimdienstchefs (J-2, Manager der Geheimdienstcommunity für militärische Operationen, Anm. d. Red.) des Vorsitzenden der gemeinsamen Stabschefs, Admiral William Crowe bzw. General Colin Powell. Ich fragte John Lehman, ob er, wie Warner, Leiter des NURO gewesen sei, was er bestätigte.

Admiral Bill Studeman als stellvertretender CIA-Direktor (DDCI) und später amtierender Direktor der Central Intelligence mit James Hirsch als stellvertretendem CIA-Direktor für Wissenschaft und Technologie im Haus des norwegischen Geheimdienstchefs Generalmajor Alf Roar Berg und mit Bergs Frau Joe zwischen ihnen. Als Direktor des Marinenachrichtendienstes war Studeman Chef des Nationalen Unterwasseraufklärungsbüros (NURO), während Hirsch der stellvertretende Chef war. Rechts sitzt Terje Kristensen, der ähnlich wie das NURO für die norwegische Unterwasseranalyse zuständig war und dann unter Berg stellvertretender Chef des norwegischen Geheimdienstes wurde. Kristensen ist im Bild angeschnitten, sitzt aber an der richtigen Stelle am Tisch (Foto: Privatarchiv Ola Tunander).

Als ich 2021 mit Lehmans Freund, Admiral Bobby Inman, sprach, der sowohl Direktor des Marinegeheimdienstes als auch Chef der Nationalen Sicherheitsbehörde und stellvertretender Leiter der DIA und CIA war (siehe unten), sagte er, dass der Leiter des NURO immer auch der Direktor des Marinegeheimdienstes war.

Der Marineminister kontrollierte die Finanzierung, war aber nie der formale Chef. Dies habe sowohl für die 1970er als auch für die 1980er Jahre gegolten, sagte er. Sontag und Drew hätten Warners Position missverstanden, und Lehman habe vielleicht eher seine informelle Rolle gesehen. Das würde aber bedeuten, dass nach 1985 Bill Studeman und später Thomas Brooks Chef des NURO waren, während Evens Hineman und später James Hirsch als stellvertretende CIA-Direktoren für Wissenschaft und Technologie ihre Stellvertreter waren. Inman sagte auch, dass NURO „keinerlei Aktivitäten im Baltikum“ durchführte. In Nordeuropa „lag der Schwerpunkt auf der sowjetischen Nordflotte“, so Inman. Wenn Inman die Wahrheit sagt, gäbe es ein noch geheimeres CIA-Marine-Netzwerk, „das die schwedisch-baltischen Operationen leitete“. Wir werden später sehen, wer diese Leute waren.

Ich habe John Lehman nie über den Vorfall von 1982 befragt. Aber als Dirk Pohlmann vom deutsch-französischen Fernsehsender ARTE Lehman 2009 interviewen wollte, bat ich Pohlmann, den schwedischen Vorfall von 1982 zu erwähnen: „Das Unterwasser-U-2“. Pohlmann sagte zu Lehman: „Das U-Boot in Schweden, das beschädigt wurde, wurde ,Unterwasser-U-2‘ genannt. Was haben Sie damit gemeint?“ Lehmann antwortete: Nicht nur die Amerikaner, sondern auch andere NATO-Länder operieren mit U-Booten in fremden Hoheitsgewässern. „In der Tat gab es einige Behauptungen, dass es zahlreiche Gelegenheiten gab, bei denen sie tatsächlich in Häfen – Marinehäfen – eindrangen und nachrichtendienstliche Erkenntnisse sammelten“, und „der schwedische Vorfall wäre in diese Kategorie gefallen“, sagte Lehman. Der Begriff „Ein Unterwasser-U-2“ in Schweden 1982 war ihm wohlbekannt. Schlüsselpersonen innerhalb der CIA und der US-Marine wie Studeman, Haver, MacEachin und Lehman sprachen Berichten zufolge alle über denselben Vorfall. Sie verglichen die schwedische Versenkung eines Mini-U-Boots mit dem sowjetischen Abschuss des U-2-Flugzeugs. Tatsächlich war der Vorfall von 1982 für die Vereinigten Staaten ein viel größerer Skandal, weil er sich gegen einen befreundeten Staat richtete. Es war unmöglich, in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen. Lehman würde nur sagen, dass dieses „Unterwasser-U-2“ (das unter dem Kommando der US Navy/CIA gestanden haben muss) zumindest formal nicht amerikanisch war, sondern aus einem anderen NATO-Land kam. Es hätte sich um ein Mini-U-Boot eines anderen westlichen Landes gehandelt, das unter dem Kommando der USA/der CIA operierte.

Quellen:

[1] Ola Tunander, „40 år siden «U-2-episoden under vann»”, 01.10.2022, <https://terjealnes.files.wordpress.com/2022/09/u-2-under-vann-1-oktober-2022.pdf>
[2] Taylor & Francis Online, Ola Tunander, „Subs and PSYOPs: The 1982 Swedish Submarine Intrusions“, am 13.07.2012, <https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02684527.2012.699294>
[3] InternetArchive, Dirk Pohlmann, „Operation Täuschung – Die Methode Reagan / Doku Von Dirk Pohlmann“, uploaded 23.06.2020, <https://archive.org/details/operation-tauschung-die-methode-reagan>
[4] siehe [1]
[5] NRK TV, „3. Fra fred til kald krig“, <https://tv.nrk.no/serie/einar-hele-historien/sesong/1/episode/3/avspiller>
[6] siehe [1]
[7] Amazon, Jørn Gjelstad und Olav Njølstad, „Nuclear Rivalry and International Order“, am 05.04.1996, <https://www.amazon.com/Nuclear-Rivalry-International-Research-Institute/dp/0803977530>
[8] lokalhistoriewiki.no, „Einar Ansteensen“, <https://lokalhistoriewiki.no/wiki/Einar_Ansteensen>
[9] Regerinskansliet, „Perspektiv på Ubåtsfrågan“, am 15.11.2001, Update: 02.04.2015, <https://www.regeringen.se/rattsliga-dokument/statens-offentliga-utredningar/2001/11/sou-200185/>
[10] siehe [2]
[11] Rutledge, Ola Tunander, „The Secret War Against Sweden – US and British Submarine Deception in the 1980s“, 2004, <https://www.routledge.com/The-Secret-War-Against-Sweden-US-and-British-Submarine-Deception-in-the/Tunander/p/book/9780714682754>
[12] siehe [2]
[13] siehe [2]
[14] siehe [2]
[15] siehe [1]
[16] Google Books, „The Secret War Against Sweden – US and British Submarine Deception in the 1980s“, 2004, <https://books.google.se/books?id=cN-ETroO0zEC&printsec=frontcover&hl=sv#v=onepage&q&f=false>
[17] siehe [2]
[18] siehe [16]
[19] Routledge, Olav Njølstad, „The Last Decade of the Cold War – From Conflict Escalation to Conflict Transformation“, 2004, <https://www.routledge.com/The-Last-Decade-of-the-Cold-War-From-Conflict-Escalation-to-Conflict-Transformation/Njolstad/p/book/9780714685397>
[20] Google Books, Ola Tunander, „Cold Water Politics: The Maritime Strategy and Geopolitics of the Northern Front“, 1989, <https://books.google.no/books?hl=no&id=dEa4AAAAIAAJ&focus=searchwithinvolume&q=Lehman>
[21] siehe [2]
[22] siehe [3]
[23] Google Books, Sherry Sontag und Christopher Drew, „Blind Man’s Bluff: The Untold Story of American Submarine Espionage“, Thorndike Press, 1999, <https://books.google.no/books/about/Blind_Man_s_Bluff.html?id=UmEpAQAAMAAJ&redir_esc=y>