Symbolbild: PxHere, CC0

Von Suzie Dawson | veröffentlicht am 10. Oktober 2025, Kategorie: Gesellschaft & Geschichte

Im Visier der Geheimdienste

Tagebuch einer FBI Zielperson.

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Niemals in unseren kühnsten Träumen hätten wir uns vorstellen können, dass uns das widerfahren würde, was uns widerfuhr.

Ich bin Journalistin und Aktivistin aus Auckland, Neuseeland und eine von 88 Neuseeländern, die von unseren inländischen und internationalen Geheimdiensten ins Visier genommen und der NSA zur weiteren Überwachung übermittelt wurden. Im Jahr 2011 wusste ich kaum, was ein Aktivist überhaupt ist, aber als die Occupy-Bewegung begann, konnte ich nicht anders, als mich ihr anzuschließen. Ich sah, dass Menschen auf der ganzen Welt einen Weg fanden, für sich und ihre Mitmenschen aufzustehen, und musste mich ihnen anschließen. Mein Verständnis von Aktivismus in Neuseeland basierte damals auf dem, was uns von Menschenrechtsanwälten anlässlich des allerersten Occupy-Marsches vom 15. Oktober 2011 gesagt wurde. Wir glaubten – wir waren unser Leben lang durch Propaganda dazu gebracht worden, zu glauben – dass Neuseeland das sicherste und friedlichste Land der Welt sei. Niemals in unseren kühnsten Träumen hätten wir uns vorstellen können, dass uns das widerfahren würde, was uns widerfuhr. Wir mussten am eigenen Leib erfahren, dass alles, was ich Ihnen gerade über Neuseeland gesagt habe, nicht stimmt. Unser gesamtes Medienteam und später ein immer größer werdender Teil der Gesellschaft wurde zur Zielscheibe aggressivster Angriffe durch inländische und internationale Geheimdienste.

Aus Gründen der persönlichen Sicherheit blieben ich und viele Mitglieder meines Medienteams anfangs nach außen hin anonym. Unsere Kollegen, unsere Occupy-Abteilung und alle Mitglieder des Medienteams wussten, wer wir sind. Was wir aber nicht ahnten, ist, dass auch die Polizei und die Geheimdienste sehr wohl wussten, wer wir sind. Wir agierten also zu Beginn bei unseren Online-Aktivitäten jeweils unter Pseudonym. Das diente uns bis zu einem gewissen Grad für die Anfangszeit, aber je massiver die Angriffe auf uns wurden, desto gefährlicher wurde es, der Öffentlichkeit gegenüber anonym zu bleiben. Und somit entschloss ich mich schließlich Ende 2014, an die Öffentlichkeit zu treten und sie wissen zu lassen, wer ich bin und was mir widerfährt.

Warum ich zur Zielperson wurde

Die erste Frage, mit der man konfrontiert wird, wenn man sagt, dass man unter Beobachtung der Geheimdienste steht, ist:

Warum? Warum du? Warum sollten sie sich für dich interessieren?

Auf die Frage, warum ich zur Zielperson wurde, kann ich leider keine simple Antwort geben, denn ich habe nicht nur eine Sache getan. Es gibt viele Gründe, „warum“. Es gibt Loccum. Außerdem habe ich im Rahmen meiner journalistischen Tätigkeit ausgiebig über das FBI, die CIA und ähnliche Organisationen insbesondere die Geheimdienstallianz Five Eyes aufgeklärt und ich war eine frühe Unterstützerin von Edward Snowden – ein weiterer Grund, warum ich ins Visier kam. Im Jahr 2014 organisierten wir eine Veranstaltung in Neuseeland mit Glenn Greenwald, Kim.com, Edward Snowden und Julian Assange, die wir Moment of Truth (#MOT) nannten – ein weiterer Grund, warum ich in den Fokus kam. Im Vorfeld dieser Veranstaltung wurde ich brutal überwacht. Nicht nur standen ich und meine Mitarbeiter unter Beobachtung, sondern sie übermittelten auch noch Informationen über uns – ihre eigenen Bürger – an eine fremde Staatsmacht! Das nennt man normalerweise „Verrat“. Dann war ich noch gemeinsam mit meinem Medienteam maßgeblich an der Gründung des #TPPANoWay beteiligt – die neuseeländische Bewegung gegen das Handelsabkommen TPP (Transpazifische Partnerschaft) – und auch aktiv in der Bewegung gegen den Krieg in Palästina. Dies sind nur einige der Gründe, warum ich ins Visier der Geheimdienste kam; die Liste könnte fortgesetzt werden.

Das Attentat auf mein Leben

Aufgrund der Belästigung und Verfolgung, die mir widerfuhr, musste ich letztendlich mein Zuhause und mein Land verlassen, nachdem ich 2014 zum Gegenstand von Anschlägen auf mein Leben wurde. Anfangs wurde ich überwacht, später gab es Vereinnahmungsbemühungen und schließlich Mordversuche. Im Januar 2015 verlegte ich meinen Wohnsitz nach Berlin. [Anmerkung der Redaktion: In Deutschland setzten sich die Angriffe fort, heute lebt Suzie Dawson in Russland].

WikiLeaks – der Elefant im Raum. Unser Informationswächter

Der Elefant im Raum, den ich in meiner langen Liste von Gründen, warum ich zur Zielperson wurde, noch nicht genannt habe, ist WikiLeaks. Noch bevor ich in der Occupy-Bewegung aktiv wurde und bevor ich überhaupt in Aktivismus involviert war, unterstützte ich WikiLeaks im ideologischen Sinne. Ich teilte ihre Arbeit, ich erzählte den Leuten, wie großartig ich sie fand. Alle Unterstützer von WikiLeaks werden in irgendeiner Art und Weise überwacht oder stehen unter Beobachtung, diejenigen, die sich aktiv für die Organisation einsetzen, natürlich im höheren Masse als nur passive Zuschauer. Ich möchte aber an dieser Stelle betonen: Fassen Sie das nicht als einen Grund, auf, die WikiLeaks-Webseite nicht zu besuchen, denn man wird ohnehin auf die eine oder andere Weise überwacht, egal ob man ihre Webseite besucht oder nicht.

WikiLeaks ist eine unglaublich wertvolle Ressource, sie ist eine historische Ressource, sie ist unser Informationswächter, und wir müssen für sie einstehen!

Die Spionage-Netzwerke. Wer sind sie?

Die nächste Frage, mit der man konfrontiert wird, ist:

Wer?

Wer genau ist es, der einen überwacht? I. Da gibt es zum einen die staatlichen und II. zum anderen die privaten Agenturen.

I. Die staatlichen – die „Threat Assessment Unit“ und die „Special Investigation Group“

Es gibt die lokale Gemeindepolizei und innerhalb der Polizei gibt es die Abteilung für Bedrohungsanalyse (Threat Assessment Unit) und die Special Investigation Group (SIG) – Sonderteams, die eingeschaltet werden und die eigentlich auf Gewalttäter abzielen sollten, also auf Personen, die ein echtes, nachweisbares Risiko für die Gesellschaft darstellen, nicht auf Menschen, wie Sie und ich, die sich als Aktivisten engagieren. Aber das ist bedauerlicherweise genau, was sie tun.

I.II Die Sicherheitsnachrichtendienste und die GCSB

Dann haben wir die Spionage-Agenturen, in diesem Fall die Sicherheitsnachrichtendienste (Security Intelligence Services (SIS) – das ist so etwas wie das neuseeländische FBI). Und wir haben das GCSB, das Government Communications Security Bureau. Ihre Aufgabe wäre es eigentlich, ausländische Diplomaten zu beobachten, nicht Leute wie meine Kinder und mich während wir zu einer Schulveranstaltung gehen.

I.III Als eine amerikanische Terrorismusbehörde mir auf Twitter folgte

Dann gibt es noch die „Amerikaner“, nicht wahr! Das erste Mal, als mir wirklich bewusst wurde, dass ich mich möglicherweise in ernsthaften Schwierigkeiten befände, war, als eine Organisation namens NCTC (National Counterterrorism Center) meinem Twitter-Kanal von ihrem offiziellen Account aus folgte. Sie sind eine Terrorismusbehörde mit Sitz in Amerika, und sie folgen mir auf Twitter (heute X)! Ich habe sie geblockt – denn was tut man, wenn eine Terrorismusbehörde einem auf Twitter folgt? Da gibt es nicht viel, was man tun kann. Also habe ich sie aus Abscheu einfach geblockt. Nicht dass mir das etwas nützen würde in Bezug auf ihren Zugriff auf meine Informationen, aber – so beschloss ich – wenn sie schon so dreist sind, mich vor aller Augen einschüchtern zu wollen, indem sie mir von ihrem offiziellen Account aus folgen, blockiere ich sie eben.

I.IV Das „Ministerium für innere Sicherheit“

Es gibt das gute alte Department of Homeland Security (Ministerium für innere Sicherheit), das in der Lage ist, die gesamte Regierung gegen Sie aufzubringen, wenn sie entscheiden, dass Sie auf ihrer Zielliste stehen.

II. Die privaten Agenturen. – „Cubic Defense“, „Palantir“

Dann gibt es noch die privaten Agenturen.

II.I Die Privatermittler – GPS-Tracker und intime Beziehungen

Auf der untersten Ebene haben wir die Privatermittler. In Neuseeland gibt es zum Beispiel Thompson & Clark Investigations Ltd. Das ist ein notorisches Unternehmen, das alles Mögliche tut, wie zum Beispiel Autos von Aktivisten mit GPS-Trackern auszustatten und sogar in Neuseeland dabei ertappt wurde, als Teil seiner beruflichen Tätigkeit gezielt intime Langzeit-Beziehungen mit Aktivisten einzugehen, was so ungefähr das Widerlichste ist, das man sich nur vorstellen kann. Weiter gibt es SSI Pacific. Es gibt Cubic Defense, das sich mit der Verfolgung von Vermögenswerten befasst. Und es gibt Palantir, auch bekannt als „Palantir der Pädophilen“. Palantir ist in Finanzsystemen und Banken involviert. Sie sind an der Entwicklung von Prognosesoftware beteiligt, aber auch an der Überwachung von Finanztransaktionen. Sie sind an der sogenannten Geldwäschegesetzgebung beteiligt, die weltweit eingeführt worden ist und leider auch gegen Aktivisten und Journalisten eingesetzt wird, die auf der Zielliste stehen.

Glückwunsch, Sie sind Zielperson!

Die dritte Frage ist:

Wer wird Gegenstand der ­Überwachung?

In den guten alten Zeiten ging es um Extremisten, heute jedoch um sogenannte „Extremisten“: Wenn Sie wollen, dass die Welt ein besserer Ort wird und bereit sind, dafür aktiv zu werden – Glückwunsch, Sie sind „Extremist“! Wenn Sie meinen, dass Konzerne nicht alle Märkte und Ressourcen auf dem Planeten beherrschen dürfen – Glückwunsch, Sie sind „Extremist“! Wenn Sie denken, dass Regierungen nicht Zivilisten und unzählige Länder zwecks finanzieller Verdienste bombardieren sollen – herzlichen Glückwunsch, Sie sind „Extremist“ und höchstwahrscheinlich auf der Zielliste, sofern Sie Bestrebungen anstellen, in dieser Hinsicht aktiv zu werden.

Die Methoden der Geheimdienste: von der Überwachung bis zum Mord

Als nächstes stellt sich die Frage, „was?“. Was genau tun sie uns an, wenn wir zur Zielperson geworden sind?

  1. Zuerst überwachen sie uns.
  2. Die Überwachung führt zu Belästigung – staatlich betriebene, staatlich finanzierte Belästigung.
  3. Das wiederum führt zur Isolation des Opfers aufgrund der dauernd stattfindenden Belästigung.
  4. Dazu kommt die Sabotage – Sabotage von unserem persönlichen Besitz und unserem Leben, von Bereichen unseres Lebens, unserer Beziehungen und unserer Karrieren.
  5. Ferner gibt es die „Versuchung“, denn wenn wir nichts Illegales tun, ist das ein großes Problem für sie; sie wollen, dass wir Illegales tun, damit sie ihre Handlungen gegen uns rechtfertigen können und wenn wir das nicht tun, dann erfinden sie illegale Dinge, die wir tun könnten und versuchen, uns in diese zu verwickeln, um uns auf diesem Wege zu institutionalisieren.
  6. Und wenn dann am Ende nichts von all dem eben Gesagten gefruchtet hat, dann gibt es noch die Ermordung. Schauen wir uns also nun alle 6 Punkte genauer an.

Unter dem Titel „Online Covert Action“ (Verdeckte Online-Aktionen) beschreibt das Dokument eine Vielzahl von Methoden zur Durchführung von „Einfluss- und Informationsoperationen“ sowie „Stör- und Computernetzangriffen“ und analysiert dabei, wie Menschen mithilfe von „Führern“, „Vertrauen“, „Gehorsam“ und „Konformität“ manipuliert werden können. Aus den Dokumenten, die Edward Snowden an die Öffentlichkeit brachte. (Folie: <https://theintercept.com/2014/02/24/jtrig-manipulation/>)

1. Überwachung

Das Erste ist die Überwachung. Es gibt verschiedene Formen von Überwachung, wie wir unten sehen werden.

1.1 Physische Überwachung: Manipulation des Stromzählers, Ratten und Schatten

Es gibt die physische Überwachung. Das ist der abgedunkelte, weiße Lieferwagen, der 24 Stunden am Tag vor Ihrem Haus geparkt ist. Das sind die zwielichtigen Gestalten mit den Baseballkappen und Kapuzen, die Ihnen immer und absolut überallhin folgen, wohin Sie gehen – ich nenne sie die „Schatten“. Es ist, wenn Ihre Post in Ihrem Briefkasten ankommt und aussieht, als hätten Ratten die Ecken aufgebissen, sodass es offensichtlich ist, dass sie manipuliert wurde. Es ist, wenn – wie es jetzt inzwischen für eine ganze Reihe von staatlichen Behörden legalisiert worden ist – verdeckt und ohne Durchsuchungsbefehl Kameras in Ihrem Haus angebracht werden. Sie können uns ohne Durchsuchungsbefehl, ohne unser Mitwissen innerhalb unserer eigenen vier Wände beobachten – das ist „Orwell“! Das ist nicht „Orwell kommt, Orwell könnte passieren“, das ist Orwell! Sie filmen uns in Echtzeit innerhalb unserer eigenen vier Wände. Das ist „legal“, man hat Orwell „legalisiert“.

Weiter geben sie sich als Mitarbeiter von Energieunternehmen aus, sie manipulieren Ihren intelligenten Stromzähler und nutzen ihn, um Sie zu überwachen. Sie arbeiten mit den Telefongesellschaften und sonstigen Versorgungsunternehmen zusammen. Wenn Sie ein neues Handy über Ihre Telefongesellschaft bestellen, liefern sie es Ihnen mit vorinstallierter Hardware, wodurch das Gerät mit bereits installierter Fernzugriffstechnologie geliefert wird.

Dies wurde durch Veröffentlichungen von Hacking-Teams bei WikiLeaks und von vielen anderen nachgewiesen. Sie befestigen GPS-Tracker an Ihrem Auto, um Sie auch auf diesem Wege zu überwachen. Und sie verwenden sogar Infrarot an Ihren Häusern, um festzustellen, wer sich darin befindet, wo genau sie sich befinden und was sie zu einem gegebenen Zeitpunkt tun. Sie haben dies auch bei den Occupy-Besetzungen eingesetzt, um festzustellen, wie viele Menschen sich in den Zelten befanden.

1.2 Elektronische Überwachung: Kompromittierung Ihrer Geräte und Ihre Webdienste

Dann gibt es die elektronische Überwachung, die beinhaltet, dass sie Ihre Webdienste, Ihre Anwendungssoftware und alle Ihre Geräte überwachen. Sie kompromittieren Ihren Router, Ihren Internetdienstanbieter. Sie haben sogar stellvertretende Mitarbeiter bei Internetdienstanbietern im Einsatz, die in den Prozess der Ausspähung von Kunden einbezogen sind.

1.3 Private Überwachung – die Glasmaske

Dann gibt es die private Überwachung. Das ist, wenn sie Ihre Social-Media-Aktivitäten überwachen. Das ist, wenn sie Ihre Finanzdaten und Ihre Kontobewegungen ins Visier nehmen. Das betrifft Ihre medizinischen Daten. Das ist das, was ein guter Freund von mir aus Berlin „Glasmasken“ nennt, also Ihr „Big-Data-Profil“: Was Sie gekauft haben, wo Sie es gekauft haben, wie oft Sie es gekauft haben, wo Sie gewesen sind, überall wo Sie online erfasst werden, alle Informationen, die Ihre Versicherungsgesellschaft oder jedes andere Online-Unternehmen, das Sie nutzen, über Sie sammelt und dann an „Big-Data-Unternehmen“ weitergibt. All diese Daten werden verwendet, um ein Profil von Ihnen, Ihren Konsumgewohnheiten und Ihrem Leben zu erstellen, davon, wohin Sie gehen, mit wem Sie in Kontakt sind, was Sie tun und was Sie kaufen.

1.4 Öffentliche Überwachung. Von Mülltrennung über ÖV bis „TrapWire“

Dann gibt es die öffentliche Überwachung. Das ist Überwachung durch die örtlichen Behörden, z.B. wenn Ihr Müll – weil Sie auf der Zielliste stehen – von den Entsorgungsunternehmen durchsucht wird um festzustellen, ob Sie Ihr Recycling korrekt durchgeführt haben. Es ist die öffentliche Überwachung bei Veranstaltungen, die Gesichtserkennungssoftware, die in einem Sportstadion eingesetzt wird, um die Gesichtsprofile von Menschen zu erfassen, die sich ein Fußballmatch anschauen. Es ist alles, was sogenannte „öffentliche Sicherheit“ genannt wird.

Die Behörde für öffentliche Sicherheit (The Public Safety Board) – die es hemmungslos auf die Überwachung von Aktivisten abgesehen hat – ist auch die Instanz, die Zugang zu und Kontrolle über viele dieser Überwachungssysteme hat und die als Bindeglied zwischen Sicherheitsbehörden und der zivilen Infrastruktur dient. Letzteres gilt auch für die Verkehrsunternehmen (transport agencies), denn im öffentlichen Verkehr ist der größte Personenstrom konzentriert und deshalb ist das die Stelle, wo die Überwachung zuerst in die zivile Infrastruktur eingreift und aus diesem Grunde sind die Geheimdienste eng mit den Verkehrssystemen und den öffentlichen Sicherheitsbehörden vernetzt, was an sich sinnvoll sein könnte, wenn sie es ausschließlich auf Vergewaltiger und Mörder abgesehen hätten, aber leider verwenden sie es, um „Aktivist und/oder Journalist Otto Normalverbraucher“ zu überwachen und festzustellen, wohin er geht, bevor oder nachdem er einen Artikel, der der Regierung nicht gefällt, publiziert hat.

Dann gibt es TrapWireTrapWire ist nicht nur Gesichtserkennung, TrapWire ist Netzwerküberwachung. Das bedeutet, dass die Sicherheitskameras nicht nur dem Geschäft, in dem sie hängen, gehören, wo der Ladenbesitzer sehen kann, ob ein Raubüberfall stattfindet, sondern dass sie länderübergreifend vernetzt sind.

Wenn es an der Universität von Auckland zu einer Aktion kommt, bei der 2000 Universitätsstudierende protestieren, können sie in Washington, D.C. in einem Rechenzentrum sitzen und dieses Ereignis live über die Sicherheitskameras mitverfolgen.

Solche Netzwerküberwachungssysteme wie TrapWire machen vor einer Landesgrenze keinen Halt – sie schaffen eine grenzüberschreitende Überwachungswelt.

An dieser Stelle hinkt das Recht der dystopischen orwellschen Infrastruktur, die errichtet wurde, weit hinterher. Denn es ist rechtlich nicht vorgesehen, dass wir auf diese Weise von fremden Nationen überwacht werden. Wenn man der Sache auf den Grund geht, wird man feststellen, dass Dutzende, wenn nicht sogar die Mehrheit aller Länder auf dieser Erde, von einem Rechenzentrum in Washington, D.C. aus überwacht werden können und das geschieht ohne das Einverständnis der Bürger der entsprechenden Länder.

2. Belästigung

Weiter gibt es die „Belästigung“. Was genau tun sie, um einen davon abzuhalten, journalistisch und aktivistisch tätig zu sein? Davon abzuhalten, Dinge zu tun und zu publizieren, die ihnen nicht gefallen?

2.1 Einbrüche – die offensichtlichen und die verdeckten

Sie tun das, was ich Überraschungsbesuche nenne. Das sind entweder solche, die offensichtlich sind, oder solche, von denen man nichts mitbekommt. Anfang Dezember 2011 wurde zum ersten Mal in mein Haus eingebrochen. Das Badezimmerfenster wurde von innen eingeschlagen. Von außen gesehen gab es keine sichtbaren Einbruchsspuren, aber sie schlugen, wie gesagt, während sie im Haus waren, ein Fenster ein, um den Eindruck zu erwecken, dass von außen eingebrochen wurde. Dieser Einbruch war, soweit mir bewusst ist, der erste in einer langen Reihe von Störungen in meinem Haus; es war auch der offensichtlichste.

2.2 Die Privatermittler. Seltsame Detektive und versteckte Filmaufnahmen

Dann gibt es die Privatermittler. Sie pflegten es, an meiner Haustüre aufzutauchen und zu sagen:

„Wir haben gehört, dass Sie aufgrund Ihrer journalistischen Tätigkeit belästigt werden, und wir ermitteln gegen diese Leute. Wir ermitteln nicht gegen Sie, aber zufälligerweise ermitteln wir gegen die Leute, mit denen Sie Probleme haben. Teilen Sie uns also daher all diese völlig außer Zusammenhang stehenden Dinge, die wir wissen wollen, mit!

Und während sie mit Ihnen reden, filmen sie Sie mit verdeckten Kameras und nehmen alles auf, was Sie sagen. Wenn Sie also aktivistisch oder journalistisch tätig sind und seltsame Ermittler an Ihrer Haustüre auftauchen, um mit Ihnen zu sprechen, dann tun Sie es nicht!

2.3 Gang-Stalking

Weiter haben wir das, was als „Gang-Stalking“ bekannt ist. Ich persönlich sehe das nicht als eigentliches Gang-Stalking, sondern als Personen, die in diese Agenturen verstrickt sind und koordiniert mit ihnen zu Zwecken der Belästigung von Zielpersonen zusammenarbeiten. Sie belästigen einen in und mit Fahrzeugen. Sie belästigen einen in Gruppen auf der Straße, sie tun was auch immer sie können, um einem das Leben schwer zu machen, einen aus dem Gleichgewicht zu bringen und dafür zu sorgen, dass man einen richtig miesen Tag hat.

2.4. Die Paparazzi

Ferner gibt es noch die Schnappschuss-Fotografen mit ihren riesigen Teleobjektiven, die Fotos von Ihnen machen, wenn Sie aus Ihrer Einfahrt rausfahren, die Fotos von Ihnen machen, wenn Sie zu einem Konzert in der Schule Ihrer Kinder gehen, Fotos auf einem Parkplatz mitten in der Stadt von Ihnen machen, während Sie Ihren privaten Angelegenheiten nachgehen. Vielleicht tun sie das auch, damit sie etwas haben, das sie in ihre kleinen Akten über Sie einfügen können, aber der Grund, warum sie es so offensichtlich tun, ist wohl vor allem, um einen aus dem Gleichgewicht zu bringen und immer das Gefühl zu geben, dass man keine Kontrolle darüber hat, was als Nächstes geschehen wird.

2.5 „Flying Monkeys“, Pädophilie und Drogenhandel

Weiter gibt es die direkte Einmischung in Ihr Leben. Es handelt sich dabei um Eingriffe in Ihr soziales Umfeld, maßgeschneidert, um Sie zu schädigen, und die so gehandhabt werden, dass Sie oft nichts davon erfahren, dass sie stattfinden. Sie gehen zu den übrigen Bewohnern Ihrer Straße und sagen: „Gegen Ihren Nachbarn wird ermittelt. Wenn Sie etwas Seltsames bemerken, rufen Sie uns an und sagen Sie uns, was Sie beobachten.“ Auf diese Weise versuchen sie, durch ihre Nachbarn an Informationen über Sie heranzukommen. Wenn Sie Glück haben – wie ich es hatte – so haben Sie in der Regel gute Nachbarn, die sagen:

Wer sind Sie? Was sind Ihre Beweise? Wo ist Ihr Durchsuchungsbefehl? Hauen Sie ab!

und sie dann davonjagen. Und vielleicht haben Sie auch ein paar gutgläubige oder gar tratschlüsterne Nachbarn, die sagen:

Mein Gott, oh mein Gott, es wird gegen sie ermittelt! Natürlich werden wir Ihnen helfen,

obwohl es in Wirklichkeit für eine solche Ermittlung gar keinen Anlass gibt – das sind die Leute, die diese Typen nutzen können. Es gibt sogar Fälle – in meinem Fall kann ich es nicht nachweisen – wo Nachbarn und Freunde gesagt bekamen, dass gegen die betreffende Person wegen Kindesmissbrauchs oder Drogenhandels ermittelt werde, obwohl es sich dabei lediglich um Aktivisten und Journalisten handelte, die nichts mit Kindesmissbrauch oder Drogenhandel zu tun hatten. Aber diese Ermittler oder sogar manchmal die Polizeibehörden benötigen etwas, womit sie die Menschen im sozialen Umfeld der Zielperson einschüchtern können, sodass sie einerseits schweigen und Ihnen nichts von dieser Interaktion sagen und sich andrerseits fügen und tun, was diese Instanzen wollen, damit auf die Zielperson Druck ausgeübt werden kann, auf eine Art und Weise, die für das Umfeld angemessen scheint. Und natürlich – wer mag schon Kinderschänder, nicht wahr? Natürlich möchte man mithelfen, Kinderschänder zu fassen, nur geht es eben in diesem Fall gar nicht darum, sondern es wird hier nur als Vorwand genutzt.

2.6. Einmischung im Privatleben. Familiengründung mit Undercover-Agenten

Sie werden sich in Ihre Liebesbeziehungen einmischen, sie werden Sie regelrecht in Bars anmachen, sie werden dasselbe mit Ihren Partnern versuchen. Sie werden Desinformation und Zweifel über Sie bei Ihren Partnern säen. Sie werden versuchen, Ihre Partner selbst in Versuchung zu bringen. Wenn Ihre Beziehung diesen Leuten ein Dorn im Auge ist, werden sie alles tun, um sie zu zerstören und wenn sie die Möglichkeit bekommen, werden sie zu diesem Zweck verdeckte Agenten einschleusen, egal ob es sich dabei um Mitarbeiter von privaten Agenturen oder sogar die Polizei handelt – ich verweise auf die bekannten Fälle, in denen Aktivistinnen von Undercover-Agenten, die mit ihnen ins Bett gingen, um an Informationen über ihre Tätigkeiten heranzukommen, Kinder bekommen haben. Ich verspreche Ihnen, das ist keine Erfindung von mir, diese Sachen sind gut dokumentiert. Sie werden sich in Ihre Liebesbeziehungen einmischen. Und wenn sie zu dem Schluss kommen, dass eine Beziehung mit Ihnen ihren Zwecken nützlich ist, werden sie alles daran setzen, das zu erreichen.

2.7. Berufssabotage und Gerüchteküche

Sie werden Sie bei Veranstaltungen belästigen. Ich habe selbst einen Vorfall auf Video, wo man mich durch die Menschenmenge fliegen sieht, weil ein Polizist kam und mich – während ich filmte – mit aller Kraft durch den Raum stieß, um mich vom Filmen abzuhalten. Berufssabotage wird aber in der Regel auf dem Umwege durch die Ermittlungs-Agenturen (investigative agencies) betrieben, die ihre Agenten einsetzen, um Sie in entscheidenden Momenten aus dem Konzept zu bringen und Sie daran zu hindern, Ihre Arbeit zu tun. Oder sie gehen zu einer Großveranstaltung, über die Sie berichten wollen, und erzählen jedem, der es hören will, dass Sie der Undercover-Polizist sind, dass Sie der verdeckte Ermittler sind, und Sie dort sind, um die Veranstaltung zu sabotieren, obwohl Sie lediglich darum bemüht sind, die Wahrheit zu berichten und die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Geschehnisse vor Ort zu informieren.

2.8. Digitale Belästigung. Intime Kenntnisse über Ihr Leben durch Spionage

Dann gibt es noch die digitale Belästigung, die Belästigung über die sozialen Medien. Das können Morddrohungen sein, es können Vergewaltigungsdrohungen sein, können aber auch gezielte Nachrichten sein, die auf intimen Kenntnissen über Ihr Leben basieren, die durch Überwachung erworben sind. Wenn sie also wissen, wer letzte Nacht in Ihrem Schlafzimmer war, oder dass jemand in Ihrem Schlafzimmer war, oder – weil sie versteckte Kameras in Ihrem Badezimmer angebracht haben – wissen, dass Sie heute Morgen einen Pickel vor dem Badezimmerspiegel ausgedrückt haben, dann werden sie Ihnen über sogenannte „Sockenpuppen-Profile“ Nachrichten zukommen lassen, durch die Sie wissen, dass sie all diese lächerlichen kleinen Dinge über Sie – die niemanden interessieren sollten und niemanden etwas angehen – wissen. Das tun sie, damit Sie wissen, dass Sie beobachtet werden, und in Panik geraten, denn sie wollen, dass Sie Fehler machen, dass Sie sich danebenbenehmen und dies ist der Weg, auf dem sie das zu erreichen hoffen. So üben sie Druck auf Sie aus, indem sie Sie wissen lassen, dass sie alles über Sie wissen, sogar was Sie heute Morgen vor dem Badezimmerspiegel taten und sie wollen Sie durch dieses Wissen aus dem Gleichgewicht bringen. Sie werden Sie auch über andere Kommunikationsformen belästigen. Sie werden Telefonstreiche mit Ihnen machen. Sie werden Sie per E-Mail belästigen.

2.9 Elektronische Belästigung. Gebrauch von Schallkanonen in Wohnsiedlungen

Wenn Sie weit oben auf der Zielliste stehen, werden sie Sie elektronisch belästigen, wie wir es bei vielen Kundgebungen gesehen haben, mit Waffen wie dem Long-Range Acoustic Device (LRAD), der Schallkanone. Es gibt Versionen dieser Waffen, die sie in Wohngebieten einsetzen. Sie tun dies, um Sie innerhalb Ihrer eigenen vier Wände zu belästigen und in Angst und Schrecken zu versetzen, obwohl es zutiefst und absolut unmoralisch ist.

Ein Long-Range Acoustic Device (LRAD), eine Schallkanone. (Fotos: Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.5)

3. Isolation

Dann gibt es die Dinge, die sie tun, um einen zu isolieren.29

3.1. Kommunikationssabotage

Sie fangen Ihre Kommunikation ab, online insbesondere bzw. am einfachsten, wenn sie nicht verschlüsselt ist, sodass Sie nie genau wissen, ob das, was Sie gesendet haben, auch wirklich angekommen ist. Und Sie glauben dann Gespräche geführt zu haben, die in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden haben, und am Ende wissen Sie nie wirklich, wie Sie mit den Menschen verblieben sind, was gesagt wurde und was nicht, was wirklich angekommen ist und was nicht.

3.2 Gaslighting. Fremde Socken und eine aufgeschlagene Zeitung

Es gibt Gaslighting. Gaslighting ist die wirksamste Methode, um jemanden zu isolieren. Diese Methode ist grausam und brutal. Ich wurde in Neuseeland öfter Opfer dieser Praxis. Ich kam eines Tages nach Hause, ging in mein Wohnzimmer und fand auf meinem Couchtisch eine aufgeschlagene Zeitung, die ich nicht gekauft hatte und die auch sonst niemand in meinem Haushalt gekauft haben konnte, weil es zu diesem Zeitpunkt niemanden in meinem Haushalt gab, der sie hätte kaufen können. Die Zeitung war auf einen bestimmten Artikel aufgeschlagen, der eine spezifische Botschaft für mich enthielt. Er bezog sich also beispielsweise auf etwas, worüber ich geschrieben hatte, oder auf etwas, das in anderer Weise mit meinem Leben zusammenhing. Dies geschah, um mich in zweierlei Hinsicht zu verunsichern: erstens um mich wissen zu lassen, dass sie in meinem Haus gewesen waren, wobei es meiner Fantasie überlassen war, sich auszumalen, was sie ggf. dort, während sie da gewesen waren noch alles getan hatten. Aber zweitens auch, weil es etwas war, das ich nicht beweisen konnte. Ich kann nicht zur Polizei gehen und sagen:

„Jemand hat eine aufgeschlagene Zeitung auf meinem Couchtisch liegen lassen. Ich möchte, dass Sie etwas dagegen tun.

Ich hätte das niemals beweisen können.

Ein anderes Mal hatte ich eine Dreierpackung nagelneuer weißer Sportsocken gekauft und sie auf meiner Kommode im Schlafzimmer liegen lassen, wie man es eben macht – man kauft ein paar neue Socken, legt sie auf die Kommode, geht aus dem Haus, kommt nach Hause und die Socken sind weg! Nicht nur sind sie weg, es handelt sich nicht nur um einen Fall von fehlenden Socken, sondern es lag an ihrer Stelle ein dreckiges, verschwitztes Paar Herrensocken, und es war zu diesem Zeitpunkt kein Mann in meinem Haus. Sie lagen genau an der Stelle, wo sich die ungeöffnete Packung mit brandneuen weißen Sportsocken befunden hatte. Also jemand war in meinem Haus gewesen, hat meine Socken gestohlen, meine nagelneuen Sportsocken, und hat stattdessen ein widerliches, verschwitztes Paar Herrensocken an ihrer Stelle hingelegt. Nur um mich wissen zu lassen, dass sie dagewesen sind. Sie waren in meinem Zimmer gewesen, in meinem Schlafzimmer, an meiner Kommode, und haben mir Socken im Wert von 5 $ gestohlen. Was kann ich dagegen tun? Kann ich zur Polizei gehen und sagen:

Hallo, mir wurden Socken im Wert von 5 $ gestohlen und jemand hat ein paar schmutzige Herrensocken auf meiner Kommode hingelegt?

Nein, kann ich nicht! Das sind also die Methoden, mit denen sie einen terrorisieren. Methoden, gegen die man nichts unternehmen kann. Es gibt keine Entschädigung für sie, und genau deshalb tun sie es, und deshalb kommen sie auch damit durch. Sie tun einem Dinge an, von denen man sich nicht traut, zu erzählen, weil man verrückt erscheinen würde, wenn man es täte. Das wissen sie. Und daher tun sie es auch.

Charles Boyer, Ingrid Bergman und Joseph Cotten im Film „Das Haus der Lady Alquist“ (1944), in dem der Hauptdarsteller behauptet, er sähe die Dinge nicht, die seine Ehefrau wahrnimmt. So manipuliert er die Helligkeit einer Gaslaterne und behauptet, dies nicht wahrzunehmen. Damit treibt er seine Frau fast in den Wahnsinn. Dies ist eine Form des Gaslighting, eine gezielte Form psychologischer Manipulation, häufig von Geheimdiensten eingesetzt. (Foto: Wikimedia Commons, CC0)

3.3 Verleumdung. Die Neo-Nazi-Keule

Dann gibt es noch die Verleumdung. Der Vorwurf des Neonazismus trifft in der Regel alle Aktivisten und Bewegungen, die ins Visier geraten. Sie versuchen, uns mit Neonazis in Verbindung zu bringen, obwohl das vollkommen unbegründet ist und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt.

4. Sabotage

Dann gibt es Sabotage. Sabotage ist furchtbar. Was immer man tut, man kann sich dem nicht entziehen. Entweder man besitzt ein eigenes Haus, wie ich es tat, oder man wohnt zur Miete. Wenn Sie zur Miete wohnen, werden sie sich über Ihren Vermieter an Sie heranmachen. Also wieder der bereits erwähnte Kinderschänder-Vorwand. Sie gehen zu Ihrem Vermieter und sagen:

„Gegen diese Person wird ermittelt. Kooperieren Sie mit uns! Sie müssen uns erlauben, Kameras in ihrem Haus anzubringen. Sie müssen uns alles über sie erzählen, was Sie wissen. Sie müssen tun, was wir sagen, weil die Person ein Kinderschänder, Drogenhändler oder Ähnliches ist, bitte kooperieren Sie mit uns!

4.1 Vandalismus. Zerstörung Ihrer Immobilie und Ihrer Gegenstände

Wenn Sie Ihr eigenes Haus besitzen – was es für sie ein wenig umständlicher macht, sich an Sie heranzumachen –, werden sie Ihr Haus Stück für Stück zerstören. Sie werden auch Ihr sonstiges Eigentum zerstören. Sie werden Diebstähle begehen. Bei mir zu Hause trat plötzlich ein Leck im Dach auf. Ich bestellte den Dachdecker, der das Dach reparierte. Das kostete mich ein paar hundert Dollar. Zwei Wochen später war das Dach wieder undicht. Ich rief den Dachdecker erneut an. Er stieg wieder auf das Dach und fragte:

Warum haben Sie den Flicken entfernt?

Und ich sagte:

Natürlich habe ich den Flicken nicht entfernt. Ich bin nicht am Dach gewesen. Warum auch sollte ich den Flicken entfernen?!

Er reparierte erneut das Dach und ich war wieder ein paar hundert Dollar los. Zwei Wochen später war das Dach nochmals undicht. Er kam und fragte:

Warum ist der Flicken wieder weg?

Das ist ein typisches Beispiel von dem, was sie tun. Sie zertrümmern Wasserleitungen. Sie bohren Löcher in Ihr Dach. Sie tun lauter Dinge, die man nie beweisen könnte, dass sie sie getan haben. Man kann nicht zur Polizei gehen und sagen:

Mein Flicken ist von meinem Dach verschwunden.

Aber wenn Ihr Flicken drei- oder viermal hintereinander von Ihrem Dach verschwindet und Sie es nicht selbst waren, dann war es jemand anderes! Und dieser Jemand steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit all den anderen seltsamen Dingen, die Ihnen widerfahren sind und die ich gerade oben besprochen habe, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie aktivistisch oder journalistisch tätig sind und über kontroverse Themen berichten, von denen die Regierungen es bevorzugen, dass darüber nicht berichtet wird. Sie zerstören Dinge, von denen sie wissen, dass sie Ihnen wertvoll sind, nur um den emotionalen Schaden anzurichten, wie bei einer wertvollen antiken Uhr, die ich von meiner Großmutter bekommen hatte und die ich pflegte zu tragen. Ich ließ sie einmal in meiner Schmuckschatulle zurück, kam nach Hause, öffnete meine Schatulle. Alles war in bester Ordnung, bis auf den nämlichen Gegenstand, dessen Vorderseite mit einem Hammer zerschmettert war.

4.2 Entpotentialisierung. Die Matrix

Sie werden Ihre Karriere sabotieren. Sie werden mit Ihrem Chef und Kollegen dasselbe tun, was sie mit Ihrem Vermieter getan haben. Sie werden Ihre Beziehungen und Ihre Chancen zerstören. Es ist wie in der Matrix. In der Matrix denken sie, dass sich hinter dem Vorhang ein Fenster befindet, durch das sie entfliehen können, sie ziehen den Vorhang beiseite und das Fenster ist zur Ziegelwand geworden. Genau das tun diese Leute mit Hilfe der Informationen, die sie durch Überwachung über Sie sammeln. Sie errichten Ihnen überall dort eine Mauer, wo sonst eine Chance gewesen wäre.

5. Die Versuchung

Das nächste, was sie anwenden, ist die Versuchung.

5.1 Die Gesprächsfalle, die digitale Falle, das Überreden zu illegalen Handlungen

Sie werden Sie bei öffentlichen Veranstaltungen aufsuchen und Ihnen Fallen stellen, indem sie Sie zu illegalen Handlungen zu überreden suchen. Sie werden versuchen, Sie zu kompromittierenden Aussagen zu bewegen, Sie in Gespräche über bestimmte Personen oder Themen zu verwickeln. Diese Gespräche werden dann aufgezeichnet und an die betroffenen Personen oder Parteien übermittelt, um sie gegen Sie aufzubringen. Dann gibt es die „digitale Versuchung“, die ich bereits früh erlebte. Ich bin überhaupt keine Hackerin, aber jemand versuchte, mich dazu zu überreden, in einer bestimmten Sache meine IT-Kenntnisse zum Hacken einzusetzen.

5.2 Social Engineering. Honeypots und das „JTRIG-Program“

Dann gibt es noch eine ganz besonders grausame Art von Falle, nämlich das „Social Engineering“. Dies erlebte ich im Zuge der Snowden-Enthüllungen zwischen Juni, Juli und Ende August in 2013, als ich in eine Online-Beziehung mit Hector Monsegur verstrickt wurde. „Mario Fernandez“ nannte er sich. Er gab mit diesem Namen vor, ein Freund zu sein, mit dem ich seit etwa sieben oder acht Jahren online befreundet war. Er beging Identitätsbetrug, um mich glauben zu machen, dass er jemand sei, den ich schon lange kannte, um mich dazu zu überreden, mit ihm eine Beziehung einzugehen, damit er an Informationen über meine journalistische Arbeit gelangen konnte. „Social Engineering“ hat verheerende Folgen. Es handelt sich hier um das sogenannte JTRIG-Programm (Joint Threat Research Intelligence Group). Sie nennen es „Honeypots“ – sie stellen „Honigtöpfe“ auf. Was sie in Wirklichkeit tun, ist, Identitätsbetrug zu begehen, um ahnungslose Menschen zu falschen Beziehungen zu überreden, Beziehungen, die auf falschen Prämissen basieren. Es ist eigentlich eine Form von Vergewaltigung, weil es sich um intime Aktivitäten handelt, die durch Täuschung herbeigeführt und ausgeübt werden. Sie tun dies, um an Informationen über einen zu gelangen, aber auch um an Material heranzukommen, das sie gegen einen verwenden können und auch um einen besser kontrollieren und beeinflussen zu können.

In einem internen Dokument des GCHQ, das britische Gegenstück zur NSA, das von Edward Snowden an die Öffentlichkeit gebracht wurde, werden einige Techniken des JTRIG (Joint Threat Research Intelligence Group) benannt. 1. Honigfalle aufstellen; 2. Die Änderung von Fotos auf Social Media; 3. Einen Blog schreiben, in dem man vorgibt, das Opfer zu sein; 4. E-mailen oder texten an Kollegen, Nachbarn, Freunde etc. (Folie: <https://theintercept.com/2014/02/24/jtrig-manipulation/>)

Falls Ihnen so etwas widerfahren ist, sagen Sie einfach die Wahrheit, sprechen Sie darüber, so wie ich es getan habe, denn das ist die einzige Möglichkeit, dagegen anzugehen. Sitzen Sie nicht herum und fühlen sich schuldig wegen dem, was Ihnen widerfahren ist. Die Schuld liegt bei den Tätern, nicht bei Ihnen.

Diejenigen, die so etwas Widerliches tun, sind diejenigen, die sich schämen sollten, nicht die Menschen, die gutherzig genug waren, ihnen zu glauben. Wenn Ihnen also so etwas passiert ist, schämen Sie sich nicht, sprechen Sie darüber und erzählen Sie den Leuten davon. Die Schande liegt beim Täter, nicht bei Ihnen.

5.3 Institutionalisierung. Ihr Ego und das Maßschneidern Ihres Verhaltens

Das Ziel ist, Sie auf die eine oder andere Weise zu institutionalisieren. Das kann verschiedene Formen annehmen. Es kann sich schlicht um eine reformistische Institutionalisierung handeln, indem Sie in den konventionellen politischen Prozess eingebunden werden, weil das für sie ein sicherer Gewinn ist, den sie gewinnen, ganz egal ob der rote oder der blaue Kandidat ins Amt kommt. Daher werden sie versuchen, Sie in das politische System hineinzuziehen. Sie werden versuchen, Ihr Ego zu kitzeln. Sie werden Sie dazu auffordern, bei Veranstaltungen zu sprechen und sich ein Image aufzubauen, damit Sie sich mehr um Ihr Image, um Ihren Ruf sorgen, als um die Botschaft, die Sie vertreten, und die Aktivitäten, die Sie im Interesse der Menschen ergreifen wollten. Sie sorgen dafür, dass Sie das Gefühl bekommen, dass Sie einen Ruf zu verlieren haben, und werden dies dazu verwenden, Ihr Verhalten und Ihre Entscheidungen nach deren Vorstellungen maßzuschneidern.

5.4 Rufmord durch Gefängnis und Psychiatrie. Zwangsmedizinierung

In Fällen, in denen sich keine der erwähnten Methoden bewährt haben, werden sie zu härteren Mitteln greifen, um Sie von Ihrem Kurs abzubringen, was umso eher gelingt, desto isolierter Sie sind und desto weniger Unterstützung Sie genießen. Sie können einen tatsächlich so weit treiben, dass man beginnt, den Verstand zu verlieren, nicht aus eigenem Verschulden oder natürlichen Ursachen, sondern allein aufgrund dessen, was sie mit einem machen. Und es hat Fälle gegeben, in denen Aktivisten unter dem Gesetz zur psychischen Gesundheit (Mental Health Act) gegen ihren Willen in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik eingewiesen wurden und als sie drin waren, gegen ihren Willen zwangsmedikamentiert und auf diesem Wege durch ihre psychiatrische Akte diskreditiert wurden, ganz zu schweigen von den verheerenden Auswirkungen der traumatischen Erfahrungen auf deren Psyche sowie der Medikamente auf deren Körper. Eine andere Form des Rufmords ist die Inhaftierung. Das haben wir bei Barrett Brown, Jeremy Hammond, Chelsea Manning und bei vielen unserer schönsten und mutigsten Whistleblower, Journalisten und Aktivisten gesehen. Sie werden, wenn sie es für nötig befinden, einen Weg finden, einen ins Gefängnis zu stecken.

6. Mordanschlag

Ein tiefer Seufzer – denn jetzt kommen wir zum bedrückendsten Teil des Ganzen, nämlich zu den Mordversuchen. Wenn all das oben Genannte fehlgeschlagen ist, wenn Sie ein Ausnahmefall sind, der nicht korrumpierbar ist und nicht für verrückt erklärt werden kann, wenn alle Methoden an Ihnen gescheitert sind, dann besteht die Möglichkeit, dass sie tatsächlich versuchen, Sie schlicht und einfach umzubringen oder Ihnen ernsthaft körperlichen Schaden zuzufügen.

6.1 Die Autojagd, Blendwaffen und das brennende Auto

In meinem Fall versuchten sie mich – ausgerechnet am Muttertag – mit dem Auto über eine Felskante in den Abgrund zu stürzen. Sie ließen am Rande einer Ortschaft in einer ländlichen Gegend ein Auto vor und eines hinter mir einspuren, sodass wir von beiden Seiten eingekesselt waren und sie unsere Geschwindigkeit kontrollieren konnten. Wir konnten weder vor noch zurück noch seitwärts ausweichen, da wir uns in dieser windigen ländlichen Gegend in Northland, Neuseeland auf einer einspurigen Straße auf einer felsigen Anhöhe befanden. Sobald sie unsere Bewegung und Geschwindigkeit unter Kontrolle hatten, setzten sie etwas ein, das – wie ich später erfuhr – als Blendwaffe (Dazzler) bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um extrem starke farbige Lichter, die von hinten in die Rückspiegel des vorausfahrenden Fahrzeugs – in diesem Falle meines – gestrahlt werden. Sie strahlen in den Rückspiegel, um den Fahrer zu blenden, sodass er die Sicht verliert und das Auto außer Kontrolle gerät. Auf einer windigen, einspurigen Straße auf einer Bergkuppe bei Nacht die Sicht zu verlieren, ist definitiv keine gute Sache. Es gab auch andere Vorfälle, wie etwa als der Öldeckel unseres Autos ohne dass wir es gemerkt hatten gelockert worden war; wir fuhren wiederum in einer ländlichen Gegend, in einer Hochgeschwindigkeitszone. Sobald das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit fährt und der gelockerte Deckel abfliegt, spritzt das Öl über den ganzen Motor und das nächste, was man weiß, ist, dass man mit hoher Geschwindigkeit in einem brennenden Auto fährt.

Brennendes Auto. Suzie Dawsons Auto wurde manipuliert, ehe es zu brennen begann. (Foto: <https://juels.kernpunkte.com/p/im-visier-der-geheimdienste-tagebuch>)

6.2 Tod durch Medikamente „Wenn du dich mit uns anlegst, bringen wir dich um“

Dann gibt es noch medizinische Attentate. Das sind Fälle, in denen man die falschen Medikamente oder eine Überdosis bekommt. 2011 erhielt ich eine Nachricht. Es war eine Drohung. Darin stand:

„Wenn du uns in die Quere kommst, werden wir dich töten und niemand wird wissen, dass es Mord war. Niemand wird je erfahren, dass wir es waren, die dich umgebracht haben.

Sie sind also stolz darauf, dass sie Mittel haben, durch die sie Menschen eliminieren können, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Was die Geheimdienste mit all dem bezwecken

Sie wollen, dass Sie aufgeben. Sie wollen, dass Sie die Flucht ergreifen. Letzteres wollen sie deshalb, weil sie, wenn Sie fliehen, Sie festnehmen und Sie einweisen können, wie es im Falle eines Mannes geschah, der Opfer schwerster Belästigungen durch die Geheimdienste wurde. In sein Haus wurde wiederholt eingebrochen, seine Haustiere wurden gestohlen, sein Eigentum wurde zerstört, seine Anstellung und Karriere wurde sabotiert, sie haben schlichtweg sein Leben ruiniert, er floh aus der Stadt, er haute einfach ab, denn was soll man tun, wenn man 24 Stunden am Tag bedrängt und gestalkt wird? Er entschloss sich, aus der Stadt zu fliehen. Sie griffen ihn daraufhin auf und wiesen ihn in eine psychiatrische Klinik ein und setzten ihn dort unter Drogen. Sie wollen, dass man die Flucht ergreift, denn wenn man flieht, können sie das als instabiles Verhalten kategorisieren. Sie wollen, dass Sie um sich schlagen, dass Sie ausflippen, dass Sie Menschen verletzen – so krank das auch klingen mag, das ist es, was sie wollen, denn so haben sie die perfekte Ausrede, um Sie festzunehmen und wegzusperren.

Was Sie dagegen tun: Gemeinschaft, Dokumentation und Öffentlichkeit

Also verletzen Sie niemanden, laufen Sie nicht davon und bleiben Sie besonnen. Sie wollen, dass Sie zusammenbrechen. Sie wollen, dass Sie auseinanderfallen. Sie wollen, dass Sie nicht in der Lage sind, mit dem, was sie Ihnen antun, umzugehen, und zwar in solchem Ausmaß, dass es für andere sichtbar ist, dass Sie nicht zurechtkommen. Daher: tun Sie das nicht! Suchen Sie sich Unterstützung und Gemeinschaft! Es gibt Menschen, die Ihnen helfen können, aber das erfordert, dass Sie den Schritt wagen, mit Menschen in Kontakt zu treten, die verstehen, was Ihnen widerfährt, denn Tausende von Menschen auf der ganzen Welt sind Opfer solcher Übergriffe.

Was Sie lernen werden, ist, ihre „Überwachungssysteme“ gegen sie zu verwenden. Nutzen Sie die sozialen Netzwerke, wenn Sie Opfer solcher Übergriffe werden. Dann gibt es wenigstens eine Dokumentation dessen, was Ihnen widerfährt. Wenn Sie sich nicht unter Menschen vernetzen, geraten Sie in eine isolierte Situation. Seien Sie sichtbar. Tun Sie das, was Sie tun, sichtbar. Lassen Sie die Leute wissen:

Das bin ich, das ist mein Name, das ist es, was ich tue. Schauen Sie sich meine Aktivitäten an. Überzeugen Sie sich davon, dass ich glaubwürdig bin. Und bitte behalten Sie mich im Auge, denn das, was ich tue, ist riskant.

Dokumentieren Sie sorgfältig, was Sie tun. Weisen Sie nach:

Das habe ich getan, und das ist mir widerfahren.

Dokumentieren Sie dies verantwortungsbewusst. Laufen Sie den Angreifern nicht hinterher, versuchen Sie nicht, sie aufzuspüren, nur um sich dadurch noch mehr Gefahren auszusetzen. Dokumentieren Sie einfach, was sie Ihnen antun. Und bewahren Sie diese Aufzeichnungen auf. Bewahren Sie sie an einem sicheren Ort auf und geben Sie sie an Personen weiter, denen Sie vertrauen.

Es gäbe noch vieles, zu meiner Geschichte zu sagen, aber für jetzt so weit darüber, was es heißt, im Visier der Geheimdienste zu stehen, was einem widerfährt, wer die Täter sind, wie es vor sich geht und wie man damit umgehen kann. Ich hoffe, dass das für Sie hilfreich ist.

Der Artikel ist zuerst in KERNPUNKTE NO. 1/2025 erschienen <https://kernpunkte.com/2025/02/21/kernpunkte-no-1-2025/>. Bis zu seiner Verhaftung verbreitete und förderte WikiLeaks-Gründer, Julian Assange Suzie Dawson’s Arbeit.
Es handelt sich bei diesem Artikel um von KERNPUNKTE transkribierte, ins Deutsche übersetzte und – mit Einverständnis Suzie Dawsons – publizierte Auszüge aus einer Rede von Suzie Dawson, die 2016 mit dem Titel: Diary of a Person of Interest – by Kiwi journalist & FBI target Suzie Dawson gehalten und später auch als Video publiziert wurde.
Quelle und Originalvideo in voller Länge: <https://www.youtube.com/watch?v=1KaxGN9WgRU>, ©Suzie Dawson 2016; alle Rechte vorbehalten. Transkription, Übersetzung, Einfügung von Titel, Fußnoten und Zwischenüberschriften: Kirsten Juel. Korrektorat: Elisabeth Winterer.

Autor: Suzie Dawson

Zwischen 2011 und 2019 war Suzie vor allem als Journalistin, Aktivistin und Influencerin bekannt. Sie arbeitete an einer Reihe von sozialen Kampagnen, berichtete von über mehr als 50 Live-Events in Neuseeland und interviewte zahlreiche Persönlichkeiten aus der neuseeländischen Politik, Aktivismus- und Medienwelt. Derzeit ist sie Geschäftsführerin und CPO von Panquake.