Der Zweck der Arbeit im historischen und volkswirtschaftlichen Kontext

Der Zweck der Arbeit wird durch das herrschende System definiert. Dabei hängt die Länge der Arbeitszeit davon ab, wie wir wirtschaften.

Von Published On: 14. Mai 2022Kategorien: Gesellschaft & Geschichte, Utopie

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Dass wir falsch wirtschaften, zeigt sich im Raubbau an unseren Ressourcen, der globalen Umweltzerstörung, in der weltweit wachsenden Arbeitslosigkeit, in der zunehmenden Armut und in der Vernichtung der Überproduktion, wie z.B. an Lebensmitteln.

Doch warum wirtschaften wir falsch?

Wir wirtschaften falsch, weil wir vergaßen, was Wirtschaften ursprünglich war: Haushalten. Wir müssen wieder verstehen, warum und wofür wir arbeiten. Wir arbeiten für unsere Versorgung und unseren Wohlstand. Die Versorgung basiert heute fast ausschließlich auf der Geldeinkommensquelle und finanziert auch die Reproduktionsarbeiten, die zusätzlich zum Gelderwerb geleistet werden. Warum dies so ist, zeigt die Entwicklung der Gesellschaft in den Industrienationen am deutlichsten.

Das Lehnswesen

Das Lehnswesen des Frühmittelalters war die am engsten mit der Natur verbundene Wirtschaftsform. Sie organisierte sich in viele kleine Gemeinschaften mit einer geschlossenen Hauswirtschaft. Diese Gemeinschaften waren Selbstversorger. Nicht Geld, sondern geliehenes Land sicherte den Anführern der germanischen Stämme die Gefolgschaft ihrer Krieger. Das Lehen verpflichtete die Bauern zur Erbringung einer Tätigkeit oder zur Abgabe eines bestimmten Anteils ihrer Ernte. Das kaiserliche Lehen einer Pfalz verpflichtete z.B. zur Unterbringung und Verpflegung des Hofstaates, sobald der Kaiser auf dieser Pfalz Hof hielt und Recht sprach. Verlieh ein Ritter seinen Bauern ein Lehen, so wurden die Bauern zur Versorgung ihres Ritters verpflichtet. Gleichfalls gehörte die Bewaffnung des Ritters zur Pflicht der Bauern.

Demgemäß lässt sich die Verteilung der Arbeit im Frühmittelalter wie in Abbildung 1 beschreiben. Die Menschen dieser Gesellschaft wussten noch, warum sie was, wann und wie machen mussten, um durch den Winter zu kommen. Sie waren nicht entfremdet von ihrer Arbeit und begleiteten die Herstellung eines Gutes von Anfang bis Ende. So verstanden sie die Versorgung der Gesellschaft.

Abbilung 1: Verteilung der Arbeit im Frühmittelalter

Der Feudalismus – Kolonialismus (16. bis 18. Jahrhundert)

In den unterschiedlichsten Staaten wurde ein stehendes Heer und das Beamtentum eingeführt. Die Beamten waren besoldete Staatsdiener, die wie ein ziviles Herr arbeiteten und dafür sorgten, dass im ganzen Lande die königlichen Befehle durchgesetzt wurden. Die höchsten Beamten waren die Minister, die den König berieten.

Finanziert wurde dies aus den Einnahmen des Königs. Die kamen vor allem aus den direkten und indirekten Steuern. Um die Steuereinnahmen zu steigern, musste ein Staat versuchen, möglichst viel Geld ins Land zu ziehen und möglichst wenig Geld hinaus zu lassen. In dessen Folge mussten möglichst viele Güter im eigenen Land produziert und im Ausland verkauft werden, während vom Ausland möglichst wenig Güter eingekauft werden durften. Dies war die Geburtsstunde des Merkantilismus [1] (das Verbot der Einfuhr ganz bestimmter Güter, hohe Zollmauern für eingeführte Güter, niedrige Besteuerung für ausgeführte Güter [2]). Dieser Maßnahmen bedienten sich z.B. auch der Finanzminister Colbert unter Ludwig XIV [3].

Durch hohe Exporte konnten die Einnahmen an Steuern und damit die Macht des Staates nach innen und außen verstärkt und das Staatsgebiet vergrößert werden. Der Umfang der Produktion musste also vergrößert werden. Dies geschah vor allem mit der Herstellung von Luxusgütern.

Um in großen Stückzahlen produzieren zu können, wurden von den jeweiligen Staaten handwerkliche Großbetriebe aufgebaut, die Manufakturen genannt wurden. Diese waren die Vorläufer der heutigen Fabriken. Vor allem Kaufleute wurden mit eingebunden, die im Staat durch den Aufbau von privaten Manufakturen vielerlei Vorrechte erhielten.

Um Güter möglichst billig herstellen zu können, mussten Rohstoffe, die es im eigenen Lande nicht gab, möglichst billig beschafft werden. Am billigsten waren die Rohstoffe aus den eigenen Kolonien. Die Sicherstellung der Versorgung mit billigen Rohstoffen war der Antrieb, ein möglichst großes Kolonialreich aufzubauen.

Die Ausbeutung der Rohstoffe in den Kolonien zur Versorgung der Produktion in den Mutterstaaten wurde damit zum Kennzeichen der Epoche des Kolonialismus [4, 5].

Abbilung 2: Verteilung der Arbeit im Feudalismus

Der Imperialismus (19. bis 20. Jahrhundert)

Die Manufakturen entwickelten sich zu Fabriken. Das Innungsrecht wurde in weiten Teilen aufgehoben und gewöhnliche Kaufleute konnten in Fabriken Güter des täglichen Gebrauchs industriell produzieren. Um den Bedarf an billigen Rohstoffen sicherzustellen, wurden immer mehr Länder erobert und als Kolonien an das Mutterland angegliedert.

Durch die fortschreitende Industrialisierung stieg die Produktivrate in den Mutterländern exponentiell. Hierdurch drohte stets ein Überangebot und ein Preisverfall für die hergestellten Produkte. In den Mutterländern entstand der Druck, immer neue Märkte zu erschließen und dem Mutterland immer neue Kolonien anzugliedern.

Die billige Produktion von Gütern des täglichen Gebrauchs führte schließlich dazu, dass die in den Kolonien produzierten Güter unterboten und die traditionelle Produktion in den Kolonien zerstört wurde. Die Folge war, dass sich die Produktion von Gütern immer mehr in den Mutterländern verdichtete und die Kolonien immer mehr zu Lieferanten von Rohstoffen und Naturalien wurden. Nur so konnte in den Imperialstaaten der „tendenzielle Fall der Provitrate“ (nach Rosa Luxemburg [6]) abgewendet werden. In den Kolonien fielen hingegen immer mehr Menschen in die Rolle der Tagelöhner und des Lumpenproletariats. Diese Epoche, bezeichnen wir als Imperialismus (nach Rosa Luxemburg [7, 8]).

Das Kennzeichen dieser Epoche war, dass die (industrielle) Produktion für die Güter des täglichen Gebrauchs in den Imperialstaaten verdichtet wurde. Kolonien hingegen wurden immer mehr zu reinen Rohstofflieferanten.

Gegen Ende dieser Epoche begannen die Menschen in den Imperialstaaten zu vergessen, was Wirtschaften im Sinne von Haushalten bedeutet.

Denn es ging seit dem Kolonialismus nur noch um Ausbeutung und die Umverteilung der Einkommen von unten nach oben zur Machtzentralisation. In diesem Prozess veränderte sich die Wahrnehmung der Arbeit grundlegend.

Abbilung 3: Verteilung der Arbeit in den Imperialstaaten

Veränderung der Wahrnehmung der Arbeit im Kolonialismus und Imperialismus

Ursprünglich haushalteten die Menschen, indem sie die aufgewandte Arbeitszeit an den Ertrag an Gütern maßen, die sie brauchten. Diese Sichtweise ist ein wesentlicher Teil der Güterwirtschaft.

Der Güterwirtschaft haftete immer die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit an: Der Bestellung eines Feldes die Ernte; der Schulung von Kindern die Entwicklung der Kinder; dem Mauern die Fertigstellung eines Gebäudes; der Pflege eines Kranken die Genesung desselben usw.

Betrachten wir die Abbildung 4, erkennen wir, wie stark durch den Einsatz modernster Maschinen die güterwirtschaftlich sinnvollen Tätigkeiten in den USA zurückgingen. In der Landwirtschaft von 1840 bis 2010 von 70% auf knapp 3%. In der Industrie von 1960 bis 2010 von rund 38% auf 20%. Für Deutschland sehen die Verläufe genauso aus [10].

Die allgemeine Arbeitszeit hätte also sinken müssen. Die Arbeitsmenge stieg jedoch im Dienstleistungssektor erheblich an. Hierin erkennen wir, dass der güterwirtschaftliche Sinn einer Arbeit und die Menge der geleisteten Arbeit immer mehr auseinanderdriften. Die Arbeit wurde von ihrem güterwirtschaftlichen Sinn entkoppelt. Ein Großteil der Arbeit im Dienstleistungssektor entstand in der Finanzwirtschaft [11, 12, 13, 14].

Die Finanzwirtschaft hat dabei unsere Wahrnehmung von Arbeit verändert: Wir leihen Geld, um uns einen Traktor oder ein Stück Land zu kaufen, um es bestellen zu können. Wir leihen Geld, um einen Betrieb aufzubauen. Die Versicherung zahlt Geld, damit der Pfleger einen Menschen pflegt oder wir arbeiten in einem Betrieb, um Geld zu verdienen.

Der Erwerb von Geld wurde in allen Wirtschaftszweigen immer mehr zum Zweck einer Tätigkeit, während ihr güterwirtschaftlicher Sinn immer mehr ins Zwielicht des Vergessens fiel, keine Rolle mehr spielte oder ganz vergessen wurde.

Der Gelderwerb wurde das, was eine Tätigkeit zu einer Arbeit ausmacht. Stark vereinfacht wurde das Geld der Finanzwirtschaft, Banken und Versicherungen zu einem Schmiermittel, welches Mensch und Arbeit zusammen bringt. Das Geld schaltet die Erbringung einer Arbeitsleistung frei. Und die Freigabe zur Verrichtung einer Arbeit erfolgt über die Auszahlung eines Lohnes oder eines Kredites. Denn fehlt das Geld für Löhne und Kredite, ist die Ware Arbeit nicht mehr verfügbar und eine Arbeit wird nicht mehr geleistet. In dieser Zeit wurde die Lohnarbeit zur wichtigsten Arbeit, weil sie auch alle anderen wie die Reproduktionsarbeiten mitfinanzierte.

Abb. 4: Arbeitskraftverteilung pro Wirtschaftssektor von 1840 bis 2010 [9]

Die Epoche des Spätimperialismus und die KaputtMach-Wirtschaft

Das Fehlen von Geld für Löhne und Kredite kann sich zu einer Wirtschaftskrise ausweiten. In ihrer Folge wird auch immer weniger güterwirtschaftlich notwendige Arbeit geleistet. Ein Mangel an Gütern entsteht und Hunger, Not und Armut folgen.

Wir sehen, dass die Wirtschaftskrise in Wirklichkeit eine Krise der Finanzwirtschaft ist, da die Menschen durch das Fehlen des Geldes von der Arbeit abgehalten werden! Denn die Faktoren der Güterwirtschaft (Menschen, Produktionsmittel und Rohstoffe) sind vorhanden.

In den international bestehenden Arbeiterbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts wurden Stimmen laut, dass die Güterwirtschaft mit einer Arbeiterselbstverwaltung fortgeführt werden könnte. D.h., ohne die Finanzwirtschaft und ohne die Industriellen und Eigentümer der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dies war ein Schock für das Finanzkapital (nach Rudolf Hilferding) [15].

Genau mit dieser Forderung wurde das Finanzkapital z.B. auch durch den Schwarzen Freitag 1929 konfrontiert. Aus der Revolution von 1917 war die sozialistische Sowjetunion als staatlicher Monopolkapitalismus hervorgegangen. Die Zeichen standen auf Sturm und es entstand eine Systemkonkurrenz zwischen staatlichem Monopolkapitalismus und dem westlichen Finanzkapital. Die Herren des Finanzkapitals waren nicht bereit abzudanken und ihre Produktionsmittel sowie Grund und Boden zu vergesellschaften. Sie reagierten auf den staatlichen Monopolkapitalismus ab 1925 mit der Bildung eines Kartellkapitalismus, mit dem sie vor allem den „tendenziellen Fall der Profitrate“ stark verlangsamen konnten.

Ein Beispiel ist das Phoebuskartell [16, 17]. Es „… war ein Gebiets-, Normen- und Typenkartell, welches am 15. Januar 1925 in Genf von den international führenden Glühlampenherstellern gegründet wurde. Ziel des Kartells waren Absprachen zum Austausch von Patenten und technischen Informationen sowie die Aufteilung des Weltmarktes für Glühlampen unter den Beteiligten“ [18].

Die Industrieherren des Westens trafen grundlegende Entscheidungen, die für die Epoche des Spätimperialismus in den imperialistischen Mutterstaaten kennzeichnend sind:

Die künstliche Verknappung von Waren (Güter und Arbeit). Dies sollte das Angebot verringern. Hierzu gehört auch die Vernichtung der tatsächlichen Überproduktion, so wie es lange Zeit in der EWG bzw. EU praktiziert wurde und wird. Z.B. die Vernichtung von Nahrungsmitteln und Marken-Plagiaten usw. [19] Die großflächige Finanzierung von unproduktiven bezahlten Tätigkeiten. Dies sollte die Nachfrage nach Waren durch den Erhalt des volkswirtschaftlichen Kaufkraftvolumens stabil halten und einen konstanten Geld-Waren-Kreislauf garantieren.

Beide Maßnahmen (a & b) sollten Angebot und Nachfrage auf dem Markt im Gleichgewicht halten und den „tendenziellen Fall der Profitrate“ verlangsamen. Die Macht des Finanzkapitals sollte hiermit über die Zeit gerettet werden.

In dieser Phase des Spätimperialismus ging es nicht mehr allein um die Umverteilung der Vermögen von unten nach oben, sondern es ging im Wesentlichen um eine Rechtfertigung der Doktrin des Handels durch Knappheit.

Historisch wurde diese Knappheit durch eine Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen zu einem sehr komplizierten Wirtschaftsgefüge verbunden. Hier seien nur wenige wegweisende und später in anderen Ländern kopierte, Maßnahmen herausgegriffen und aufgezählt:

1. Die 1925 eingeführte geplante Obsoleszenz (eingebauter Verschleiß) [20]. Dies ist eine Vernichtung der industriellen Produkte durch Kurzlebigkeit. Durch den verkürzten Lebenszyklus sollte die Nachfrage nach industriellen Gütern vergrößert werden.

Diese Maßnahme fällt unter die Verknappung von Waren (a). Die Idee der eingebauten Obsoleszenz geht auf die Theoretiker Bernard London (The New Prosperity) und Brook Stevens (Verführung zum Konsum und zur Schnelllebigkeit) zurück.

Aus der Analyse zur 5-Stunden-Woche geht hervor, dass 1991 ca. 20% des Erwerbstätigenpotentials mit Arbeiten zur Obsoleszenz beschäftigt war. [21]

2. Der New Deal, der in den Jahren 1933 bis 1938 unter US-Präsident Franklin Delano Roosevelt als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise durchgesetzt wurde.

Zum New Deal gehörten eine Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen, die den größten Umbruch in der Wirtschafts-, Sozial- und Politikgeschichte der Vereinigten Staaten darstellte und die stark vom Ökonomen John Maynard Keynes beeinflusst wurden (s. Tabelle 1). Keynes fasste vor allem die antizyklischen Staatsinvestitionen mit einer Vergrößerung der umlaufenden Geldmenge ins Auge. Eine weitere Forderung war, dass die Löhne der Arbeiter proportional mit der steigenden Produktivität anwachsen sollten. Der New Deal verhinderte den heute vergessenen Versuch von Senator Hugo Black (Anm.: Er vereinigte viele Industrielle und Gewerkschaften hinter sich), die 30-Stunden-Woche einzuführen.

Einige Maßnahmen des New Deals wurden uns als Errungenschaften der Wohlfahrt oder der Arbeiterbewegung verkauft.

Tabelle 1: Wirtschafts- und Sozialreformen des New Deal

3. Die Einführung unsinniger Tätigkeiten. Seit dem New Deal folgte die Finanzelite Keynes Postulat vom proportionalen Anstieg von Produktivität und Löhnen. Hierdurch wären die Arbeiter durch die Lohngewinne in der Lage gewesen, sich durch Lohnverzicht von den langen Arbeitszeiten freizukaufen und die Arbeitszeit zu reduzieren. Seit 1967 wurde Keynes Postulat verlassen. Ohne proportional steigende Löhne zur ansteigenden Produktivität kam es nie zu der von Keynes 1928 postulierten 15-Stunden-Woche [22]. Statt dessen schuf die Finanzelite im Kapitalismus Bullshit Jobs (David Graeber [23]), mit denen sie einen erheblichen Teil des Potentials der Erwerbstätigen in den Industrienationen von der produktiven Arbeit ausschlossen und mit sinnlosen Arbeiten beschäftigten. Ich beschränke mich jedoch hier entgegen Graebers Definition auf die Bullshit Jobs, die selbst im Kapitalismus sinnlos sind.

Wenn wir die Abbildungen 4 und 5 betrachten, so sehen wir in der Abbildung 5, dass ab 1962 der proportionale Anstieg von Löhnen und Produktivität aufgegeben wurde und dass ab etwa 1972 die Löhne in ihrem Kaufkraftvolumen eingefroren wurden.

Betrachten wir die Abbildung 4, so sehen wir, dass die Jobs im primären und sekundären Sektor (Landwirtschaft, Fischerei, Produktion) sanken und die Jobs im tertiären Sektor (Dienstleistungen) anstiegen. In der Landwirtschaft, Fischerei und Produktion sank die Beschäftigungsrate um 20% und im Dienstleistungsbereich stieg sie um 20%.

Die Abbildungen 4 und 5 zeigen, dass das Geldvolumen, das durch die Rationalisierungen in der Landwirtschaft, Fischerei und Produktion frei wurde, zur Finanzierung der Jobs im Dienstleistungsbereich verwendet wurde.

Doch wie konnte dies bei so vielen unabhängig voneinander operierenden Unternehmen einheitlich umgesetzt werden?

Bei der Finanzierung spielt der tendenzielle Fall der Profitrate (nach Marx [24]) eine entscheidende Rolle. Der tendenzielle Fall der Profitrate bezeichnet hier einen Zyklus von Anstieg und Verlust eines Mehrwertes, mit einer allgemeinen Tendenz der Senkung des Mehrwertes am produzierten Einzelstück.

Ein relativer Mehrwert [25] entsteht den Produzenten z.B. durch Rationalisierungen oder Lohnsenkungen als Zusatzgewinn. Die Produzenten verschaffen sich hiermit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten. In der Regel fließen die Zusatzgewinne dann in eine Kriegskasse für zukünftige Kämpfe um Marktanteile.

Dieser Wettbewerbsvorteil verliert sich aber, sobald die anderen Produzenten mit Rationalisierungen oder Lohnsenkungen nachziehen. Der relative Mehrwert geht verloren, sobald die Produzenten anfangen, sich im Kampf um Marktanteile gegenseitig im Preis zu unterbieten.

Der Wettbewerb um Marktanteile ist ein Verdrängungskampf, der auf die Erbeutung fremder Marktanteile zielt. Er kann sich soweit steigern, dass die Produzenten anfangen, sich gegenseitig so stark zu unterbieten, dass sie ihre Produkte sogar unter ihren Herstellungskosten anbieten. Die Verluste der Hersteller werden dann jeweils aus der Kriegskasse des Unternehmens bezahlt. Dies geht hin bis zum Konkurs bestimmter Anbieter, wobei deren Markt dann von den verbleibenden Produzenten übernommen wird.

Durch diesen Kampf um Marktanteile geht der relative Mehrwert aller Produzenten verloren. Wegen seines regelmäßigen Verlustes im Marktzyklus wird dieser Mehrwert daher als relativ bezeichnet.

Da nach dem Verdrängungskampf die Preise pro hergestelltem Einzelstück auf einem niedrigeren Niveau liegen, sinkt die Profitrate am Einzelstück. Das Unternehmen kann den Rückgang des Gesamtprofits jedoch i.d.R. durch eine Zunahme des Produktionsumfanges ausgleichen, da es nun den dazugewonnenen Markt bedienen kann. D.h., der Gewinn am Einzelstück sinkt und der Produzent macht nun seinen Gewinn mit der Zunahme des Produktionsumfangs, also durch Masse. Aus diesem Grund sprechen wir vom tendenziellen Fall der Profitrate.

Der Gesetzgeber eines Staates ist in der Lage, durch neue Verwaltungsvorschriften zusätzliche Verwaltungsarbeiten von den Unternehmen einzufordern. Dies trifft alle Unternehmen in einem Wirtschaftsraum in gleicher Weise. In Folge dieser neuen Verordnungen müssen sowohl im Staat als auch in Unternehmen zusätzliche Abteilungen aufgebaut werden, die diese Arbeiten leisten.

Beispiele hierfür sind die Erweiterung des Steuerrechts in der BRD im Jahre 1968 oder das Qualitätsmanagement und die Zertifizierung von Betrieben. Dabei führten weder Qualitätsmanagement noch Zertifizierung zu einer Verbesserung der Qualität oder der Verlängerung der Lebensdauer unserer industriellen Produkte. Dies obwohl der Mangel an Qualität als eingebaute Obsoleszenz vielfach nachgewiesen wurde. Es zeigt die Absurdität des gesamten Systems.

Mit dem Instrument neuer Verwaltungsvorschriften war die Finanzelite über den Staat in der Lage, den Wettbewerb um Marktanteile zu zügeln.

Die Unternehmen waren nun gezwungen, den von ihnen selbst erwirtschafteten relativen Mehrwert anzuzapfen, um diesen zur Finanzierung der vom Staat geforderten Verwaltungsaufgaben in ihren Unternehmen einzusetzen.

Steigende Steuern machten gleichfalls eine Aufblähung der Bürokratie im Staat möglich, denn auch dort mussten Abteilungen geschaffen werden, um den zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu bedienen. So wurden die Bullshit Jobs im Kapitalismus finanziert.

Diese neuen Bullshit Jobs im Dienstleistungssektor wurden schleichend und unsichtbar mit dem von den Unternehmen erwirtschafteten relativen Mehrwert finanziert. Dadurch wurden dem „tendenziellen Fall der Profitrate“ Fesseln angelegt und der Mehrwert pro Einzelstück blieb über längere Zeitabschnitte stabil und senkte sich langsamer. Dies trug erheblich zu einer Aufrechterhaltung der imperialistischen Macht- und Eigentumsbedingungen bei.

2010 waren ca. 20% aller Beschäftigungen Bullshit Jobs. Diese Maßnahmen können der Kategorie (a & b) zugeordnet werden.

4. Hartz IV und die unterschiedlichsten Namen und Definitionen für Arbeitslosigkeit.

Am 1. Januar 2005 wurde in Deutschland Hartz IV eingeführt [26]. Mit Harz IV wurde die Arbeitslosigkeit nach dem SGB II kleingerechnet. Doch wie hat die Schröder-Regierung dies gemacht?

Die wichtigste Referenz, die wir über all die Jahre entdecken, ist Jeremy Rifkin [27]. Rifkin ist wohl einer der bedeutendsten US-Ökonomen und Vorsitzender des Think Tanks Foundation on Economic Trends (FOET), der die verschiedensten US- und EU-Regierungen beriet und deren Rat sich auch die Schröder- und Merkel-Regierung einholte [28].

1995 prognostizierte Rifkin in seinem Buch „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“ einen erheblichen Rückgang der nachgefragten Arbeit [29]. Durch die Halbautomatisierung würden so viele Arbeitsplätze wegrationalisiert, dass, wenn wir dies auf eine Wochenarbeitszeit umrechnen, nur noch 8 Stunden pro Woche erhalten blieben [30].

Rifkin sagte 1995 die Einführung des Zwei-Stufen-Systems voraus und beschrieb, wie sich in der US-Wirtschaft eine Umwandlung von Vollzeitstellen in Teilzeitstellen vollzog, um die Menschen mit Teilzeitstellen in einem Beschäftigungsverhältnis zu halten [31].

Wir wissen nicht, welche Ratschläge Rifkin der Schröder-Regierung gab, aber wir sehen, dass mit der Hartz IV Gesetzgebung (Hartz IV = ALG2) die Umwandlung von Vollzeitstellen in Teilzeitstellen für Deutschland unterstützt wurde. Denn mit der Einführung der Hartz IV Gesetze wurde es unmöglich, sich aus einer Teilzeitbeschäftigung (ab 15 Stunden in der Woche) arbeitslos zu melden, um mit Unterstützung des Jobcenters eine Vollzeitstelle zu suchen. Der Grund hierfür ist, dass diese Menschen nach dem SGB II nicht als arbeitslos gelten.

Vor Hartz IV galt eine Teilzeitstelle in vielen Fällen als eine Überbrückung, die nach dem Verlust des Arbeitsplatzes eingegangen wurde, um sich auch mit Hilfe des Arbeitsamtes eine neue Vollzeitstelle suchen zu können. Diese ist nun weggefallen und auch die Unterstützung der heutigen Arbeitsagenturen für diese Teilzeitbeschäftigten als Arbeitslose fehlt vollständig. Dies gilt heute sogar dann, wenn Teilzeitbeschäftigte ihren Lebensunterhalt mit ihrem Einkommen nicht aufbringen können und somit ihr Einkommen mit ALG2 aufstocken müssen.

So werden seit der Einführung von Hartz IV ALG2-Empfänger, die in Schulungsmaßnahmen geschickt werden oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden pro Woche eingehen oder einen 1-Euro-Job annehmen oder sich einer gewerblichen Stellenvermittlung anvertrauten oder mindestens 58 Jahre alt sind und seit 12 Monaten kein Stellenangebot erhielten oder vorübergehend erkrankten oder […], nicht mehr als arbeitslos gezählt.

Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit taugen damit nichts, um eine tatsächliche Auskunft über die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu erhalten. Es ist offensichtlich, dass sie im Sinne der herrschenden Parteien so weit herunter gerechnet wurden, dass sie eine Beleidigung für die Intelligenz eines jeden klar denkenden Menschen sind.

Wenn wir die tatsächliche Arbeitslosigkeit in der vor Schröder geltenden Berechnungsweise erhalten wollen, müssen wir also andere Quellen nutzen und die Teilzeitstellen auf Vollzeitstellen umrechnen.

In der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 071 vom 4. März 2020 wird die jüngste und höchste Zahl für die Teilzeitbeschäftigung genannt [32]. Gemäß dieser Pressemitteilung verteilen sich die Stellen auf 11,7 Millionen Teilzeit- und 30,1 Millionen Vollzeitbeschäftigte. Demnach arbeiten Teilzeitbeschäftigte durchschnittlich 20 Stunden pro Woche.

Tabelle 2: Beziehen wir dies auf das Potential der Erwerbspersonen von 43,4 Mio. [35], so erhalten wir in Deutschland eine Arbeitslosenrate von 17,8%: (7.706.000 : 43.400.000) * 100 = 17,8%
Mit diesen Zahlen ist etwa jeder fünfte in Deutschland arbeitslos.
Zusammenfassend können wir diese Maßnahmen für die Zahlung von Arbeitslosengeld, welches unter den unterschiedlichsten Namen und Definitionen ausgezahlt wird, als eine Maßnahme der Kategorie (a & b) identifizieren.

Wir sehen, dass in der Epoche des Spätimperialismus der größte Teil der geleisteten Arbeit in der Scheinwirtschaft versiegt oder zur Untätigkeit im Sinne von Unproduktivität führt. Hierzu zählen wir die Obsoleszenz (ca. 20%), die Bullshit Jobs (ca. 20%) und die Arbeitslosigkeit (ca. 17,8%).

In der Scheinwirtschaft versiegt ein erheblicher Teil der volkswirtschaftlichen Arbeit darin, dass die auf Kurzlebigkeit produzierten Güter immer neu hergestellt werden müssen, oder dass ein Großteil der Arbeitskräfte durch Bullshit Jobs, Arbeitslosigkeit oder Teilzeitjobs (50% möglicher produktiver Tätigkeiten werden verhindert) als Potential für die güterwirtschaftlich sinnvolle Produktion neutralisiert werden. D.h. das Angebot an Arbeitskräften für die Produktion von Gütern wird reduziert, womit die Preise für Arbeit stabil gehalten und eine Verknappung von Gütern dauerhaft garantiert werden kann. Zudem erhalten sie ein Einkommen, durch welches das volkswirtschaftliche Kaufkraftvolumen aufrecht erhalten wird und die Nachfrage nicht einbricht.

Durch die aufgezählten Maßnahmen bleibt es in den Industrienationen bei einer potentiellen Überproduktion und das Finanzkapital wird nicht mehr durch ein Überangebot von Waren bedroht. Dieser Scheinwirtschaft unseres heutigen Wirtschaftsgefüges in den imperialistischen Mutterländern gebe ich die Bezeichnung: KaputtMach-Wirtschaft (s. Abbildung 6, Verteilung der Arbeit in den westlichen Industriestaaten im Spätimperialismus).

Dies ist das kapitalistische Restbild des Neoliberalismus, eine Rechtfertigungsideologie, die das Finanzkapital den Menschen des Westens als Scheinrealität vorsetzt, in der auch Arbeitskämpfe oder politische Auseinandersetzungen über das Finanzkapital und seine Medien inszeniert werden.

Durch die KaputtMach-Wirtschaft, die nur der Finanzelite zur Rechtfertigung ihres Wirtschaftssystems dient, können wir nicht von 5 Stunden Arbeit pro Woche leben, denn ein Großteil der Arbeit versiegt in der KaputtMach-Wirtschaft. Schließlich muss aus der Güterwirtschaft so viel Geld generiert werden, dass neben den Gewinnen der Finanzelite all die Menschen bezahlt werden können, die in der Finanzwirtschaft, den Banken, den Versicherungen, den staatlichen Institutionen und der KaputtMach-Wirtschaft arbeiten. Gerade deshalb bleibt dem güterwirtschaftlich tätigen Arbeiter nach 40 Stunden Arbeit pro Woche vom güterwirtschaftlichen Gegenwert seiner Tätigkeit nur so wenig Geld, dass es zum Leben mit etwas Luxus reicht. Insgesamt werden alle über die Geldgenerierung und die Ausübung von Arbeiten, die nur dem Finanzsystem und seiner militärischen Absicherung dienen, um 35 Stunden pro Woche betrogen. Denn würde die güterwirtschaftlich notwendige Arbeit auf alle verteilt, bliebe nur eine 5-Stunde-Woche übrig.

Abbilung 6: Verteilung der Arbeit in den westlichen Industriestaaten im Spätimperialismus

Schlussfolgerungen für die Industrialisierung 4.0, den Lockdown und den Great Reset

Die Industrialisierung 4.0, der Einsatz der künstlichen Intelligenz und ihr Einsatz in der industriellen Fertigung, in der staatlichen Verwaltung und im Dienstleistungssektor (Banken, Handel und Versicherungen) sorgt für weitere Rationalisierung von Arbeitsprozessen und für eine weitere Verdichtung des Kapitals. Immer mehr Menschen werden aus dem Arbeitsprozess freigesetzt und eine Entlassungswelle folgt der nächsten.

Dies lässt auch den Anteil der güterwirtschaftlich tätigen Arbeiter weiter zusammenschrumpfen. Der im Niedergang befindliche Spätimperialismus kann das alte System in seinen Mutterländern und den USA mit den alten Methoden immer schlechter finanzieren.

Mögliches Szenario für die zukünftige Entwicklung

Die internationale Konkurrenz mit China bewirkte, dass es den Industrienationen auf den internationalen Weltwirtschaftskongressen immer mehr um ein Feilschen um Produktionskontingente ging. Dies erinnerte an die Zeiten der Planwirtschaft des Ostblocks und zeigt, dass das Finanzkapital des Westens wieder vom entstehenden Überangebot an Waren bedroht wird.

Die fortschreitende Industrialisierung Chinas, welches mit zunehmend mehr Waren auf den Weltmarkt drängt, gibt hier den Ausschlag. Denn durch ein Überangebot an Waren stehen wir vor einem existentiellen Krisenzyklus des Kapitalismus [36]. Ein weltweiter Unterbietungswettbewerb wäre die Folge. Damit droht ein Handelskrieg und ein Preisverfall aller Waren. Die Sättigung der Märkte setzt das Finanzkapital des Westens mit dem Gespenst des „tendenziellen Falls der Profitrate“ in Angst und Schrecken. Alle hiergegen in den Mutterländern des Imperialismus errichteten Dämme drohen durch eine Konkurrenz von außen zu brechen.

Mit der herangewachsenen Konkurrenz Chinas ist es schlicht und ergreifend so, dass aus dem schrumpfenden Potential an güterwirtschaftlich tätigen Menschen nicht mehr genügend Geld generiert werden kann, um den Spätimperialismus des Westens zu finanzieren. Dies gilt für die Mutterländer des Imperialismus ebenso wie für die USA.

Um auf dem Weltmarkt gegen China weiterhin konkurrenzfähig bleiben zu können, müssen die Kosten für die Produktion gesenkt werden. In Folge dessen werden die Kosten zur Aufrechterhaltung des spätimperialistischen Systems heruntergefahren. Dies geht am besten, indem der Konsum der Bevölkerung eingeschränkt und das Kaufkraftvolumen des Geldes durch eine Inflation gesenkt wird. In Folge dessen musste aus den güterwirtschaftlichen Tätigkeiten auch nicht mehr so viel Kaufkraft generiert werden.

Hiermit würde China einen Großteil seiner Absatzmärkte verlieren, weil die Kaufkraft der privaten Haushalte in den imperialistischen Mutterstaaten erheblich sinken würde. Zudem wäre es möglich, dass die Nationalstaaten versuchen, durch die Abwertung ihrer nationalen Zahlungsmittel die nationalen Produkte auf dem Weltmarkt billiger anzubieten (Währungskrieg). Ob sich durch billige Produkte der Güterfluss vom Westen nach China umkehren würde ist sehr unwahrscheinlich, da vermutlich auch China seine heimischen Produktionsstätten durch hohe Einfuhrzölle schützen würde.

Da sich ein Unterbietungswettbewerb und ein Währungskrieg nicht dauerhaft auf dem Weltmarkt ohne Schaden für die Weltwirtschaft praktizieren lässt, wären alle Industrienationen gezwungen, sich zunehmend auf eine regionale Selbstversorgung umzustellen.

Wer würde in den Mutterländern des Spätimperialismus am meisten von der Senkung des Konsums betroffen sein? Die Menschen, die zur Kategorie der KaputtMach-Wirtschaft gehören, leisten keinen Anteil an der Produktion, müssen aber von den Geldern, die aus den güterwirtschaftlichen Tätigkeiten generiert werden, mitfinanziert werden. Es ist möglich, dass dieser Bevölkerungsanteil in seinem Konsum soweit zurückgefahren wird, dass es gerade noch so zum Leben reicht. Dies kann bis zu 60% des Potentials an Arbeitskräften betreffen, die heute schon zur KaputtMach-Wirtschaft gehören und für die Produktion ohne Bedeutung sind, und ist abhängig vom Ausmaß der hierdurch eintretenden sozialen Unruhen. Die restlichen 40% würden weiter leben wie bisher, weil sie vom Finanzkapital noch gebraucht werden.

Gestützt wird diese Darstellung von den Aussagen, die schon 1995 500 führende Politiker, Wirtschaftsführer und Wissenschaftler aus allen Kontinenten im Fairmont-Hotel in San Francisco (Kalifornien, USA) tätigten, die ähnliche Zustände für die Industrienationen für das 21. Jahrhundert voraussagten und im Buch Die Globalisierungsfalle veröffentlicht wurden. [37]

Denkbar ist auch eine massive Militarisierung der Gesellschaft, so dass ein Großteil der Arbeitskräfte der KaputtMach-Wirtschaft ins Militär verschoben wird. Ein erster Schritt in diese Richtung könnten die seit einiger Zeit von den USA geforderten Aufrüstungsmaßnahmen an die Mitgliedsstaaten der NATO und die vom Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigten Sondervermögen für die Bundeswehr über 100 Milliarden Euro sein. [38] Demnach wäre es denkbar, dass in Deutschland bald jeder zweite Erwachsene (also das Potential an Arbeitskräften, welches sich derzeit in der KaputtMach-Wirtschaft befindet) in einer Militäruniform steckt.

Bei den vorbereitenden Maßnahmen eines Handelskrieges mit China wäre es für das Finanzkapital des Westens sehr wichtig, dass ihre Doktrin des Handels und des Kapitalismus keinen Schaden nehmen. Die Übersättigung der Weltmärkte und die hierdurch notwendige Senkung der Produktionskosten sollen als vorbereitende Maßnahmen für einen Handelskrieg mit China nicht wahrgenommen werden. Dies wäre für das Finanzkapital notwendig, um die Menschen des Westens mit der Doktrin des Handels und des Kapitalismus gegen die Diktatur des Staatsmonopolkapitalismus Chinas einzustellen, welcher wohl weiter irreführend als Kommunismus bezeichnet würde, um die tatsächlichen Inhalte des Kommunismus zu verschleiern. Der Kapitalismus könnte also weiterhin für den Westen die Rolle einer Rechtfertigungsideologie einnehmen.

Eine Pandemie, deretwegen die Wirtschaft in einen Lockdown gezwungen und damit gegen die Wand gefahren wird, dient einer Verschleierung der wahren Ursachen, die im Krisenrhythmus des Kapitalismus zu suchen sind.

Gewinner wären auch hier die Finanzeliten. Sie würden z.B. die Konkursmasse des Mittelstandes aufkaufen und einkassieren, Dies sind vermutlich die Gründe, warum die Wirtschaft wegen einer Krankheitswelle mit der Gefährlichkeit einer mittelschweren Grippe durch einen Lockdown zurückgefahren wird. Der „Schrecken der Pandemie“ sollte hier nur die Akzeptanz für das Herunterfahren der Wirtschaft schaffen.

Der Krieg in der Ukraine war vom Finanzkapital des Westens nur ein missglückter Griff nach Russlands Rohstoffen, die sich jetzt China holen wird, wobei China in Russland seinen Markt für industrielle Produkte ausbauen wird. Chinas Brücke zur Beherrschung von Europa könnte ein Bündnis mit Russland werden.

Mit dem Great Reset von Klaus Schwab sieht es so aus, als wolle das Finanzkapital des Westens der Bevölkerung ihren Besitz mit dem Mittel einer Wirtschaftskrise rauben und alle Demokratien in eine Art von feudalistischen Kapitalismus überführen.

„Die Menschen werden nichts mehr besitzen, aber trotzdem glücklich sein“… und die Finanzelite als Retter ihres Lebens empfangen.

Quellen:

[1] Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800.
[2] Gerhard Kolb: Ökonomische Ideengeschichte.
[3] Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik.
[4] Osterhammel 1995
[5] Hans Köchler: Demokratie und neue Weltordnung: ideologischer Anspruch und machtpolitische Realität eines ordnungspolitischen Diskurses. AG Wissenschaft und Politik, 1992
[6] Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals. In: Gesammelte Werke 5, Dietz Verlag Berlin 1975
[7] Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals. In: Gesammelte Werke 5, Dietz Verlag Berlin 1975
[8] Rosa Luxemburg: Antikritik. Die Akkumulation des Kapitals oder was die Epigonen aus der Marxschen Theorie gemacht haben. 1916 verfasst, 1921 posthum erschienen. In: R.L. Gesammelte Werke. Band 5, Dietz Verlag, Berlin (Ost) 1990
[9] Louis D. Johnston, Professor of Economics at College of Saint Benedict | Saint John‘s University, 22.02.2012
1840–1900: Robert E. Gallman and Thomas J. Weiss. “The Service Industries in the Nineteenth Century.” In Production and Productivity in the Service Industries, ed. Victor R. Fuchs, 287-352. New York: Columbia University Press (for NBER), 1969.
1900–1940: John W. Kendrick, Productivity Trends in the United States. Princeton: Princeton University Press (for NBER), 1961.
1950–2010: Bureau of Economic Analysis, National Income and Product Accounts. <https://www.minnpost.com/macro-micro-minnesota/2012/02/history-lessons-understanding-decline-manufacturing/>
[10] <https://www.youtube.com/watch?v=1UOIjhLnF08&t=12s> Entnommen am 22.03.2022
[11] Jörg-Christian Nissen, Zukunft Europa: Kompass für ein wirtschaftlich nachhaltiges Europa, 2017
[12] Edwin O. Fischer, Finanzwirtschaft für Fortgeschrittene, 2002
[13] Martin Bösch, Finanzwirtschaft: Investition, Finanzierung, Finanzmärkte und Steuerung, 1990
[14] Matthias Lehmann, Finanzwirtschaft: Eine marktorientierte Einführung für Ökonomen und Juristen, 2003
[15] Rudolf Hilferding: Das Finanzkapital. Eine Studie zur jüngsten Entwicklung des Kapitalismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand & Co.; 1910
[16] Handelsregister – Registre de commerce – Registro di commercio: Genf – Genève – Ginevra. In: Schweizerisches Handelsamtsblatt – Feuille officielle suisse du commerce. Nr. 30. Bern 7. Februar 1925, S. 216
[17] Phoebus SA., Compagnie Industrielle pour le Développement de l’Eclairage (Genève), Statuten und Geschäftsordnung, 1926, Genf
[18] <https://de.wikipedia.org/wiki/Phoebuskartell> Entnommen am 22.03.2022
[19] <http://www.5-stunden-woche.de/static/de/vortrag-5hw-V2/vortrag_5hw.html> (Absatz 13)
[20] Jürgen Reuß, Cosima Dannoritzer: Kaufen für die Müllhalde: Das Prinzip der Geplanten Obsoleszenz; 1. März 2013; ISBN 978-3936086669
[21] Darwin Dante: 5 Stunden sind genug / Die 5-Stunden-Woche /Prinzipien einer Herrschaftsfreien Gesellschaft; Manneck Mainhatten Verlag; Nov. 1993; ISBN 3-9803508-1-9
[22] John Maynard Keynes: “Economic Possibilities for our Grandchildren (1930),” in Essays in Persuasion (New York: Harcourt Brace, 1932), 358-373
[23] David Graeber: Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit; Klett-Cotta; Stuttgart 2019; ISBN 978-3-608-98108-7; 18 Juni 2020
[24] Karl Marx: Das Kapital; Band 3, Abschnitt 3
[25] Karl Marx: Das Kapital; Band 3, Abschnitt 3
[26] <https://de.wikipedia.org/wiki/Hartz-Konzept#Hartz_IV> Entnommen am 22.03.2022
[27] <http://www.5-stunden-woche.de/static/de/5hw/rifkin.html> Entnommen am 22.03.2022
[28] <https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Rifkin> Entnommen am 22.03.2022
[29] Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft; Fischer-Taschenbuch-Verlag; Frankfurt 1997; ISBN 3-596-13606-7
[30] <http://www.5-stunden-woche.de/static/de/5hw/rifkin.html> Entnommen am 22.03.2022
[31] <Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1997, ISBN 3-596-13606-7; S.153>
[32] <https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/03/PD20_071_133.html> Entnommen am 22.03.2022
[33] Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2019; Abt. 13.1.2.; Seite 359
[34] <https://www.bagw.de/fileadmin/bagw/media/Doc/PRM/PRESSEMAPPE_BAG_W_Schaetzung.pdf#page=5> Entnommen am 22.03.2022
[35] Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2019; Abt. 13.1.2.; Seite 360
[36] Karl Marx: Das Kapital, Band 3
[37] H.P. Martin und Harald Schumann: Die Globalisierungsfalle; rororo Verlag; 1998; ISBN 3-499-60450-7
[38] <https://www.n-tv.de/politik/Wofuer-werden-die-100-Milliarden-Euro-ausgegeben-article23161637.html> Entnommen am 22.03.2022
[39] Darwin Dante: 5 Stunden sind genug / Die 5-Stunden-Woche /Prinzipien einer Herrschaftsfreien Gesellschaft; Manneck Mainhatten Verlag; Nov. 1993; ISBN 3-9803508-1-9

Der Zweck der Arbeit im historischen und volkswirtschaftlichen Kontext

Der Zweck der Arbeit wird durch das herrschende System definiert. Dabei hängt die Länge der Arbeitszeit davon ab, wie wir wirtschaften.

Von Published On: 14. Mai 2022Kategorien: Gesellschaft & Geschichte, Utopie

Lizenz: Darwin Dante, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

Anlehnung an das 35-Stunden-Woche Logo der IG Metall. Lizenzfrei.

Dass wir falsch wirtschaften, zeigt sich im Raubbau an unseren Ressourcen, der globalen Umweltzerstörung, in der weltweit wachsenden Arbeitslosigkeit, in der zunehmenden Armut und in der Vernichtung der Überproduktion, wie z.B. an Lebensmitteln.

Doch warum wirtschaften wir falsch?

Wir wirtschaften falsch, weil wir vergaßen, was Wirtschaften ursprünglich war: Haushalten. Wir müssen wieder verstehen, warum und wofür wir arbeiten. Wir arbeiten für unsere Versorgung und unseren Wohlstand. Die Versorgung basiert heute fast ausschließlich auf der Geldeinkommensquelle und finanziert auch die Reproduktionsarbeiten, die zusätzlich zum Gelderwerb geleistet werden. Warum dies so ist, zeigt die Entwicklung der Gesellschaft in den Industrienationen am deutlichsten.

Das Lehnswesen

Das Lehnswesen des Frühmittelalters war die am engsten mit der Natur verbundene Wirtschaftsform. Sie organisierte sich in viele kleine Gemeinschaften mit einer geschlossenen Hauswirtschaft. Diese Gemeinschaften waren Selbstversorger. Nicht Geld, sondern geliehenes Land sicherte den Anführern der germanischen Stämme die Gefolgschaft ihrer Krieger. Das Lehen verpflichtete die Bauern zur Erbringung einer Tätigkeit oder zur Abgabe eines bestimmten Anteils ihrer Ernte. Das kaiserliche Lehen einer Pfalz verpflichtete z.B. zur Unterbringung und Verpflegung des Hofstaates, sobald der Kaiser auf dieser Pfalz Hof hielt und Recht sprach. Verlieh ein Ritter seinen Bauern ein Lehen, so wurden die Bauern zur Versorgung ihres Ritters verpflichtet. Gleichfalls gehörte die Bewaffnung des Ritters zur Pflicht der Bauern.

Demgemäß lässt sich die Verteilung der Arbeit im Frühmittelalter wie in Abbildung 1 beschreiben. Die Menschen dieser Gesellschaft wussten noch, warum sie was, wann und wie machen mussten, um durch den Winter zu kommen. Sie waren nicht entfremdet von ihrer Arbeit und begleiteten die Herstellung eines Gutes von Anfang bis Ende. So verstanden sie die Versorgung der Gesellschaft.

Abbilung 1: Verteilung der Arbeit im Frühmittelalter

Der Feudalismus – Kolonialismus (16. bis 18. Jahrhundert)

In den unterschiedlichsten Staaten wurde ein stehendes Heer und das Beamtentum eingeführt. Die Beamten waren besoldete Staatsdiener, die wie ein ziviles Herr arbeiteten und dafür sorgten, dass im ganzen Lande die königlichen Befehle durchgesetzt wurden. Die höchsten Beamten waren die Minister, die den König berieten.

Finanziert wurde dies aus den Einnahmen des Königs. Die kamen vor allem aus den direkten und indirekten Steuern. Um die Steuereinnahmen zu steigern, musste ein Staat versuchen, möglichst viel Geld ins Land zu ziehen und möglichst wenig Geld hinaus zu lassen. In dessen Folge mussten möglichst viele Güter im eigenen Land produziert und im Ausland verkauft werden, während vom Ausland möglichst wenig Güter eingekauft werden durften. Dies war die Geburtsstunde des Merkantilismus [1] (das Verbot der Einfuhr ganz bestimmter Güter, hohe Zollmauern für eingeführte Güter, niedrige Besteuerung für ausgeführte Güter [2]). Dieser Maßnahmen bedienten sich z.B. auch der Finanzminister Colbert unter Ludwig XIV [3].

Durch hohe Exporte konnten die Einnahmen an Steuern und damit die Macht des Staates nach innen und außen verstärkt und das Staatsgebiet vergrößert werden. Der Umfang der Produktion musste also vergrößert werden. Dies geschah vor allem mit der Herstellung von Luxusgütern.

Um in großen Stückzahlen produzieren zu können, wurden von den jeweiligen Staaten handwerkliche Großbetriebe aufgebaut, die Manufakturen genannt wurden. Diese waren die Vorläufer der heutigen Fabriken. Vor allem Kaufleute wurden mit eingebunden, die im Staat durch den Aufbau von privaten Manufakturen vielerlei Vorrechte erhielten.

Um Güter möglichst billig herstellen zu können, mussten Rohstoffe, die es im eigenen Lande nicht gab, möglichst billig beschafft werden. Am billigsten waren die Rohstoffe aus den eigenen Kolonien. Die Sicherstellung der Versorgung mit billigen Rohstoffen war der Antrieb, ein möglichst großes Kolonialreich aufzubauen.

Die Ausbeutung der Rohstoffe in den Kolonien zur Versorgung der Produktion in den Mutterstaaten wurde damit zum Kennzeichen der Epoche des Kolonialismus [4, 5].

Abbilung 2: Verteilung der Arbeit im Feudalismus

Der Imperialismus (19. bis 20. Jahrhundert)

Die Manufakturen entwickelten sich zu Fabriken. Das Innungsrecht wurde in weiten Teilen aufgehoben und gewöhnliche Kaufleute konnten in Fabriken Güter des täglichen Gebrauchs industriell produzieren. Um den Bedarf an billigen Rohstoffen sicherzustellen, wurden immer mehr Länder erobert und als Kolonien an das Mutterland angegliedert.

Durch die fortschreitende Industrialisierung stieg die Produktivrate in den Mutterländern exponentiell. Hierdurch drohte stets ein Überangebot und ein Preisverfall für die hergestellten Produkte. In den Mutterländern entstand der Druck, immer neue Märkte zu erschließen und dem Mutterland immer neue Kolonien anzugliedern.

Die billige Produktion von Gütern des täglichen Gebrauchs führte schließlich dazu, dass die in den Kolonien produzierten Güter unterboten und die traditionelle Produktion in den Kolonien zerstört wurde. Die Folge war, dass sich die Produktion von Gütern immer mehr in den Mutterländern verdichtete und die Kolonien immer mehr zu Lieferanten von Rohstoffen und Naturalien wurden. Nur so konnte in den Imperialstaaten der „tendenzielle Fall der Provitrate“ (nach Rosa Luxemburg [6]) abgewendet werden. In den Kolonien fielen hingegen immer mehr Menschen in die Rolle der Tagelöhner und des Lumpenproletariats. Diese Epoche, bezeichnen wir als Imperialismus (nach Rosa Luxemburg [7, 8]).

Das Kennzeichen dieser Epoche war, dass die (industrielle) Produktion für die Güter des täglichen Gebrauchs in den Imperialstaaten verdichtet wurde. Kolonien hingegen wurden immer mehr zu reinen Rohstofflieferanten.

Gegen Ende dieser Epoche begannen die Menschen in den Imperialstaaten zu vergessen, was Wirtschaften im Sinne von Haushalten bedeutet.

Denn es ging seit dem Kolonialismus nur noch um Ausbeutung und die Umverteilung der Einkommen von unten nach oben zur Machtzentralisation. In diesem Prozess veränderte sich die Wahrnehmung der Arbeit grundlegend.

Abbilung 3: Verteilung der Arbeit in den Imperialstaaten

Veränderung der Wahrnehmung der Arbeit im Kolonialismus und Imperialismus

Ursprünglich haushalteten die Menschen, indem sie die aufgewandte Arbeitszeit an den Ertrag an Gütern maßen, die sie brauchten. Diese Sichtweise ist ein wesentlicher Teil der Güterwirtschaft.

Der Güterwirtschaft haftete immer die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit an: Der Bestellung eines Feldes die Ernte; der Schulung von Kindern die Entwicklung der Kinder; dem Mauern die Fertigstellung eines Gebäudes; der Pflege eines Kranken die Genesung desselben usw.

Betrachten wir die Abbildung 4, erkennen wir, wie stark durch den Einsatz modernster Maschinen die güterwirtschaftlich sinnvollen Tätigkeiten in den USA zurückgingen. In der Landwirtschaft von 1840 bis 2010 von 70% auf knapp 3%. In der Industrie von 1960 bis 2010 von rund 38% auf 20%. Für Deutschland sehen die Verläufe genauso aus [10].

Die allgemeine Arbeitszeit hätte also sinken müssen. Die Arbeitsmenge stieg jedoch im Dienstleistungssektor erheblich an. Hierin erkennen wir, dass der güterwirtschaftliche Sinn einer Arbeit und die Menge der geleisteten Arbeit immer mehr auseinanderdriften. Die Arbeit wurde von ihrem güterwirtschaftlichen Sinn entkoppelt. Ein Großteil der Arbeit im Dienstleistungssektor entstand in der Finanzwirtschaft [11, 12, 13, 14].

Die Finanzwirtschaft hat dabei unsere Wahrnehmung von Arbeit verändert: Wir leihen Geld, um uns einen Traktor oder ein Stück Land zu kaufen, um es bestellen zu können. Wir leihen Geld, um einen Betrieb aufzubauen. Die Versicherung zahlt Geld, damit der Pfleger einen Menschen pflegt oder wir arbeiten in einem Betrieb, um Geld zu verdienen.

Der Erwerb von Geld wurde in allen Wirtschaftszweigen immer mehr zum Zweck einer Tätigkeit, während ihr güterwirtschaftlicher Sinn immer mehr ins Zwielicht des Vergessens fiel, keine Rolle mehr spielte oder ganz vergessen wurde.

Der Gelderwerb wurde das, was eine Tätigkeit zu einer Arbeit ausmacht. Stark vereinfacht wurde das Geld der Finanzwirtschaft, Banken und Versicherungen zu einem Schmiermittel, welches Mensch und Arbeit zusammen bringt. Das Geld schaltet die Erbringung einer Arbeitsleistung frei. Und die Freigabe zur Verrichtung einer Arbeit erfolgt über die Auszahlung eines Lohnes oder eines Kredites. Denn fehlt das Geld für Löhne und Kredite, ist die Ware Arbeit nicht mehr verfügbar und eine Arbeit wird nicht mehr geleistet. In dieser Zeit wurde die Lohnarbeit zur wichtigsten Arbeit, weil sie auch alle anderen wie die Reproduktionsarbeiten mitfinanzierte.

Abb. 4: Arbeitskraftverteilung pro Wirtschaftssektor von 1840 bis 2010 [9]

Die Epoche des Spätimperialismus und die KaputtMach-Wirtschaft

Das Fehlen von Geld für Löhne und Kredite kann sich zu einer Wirtschaftskrise ausweiten. In ihrer Folge wird auch immer weniger güterwirtschaftlich notwendige Arbeit geleistet. Ein Mangel an Gütern entsteht und Hunger, Not und Armut folgen.

Wir sehen, dass die Wirtschaftskrise in Wirklichkeit eine Krise der Finanzwirtschaft ist, da die Menschen durch das Fehlen des Geldes von der Arbeit abgehalten werden! Denn die Faktoren der Güterwirtschaft (Menschen, Produktionsmittel und Rohstoffe) sind vorhanden.

In den international bestehenden Arbeiterbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts wurden Stimmen laut, dass die Güterwirtschaft mit einer Arbeiterselbstverwaltung fortgeführt werden könnte. D.h., ohne die Finanzwirtschaft und ohne die Industriellen und Eigentümer der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dies war ein Schock für das Finanzkapital (nach Rudolf Hilferding) [15].

Genau mit dieser Forderung wurde das Finanzkapital z.B. auch durch den Schwarzen Freitag 1929 konfrontiert. Aus der Revolution von 1917 war die sozialistische Sowjetunion als staatlicher Monopolkapitalismus hervorgegangen. Die Zeichen standen auf Sturm und es entstand eine Systemkonkurrenz zwischen staatlichem Monopolkapitalismus und dem westlichen Finanzkapital. Die Herren des Finanzkapitals waren nicht bereit abzudanken und ihre Produktionsmittel sowie Grund und Boden zu vergesellschaften. Sie reagierten auf den staatlichen Monopolkapitalismus ab 1925 mit der Bildung eines Kartellkapitalismus, mit dem sie vor allem den „tendenziellen Fall der Profitrate“ stark verlangsamen konnten.

Ein Beispiel ist das Phoebuskartell [16, 17]. Es „… war ein Gebiets-, Normen- und Typenkartell, welches am 15. Januar 1925 in Genf von den international führenden Glühlampenherstellern gegründet wurde. Ziel des Kartells waren Absprachen zum Austausch von Patenten und technischen Informationen sowie die Aufteilung des Weltmarktes für Glühlampen unter den Beteiligten“ [18].

Die Industrieherren des Westens trafen grundlegende Entscheidungen, die für die Epoche des Spätimperialismus in den imperialistischen Mutterstaaten kennzeichnend sind:

Die künstliche Verknappung von Waren (Güter und Arbeit). Dies sollte das Angebot verringern. Hierzu gehört auch die Vernichtung der tatsächlichen Überproduktion, so wie es lange Zeit in der EWG bzw. EU praktiziert wurde und wird. Z.B. die Vernichtung von Nahrungsmitteln und Marken-Plagiaten usw. [19] Die großflächige Finanzierung von unproduktiven bezahlten Tätigkeiten. Dies sollte die Nachfrage nach Waren durch den Erhalt des volkswirtschaftlichen Kaufkraftvolumens stabil halten und einen konstanten Geld-Waren-Kreislauf garantieren.

Beide Maßnahmen (a & b) sollten Angebot und Nachfrage auf dem Markt im Gleichgewicht halten und den „tendenziellen Fall der Profitrate“ verlangsamen. Die Macht des Finanzkapitals sollte hiermit über die Zeit gerettet werden.

In dieser Phase des Spätimperialismus ging es nicht mehr allein um die Umverteilung der Vermögen von unten nach oben, sondern es ging im Wesentlichen um eine Rechtfertigung der Doktrin des Handels durch Knappheit.

Historisch wurde diese Knappheit durch eine Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen zu einem sehr komplizierten Wirtschaftsgefüge verbunden. Hier seien nur wenige wegweisende und später in anderen Ländern kopierte, Maßnahmen herausgegriffen und aufgezählt:

1. Die 1925 eingeführte geplante Obsoleszenz (eingebauter Verschleiß) [20]. Dies ist eine Vernichtung der industriellen Produkte durch Kurzlebigkeit. Durch den verkürzten Lebenszyklus sollte die Nachfrage nach industriellen Gütern vergrößert werden.

Diese Maßnahme fällt unter die Verknappung von Waren (a). Die Idee der eingebauten Obsoleszenz geht auf die Theoretiker Bernard London (The New Prosperity) und Brook Stevens (Verführung zum Konsum und zur Schnelllebigkeit) zurück.

Aus der Analyse zur 5-Stunden-Woche geht hervor, dass 1991 ca. 20% des Erwerbstätigenpotentials mit Arbeiten zur Obsoleszenz beschäftigt war. [21]

2. Der New Deal, der in den Jahren 1933 bis 1938 unter US-Präsident Franklin Delano Roosevelt als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise durchgesetzt wurde.

Zum New Deal gehörten eine Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen, die den größten Umbruch in der Wirtschafts-, Sozial- und Politikgeschichte der Vereinigten Staaten darstellte und die stark vom Ökonomen John Maynard Keynes beeinflusst wurden (s. Tabelle 1). Keynes fasste vor allem die antizyklischen Staatsinvestitionen mit einer Vergrößerung der umlaufenden Geldmenge ins Auge. Eine weitere Forderung war, dass die Löhne der Arbeiter proportional mit der steigenden Produktivität anwachsen sollten. Der New Deal verhinderte den heute vergessenen Versuch von Senator Hugo Black (Anm.: Er vereinigte viele Industrielle und Gewerkschaften hinter sich), die 30-Stunden-Woche einzuführen.

Einige Maßnahmen des New Deals wurden uns als Errungenschaften der Wohlfahrt oder der Arbeiterbewegung verkauft.

Tabelle 1: Wirtschafts- und Sozialreformen des New Deal

3. Die Einführung unsinniger Tätigkeiten. Seit dem New Deal folgte die Finanzelite Keynes Postulat vom proportionalen Anstieg von Produktivität und Löhnen. Hierdurch wären die Arbeiter durch die Lohngewinne in der Lage gewesen, sich durch Lohnverzicht von den langen Arbeitszeiten freizukaufen und die Arbeitszeit zu reduzieren. Seit 1967 wurde Keynes Postulat verlassen. Ohne proportional steigende Löhne zur ansteigenden Produktivität kam es nie zu der von Keynes 1928 postulierten 15-Stunden-Woche [22]. Statt dessen schuf die Finanzelite im Kapitalismus Bullshit Jobs (David Graeber [23]), mit denen sie einen erheblichen Teil des Potentials der Erwerbstätigen in den Industrienationen von der produktiven Arbeit ausschlossen und mit sinnlosen Arbeiten beschäftigten. Ich beschränke mich jedoch hier entgegen Graebers Definition auf die Bullshit Jobs, die selbst im Kapitalismus sinnlos sind.

Wenn wir die Abbildungen 4 und 5 betrachten, so sehen wir in der Abbildung 5, dass ab 1962 der proportionale Anstieg von Löhnen und Produktivität aufgegeben wurde und dass ab etwa 1972 die Löhne in ihrem Kaufkraftvolumen eingefroren wurden.

Betrachten wir die Abbildung 4, so sehen wir, dass die Jobs im primären und sekundären Sektor (Landwirtschaft, Fischerei, Produktion) sanken und die Jobs im tertiären Sektor (Dienstleistungen) anstiegen. In der Landwirtschaft, Fischerei und Produktion sank die Beschäftigungsrate um 20% und im Dienstleistungsbereich stieg sie um 20%.

Die Abbildungen 4 und 5 zeigen, dass das Geldvolumen, das durch die Rationalisierungen in der Landwirtschaft, Fischerei und Produktion frei wurde, zur Finanzierung der Jobs im Dienstleistungsbereich verwendet wurde.

Doch wie konnte dies bei so vielen unabhängig voneinander operierenden Unternehmen einheitlich umgesetzt werden?

Bei der Finanzierung spielt der tendenzielle Fall der Profitrate (nach Marx [24]) eine entscheidende Rolle. Der tendenzielle Fall der Profitrate bezeichnet hier einen Zyklus von Anstieg und Verlust eines Mehrwertes, mit einer allgemeinen Tendenz der Senkung des Mehrwertes am produzierten Einzelstück.

Ein relativer Mehrwert [25] entsteht den Produzenten z.B. durch Rationalisierungen oder Lohnsenkungen als Zusatzgewinn. Die Produzenten verschaffen sich hiermit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten. In der Regel fließen die Zusatzgewinne dann in eine Kriegskasse für zukünftige Kämpfe um Marktanteile.

Dieser Wettbewerbsvorteil verliert sich aber, sobald die anderen Produzenten mit Rationalisierungen oder Lohnsenkungen nachziehen. Der relative Mehrwert geht verloren, sobald die Produzenten anfangen, sich im Kampf um Marktanteile gegenseitig im Preis zu unterbieten.

Der Wettbewerb um Marktanteile ist ein Verdrängungskampf, der auf die Erbeutung fremder Marktanteile zielt. Er kann sich soweit steigern, dass die Produzenten anfangen, sich gegenseitig so stark zu unterbieten, dass sie ihre Produkte sogar unter ihren Herstellungskosten anbieten. Die Verluste der Hersteller werden dann jeweils aus der Kriegskasse des Unternehmens bezahlt. Dies geht hin bis zum Konkurs bestimmter Anbieter, wobei deren Markt dann von den verbleibenden Produzenten übernommen wird.

Durch diesen Kampf um Marktanteile geht der relative Mehrwert aller Produzenten verloren. Wegen seines regelmäßigen Verlustes im Marktzyklus wird dieser Mehrwert daher als relativ bezeichnet.

Da nach dem Verdrängungskampf die Preise pro hergestelltem Einzelstück auf einem niedrigeren Niveau liegen, sinkt die Profitrate am Einzelstück. Das Unternehmen kann den Rückgang des Gesamtprofits jedoch i.d.R. durch eine Zunahme des Produktionsumfanges ausgleichen, da es nun den dazugewonnenen Markt bedienen kann. D.h., der Gewinn am Einzelstück sinkt und der Produzent macht nun seinen Gewinn mit der Zunahme des Produktionsumfangs, also durch Masse. Aus diesem Grund sprechen wir vom tendenziellen Fall der Profitrate.

Der Gesetzgeber eines Staates ist in der Lage, durch neue Verwaltungsvorschriften zusätzliche Verwaltungsarbeiten von den Unternehmen einzufordern. Dies trifft alle Unternehmen in einem Wirtschaftsraum in gleicher Weise. In Folge dieser neuen Verordnungen müssen sowohl im Staat als auch in Unternehmen zusätzliche Abteilungen aufgebaut werden, die diese Arbeiten leisten.

Beispiele hierfür sind die Erweiterung des Steuerrechts in der BRD im Jahre 1968 oder das Qualitätsmanagement und die Zertifizierung von Betrieben. Dabei führten weder Qualitätsmanagement noch Zertifizierung zu einer Verbesserung der Qualität oder der Verlängerung der Lebensdauer unserer industriellen Produkte. Dies obwohl der Mangel an Qualität als eingebaute Obsoleszenz vielfach nachgewiesen wurde. Es zeigt die Absurdität des gesamten Systems.

Mit dem Instrument neuer Verwaltungsvorschriften war die Finanzelite über den Staat in der Lage, den Wettbewerb um Marktanteile zu zügeln.

Die Unternehmen waren nun gezwungen, den von ihnen selbst erwirtschafteten relativen Mehrwert anzuzapfen, um diesen zur Finanzierung der vom Staat geforderten Verwaltungsaufgaben in ihren Unternehmen einzusetzen.

Steigende Steuern machten gleichfalls eine Aufblähung der Bürokratie im Staat möglich, denn auch dort mussten Abteilungen geschaffen werden, um den zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu bedienen. So wurden die Bullshit Jobs im Kapitalismus finanziert.

Diese neuen Bullshit Jobs im Dienstleistungssektor wurden schleichend und unsichtbar mit dem von den Unternehmen erwirtschafteten relativen Mehrwert finanziert. Dadurch wurden dem „tendenziellen Fall der Profitrate“ Fesseln angelegt und der Mehrwert pro Einzelstück blieb über längere Zeitabschnitte stabil und senkte sich langsamer. Dies trug erheblich zu einer Aufrechterhaltung der imperialistischen Macht- und Eigentumsbedingungen bei.

2010 waren ca. 20% aller Beschäftigungen Bullshit Jobs. Diese Maßnahmen können der Kategorie (a & b) zugeordnet werden.

4. Hartz IV und die unterschiedlichsten Namen und Definitionen für Arbeitslosigkeit.

Am 1. Januar 2005 wurde in Deutschland Hartz IV eingeführt [26]. Mit Harz IV wurde die Arbeitslosigkeit nach dem SGB II kleingerechnet. Doch wie hat die Schröder-Regierung dies gemacht?

Die wichtigste Referenz, die wir über all die Jahre entdecken, ist Jeremy Rifkin [27]. Rifkin ist wohl einer der bedeutendsten US-Ökonomen und Vorsitzender des Think Tanks Foundation on Economic Trends (FOET), der die verschiedensten US- und EU-Regierungen beriet und deren Rat sich auch die Schröder- und Merkel-Regierung einholte [28].

1995 prognostizierte Rifkin in seinem Buch „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“ einen erheblichen Rückgang der nachgefragten Arbeit [29]. Durch die Halbautomatisierung würden so viele Arbeitsplätze wegrationalisiert, dass, wenn wir dies auf eine Wochenarbeitszeit umrechnen, nur noch 8 Stunden pro Woche erhalten blieben [30].

Rifkin sagte 1995 die Einführung des Zwei-Stufen-Systems voraus und beschrieb, wie sich in der US-Wirtschaft eine Umwandlung von Vollzeitstellen in Teilzeitstellen vollzog, um die Menschen mit Teilzeitstellen in einem Beschäftigungsverhältnis zu halten [31].

Wir wissen nicht, welche Ratschläge Rifkin der Schröder-Regierung gab, aber wir sehen, dass mit der Hartz IV Gesetzgebung (Hartz IV = ALG2) die Umwandlung von Vollzeitstellen in Teilzeitstellen für Deutschland unterstützt wurde. Denn mit der Einführung der Hartz IV Gesetze wurde es unmöglich, sich aus einer Teilzeitbeschäftigung (ab 15 Stunden in der Woche) arbeitslos zu melden, um mit Unterstützung des Jobcenters eine Vollzeitstelle zu suchen. Der Grund hierfür ist, dass diese Menschen nach dem SGB II nicht als arbeitslos gelten.

Vor Hartz IV galt eine Teilzeitstelle in vielen Fällen als eine Überbrückung, die nach dem Verlust des Arbeitsplatzes eingegangen wurde, um sich auch mit Hilfe des Arbeitsamtes eine neue Vollzeitstelle suchen zu können. Diese ist nun weggefallen und auch die Unterstützung der heutigen Arbeitsagenturen für diese Teilzeitbeschäftigten als Arbeitslose fehlt vollständig. Dies gilt heute sogar dann, wenn Teilzeitbeschäftigte ihren Lebensunterhalt mit ihrem Einkommen nicht aufbringen können und somit ihr Einkommen mit ALG2 aufstocken müssen.

So werden seit der Einführung von Hartz IV ALG2-Empfänger, die in Schulungsmaßnahmen geschickt werden oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden pro Woche eingehen oder einen 1-Euro-Job annehmen oder sich einer gewerblichen Stellenvermittlung anvertrauten oder mindestens 58 Jahre alt sind und seit 12 Monaten kein Stellenangebot erhielten oder vorübergehend erkrankten oder […], nicht mehr als arbeitslos gezählt.

Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit taugen damit nichts, um eine tatsächliche Auskunft über die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu erhalten. Es ist offensichtlich, dass sie im Sinne der herrschenden Parteien so weit herunter gerechnet wurden, dass sie eine Beleidigung für die Intelligenz eines jeden klar denkenden Menschen sind.

Wenn wir die tatsächliche Arbeitslosigkeit in der vor Schröder geltenden Berechnungsweise erhalten wollen, müssen wir also andere Quellen nutzen und die Teilzeitstellen auf Vollzeitstellen umrechnen.

In der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 071 vom 4. März 2020 wird die jüngste und höchste Zahl für die Teilzeitbeschäftigung genannt [32]. Gemäß dieser Pressemitteilung verteilen sich die Stellen auf 11,7 Millionen Teilzeit- und 30,1 Millionen Vollzeitbeschäftigte. Demnach arbeiten Teilzeitbeschäftigte durchschnittlich 20 Stunden pro Woche.

Tabelle 2: Beziehen wir dies auf das Potential der Erwerbspersonen von 43,4 Mio. [35], so erhalten wir in Deutschland eine Arbeitslosenrate von 17,8%: (7.706.000 : 43.400.000) * 100 = 17,8%
Mit diesen Zahlen ist etwa jeder fünfte in Deutschland arbeitslos.
Zusammenfassend können wir diese Maßnahmen für die Zahlung von Arbeitslosengeld, welches unter den unterschiedlichsten Namen und Definitionen ausgezahlt wird, als eine Maßnahme der Kategorie (a & b) identifizieren.

Wir sehen, dass in der Epoche des Spätimperialismus der größte Teil der geleisteten Arbeit in der Scheinwirtschaft versiegt oder zur Untätigkeit im Sinne von Unproduktivität führt. Hierzu zählen wir die Obsoleszenz (ca. 20%), die Bullshit Jobs (ca. 20%) und die Arbeitslosigkeit (ca. 17,8%).

In der Scheinwirtschaft versiegt ein erheblicher Teil der volkswirtschaftlichen Arbeit darin, dass die auf Kurzlebigkeit produzierten Güter immer neu hergestellt werden müssen, oder dass ein Großteil der Arbeitskräfte durch Bullshit Jobs, Arbeitslosigkeit oder Teilzeitjobs (50% möglicher produktiver Tätigkeiten werden verhindert) als Potential für die güterwirtschaftlich sinnvolle Produktion neutralisiert werden. D.h. das Angebot an Arbeitskräften für die Produktion von Gütern wird reduziert, womit die Preise für Arbeit stabil gehalten und eine Verknappung von Gütern dauerhaft garantiert werden kann. Zudem erhalten sie ein Einkommen, durch welches das volkswirtschaftliche Kaufkraftvolumen aufrecht erhalten wird und die Nachfrage nicht einbricht.

Durch die aufgezählten Maßnahmen bleibt es in den Industrienationen bei einer potentiellen Überproduktion und das Finanzkapital wird nicht mehr durch ein Überangebot von Waren bedroht. Dieser Scheinwirtschaft unseres heutigen Wirtschaftsgefüges in den imperialistischen Mutterländern gebe ich die Bezeichnung: KaputtMach-Wirtschaft (s. Abbildung 6, Verteilung der Arbeit in den westlichen Industriestaaten im Spätimperialismus).

Dies ist das kapitalistische Restbild des Neoliberalismus, eine Rechtfertigungsideologie, die das Finanzkapital den Menschen des Westens als Scheinrealität vorsetzt, in der auch Arbeitskämpfe oder politische Auseinandersetzungen über das Finanzkapital und seine Medien inszeniert werden.

Durch die KaputtMach-Wirtschaft, die nur der Finanzelite zur Rechtfertigung ihres Wirtschaftssystems dient, können wir nicht von 5 Stunden Arbeit pro Woche leben, denn ein Großteil der Arbeit versiegt in der KaputtMach-Wirtschaft. Schließlich muss aus der Güterwirtschaft so viel Geld generiert werden, dass neben den Gewinnen der Finanzelite all die Menschen bezahlt werden können, die in der Finanzwirtschaft, den Banken, den Versicherungen, den staatlichen Institutionen und der KaputtMach-Wirtschaft arbeiten. Gerade deshalb bleibt dem güterwirtschaftlich tätigen Arbeiter nach 40 Stunden Arbeit pro Woche vom güterwirtschaftlichen Gegenwert seiner Tätigkeit nur so wenig Geld, dass es zum Leben mit etwas Luxus reicht. Insgesamt werden alle über die Geldgenerierung und die Ausübung von Arbeiten, die nur dem Finanzsystem und seiner militärischen Absicherung dienen, um 35 Stunden pro Woche betrogen. Denn würde die güterwirtschaftlich notwendige Arbeit auf alle verteilt, bliebe nur eine 5-Stunde-Woche übrig.

Abbilung 6: Verteilung der Arbeit in den westlichen Industriestaaten im Spätimperialismus

Schlussfolgerungen für die Industrialisierung 4.0, den Lockdown und den Great Reset

Die Industrialisierung 4.0, der Einsatz der künstlichen Intelligenz und ihr Einsatz in der industriellen Fertigung, in der staatlichen Verwaltung und im Dienstleistungssektor (Banken, Handel und Versicherungen) sorgt für weitere Rationalisierung von Arbeitsprozessen und für eine weitere Verdichtung des Kapitals. Immer mehr Menschen werden aus dem Arbeitsprozess freigesetzt und eine Entlassungswelle folgt der nächsten.

Dies lässt auch den Anteil der güterwirtschaftlich tätigen Arbeiter weiter zusammenschrumpfen. Der im Niedergang befindliche Spätimperialismus kann das alte System in seinen Mutterländern und den USA mit den alten Methoden immer schlechter finanzieren.

Mögliches Szenario für die zukünftige Entwicklung

Die internationale Konkurrenz mit China bewirkte, dass es den Industrienationen auf den internationalen Weltwirtschaftskongressen immer mehr um ein Feilschen um Produktionskontingente ging. Dies erinnerte an die Zeiten der Planwirtschaft des Ostblocks und zeigt, dass das Finanzkapital des Westens wieder vom entstehenden Überangebot an Waren bedroht wird.

Die fortschreitende Industrialisierung Chinas, welches mit zunehmend mehr Waren auf den Weltmarkt drängt, gibt hier den Ausschlag. Denn durch ein Überangebot an Waren stehen wir vor einem existentiellen Krisenzyklus des Kapitalismus [36]. Ein weltweiter Unterbietungswettbewerb wäre die Folge. Damit droht ein Handelskrieg und ein Preisverfall aller Waren. Die Sättigung der Märkte setzt das Finanzkapital des Westens mit dem Gespenst des „tendenziellen Falls der Profitrate“ in Angst und Schrecken. Alle hiergegen in den Mutterländern des Imperialismus errichteten Dämme drohen durch eine Konkurrenz von außen zu brechen.

Mit der herangewachsenen Konkurrenz Chinas ist es schlicht und ergreifend so, dass aus dem schrumpfenden Potential an güterwirtschaftlich tätigen Menschen nicht mehr genügend Geld generiert werden kann, um den Spätimperialismus des Westens zu finanzieren. Dies gilt für die Mutterländer des Imperialismus ebenso wie für die USA.

Um auf dem Weltmarkt gegen China weiterhin konkurrenzfähig bleiben zu können, müssen die Kosten für die Produktion gesenkt werden. In Folge dessen werden die Kosten zur Aufrechterhaltung des spätimperialistischen Systems heruntergefahren. Dies geht am besten, indem der Konsum der Bevölkerung eingeschränkt und das Kaufkraftvolumen des Geldes durch eine Inflation gesenkt wird. In Folge dessen musste aus den güterwirtschaftlichen Tätigkeiten auch nicht mehr so viel Kaufkraft generiert werden.

Hiermit würde China einen Großteil seiner Absatzmärkte verlieren, weil die Kaufkraft der privaten Haushalte in den imperialistischen Mutterstaaten erheblich sinken würde. Zudem wäre es möglich, dass die Nationalstaaten versuchen, durch die Abwertung ihrer nationalen Zahlungsmittel die nationalen Produkte auf dem Weltmarkt billiger anzubieten (Währungskrieg). Ob sich durch billige Produkte der Güterfluss vom Westen nach China umkehren würde ist sehr unwahrscheinlich, da vermutlich auch China seine heimischen Produktionsstätten durch hohe Einfuhrzölle schützen würde.

Da sich ein Unterbietungswettbewerb und ein Währungskrieg nicht dauerhaft auf dem Weltmarkt ohne Schaden für die Weltwirtschaft praktizieren lässt, wären alle Industrienationen gezwungen, sich zunehmend auf eine regionale Selbstversorgung umzustellen.

Wer würde in den Mutterländern des Spätimperialismus am meisten von der Senkung des Konsums betroffen sein? Die Menschen, die zur Kategorie der KaputtMach-Wirtschaft gehören, leisten keinen Anteil an der Produktion, müssen aber von den Geldern, die aus den güterwirtschaftlichen Tätigkeiten generiert werden, mitfinanziert werden. Es ist möglich, dass dieser Bevölkerungsanteil in seinem Konsum soweit zurückgefahren wird, dass es gerade noch so zum Leben reicht. Dies kann bis zu 60% des Potentials an Arbeitskräften betreffen, die heute schon zur KaputtMach-Wirtschaft gehören und für die Produktion ohne Bedeutung sind, und ist abhängig vom Ausmaß der hierdurch eintretenden sozialen Unruhen. Die restlichen 40% würden weiter leben wie bisher, weil sie vom Finanzkapital noch gebraucht werden.

Gestützt wird diese Darstellung von den Aussagen, die schon 1995 500 führende Politiker, Wirtschaftsführer und Wissenschaftler aus allen Kontinenten im Fairmont-Hotel in San Francisco (Kalifornien, USA) tätigten, die ähnliche Zustände für die Industrienationen für das 21. Jahrhundert voraussagten und im Buch Die Globalisierungsfalle veröffentlicht wurden. [37]

Denkbar ist auch eine massive Militarisierung der Gesellschaft, so dass ein Großteil der Arbeitskräfte der KaputtMach-Wirtschaft ins Militär verschoben wird. Ein erster Schritt in diese Richtung könnten die seit einiger Zeit von den USA geforderten Aufrüstungsmaßnahmen an die Mitgliedsstaaten der NATO und die vom Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigten Sondervermögen für die Bundeswehr über 100 Milliarden Euro sein. [38] Demnach wäre es denkbar, dass in Deutschland bald jeder zweite Erwachsene (also das Potential an Arbeitskräften, welches sich derzeit in der KaputtMach-Wirtschaft befindet) in einer Militäruniform steckt.

Bei den vorbereitenden Maßnahmen eines Handelskrieges mit China wäre es für das Finanzkapital des Westens sehr wichtig, dass ihre Doktrin des Handels und des Kapitalismus keinen Schaden nehmen. Die Übersättigung der Weltmärkte und die hierdurch notwendige Senkung der Produktionskosten sollen als vorbereitende Maßnahmen für einen Handelskrieg mit China nicht wahrgenommen werden. Dies wäre für das Finanzkapital notwendig, um die Menschen des Westens mit der Doktrin des Handels und des Kapitalismus gegen die Diktatur des Staatsmonopolkapitalismus Chinas einzustellen, welcher wohl weiter irreführend als Kommunismus bezeichnet würde, um die tatsächlichen Inhalte des Kommunismus zu verschleiern. Der Kapitalismus könnte also weiterhin für den Westen die Rolle einer Rechtfertigungsideologie einnehmen.

Eine Pandemie, deretwegen die Wirtschaft in einen Lockdown gezwungen und damit gegen die Wand gefahren wird, dient einer Verschleierung der wahren Ursachen, die im Krisenrhythmus des Kapitalismus zu suchen sind.

Gewinner wären auch hier die Finanzeliten. Sie würden z.B. die Konkursmasse des Mittelstandes aufkaufen und einkassieren, Dies sind vermutlich die Gründe, warum die Wirtschaft wegen einer Krankheitswelle mit der Gefährlichkeit einer mittelschweren Grippe durch einen Lockdown zurückgefahren wird. Der „Schrecken der Pandemie“ sollte hier nur die Akzeptanz für das Herunterfahren der Wirtschaft schaffen.

Der Krieg in der Ukraine war vom Finanzkapital des Westens nur ein missglückter Griff nach Russlands Rohstoffen, die sich jetzt China holen wird, wobei China in Russland seinen Markt für industrielle Produkte ausbauen wird. Chinas Brücke zur Beherrschung von Europa könnte ein Bündnis mit Russland werden.

Mit dem Great Reset von Klaus Schwab sieht es so aus, als wolle das Finanzkapital des Westens der Bevölkerung ihren Besitz mit dem Mittel einer Wirtschaftskrise rauben und alle Demokratien in eine Art von feudalistischen Kapitalismus überführen.

„Die Menschen werden nichts mehr besitzen, aber trotzdem glücklich sein“… und die Finanzelite als Retter ihres Lebens empfangen.

Quellen:

[1] Rainer Gömmel: Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus 1620–1800.
[2] Gerhard Kolb: Ökonomische Ideengeschichte.
[3] Richard Tilly: Geschichte der Wirtschaftspolitik.
[4] Osterhammel 1995
[5] Hans Köchler: Demokratie und neue Weltordnung: ideologischer Anspruch und machtpolitische Realität eines ordnungspolitischen Diskurses. AG Wissenschaft und Politik, 1992
[6] Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals. In: Gesammelte Werke 5, Dietz Verlag Berlin 1975
[7] Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals. In: Gesammelte Werke 5, Dietz Verlag Berlin 1975
[8] Rosa Luxemburg: Antikritik. Die Akkumulation des Kapitals oder was die Epigonen aus der Marxschen Theorie gemacht haben. 1916 verfasst, 1921 posthum erschienen. In: R.L. Gesammelte Werke. Band 5, Dietz Verlag, Berlin (Ost) 1990
[9] Louis D. Johnston, Professor of Economics at College of Saint Benedict | Saint John‘s University, 22.02.2012
1840–1900: Robert E. Gallman and Thomas J. Weiss. “The Service Industries in the Nineteenth Century.” In Production and Productivity in the Service Industries, ed. Victor R. Fuchs, 287-352. New York: Columbia University Press (for NBER), 1969.
1900–1940: John W. Kendrick, Productivity Trends in the United States. Princeton: Princeton University Press (for NBER), 1961.
1950–2010: Bureau of Economic Analysis, National Income and Product Accounts. <https://www.minnpost.com/macro-micro-minnesota/2012/02/history-lessons-understanding-decline-manufacturing/>
[10] <https://www.youtube.com/watch?v=1UOIjhLnF08&t=12s> Entnommen am 22.03.2022
[11] Jörg-Christian Nissen, Zukunft Europa: Kompass für ein wirtschaftlich nachhaltiges Europa, 2017
[12] Edwin O. Fischer, Finanzwirtschaft für Fortgeschrittene, 2002
[13] Martin Bösch, Finanzwirtschaft: Investition, Finanzierung, Finanzmärkte und Steuerung, 1990
[14] Matthias Lehmann, Finanzwirtschaft: Eine marktorientierte Einführung für Ökonomen und Juristen, 2003
[15] Rudolf Hilferding: Das Finanzkapital. Eine Studie zur jüngsten Entwicklung des Kapitalismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Ignaz Brand & Co.; 1910
[16] Handelsregister – Registre de commerce – Registro di commercio: Genf – Genève – Ginevra. In: Schweizerisches Handelsamtsblatt – Feuille officielle suisse du commerce. Nr. 30. Bern 7. Februar 1925, S. 216
[17] Phoebus SA., Compagnie Industrielle pour le Développement de l’Eclairage (Genève), Statuten und Geschäftsordnung, 1926, Genf
[18] <https://de.wikipedia.org/wiki/Phoebuskartell> Entnommen am 22.03.2022
[19] <http://www.5-stunden-woche.de/static/de/vortrag-5hw-V2/vortrag_5hw.html> (Absatz 13)
[20] Jürgen Reuß, Cosima Dannoritzer: Kaufen für die Müllhalde: Das Prinzip der Geplanten Obsoleszenz; 1. März 2013; ISBN 978-3936086669
[21] Darwin Dante: 5 Stunden sind genug / Die 5-Stunden-Woche /Prinzipien einer Herrschaftsfreien Gesellschaft; Manneck Mainhatten Verlag; Nov. 1993; ISBN 3-9803508-1-9
[22] John Maynard Keynes: “Economic Possibilities for our Grandchildren (1930),” in Essays in Persuasion (New York: Harcourt Brace, 1932), 358-373
[23] David Graeber: Bullshit Jobs: Vom wahren Sinn der Arbeit; Klett-Cotta; Stuttgart 2019; ISBN 978-3-608-98108-7; 18 Juni 2020
[24] Karl Marx: Das Kapital; Band 3, Abschnitt 3
[25] Karl Marx: Das Kapital; Band 3, Abschnitt 3
[26] <https://de.wikipedia.org/wiki/Hartz-Konzept#Hartz_IV> Entnommen am 22.03.2022
[27] <http://www.5-stunden-woche.de/static/de/5hw/rifkin.html> Entnommen am 22.03.2022
[28] <https://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Rifkin> Entnommen am 22.03.2022
[29] Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft; Fischer-Taschenbuch-Verlag; Frankfurt 1997; ISBN 3-596-13606-7
[30] <http://www.5-stunden-woche.de/static/de/5hw/rifkin.html> Entnommen am 22.03.2022
[31] <Jeremy Rifkin: Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1997, ISBN 3-596-13606-7; S.153>
[32] <https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/03/PD20_071_133.html> Entnommen am 22.03.2022
[33] Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2019; Abt. 13.1.2.; Seite 359
[34] <https://www.bagw.de/fileadmin/bagw/media/Doc/PRM/PRESSEMAPPE_BAG_W_Schaetzung.pdf#page=5> Entnommen am 22.03.2022
[35] Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2019; Abt. 13.1.2.; Seite 360
[36] Karl Marx: Das Kapital, Band 3
[37] H.P. Martin und Harald Schumann: Die Globalisierungsfalle; rororo Verlag; 1998; ISBN 3-499-60450-7
[38] <https://www.n-tv.de/politik/Wofuer-werden-die-100-Milliarden-Euro-ausgegeben-article23161637.html> Entnommen am 22.03.2022
[39] Darwin Dante: 5 Stunden sind genug / Die 5-Stunden-Woche /Prinzipien einer Herrschaftsfreien Gesellschaft; Manneck Mainhatten Verlag; Nov. 1993; ISBN 3-9803508-1-9