Jeder Krieg wird an der ‚Heimatfront‘ medial verkauft

Von Jens Wernicke , veröffentlicht am: 8. Oktober 2015, Kategorien:

 
 
Dass es um diese auch allgemein nicht sonderlich gut bestellt ist, haben unlängst etwa Walter van Rossum („Ja, lügen die Medien denn nun oder nicht?“) und Eckart Spoo („Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien!“) in NachDenkSeiten-Interviews skizziert.

Was aber tun? Wie entrinnen wir der Propaganda und Feindbildproduktion? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit dem Schweizer Friedensforscher Daniele Ganser, der in einigen Tagen in Berlin unter dem Titel „Medienkompetenz: Wie funktioniert Kriegspropaganda und was kann man dagegen tun?“ referiert.

Jens Wernicke: Herr Ganser, Ende Oktober referieren Sie im Kino Babylon in Berlin mehrmals zum Thema Kriegspropaganda sowie zur Rolle der Medien hierbei. Warum ist das Thema wichtig und worum wird es gehen?

Daniele Ganser: Das Thema Kriegspropaganda ist wichtig, weil wir tief in der Gewaltspirale stecken und sich immer mehr Menschen fragen, wie wir da wieder herauskommen. Wir müssen erkennen: Gewalt und Lüge gehen Hand in Hand. Wir werden nur einseitig und oberflächlich über die Gewaltspirale informiert. Wir haben Krieg in Syrien. Wir haben Bürgerkrieg in der Ukraine. Wir haben Krieg im Irak, zudem Kämpfe in Afghanistan, Pakistan und Libyen. Viele Menschen leiden, und viele Menschen flüchten. Heute ist es wichtig zu erkennen, dass auch der Westen, also die NATO-Länder, angeführt vom Imperium USA, eine Mitschuld an dieser Gewaltspirale tragen. Die Kriegspropaganda, die über die Zeitungen und das Fernsehen verbreitet wird, versucht diese Mitschuld des Westens zu verdecken, indem sie vorgibt, dass zum Beispiel die USA nur in den Krieg ziehen, wenn sie zuvor angegriffen worden sind.

Im Vortrag werde ich in diesem Kontext den so genannten Golf of Tonkin-Zwischenfall schildern, der 1964 zum Vietnamkrieg führte und auf einer Lüge aufbaut. Damals sagte US-Präsident Johnson am Fernsehen: „Als Präsident und oberster Befehlshaber ist es meine Pflicht dem amerikanischen Volk zu berichten, dass wiederholte feindliche Handlungen gegen amerikanische Schiffe im Golf von Tonkin mich heute gezwungen haben das Militär der USA anzuweisen zu reagieren. Der erste Angriff auf das Schiff Maddox vom 2. August wurde heute am 4. August durch feindliche Boote wiederholt. (…) Dieser neue Akt der Aggression gegen unsere Truppen zeigt wie wichtig der Kampf um Frieden und Sicherheit in Südostasien ist. (…) Es braucht Härte um den Frieden zu sichern.“ Heute wissen wir, dass es keinen Angriff auf die Maddox im August 1964 gab. Es war eine Lüge. Mit fatalen Folgen: Mehr als 10 Jahre Krieg, 3 Millionen Tote Vietnamesen, 58.000 tote US Soldaten.
Ich werde auch andere Methoden der Kriegspropaganda aufzeigen, wie die ABC-Lügen vor dem Irakkrieg 2003, welche die Menschen in Europa und in den USA in Angst und Schrecken versetzt haben. Damals sagte ja der britische Premierminister Tony Blair: „Der Irak besitzt chemische und biologische Waffen. (…) Seine Raketen sind binnen 45 Minuten einsatzbereit.“ Nichts davon war wahr. Und wieder waren die Folgen fatal: Mehr als 1 Million tote Iraker seit 2003. Immer wieder wird mit Lügen das Publikum in Angst und Schrecken versetzt, also gezielt getäuscht.

Auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 werde ich ansprechen, speziell den ungeklärten Einsturz des dritten Turms WTC7 in New York, das nicht von einem Flugzeug getroffen wurde.

Ich werde auch darlegen, wie die USA 1979 in Afghanistan gezielt radikale Muslime unterstützten um die Sowjetunion in einen Krieg zu ziehen. Zbigniew Brezinski, Geostratege und damaliger Sicherheitsberater von US-Präsident Carter verriet 1998 in einem Interview dieses brisante Detail zum Kriegsausbruch: „Gemäß der offiziellen Version der Geschichte hat die CIA-Hilfe an die Mujahadeen 1980 begonnen, also nachdem die Sowjetunion am 24. Dezember 1979 in Afghanistan einmarschierte. Aber die Wahrheit, streng gehütet bis heute, ist total anders. Schon am 3. Juli 1979 unterschrieb Präsident Carter eine geheime Anweisung um die Mujahedeen zu unterstützen. Am gleichen Tag habe ich dem Präsidenten schriftlich mitgeteilt, dies würde eine Sowjetische Invasion provozieren.“ Die USA haben in Afghanistan gezielt radikale Muslime aufgebaut, um die Sowjetunion in einen vernichtenden Krieg zu ziehen. Als der erstaunte Journalist Brezinski fragte: „Bereuen Sie es, islamistische Terroristen unterstützt zu haben?“ antwortete dieser: „Das war eine ausgezeichnete Idee. (…) Was ist wichtiger für die Geschichte der Welt?

Die Taliban oder der Zusammensturz des Sowjetischen Imperiums? Einige aufgescheuchte Muslime oder die Befreiung von Zentraleuropa und das Ende des Kalten Krieges?“

Auch in Syrien werden heute radikale Muslime unterstützt, um Präsident Assad zu stürzen. Das Muster ist ganz alt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Das treibt uns aber immer tiefer in die Gewaltspirale. Diese Zusammenhänge sind vielen Menschen gar nicht oder zu wenig bewusst, und daher werde ich diese Themen im Kino Babylon ausleuchten. Wir müssen diese Mechanismen kennen und verstehen, um sie durchschauen und uns ihnen entgegenstellen zu können.

Jens Wernicke: Die Medien informieren also nicht „sauber“ und allumfassend, sondern oftmals interessengeleitet, insbesondere, wenn es um Krieg und Frieden geht?

Daniele Ganser: Genauso ist es. Jeder Krieg wird an der so genannten „Heimatfront“ medial verkauft. Und zwar dadurch, dass man ihn als notwendig darstellt, als alternativlos. Doch Krieg ist nie alternativlos. Es ist normal und auch gut, dass wir als Menschen immer Konflikte haben, denn an Konflikten können wir wachsen. Aber wir haben immer die Wahl, ob wir die Konflikte mit Gewalt oder ohne Gewalt lösen möchten. Es gibt immer diese beiden Alternativen.

Ganz konkret: Die Bundeswehr musste nicht nach Afghanistan. Das war kein Naturgesetz, sondern ein Entscheid von Menschen. Als Alternative hätte man die Bundeswehr zu Hause lassen können, um zuerst die Ursache für den Afghanistankrieg genauer zu untersuchen und somit abstellen zu können. Hätte man dieselbe Menge Geld und Zeit, welche der so genannte „Krieg gegen den Terror“ seit dem 11. September 2011 verschlang, etwa in die Analyse der Gewaltspirale investiert, wären wir heute an einem anderen Punkt. Aber leider macht das US-Imperium und machen auch die deutschen Medien immer massiv Druck, man müsse jetzt dieses oder jenes Land sofort bombardieren. Das ist aber falsch. Die Kriegspropaganda führt uns immer tiefer in die Gewaltspirale hinein. Tatsächlich aber könnten wir die Medien auch nutzen, um aus der Gewaltspirale auszusteigen.

Jens Wernicke: Wie denn konkret? Immerhin heißt ja der Titel ihres Vortrages: „Medienkompetenz: Wie erkennt man Kriegspropaganda und was kann man dagegen tun?“ Werden Sie versuchen, den Vortragsbesuchern konkrete Analyse- und Verhaltens-Werkzeuge gegen die Einseitigkeit der Medien an die Hand zu geben? Und wie sehen diese denn beispielsweise aus?

Daniele Ganser: Ja, genau das werde ich tun. Ich werde zuerst an einigen Beispielen darstellen, dass es Kriegspropaganda gibt. Das ist sehr wichtig, damit jeder versteht, dass wir es hier mit einem realen Problem zu tun haben. Man könnte ja der irrigen Auffassung anhängen: Seit Goebbels tot ist, gibt es keine Kriegspropaganda mehr. Nichts aber wäre falscher als das. Wir haben heute leider sehr viel Kriegspropaganda.
Danach werde ich darlegen, dass jeder heute dank des Internet selber Informationen suchen kann. Das ist ein riesiger Unterschied zu früher, wo man einfach am Morgen die Zeitung aufschlug um zu lesen, wie die Redaktion einem die Welt erklärt. Ich werde im Vortrag dazu raten, dass man aktiv selber Informationen sucht, und zwar zu den Themen, welche einen interessieren. Das ist heute möglich. Ich werde raten, dass man verschiedene Medien vergleicht, sich also fragt, wie berichten Spiegel und ARD zum Krieg in der Ukraine? Wie berichtet Russia Today zum selben Konflikt? Es wird sofort klar, dass ARD und Spiegel das Feindbild Putin pflegen, während Russia Today das Feindbild NATO und US-Imperium pflegt. Und erst wenn man als Beobachter diese Auswahl hat, kann man sich überhaupt fragen, welches Feindbild in diesem Konflikt besser passt, wer gerade wessen Interessen dient und sich welchen geopolitischen Mächten unterwirft. Ja, auch, welche Rolle Feindbilder in der Gewaltspirale spielen.
Hierzu werde ich den britischen Schriftsteller Aldous Huxley zitieren, der treffend gesagt hat: „Das Ziel der Kriegspropaganda besteht immer darin, erstens zwei Gruppen zu schaffen, und zweitens bei der eigenen Gruppe die Erinnerung auszulöschen, dass die andere Gruppe auch Menschen sind.“

Jens Wernicke: Glauben Sie denn wirklich, dass man Kriegspropaganda überwinden kann? Der Kapitalismus lebt doch vom Krieg, dank dessen er immer wieder neu vernichten, erobern, aufbauen kann…

Daniele Ganser: Ja, das glaube ich sehr wohl. Schauen Sie sich doch in Ihrem Umfeld um. Die Menschen haben ganz verschiedene Perspektiven auf die verschiedenen Konflikte. Manchmal getrauen sie sich nicht, ihre Meinung offen zu sagen. Aber es gibt schon heute eine Pluralität der Perspektiven, was wichtig und wertvoll ist.
Nun geht es darum, diese verschiedenen Geschichten zur Ukraine oder auch zum Krieg in Syrien zu vergleichen. Sehr schnell wird dann klar, dass mit noch mehr Gewalt der Ausstieg aus der Gewaltspirale nicht gelingen wird. Es gibt bei jedem Konflikt immer wieder kluge Beobachter, welche aufzeigen, wie die Gewaltspirale angetrieben wird und welche vor einer weiteren Eskalation warnen.
Das war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 so und das ist heute beim Krieg in der Ukraine nicht anders. Konkret gab es ja am 20. Februar 2014 in der Ukraine ein Massaker durch Scharfschützen, welche sowohl Demonstranten wie auch Polizisten erschossen. Durch dieses Massaker wurde die Gewaltspirale angetrieben, die Regierung Janukowitsch wurde gestürzt und die neue Regierung um Poroschenko installiert. Der deutsche Sachbuchautor Wolfgang Bittner hat diesbezüglich vollkommen zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses Massaker bis heute überhaupt nicht aufgeklärt ist: „Die Schuld für das auf dem Maidan an Demonstranten und Polizisten verübte Blutbad wurde Janukowitsch ohne jeden Beweis in die Schuhe geschoben. Es gibt Verdachtsmomente, dass rechtsextreme Teile der Maidan-Aufständischen selbst dahinter gesteckt haben, und die neue Regierung scheint an einer echten Aufklärung ebenso wenig interessiert zu sein wie die westliche Presse.“
Es geht also bei der Kriegspropaganda immer um die Kombination von Gewalt und Lüge. Wenn wir aus der Gewaltspirale aussteigen möchten, müssen wir auch der Lüge ins Auge sehen und sie überwinden. Und wir müssen die uns angedienten Feindbilder kritisch hinterfragen und schließlich überwinden. Einfache Erklärungen von „Gut gegen Böse“ oder „Schuld gegen Unschuld“ helfen hier nicht. Die Frage, die stets zu beantworten ist – und, Sie ahnen es: in aller Regel „gegen den Strich“ und die Mainstream-Information – lautet daher: Was geschah und geschieht wirklich in einem Konflikt? Die meisten Massenerklärungen sind billig, nahe an Lügen oder wirklich gelogen – und dienen damit beständig der weiteren Eskalation.

Jens Wernicke: Geplant waren ursprünglich ja nur zwei Vorträge Ihrerseits in Berlin. Nachdem nach wenigen Tagen jedoch alle Karten ausverkauft waren, sprechen Sie nun sogar dreimal im Babylon – am 23., 24. und 25. Oktober. Und es dauerte nicht lang, bis auch die Karten für den dritten Vortrag vergriffen waren. Wie erklären Sie das?

Daniele Ganser: Das zeigt, dass die Friedensbewegung lebt. Sie ist keineswegs tot. Viele Menschen wollen keine Kriegspropaganda, daher kommen sie zum Vortrag. Sie haben anerkannt, dass in den Massenmedien immer wieder Kriegspropaganda verbreitet wird, das wollen sie nicht. Auch wenn vermutlich viele im Raum sich selber gar nicht zur Friedensbewegung zählen, so gibt es doch wache und kritische Menschen, die grundsätzlich aus der Gewaltspirale aussteigen möchten.
Das ist ein starkes und ermutigendes Zeichen an die Friedensbewegung insgesamt: Über die NachDenkSeiten, KenFM, Free21, Telepolis und andere alternative Medien, und eben auch und insbesondere im persönlichen Kontakt können und sollen wir informieren, das ist gewünscht. Diese alternativen Medien haben tausende von Lesern und Zuschauern und das gibt doch Grund zur Hoffnung.
Für die Vorträge gibt es leider jetzt keine Karten mehr, alle drei Tage sind ausverkauft. Aber der Vortrag wird gefilmt und wird Ende Oktober natürlich frei zugänglich für alle auch ins Internet gestellt. Sie finden ihn dann auf YouTube sowie bei KenFM.

Jens Wernicke: Ich bedanke mich für das Gespräch.

Jeder Krieg wird an der ‚Heimatfront‘ medial verkauft

Von Jens Wernicke , veröffentlicht am: 8. Oktober 2015, Kategorien:

 
 
Dass es um diese auch allgemein nicht sonderlich gut bestellt ist, haben unlängst etwa Walter van Rossum („Ja, lügen die Medien denn nun oder nicht?“) und Eckart Spoo („Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien!“) in NachDenkSeiten-Interviews skizziert.

Was aber tun? Wie entrinnen wir der Propaganda und Feindbildproduktion? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit dem Schweizer Friedensforscher Daniele Ganser, der in einigen Tagen in Berlin unter dem Titel „Medienkompetenz: Wie funktioniert Kriegspropaganda und was kann man dagegen tun?“ referiert.

Jens Wernicke: Herr Ganser, Ende Oktober referieren Sie im Kino Babylon in Berlin mehrmals zum Thema Kriegspropaganda sowie zur Rolle der Medien hierbei. Warum ist das Thema wichtig und worum wird es gehen?

Daniele Ganser: Das Thema Kriegspropaganda ist wichtig, weil wir tief in der Gewaltspirale stecken und sich immer mehr Menschen fragen, wie wir da wieder herauskommen. Wir müssen erkennen: Gewalt und Lüge gehen Hand in Hand. Wir werden nur einseitig und oberflächlich über die Gewaltspirale informiert. Wir haben Krieg in Syrien. Wir haben Bürgerkrieg in der Ukraine. Wir haben Krieg im Irak, zudem Kämpfe in Afghanistan, Pakistan und Libyen. Viele Menschen leiden, und viele Menschen flüchten. Heute ist es wichtig zu erkennen, dass auch der Westen, also die NATO-Länder, angeführt vom Imperium USA, eine Mitschuld an dieser Gewaltspirale tragen. Die Kriegspropaganda, die über die Zeitungen und das Fernsehen verbreitet wird, versucht diese Mitschuld des Westens zu verdecken, indem sie vorgibt, dass zum Beispiel die USA nur in den Krieg ziehen, wenn sie zuvor angegriffen worden sind.

Im Vortrag werde ich in diesem Kontext den so genannten Golf of Tonkin-Zwischenfall schildern, der 1964 zum Vietnamkrieg führte und auf einer Lüge aufbaut. Damals sagte US-Präsident Johnson am Fernsehen: „Als Präsident und oberster Befehlshaber ist es meine Pflicht dem amerikanischen Volk zu berichten, dass wiederholte feindliche Handlungen gegen amerikanische Schiffe im Golf von Tonkin mich heute gezwungen haben das Militär der USA anzuweisen zu reagieren. Der erste Angriff auf das Schiff Maddox vom 2. August wurde heute am 4. August durch feindliche Boote wiederholt. (…) Dieser neue Akt der Aggression gegen unsere Truppen zeigt wie wichtig der Kampf um Frieden und Sicherheit in Südostasien ist. (…) Es braucht Härte um den Frieden zu sichern.“ Heute wissen wir, dass es keinen Angriff auf die Maddox im August 1964 gab. Es war eine Lüge. Mit fatalen Folgen: Mehr als 10 Jahre Krieg, 3 Millionen Tote Vietnamesen, 58.000 tote US Soldaten.
Ich werde auch andere Methoden der Kriegspropaganda aufzeigen, wie die ABC-Lügen vor dem Irakkrieg 2003, welche die Menschen in Europa und in den USA in Angst und Schrecken versetzt haben. Damals sagte ja der britische Premierminister Tony Blair: „Der Irak besitzt chemische und biologische Waffen. (…) Seine Raketen sind binnen 45 Minuten einsatzbereit.“ Nichts davon war wahr. Und wieder waren die Folgen fatal: Mehr als 1 Million tote Iraker seit 2003. Immer wieder wird mit Lügen das Publikum in Angst und Schrecken versetzt, also gezielt getäuscht.

Auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 werde ich ansprechen, speziell den ungeklärten Einsturz des dritten Turms WTC7 in New York, das nicht von einem Flugzeug getroffen wurde.

Ich werde auch darlegen, wie die USA 1979 in Afghanistan gezielt radikale Muslime unterstützten um die Sowjetunion in einen Krieg zu ziehen. Zbigniew Brezinski, Geostratege und damaliger Sicherheitsberater von US-Präsident Carter verriet 1998 in einem Interview dieses brisante Detail zum Kriegsausbruch: „Gemäß der offiziellen Version der Geschichte hat die CIA-Hilfe an die Mujahadeen 1980 begonnen, also nachdem die Sowjetunion am 24. Dezember 1979 in Afghanistan einmarschierte. Aber die Wahrheit, streng gehütet bis heute, ist total anders. Schon am 3. Juli 1979 unterschrieb Präsident Carter eine geheime Anweisung um die Mujahedeen zu unterstützen. Am gleichen Tag habe ich dem Präsidenten schriftlich mitgeteilt, dies würde eine Sowjetische Invasion provozieren.“ Die USA haben in Afghanistan gezielt radikale Muslime aufgebaut, um die Sowjetunion in einen vernichtenden Krieg zu ziehen. Als der erstaunte Journalist Brezinski fragte: „Bereuen Sie es, islamistische Terroristen unterstützt zu haben?“ antwortete dieser: „Das war eine ausgezeichnete Idee. (…) Was ist wichtiger für die Geschichte der Welt?

Die Taliban oder der Zusammensturz des Sowjetischen Imperiums? Einige aufgescheuchte Muslime oder die Befreiung von Zentraleuropa und das Ende des Kalten Krieges?“

Auch in Syrien werden heute radikale Muslime unterstützt, um Präsident Assad zu stürzen. Das Muster ist ganz alt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Das treibt uns aber immer tiefer in die Gewaltspirale. Diese Zusammenhänge sind vielen Menschen gar nicht oder zu wenig bewusst, und daher werde ich diese Themen im Kino Babylon ausleuchten. Wir müssen diese Mechanismen kennen und verstehen, um sie durchschauen und uns ihnen entgegenstellen zu können.

Jens Wernicke: Die Medien informieren also nicht „sauber“ und allumfassend, sondern oftmals interessengeleitet, insbesondere, wenn es um Krieg und Frieden geht?

Daniele Ganser: Genauso ist es. Jeder Krieg wird an der so genannten „Heimatfront“ medial verkauft. Und zwar dadurch, dass man ihn als notwendig darstellt, als alternativlos. Doch Krieg ist nie alternativlos. Es ist normal und auch gut, dass wir als Menschen immer Konflikte haben, denn an Konflikten können wir wachsen. Aber wir haben immer die Wahl, ob wir die Konflikte mit Gewalt oder ohne Gewalt lösen möchten. Es gibt immer diese beiden Alternativen.

Ganz konkret: Die Bundeswehr musste nicht nach Afghanistan. Das war kein Naturgesetz, sondern ein Entscheid von Menschen. Als Alternative hätte man die Bundeswehr zu Hause lassen können, um zuerst die Ursache für den Afghanistankrieg genauer zu untersuchen und somit abstellen zu können. Hätte man dieselbe Menge Geld und Zeit, welche der so genannte „Krieg gegen den Terror“ seit dem 11. September 2011 verschlang, etwa in die Analyse der Gewaltspirale investiert, wären wir heute an einem anderen Punkt. Aber leider macht das US-Imperium und machen auch die deutschen Medien immer massiv Druck, man müsse jetzt dieses oder jenes Land sofort bombardieren. Das ist aber falsch. Die Kriegspropaganda führt uns immer tiefer in die Gewaltspirale hinein. Tatsächlich aber könnten wir die Medien auch nutzen, um aus der Gewaltspirale auszusteigen.

Jens Wernicke: Wie denn konkret? Immerhin heißt ja der Titel ihres Vortrages: „Medienkompetenz: Wie erkennt man Kriegspropaganda und was kann man dagegen tun?“ Werden Sie versuchen, den Vortragsbesuchern konkrete Analyse- und Verhaltens-Werkzeuge gegen die Einseitigkeit der Medien an die Hand zu geben? Und wie sehen diese denn beispielsweise aus?

Daniele Ganser: Ja, genau das werde ich tun. Ich werde zuerst an einigen Beispielen darstellen, dass es Kriegspropaganda gibt. Das ist sehr wichtig, damit jeder versteht, dass wir es hier mit einem realen Problem zu tun haben. Man könnte ja der irrigen Auffassung anhängen: Seit Goebbels tot ist, gibt es keine Kriegspropaganda mehr. Nichts aber wäre falscher als das. Wir haben heute leider sehr viel Kriegspropaganda.
Danach werde ich darlegen, dass jeder heute dank des Internet selber Informationen suchen kann. Das ist ein riesiger Unterschied zu früher, wo man einfach am Morgen die Zeitung aufschlug um zu lesen, wie die Redaktion einem die Welt erklärt. Ich werde im Vortrag dazu raten, dass man aktiv selber Informationen sucht, und zwar zu den Themen, welche einen interessieren. Das ist heute möglich. Ich werde raten, dass man verschiedene Medien vergleicht, sich also fragt, wie berichten Spiegel und ARD zum Krieg in der Ukraine? Wie berichtet Russia Today zum selben Konflikt? Es wird sofort klar, dass ARD und Spiegel das Feindbild Putin pflegen, während Russia Today das Feindbild NATO und US-Imperium pflegt. Und erst wenn man als Beobachter diese Auswahl hat, kann man sich überhaupt fragen, welches Feindbild in diesem Konflikt besser passt, wer gerade wessen Interessen dient und sich welchen geopolitischen Mächten unterwirft. Ja, auch, welche Rolle Feindbilder in der Gewaltspirale spielen.
Hierzu werde ich den britischen Schriftsteller Aldous Huxley zitieren, der treffend gesagt hat: „Das Ziel der Kriegspropaganda besteht immer darin, erstens zwei Gruppen zu schaffen, und zweitens bei der eigenen Gruppe die Erinnerung auszulöschen, dass die andere Gruppe auch Menschen sind.“

Jens Wernicke: Glauben Sie denn wirklich, dass man Kriegspropaganda überwinden kann? Der Kapitalismus lebt doch vom Krieg, dank dessen er immer wieder neu vernichten, erobern, aufbauen kann…

Daniele Ganser: Ja, das glaube ich sehr wohl. Schauen Sie sich doch in Ihrem Umfeld um. Die Menschen haben ganz verschiedene Perspektiven auf die verschiedenen Konflikte. Manchmal getrauen sie sich nicht, ihre Meinung offen zu sagen. Aber es gibt schon heute eine Pluralität der Perspektiven, was wichtig und wertvoll ist.
Nun geht es darum, diese verschiedenen Geschichten zur Ukraine oder auch zum Krieg in Syrien zu vergleichen. Sehr schnell wird dann klar, dass mit noch mehr Gewalt der Ausstieg aus der Gewaltspirale nicht gelingen wird. Es gibt bei jedem Konflikt immer wieder kluge Beobachter, welche aufzeigen, wie die Gewaltspirale angetrieben wird und welche vor einer weiteren Eskalation warnen.
Das war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 so und das ist heute beim Krieg in der Ukraine nicht anders. Konkret gab es ja am 20. Februar 2014 in der Ukraine ein Massaker durch Scharfschützen, welche sowohl Demonstranten wie auch Polizisten erschossen. Durch dieses Massaker wurde die Gewaltspirale angetrieben, die Regierung Janukowitsch wurde gestürzt und die neue Regierung um Poroschenko installiert. Der deutsche Sachbuchautor Wolfgang Bittner hat diesbezüglich vollkommen zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses Massaker bis heute überhaupt nicht aufgeklärt ist: „Die Schuld für das auf dem Maidan an Demonstranten und Polizisten verübte Blutbad wurde Janukowitsch ohne jeden Beweis in die Schuhe geschoben. Es gibt Verdachtsmomente, dass rechtsextreme Teile der Maidan-Aufständischen selbst dahinter gesteckt haben, und die neue Regierung scheint an einer echten Aufklärung ebenso wenig interessiert zu sein wie die westliche Presse.“
Es geht also bei der Kriegspropaganda immer um die Kombination von Gewalt und Lüge. Wenn wir aus der Gewaltspirale aussteigen möchten, müssen wir auch der Lüge ins Auge sehen und sie überwinden. Und wir müssen die uns angedienten Feindbilder kritisch hinterfragen und schließlich überwinden. Einfache Erklärungen von „Gut gegen Böse“ oder „Schuld gegen Unschuld“ helfen hier nicht. Die Frage, die stets zu beantworten ist – und, Sie ahnen es: in aller Regel „gegen den Strich“ und die Mainstream-Information – lautet daher: Was geschah und geschieht wirklich in einem Konflikt? Die meisten Massenerklärungen sind billig, nahe an Lügen oder wirklich gelogen – und dienen damit beständig der weiteren Eskalation.

Jens Wernicke: Geplant waren ursprünglich ja nur zwei Vorträge Ihrerseits in Berlin. Nachdem nach wenigen Tagen jedoch alle Karten ausverkauft waren, sprechen Sie nun sogar dreimal im Babylon – am 23., 24. und 25. Oktober. Und es dauerte nicht lang, bis auch die Karten für den dritten Vortrag vergriffen waren. Wie erklären Sie das?

Daniele Ganser: Das zeigt, dass die Friedensbewegung lebt. Sie ist keineswegs tot. Viele Menschen wollen keine Kriegspropaganda, daher kommen sie zum Vortrag. Sie haben anerkannt, dass in den Massenmedien immer wieder Kriegspropaganda verbreitet wird, das wollen sie nicht. Auch wenn vermutlich viele im Raum sich selber gar nicht zur Friedensbewegung zählen, so gibt es doch wache und kritische Menschen, die grundsätzlich aus der Gewaltspirale aussteigen möchten.
Das ist ein starkes und ermutigendes Zeichen an die Friedensbewegung insgesamt: Über die NachDenkSeiten, KenFM, Free21, Telepolis und andere alternative Medien, und eben auch und insbesondere im persönlichen Kontakt können und sollen wir informieren, das ist gewünscht. Diese alternativen Medien haben tausende von Lesern und Zuschauern und das gibt doch Grund zur Hoffnung.
Für die Vorträge gibt es leider jetzt keine Karten mehr, alle drei Tage sind ausverkauft. Aber der Vortrag wird gefilmt und wird Ende Oktober natürlich frei zugänglich für alle auch ins Internet gestellt. Sie finden ihn dann auf YouTube sowie bei KenFM.

Jens Wernicke: Ich bedanke mich für das Gespräch.