Ein von israelischen Siedlern während des Amoklaufs in Huwara in Brand gesetztes Auto, 27.2.2023.
(Foto: Osama Eid, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Von Aseel Saleh | veröffentlicht am 8. Januar 2025, Kategorie: Gesellschaft & Geschichte

Massiver Brandanschlag israelischer Siedler in Al-Bireh im Westjordanland

Seit Jahrzehnten verüben illegale israelische Siedler Terroranschläge gegen das palästinensische Volk. Dabei wurden auch Kinder bei lebendigem Leib verbrannt.

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Eine Gruppe illegaler israelischer Siedler verübte am Montag, dem 4. November, in den frühen Morgenstunden einen massiven Brandanschlag in der Stadt Al-Bireh [1] im Zentrum des besetzten Westjordanlands. Sie setzten vor einem Wohngebäude geparkte Autos in Brand, während die palästinensischen Einwohner schliefen.

Als diese aus ihren Wohnungen kamen, um den Angriff zu stoppen und das Feuer zu löschen, schossen die Siedler mit scharfer Munition auf sie. Berichten zufolge versuchten die Siedler dann, palästinensische Feuerwehrleute mit vorgehaltener Waffe daran zu hindern, das Gebiet zu erreichen. Bei dem brutalen Brandanschlag wurden etwa 20 Autos zerstört, wodurch das Leben dutzender Palästinenser unmittelbar gefährdet war.

Das palästinensische Außenministerium gab am Montag eine Erklärung ab, in der es den Angriff verurteilte und „umfassende Sanktionen gegen das gesamte Siedler-Kolonialsystem forderte. Sämtliche Einrichtungen, die für die Förderung oder Beteiligung am Siedlerterrorismus gegen das palästinensische Volk und die systematische Landaneignung verantwortlich sind, sollten zur Rechenschaft gezogen werden.“ [2]

Das Außenministerium der Vereinigten Staaten verurteilte die Eskalation der Gewalt von Siedlern gegen palästinensische Zivilisten im besetzten Westjordanland und forderte Israel am Montag auf, Maßnahmen zu ergreifen, um solche Vorfälle zu stoppen. Der Sprecher des Außenministeriums, Matthew Miller, sagte gegenüber Reportern [3]:

„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die israelische Regierung extremistische Gewalt von Siedlern unterbindet und die notwendigen Maßnahmen ergreift, um alle Gemeinschaften gemäß ihren internationalen Verpflichtungen vor Schaden zu schützen.“

„Dazu gehört, einzugreifen und solcher Gewalt vorzubeugen und sie zu stoppen. Es liegt auch in der Verantwortung der zuständigen Behörden, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Spannungen zu beruhigen und alle Gewalttäter, die gegen Zivilisten vorgehen, gleichermaßen zur Rechenschaft zu ziehen, unabhängig vom Hintergrund des Täters oder Opfers“, fügte Miller hinzu.

Peoples Dispatch (peoplesdispatch.org ist ein internationales Medienunternehmen, das Stimmen aus Volksbewegungen und -organisationen auf der ganzen Welt verbreiten will, Anm. d. Red.) besuchte eines der vom Angriff betroffenen Wohngebäude und sprach mit seinen palästinensischen Bewohnern.

Ein im belagerten Viertel lebender Palästinenser erklärte gegenüber Peoples Dispatch, dass die Angriffe von Siedlern auf Fahrzeuge von Palästinensern keinesfalls eine Ausnahme seien, sie finden seit Jahren in den Wintermonaten statt. Vier- bis fünfmal im Jahr müssten die Bewohner die Reifen ihrer Fahrzeuge ersetzen, weil sie von israelischen Siedlern wiederholt zerstochen würden, fügte er hinzu.

Als Reaktion auf diese ständigen Angriffe hatten die Bewohner des Viertels vorsorglich Scheinwerfer installiert, was die Siedler eine Zeit lang von Angriffen abhielt. Gegen die massive Attacke vom Montag war die Maßnahme jedoch wirkungslos.

Der Palästinenser, der das berichtete, versicherte uns, dass solche Vorfälle die Palästinenser niemals einschüchtern und sie niemals dazu zwingen werden, ihr Land zu verlassen – trotz des hohen Preises, den sie für ihr Heimatland zahlen. Er sagte auch, dass das palästinensische Volk einen noch höheren Preis zahlen würde, um Palästina zu verteidigen.

Eine andere Bewohnerin beschrieb die schreckliche und traumatisierende Erfahrung, die sie mit ihrem Ehemann und den kleinen Kindern innerhalb weniger Minuten durchmachten, als die Flammen ausbrachen und die Fenster der oberen Stockwerke des Gebäudes erreichten.

„Wenn ich nicht sofort die Rollläden heruntergelassen, die Hauptsicherung ausgeschaltet und die Gasflasche geschlossen hätte, wäre das Feuer ins Haus gedrungen und hätte eine ernsthafte Gefahr für unser Leben dargestellt“, sagte die Palästinenserin.

Den palästinensischen Feuerwehrleuten gelang es zwar, die Bewohner zu evakuieren und das Feuer zu löschen, berichtete sie, obwohl deren Bemühungen zunächst von israelischen Siedlern vereitelt wurden. Mit vorgehaltener Waffe hatte sie diese daran gehindert, zum Brandort zu gelangen.

Drei Kinder, die in dem Gebäude wohnen, machten Peoples Dispatch gegenüber ebenfalls ihre Aussagen und drückten dabei die Angst aus, die sie während des Angriffs hatten, und dass sie diese Angst aufgrund des Lebens unter der israelischen Besatzung ständig verspüren.

Ein 12-jähriges Mädchen gab an, dass sie sich in ihrem Zuhause immer unsicher gefühlt habe. Sie verglich ihr Leben mit dem von Menschen in anderen Ländern, die in Sicherheit und Geborgenheit lebten. Das Mädchen sagte, dass sie ständig Angst habe, ein Mitglied ihrer Familie könne bei einem Angriff von Siedlern getötet werden.

Die anderen beiden Kinder beschrieben, wie sie zitternd aufwachten, nachdem sie das Geräusch von explodierenden Autos aufgrund des Brandanschlags gehört hatten. Auch sie sprachen über ihre Angst, als sie die Schüsse der Siedler hörten, und fürchteten, ihr Vater könne erschossen worden sein.

Screenshot, 00:06, YouTube, Reuters, erstellt am 17.12.2024 – 15:05:20, https://www.youtube.com/watch?v=0q-1p8QisoM

Terroranschläge von Siedlern vor dem 7. Oktober

Der Brandanschlag auf Al-Bireh ist für Palästinenser im Westjordanland kein Einzelfall. Solche Sabotageakte finden seit Jahrzehnten fast täglich statt. Durch illegale israelische Siedlungen, die die palästinensischen Städte und Dörfer von allen Seiten umgeben, wurde das Westjordanland zersplittert und zerstückelt.

Siedler üben seit Jahrzehnten Gewalt und Sabotage gegen Palästinenser aus, mit dem Ziel, sie aus ihrer Heimat zu vertreiben [4]. Die Gewalt der Siedler gegen Palästinenser reicht von körperlichen und verbalen Angriffen, Plünderung von Leichen, Behinderung der Palästinenser beim Zugang zu ihrem Land, Abholzung ihrer Olivenbäume während der Erntezeit und Tötung ihres Viehs [5]. Bei ihren Kreuzzügen gegen palästinensische Gemeinden haben Siedler auch rassistische Slogans an die Wände islamischer und christlicher heiliger Stätten geschrieben [6]. Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten wurden im letzten Jahr mehr als 1.400 Übergriffe von Siedlern auf Palästinenser im Westjordanland registriert.

2014 wurde der 16-jährige Palästinenser Mohammad Khdeir von einer Gruppe israelischer Siedler in Ostjerusalem entführt und in einen Wald gebracht, wo er geschlagen und bei lebendigem Leib verbrannt wurde [9].

Ein Jahr später setzten israelische Siedler das Haus der Familie Dawabsheh im Dorf Duma im Bezirk Nablus in Brand, wobei drei Mitglieder der palästinensischen Familie ums Leben kamen. Bei lebendigem Leibe verbrannte ein 18 Monate altes Baby zusammen mit seinen Eltern. Sein Bruder Ahmad überlebte, erlitt jedoch schwere Verbrennungen an 60 % seines Körpers, einschließlich des Gesichts.

Diese wiederholten Vorfälle von Gewalt von Siedlern gegen Palästinenser im Westjordanland stehen in direktem Widerspruch zu den israelischen Darstellungen. Danach war die Situation vor dem 7. Oktober in Ordnung, und palästinensische Widerstandsgruppen im belagerten Gazastreifen wären das Haupthindernis bei der Erreichung des Friedens. Seit Jahrzehnten arbeitet die israelische Propaganda unermüdlich daran, den Terror, die Gewalt und die Brutalität zu vertuschen, die von den israelischen Besatzungstruppen (IOF) und illegalen Siedlern gegen Palästinenser im besetzten Westjordanland verübt werden, zusätzlich zu den häufigen Angriffen der IOF und der anhaltenden Belagerung des Gazastreifens.

Dieser Text wurde zuerst am 06.11.2024 auf www.peoplesdispatch.org unter der URL <https://peoplesdispatch.org/2024/11/06/israeli-settlers-launch-massive-arson-attack-in-west-banks-al-bireh-city/> veröffentlicht. Lizenz: Aseel Saleh, Peoples Dispatch, CC BY-NC-ND 4.0

Autor: Aseel Saleh

Aseel Saleh schreibt für Peoples Dispatch

Quellen:


[1] Wafa Nachrichtenagentur, K.T „Colonists set fire to Palestinian vehicles in al-Bireh“, am 4.11.2024: <https://english.wafa.ps/Pages/Details/151120>
[2] X (Twitter), State of Palastine MFA „Ministry of Foreign Affairs: International Failure to Halt #Genocide Encourages #Settler Terrorist Militias to Replicate Atrocities in the West Bank“, am 4.11.2024: <https://x.com/pmofa/status/1853370567455314397>
[3] al-Quds Tageszeitung, Unbekannt „Washington condemns Israeli settler violence, calls on Israel to hold perpetrators accountable and stop their actions“, am 4.11.2024: <https://www.alquds.com/en/posts/140723>
[4] <https://peoplesdispatch.org/2024/10/11/israeli-massacres-settler-violence-surge-in-gaza-and-west-bank/>
[5] Anadolu Ajansı Nachrichtenagentur, Aysar Alais „Illegal Israeli settlers poison livestock, erect tents in occupied West Bank“, am 14.9.2024: <https://www.aa.com.tr/en/middle-east/illegal-israeli-settlers-poison-livestock-erect-tents-in-occupied-west-bank/3330304>
[6] Wafa Nachrichtenagentur, T.R./F.R. „Settlers Write Racist Slogans on Holy Sites, Properties?“, am 31.12.2025: <https://english.wafa.ps/Pages/Details/113843>
[7] ochaopt.org Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten „Settler-related Violence“: <https://www.ochaopt.org/page/settler-related-violence>
[8] Al Jazeera Nachrichtensender, Hanna Duggal, Marium Ali „Mapping 1,400 Israeli settler attacks in the West Bank over the past year“, am 10.10.2024: <https://www.aljazeera.com/news/2024/10/10/mapping-1400-settler-attacks-in-the-occupied-west-bank-over-the-past-year>
[9] Al Jazeera, Ali Younes „Israeli convicted of killing teen Mohammed Abu Khdeir“, am 3.5.2016: <https://www.aljazeera.com/news/2016/5/3/israeli-convicted-of-killing-teen-mohammed-abu-khdeir>