Französische politische Karikatur aus den späten 1890er Jahren. Ein Kuchen steht für “Chine” (französisch für China) und wird zwischen Karikaturen von Königin Viktoria des Vereinigten Königreichs, dem deutschen Kaiser Wilhelm dem II., Nikolaus II. von Russland, der französischen Marianne und dem Kaiser Meiji von Japan aufgeteilt. Ein stereotypisch dargesteller Beamter der Qing-Dynastie versucht sie aufzuhalten, ist aber machtlos. Die Karikatur soll die imperialistischen Bestrebungen dieser Nationen gegenüber China zu dieser Zeit darstellen, 16.1.1898.

(Zeichnung: Unbekannt, Bibliothèque nationale de France, Picyl, Gemeinfrei)

Großbritanniens Opiumhandel und Chinas Jahrhundert der Demütigung (1839-1949)

Das Jahrhundert der Demütigung ist für die Chinesen ein Trauma, das sie nach wie vor deutlich an ihre Niederlage und neokoloniale Knechtschaft in der Vergangenheit erinnert. Es erinnert die Chinesen auch an die selbstgerechte Scheinheiligkeit und Arroganz des Westens.

Von Stansfield Smith , veröffentlicht am: 17. Juli 2024, Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 30.05.2024 auf www.mronline.org unter der URL <https://mronline.org/2024/05/30/britains-century-long-opium-trafficking-and-chinas-century-of-humiliation-1839-1949/> veröffentlicht. Lizenz: Stansfield Smith, Monthly Review, CC BY-NC-ND 4.0

Hinweis: Alle Angaben wurden auf metrische Tonnen umgerechnet. Deshalb kommt es zu Abweichungen vom Originaltext. T.A.

Um 1500 waren Indien und China die am weitesten entwickelten Zivilisationen der Welt. Dann kamen die Europäer. Sie plünderten und verwüsteten beide Länder, wie sie es auch mit Amerika und Afrika getan haben. Im Falle Indiens und Chinas war Großbritannien der Haupttäter, der sich auf staatlich geförderten und von einer industrialisierten Militärmacht abgesicherten Drogenhandel stützte. Das britische Empire war der weltweit größte Produzent und Exporteur von Opium – dem wichtigsten Produkt des Welthandels, nach dem allmählichen Rückgang des Sklavenhandels aus Afrika. Ihre „Zivilisation“ brachte China das Jahrhundert der Demütigung, das erst mit der von Mao Zedong angeführten Volksrevolution endete. Dieses historische Trauma und der Kampf um seine Überwindung und die Wiederherstellung des Landes haben sich bis heute in das Gedächtnis der Chinesen eingebrannt.

Bevor die Briten ihre „Kultur“ mitbrachten, stammten 25 % des Welthandels aus Indien [1]. Als sie abzogen, waren es weniger als 1 %. Der Opiumhandel in Britisch-Indien war während des größten Teils des 19. Jahrhunderts die zweitwichtigste Einnahmequelle für das koloniale Indien. Ihre „Opiumindustrie war eines der größten Unternehmen auf dem Subkontinent und produzierte jedes Jahr einige tausend Tonnen – eine ähnliche Produktionsmenge wie die berüchtigte Opiumindustrie Afghanistans (während der US-Besatzung), die den Weltmarkt für Heroin abdeckt“ [2]. Opium machte etwa 17-20 % der Einnahmen von Britisch-Indien aus.

China erwirtschaftete in den frühen 1700er Jahren 35 % des weltweiten BIP. Bis 1800 wurde die Hälfte aller Bücher auf der Welt in chinesischer Sprache gedruckt. Das Land betrachtete sich als Selbstversorger und war nicht auf der Suche nach Produkten aus anderen Ländern. Das Ausland kaufte chinesischen Tee, Seide und Porzellan und musste dafür mit Gold und Silber bezahlen. Folglich war für die Briten die Handelsbilanz fast zwei Jahrhunderte lang negativ, ähnlich wie die Situation, in der sich die USA und Europa heute gegenüber China befinden.

Dieser Handel erschöpfte langsam die westlichen Reserven. Schließlich flossen 28.000 Tonnen Silber nach China, hauptsächlich aus Großbritannien. Als Lösung wandte sich Großbritannien dem staatlich geförderten Drogenschmuggel zu, und bis 1826 ließ der Schmuggel aus Indien das Silber wieder zurückfließen. Damit begann eines der am längsten andauernden internationalen Verbrechen der Neuzeit, das nach dem afrikanischen Sklavenhandel das zweitgrößte war und von der britischen Krone beaufsichtigt wurde.

(Bereits 1784 schmuggelten die gerade gegründeten Vereinigten Staaten Opium nach China. John Jacob Astor, der erste Multimillionär der USA, wurde reich durch den Handel mit Opium nach China, ebenso wie Warren Delano Jr., FDRs Großvater.)

Die Britische Ostindien-Kompanie war der Hauptakteur bei diesem Opiumschmuggel. Kurz nachdem Großbritannien 1757 Bengalen erobert hatte, erteilte George III. der East India Company das Monopol für die Herstellung und den Export von indischem Opium. Am Ende beschäftigte die Opiumagentur etwa 2500 Angestellte in 100 Büros in ganz Indien [3].

Großbritannien besteuerte die Nahrungsmittelernten der indischen Bauern mit 50 %, um sie aus der Landwirtschaft in den Opiumanbau zu treiben. Dies führte in kurzer Zeit zur bengalischen Hungersnot von 1770, bei der zehn Millionen Menschen, ein Drittel der bengalischen Bevölkerung, verhungerte. Großbritannien unternahm nichts, um ihnen zu helfen. So wie es fast ein Jahrhundert später bei der inszenierten Hungersnot in Irland der Fall war. Eine weitere Hungersnot ereignete sich 1783 in Indien, und wieder blieb Großbritannien tatenlos, während 11 Millionen Menschen verhungerten.

Ein geschäftiger Stapelraum in der Opiumfabrik in Patna, Indien. L, um 1850.
(Lithographie: W. S. Sherwill, Wikimedia Commons, CC-BY-4.0)

Britischen Quellen zufolge starben zwischen 1760 und 1943 „mehr als 85 Millionen Inder in diesen Hungersnöten, die in Wirklichkeit Völkermorde waren, begangen vom britischen Raj.“ [4]

Der vom britischen Staat geförderte Opiumexport machte auf dem Höhepunkt Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 15 % der gesamten Kolonialeinnahmen in Indien und 31 % der indischen Exporte aus [5]. Die massiven Einnahmen aus dem Drogenhandel festigten die Rolle Indiens als wesentliche finanzielle Basis für Englands spätere Welteroberungen.

1729 erklärte der chinesische Kaiser die Einfuhr von Opium für illegal. Damals waren es 200 Kisten zu je 135 Pfund pro Jahr, also insgesamt 13 Tonnen. Im Jahr 1799 verschärfte der Kaiser das Verbot, da die Einfuhren auf 4500 Kisten (286 Tonnen) angestiegen waren. Bis 1830 stiegen sie jedoch auf 1000 Tonnen [6] und bis 1838, kurz bevor die Briten den Ersten Opiumkrieg (1839–1842) [7] entfachten, auf 40.000 Kisten (2540 Tonnen). (1 Kiste = 140 lbs = 63,5 kg)

In Indien kostete die Produktion einer Kiste Opium nur 2 Pfund, in China wurde sie für 10 Pfund (über 1.000 Dollar in heutigen Preisen) verkauft. Das entspricht einem Gewinn von fast 8 Pfund pro Kiste. [8]

40.000 Kisten versorgten etwa 2,1 Millionen Süchtige, bei einer chinesischen Bevölkerung von 350 Millionen. Jährlich verlor China mehr als 4000 Tonnen Silber. Bei den Süchtigen handelte es sich zumeist um Männer im Alter von zwanzig bis fünfundfünfzig Jahren, welche eigentlich ihre produktivsten Jahre sein sollten. Das Opiumrauchen breitete sich allmählich auf verschiedene Personengruppen aus: Regierungsbeamte, Kaufleute, Intellektuelle, Frauen, Diener, Soldaten und Mönche.

Kurz vor dem Ersten Opiumkrieg schrieb der chinesische „Drogenzar“ Lin Zexu an Königin Victoria: „Wo ist Ihr Gewissen? Ich habe gehört, dass das Rauchen von Opium in Ihrem Land sehr streng verboten ist; weil der Schaden, den das Opium verursacht, vollständig verstanden wird. Da es nicht erlaubt ist, Ihrem eigenen Land Schaden zuzufügen, sollten Sie erst recht nicht zulassen, dass es zum Schaden anderer Länder weitergegeben wird.“ Großbritannien ignorierte das Schreiben in seiner üblichen imperialistischen Arroganz und stellte die Rechtmäßigkeit der souveränen Entscheidung Chinas, die Opiumeinfuhr zu verbieten, in Frage.

Als Vergeltung für die chinesische Beschlagnahmung und Vernichtung von 1300 Tonnen Opium, die britische Drogenhändler vor Canton (heute Guangzhou) gelagert hatten, startete Großbritannien den Ersten Opiumkrieg. Der Wert des vernichteten Opiums entsprach einem Sechstel des Militärbudgets des britischen Reiches. Der britische Außenminister Palmerston verlangte eine Entschuldigung, eine Entschädigung für das Opium, einen Vertrag, der die Chinesen daran hindern sollte, gegen den britischen Drogenhandel vorzugehen und die Öffnung weiterer Häfen für den „Außenhandel“ – ein Euphemismus für den Drogenhandel.

Die „British India Gazette“ berichtete über die Plünderung einer chinesischen Stadt während des Krieges:

„Eine vollständigere Plünderung als die, die stattgefunden hat, kann man sich nicht vorstellen. Jedes Haus wurde aufgebrochen, jede Schublade und jede Kiste durchwühlt, die Straßen waren übersät mit Möbelfragmenten, Bildern, Tischen, Stühlen, Getreide aller Art – das Ganze unterlegt mit den toten oder lebenden Körpern, die aufgrund der Wunden, die sie durch unsere gnadenlosen Geschütze erlitten hatten, die Stadt nicht mehr verlassen konnten … Die Plünderung hörte erst auf als es nichts mehr zu holen und zu zerstören gab.“

Nachdem Großbritannien China besiegt hatte, wurde Hongkong durch den Vertrag von Nanking an die Briten übergeben, das sich schnell zum Zentrum des Opiumhandels entwickelte und der Kolonie bald darauf den größten Teil ihrer Einnahmen bescherte. Der Vertrag gestattete den Briten auch die Ausfuhr unbegrenzter Mengen von Opium.

1844 wurde China von Frankreich und den USA gezwungen, ähnlich ungleiche und ungerechte Verträge mit denselben uneingeschränkten Handelsrechten zu unterzeichnen.

Im Anschluss an den Ersten Opiumkrieg wurde Südchina von einer verheerenden Hungersnot heimgesucht, die Millionen von armen chinesischen Bauern das Leben kostete. Kurz danach brach der Taiping-Aufstand gegen die kaiserliche chinesische Herrschaft aus, dem zwischen 1850 und 1864 20 Millionen Chinesen zum Opfer fielen. Wie bei vielen späteren Bürgerkriegen, wie in Syrien vor einem Jahrzehnt, finanzierten die europäischen Staaten die Rebellen, um die nationale Regierung zu schwächen.

Plünderung des Yuan-Ming-Yuan-Pavillons durch anglo-französische Truppen im Jahr 1860, Illustration erstellt am 22.12.1860.
(Illustration: Godefroy Durand, Wikimedia Commons, CC-PD-Mark)

Karl Marx beschrieb, wie Großbritannien den Zweiten Opiumkrieg (1856–1860) auslöste [9]. Frankreich beteiligte sich an der Plünderung. Die „Times of London“, die als Propagandaorgan für die staatlich geförderte Drogenmafia agierte, erklärte: „England wird zusammen mit Frankreich … diesen perfiden Horden eine solche Lektion erteilen, dass der Name Europa fortan in ihrem ganzen Land für Angst stehen wird, wenn er schon nicht für Liebe stehen kann.“

Im Oktober 1860 griff das britische und französische Militär Peking an. Trotz französischer Proteste zerstörte der britische Kommandeur, Lord Elgin Yuanming Yuan, den Sommerpalast des Kaisers als Zeichen der Verachtung für die Chinesen.

„Der Sommerpalast war die Schatzkammer Chinas schlechthin. Eine solche Ansammlung von Reichtum und Schönheit hatte es noch nie irgendwo auf der Welt gegeben. Und es würde sie auch nie wieder geben… In rund 200 märchenhaft geschmückten Gebäuden, dreißig davon kaiserliche Residenzen, lagen Reichtümer jenseits aller habgierigen Träume. Juwelen, Jade, zeremonielle Gewänder, Hofschätze, Seidenballen und zahllose unbezahlbare Artefakte repräsentierten die jahrelang angesammelten Tribute, die den chinesischen Kaisern dargebracht wurden. Es gab prächtige Gemäldegalerien und unersetzliche Bibliotheken … Drei Tage lang wüteten britische und französische Truppen durch die Marmorkorridore und glitzernden Gemächer des Palastes und zerschlugen mit Knüppeln und Gewehrkolben, was sie nicht wegtragen konnten.“ [10]

Als die Plünderungen und Zerstörungen beendet waren, brannten sie Yuanming Yuan bis auf die Grundmauern nieder. Schätzungsweise 1,5 Millionen chinesische Reliquien wurden mitgenommen [11]. Viele davon sind noch heute in Museen und in den Häusern der Wohlhabenden im Westen zu finden.

Großbritannien und Frankreich zwangen China, die Einfuhr von Opium zu legalisieren. Bis 1858 wurden 5000 Tonnen Opium eingeführt – eine Menge, die die weltweite Opiumproduktion im Jahr 1995 übertrifft. China musste zustimmen, dass kein Westler vor chinesischen Gerichten für im Land begangene Verbrechen angeklagt werden konnte und, ironischerweise, die christliche Missionsarbeit zu legalisieren.

In der Broschüre „Opium: England’s Coercive Policy and Its Disastrous Results in China and India“ (Opium: Englands Zwangspolitik und ihre katastrophalen Folgen in China und Indien) von 1881 hieß es [12]:

„Als Beispiel für die Art und Weise, wie beide Kriege geführt wurden, zitieren wir einen englischen Schriftsteller über die Bombardierung von Canton: ‚Mit Kartätschen beladene Feldgeschütze wurden am Ende langer, enger Straßen aufgestellt, die mit unschuldigen Männern, Frauen und Kindern vollgestopft waren, um sie wie Gras niederzumähen, bis ihr Blut in der Gosse strömte.ʻ In einer Szene des Gemetzels berichtete der Korrespondent der Times, dass eine halbe Armee von 10.000 Mann innerhalb von zehn Minuten durch das Schwert vernichtet oder in den breiten Fluss getrieben wurde. Der Morning Herald behauptete, dass ‚in den schlimmsten Zeiten barbarischer Finsternis nie ein schrecklicheres oder abscheulicheres Verbrechen begangen wurde als diese Bombardierung Cantonsʻ.“ (Eine Kartätsche, manchmal auch Kartusche genannt, ist ein Artilleriegeschoss aus Schrotmunition, Anm. d. Red.)

Mitte der 1860er Jahre kontrollierte Großbritannien sieben Achtel des stark expandierenden Opiumhandels in China. Die Opium-Einfuhren aus Indien stiegen bis 1880 auf 105.000 Kisten (6500 Tonnen). Die britischen Opiumeinnahmen beliefen sich auf 2 Milliarden Dollar pro Jahr (in heutigem Geld) und machten fast 15 % der Steuereinnahmen der britischen Staatskasse aus [13]. Die „London Times“ behauptete am 22. Oktober 1880 empört, dass „die chinesische Regierung nicht unter Zwang, sondern aus freiem Willen Opium als legalen Importartikel zugelassen hat“. Lord Curzon, der spätere Unterstaatssekretär für Indien, „bestritt, dass England China jemals Opium aufgezwungen habe; kein Historiker von Rang und Namen und kein Diplomat, der etwas von dieser Angelegenheit wüsste, würde die Behauptung unterstützen, dass England China in dieser Angelegenheit gezwungen habe.“

Opiumeinfuhren nach China 1650-1850, Grafik erstellt am 24.3.2014.
(Grafik: Philg88, Wikimedia Commons, CC-BY-4.0)

Um nicht noch mehr Silber an importiertes Opium zu verlieren, begann China mit der eigenen Produktion. Nach 1858 wurden große Landstriche für die Opiumproduktion freigegeben, und die Provinzen wandten sich ab vom Anbau von Nahrungsmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern und stellten auf Opium um. Schließlich produzierten die Chinesen 35.000 Tonnen – etwa 85 % des weltweiten Angebots, mit 15 Millionen Süchtigen, die jährlich 43.000 Tonnen konsumierten.

China, das nun durch den britischen Narkostaat stark geschwächt war, trat an Russland ein Gebiet ab, das der Größe Frankreichs, Deutschlands und Spaniens zusammen entsprach. 1885 beschlagnahmte Frankreich das chinesische Südostasien. 1895 besetzte Japan Taiwan und das von China kontrollierte Korea.

Die Allianz aus acht Nationen (Japan, Russland, Großbritannien, Frankreich, die Vereinigten Staaten, Deutschland, Italien und Österreich-Ungarn) marschierte 1900 erneut ein, um den nationalistischen Boxeraufstand niederzuschlagen. Es wurde eine Entschädigung von 20.000 Tonnen Silber erzwungen, und China wurde zu einer Neo-Kolonie degradiert.

Bis 1906 lieferte der Opiumhandel neben Britisch-Indien auch 16 % der Steuern für Französisch-Indochina, 16 % für Niederländisch-Indien, 20 % für Siam und 53 % für Britisch-Malaya [14].

In diesem Jahr erklärten sich die Briten, die immer noch 3500 Tonnen nach China exportierten, schließlich bereit, das schmutzige Geschäft innerhalb von zehn Jahren zu beenden. Der britischen Krone gebührt die „Ehre“, der größte Opiumschmuggler der Geschichte zu sein – ein zentraler Faktor bei der Zerstörung der chinesischen und indischen Zivilisation.

Bis 1995 stieg die weltweite Opiumproduktion auf 4200 Tonnen [15], hauptsächlich aus Birma und Afghanistan. Die Taliban verboten es im Jahr 2000, und die Produktion fiel von 3400 auf nur noch 204 Tonnen. Die US-Invasion in Afghanistan im Jahr 2001 kehrte diese Entwicklung um. Bis 2008 produzierte das von den USA besetzte Afghanistan 90 % des weltweiten Opiums [16] und erreichte 2017 10.000 Tonnen [17]. Nachdem die USA 2021 vertrieben worden waren, stellten die Taliban die Opiumproduktion schnell ein. Das „United States Institute of Peace“, das möglicherweise die Unterstützung der USA für den Drogenhandel offenbarte, erklärte: „Das erfolgreiche Opiumverbot der Taliban ist schlecht für die Afghanen und die Welt“ und „wird negative wirtschaftliche und humanitäre Folgen haben“ [18].

In China wurde die Opiumplage erst mit dem Sieg der Revolution 1949 beseitigt – obwohl sie in British Hongkong weiter um sich griff. Mao verkündete: „China hat sich erhoben“ und beendete das Jahrhundert der Demütigung, in dem mindestens 100 Millionen Chinesen in Kriegen und Hungersnöten getötet wurden [19], davon bis zu 35 Millionen während der japanischen Invasion von 1931-1945 [20].

Bis 1949 war China zu einem der ärmsten Länder der Welt geworden. Noch vor 75 Jahren konnten vier von fünf Chinesen weder lesen noch schreiben. Doch seit 1981 hat China 853 Millionen Menschen aus der Armut befreit, ist nach Angaben der Weltbank zu einem Land mit mittlerem Einkommen geworden [21] und hat sein Ansehen in der Welt zurückgewonnen. Der Westen betrachtet China nun als erneute Bedrohung und versucht abermals, das Land wirtschaftlich auszuschalten und in Stücke zu hacken. Diesmal ist das chinesische Volk jedoch viel besser darauf vorbereitet, die imperialistischen Pläne zu bekämpfen und eine neue Ära der Demütigung zu verhindern.

Quellen:

[1] BBC, Amitav Ghosh „’Opium financed British rule in India’“, am 23.6.2008: <http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/7460682.stm>
[2] BBC, Soutik Biswas „How Britain’s opium trade impoverished Indians“, am 5.9.2019: <https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49404024>
[3] ebd.
[4] Jagran Josh Blog „Timeline of Major Famines in India during British Rule“, am 4.9.2018: <https://www.jagranjosh.com/general-knowledge/timeline-of-major-famines-in-india-during-british-rule-1535543808-1>
[5] JSTOR digitale Blibliothek, John F. Richards „Opium and the British Indian Empire: The Royal Commission of 1895“, in 2022: <https://www.jstor.org/stable/3876660?seq=7>
[6] Wikipedia, diverse Autoren „History of opium in China“, zuletzt bearbeitet am 26.5.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_opium_in_China#cite_note-FOOTNOTEEbrey2010236-1>
[7] Wikipedia, diverse Autoren „First Opium War“, zuletzt bearbeitet am 29.6.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/First_Opium_War>
[8] Researchgate Datenbank, Rossen Vasilew „China`s Opium Wars: Britain as the World`s First Narco-State”, im Juli 2010: <https://www.researchgate.net/publication/275988646_China’s_Opium_Wars_Britain_as_the_World’s_First_Narco-State_New_Politics_vol_XIII1_no_49_Summer_2010_pp_75-80>
[9] Marxists Internet Archive, übersetzt von Harold Newson „The Case of the Lorcha Arrow“, am 23.1.1857: <https://www.marxists.org/archive/marx/works/1857/01/23.htm>
[10] AbeBooks Onlinemarktplatz, Time Life Education „The Pulse of Enterprise: Timeframe AD 1800-1850“, am 1.9.1990: <https://www.abebooks.com/9780809464623/Pulse-Enterprise-Timeframe-1800-1850-0809464624/plp>
[11] History is Now Magazin, Unbekannt „The British and French at their worst? The burning of China’s magnificent Summer Palace“, Darum unbekannt: <https://www.historyisnowmagazine.com/blog/2016/3/6/the-british-and-french-at-their-worst-the-burning-of-chinas-magnificent-summer-palace>
[12] JSTOR digitale Blibliothek, Funk & Wagnalls „The Standard Series: Opium England’s Coercive policy and its disastrous results in China and India“, in 1881:  <https://www.jstor.org/stable/community.32686720?seq=5>
[13] siehe [8]
[14] Archive.org, Alfred W. McCoy „Opium History, 1858 To 1940“, Datum unbekannt: <https://web.archive.org/web/20070404134938/http:/www.a1b2c3.com/drugs/opi010.htm>
[15] GAO Amt für Rechenschaftspflicht der US-Regierung, Jess T. Ford „DRUG CONTROL – U.S. Heroin Control Efforts in Southeast Asia“, am 19.9.1996:<https://www.gao.gov/assets/t-nsiad-96-240.pdf>
[16] The New Humanitarian Nachrichtenagentur, IRIN News „A selected history of Opium“, am 24.8.2004: <https://www.thenewhumanitarian.org/report/25857/afghanistan-selected-history-Opium>
[17] DW Deutsche Welle, dpa, ape, rtre „Opiumproduktion in Afghanistan auf Rekordhöhe“, am 15.11.2017: <https://www.dw.com/de/opiumproduktion-in-afghanistan-erreicht-rekordh%C3%B6he/a-41389140>
[18] United States Institute of Peace, William Byrd, Ph.D. „The Taliban’s Successful Opium Ban is Bad for Afghans and the World“, am 8.6.2023: <https://www.usip.org/publications/2023/06/talibans-successful-Opium-ban-bad-afghans-and-world>
[19] RDCY Chongyang Institut, Vijay Prashad, John Ross „China pulls itself out of poverty 100 years into its Revolution“, am 2.7.2021: <http://rdcy.ruc.edu.cn/yw/Teacher_Home/VijayPrashad/Commentariesvp/32f83ffaed3f40949ae76c3080b97d63.htm>
[20] China.org.cn Internetportal, Unbekannt „35 mln Chinese died during 14-year Japanese invasion“, am 15.7.2015: <http://www.china.org.cn/china/2015-07/15/content_36061881.htm>
[21] Die Weltbank „The World Bank In China“, im April 2024: <https://www.worldbank.org/en/country/china/overview>

Großbritanniens Opiumhandel und Chinas Jahrhundert der Demütigung (1839-1949)

Von Stansfield Smith , veröffentlicht am: 17. Juli 2024, Kategorien: Gesellschaft & Geschichte

Dieser Text wurde zuerst am 30.05.2024 auf www.mronline.org unter der URL <https://mronline.org/2024/05/30/britains-century-long-opium-trafficking-and-chinas-century-of-humiliation-1839-1949/> veröffentlicht. Lizenz: Stansfield Smith, Monthly Review, CC BY-NC-ND 4.0

Französische politische Karikatur aus den späten 1890er Jahren. Ein Kuchen steht für “Chine” (französisch für China) und wird zwischen Karikaturen von Königin Viktoria des Vereinigten Königreichs, dem deutschen Kaiser Wilhelm dem II., Nikolaus II. von Russland, der französischen Marianne und dem Kaiser Meiji von Japan aufgeteilt. Ein stereotypisch dargesteller Beamter der Qing-Dynastie versucht sie aufzuhalten, ist aber machtlos. Die Karikatur soll die imperialistischen Bestrebungen dieser Nationen gegenüber China zu dieser Zeit darstellen, 16.1.1898.

(Zeichnung: Unbekannt, Bibliothèque nationale de France, Picyl, Gemeinfrei)

Das Jahrhundert der Demütigung ist für die Chinesen ein Trauma, das sie nach wie vor deutlich an ihre Niederlage und neokoloniale Knechtschaft in der Vergangenheit erinnert. Es erinnert die Chinesen auch an die selbstgerechte Scheinheiligkeit und Arroganz des Westens.

Hinweis: Alle Angaben wurden auf metrische Tonnen umgerechnet. Deshalb kommt es zu Abweichungen vom Originaltext. T.A.

Um 1500 waren Indien und China die am weitesten entwickelten Zivilisationen der Welt. Dann kamen die Europäer. Sie plünderten und verwüsteten beide Länder, wie sie es auch mit Amerika und Afrika getan haben. Im Falle Indiens und Chinas war Großbritannien der Haupttäter, der sich auf staatlich geförderten und von einer industrialisierten Militärmacht abgesicherten Drogenhandel stützte. Das britische Empire war der weltweit größte Produzent und Exporteur von Opium – dem wichtigsten Produkt des Welthandels, nach dem allmählichen Rückgang des Sklavenhandels aus Afrika. Ihre „Zivilisation“ brachte China das Jahrhundert der Demütigung, das erst mit der von Mao Zedong angeführten Volksrevolution endete. Dieses historische Trauma und der Kampf um seine Überwindung und die Wiederherstellung des Landes haben sich bis heute in das Gedächtnis der Chinesen eingebrannt.

Bevor die Briten ihre „Kultur“ mitbrachten, stammten 25 % des Welthandels aus Indien [1]. Als sie abzogen, waren es weniger als 1 %. Der Opiumhandel in Britisch-Indien war während des größten Teils des 19. Jahrhunderts die zweitwichtigste Einnahmequelle für das koloniale Indien. Ihre „Opiumindustrie war eines der größten Unternehmen auf dem Subkontinent und produzierte jedes Jahr einige tausend Tonnen – eine ähnliche Produktionsmenge wie die berüchtigte Opiumindustrie Afghanistans (während der US-Besatzung), die den Weltmarkt für Heroin abdeckt“ [2]. Opium machte etwa 17-20 % der Einnahmen von Britisch-Indien aus.

China erwirtschaftete in den frühen 1700er Jahren 35 % des weltweiten BIP. Bis 1800 wurde die Hälfte aller Bücher auf der Welt in chinesischer Sprache gedruckt. Das Land betrachtete sich als Selbstversorger und war nicht auf der Suche nach Produkten aus anderen Ländern. Das Ausland kaufte chinesischen Tee, Seide und Porzellan und musste dafür mit Gold und Silber bezahlen. Folglich war für die Briten die Handelsbilanz fast zwei Jahrhunderte lang negativ, ähnlich wie die Situation, in der sich die USA und Europa heute gegenüber China befinden.

Dieser Handel erschöpfte langsam die westlichen Reserven. Schließlich flossen 28.000 Tonnen Silber nach China, hauptsächlich aus Großbritannien. Als Lösung wandte sich Großbritannien dem staatlich geförderten Drogenschmuggel zu, und bis 1826 ließ der Schmuggel aus Indien das Silber wieder zurückfließen. Damit begann eines der am längsten andauernden internationalen Verbrechen der Neuzeit, das nach dem afrikanischen Sklavenhandel das zweitgrößte war und von der britischen Krone beaufsichtigt wurde.

(Bereits 1784 schmuggelten die gerade gegründeten Vereinigten Staaten Opium nach China. John Jacob Astor, der erste Multimillionär der USA, wurde reich durch den Handel mit Opium nach China, ebenso wie Warren Delano Jr., FDRs Großvater.)

Die Britische Ostindien-Kompanie war der Hauptakteur bei diesem Opiumschmuggel. Kurz nachdem Großbritannien 1757 Bengalen erobert hatte, erteilte George III. der East India Company das Monopol für die Herstellung und den Export von indischem Opium. Am Ende beschäftigte die Opiumagentur etwa 2500 Angestellte in 100 Büros in ganz Indien [3].

Großbritannien besteuerte die Nahrungsmittelernten der indischen Bauern mit 50 %, um sie aus der Landwirtschaft in den Opiumanbau zu treiben. Dies führte in kurzer Zeit zur bengalischen Hungersnot von 1770, bei der zehn Millionen Menschen, ein Drittel der bengalischen Bevölkerung, verhungerte. Großbritannien unternahm nichts, um ihnen zu helfen. So wie es fast ein Jahrhundert später bei der inszenierten Hungersnot in Irland der Fall war. Eine weitere Hungersnot ereignete sich 1783 in Indien, und wieder blieb Großbritannien tatenlos, während 11 Millionen Menschen verhungerten.

Ein geschäftiger Stapelraum in der Opiumfabrik in Patna, Indien. L, um 1850.
(Lithographie: W. S. Sherwill, Wikimedia Commons, CC-BY-4.0)

Britischen Quellen zufolge starben zwischen 1760 und 1943 „mehr als 85 Millionen Inder in diesen Hungersnöten, die in Wirklichkeit Völkermorde waren, begangen vom britischen Raj.“ [4]

Der vom britischen Staat geförderte Opiumexport machte auf dem Höhepunkt Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 15 % der gesamten Kolonialeinnahmen in Indien und 31 % der indischen Exporte aus [5]. Die massiven Einnahmen aus dem Drogenhandel festigten die Rolle Indiens als wesentliche finanzielle Basis für Englands spätere Welteroberungen.

1729 erklärte der chinesische Kaiser die Einfuhr von Opium für illegal. Damals waren es 200 Kisten zu je 135 Pfund pro Jahr, also insgesamt 13 Tonnen. Im Jahr 1799 verschärfte der Kaiser das Verbot, da die Einfuhren auf 4500 Kisten (286 Tonnen) angestiegen waren. Bis 1830 stiegen sie jedoch auf 1000 Tonnen [6] und bis 1838, kurz bevor die Briten den Ersten Opiumkrieg (1839–1842) [7] entfachten, auf 40.000 Kisten (2540 Tonnen). (1 Kiste = 140 lbs = 63,5 kg)

In Indien kostete die Produktion einer Kiste Opium nur 2 Pfund, in China wurde sie für 10 Pfund (über 1.000 Dollar in heutigen Preisen) verkauft. Das entspricht einem Gewinn von fast 8 Pfund pro Kiste. [8]

40.000 Kisten versorgten etwa 2,1 Millionen Süchtige, bei einer chinesischen Bevölkerung von 350 Millionen. Jährlich verlor China mehr als 4000 Tonnen Silber. Bei den Süchtigen handelte es sich zumeist um Männer im Alter von zwanzig bis fünfundfünfzig Jahren, welche eigentlich ihre produktivsten Jahre sein sollten. Das Opiumrauchen breitete sich allmählich auf verschiedene Personengruppen aus: Regierungsbeamte, Kaufleute, Intellektuelle, Frauen, Diener, Soldaten und Mönche.

Kurz vor dem Ersten Opiumkrieg schrieb der chinesische „Drogenzar“ Lin Zexu an Königin Victoria: „Wo ist Ihr Gewissen? Ich habe gehört, dass das Rauchen von Opium in Ihrem Land sehr streng verboten ist; weil der Schaden, den das Opium verursacht, vollständig verstanden wird. Da es nicht erlaubt ist, Ihrem eigenen Land Schaden zuzufügen, sollten Sie erst recht nicht zulassen, dass es zum Schaden anderer Länder weitergegeben wird.“ Großbritannien ignorierte das Schreiben in seiner üblichen imperialistischen Arroganz und stellte die Rechtmäßigkeit der souveränen Entscheidung Chinas, die Opiumeinfuhr zu verbieten, in Frage.

Als Vergeltung für die chinesische Beschlagnahmung und Vernichtung von 1300 Tonnen Opium, die britische Drogenhändler vor Canton (heute Guangzhou) gelagert hatten, startete Großbritannien den Ersten Opiumkrieg. Der Wert des vernichteten Opiums entsprach einem Sechstel des Militärbudgets des britischen Reiches. Der britische Außenminister Palmerston verlangte eine Entschuldigung, eine Entschädigung für das Opium, einen Vertrag, der die Chinesen daran hindern sollte, gegen den britischen Drogenhandel vorzugehen und die Öffnung weiterer Häfen für den „Außenhandel“ – ein Euphemismus für den Drogenhandel.

Die „British India Gazette“ berichtete über die Plünderung einer chinesischen Stadt während des Krieges:

„Eine vollständigere Plünderung als die, die stattgefunden hat, kann man sich nicht vorstellen. Jedes Haus wurde aufgebrochen, jede Schublade und jede Kiste durchwühlt, die Straßen waren übersät mit Möbelfragmenten, Bildern, Tischen, Stühlen, Getreide aller Art – das Ganze unterlegt mit den toten oder lebenden Körpern, die aufgrund der Wunden, die sie durch unsere gnadenlosen Geschütze erlitten hatten, die Stadt nicht mehr verlassen konnten … Die Plünderung hörte erst auf als es nichts mehr zu holen und zu zerstören gab.“

Nachdem Großbritannien China besiegt hatte, wurde Hongkong durch den Vertrag von Nanking an die Briten übergeben, das sich schnell zum Zentrum des Opiumhandels entwickelte und der Kolonie bald darauf den größten Teil ihrer Einnahmen bescherte. Der Vertrag gestattete den Briten auch die Ausfuhr unbegrenzter Mengen von Opium.

1844 wurde China von Frankreich und den USA gezwungen, ähnlich ungleiche und ungerechte Verträge mit denselben uneingeschränkten Handelsrechten zu unterzeichnen.

Im Anschluss an den Ersten Opiumkrieg wurde Südchina von einer verheerenden Hungersnot heimgesucht, die Millionen von armen chinesischen Bauern das Leben kostete. Kurz danach brach der Taiping-Aufstand gegen die kaiserliche chinesische Herrschaft aus, dem zwischen 1850 und 1864 20 Millionen Chinesen zum Opfer fielen. Wie bei vielen späteren Bürgerkriegen, wie in Syrien vor einem Jahrzehnt, finanzierten die europäischen Staaten die Rebellen, um die nationale Regierung zu schwächen.

Plünderung des Yuan-Ming-Yuan-Pavillons durch anglo-französische Truppen im Jahr 1860, Illustration erstellt am 22.12.1860.
(Illustration: Godefroy Durand, Wikimedia Commons, CC-PD-Mark)

Karl Marx beschrieb, wie Großbritannien den Zweiten Opiumkrieg (1856–1860) auslöste [9]. Frankreich beteiligte sich an der Plünderung. Die „Times of London“, die als Propagandaorgan für die staatlich geförderte Drogenmafia agierte, erklärte: „England wird zusammen mit Frankreich … diesen perfiden Horden eine solche Lektion erteilen, dass der Name Europa fortan in ihrem ganzen Land für Angst stehen wird, wenn er schon nicht für Liebe stehen kann.“

Im Oktober 1860 griff das britische und französische Militär Peking an. Trotz französischer Proteste zerstörte der britische Kommandeur, Lord Elgin Yuanming Yuan, den Sommerpalast des Kaisers als Zeichen der Verachtung für die Chinesen.

„Der Sommerpalast war die Schatzkammer Chinas schlechthin. Eine solche Ansammlung von Reichtum und Schönheit hatte es noch nie irgendwo auf der Welt gegeben. Und es würde sie auch nie wieder geben… In rund 200 märchenhaft geschmückten Gebäuden, dreißig davon kaiserliche Residenzen, lagen Reichtümer jenseits aller habgierigen Träume. Juwelen, Jade, zeremonielle Gewänder, Hofschätze, Seidenballen und zahllose unbezahlbare Artefakte repräsentierten die jahrelang angesammelten Tribute, die den chinesischen Kaisern dargebracht wurden. Es gab prächtige Gemäldegalerien und unersetzliche Bibliotheken … Drei Tage lang wüteten britische und französische Truppen durch die Marmorkorridore und glitzernden Gemächer des Palastes und zerschlugen mit Knüppeln und Gewehrkolben, was sie nicht wegtragen konnten.“ [10]

Als die Plünderungen und Zerstörungen beendet waren, brannten sie Yuanming Yuan bis auf die Grundmauern nieder. Schätzungsweise 1,5 Millionen chinesische Reliquien wurden mitgenommen [11]. Viele davon sind noch heute in Museen und in den Häusern der Wohlhabenden im Westen zu finden.

Großbritannien und Frankreich zwangen China, die Einfuhr von Opium zu legalisieren. Bis 1858 wurden 5000 Tonnen Opium eingeführt – eine Menge, die die weltweite Opiumproduktion im Jahr 1995 übertrifft. China musste zustimmen, dass kein Westler vor chinesischen Gerichten für im Land begangene Verbrechen angeklagt werden konnte und, ironischerweise, die christliche Missionsarbeit zu legalisieren.

In der Broschüre „Opium: England’s Coercive Policy and Its Disastrous Results in China and India“ (Opium: Englands Zwangspolitik und ihre katastrophalen Folgen in China und Indien) von 1881 hieß es [12]:

„Als Beispiel für die Art und Weise, wie beide Kriege geführt wurden, zitieren wir einen englischen Schriftsteller über die Bombardierung von Canton: ‚Mit Kartätschen beladene Feldgeschütze wurden am Ende langer, enger Straßen aufgestellt, die mit unschuldigen Männern, Frauen und Kindern vollgestopft waren, um sie wie Gras niederzumähen, bis ihr Blut in der Gosse strömte.ʻ In einer Szene des Gemetzels berichtete der Korrespondent der Times, dass eine halbe Armee von 10.000 Mann innerhalb von zehn Minuten durch das Schwert vernichtet oder in den breiten Fluss getrieben wurde. Der Morning Herald behauptete, dass ‚in den schlimmsten Zeiten barbarischer Finsternis nie ein schrecklicheres oder abscheulicheres Verbrechen begangen wurde als diese Bombardierung Cantonsʻ.“ (Eine Kartätsche, manchmal auch Kartusche genannt, ist ein Artilleriegeschoss aus Schrotmunition, Anm. d. Red.)

Mitte der 1860er Jahre kontrollierte Großbritannien sieben Achtel des stark expandierenden Opiumhandels in China. Die Opium-Einfuhren aus Indien stiegen bis 1880 auf 105.000 Kisten (6500 Tonnen). Die britischen Opiumeinnahmen beliefen sich auf 2 Milliarden Dollar pro Jahr (in heutigem Geld) und machten fast 15 % der Steuereinnahmen der britischen Staatskasse aus [13]. Die „London Times“ behauptete am 22. Oktober 1880 empört, dass „die chinesische Regierung nicht unter Zwang, sondern aus freiem Willen Opium als legalen Importartikel zugelassen hat“. Lord Curzon, der spätere Unterstaatssekretär für Indien, „bestritt, dass England China jemals Opium aufgezwungen habe; kein Historiker von Rang und Namen und kein Diplomat, der etwas von dieser Angelegenheit wüsste, würde die Behauptung unterstützen, dass England China in dieser Angelegenheit gezwungen habe.“

Opiumeinfuhren nach China 1650-1850, Grafik erstellt am 24.3.2014.
(Grafik: Philg88, Wikimedia Commons, CC-BY-4.0)

Um nicht noch mehr Silber an importiertes Opium zu verlieren, begann China mit der eigenen Produktion. Nach 1858 wurden große Landstriche für die Opiumproduktion freigegeben, und die Provinzen wandten sich ab vom Anbau von Nahrungsmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern und stellten auf Opium um. Schließlich produzierten die Chinesen 35.000 Tonnen – etwa 85 % des weltweiten Angebots, mit 15 Millionen Süchtigen, die jährlich 43.000 Tonnen konsumierten.

China, das nun durch den britischen Narkostaat stark geschwächt war, trat an Russland ein Gebiet ab, das der Größe Frankreichs, Deutschlands und Spaniens zusammen entsprach. 1885 beschlagnahmte Frankreich das chinesische Südostasien. 1895 besetzte Japan Taiwan und das von China kontrollierte Korea.

Die Allianz aus acht Nationen (Japan, Russland, Großbritannien, Frankreich, die Vereinigten Staaten, Deutschland, Italien und Österreich-Ungarn) marschierte 1900 erneut ein, um den nationalistischen Boxeraufstand niederzuschlagen. Es wurde eine Entschädigung von 20.000 Tonnen Silber erzwungen, und China wurde zu einer Neo-Kolonie degradiert.

Bis 1906 lieferte der Opiumhandel neben Britisch-Indien auch 16 % der Steuern für Französisch-Indochina, 16 % für Niederländisch-Indien, 20 % für Siam und 53 % für Britisch-Malaya [14].

In diesem Jahr erklärten sich die Briten, die immer noch 3500 Tonnen nach China exportierten, schließlich bereit, das schmutzige Geschäft innerhalb von zehn Jahren zu beenden. Der britischen Krone gebührt die „Ehre“, der größte Opiumschmuggler der Geschichte zu sein – ein zentraler Faktor bei der Zerstörung der chinesischen und indischen Zivilisation.

Bis 1995 stieg die weltweite Opiumproduktion auf 4200 Tonnen [15], hauptsächlich aus Birma und Afghanistan. Die Taliban verboten es im Jahr 2000, und die Produktion fiel von 3400 auf nur noch 204 Tonnen. Die US-Invasion in Afghanistan im Jahr 2001 kehrte diese Entwicklung um. Bis 2008 produzierte das von den USA besetzte Afghanistan 90 % des weltweiten Opiums [16] und erreichte 2017 10.000 Tonnen [17]. Nachdem die USA 2021 vertrieben worden waren, stellten die Taliban die Opiumproduktion schnell ein. Das „United States Institute of Peace“, das möglicherweise die Unterstützung der USA für den Drogenhandel offenbarte, erklärte: „Das erfolgreiche Opiumverbot der Taliban ist schlecht für die Afghanen und die Welt“ und „wird negative wirtschaftliche und humanitäre Folgen haben“ [18].

In China wurde die Opiumplage erst mit dem Sieg der Revolution 1949 beseitigt – obwohl sie in British Hongkong weiter um sich griff. Mao verkündete: „China hat sich erhoben“ und beendete das Jahrhundert der Demütigung, in dem mindestens 100 Millionen Chinesen in Kriegen und Hungersnöten getötet wurden [19], davon bis zu 35 Millionen während der japanischen Invasion von 1931-1945 [20].

Bis 1949 war China zu einem der ärmsten Länder der Welt geworden. Noch vor 75 Jahren konnten vier von fünf Chinesen weder lesen noch schreiben. Doch seit 1981 hat China 853 Millionen Menschen aus der Armut befreit, ist nach Angaben der Weltbank zu einem Land mit mittlerem Einkommen geworden [21] und hat sein Ansehen in der Welt zurückgewonnen. Der Westen betrachtet China nun als erneute Bedrohung und versucht abermals, das Land wirtschaftlich auszuschalten und in Stücke zu hacken. Diesmal ist das chinesische Volk jedoch viel besser darauf vorbereitet, die imperialistischen Pläne zu bekämpfen und eine neue Ära der Demütigung zu verhindern.

Quellen:

[1] BBC, Amitav Ghosh „’Opium financed British rule in India’“, am 23.6.2008: <http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/7460682.stm>
[2] BBC, Soutik Biswas „How Britain’s opium trade impoverished Indians“, am 5.9.2019: <https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49404024>
[3] ebd.
[4] Jagran Josh Blog „Timeline of Major Famines in India during British Rule“, am 4.9.2018: <https://www.jagranjosh.com/general-knowledge/timeline-of-major-famines-in-india-during-british-rule-1535543808-1>
[5] JSTOR digitale Blibliothek, John F. Richards „Opium and the British Indian Empire: The Royal Commission of 1895“, in 2022: <https://www.jstor.org/stable/3876660?seq=7>
[6] Wikipedia, diverse Autoren „History of opium in China“, zuletzt bearbeitet am 26.5.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_opium_in_China#cite_note-FOOTNOTEEbrey2010236-1>
[7] Wikipedia, diverse Autoren „First Opium War“, zuletzt bearbeitet am 29.6.2024: <https://en.wikipedia.org/wiki/First_Opium_War>
[8] Researchgate Datenbank, Rossen Vasilew „China`s Opium Wars: Britain as the World`s First Narco-State”, im Juli 2010: <https://www.researchgate.net/publication/275988646_China’s_Opium_Wars_Britain_as_the_World’s_First_Narco-State_New_Politics_vol_XIII1_no_49_Summer_2010_pp_75-80>
[9] Marxists Internet Archive, übersetzt von Harold Newson „The Case of the Lorcha Arrow“, am 23.1.1857: <https://www.marxists.org/archive/marx/works/1857/01/23.htm>
[10] AbeBooks Onlinemarktplatz, Time Life Education „The Pulse of Enterprise: Timeframe AD 1800-1850“, am 1.9.1990: <https://www.abebooks.com/9780809464623/Pulse-Enterprise-Timeframe-1800-1850-0809464624/plp>
[11] History is Now Magazin, Unbekannt „The British and French at their worst? The burning of China’s magnificent Summer Palace“, Darum unbekannt: <https://www.historyisnowmagazine.com/blog/2016/3/6/the-british-and-french-at-their-worst-the-burning-of-chinas-magnificent-summer-palace>
[12] JSTOR digitale Blibliothek, Funk & Wagnalls „The Standard Series: Opium England’s Coercive policy and its disastrous results in China and India“, in 1881:  <https://www.jstor.org/stable/community.32686720?seq=5>
[13] siehe [8]
[14] Archive.org, Alfred W. McCoy „Opium History, 1858 To 1940“, Datum unbekannt: <https://web.archive.org/web/20070404134938/http:/www.a1b2c3.com/drugs/opi010.htm>
[15] GAO Amt für Rechenschaftspflicht der US-Regierung, Jess T. Ford „DRUG CONTROL – U.S. Heroin Control Efforts in Southeast Asia“, am 19.9.1996:<https://www.gao.gov/assets/t-nsiad-96-240.pdf>
[16] The New Humanitarian Nachrichtenagentur, IRIN News „A selected history of Opium“, am 24.8.2004: <https://www.thenewhumanitarian.org/report/25857/afghanistan-selected-history-Opium>
[17] DW Deutsche Welle, dpa, ape, rtre „Opiumproduktion in Afghanistan auf Rekordhöhe“, am 15.11.2017: <https://www.dw.com/de/opiumproduktion-in-afghanistan-erreicht-rekordh%C3%B6he/a-41389140>
[18] United States Institute of Peace, William Byrd, Ph.D. „The Taliban’s Successful Opium Ban is Bad for Afghans and the World“, am 8.6.2023: <https://www.usip.org/publications/2023/06/talibans-successful-Opium-ban-bad-afghans-and-world>
[19] RDCY Chongyang Institut, Vijay Prashad, John Ross „China pulls itself out of poverty 100 years into its Revolution“, am 2.7.2021: <http://rdcy.ruc.edu.cn/yw/Teacher_Home/VijayPrashad/Commentariesvp/32f83ffaed3f40949ae76c3080b97d63.htm>
[20] China.org.cn Internetportal, Unbekannt „35 mln Chinese died during 14-year Japanese invasion“, am 15.7.2015: <http://www.china.org.cn/china/2015-07/15/content_36061881.htm>
[21] Die Weltbank „The World Bank In China“, im April 2024: <https://www.worldbank.org/en/country/china/overview>