Interview:

Wir sind Frieden

Von Andrea Drescher , veröffentlicht am: 3. Juni 2017, Kategorien:

Gernot Almesberger, geboren 1970, wohnhaft in Linz, Beruf: Coaching & Unternehmensberatung – Hobbys: Kendo, Fotografie,  nachhaltige Entwicklung, Umwelt, Ökologie und Politik

 

Politik ist ein guter Einstieg ins Thema – wie bist du in die Politik gekommen?

 

Ich war immer ein politisch denkender Mensch. Vor 4 Jahren sprach ich mit einem Kollegen darüber, dass viel geredet aber wenig umgesetzt wird. Wir wollten uns aktiv einbringen und nicht immer sagen, die anderen tun nichts. So fing es an.

 

Und was macht ihr bzw. du jetzt?

 

Politische Arbeit heißt für mich Parteipolitik, geht aber darüber hinaus. Unser Ziel ist es, sozialdemokratische Werte, die sich über 125 Jahre entwickelt haben für das 3. Jahrtausend zukunftsfähig zu machen. Darum haben wir granum humanum – das Korn der Menschlichkeit – gegründet. Unser Fokus liegt auf Bildung in Bereichen wie Zukunft der Arbeit, Zukunft der Ökologie, Macht des Geldes bzw. der Finanzwirtschaft, also um ökonomische, ökologische und gesellschaftspolitische Themen. Insgesamt arbeiten jetzt ungefähr 100 Menschen mit, von denen die meisten vorher nicht aktiv waren. Wir treffen uns regelmäßig, tauschen uns aus, planen Veranstaltungen und sind auch eine der treibenden Kräfte hinter der Initiativplattform TTIP Stoppen Oberösterreich.

 

Wie kam es zu der Plattform?

 

Im November 2013 las ich einen Bericht über TTIP, dann nahm ich das Thema in eine Sitzung mit und wir waren uns schnell einig, dass wir mehr Informationen benötigten. Wir haben Kontakt zu EU Parlamentariern gesucht und uns ausgetauscht. Im Januar 2014 haben wir dann ein erstes Treffen mit Podiumsdiskussion organisiert – rund 40 Teilnehmer saßen im Publikum. Die möglichen Gefahren des Abkommens wurden deutlich und uns allen klar, es geht um unsere Zukunft. Also müssen wir weitere Informationen zusammentragen und mehr Menschen erreichen. Mit der Gründung der Plattform www.stop-ttip.at ging es dann richtig los.

 

Was heißt das?

 

Unsere erste Demo im Mai 2014 hatte nicht ganz 1000 Teilnehmer. Im Herbst 2016 bei der Vierten waren es dann schon 6000. Und Demos sind ja nur ein Teil unserer Arbeit. Wir wollen möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten ansprechen und haben daher sehr viel Beziehungsarbeit mit den verschiedensten Institutionen betrieben.

 

Beziehungsarbeit – was kann man darunter verstehen?

 

Ich habe gut 80 Vorträge gehalten, Kollegen von mir sicher 50 weitere. Wir haben uns mit Nationalratsabgeordneten unterhalten und Aktionen durchgeführt. Auch gab es zahlreiche Treffen mit der WKO und der Landwirtschaftskammer, mit deren offiziellen Vertretern wir das Thema besprachen.

 

Wir wollen als Bürger und Bürgerinnen mit den Entscheidern in der Politik in Kontakt  treten und nicht nur  protestieren. Führt man konstruktive Diskussionen über die Auswirkungen kann man sehr viel erreichen. Öffentlicher Druck ist eine Sache, aber wenn man neutral und wertschätzend mit den Politikern ins Gespräch geht, kann man vielleicht sogar mehr erreichen als durch Konfrontation.

 

Wir sind eher zurückhaltend aufgetreten – eben eher beziehungsorientiert, darum haben sich aber viele Organisationen der Plattform angeschlossen. Insgesamt sind 44 Organisationen daran beteiligt. Als Sprecher der Plattform habe ich immer für diese kooperative Vorgehensweise optiert. Und das kam sehr gut an. Die Demo im Herbst 2016 in Linz war wohl die größte Demo, die an diesem Tag in Österreich veranstaltet wurde.

 

Wie sind denn die Reaktionen jenseits der Demos?

 

Es ist einiges daraus entstanden, auch wenn es in den letzten Monaten sehr ruhig um das Thema wurde. Viele Menschen im Land sind sich durch TTIP erstmals bewusst geworden, welchen Einfluss die globale Wirtschaft auf ihr tagtägliches Leben haben kann bzw. hat. 562.552 Österreicher haben beim Volksbegehren gegen TTIP und CETA die Stimme erhoben. Viele Gemeinden machen bei der Aktion TTIP-freie Gemeinde mit. Aber mit CETA steht uns leider einiges bevor. Klagekosten in Höhe von mehreren Millionen Euro kann sich selbst ein großer österreichischer Mittelständler nicht leisten, Konzerne haben ein leichtes Spiel. Gesetzesänderungen werden u. U. einfach aus Angst vor Klagen gar nicht mehr angegangen. Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns.

 

Aber TTIP/CETA sind nicht euer einziges Thema?

 

Stimmt. Wir bauen die Plattform jetzt in Richtung gerechter Handel aus. In einer global vernetzten Welt gibt es globalen Handel. Für Handys sind seltene Erden notwendig, die es bei uns nicht gibt. Man muss aber einen fairen Weg finden, sich diese im Ausland zu beschaffen und dabei auf die ökologische Tragfähigkeit für den Planeten achten. Um am Beispiel zu bleiben,  das Fairphone ist der gute nächste Schritt. Weitere Maßnahmen sind der Verzicht auf Plastik durch Einsatz von Pflanzenfasern, Gehäuse aus nachwachsenden Rohstoffen, Lackierung aus umweltfreundlichen Materialien hin zur echten Kreislaufwirtschaft – davon sind wir noch weit entfernt. 

 

Warum engagierst du dich? Da geht doch sehr viel Zeit drauf.

 

Das ist richtig. 3500 bis 4000 Stunden waren es sicher seit 2014. Aber das Bedürfnis nach Veränderung ist groß – und wächst. Viele Menschen stellen sich ähnliche Fragen, wir müssen nach und nach Antworten finden.  Unser System ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Ich will meinen Beitrag leisten, es positiv zu verändern,  für das 3. Jahrtausend zukunftsfähig zu werden. Es ist mir dabei ein großes Anliegen, andere Menschen zu motivieren. In der Politik läuft vieles zu sequentiell ab – überall stoßen wir an die Grenzen. Vielschichtigkeit ist gefragt. Wir müssen systemisch agieren wie die Natur.

 

Tust du das für deine Kinder?

 

Nein, ich habe keine eigenen. Aber ich tue es für die zukünftigen Generationen. Als wir uns im Rahmen von granum humanum das erste Mal trafen war ich provokant. Ich sagte: „Ich möchte mich mit euch über den 1.1.3000 unterhalten“. Das führte erst zu betretenem Schweigen und dann der Nachfrage „Wie bitte?“ Als ich das Datum wiederholte, folgte erneut Schweigen. Und dann „Das sind ja 1000 Jahre.“ Meine Antwort darauf: „Nein, das sind nur 30 Generationen. Es geht um die Kinder der Kinder der Kinder.“ Wir müssen heute unsere Vorstellungen für die Zukunft konkretisieren, von dort zurückrechnen und unsere Handlungen daran messen. Die Gesellschaft braucht ein höheres Ziel, an dem sich alle und alles orientieren kann. Das ist der Weg für eine nachhaltige Entwicklung an dem inzwischen viele mitarbeiten.

 

Danke für dein Engagement.

 

Hartmut „Hardy“ Groeneveld,  geboren 1972 in Hannover,  wohnhaft in Karlsruhe, verheiratet, 4 Kinder, Dipl.-Kaufmann, Channel Manager im IT-Umfeld, Hobbys: Free21, die Familie + Hund, Mitglied von Schalke 04, Motorrad fahren, geopolitische und gesellschaftliche Themen.

 

Seit wann bist du politisch aktiv?

 

Das ist schwer zu sagen. Es fing wohl kurz vor den Mahnwachen an. Ich begann, mich für geopolitische Themen zu interessieren, war einer der frühen User von KenFM und habe, nach dem Interview mit Tommy Hansen, Free21 vom ersten Moment an mitverfolgt. Irgendwann wurde ich dann selbst aktiv.

 

Das heißt …?

 

Ich habe mich zunächst sehr ausführlich informiert; habe an den bundesweiten Mahnwachen teilgenommen, wo ich Lukas Puchalski von Free21-Abo kennen gelernt habe. Auch bei den Demos in Ramstein bin ich immer dabei. Es war und ist mir wichtig zu sehen, dass man nicht allein mit seinen Gedanken ist und gleichzeitig ein Zeichen für die Öffentlichkeit zu setzen. Leider nimmt mein Job viel Zeit in Anspruch, ich bin viel unterwegs, so dass ich nicht so aktiv sein kann, wie ich es gerne wäre. Aber bei Free21 habe ich Aufgaben, die sich auch gut mal zwischendurch erledigen lassen.

 

Wie bist du zu Free21 gekommen?

 

Das Interview auf KenFM hat mich total angesprochen, Tommy Hansen als Mensch hat mich mit seiner ruhigen und überlegten Art fasziniert. Und die Idee hat mich begeistert. Die guten Artikel im Internet sollten allen zur Verfügung stehen. Einmal ausgedruckt können sie nicht mehr verändert werden; außerdem lassen sich Artikel an jeden weitergegeben. Also bin ich gleich Abonnent geworden. Spannend war die Reaktion meines 80-jährigen Schwiegervaters. Nachdem er es gelesen hatte, kam als Feedback, dass Free21 1000-mal besser als der Spiegel sei. Da war mir dann endgültig bewusst, wie wichtig das Magazin ist.

 

Wieso?

 

Wir Jüngeren sind Internet-affin. Ältere haben nicht den Zugang, außerdem hat das Netz Glaubwürdigkeitsprobleme. Hat man aber ein professionell gestaltetes Magazin in der Hand, kann man es lesen, Quellen überprüfen und alles hinterfragen wenn man Zeit hat. Das fand ich so überzeugend, dass ich aktiv mitarbeiten wollte.

 

Wie bist du dann eingestiegen?

 

Zunächst eben als aktiver Abonnent. Dann bekam ich mit, dass in Dortmund ein Vortrag mit Tommy Hansen zum Thema Medien lief. Ich nahm mit dem dortigen Veranstalter Kontakt auf, um zu erfahren, ob auch etwas in Karlsruhe geplant sei. Die Antwort war der Schlüssel: „Geplant ist nichts, aber magst du nicht einen Abend organisieren?“ Da hätte ich selbst drauf kommen können

Nach kurzer Abstimmung habe ich die Veranstaltung dann vorbereitet – und es war in meinen Augen ein großer Erfolg: In einem Raum für 50 Personen drängten sich 60 Besucher. Das hat Spaß gemacht und sehr viel Motivation gegeben. Im Anschluss habe ich dann schnell „Free21-Karriere“ gemacht, war beim Free21-Vernetzungstreffen dabei, arbeite als Facebook-Admin und Researcher mit und organisiere Free21-Treffen in der Region.

 

Das klingt nach viel Aufwand, wie schaffst du das?

 

Auch wenn man wenig Zeit hat, kann man sich immer eine Stunde Zeit nehmen. Mein Ziel ist es, einen Artikel pro Woche zu researchen; das ist machbar. Als Facebook-Admin poste ich Free21-Artikel immer mal wieder zwischendurch. Egal, wo man ist, auch auf Dienstreisen lassen sich Wartezeiten dank Handy so sehr nützlich überbrücken. Artikel teilen kann wirklich jeder – und je mehr das tun, desto wirksamer werden wir.

 

Gab es Rückmeldungen aus deinem Umfeld?

 

Ja, und die waren überwiegend sehr positiv. Manche trauen sich ja nicht, kritische Artikel zu teilen, da man sonst schnell als Verschwörungstheoretiker gilt. Aber mein Facebook-Freundeskreis hat überraschend gut reagiert. Menschen, mit denen ich kaum bzw. lange keinen Kontakt hatte, haben sich auf einmal wieder gemeldet und mich in meinem Verhalten bestärkt.

 

Warum engagierst du dich überhaupt?

 

Das ist eine gute Frage. Ich frage mich eher: Warum habe ich früher nichts getan? Warum war ich so naiv, alles zu glauben? Warum war ich der klassische „Mainstream-Mensch“? Für mich war alles okay bis mir irgendwann – ich kann nicht mal sagen wann genau – bewusst wurde, dass vieles nicht zusammen passt. Richtig deutlich wurde mir das, als ich Informationen zur Brutkastenlüge erhielt. Da wurde mir deutlich, dass man mich komplett – Entschuldigung – verarscht hatte. Daraus entstand der innere Antrieb, nach Wahrheiten zu suchen. War die Brutkastenstory eine Lüge, was stimmt sonst noch alles nicht. So kam ich von einem Thema zum nächsten und musste feststellen, dass die Welt ganz anders ist, als ich es mir gedacht hatte. Ob Ernährung, Pharma-Industrie, Massentierhaltung, Kriege: So kann es nicht weitergehen.

 

Ich will aber nicht nur wissen, was los ist. Ich will für mich, meine Kinder, für alle Menschen, für alle Lebewesen, eine lebenswerte Zukunft mitgestalten. Ich wünsche mir eine Zukunft weg von Profitgier und Ellenbogen und hin zu menschlichen Werten. Dafür kann und muss ich aktiv sein. Seit 1,5 Jahren bin ich zu 100% Vegetarier und zu 90% vegan – nach dem Film Cowspiracy konnte ich nicht anders. Das ist ein Beitrag. Meine – wenn auch eingeschränkte – Mitarbeit bei Free21 ist ein weiterer. Wenn jeder nur ein wenig tut, wird schon sehr viele geändert.

 

Free21 Live – eine Art Stammtisch – zu organisieren ist aus unserer Sicht natürlich ein wichtiger Beitrag – wie kam es dazu?

 

Die Idee entstand bereits während des Vortrags. Da waren 60 Menschen, die ich mehrheitlich vorher nicht kannte. Es galt einfach, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Als erstes habe ich dann die Seite „Free21 Karlsruhe“ in Facebook eingerichtet, als nächstes kam dann die Organisation regelmäßiger Treffen. Ein Facebook-Event ist schnell erstellt, das muss man dann entsprechend teilen und für Werbung sorgen.

 

Und die Resonanz?

 

Beim ersten „Free21 Live“ waren es 5 Besucher. Das klingt nach wenig, war aber hochinteressant, weil man gleich gemerkt hat, es sind die richtigen Leute. Der Austausch über die verschiedenen Themen war intensiv und alle waren der Ansicht, dass wir unbedingt damit weitermachen wollen. Von Mal zu Mal kamen neue Leute hinzu und Mitte Mai, beim vierten Free21 Live, wollen wir auf jeden Fall gut zweistellig sein.

 

Das klingt gut, was macht ihr konkret?

 

Wie gesagt, im Vordergrund steht der Austausch, aber je mehr Besucher kommen, desto wichtiger kann es sein, dass wir eine Agenda für den Abend haben und vielleicht bestimmte Themen in den Mittelpunkt stellen. Das ist aber derzeit noch in der Diskussion. Wichtig ist uns allen, dass  wir nicht nur gemeinsam reden, sondern auch gemeinsam handeln. Darum wollen wir zukünftig weitere Vorträge organisieren. Zum Beispiel über Geldschöpfung & Geldsystem, ein Thema, das alle angeht. Im Herbst ist ein erster Vortrag mit Paul Schreyer in Mannheim vorgesehen, weitere Veranstaltungen sollen folgen.

 

Das klingt super. Bist du bereit, deine Erfahrungen auch an andere weiterzugeben, die einen Stammtisch „Free21 Live“ in ihrer Region organisieren wollen?

 

Aber selbstverständlich. Einfach Fragen an hardy.groeneveld@free21.org, ich unterstütze gerne.

 

Vielen Dank!

 

Johannes Ehret, geboren 1953, in Freiburg aufgewachsen, wohnhaft in Leipzig, Verwaltungsangestellter, Motorradfahrer, Menschenfreund, spätberufener Friedensaktivist und Russland-Fahrer

 

Seit wann bist du politisch aktiv?

 

Ich bin nicht politisch aktiv. Das was ich tue hat mit Menschlichkeit zu tun. Ob ich die Politik verändern kann, weiß ich nicht. Aber zumindest setze ich Zeichen. Ich bin frei und unabhängig und stehe für Frieden, Freundschaft und Völkerverständigung – ob das politisch ist, sollen andere beurteilen.

 

Du planst eine Friedensfahrt nach Russland, was willst du damit erreichen?

 

Ich fahre nach Russland, um den oder die Russen zu finden, die Kriege oder Konflikte mit Westeuropa insbesondere mit Deutschland wollen. Diese Menschen werde ich in Russland aber nicht finden.

 

Wie entstand die Idee?

 

Das ist eine längere Geschichte. 2014 habe ich Russen in Deutschland kennengelernt, die mich zu sich nach Chabarovsk, eine Stadt in Russland am Amur, nahe der Grenze zu China, eingeladen haben. Das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen und bin im August hingeflogen. Ein wirklich einmaliges Erlebnis – die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen war echt überwältigend. Ich wurde vom einen zum anderen rumgereicht. Völlig fremde Menschen nahmen sich Zeit, mir Welt zu zeigen. Eine Bekannte der Familie hat mich dann per Auto, Zug und Flugzeug durch halb Russland geschleppt. Wir waren in Moskau, St. Petersburg, Irkutsk und auf der Krim – überall habe ich die gleichen positiven Erfahrungen machen dürfen.

 

Wie war es denn auf der Krim?

 

Das war wirklich eigenartig. Ich bin da völlig unbedarft – direkt während der heißen Phase – reingeschlittert. Als Tourist habe ich mir alles angeschaut, was Touristen so unternehmen. Aber fast jeder, mit dem ich mich unterhielt – viele sprechen dort Englisch oder Deutsch – war heilfroh, zu Russland zu gehören. Ein völlig anderes Bild als es uns in Medien präsentiert wurde.

 

War das deine einzige Russlandfahrt?

 

Nein. Ich hatte Feuer gefangen und fuhr zum Jahreswechsel 2014/2015 wieder nach Chabarovsk. Ein Winter mit 39 Grad minus war spannend. Aber auch bei dieser Reise haben sich die Menschen  rührend um mich gekümmert. Ausflüge bei Meter hohem Schnee – faszinierend. Dann war ich in Rostov am Don, nochmals in Irkutsk und mehrfach in Chabarovsk. Als ich im Oktober 2016 wieder in Berlin landete, sah ich die Schlagzeile von der Bild-Zeitung – die massiv gegen Russland und Putin hetzte. „Putin will Krieg mit dem Westen“ – das war die Botschaft. Aber das widersprach allem, was ich selbst erlebt hatte. Keiner meiner Eindrücke ließ sich mit dieser Schlagzeile auch nur im Ansatz in Einklang bringen. Da begann ich – endlich – massiv zu hinterfragen, was die Medien mit uns machen. Wollen sie uns in den Krieg treiben? Schreiben sie uns „kriegsreif“? Und: was kann ich dagegen tun? Da ich seit 4 Jahren begeisterter Motorradfahrer bin, entstand die Idee einer Friedensfahrt quer durch Russland.

 

Warum fährst du nicht bei der Druschba 2017 mit?

 

Die Freundschaftsfahrt ist eine gute Idee, ich habe mich mit Owe Schattauer auch schon in Leipzig getroffen. Aber mir ist es ein Anliegen, allein ein Zeichen zu setzen. Wenn 1000 Menschen fahren – und es sind nur 10 darunter, die sich daneben benehmen, färbt das auf alle Teilnehmer ab. Auch möchte ich in meinem Rhythmus unterwegs sein, Zeit haben mit Menschen zu sprechen und nicht einem Programm folgen. Für mein Handeln bin ich verantwortlich – nur alleine erhalte ich mir meine Unabhängigkeit.

 

Und wann geht es los?

 

Gute Frage. Die Entscheidung fiel im Dezember 2016. Zahlreiche Freunde hatten mir finanzielle Unterstützung zugesagt. Der Start war für den 17.3.2017 vorgesehen. Nachdem die Planung abgeschlossen und die Freistellung vom Arbeitgeber zugesagt war, die Kontakte für den Fall eines Falles zwischen Kaliningrad und  Chabarovsk geknüpft und auch die Formalien mit der Botschaft abgeklärt waren … nachdem alles Notwendige geregelt war, zogen sich meine „Freunde“ auf einmal fast alle zurück. Damit standen mir die Mittel nicht mehr zur Verfügung. Ein Musiker hat mir jetzt zwei Songs gewidmet, die man sich herunterladen kann. Jede Spende, die dafür eingeht, kommt der Fahrt zu gute. Auch mein Arbeitgeber steht zu seiner Zusage. Ansonsten heißt es weiter Klinken putzen.

 

Wie ist die Resonanz?

 

Von den Medien gab es keine Reaktion, obwohl ich mit unzähligen Redakteuren gesprochen habe. Alle sind von erst begeistert, wollen sich nach der Redaktionskonferenz melden und dann nichts … Frieden mit Russland scheint nicht in die Blattlinie zu passen. Bei Privaten ist das Feedback durchwachsen. Teilweise sieht man es sehr positiv – gerade in Russland. Teilweise werde ich als Putin-Freund beschimpft, manche halten es nicht für machbar, weil ich zu alt bzw. zu krank sei und wieder andere werfen mir vor, kostenlos Urlaub zu machen.

 

Was entgegnest du diesen Vorwürfen?

 

Ich plane, die Reise im Herbst zu starten also Teile der Strecke im Winter zu fahren. Wer das mit einer Urlaubsreise verwechseln will … bitte schön.

 

Und das Alter bzw. die Gesundheit – ist das nicht zu heftig?

 

Mit 64 ist man doch nicht tot. Bei zwei Herzinfarkten bin ich dem Teufel von der Schippe gehüpft – ich habe wohl noch etwas zu erledigen. Nur weil man mal krank war, darf man sich nicht zurücklehnen und auf den Tod warten. Außerdem kenne ich Menschen, die im Vergleich zu mir wirklich Probleme haben. Ronny, ursprünglich ein nur Facebook-Freund von mir, ist seit mehreren Jahren bettlägerig in einem Pflegeheim, hängt am Beatmungsgerät und ist gerade mal Mitte 40. Wenn ich ihn besuche, wird mir immer deutlich wie gut es mir geht. Er wird mich virtuell auf der Reise begleiten – dem Internet sei Dank!

 

Du ziehst es also durch?

 

Auf jeden Fall – Krankheit hin oder her – ich werde fahren. Wann wird sich zeigen. Die Infos dazu findet unter http://the-visitor.de. Der Name sagt, was ich vorhabe. Ich fahre als Besucher – als Visitor – nach Russland, um dort mit Menschen über Frieden zu sprechen. Auf der Webseite findet man alle Informationen. Ich fahre los, sobald genug Spenden eingegangen sind.

 

Dann wünschen wir Dir auf jeden Fall viel Glück, dass es klappt!

Interview:

Wir sind Frieden

Von Andrea Drescher , veröffentlicht am: 3. Juni 2017, Kategorien:

Gernot Almesberger, geboren 1970, wohnhaft in Linz, Beruf: Coaching & Unternehmensberatung – Hobbys: Kendo, Fotografie,  nachhaltige Entwicklung, Umwelt, Ökologie und Politik

 

Politik ist ein guter Einstieg ins Thema – wie bist du in die Politik gekommen?

 

Ich war immer ein politisch denkender Mensch. Vor 4 Jahren sprach ich mit einem Kollegen darüber, dass viel geredet aber wenig umgesetzt wird. Wir wollten uns aktiv einbringen und nicht immer sagen, die anderen tun nichts. So fing es an.

 

Und was macht ihr bzw. du jetzt?

 

Politische Arbeit heißt für mich Parteipolitik, geht aber darüber hinaus. Unser Ziel ist es, sozialdemokratische Werte, die sich über 125 Jahre entwickelt haben für das 3. Jahrtausend zukunftsfähig zu machen. Darum haben wir granum humanum – das Korn der Menschlichkeit – gegründet. Unser Fokus liegt auf Bildung in Bereichen wie Zukunft der Arbeit, Zukunft der Ökologie, Macht des Geldes bzw. der Finanzwirtschaft, also um ökonomische, ökologische und gesellschaftspolitische Themen. Insgesamt arbeiten jetzt ungefähr 100 Menschen mit, von denen die meisten vorher nicht aktiv waren. Wir treffen uns regelmäßig, tauschen uns aus, planen Veranstaltungen und sind auch eine der treibenden Kräfte hinter der Initiativplattform TTIP Stoppen Oberösterreich.

 

Wie kam es zu der Plattform?

 

Im November 2013 las ich einen Bericht über TTIP, dann nahm ich das Thema in eine Sitzung mit und wir waren uns schnell einig, dass wir mehr Informationen benötigten. Wir haben Kontakt zu EU Parlamentariern gesucht und uns ausgetauscht. Im Januar 2014 haben wir dann ein erstes Treffen mit Podiumsdiskussion organisiert – rund 40 Teilnehmer saßen im Publikum. Die möglichen Gefahren des Abkommens wurden deutlich und uns allen klar, es geht um unsere Zukunft. Also müssen wir weitere Informationen zusammentragen und mehr Menschen erreichen. Mit der Gründung der Plattform www.stop-ttip.at ging es dann richtig los.

 

Was heißt das?

 

Unsere erste Demo im Mai 2014 hatte nicht ganz 1000 Teilnehmer. Im Herbst 2016 bei der Vierten waren es dann schon 6000. Und Demos sind ja nur ein Teil unserer Arbeit. Wir wollen möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten ansprechen und haben daher sehr viel Beziehungsarbeit mit den verschiedensten Institutionen betrieben.

 

Beziehungsarbeit – was kann man darunter verstehen?

 

Ich habe gut 80 Vorträge gehalten, Kollegen von mir sicher 50 weitere. Wir haben uns mit Nationalratsabgeordneten unterhalten und Aktionen durchgeführt. Auch gab es zahlreiche Treffen mit der WKO und der Landwirtschaftskammer, mit deren offiziellen Vertretern wir das Thema besprachen.

 

Wir wollen als Bürger und Bürgerinnen mit den Entscheidern in der Politik in Kontakt  treten und nicht nur  protestieren. Führt man konstruktive Diskussionen über die Auswirkungen kann man sehr viel erreichen. Öffentlicher Druck ist eine Sache, aber wenn man neutral und wertschätzend mit den Politikern ins Gespräch geht, kann man vielleicht sogar mehr erreichen als durch Konfrontation.

 

Wir sind eher zurückhaltend aufgetreten – eben eher beziehungsorientiert, darum haben sich aber viele Organisationen der Plattform angeschlossen. Insgesamt sind 44 Organisationen daran beteiligt. Als Sprecher der Plattform habe ich immer für diese kooperative Vorgehensweise optiert. Und das kam sehr gut an. Die Demo im Herbst 2016 in Linz war wohl die größte Demo, die an diesem Tag in Österreich veranstaltet wurde.

 

Wie sind denn die Reaktionen jenseits der Demos?

 

Es ist einiges daraus entstanden, auch wenn es in den letzten Monaten sehr ruhig um das Thema wurde. Viele Menschen im Land sind sich durch TTIP erstmals bewusst geworden, welchen Einfluss die globale Wirtschaft auf ihr tagtägliches Leben haben kann bzw. hat. 562.552 Österreicher haben beim Volksbegehren gegen TTIP und CETA die Stimme erhoben. Viele Gemeinden machen bei der Aktion TTIP-freie Gemeinde mit. Aber mit CETA steht uns leider einiges bevor. Klagekosten in Höhe von mehreren Millionen Euro kann sich selbst ein großer österreichischer Mittelständler nicht leisten, Konzerne haben ein leichtes Spiel. Gesetzesänderungen werden u. U. einfach aus Angst vor Klagen gar nicht mehr angegangen. Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns.

 

Aber TTIP/CETA sind nicht euer einziges Thema?

 

Stimmt. Wir bauen die Plattform jetzt in Richtung gerechter Handel aus. In einer global vernetzten Welt gibt es globalen Handel. Für Handys sind seltene Erden notwendig, die es bei uns nicht gibt. Man muss aber einen fairen Weg finden, sich diese im Ausland zu beschaffen und dabei auf die ökologische Tragfähigkeit für den Planeten achten. Um am Beispiel zu bleiben,  das Fairphone ist der gute nächste Schritt. Weitere Maßnahmen sind der Verzicht auf Plastik durch Einsatz von Pflanzenfasern, Gehäuse aus nachwachsenden Rohstoffen, Lackierung aus umweltfreundlichen Materialien hin zur echten Kreislaufwirtschaft – davon sind wir noch weit entfernt. 

 

Warum engagierst du dich? Da geht doch sehr viel Zeit drauf.

 

Das ist richtig. 3500 bis 4000 Stunden waren es sicher seit 2014. Aber das Bedürfnis nach Veränderung ist groß – und wächst. Viele Menschen stellen sich ähnliche Fragen, wir müssen nach und nach Antworten finden.  Unser System ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Ich will meinen Beitrag leisten, es positiv zu verändern,  für das 3. Jahrtausend zukunftsfähig zu werden. Es ist mir dabei ein großes Anliegen, andere Menschen zu motivieren. In der Politik läuft vieles zu sequentiell ab – überall stoßen wir an die Grenzen. Vielschichtigkeit ist gefragt. Wir müssen systemisch agieren wie die Natur.

 

Tust du das für deine Kinder?

 

Nein, ich habe keine eigenen. Aber ich tue es für die zukünftigen Generationen. Als wir uns im Rahmen von granum humanum das erste Mal trafen war ich provokant. Ich sagte: „Ich möchte mich mit euch über den 1.1.3000 unterhalten“. Das führte erst zu betretenem Schweigen und dann der Nachfrage „Wie bitte?“ Als ich das Datum wiederholte, folgte erneut Schweigen. Und dann „Das sind ja 1000 Jahre.“ Meine Antwort darauf: „Nein, das sind nur 30 Generationen. Es geht um die Kinder der Kinder der Kinder.“ Wir müssen heute unsere Vorstellungen für die Zukunft konkretisieren, von dort zurückrechnen und unsere Handlungen daran messen. Die Gesellschaft braucht ein höheres Ziel, an dem sich alle und alles orientieren kann. Das ist der Weg für eine nachhaltige Entwicklung an dem inzwischen viele mitarbeiten.

 

Danke für dein Engagement.

 

Hartmut „Hardy“ Groeneveld,  geboren 1972 in Hannover,  wohnhaft in Karlsruhe, verheiratet, 4 Kinder, Dipl.-Kaufmann, Channel Manager im IT-Umfeld, Hobbys: Free21, die Familie + Hund, Mitglied von Schalke 04, Motorrad fahren, geopolitische und gesellschaftliche Themen.

 

Seit wann bist du politisch aktiv?

 

Das ist schwer zu sagen. Es fing wohl kurz vor den Mahnwachen an. Ich begann, mich für geopolitische Themen zu interessieren, war einer der frühen User von KenFM und habe, nach dem Interview mit Tommy Hansen, Free21 vom ersten Moment an mitverfolgt. Irgendwann wurde ich dann selbst aktiv.

 

Das heißt …?

 

Ich habe mich zunächst sehr ausführlich informiert; habe an den bundesweiten Mahnwachen teilgenommen, wo ich Lukas Puchalski von Free21-Abo kennen gelernt habe. Auch bei den Demos in Ramstein bin ich immer dabei. Es war und ist mir wichtig zu sehen, dass man nicht allein mit seinen Gedanken ist und gleichzeitig ein Zeichen für die Öffentlichkeit zu setzen. Leider nimmt mein Job viel Zeit in Anspruch, ich bin viel unterwegs, so dass ich nicht so aktiv sein kann, wie ich es gerne wäre. Aber bei Free21 habe ich Aufgaben, die sich auch gut mal zwischendurch erledigen lassen.

 

Wie bist du zu Free21 gekommen?

 

Das Interview auf KenFM hat mich total angesprochen, Tommy Hansen als Mensch hat mich mit seiner ruhigen und überlegten Art fasziniert. Und die Idee hat mich begeistert. Die guten Artikel im Internet sollten allen zur Verfügung stehen. Einmal ausgedruckt können sie nicht mehr verändert werden; außerdem lassen sich Artikel an jeden weitergegeben. Also bin ich gleich Abonnent geworden. Spannend war die Reaktion meines 80-jährigen Schwiegervaters. Nachdem er es gelesen hatte, kam als Feedback, dass Free21 1000-mal besser als der Spiegel sei. Da war mir dann endgültig bewusst, wie wichtig das Magazin ist.

 

Wieso?

 

Wir Jüngeren sind Internet-affin. Ältere haben nicht den Zugang, außerdem hat das Netz Glaubwürdigkeitsprobleme. Hat man aber ein professionell gestaltetes Magazin in der Hand, kann man es lesen, Quellen überprüfen und alles hinterfragen wenn man Zeit hat. Das fand ich so überzeugend, dass ich aktiv mitarbeiten wollte.

 

Wie bist du dann eingestiegen?

 

Zunächst eben als aktiver Abonnent. Dann bekam ich mit, dass in Dortmund ein Vortrag mit Tommy Hansen zum Thema Medien lief. Ich nahm mit dem dortigen Veranstalter Kontakt auf, um zu erfahren, ob auch etwas in Karlsruhe geplant sei. Die Antwort war der Schlüssel: „Geplant ist nichts, aber magst du nicht einen Abend organisieren?“ Da hätte ich selbst drauf kommen können

Nach kurzer Abstimmung habe ich die Veranstaltung dann vorbereitet – und es war in meinen Augen ein großer Erfolg: In einem Raum für 50 Personen drängten sich 60 Besucher. Das hat Spaß gemacht und sehr viel Motivation gegeben. Im Anschluss habe ich dann schnell „Free21-Karriere“ gemacht, war beim Free21-Vernetzungstreffen dabei, arbeite als Facebook-Admin und Researcher mit und organisiere Free21-Treffen in der Region.

 

Das klingt nach viel Aufwand, wie schaffst du das?

 

Auch wenn man wenig Zeit hat, kann man sich immer eine Stunde Zeit nehmen. Mein Ziel ist es, einen Artikel pro Woche zu researchen; das ist machbar. Als Facebook-Admin poste ich Free21-Artikel immer mal wieder zwischendurch. Egal, wo man ist, auch auf Dienstreisen lassen sich Wartezeiten dank Handy so sehr nützlich überbrücken. Artikel teilen kann wirklich jeder – und je mehr das tun, desto wirksamer werden wir.

 

Gab es Rückmeldungen aus deinem Umfeld?

 

Ja, und die waren überwiegend sehr positiv. Manche trauen sich ja nicht, kritische Artikel zu teilen, da man sonst schnell als Verschwörungstheoretiker gilt. Aber mein Facebook-Freundeskreis hat überraschend gut reagiert. Menschen, mit denen ich kaum bzw. lange keinen Kontakt hatte, haben sich auf einmal wieder gemeldet und mich in meinem Verhalten bestärkt.

 

Warum engagierst du dich überhaupt?

 

Das ist eine gute Frage. Ich frage mich eher: Warum habe ich früher nichts getan? Warum war ich so naiv, alles zu glauben? Warum war ich der klassische „Mainstream-Mensch“? Für mich war alles okay bis mir irgendwann – ich kann nicht mal sagen wann genau – bewusst wurde, dass vieles nicht zusammen passt. Richtig deutlich wurde mir das, als ich Informationen zur Brutkastenlüge erhielt. Da wurde mir deutlich, dass man mich komplett – Entschuldigung – verarscht hatte. Daraus entstand der innere Antrieb, nach Wahrheiten zu suchen. War die Brutkastenstory eine Lüge, was stimmt sonst noch alles nicht. So kam ich von einem Thema zum nächsten und musste feststellen, dass die Welt ganz anders ist, als ich es mir gedacht hatte. Ob Ernährung, Pharma-Industrie, Massentierhaltung, Kriege: So kann es nicht weitergehen.

 

Ich will aber nicht nur wissen, was los ist. Ich will für mich, meine Kinder, für alle Menschen, für alle Lebewesen, eine lebenswerte Zukunft mitgestalten. Ich wünsche mir eine Zukunft weg von Profitgier und Ellenbogen und hin zu menschlichen Werten. Dafür kann und muss ich aktiv sein. Seit 1,5 Jahren bin ich zu 100% Vegetarier und zu 90% vegan – nach dem Film Cowspiracy konnte ich nicht anders. Das ist ein Beitrag. Meine – wenn auch eingeschränkte – Mitarbeit bei Free21 ist ein weiterer. Wenn jeder nur ein wenig tut, wird schon sehr viele geändert.

 

Free21 Live – eine Art Stammtisch – zu organisieren ist aus unserer Sicht natürlich ein wichtiger Beitrag – wie kam es dazu?

 

Die Idee entstand bereits während des Vortrags. Da waren 60 Menschen, die ich mehrheitlich vorher nicht kannte. Es galt einfach, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Als erstes habe ich dann die Seite „Free21 Karlsruhe“ in Facebook eingerichtet, als nächstes kam dann die Organisation regelmäßiger Treffen. Ein Facebook-Event ist schnell erstellt, das muss man dann entsprechend teilen und für Werbung sorgen.

 

Und die Resonanz?

 

Beim ersten „Free21 Live“ waren es 5 Besucher. Das klingt nach wenig, war aber hochinteressant, weil man gleich gemerkt hat, es sind die richtigen Leute. Der Austausch über die verschiedenen Themen war intensiv und alle waren der Ansicht, dass wir unbedingt damit weitermachen wollen. Von Mal zu Mal kamen neue Leute hinzu und Mitte Mai, beim vierten Free21 Live, wollen wir auf jeden Fall gut zweistellig sein.

 

Das klingt gut, was macht ihr konkret?

 

Wie gesagt, im Vordergrund steht der Austausch, aber je mehr Besucher kommen, desto wichtiger kann es sein, dass wir eine Agenda für den Abend haben und vielleicht bestimmte Themen in den Mittelpunkt stellen. Das ist aber derzeit noch in der Diskussion. Wichtig ist uns allen, dass  wir nicht nur gemeinsam reden, sondern auch gemeinsam handeln. Darum wollen wir zukünftig weitere Vorträge organisieren. Zum Beispiel über Geldschöpfung & Geldsystem, ein Thema, das alle angeht. Im Herbst ist ein erster Vortrag mit Paul Schreyer in Mannheim vorgesehen, weitere Veranstaltungen sollen folgen.

 

Das klingt super. Bist du bereit, deine Erfahrungen auch an andere weiterzugeben, die einen Stammtisch „Free21 Live“ in ihrer Region organisieren wollen?

 

Aber selbstverständlich. Einfach Fragen an hardy.groeneveld@free21.org, ich unterstütze gerne.

 

Vielen Dank!

 

Johannes Ehret, geboren 1953, in Freiburg aufgewachsen, wohnhaft in Leipzig, Verwaltungsangestellter, Motorradfahrer, Menschenfreund, spätberufener Friedensaktivist und Russland-Fahrer

 

Seit wann bist du politisch aktiv?

 

Ich bin nicht politisch aktiv. Das was ich tue hat mit Menschlichkeit zu tun. Ob ich die Politik verändern kann, weiß ich nicht. Aber zumindest setze ich Zeichen. Ich bin frei und unabhängig und stehe für Frieden, Freundschaft und Völkerverständigung – ob das politisch ist, sollen andere beurteilen.

 

Du planst eine Friedensfahrt nach Russland, was willst du damit erreichen?

 

Ich fahre nach Russland, um den oder die Russen zu finden, die Kriege oder Konflikte mit Westeuropa insbesondere mit Deutschland wollen. Diese Menschen werde ich in Russland aber nicht finden.

 

Wie entstand die Idee?

 

Das ist eine längere Geschichte. 2014 habe ich Russen in Deutschland kennengelernt, die mich zu sich nach Chabarovsk, eine Stadt in Russland am Amur, nahe der Grenze zu China, eingeladen haben. Das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen und bin im August hingeflogen. Ein wirklich einmaliges Erlebnis – die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen war echt überwältigend. Ich wurde vom einen zum anderen rumgereicht. Völlig fremde Menschen nahmen sich Zeit, mir Welt zu zeigen. Eine Bekannte der Familie hat mich dann per Auto, Zug und Flugzeug durch halb Russland geschleppt. Wir waren in Moskau, St. Petersburg, Irkutsk und auf der Krim – überall habe ich die gleichen positiven Erfahrungen machen dürfen.

 

Wie war es denn auf der Krim?

 

Das war wirklich eigenartig. Ich bin da völlig unbedarft – direkt während der heißen Phase – reingeschlittert. Als Tourist habe ich mir alles angeschaut, was Touristen so unternehmen. Aber fast jeder, mit dem ich mich unterhielt – viele sprechen dort Englisch oder Deutsch – war heilfroh, zu Russland zu gehören. Ein völlig anderes Bild als es uns in Medien präsentiert wurde.

 

War das deine einzige Russlandfahrt?

 

Nein. Ich hatte Feuer gefangen und fuhr zum Jahreswechsel 2014/2015 wieder nach Chabarovsk. Ein Winter mit 39 Grad minus war spannend. Aber auch bei dieser Reise haben sich die Menschen  rührend um mich gekümmert. Ausflüge bei Meter hohem Schnee – faszinierend. Dann war ich in Rostov am Don, nochmals in Irkutsk und mehrfach in Chabarovsk. Als ich im Oktober 2016 wieder in Berlin landete, sah ich die Schlagzeile von der Bild-Zeitung – die massiv gegen Russland und Putin hetzte. „Putin will Krieg mit dem Westen“ – das war die Botschaft. Aber das widersprach allem, was ich selbst erlebt hatte. Keiner meiner Eindrücke ließ sich mit dieser Schlagzeile auch nur im Ansatz in Einklang bringen. Da begann ich – endlich – massiv zu hinterfragen, was die Medien mit uns machen. Wollen sie uns in den Krieg treiben? Schreiben sie uns „kriegsreif“? Und: was kann ich dagegen tun? Da ich seit 4 Jahren begeisterter Motorradfahrer bin, entstand die Idee einer Friedensfahrt quer durch Russland.

 

Warum fährst du nicht bei der Druschba 2017 mit?

 

Die Freundschaftsfahrt ist eine gute Idee, ich habe mich mit Owe Schattauer auch schon in Leipzig getroffen. Aber mir ist es ein Anliegen, allein ein Zeichen zu setzen. Wenn 1000 Menschen fahren – und es sind nur 10 darunter, die sich daneben benehmen, färbt das auf alle Teilnehmer ab. Auch möchte ich in meinem Rhythmus unterwegs sein, Zeit haben mit Menschen zu sprechen und nicht einem Programm folgen. Für mein Handeln bin ich verantwortlich – nur alleine erhalte ich mir meine Unabhängigkeit.

 

Und wann geht es los?

 

Gute Frage. Die Entscheidung fiel im Dezember 2016. Zahlreiche Freunde hatten mir finanzielle Unterstützung zugesagt. Der Start war für den 17.3.2017 vorgesehen. Nachdem die Planung abgeschlossen und die Freistellung vom Arbeitgeber zugesagt war, die Kontakte für den Fall eines Falles zwischen Kaliningrad und  Chabarovsk geknüpft und auch die Formalien mit der Botschaft abgeklärt waren … nachdem alles Notwendige geregelt war, zogen sich meine „Freunde“ auf einmal fast alle zurück. Damit standen mir die Mittel nicht mehr zur Verfügung. Ein Musiker hat mir jetzt zwei Songs gewidmet, die man sich herunterladen kann. Jede Spende, die dafür eingeht, kommt der Fahrt zu gute. Auch mein Arbeitgeber steht zu seiner Zusage. Ansonsten heißt es weiter Klinken putzen.

 

Wie ist die Resonanz?

 

Von den Medien gab es keine Reaktion, obwohl ich mit unzähligen Redakteuren gesprochen habe. Alle sind von erst begeistert, wollen sich nach der Redaktionskonferenz melden und dann nichts … Frieden mit Russland scheint nicht in die Blattlinie zu passen. Bei Privaten ist das Feedback durchwachsen. Teilweise sieht man es sehr positiv – gerade in Russland. Teilweise werde ich als Putin-Freund beschimpft, manche halten es nicht für machbar, weil ich zu alt bzw. zu krank sei und wieder andere werfen mir vor, kostenlos Urlaub zu machen.

 

Was entgegnest du diesen Vorwürfen?

 

Ich plane, die Reise im Herbst zu starten also Teile der Strecke im Winter zu fahren. Wer das mit einer Urlaubsreise verwechseln will … bitte schön.

 

Und das Alter bzw. die Gesundheit – ist das nicht zu heftig?

 

Mit 64 ist man doch nicht tot. Bei zwei Herzinfarkten bin ich dem Teufel von der Schippe gehüpft – ich habe wohl noch etwas zu erledigen. Nur weil man mal krank war, darf man sich nicht zurücklehnen und auf den Tod warten. Außerdem kenne ich Menschen, die im Vergleich zu mir wirklich Probleme haben. Ronny, ursprünglich ein nur Facebook-Freund von mir, ist seit mehreren Jahren bettlägerig in einem Pflegeheim, hängt am Beatmungsgerät und ist gerade mal Mitte 40. Wenn ich ihn besuche, wird mir immer deutlich wie gut es mir geht. Er wird mich virtuell auf der Reise begleiten – dem Internet sei Dank!

 

Du ziehst es also durch?

 

Auf jeden Fall – Krankheit hin oder her – ich werde fahren. Wann wird sich zeigen. Die Infos dazu findet unter http://the-visitor.de. Der Name sagt, was ich vorhabe. Ich fahre als Besucher – als Visitor – nach Russland, um dort mit Menschen über Frieden zu sprechen. Auf der Webseite findet man alle Informationen. Ich fahre los, sobald genug Spenden eingegangen sind.

 

Dann wünschen wir Dir auf jeden Fall viel Glück, dass es klappt!