Enge Beziehungen

Adenauers Draht zur CIA

Von T. Pritzl , veröffentlicht am: 12. August 2015, Kategorien:

Der Plan von US-Finanzminister Henry Morgenthau, Deutschland in einen Agrarstaat umzuwandeln, wurde durch den Marshall-Plan ersetzt: 13 Milliarden Dollar flossen bis 1953 in den Wiederaufbau Europas. Im Zentrum die BRD als Bollwerk gegen die von den USA heraufbeschworene kommunistische Gefahr aus dem Osten.
In den USA hagelte es dafür Kritik: Der Marshall-Plan, der in Blitzeseile vom Präsidenten der Chase Manhattan Bank Winthrop Aldrich – ein Schwager Nelson Rockefellers – durch den Kongress gebracht wurde, sei ein weiteres Rockefeller-Vorhaben, den Steuerzahler auszuplündern, schrieb etwa die Chigago Tribune. Der Realität am nächsten kommt das, was in der Präambel nachzulesen ist. Ziel des Plans sei die “Sicherung von Märkten und Stabilität der USA”.

Mythos Marshall-Plan
Das ist zutreffend. Denn per Kriegsende steht Europa bei den USA mit 11.5 Milliarden Dollar im Saldo, Investitionen in die Infrastruktur auf der anderen Seite des Atlantiks konnten Überkapazitäten der amerikanischen Wirtschaft abfangen, die diese während des Kriegs aufgebaut hatte.
Als Direktor des Marshall-Plans entschied W. Averell Harriman, Sohn des Wall-Street Finanziers Edward Henry, über die Mittelvergabe. Die BRD erhielt in vier Jahren 6,4 Milliarden DM, musste im gleichen Zeitraum aber 24 Milliarden DM in die Bundeshaushälte als Besatzungskosten einstellen. Die BRD zahlte an die USA also etwa vier mal mehr zurück, als sie als Hilfe verbuchte: Mythos Marshall-Plan.
In der Folge blieben Investitionen der Regierung auf das Mindeste beschränkt – mit Konsequenzen nicht nur für Wirtschaftsleistung und Wachstum, sondern gerade auch für die sozialen Probleme durch Witwen und Waisen, Kriegsversehrte oder Vertriebene. Obwohl nur 40 Prozent der Industrieanlagen im Krieg zerstört worden waren, dauerte es bis ins Jahr 1951, bis die BRD erneut das Produktionsniveau von 1938 erreichte – drei Jahre später lag sie gerade einmal 30 Prozent darüber. Mit dieser Bilanz hinkte die BRD anderen Staaten in Westeuropa wie etwa Belgien um fünf Jahre hinterher.
Etwa zeitgleich mit dem Plan startete dann John McCloy das Projekt, in der US-Besatzungszone einen Staat nach US-Entwurf aufzubauen. Er studierte wie sein Freund David Rockefeller in Harvard und hatte seinen Posten als Weltbank-Präsident aufgegeben, um Nachfolger von Militärgouverneur Lucius Clay zu werden. Der Jurist, führte zwar nur bis Ende 1952 im besetzten Westen Regie, stellte aber alle Weichen für die Instrumentalisierung der BRD im Sinne der transatlantischen Finanzoligarchie.

Investoren-Modell
„Besatzung
So wurde diese nicht als Staat mit einer Verfassung, sondern mit einem Grundgesetz (GG) gegründet, über dessen Formulierung Jurist Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rat wachte. Nachdem es 1949 von eben diesem angenommen worden war, genehmigten es die Alliierten Militärgouverneure, so dass es in Wirkung trat. Entscheidend darin sind Artikel 79, der die “besatzungsrechtliche Ordnung” beschreibt, Artikel 120, der bestimmt, dass der Bund die Besatzungskosten trägt sowie Artikel 146, in dem steht, dass das GG an dem Tage sein Gültigkeit verliert, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Vor diesem Hintergrund erklärte der Vorsitzende des Parlamentarischen Rates und SPD-Politiker, Carlo Schmid: „Wir haben unter Bestätigung der alliierten Vorbehalte das GG zur Organisation der heute freigegebenen Hoheitsbefugnisse des deutschen Volkes in einem Teile Deutschlands zu beschließen. Wir haben nicht Deutschlands Verfassung zu machen, wir haben keinen Staat zu errichten.“

Adenauers familiäre
Beziehungen zur FED
Mit der BRD-Gründung wurden die Aufgaben der Militärgouverneure der Alliierten Hohe Kommission (AHK) übertragen, bei der nun McCloy für Gesetze, Befehle, Verordnungen oder Direktiven zuständig war. Seine Missionen: die Teilung Deutschlands zu garantieren und die BRD in die NATO zu integrieren. Schon vor seinem Amtsantritt hatte der Jurist aus den USA die Weichen für zentrale Themen gestellt. So bestimmte er Adenauer zum Kandidaten für den Wahlkampf und sicherte auch die Finanzierung zu – kurze Zeit später wählte der Bundestag den 73jährigen zum Kanzler.
Wieso aber fiel McCloys Wahl gerade auf den Kölner Politrentner? Die Antwort ist simpel: Beide sind in derselben Familie verwurzelt, sie sind miteinander verschwägert. McCloy heiratete 1930 die Deutsch-Amerikanerin Ellen Zinsser, eine Cousine von Konrad Adenauers Ehefrau Auguste, die beide Enkelinnen des Industrie-Magnaten Frederic G. Zinsser waren. Der wiederum war Partner von J.P. Morgan, einer der Gründer des Federal Reserve System (FED) und Anteilseigner am Chemiekonglomerat I.G. Farben.
Dies ist deshalb erwähnenswert, weil McCloy 1924 als Partner in die Wall-Street-Kanzlei Cravath, Henderson & de Gerssdorff einstieg und sich an der Seite von J.P. Morgan an einen 110 Millionen-Dollar-Kredit für die deutsche Regierung beteiligte. In den 30er Jahren repräsentierte er dann in Paris neben JP Morgan, zu dessen Vorstand mittlerweile sein anderer Schwager John Zinnser aufgestiegen war, die Chase Manhattan Bank der Rockefellers sowie den deutsch-jüdischen Bankier Paul Warburg, einen weiteren Gründer der FED und Berater des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt.

Deutsch-amerikanische Kapitalverflechtungen
An dieser Stelle sei der Vollständigkeit wegen eine weitere US-Kanzlei erwähnt, die innerhalb dieser geschäftlichen Verflechtungen eine Rolle spielte. Die Rede ist von der Kanzlei Sullivan & Cromwell, in der der spätere CIA-Chef Allen Dulles sowie sein Bruder John Foster Partner waren. Er vertrat in den USA die Interessen der I.G. Farben sowie der Vereinigten Stahlwerke, dem größten Stahlproduzenten Europas zu dieser Zeit. Beide Unternehmen waren auch an den ehemaligen Hermann Göring Werken in Salzgitter beteiligt.
Neben Morgan und Rockefeller traten zeitgleich in Deutschland weitere US-Investoren wie Du Pont, General Motors, IBM oder Ford auf. Währenddessen war McCloy in Frankreich damit beschäftigt, Kredite an die faschistischen Regierungen in Italien und Deutschland zu vermitteln. Hier verbuchte die I.G. Farben einen Großteil der Darlehen auf ihren Konten, deren Direktor und größter Anteilseigner Max Warburg war – übrigens bis 1938 Stellvertreter von Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht.
Adenauer stehen indes nicht erst seit der prominenten Familienheirat Tür und Tor zu den ersten Adressen der Finanzwelt offen. So verband ihn eine lebenslange Freundschaft mit Robert Pferdmenges, der mit Waldemar von Oppenheim das Bankhaus Sal Oppenheim leitete, und später die CDU gründete und als einflussreichster Finanzberater Adenauers die Darlehens-Vergabe aus dem Marshall-Plan über die Reconstruction Loan Bank Association, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, überwachte.

Börsen-Spekulant
Adenauer
In den 20er Jahren bekleidete Adenauer gleich zwölf Aufsichtsratsposten darunter die RWE, Deutsche Lufthansa oder Ruhrgas AG beziehungsweise die Deutsche Bank. Adenauer, der gerade in deren Aufsichtsrat eingezogen war, setzte dies direkt zum eigenen Vorteil ein. So investierte er 1928 eigene Mittel und eine Million Mark bei der Deutschen Bank geliehenes Geld an der Börse. Zunächst mit Erfolg: in wenigen Monaten hatte er mit Kunstseide-Aktien rund 800 000 Mark verdient. Eine Teilrückzahlung des Darlehens wäre möglich gewesen, doch er spekulierte weiter und schon bald wies sein Konto eine Unterdeckung von 1,25 Millionen Mark auf. Die Deutsche Bank bat um Beschaffung eines Ausgleichs.
Der damalige Generaldirektor der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken, Fritz Blüthgen, der Adenauer auf die Aktienoption aufmerksam machte, sprang bei, indem er Aktienpakete im Wert von über einer Million Mark auf Adenauers Konto bei der Deutschen Bank als Pfand hinterlegte. Diese setzte die Aktien zwar zum Teilausgleich der Schulden ein, trotzdem blieb der spätere Bundeskanzler hochverschuldet.
Zwei weitere Male sollte Blüthgen seinem prominenten Freund noch aushelfen und sich unterdessen fragen, wie dieser über die hohen finanziellen Beträge mit einem Gehalt als städtischer Angestellter überhaupt verfügen konnte. Als Reaktion auf die generöse Geste wird der später unzutreffenderweise behaupten, dass Blüthgen ihm zum Kauf der Aktien geraten habe und durch dessen betrügerische Manipulationen geschädigt worden sei. Blüthgen, dem Adenauer die zweite Wahl zum Kölner Oberbürgermeister 1929 und die Wahl zum Bundeskanzler 20 Jahre später jeweils mit einer Stimme Mehrheit zu verdanken hatte, sollte von dem nie einen Pfennig zurückerhalten. Auch die Deutsche Bank kostete Adenauers Spekulation rund eine Million Mark.

Adenauersche
Subventionspolitik
Eine der ersten Amtstaten des neuen, alten Kölner Oberbürgermeisters war es dann dem Antisemiten Henry Ford steuerliche Vorteile zuzusichern, um diesem die Ansiedelung seines während des Zweiten Weltkriegs nahezu unbeschädigt gebliebenen Werks zur PKW-Produktion am Rhein und nicht in Berlin wie ursprünglich geplant schmackhaft zu machen. Dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die Stadt Köln als Folge auch der Adenauerschen Subventionspolitik im Spitzenfeld der am höchsten verschuldeten Gebietskörperschaften Deutschlands rangierte.
Aber vorwärts in die Anfangsjahre der BRD: Hauptaufgabe des neuen Bundeskanzler, der sich für den Verkehr mit der AHK Exklusivität ausbat, war es, die Westdeutschen vom Kapitalismus und dem US-Demokratie-Verständnis zu begeistern. Dies war deshalb problematisch, weil sich ein Großteil der Bevölkerung im sozialistischen Lager verortete. Dies zu ändern, war CIA-Priorität und Ziel eines Programms zur Umerziehung der Deutschen. Den Aktionsplan dazu bekam Adenauer aus den USA.

Des Kanzlers
Draht zur CIA
Finanziert durch die United States Information Agency schossen in vielen Städten Amerika-Häuser aus dem Boden. Deren Sinn bestand darin, in Ausstellungen, Referaten und mit dem “Amerika Dienst” für ein positives US-Image im Westen zu sorgen. Die Bilanz: über zwölf Millionen Bürger besuchten ab 1950 jährlich die Einrichtung, zudem erreichte die von der CIA produzierte Wochenschau “Welt im Film” jeden Monat über 17 Millionen westdeutsche Kinobesucher.
Eine weitere Maßnahme im amerikanischen Kulturkampf war der Congress for Cultural Freedom (CCF), eine als Polit-Forum für die nichtkommunistischen Linken Westdeutschlands getarnte CIA-Organisation. Das CCF-Magazin “Der Monat – Internationale Zeitschrift für Politik und geistiges Leben” verbreitete Thesen zur US- und BRD-Politik erfolgreich unter Intellektuellen und konnte so Wortführer gegen die Neutralitätsbestrebungen insbesondere aus dem sozialistischen Parteilager gewinnen.

Proamerikanische
Umerziehung der
Westdeutschen
Erste Adressen für die proamerikanische Beeinflussung der Studentenschaft wurden die FU Berlin sowie das Soziologische Institut an der Universität Frankfurt am Main. McCloy hatte schon vor Amtsantritt den während des Krieges in die USA emigrierten Instituts-Gründern, Max Horkheimer und Theodor Adorno, ein Angebot zur Rückkehr in die BRD schmackhaft gemacht. Beide Soziologen, die bereits in Amerika für die CIA tätig waren, sollten als zentrale Verantwortungsträger im US-Umerziehungsprogramm das kulturelle Nachkriegsdeutschland prägen.
Mit einem Vetorecht wachten sie zunächst über die Besetzung von Posten in Regierung, Universitäten und Medien. Später steuerte Adorno, der seine Soziologie des Antiautoritären über die Themen Drogen, Sex und Rock n’Roll in Radio- oder Zeitungsinterviews öffentlich meinungsprägend zu propagieren wusste, eine ganze Generation in die 68er Studentenbewegung.
Die Korea-Krise bot den USA ab Mitte 1950 den Anlass, sich als Kämpfer für Freiheit und Demokratie auf der Weltbühne zurückzumelden: Truppen der von den Sowjets und China kontrollierten Volksrepublik Nordkorea hatten Südkorea angegriffen, das von den USA besetzt war und zurückschlug. Krieg in Südost-Asien: das Szenario löste im ebenfalls zweigeteilten Deutschland Panik aus und selbst der britische Oppositionsführer Winston Churchill plädierte danach im Europarat für eine westeuropäische Armee, in die deutsche Kontingente integriert werden sollten.

Adenauer umgeht das Parlament
Adenauer griff Churchills Idee auf und bat McCloy in einem Schreiben um mehr Besatzungstruppen. Als der Regierungschef dann eigenmächtig das Parlament umgeht und seinem Schwager ein deutsches Truppenkontingent für den Fall zusagt, dass es zur Bildung einer europäischen Armee kommen sollte, ist der Eklat perfekt. Nachdem Adenauers Kabinett von diesem Vorschlag aus der Presse erfahren musste, trat der damalige Bundes-Innenminister und CDU-Politiker Gustav Heinemann im Oktober aus “Protest gegen diese Praxis” von seinem Amt zurück.
Wenig später konterkarierte McCloy dann freiwillig seine eigene Mission und lieferte Gesprächsstoff für eine öffentliche Kontroverse. 1951 begnadigte er in einer “Geste der Versöhnung” 89 Kriegsverbrecher, darunter Friedrich Flick, einer der größten Finanziers der NSDPA, sowie Alfried Krupp von Bohlen und Halbach. Beide Industrielle erhielten sogar das zuvor konfiszierte Vermögen ihrer Firmen zurück.

McCloy begnadigt Kriegsverbrecher
Auch I.G.-Farben-Vorstand Fritz ter Meer, der das Konzentrationslager Auschwitz III Monowitz errichtete, um hier Rüstungsgüter von Zwangsarbeitern produzieren zu lassen, profitierte von der Geste des Hoch-Kommisssars, der sich im Wissen um die Geschäftsverflechtungen zwischen US-Investoren und I.G. Farben – die Welt-Banker Warburg hatte sich niemals vor Gericht zu verantworten – übrigens 1944 gegen die Bombardierung der Bahnlinien zum KZ Ausschwitz aussprach.
Diese und andere Ereignisse trugen dazu bei, dass die westdeutsche Bevölkerung den amerikanischen Besatzern mit zunehmender Skepsis begegnete. Zudem ging die Demontage industrieller Anlagen durch die Alliierten weiter. Besonders die Abbrucharbeiten der ehemaligen Hermann Göring Werke in Salzgitter hatten zu öffentlichen Ausschreitungen geführt. Die Demontage des modernsten Stahlwerks Europas und der einhergehende Verlust von mehreren Tausend Arbeitsplätzen brachte die ohnehin schwierige Wirtschaftslage in Westdeutschland zusätzlich unter Druck.

Systematische
Massen-Manipulation durch die CIA
Je mehr die Popularität des “Alten” sank, umso mehr musste McCloy Schützenhilfe leisten und 1952 trat der psychologische Operationsplan mit dem Decknamen „Pocket Book“ in Kraft. Das für die Ausführung innerhalb der CIA zuständige Office of Policy erhielt ein Budget von 100 Millionen Dollar und eröffnete eine PR-Offensive.
Während “RIAS” (Radio In the American Sektor) und „Radio Free Europe“ (RFE) seit jeher Propaganda ausstrahlen und allein RFE bis 1972 vom CIA jährlich 30 Millionen Dollar durch den CCF erhielt, wurde der Axel Springer Verlag für die Massenmanipulation im US-Sinn durch das westdeutsche Pressewesen auserkoren. Der Medien-Mogul erklärte klar, dass er Politik sowie Gesellschaft proamerikanisch beeinflussen wolle und hielt dies sogar in seinen Unternehmensgrundsätzen fest. Allein Springer sollte von der CIA allen anderen Verlagen oder Großdruckereien voran sieben Millionen Dollar erhalten. Mit den Geldern wurde 1952 das Boulevardblatt BILD gegründet, das bis heute die US-Weltsicht verbreitet.

Geschmierte Medien, Gewerkschaften und Politiker
Auch McCloy und sein Mitarbeiter Shepard Stone, der als PR-Chef im Pressefonds der AHK zum Einsatz kam, benötigten die Medien im Kampf gegen den Sowjetblock. Auch sie finanzierten Zeitungen, um Material und Themen aus US-Quellen redaktionell zu platzieren. Auf Stones Liste standen 44 Titel darunter die Süddeutsche Zeitung mit 500 000 DM, zudem flossen an die Frankfurter Rundschau zunächst 1,6 Millionen DM für den Neubau von Redaktion und Druckerei.
Da diese sich dabei aber finanziell übernahm und aus Sorge, das Blatt könnte in die Hände der Sozialdemokraten fallen, schmiedete er einen Rettungsplan: Stone stellte für die Aufrechterhaltung des Betriebs noch einmal eine Million DM bereit und die AHK wurde Teilhaber der Frankfurter Rundschau, die übrigens 1945 die erste von den Alliierten lizensierte Tageszeitung Westdeutschlands war.
Nächste Zielgruppe für Korruption: die deutsche Arbeiterschaft, die zu 40 Prozent gewerkschaftlich organisiert war – darunter ein hoher Anteil Kommunisten. Für die Kontrolle der Gewerkschaften war der CIA-unterwanderte US-Gewerkschaftsverband American Federation of Labour verantwortlich. Er nutzte Gewerkschafts-Komitees, die US-Funktionäre mit deutschen Kollegen eingerichtet hatten, um so etwa die Besetzung des DGB-Vorstands zu bestimmen. Für Zuwendungen an Gewerkschaften verfügte der US-Geheimdienst Anfangs über 200 000, später eine Millionen Dollar pro Jahr: geschmiert wurden Politiker aus allen Lagern bis hinauf in die SPD-Führung zu Willy Brandt.

Korrupte
Entscheidungen auf
internationaler Ebene
Die CIA führte die Feder aber auch bei bedeutenden internationalen Entscheidungen. Um der deutsch-französischen Montanunion – dem Schumanplan – die Zustimmung durch den Bundestag zu garantieren, ließ McCloy, der sich über die Bedeutung dieser Beziehungen für Westeuropa im klaren war, erneut Stimmen kaufen. Mit der Ratifizierung des Plans schuf der Bundestag im Juli 1952 dann auch die Basis für die dauerhafte Teilung Deutschlands. Der für das Geschmiere zuständige CIA-Mitarbeiter Thomas Braden wird später im Rückblick erklären, er sei froh gewesen, dass die CIA “unmoralisch” war.
McCloy konnte dank Adenauers Kooperation zwar Etappenvollzug für seine Missionen vermelden – im Schulterschluss mit seinem Schwager hatte er ein vereintes, blockfreies Deutschland verhindert. Doch zu einem hohen Preis. Denn zeitgleich erlangten Ex-Wirtschaftsführer oder Politiker mit Nazivergangenheit Einfluss zurück und fanden gerade in der FDP politische Heimat.
Beispiel: Ernst Achenbach, FDP-Mitglied und Jurist, der sich aktiv für die Rehabilitierung von NS-Tätern einsetzte. Er forderte Bundes-Justizminister und Parteifreund Thomas Dehler dazu auf, Verfahren zu manipulieren. So im Fall des NSDAP-Politikers Karl Rudolf Werner Best, der 1933 einen Mordauftrag gegen einen NS-Parteikollegen in Auftrag gegeben hatte. Achenbach betonte Dehler gegenüber, dass das Deutsche Reich solche Taten 1934 amnestiert habe. Der intervenierte wiederum bei der bayrischen Justiz, die das Verfahren schließlich einstellte.

Nazi-Politiker spielen parlamentarische
Demokratie
Später sprach sich dann auch der Bundestag für eine wohlwollende Praxis in den Prüfausschüssen für Kriegsverbrecher-Urteile aus. Die Folge war eine Welle von Begnadigungen. Doch während Ex-Nazi-Funktionäre representative parlamentarische Demokratie spielten und wie eh und je gut lebten, leidet die zuschauende Bevölkerung auf den Rängen des Polit-Theaters weiter unter Armut und Arbeitslosigkeit.
Nachdem Adenauer noch Deutschlands Chance auf einen Friedensvertrag und die Wiedervereinigung verspielen sollte, erreicht die Zustimmung zu seiner Politik trotz eines Attentatsversuchs den Tiefpunkt. Stalin hatte in einer Note die Wiederherstellung eines deutschen Staates vorgeschlagen. Voraussetzung: Verzicht auf die Gebiete östlich von Oder und Neiße sowie auf Beitritt zu einem militärischen Bündnis, das sich gegen einen Ex-Kriegsgegner richte. Mit anderen Worten: Blockfreiheit. Doch der “Kanzler der Allierten” schlug das Angebot ohne nähere Prüfung als kommunistische Propaganda aus.

Adenauer schlägt
Friedensvertrag aus
Ganz so wie es McCloy von seinem Schwager erwartete, entschied er sich ohne Rücksicht auf das gesamtdeutsche Gemeinwohl gegen die Neutralität und setzte auf die totale Westintegration. Als Dank für den Gehorsam bekommt Adenauer noch einmal Wahlkampfhilfe vom Feinsten: Die US-Regierung lädt ihn Ende 1952 zu einer mehrwöchigen Amerika-Tour ein. Höhepunkt ist ein Empfang im Weissen Haus mit militärischen Ehren. Die Botschaft des inszenierten diplomatischen Schachzugs: Die BRD meldet sich sieben Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Chor der internationalen Gemeinschaft demokratischer Staaten zurück.
Daheim verfolgte Adenauers Wirtschaftsminister Ludwig Erhard eine andere Strategie zum Erhalt der Macht. Er forderte gerade noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl Unternehmer auf, eine Initiative zur Förderung der Marktwirtschaft zu gründen. Bosch, Remtsma sowie Bayer, BASF und Hoechst, die zum I.G. Farben-Kartell gehörten, machten mit. Der Verein „Die WAAGE. Gemeinschaft zur Förderung des sozialen Ausgleichs“ nahm mit einem Budget von zwei Millionen DM seine Aktivitäten auf.

Wirtschafts-Lobbyisten unterwandern Vereine und Verbände
Mit dem Slogan „Die Soziale Marktwirtschaft nützt allen“ wollte die Lobbygruppe in Zeitungsanzeigen mit einer Auflage von über zwölf Millionen, Werbespots im Kinovorprogramm, Plakaten und Informationsveranstaltungen die Idee der sozialen Marktwirtschaft als „eine die Interessengegensätze von Kapital und Arbeit harmonisierende Ideologie“ im westdeutschen Bewusstsein verankern. Insgesamt pumpten deutsche Unternehmer 3,8 Millionen DM in die Kampagne.
Nun noch zum letzten maßgeblichen Akteur, deren PR-Leistung für die Sicherung der Kanzlerschaft Adenauers von Bedeutung war: der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise (ADK). An der Spitze des Teams stand Hans Edgar Jahn, ein Experte für politisches Marketing. Auch er verdiente sich seine Sporen im Dritten Reich. Im Vereinsstatut heisst es, dass sich die ADK für die „Gewinnung der Bürger durch sachliche Aufklärung“ verwendet. Darin steht nicht die ganze Wahrheit. Denn die von McCloy und der Wirtschaft finanzierte ADK beabsichtigte, das Vereins- und Verbandswesen mit Mittelsmännern zu unterwandern, um politische Aufklärungsarbeit im Interesse von Regierung und Industrie zu betreiben.
Die Gemeinschaft sollte ihr Können im Zuge der Themen Aufrüstung und Wiederbewaffnung unter Beweis stellen: in unzähligen Veranstaltungen wurden die Westdeutschen psychologisch auf die neuen deutschen Streitkräfte vorbereitet, so dass die gesellschaftlich umstrittene Wiederbewaffnung schließlich erfolgreich exekutiert werden konnte. Bei dem PR-Coup stand Jahn auch Meinungsforscherin Elisabeth-Noelle Neumann mit Expertenrat zur Seite. Seine Ex-Studienkollegin verhalf in dieser Zeit der noch jungen Disziplin Demoskopie als Instrument zur politischen Manipulation zum Durchbruch.

CIA sponsert deutsche Guerilla
Zeitgleich unterstütze die CIA den Aufbau verdeckter Untergrundbewegungen, um Organisationen, die „feindliche Ideologien“ verbreiten, zu spalten. So erhielt der neofaschistische Bund Deutscher Jugend (BDJ) sechsstellige DM-Beträge, um Listen mit vermeintlich systemfeindlichen Politikern zu erstellen, die im Fall einer Sowjet-Invasion hätten ermordet werden sollen. Als die Aktivitäten der Guerrilla Mitte 1952 publik wurden, forderten Politiker die Strafverfolgung der Hintermänner. Dazu kam es aber nie, denn der BDJ erhielt finanzielle Unterstützung sowohl vom Bundes-Innenministerium als auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) – auch der Kanzler war also über die Zahlungen informiert.
Das BfV wurde zwei Jahre zuvor in Köln als „Stelle zur Sammlung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die BRD gerichtete Tätigkeiten“ eingerichtet. Erster Präsident wurde Otto John, ein Gewährsmann der Engländer. Adenauer lehnte den “britischen stooge“, wie er John nannte, ab und versuchte, eigene Kandidaten durchzusetzen. Dies scheiterte jedoch am Widerstand des britischen Hochkommissars, selbst Schwager McCloy hatte nach Johns Überprüfung nichts gegen diesen einzuwenden.
Der „Alte“ lässt Parteikollegen ausspionieren
Adenauer verweigerte dem BfV-Chef anschliessend ein Jahr lang seine Ernennungsurkunde. Danach verlangte er von ihm quasi als erste Amtshandlung einen Parteikollegen auszuspionieren. Den Kanzler interessierten die Ostkontakte von Jakob Kaiser, der im Gegensatz zu Adenauer stets eine Politik für Neutralität und Wiedervereinigung vertrat, und den er verdächtigte, der SED die Pläne der „Europäischen Verteidigungsgemeinschaft“ zugespielt zu haben.
Geheimdienstliche Informationen erhielt Adenauer aber auch von Reinhard Gehlen, der John wegen des Übertritts zu den Engländern in herzlichster Missgunst verbunden war. Um auf dem Aktuellen zu bleiben, schleuste er frühzeitig seinen Kriegskameraden Albert Radke als Informant in das BfV ein, der später zu Johns Stellvertreter berufen werden sollte.
Gehlen selbst war Hitlers letzter Chef für Auslands-Aufklärung. Der General a.D. hatte sich nach der Kapitulation den Amerikanern angedient, die Mangels eigener geheimdienstlicher Struktur im Osten sofort Interesse an dessen Expertise zeigten. In Washington besprach er 1946 mit US-Präsident Harry S. Truman und Allen Dulles die zukünftige deutsch-amerikanische nachrichtendienstliche Zusammenarbeit.

Adenauers Interesse
an der „Organisation Gehlen“
Im Anschluss an seine Rückkehr nach Deutschland 1947 nahm er für die im selben Jahr gegründete CIA die Arbeit auf. Für die Dauer des Kalten Krieges waren die rund 4000 Mitglieder der „Organisation Gehlen“ die einzigen West-Spione im Sowjetblock. 1956 ging die Organisation schließlich im Bundesnachrichtendienst auf.
Gehlen, der enge Kontakte zu Adenauers Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Ex-Nazi Hans Globke, pflegte, war für den Kanzler in zweifacher Hinsicht interessant. Erstens konnte auch er Informationen über die Ostzone liefern, was wichtig war, da seine Widersacher Jakob Kaiser und Kurt Schumacher über die Sowjetzone bestens im Bilde waren. Zweitens erkannte Adenauer, dass Gehlens Informationen Einfluss auf die Amerikaner hatte, darunter sein Schwager.

Gründung
transatlantischer
Tarnorganisationen
Der war zwischenzeitig noch damit beschäftigt kurz vor seinem Abschied gemeinsam mit Welt-Bankier Eric M. Warburg zwei weitere transatlantische Tarnorganisationen in Funktion zu bringen: die „Atlantik-Brücke“ und deren Schwester „American Council on Germany“. Der Einfluss beider Organisationen ist bis heute unumstritten. Neben den Amerikanern gehörte die spätere Herausgeberin der „ZEIT“, Marion Gräfin Dönhoff, zu den Gründungsmitgliedern der „Atlantik-Brücke“.
Kurz nach der Gründung brach sie zu einer mehrmonatigen Studienreise in die USA auf. Ihre Aufgabe war es, eben solche Texte zu produzieren, die vom Pressefonds der AHK anschließend der gesponserten deutschen Presse zur redaktionellen Berücksichtigung angeboten werden konnten. Die „Atlantik-Brücke“ entwarf übrigens gemeinsam mit dem „American Council on Germany“ auch das Programm für Adenauers Wahlkampfreise durch die USA.
Im Ergebnis sorgten der gebündelte Propaganda-Druck aus der Wirtschaft, die Einflussnahme in- und ausländischer Geheimdienste sowie die Wochenschau-Bilder der schillernden Publictiy-Tour Adenauers durch die USA in deutschen Kinosälen dafür, dass sich die westdeutsche Bevölkerung 1953 mit absoluter Mehrheit für die CDU entschied. Adenauers Wiederwahl zum Kanzler des 2. Bundestages und damit die uneingeschränkte Unterstützung des transatlantischen Bündnisses durch die BRD waren gesichert.

Politik gegen staatliche Souveränität
McCloy wirkte zu diesem Zeitpunkt schon als Berater für die von den Rockefellers ko-finanzierte Ford Foundation, um ein Jahr später Vorsitzender der Chase Manhattan Bank zu werden. Natürlich hinterliess er Schwager Adenauer vor seiner Rückkehr in die USA ein Pflichtenheft. Darin standen als Meilensteine die Neufassung des Deutschlandvertrages, der Beitritt zur Westeuropäischen Union (WEU) sowie die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO.
Ende 1954 unterschrieb Adenauer die „Pariser Verträge“, die 1955 in Kraft traten. Sie formulierten den Deutschlandvertrag neu, um das Besatzungsstatut zu beseitigen und der BRD „die volle Macht eines souveränen Staates über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten“ zu geben. Wie dies indes ein Vertrag leisten sollte, in dem in Artikel 1 das Ende des Besatzungsregimes und die Aufhebung des Besatzungsstatuts zugesagt wird, im Artikel 2 sich die USA jedoch die bisherigen Rechte bis hin zur „Ausübung der vollen Regierungsgewalt“ weiter vorbehalten, war, ist und bleibt ein Geheimnis.
Unter dem Strich blieben bis heute die Truppenstationierung und der Ausgleich der Besatzungskosten in zweistelliger Milliardenhöhe pro Jahr durch die BRD bestehen sowie Sonderrechte, die in geheimen Verträgen verbrieft wurden. In einem solchen sicherte Adenauer CIA-Direktor Allen Dulles und den Westalliierten das Recht zu, den Post- und Fernmeldeverkehr zu überwachen und Geheimdienste mit Unterstützung des BfV außerhalb des deutschen Rechts zu stellen, wenn es Interessen erfordere.

Der Kanzler bricht das Grundgesetz
Damit hatte es gerade einmal sechs Jahre gedauert, bis Adenauer das Grundgesetz als erster deutscher Bundeskanzler auch noch brechen sollte. Die Aushebelung des Post- und Fernmelde-Geheimnisses dauert trotz der Änderungen im G-10-Gesetz übrigens an. Mehr noch: die Kooperation von US- und BRD-Geheimdiensten schreitet ganz offiziell weiter voran.
Unmittelbar nach Inkrafttreten des Deutschlandvertrages wird die BRD dann Mitglied in der WEU und der NATO. Nachdem noch im gleichen Jahr die ersten Freiwilligen eingezogen wurden, beschloss der Bundestag 1956 schließlich die allgemeine Wehrpflicht. Die DDR und die Sowjetunion reagierten mit dem Ausbau der Zonengrenze zu einer befestigten Grenze und der Ankündigung des Aufbaus von DDR-Streitkräften. Der kalte Krieg schlug für mehr als 30 Jahre Mauern.

Adenauers politische Metamorphose
Im Zuge der totalen Westintegration hatte Adenauer damit nicht nur die Interessen Deutschlands hinter die seines Familienclans gerückt, sondern er selbst vollzog eine bemerkenswerte politisch-moralische Kehrtwende: So beschwor er 1919 beim Gründungsversuch der „Rheinischen Republik“ noch eindringlich die Gefahr des “preussischen Militarismus” als Menetekel herauf. Mehr als drei Jahrzehnte später sorgte er dann durch die Umsetzung der politischen Direktiven seines Schwagers dafür, dass ein exquisiter Kreis des deutsch-amerikanischen Finanzadels durch das Investoren-Modell „Besatzung“ sowie die NATO-Aufrüstung bis heute vom finanziellen Aderlass der BRD-Steuerzahler profitiert.

Treppenwitz der
Geschichte
Konsequenterweise kam die BRD dann auch nie nur in die Nähe eines Staates, der volle Macht über seine inneren und äußeren Angelegenheiten für sich reklamieren konnte. Treppenwitz der Geschichte: Nachdem die Deutsche Einheit vom Bundesverfassungsgericht schon 1991 für nichtig erklärt worden war, folglich der 2 + 4 Vertrag nie in Kraft trat, regelt der Deutschlandvertrag weiterhin die Beziehungen zwischen den Alliierten und der BRD.

Enge Beziehungen

Adenauers Draht zur CIA

Von T. Pritzl , veröffentlicht am: 12. August 2015, Kategorien:

Der Plan von US-Finanzminister Henry Morgenthau, Deutschland in einen Agrarstaat umzuwandeln, wurde durch den Marshall-Plan ersetzt: 13 Milliarden Dollar flossen bis 1953 in den Wiederaufbau Europas. Im Zentrum die BRD als Bollwerk gegen die von den USA heraufbeschworene kommunistische Gefahr aus dem Osten.
In den USA hagelte es dafür Kritik: Der Marshall-Plan, der in Blitzeseile vom Präsidenten der Chase Manhattan Bank Winthrop Aldrich – ein Schwager Nelson Rockefellers – durch den Kongress gebracht wurde, sei ein weiteres Rockefeller-Vorhaben, den Steuerzahler auszuplündern, schrieb etwa die Chigago Tribune. Der Realität am nächsten kommt das, was in der Präambel nachzulesen ist. Ziel des Plans sei die “Sicherung von Märkten und Stabilität der USA”.

Mythos Marshall-Plan
Das ist zutreffend. Denn per Kriegsende steht Europa bei den USA mit 11.5 Milliarden Dollar im Saldo, Investitionen in die Infrastruktur auf der anderen Seite des Atlantiks konnten Überkapazitäten der amerikanischen Wirtschaft abfangen, die diese während des Kriegs aufgebaut hatte.
Als Direktor des Marshall-Plans entschied W. Averell Harriman, Sohn des Wall-Street Finanziers Edward Henry, über die Mittelvergabe. Die BRD erhielt in vier Jahren 6,4 Milliarden DM, musste im gleichen Zeitraum aber 24 Milliarden DM in die Bundeshaushälte als Besatzungskosten einstellen. Die BRD zahlte an die USA also etwa vier mal mehr zurück, als sie als Hilfe verbuchte: Mythos Marshall-Plan.
In der Folge blieben Investitionen der Regierung auf das Mindeste beschränkt – mit Konsequenzen nicht nur für Wirtschaftsleistung und Wachstum, sondern gerade auch für die sozialen Probleme durch Witwen und Waisen, Kriegsversehrte oder Vertriebene. Obwohl nur 40 Prozent der Industrieanlagen im Krieg zerstört worden waren, dauerte es bis ins Jahr 1951, bis die BRD erneut das Produktionsniveau von 1938 erreichte – drei Jahre später lag sie gerade einmal 30 Prozent darüber. Mit dieser Bilanz hinkte die BRD anderen Staaten in Westeuropa wie etwa Belgien um fünf Jahre hinterher.
Etwa zeitgleich mit dem Plan startete dann John McCloy das Projekt, in der US-Besatzungszone einen Staat nach US-Entwurf aufzubauen. Er studierte wie sein Freund David Rockefeller in Harvard und hatte seinen Posten als Weltbank-Präsident aufgegeben, um Nachfolger von Militärgouverneur Lucius Clay zu werden. Der Jurist, führte zwar nur bis Ende 1952 im besetzten Westen Regie, stellte aber alle Weichen für die Instrumentalisierung der BRD im Sinne der transatlantischen Finanzoligarchie.

Investoren-Modell
„Besatzung
So wurde diese nicht als Staat mit einer Verfassung, sondern mit einem Grundgesetz (GG) gegründet, über dessen Formulierung Jurist Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rat wachte. Nachdem es 1949 von eben diesem angenommen worden war, genehmigten es die Alliierten Militärgouverneure, so dass es in Wirkung trat. Entscheidend darin sind Artikel 79, der die “besatzungsrechtliche Ordnung” beschreibt, Artikel 120, der bestimmt, dass der Bund die Besatzungskosten trägt sowie Artikel 146, in dem steht, dass das GG an dem Tage sein Gültigkeit verliert, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Vor diesem Hintergrund erklärte der Vorsitzende des Parlamentarischen Rates und SPD-Politiker, Carlo Schmid: „Wir haben unter Bestätigung der alliierten Vorbehalte das GG zur Organisation der heute freigegebenen Hoheitsbefugnisse des deutschen Volkes in einem Teile Deutschlands zu beschließen. Wir haben nicht Deutschlands Verfassung zu machen, wir haben keinen Staat zu errichten.“

Adenauers familiäre
Beziehungen zur FED
Mit der BRD-Gründung wurden die Aufgaben der Militärgouverneure der Alliierten Hohe Kommission (AHK) übertragen, bei der nun McCloy für Gesetze, Befehle, Verordnungen oder Direktiven zuständig war. Seine Missionen: die Teilung Deutschlands zu garantieren und die BRD in die NATO zu integrieren. Schon vor seinem Amtsantritt hatte der Jurist aus den USA die Weichen für zentrale Themen gestellt. So bestimmte er Adenauer zum Kandidaten für den Wahlkampf und sicherte auch die Finanzierung zu – kurze Zeit später wählte der Bundestag den 73jährigen zum Kanzler.
Wieso aber fiel McCloys Wahl gerade auf den Kölner Politrentner? Die Antwort ist simpel: Beide sind in derselben Familie verwurzelt, sie sind miteinander verschwägert. McCloy heiratete 1930 die Deutsch-Amerikanerin Ellen Zinsser, eine Cousine von Konrad Adenauers Ehefrau Auguste, die beide Enkelinnen des Industrie-Magnaten Frederic G. Zinsser waren. Der wiederum war Partner von J.P. Morgan, einer der Gründer des Federal Reserve System (FED) und Anteilseigner am Chemiekonglomerat I.G. Farben.
Dies ist deshalb erwähnenswert, weil McCloy 1924 als Partner in die Wall-Street-Kanzlei Cravath, Henderson & de Gerssdorff einstieg und sich an der Seite von J.P. Morgan an einen 110 Millionen-Dollar-Kredit für die deutsche Regierung beteiligte. In den 30er Jahren repräsentierte er dann in Paris neben JP Morgan, zu dessen Vorstand mittlerweile sein anderer Schwager John Zinnser aufgestiegen war, die Chase Manhattan Bank der Rockefellers sowie den deutsch-jüdischen Bankier Paul Warburg, einen weiteren Gründer der FED und Berater des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt.

Deutsch-amerikanische Kapitalverflechtungen
An dieser Stelle sei der Vollständigkeit wegen eine weitere US-Kanzlei erwähnt, die innerhalb dieser geschäftlichen Verflechtungen eine Rolle spielte. Die Rede ist von der Kanzlei Sullivan & Cromwell, in der der spätere CIA-Chef Allen Dulles sowie sein Bruder John Foster Partner waren. Er vertrat in den USA die Interessen der I.G. Farben sowie der Vereinigten Stahlwerke, dem größten Stahlproduzenten Europas zu dieser Zeit. Beide Unternehmen waren auch an den ehemaligen Hermann Göring Werken in Salzgitter beteiligt.
Neben Morgan und Rockefeller traten zeitgleich in Deutschland weitere US-Investoren wie Du Pont, General Motors, IBM oder Ford auf. Währenddessen war McCloy in Frankreich damit beschäftigt, Kredite an die faschistischen Regierungen in Italien und Deutschland zu vermitteln. Hier verbuchte die I.G. Farben einen Großteil der Darlehen auf ihren Konten, deren Direktor und größter Anteilseigner Max Warburg war – übrigens bis 1938 Stellvertreter von Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht.
Adenauer stehen indes nicht erst seit der prominenten Familienheirat Tür und Tor zu den ersten Adressen der Finanzwelt offen. So verband ihn eine lebenslange Freundschaft mit Robert Pferdmenges, der mit Waldemar von Oppenheim das Bankhaus Sal Oppenheim leitete, und später die CDU gründete und als einflussreichster Finanzberater Adenauers die Darlehens-Vergabe aus dem Marshall-Plan über die Reconstruction Loan Bank Association, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, überwachte.

Börsen-Spekulant
Adenauer
In den 20er Jahren bekleidete Adenauer gleich zwölf Aufsichtsratsposten darunter die RWE, Deutsche Lufthansa oder Ruhrgas AG beziehungsweise die Deutsche Bank. Adenauer, der gerade in deren Aufsichtsrat eingezogen war, setzte dies direkt zum eigenen Vorteil ein. So investierte er 1928 eigene Mittel und eine Million Mark bei der Deutschen Bank geliehenes Geld an der Börse. Zunächst mit Erfolg: in wenigen Monaten hatte er mit Kunstseide-Aktien rund 800 000 Mark verdient. Eine Teilrückzahlung des Darlehens wäre möglich gewesen, doch er spekulierte weiter und schon bald wies sein Konto eine Unterdeckung von 1,25 Millionen Mark auf. Die Deutsche Bank bat um Beschaffung eines Ausgleichs.
Der damalige Generaldirektor der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken, Fritz Blüthgen, der Adenauer auf die Aktienoption aufmerksam machte, sprang bei, indem er Aktienpakete im Wert von über einer Million Mark auf Adenauers Konto bei der Deutschen Bank als Pfand hinterlegte. Diese setzte die Aktien zwar zum Teilausgleich der Schulden ein, trotzdem blieb der spätere Bundeskanzler hochverschuldet.
Zwei weitere Male sollte Blüthgen seinem prominenten Freund noch aushelfen und sich unterdessen fragen, wie dieser über die hohen finanziellen Beträge mit einem Gehalt als städtischer Angestellter überhaupt verfügen konnte. Als Reaktion auf die generöse Geste wird der später unzutreffenderweise behaupten, dass Blüthgen ihm zum Kauf der Aktien geraten habe und durch dessen betrügerische Manipulationen geschädigt worden sei. Blüthgen, dem Adenauer die zweite Wahl zum Kölner Oberbürgermeister 1929 und die Wahl zum Bundeskanzler 20 Jahre später jeweils mit einer Stimme Mehrheit zu verdanken hatte, sollte von dem nie einen Pfennig zurückerhalten. Auch die Deutsche Bank kostete Adenauers Spekulation rund eine Million Mark.

Adenauersche
Subventionspolitik
Eine der ersten Amtstaten des neuen, alten Kölner Oberbürgermeisters war es dann dem Antisemiten Henry Ford steuerliche Vorteile zuzusichern, um diesem die Ansiedelung seines während des Zweiten Weltkriegs nahezu unbeschädigt gebliebenen Werks zur PKW-Produktion am Rhein und nicht in Berlin wie ursprünglich geplant schmackhaft zu machen. Dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die Stadt Köln als Folge auch der Adenauerschen Subventionspolitik im Spitzenfeld der am höchsten verschuldeten Gebietskörperschaften Deutschlands rangierte.
Aber vorwärts in die Anfangsjahre der BRD: Hauptaufgabe des neuen Bundeskanzler, der sich für den Verkehr mit der AHK Exklusivität ausbat, war es, die Westdeutschen vom Kapitalismus und dem US-Demokratie-Verständnis zu begeistern. Dies war deshalb problematisch, weil sich ein Großteil der Bevölkerung im sozialistischen Lager verortete. Dies zu ändern, war CIA-Priorität und Ziel eines Programms zur Umerziehung der Deutschen. Den Aktionsplan dazu bekam Adenauer aus den USA.

Des Kanzlers
Draht zur CIA
Finanziert durch die United States Information Agency schossen in vielen Städten Amerika-Häuser aus dem Boden. Deren Sinn bestand darin, in Ausstellungen, Referaten und mit dem “Amerika Dienst” für ein positives US-Image im Westen zu sorgen. Die Bilanz: über zwölf Millionen Bürger besuchten ab 1950 jährlich die Einrichtung, zudem erreichte die von der CIA produzierte Wochenschau “Welt im Film” jeden Monat über 17 Millionen westdeutsche Kinobesucher.
Eine weitere Maßnahme im amerikanischen Kulturkampf war der Congress for Cultural Freedom (CCF), eine als Polit-Forum für die nichtkommunistischen Linken Westdeutschlands getarnte CIA-Organisation. Das CCF-Magazin “Der Monat – Internationale Zeitschrift für Politik und geistiges Leben” verbreitete Thesen zur US- und BRD-Politik erfolgreich unter Intellektuellen und konnte so Wortführer gegen die Neutralitätsbestrebungen insbesondere aus dem sozialistischen Parteilager gewinnen.

Proamerikanische
Umerziehung der
Westdeutschen
Erste Adressen für die proamerikanische Beeinflussung der Studentenschaft wurden die FU Berlin sowie das Soziologische Institut an der Universität Frankfurt am Main. McCloy hatte schon vor Amtsantritt den während des Krieges in die USA emigrierten Instituts-Gründern, Max Horkheimer und Theodor Adorno, ein Angebot zur Rückkehr in die BRD schmackhaft gemacht. Beide Soziologen, die bereits in Amerika für die CIA tätig waren, sollten als zentrale Verantwortungsträger im US-Umerziehungsprogramm das kulturelle Nachkriegsdeutschland prägen.
Mit einem Vetorecht wachten sie zunächst über die Besetzung von Posten in Regierung, Universitäten und Medien. Später steuerte Adorno, der seine Soziologie des Antiautoritären über die Themen Drogen, Sex und Rock n’Roll in Radio- oder Zeitungsinterviews öffentlich meinungsprägend zu propagieren wusste, eine ganze Generation in die 68er Studentenbewegung.
Die Korea-Krise bot den USA ab Mitte 1950 den Anlass, sich als Kämpfer für Freiheit und Demokratie auf der Weltbühne zurückzumelden: Truppen der von den Sowjets und China kontrollierten Volksrepublik Nordkorea hatten Südkorea angegriffen, das von den USA besetzt war und zurückschlug. Krieg in Südost-Asien: das Szenario löste im ebenfalls zweigeteilten Deutschland Panik aus und selbst der britische Oppositionsführer Winston Churchill plädierte danach im Europarat für eine westeuropäische Armee, in die deutsche Kontingente integriert werden sollten.

Adenauer umgeht das Parlament
Adenauer griff Churchills Idee auf und bat McCloy in einem Schreiben um mehr Besatzungstruppen. Als der Regierungschef dann eigenmächtig das Parlament umgeht und seinem Schwager ein deutsches Truppenkontingent für den Fall zusagt, dass es zur Bildung einer europäischen Armee kommen sollte, ist der Eklat perfekt. Nachdem Adenauers Kabinett von diesem Vorschlag aus der Presse erfahren musste, trat der damalige Bundes-Innenminister und CDU-Politiker Gustav Heinemann im Oktober aus “Protest gegen diese Praxis” von seinem Amt zurück.
Wenig später konterkarierte McCloy dann freiwillig seine eigene Mission und lieferte Gesprächsstoff für eine öffentliche Kontroverse. 1951 begnadigte er in einer “Geste der Versöhnung” 89 Kriegsverbrecher, darunter Friedrich Flick, einer der größten Finanziers der NSDPA, sowie Alfried Krupp von Bohlen und Halbach. Beide Industrielle erhielten sogar das zuvor konfiszierte Vermögen ihrer Firmen zurück.

McCloy begnadigt Kriegsverbrecher
Auch I.G.-Farben-Vorstand Fritz ter Meer, der das Konzentrationslager Auschwitz III Monowitz errichtete, um hier Rüstungsgüter von Zwangsarbeitern produzieren zu lassen, profitierte von der Geste des Hoch-Kommisssars, der sich im Wissen um die Geschäftsverflechtungen zwischen US-Investoren und I.G. Farben – die Welt-Banker Warburg hatte sich niemals vor Gericht zu verantworten – übrigens 1944 gegen die Bombardierung der Bahnlinien zum KZ Ausschwitz aussprach.
Diese und andere Ereignisse trugen dazu bei, dass die westdeutsche Bevölkerung den amerikanischen Besatzern mit zunehmender Skepsis begegnete. Zudem ging die Demontage industrieller Anlagen durch die Alliierten weiter. Besonders die Abbrucharbeiten der ehemaligen Hermann Göring Werke in Salzgitter hatten zu öffentlichen Ausschreitungen geführt. Die Demontage des modernsten Stahlwerks Europas und der einhergehende Verlust von mehreren Tausend Arbeitsplätzen brachte die ohnehin schwierige Wirtschaftslage in Westdeutschland zusätzlich unter Druck.

Systematische
Massen-Manipulation durch die CIA
Je mehr die Popularität des “Alten” sank, umso mehr musste McCloy Schützenhilfe leisten und 1952 trat der psychologische Operationsplan mit dem Decknamen „Pocket Book“ in Kraft. Das für die Ausführung innerhalb der CIA zuständige Office of Policy erhielt ein Budget von 100 Millionen Dollar und eröffnete eine PR-Offensive.
Während “RIAS” (Radio In the American Sektor) und „Radio Free Europe“ (RFE) seit jeher Propaganda ausstrahlen und allein RFE bis 1972 vom CIA jährlich 30 Millionen Dollar durch den CCF erhielt, wurde der Axel Springer Verlag für die Massenmanipulation im US-Sinn durch das westdeutsche Pressewesen auserkoren. Der Medien-Mogul erklärte klar, dass er Politik sowie Gesellschaft proamerikanisch beeinflussen wolle und hielt dies sogar in seinen Unternehmensgrundsätzen fest. Allein Springer sollte von der CIA allen anderen Verlagen oder Großdruckereien voran sieben Millionen Dollar erhalten. Mit den Geldern wurde 1952 das Boulevardblatt BILD gegründet, das bis heute die US-Weltsicht verbreitet.

Geschmierte Medien, Gewerkschaften und Politiker
Auch McCloy und sein Mitarbeiter Shepard Stone, der als PR-Chef im Pressefonds der AHK zum Einsatz kam, benötigten die Medien im Kampf gegen den Sowjetblock. Auch sie finanzierten Zeitungen, um Material und Themen aus US-Quellen redaktionell zu platzieren. Auf Stones Liste standen 44 Titel darunter die Süddeutsche Zeitung mit 500 000 DM, zudem flossen an die Frankfurter Rundschau zunächst 1,6 Millionen DM für den Neubau von Redaktion und Druckerei.
Da diese sich dabei aber finanziell übernahm und aus Sorge, das Blatt könnte in die Hände der Sozialdemokraten fallen, schmiedete er einen Rettungsplan: Stone stellte für die Aufrechterhaltung des Betriebs noch einmal eine Million DM bereit und die AHK wurde Teilhaber der Frankfurter Rundschau, die übrigens 1945 die erste von den Alliierten lizensierte Tageszeitung Westdeutschlands war.
Nächste Zielgruppe für Korruption: die deutsche Arbeiterschaft, die zu 40 Prozent gewerkschaftlich organisiert war – darunter ein hoher Anteil Kommunisten. Für die Kontrolle der Gewerkschaften war der CIA-unterwanderte US-Gewerkschaftsverband American Federation of Labour verantwortlich. Er nutzte Gewerkschafts-Komitees, die US-Funktionäre mit deutschen Kollegen eingerichtet hatten, um so etwa die Besetzung des DGB-Vorstands zu bestimmen. Für Zuwendungen an Gewerkschaften verfügte der US-Geheimdienst Anfangs über 200 000, später eine Millionen Dollar pro Jahr: geschmiert wurden Politiker aus allen Lagern bis hinauf in die SPD-Führung zu Willy Brandt.

Korrupte
Entscheidungen auf
internationaler Ebene
Die CIA führte die Feder aber auch bei bedeutenden internationalen Entscheidungen. Um der deutsch-französischen Montanunion – dem Schumanplan – die Zustimmung durch den Bundestag zu garantieren, ließ McCloy, der sich über die Bedeutung dieser Beziehungen für Westeuropa im klaren war, erneut Stimmen kaufen. Mit der Ratifizierung des Plans schuf der Bundestag im Juli 1952 dann auch die Basis für die dauerhafte Teilung Deutschlands. Der für das Geschmiere zuständige CIA-Mitarbeiter Thomas Braden wird später im Rückblick erklären, er sei froh gewesen, dass die CIA “unmoralisch” war.
McCloy konnte dank Adenauers Kooperation zwar Etappenvollzug für seine Missionen vermelden – im Schulterschluss mit seinem Schwager hatte er ein vereintes, blockfreies Deutschland verhindert. Doch zu einem hohen Preis. Denn zeitgleich erlangten Ex-Wirtschaftsführer oder Politiker mit Nazivergangenheit Einfluss zurück und fanden gerade in der FDP politische Heimat.
Beispiel: Ernst Achenbach, FDP-Mitglied und Jurist, der sich aktiv für die Rehabilitierung von NS-Tätern einsetzte. Er forderte Bundes-Justizminister und Parteifreund Thomas Dehler dazu auf, Verfahren zu manipulieren. So im Fall des NSDAP-Politikers Karl Rudolf Werner Best, der 1933 einen Mordauftrag gegen einen NS-Parteikollegen in Auftrag gegeben hatte. Achenbach betonte Dehler gegenüber, dass das Deutsche Reich solche Taten 1934 amnestiert habe. Der intervenierte wiederum bei der bayrischen Justiz, die das Verfahren schließlich einstellte.

Nazi-Politiker spielen parlamentarische
Demokratie
Später sprach sich dann auch der Bundestag für eine wohlwollende Praxis in den Prüfausschüssen für Kriegsverbrecher-Urteile aus. Die Folge war eine Welle von Begnadigungen. Doch während Ex-Nazi-Funktionäre representative parlamentarische Demokratie spielten und wie eh und je gut lebten, leidet die zuschauende Bevölkerung auf den Rängen des Polit-Theaters weiter unter Armut und Arbeitslosigkeit.
Nachdem Adenauer noch Deutschlands Chance auf einen Friedensvertrag und die Wiedervereinigung verspielen sollte, erreicht die Zustimmung zu seiner Politik trotz eines Attentatsversuchs den Tiefpunkt. Stalin hatte in einer Note die Wiederherstellung eines deutschen Staates vorgeschlagen. Voraussetzung: Verzicht auf die Gebiete östlich von Oder und Neiße sowie auf Beitritt zu einem militärischen Bündnis, das sich gegen einen Ex-Kriegsgegner richte. Mit anderen Worten: Blockfreiheit. Doch der “Kanzler der Allierten” schlug das Angebot ohne nähere Prüfung als kommunistische Propaganda aus.

Adenauer schlägt
Friedensvertrag aus
Ganz so wie es McCloy von seinem Schwager erwartete, entschied er sich ohne Rücksicht auf das gesamtdeutsche Gemeinwohl gegen die Neutralität und setzte auf die totale Westintegration. Als Dank für den Gehorsam bekommt Adenauer noch einmal Wahlkampfhilfe vom Feinsten: Die US-Regierung lädt ihn Ende 1952 zu einer mehrwöchigen Amerika-Tour ein. Höhepunkt ist ein Empfang im Weissen Haus mit militärischen Ehren. Die Botschaft des inszenierten diplomatischen Schachzugs: Die BRD meldet sich sieben Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Chor der internationalen Gemeinschaft demokratischer Staaten zurück.
Daheim verfolgte Adenauers Wirtschaftsminister Ludwig Erhard eine andere Strategie zum Erhalt der Macht. Er forderte gerade noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl Unternehmer auf, eine Initiative zur Förderung der Marktwirtschaft zu gründen. Bosch, Remtsma sowie Bayer, BASF und Hoechst, die zum I.G. Farben-Kartell gehörten, machten mit. Der Verein „Die WAAGE. Gemeinschaft zur Förderung des sozialen Ausgleichs“ nahm mit einem Budget von zwei Millionen DM seine Aktivitäten auf.

Wirtschafts-Lobbyisten unterwandern Vereine und Verbände
Mit dem Slogan „Die Soziale Marktwirtschaft nützt allen“ wollte die Lobbygruppe in Zeitungsanzeigen mit einer Auflage von über zwölf Millionen, Werbespots im Kinovorprogramm, Plakaten und Informationsveranstaltungen die Idee der sozialen Marktwirtschaft als „eine die Interessengegensätze von Kapital und Arbeit harmonisierende Ideologie“ im westdeutschen Bewusstsein verankern. Insgesamt pumpten deutsche Unternehmer 3,8 Millionen DM in die Kampagne.
Nun noch zum letzten maßgeblichen Akteur, deren PR-Leistung für die Sicherung der Kanzlerschaft Adenauers von Bedeutung war: der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise (ADK). An der Spitze des Teams stand Hans Edgar Jahn, ein Experte für politisches Marketing. Auch er verdiente sich seine Sporen im Dritten Reich. Im Vereinsstatut heisst es, dass sich die ADK für die „Gewinnung der Bürger durch sachliche Aufklärung“ verwendet. Darin steht nicht die ganze Wahrheit. Denn die von McCloy und der Wirtschaft finanzierte ADK beabsichtigte, das Vereins- und Verbandswesen mit Mittelsmännern zu unterwandern, um politische Aufklärungsarbeit im Interesse von Regierung und Industrie zu betreiben.
Die Gemeinschaft sollte ihr Können im Zuge der Themen Aufrüstung und Wiederbewaffnung unter Beweis stellen: in unzähligen Veranstaltungen wurden die Westdeutschen psychologisch auf die neuen deutschen Streitkräfte vorbereitet, so dass die gesellschaftlich umstrittene Wiederbewaffnung schließlich erfolgreich exekutiert werden konnte. Bei dem PR-Coup stand Jahn auch Meinungsforscherin Elisabeth-Noelle Neumann mit Expertenrat zur Seite. Seine Ex-Studienkollegin verhalf in dieser Zeit der noch jungen Disziplin Demoskopie als Instrument zur politischen Manipulation zum Durchbruch.

CIA sponsert deutsche Guerilla
Zeitgleich unterstütze die CIA den Aufbau verdeckter Untergrundbewegungen, um Organisationen, die „feindliche Ideologien“ verbreiten, zu spalten. So erhielt der neofaschistische Bund Deutscher Jugend (BDJ) sechsstellige DM-Beträge, um Listen mit vermeintlich systemfeindlichen Politikern zu erstellen, die im Fall einer Sowjet-Invasion hätten ermordet werden sollen. Als die Aktivitäten der Guerrilla Mitte 1952 publik wurden, forderten Politiker die Strafverfolgung der Hintermänner. Dazu kam es aber nie, denn der BDJ erhielt finanzielle Unterstützung sowohl vom Bundes-Innenministerium als auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) – auch der Kanzler war also über die Zahlungen informiert.
Das BfV wurde zwei Jahre zuvor in Köln als „Stelle zur Sammlung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die BRD gerichtete Tätigkeiten“ eingerichtet. Erster Präsident wurde Otto John, ein Gewährsmann der Engländer. Adenauer lehnte den “britischen stooge“, wie er John nannte, ab und versuchte, eigene Kandidaten durchzusetzen. Dies scheiterte jedoch am Widerstand des britischen Hochkommissars, selbst Schwager McCloy hatte nach Johns Überprüfung nichts gegen diesen einzuwenden.
Der „Alte“ lässt Parteikollegen ausspionieren
Adenauer verweigerte dem BfV-Chef anschliessend ein Jahr lang seine Ernennungsurkunde. Danach verlangte er von ihm quasi als erste Amtshandlung einen Parteikollegen auszuspionieren. Den Kanzler interessierten die Ostkontakte von Jakob Kaiser, der im Gegensatz zu Adenauer stets eine Politik für Neutralität und Wiedervereinigung vertrat, und den er verdächtigte, der SED die Pläne der „Europäischen Verteidigungsgemeinschaft“ zugespielt zu haben.
Geheimdienstliche Informationen erhielt Adenauer aber auch von Reinhard Gehlen, der John wegen des Übertritts zu den Engländern in herzlichster Missgunst verbunden war. Um auf dem Aktuellen zu bleiben, schleuste er frühzeitig seinen Kriegskameraden Albert Radke als Informant in das BfV ein, der später zu Johns Stellvertreter berufen werden sollte.
Gehlen selbst war Hitlers letzter Chef für Auslands-Aufklärung. Der General a.D. hatte sich nach der Kapitulation den Amerikanern angedient, die Mangels eigener geheimdienstlicher Struktur im Osten sofort Interesse an dessen Expertise zeigten. In Washington besprach er 1946 mit US-Präsident Harry S. Truman und Allen Dulles die zukünftige deutsch-amerikanische nachrichtendienstliche Zusammenarbeit.

Adenauers Interesse
an der „Organisation Gehlen“
Im Anschluss an seine Rückkehr nach Deutschland 1947 nahm er für die im selben Jahr gegründete CIA die Arbeit auf. Für die Dauer des Kalten Krieges waren die rund 4000 Mitglieder der „Organisation Gehlen“ die einzigen West-Spione im Sowjetblock. 1956 ging die Organisation schließlich im Bundesnachrichtendienst auf.
Gehlen, der enge Kontakte zu Adenauers Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Ex-Nazi Hans Globke, pflegte, war für den Kanzler in zweifacher Hinsicht interessant. Erstens konnte auch er Informationen über die Ostzone liefern, was wichtig war, da seine Widersacher Jakob Kaiser und Kurt Schumacher über die Sowjetzone bestens im Bilde waren. Zweitens erkannte Adenauer, dass Gehlens Informationen Einfluss auf die Amerikaner hatte, darunter sein Schwager.

Gründung
transatlantischer
Tarnorganisationen
Der war zwischenzeitig noch damit beschäftigt kurz vor seinem Abschied gemeinsam mit Welt-Bankier Eric M. Warburg zwei weitere transatlantische Tarnorganisationen in Funktion zu bringen: die „Atlantik-Brücke“ und deren Schwester „American Council on Germany“. Der Einfluss beider Organisationen ist bis heute unumstritten. Neben den Amerikanern gehörte die spätere Herausgeberin der „ZEIT“, Marion Gräfin Dönhoff, zu den Gründungsmitgliedern der „Atlantik-Brücke“.
Kurz nach der Gründung brach sie zu einer mehrmonatigen Studienreise in die USA auf. Ihre Aufgabe war es, eben solche Texte zu produzieren, die vom Pressefonds der AHK anschließend der gesponserten deutschen Presse zur redaktionellen Berücksichtigung angeboten werden konnten. Die „Atlantik-Brücke“ entwarf übrigens gemeinsam mit dem „American Council on Germany“ auch das Programm für Adenauers Wahlkampfreise durch die USA.
Im Ergebnis sorgten der gebündelte Propaganda-Druck aus der Wirtschaft, die Einflussnahme in- und ausländischer Geheimdienste sowie die Wochenschau-Bilder der schillernden Publictiy-Tour Adenauers durch die USA in deutschen Kinosälen dafür, dass sich die westdeutsche Bevölkerung 1953 mit absoluter Mehrheit für die CDU entschied. Adenauers Wiederwahl zum Kanzler des 2. Bundestages und damit die uneingeschränkte Unterstützung des transatlantischen Bündnisses durch die BRD waren gesichert.

Politik gegen staatliche Souveränität
McCloy wirkte zu diesem Zeitpunkt schon als Berater für die von den Rockefellers ko-finanzierte Ford Foundation, um ein Jahr später Vorsitzender der Chase Manhattan Bank zu werden. Natürlich hinterliess er Schwager Adenauer vor seiner Rückkehr in die USA ein Pflichtenheft. Darin standen als Meilensteine die Neufassung des Deutschlandvertrages, der Beitritt zur Westeuropäischen Union (WEU) sowie die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO.
Ende 1954 unterschrieb Adenauer die „Pariser Verträge“, die 1955 in Kraft traten. Sie formulierten den Deutschlandvertrag neu, um das Besatzungsstatut zu beseitigen und der BRD „die volle Macht eines souveränen Staates über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten“ zu geben. Wie dies indes ein Vertrag leisten sollte, in dem in Artikel 1 das Ende des Besatzungsregimes und die Aufhebung des Besatzungsstatuts zugesagt wird, im Artikel 2 sich die USA jedoch die bisherigen Rechte bis hin zur „Ausübung der vollen Regierungsgewalt“ weiter vorbehalten, war, ist und bleibt ein Geheimnis.
Unter dem Strich blieben bis heute die Truppenstationierung und der Ausgleich der Besatzungskosten in zweistelliger Milliardenhöhe pro Jahr durch die BRD bestehen sowie Sonderrechte, die in geheimen Verträgen verbrieft wurden. In einem solchen sicherte Adenauer CIA-Direktor Allen Dulles und den Westalliierten das Recht zu, den Post- und Fernmeldeverkehr zu überwachen und Geheimdienste mit Unterstützung des BfV außerhalb des deutschen Rechts zu stellen, wenn es Interessen erfordere.

Der Kanzler bricht das Grundgesetz
Damit hatte es gerade einmal sechs Jahre gedauert, bis Adenauer das Grundgesetz als erster deutscher Bundeskanzler auch noch brechen sollte. Die Aushebelung des Post- und Fernmelde-Geheimnisses dauert trotz der Änderungen im G-10-Gesetz übrigens an. Mehr noch: die Kooperation von US- und BRD-Geheimdiensten schreitet ganz offiziell weiter voran.
Unmittelbar nach Inkrafttreten des Deutschlandvertrages wird die BRD dann Mitglied in der WEU und der NATO. Nachdem noch im gleichen Jahr die ersten Freiwilligen eingezogen wurden, beschloss der Bundestag 1956 schließlich die allgemeine Wehrpflicht. Die DDR und die Sowjetunion reagierten mit dem Ausbau der Zonengrenze zu einer befestigten Grenze und der Ankündigung des Aufbaus von DDR-Streitkräften. Der kalte Krieg schlug für mehr als 30 Jahre Mauern.

Adenauers politische Metamorphose
Im Zuge der totalen Westintegration hatte Adenauer damit nicht nur die Interessen Deutschlands hinter die seines Familienclans gerückt, sondern er selbst vollzog eine bemerkenswerte politisch-moralische Kehrtwende: So beschwor er 1919 beim Gründungsversuch der „Rheinischen Republik“ noch eindringlich die Gefahr des “preussischen Militarismus” als Menetekel herauf. Mehr als drei Jahrzehnte später sorgte er dann durch die Umsetzung der politischen Direktiven seines Schwagers dafür, dass ein exquisiter Kreis des deutsch-amerikanischen Finanzadels durch das Investoren-Modell „Besatzung“ sowie die NATO-Aufrüstung bis heute vom finanziellen Aderlass der BRD-Steuerzahler profitiert.

Treppenwitz der
Geschichte
Konsequenterweise kam die BRD dann auch nie nur in die Nähe eines Staates, der volle Macht über seine inneren und äußeren Angelegenheiten für sich reklamieren konnte. Treppenwitz der Geschichte: Nachdem die Deutsche Einheit vom Bundesverfassungsgericht schon 1991 für nichtig erklärt worden war, folglich der 2 + 4 Vertrag nie in Kraft trat, regelt der Deutschlandvertrag weiterhin die Beziehungen zwischen den Alliierten und der BRD.