Das bessere Leben für alle

Von Published On: 20. Juni 2024Kategorien: Utopie

Dieser Text wurde zuerst am 20.06.2024 auf www.free21.org veröffentlicht. Lizenz: Wanda Maurer, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

(Foto: Foto: Pixabay / CC-0)

Also, ich will, dass es alles anders ist.Wie geht es dir damit? Siehst du die Welt, siehst du, dass wir alles ändern müssen? Neu denken, umstürzen! Liebevoll und vorsichtig. Alle zusammen.

Was kommt danach? Ich versteh schon, du willst, dass ich mir etwas ausdenke.Schon gut, mach ich. Ich versuch mal zu erklären, was ich selbst nicht weiß.

Wo fangen wir an? Willst du meine Welt sehen? Dann komm mit ins Haus. Ich zeig es dir und vielleicht spricht es für sich.

Zuerst: Das Haus hat hohe Wände und eine doppelt verschlossene Tür. Es rütteln Leute daran und das macht uns Angst. Eine verschlossene nur – die Restlichen sind immer offen. Auch sie sollen sprechen; komm rein, nimm dir was du magst.

Dann: Das Haus ist der warme Ort, an den ich zurückkehren kann, das Haus gibt mir alles, was ich brauche. Wenn ich draußen war und es ist kalt, komm ich zurück und die warmen Dielen fangen meine Schritte auf und es kommt jemand rein und fragt nach Senf oder so.

Wenn ich Senf brauche, hat ihn auch wer für mich. Wir versuchen es, irgendwo zwischen Buntglasfenstern und rieselndem Putz schlummert die Utopie, glaube ich.

Zuletzt: Im Haus geht viel kaputt und im Haus wird vieles wieder heil gemacht. Die Rohre brechen, der Putz rieselt, die Löcher klaffen und das Dach tropft. Klar, auch das im übertragenden Sinn. Wir haben keine heile Welt, aber wir kümmern uns. Wir flicken die Löcher und niemand ist allein damit.

Okay, also wir haben ein Haus und darin ist es warm und irgendwo schlummert vielleicht die Utopie. Und warum schlummert sie? Ich glaube, mehr kann sie gar nicht.

Weißt du, was Utopie bedeutet? Es bedeutet, da kommen wir nie hin. Ich hoffe, wir leben auch nie in der Illusion, sie erreicht zu haben. Ich hoffe, sie ist etwas, was ich mir nicht ausdenken kann, nicht in meinen kühnsten Träumen.

Ich hab doch von der Welt noch so wenig verstanden, wie kann ich Verantwortung übernehmen für das, was sein könnte? Und doch – wie könnte ich die Verantwortung abgeben? An die zumindest, die sie gerade haben, nicht.

Und jetzt? Schöne neue Welt? Wir haben ein Haus, das warm ist und wir versuchen es, denn vielleicht schlummert die Utopie irgendwo und die Wände sind hoch. Unsere kleine Welt, in der wir aufpassen und uns alles geben, was wir brauchen.

Ich geh raus und es ist kalt. Und bald haben wir kein Haus mehr, weil irgendwer will sicher Profit. Und ziemlich viele haben kein Haus. Und viele haben eins und es ist genauso kalt wie alles andere auch. Ich sag es nicht in meinen Worten: Wir leben in einer bitterkalten Zeit.

Das können wir nicht einfach vergessen dabei. Ich kann nicht in einen goldenen Käfig steigen und Utopie spielen, dann bin ich nicht besser als andere, nur besser dran.

Ist nicht Utopie der Traum vom guten Leben? Ich glaube fast, es kann nicht alles gut sein. Es gibt immer Trauer und Schmerz und alle Schattierungen von Grau zwischen Heiterkeit und Verzweiflung. Ich wünschte nur, das Grausame wäre die Welt und nicht wir. Der Rohrbruch, das Raubtier, die Krankheit, die Sintflut. Es tut so weh, wenn wir das Problem sind. Ich will, dass wir nicht das Problem sind und dass wir wenigstens einander haben und zusammenhalten, wenn von draußen was kommt. Und jetzt würde ich so gerne wissen, was das heißt, weil, irgendwo müssen wir ja anfangen.

Irgendwo, in irgendeinem Haus, muss es erstmal etwas wärmer werden, dann können wir kurz Pause machen und nachdenken und uns in einen Kreis setzen und dann vielleicht irgendwas tun, sodass es ein wenig besser wird.

Und wie wird es besser? Da muss ich erst die andern fragen, ohne die geht es nicht. Und das ist eigentlich der Kern des Ganzen, wenn ich es allein machen muss, will ich es nicht. Aber wenn wir es zusammen machen, müssen wir Verantwortung füreinander übernehmen und immer weiter lernen und eben nicht allein sein. Ich könnte jetzt erklären, wie wir es gemacht haben in den letzten Kreisen, in denen ich saß, wie wir alles gebraucht haben, was wir wussten, und allen zugehört haben, die etwas zu sagen hatten. Und die ermutigt haben, die still waren. In kleinen Kreisen trafen wir kleine Entscheidungen, in großen Kreisen die Großen. Und zwar so, dass alle, die von der Entscheidung betroffen waren, mitentschieden. Macht Sinn, oder?

Das hört sich nicht an nach Utopie, das hört sich an nach gesundem Menschenverstand. Aber wir müssen ja auch nicht von Null anfangen, es haben sich schon viele vor uns Gedanken gemacht und wir teilen einiges an Wissen.

Also, all das könnte ich jetzt erklären, aber eigentlich müsstest du es ja fühlen. Fühlen, wie es sein könnte, die Hoffnung, die darin steckt. So gesagt: Vielleicht ist das alles nicht so wichtig. Es geht ja nicht um Realität, sondern um das „Was wäre, wenn…“

Was wäre, wenn wir in Kreisen leben würden, in kleinen und großen. Die Parkplätze wären zum Spielen da und die Häuser deren, die drin wohnen. Die Bäume wären gar kein Eigentum.

Gemeinsam würden wir das gute Leben leben, zueinander gehörig. Wenn morgens die Rohre brechen, schrecken wir zusammen aus dem Bett und wischen, egal in welchen Räumen. Arbeit ist das, was wir tun, um dem Leben zu begegnen, uns miteinander zu verbinden und uns zu kümmern. Wir kochen füreinander und essen gemeinsam. Wir wissen, dass es nie perfekt ist und wir uns immer weiter bemühen müssen. Wenn wir etwas können, zeigen wir es denen, die es lernen wollen. Geld geben wir weiter, wir brauchen es nicht. Wir spielen jeden Tag. Die Straßen

brauchen wir zum Tanzen und zum Fahrradfahren und um uns zufällig über den Weg zu laufen. Verantwortung ist kollektiv. Wir denken uns immer neue Sachen aus und probieren, ob es funktioniert. Weißt du, was ich meine?

Ich glaube die Liste geht noch ewig weiter, stell dir einfach vor, wie wir bunt und fröhlich gemeinsam strukturelle Diskriminierungsformen abbauen und abends Musik machen.

Sagen wir es so: Ich glaube, Utopie ist die Luft, die ich zum Atmen brauche. Das System ist krank und die Wälder sterben und ich bin klein und kann nichts tun und kann nur noch atmen, weil da irgendwo die Hoffnung glimmt – das Versprechen, dass es besser sein könnte und dass Geschichten manchmal gut ausgehen und dass ich nicht alleine bin.

Und das lässt mich immer weiter machen und das ist die größte Sicherheit, die ich habe, ich bin nicht allein. Wir versuchen es gemeinsam.

Autor: Wanda Maurer (Bei dem Autorennamen handelt es sich um ein Pseudonym.)

Das bessere Leben für alle

Von Published On: 20. Juni 2024Kategorien: Utopie

Dieser Text wurde zuerst am 20.06.2024 auf www.free21.org veröffentlicht. Lizenz: Wanda Maurer, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

(Foto: Foto: Pixabay / CC-0)

Also, ich will, dass es alles anders ist.Wie geht es dir damit? Siehst du die Welt, siehst du, dass wir alles ändern müssen? Neu denken, umstürzen! Liebevoll und vorsichtig. Alle zusammen.

Was kommt danach? Ich versteh schon, du willst, dass ich mir etwas ausdenke.Schon gut, mach ich. Ich versuch mal zu erklären, was ich selbst nicht weiß.

Wo fangen wir an? Willst du meine Welt sehen? Dann komm mit ins Haus. Ich zeig es dir und vielleicht spricht es für sich.

Zuerst: Das Haus hat hohe Wände und eine doppelt verschlossene Tür. Es rütteln Leute daran und das macht uns Angst. Eine verschlossene nur – die Restlichen sind immer offen. Auch sie sollen sprechen; komm rein, nimm dir was du magst.

Dann: Das Haus ist der warme Ort, an den ich zurückkehren kann, das Haus gibt mir alles, was ich brauche. Wenn ich draußen war und es ist kalt, komm ich zurück und die warmen Dielen fangen meine Schritte auf und es kommt jemand rein und fragt nach Senf oder so.

Wenn ich Senf brauche, hat ihn auch wer für mich. Wir versuchen es, irgendwo zwischen Buntglasfenstern und rieselndem Putz schlummert die Utopie, glaube ich.

Zuletzt: Im Haus geht viel kaputt und im Haus wird vieles wieder heil gemacht. Die Rohre brechen, der Putz rieselt, die Löcher klaffen und das Dach tropft. Klar, auch das im übertragenden Sinn. Wir haben keine heile Welt, aber wir kümmern uns. Wir flicken die Löcher und niemand ist allein damit.

Okay, also wir haben ein Haus und darin ist es warm und irgendwo schlummert vielleicht die Utopie. Und warum schlummert sie? Ich glaube, mehr kann sie gar nicht.

Weißt du, was Utopie bedeutet? Es bedeutet, da kommen wir nie hin. Ich hoffe, wir leben auch nie in der Illusion, sie erreicht zu haben. Ich hoffe, sie ist etwas, was ich mir nicht ausdenken kann, nicht in meinen kühnsten Träumen.

Ich hab doch von der Welt noch so wenig verstanden, wie kann ich Verantwortung übernehmen für das, was sein könnte? Und doch – wie könnte ich die Verantwortung abgeben? An die zumindest, die sie gerade haben, nicht.

Und jetzt? Schöne neue Welt? Wir haben ein Haus, das warm ist und wir versuchen es, denn vielleicht schlummert die Utopie irgendwo und die Wände sind hoch. Unsere kleine Welt, in der wir aufpassen und uns alles geben, was wir brauchen.

Ich geh raus und es ist kalt. Und bald haben wir kein Haus mehr, weil irgendwer will sicher Profit. Und ziemlich viele haben kein Haus. Und viele haben eins und es ist genauso kalt wie alles andere auch. Ich sag es nicht in meinen Worten: Wir leben in einer bitterkalten Zeit.

Das können wir nicht einfach vergessen dabei. Ich kann nicht in einen goldenen Käfig steigen und Utopie spielen, dann bin ich nicht besser als andere, nur besser dran.

Ist nicht Utopie der Traum vom guten Leben? Ich glaube fast, es kann nicht alles gut sein. Es gibt immer Trauer und Schmerz und alle Schattierungen von Grau zwischen Heiterkeit und Verzweiflung. Ich wünschte nur, das Grausame wäre die Welt und nicht wir. Der Rohrbruch, das Raubtier, die Krankheit, die Sintflut. Es tut so weh, wenn wir das Problem sind. Ich will, dass wir nicht das Problem sind und dass wir wenigstens einander haben und zusammenhalten, wenn von draußen was kommt. Und jetzt würde ich so gerne wissen, was das heißt, weil, irgendwo müssen wir ja anfangen.

Irgendwo, in irgendeinem Haus, muss es erstmal etwas wärmer werden, dann können wir kurz Pause machen und nachdenken und uns in einen Kreis setzen und dann vielleicht irgendwas tun, sodass es ein wenig besser wird.

Und wie wird es besser? Da muss ich erst die andern fragen, ohne die geht es nicht. Und das ist eigentlich der Kern des Ganzen, wenn ich es allein machen muss, will ich es nicht. Aber wenn wir es zusammen machen, müssen wir Verantwortung füreinander übernehmen und immer weiter lernen und eben nicht allein sein. Ich könnte jetzt erklären, wie wir es gemacht haben in den letzten Kreisen, in denen ich saß, wie wir alles gebraucht haben, was wir wussten, und allen zugehört haben, die etwas zu sagen hatten. Und die ermutigt haben, die still waren. In kleinen Kreisen trafen wir kleine Entscheidungen, in großen Kreisen die Großen. Und zwar so, dass alle, die von der Entscheidung betroffen waren, mitentschieden. Macht Sinn, oder?

Das hört sich nicht an nach Utopie, das hört sich an nach gesundem Menschenverstand. Aber wir müssen ja auch nicht von Null anfangen, es haben sich schon viele vor uns Gedanken gemacht und wir teilen einiges an Wissen.

Also, all das könnte ich jetzt erklären, aber eigentlich müsstest du es ja fühlen. Fühlen, wie es sein könnte, die Hoffnung, die darin steckt. So gesagt: Vielleicht ist das alles nicht so wichtig. Es geht ja nicht um Realität, sondern um das „Was wäre, wenn…“

Was wäre, wenn wir in Kreisen leben würden, in kleinen und großen. Die Parkplätze wären zum Spielen da und die Häuser deren, die drin wohnen. Die Bäume wären gar kein Eigentum.

Gemeinsam würden wir das gute Leben leben, zueinander gehörig. Wenn morgens die Rohre brechen, schrecken wir zusammen aus dem Bett und wischen, egal in welchen Räumen. Arbeit ist das, was wir tun, um dem Leben zu begegnen, uns miteinander zu verbinden und uns zu kümmern. Wir kochen füreinander und essen gemeinsam. Wir wissen, dass es nie perfekt ist und wir uns immer weiter bemühen müssen. Wenn wir etwas können, zeigen wir es denen, die es lernen wollen. Geld geben wir weiter, wir brauchen es nicht. Wir spielen jeden Tag. Die Straßen

brauchen wir zum Tanzen und zum Fahrradfahren und um uns zufällig über den Weg zu laufen. Verantwortung ist kollektiv. Wir denken uns immer neue Sachen aus und probieren, ob es funktioniert. Weißt du, was ich meine?

Ich glaube die Liste geht noch ewig weiter, stell dir einfach vor, wie wir bunt und fröhlich gemeinsam strukturelle Diskriminierungsformen abbauen und abends Musik machen.

Sagen wir es so: Ich glaube, Utopie ist die Luft, die ich zum Atmen brauche. Das System ist krank und die Wälder sterben und ich bin klein und kann nichts tun und kann nur noch atmen, weil da irgendwo die Hoffnung glimmt – das Versprechen, dass es besser sein könnte und dass Geschichten manchmal gut ausgehen und dass ich nicht alleine bin.

Und das lässt mich immer weiter machen und das ist die größte Sicherheit, die ich habe, ich bin nicht allein. Wir versuchen es gemeinsam.

Autor: Wanda Maurer (Bei dem Autorennamen handelt es sich um ein Pseudonym.)