Südliche Luftaufnahme des Tempelbergs, die die Al-Aqsa-Moschee in der Altstadt von Jerusalem zeigt. Im Vordergrund ist die Al-Aqsa-Moschee eingezeichnet. Die Al-Aqsa-Moschee gilt als die drittheiligste Stätte des Islam nach Mekka und Medina. Dahinter befinden sich der Felsendom und rechts der Kuppel der Kette, die während des Umayyaden-Kalifats (ca. 685 n. Chr.) errichtet wurde und als Vorbild für den Bau des Felsendoms (ca. 691 n. Chr.) diente. Der Tempelberg, der von den Muslimen Al-Aqsa-Moschee genannt wird, gilt als die wichtigste heilige Stätte des Judentums, da sich dort der erste und zweite Tempel befanden, 15.11.2013. (Foto: Godot13, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Von Aseel Saleh | veröffentlicht am 25. Oktober 2024, Kategorie: Krieg & Frieden

Über 1.500 israelische Siedler stürmen die Al-Aqsa-Moschee

Angeführt von Minister Ben-Gvir:

Die Stürmung der Al-Aqsa-Moschee gehört zu der provokativen israelischen Besatzungspolitik gegenüber der palästinensischen Bevölkerung. Es ist ein Beispiel für die Tatsache, dass das zionistische Projekt mit jedem geringsten Anflug palästinensischer Souveränität unvereinbar ist.

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Bei einem erneuten Angriff auf heilige Stätten in der besetzten palästinensischen Hauptstadt al-Quds (Jerusalem), stürmten am Dienstag (13. August) ungefähr 1.500 illegale israelische Siedler das Gelände der Al-Aqsa-Moschee. Angeführt wurden die Siedler vom israelischen Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir und vom Minister für Entwicklung der Peripherie, der Negev Wüste und Galiläa, Yitzhak Wasserlauf. Der Angriff erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem der völkermörderische Krieg in Gaza bereits 10 Monate andauert und die ständigen Provokationen Israels die Waffenstillstands-Gespräche gefährden.

Der Angriff war nicht auf die Stürmung der heiligen Stätte beschränkt, es wurden auch jüdische Rituale zu Ehren des Fastenfestes Tisha B‘Av durchgeführt. Während des Überfalls hat man Medienberichten zufolge, palästinensischen Gläubigen den Zugang zum Gelände der Al-Aqsa-Moschee verwehrt [1].

Gemäß internationalen Bestimmungen und Abkommen, einschließlich des jordanisch-israelischen Friedensvertrags, dürfen nur Muslime auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee beten – auch bekannt als al-haram asch-scharif [2] (der arabische Begriff für „das Edle Heiligtum“).

Ben-Gvir erteilte am 24. Juli die Erlaubnis für jüdische Gebete auf dem „Tempelberg“ – Israels Name für das Gelände der Al-Aqsa-Moschee. Ben Gvir erklärte dann in einer Knesset-Sitzung: „Ich war letzte Woche auf dem Tempelberg. Ich betete auf dem Tempelberg und wir beten auf dem Tempelberg. Ich gehöre der politischen Ebene an, und die politische Ebene erlaubt das jüdische Gebet auf dem Tempelberg.“

Jordaniens Verwaltung über die Al-Aqsa-Moschee

1924 beschloss das höchste muslimische Organ – der Oberste Muslimische Rat, der für die Angelegenheiten der Muslime im Mandatsgebiet Palästina zuständig war –, Al-Hussein Bin Ali, den Großvater des jordanischen Königs Abdullah II., zum Verwalter der Al-Aqsa-Moschee zu ernennen. Die nachfolgenden haschemitischen, jordanischen Monarchen haben die Verwaltung der Al-Aqsa-Moschee seitdem geerbt, sogar nach der Besetzung Palästinas 1948 durch die Zionisten, die dann einen kolonialen Staat aufgebaut haben, der heute als Israel bekannt ist [3].

Die israelischen Besatzer unterzeichneten 1994 einen Friedensvertrag mit Jordanien, in dem Israel die Rolle Jordaniens als Verwalter der heiligen christlichen und muslimischen Stätten in Jerusalem anerkannte [4]. Allerdings haben israelische Amtsträger, illegale Siedler und bewaffnete Kräfte – trotz des Vertrages – regelmäßig eklatante Verstöße auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee begangen.

Jordanische Behörden verurteilen für gewöhnlich die israelischen Verstöße gegen die Al-Aqsa-Moschee und die muslimischen Gläubigen, die dort ihre religiösen Rituale praktizieren. Jordaniens letzte Stellungnahme wurde nach dem jüngsten Vorfall am Dienstag, dem 13. August, veröffentlicht [5].

„Der Einbruch, der unter dem Schutz der israelischen Besatzungskräfte stattfand, erfolgte zusammen mit provokativen Handlungen israelischer Extremisten und Zugangsbeschränkungen der Gläubigen zur Moschee. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht und den historischen und rechtlichen Status Jerusalems und seiner Heiligtümer. Es spiegelt die Missachtung des Völkerrechts und der Verpflichtungen als Besatzungsmacht durch die israelische Regierung wider.“

Dies teilte das jordanische Ministerium für äußere Angelegenheiten und Auswanderer am Dienstag mit.

Das Ministerium bekräftigte, dass das jordanische Ministerium für Awqaf (Stiftungen) und Islamische Angelegenheiten die rechtlich zuständige Behörde für die Verwaltung aller Angelegenheiten des al-haram asch-scharif-Geländes ist und auch den Zugang regelt. Das jordanische Ministerium betonte das Recht des Staates Palästina auf die Kontrolle des besetzten Jerusalems und versicherte gleichzeitig, dass Israel als Besatzungsmacht kein Recht auf die Kontrolle der Stadt und ihrer islamischen und christlichen Heiligtümer hat.

Screenshot: X (Twitter), MintPress News, erstellt am 4.9.2024 – 13:16:18, https://x.com/MintPressNews/status/1823367691026985192

Al-Aqsa: ein ständiger Trigger für den Kampf gegen die Besatzung

Die Stadt al-Quds im Allgemeinen und die Al-Aqsa-Moschee im Besonderen sind nationale Konstanten, die die Palästinenser niemals aufgeben werden. Ebenso wenig wie die Aufrechterhaltung des Rechts auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge, die Befreiung palästinensischer Gefangener aus israelischen Gefängnissen, die Befreiung Palästinas und die Beendigung der israelischen Besatzung. Deshalb hat jeder Verstoß gegen Al-Aqsa oder Versuche, den Status Quo zu verändern, immer Ereignisse angefacht, die Wegmarken im Rahmen des langjährigen Kampfes des palästinensischen Volkes gegen die israelische Besatzung waren.

In einem Bericht der palästinensischen Islamischen Widerstandsbewegung Hamas aus dem Januar 2024 wird deutlich gemacht, dass der israelische Angriff gegen Al-Aqsa einer der Hauptgründe für die Durchführung der Operation „Al-Aqsa-Flood“ im Oktober 2023 war.

Der Bericht mit dem Titel „Our Narrative…Operation Al-Aqsa Flood“ erklärte, dass die Operation ein notwendiger Schritt war und es sich um eine natürliche Reaktion auf die Pläne Israels handelte, die vorsahen, das palästinensische Problem zu beseitigen, palästinensisches Land zu besetzen und/oder zu judaisieren und vollständige Kontrolle über die Al-Aqsa-Moschee und andere heilige Stätten zu erlangen. [6]

Das Jahr 2000 markiert eine andere Wegmarke. Die Zweite Intifada, auch Al-Aqsa-Intifada genannt, brach aus, nachdem der damalige Oppositionsführer Ariel Scharon, begleitet von mehr als 1.000 schwer bewaffneten israelischen Polizisten und Soldaten, das Gelände der Al-Aqsa-Moschee stürmte [7].

Dem Angriff Scharons auf Al-Aqsa gingen andere israelische Massaker in der heiligen Stätte voraus, die zahlreiche Palästinenser töteten [8]. 1996 brachen Proteste in unterschiedlichen Teilen des besetzten Palästinas aus, nachdem die israelischen Besatzungsbehörden einen Tunnel unter der westlichen Mauer von Al-Aqsa öffneten. Es gab Zusammenstöße zwischen den israelischen Besatzungskräften und Protestierenden, bei denen 63 Palästinenser getötet und 1.600 verletzt wurden.

Ein weiteres blutiges Massaker fand 1990 statt, als eine israelische Person versuchte, den Grundstein für einen Tempel auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee zu legen [9]. Der Vorfall entzündete palästinensische Demonstrationen auf dem Gelände, die durch die israelischen Besatzungskräfte mit Schüssen unterdrückt wurden. Dabei starben 21 Palästinenser und über hundert weitere wurden verwundet.

1982 stürmte ein israelischer Soldat, Harry Goldman, die Al-Aqsa-Moschee und eröffnete das Feuer auf die Gläubigen und Wachen [10]. Zwei Palästinenser wurden bei dem Vorfall getötet und 60 weitere verletzt.

Christen haben im besetzten Palästina, besonders in Jerusalem, ebenfalls unter der israelischen Unterdrückung und diskriminierenden Handlungen gelitten. Israelischen Medienberichten zufolge gab es im Jahr 2023 einen „bemerkenswerten Anstieg“ von Angriffen gegen Christen und deren Eigentum [11]. Die Angriffe von religiösen Juden gegen christliche Symbole, Kirchen, Geistliche, Nonnen und Pilger sind in Videos dokumentiert und weit verbreitet. Sie werden von palästinensischen Priestern und Nichtchristen verurteilt [12].

Das zionistische Gebilde verfolgt einen Apartheid-Ansatz mit dem Ziel der Entwurzelung der Palästinenser, der Enteignung ihres Landes, Eigentums, heiligen Stätten und sogar ihrer Kultur und Küche. Allerdings ist es nach 10 Monaten israelischen Völkermords in Gaza offensichtlich, dass Widerstand und Belastbarkeit tief in der palästinensischen Wahrnehmung verankert sind und naturgemäß in ihrem Bewusstsein verwurzelt sind.

Dieser Text wurde zuerst am 13.08.2024 auf www.peoplesdispatch.org unter der URL <https://peoplesdispatch.org/2024/08/13/over-1500-israeli-settlers-led-by-minister-ben-gvir-storm-al-aqsa-mosque/> veröffentlicht. Lizenz: Aseel Saleh. Peoples Dispatch, CC BY-NC-ND 4.0

Autor: Aseel Saleh

Aseel Saleh schreibt für Peoples Dispatch

Quellen:


[1] X (Twitter), MintPress News „2,000 Israeli settlers invade Al-Aqsa“, am 13.8.2024:  <https://x.com/MintPressNews/status/1823367691026985192>
[2] Al Jazeera Nachrichtensender „Al-Aqsa Mosque: Five things you need to know – Al Jazeera explains why the holy site is a flashpoint.“, am 6.12.2017: <https://www.aljazeera.com/features/2017/12/6/al-aqsa-mosque-five-things-you-need-to-know>
[3] MEMO Middle East Monitor Magazin, Motasem A Dalloul „Is Jordan really the custodian of Jerusalem’s holy sites?“, am 19,1,2023: <https://www.middleeastmonitor.com/20230119-is-jordan-really-the-custodian-of-jerusalems-holy-sites/>
[4] THE NEWARAB Magazin, The New Arab  Staff „Ben-Gvir leads Israelis in storming Jerusalem’s Al-Aqsa Mosque compound“, am 13.8.2024: <https://www.newarab.com/news/ben-gvir-leads-israeli-storming-jerusalems-al-aqsa>
[5] Jordan News Agency (Petra) Nachrichtenagentur, Red. „Jordan Condemns Israeli Ministers‘ Storming of Al-Aqsa Mosque“, am 13.8.2024: <https://petra.gov.jo/Include/InnerPage.jsp?ID=62523&lang=en&name=en_news>
[6] Palestine Chronicle Non-Profit-Organisation „Our Narrative…Operation Al-Aqsa Flood“, am 21.1.2024: <https://www.palestinechronicle.com/wp-content/uploads/2024/01/PDF.pdf>
[7] Al Jazeera, Ali Adam „Palestinian Intifada: How Israel orchestrated a bloody takeover“, am 28.9.2020: <https://www.aljazeera.com/news/2020/9/28/palestinian-intifada-20-years-later-israeli-occupation-continues>
[8] Egypt Today Magazin, Fatima Al-Wahaidy „Timeline of Israeli violations at Al-Aqsa Mosque“, am 24.7.2017: <https://www.egypttoday.com/Article/1/13479/Timeline-of-Israeli-violations-at-Al-Aqsa-Mosque>
[9] al-Ahram Zeitung, Samar Al-Gamal „A history stained with innocent blood: A chronicle of Israel’s massacres in Palestine“, am 3.11.2023: <https://english.ahram.org.eg/News/510520.aspx>
[10] AQSAPEDIA, Dr. Sharif Abu Shammala „Attempts to Burn and Blow up Al-Aqsa Mosque“, am 24.2.2021: <https://www.aqsapedia.net/2745>
[11] The Times of Israel Zetiung, Lazar Berman „Political climate sparks ‘notable increase’ in attacks on Israel’s Christians – NGO“, am 5.6.2024:
<https://www.timesofisrael.com/political-climate-sparks-notable-increase-in-attacks-on-israels-christians-ngo/>
[12] Jerusalem Story Blog, Daoud Kuttab „Israeli Attacks on Christians in Jerusalem Are Denounced by Clergy and Christian Residents“, am 6.10.2023: <https://www.jerusalemstory.com/en/blog/israeli-attacks-christians-jerusalem-are-denounced-clergy-and-christian-residents>