Die Regierungschefs der kulturell sehr unterschiedlichen Länder der BRICS (Stand 2014). Von links nach rechts: Wladimir Putin, Narendra Modi, Dilma Rousseff, Xi Jinping und Jacob Zuma. (Foto: President of Russia / Kreml / public domain)
Die kulturelle Soft Power der multipolaren BRICS-Staaten
Die Menschheit sind wir, nicht sie. Nicht diejenigen, die immer noch danach streben, Völker zu unterwerfen und zu spalten, nur um zu herrschen. Nicht diejenigen, die Sklaverei und Homogenisierung wollen.
Dieser Text wurde zuerst am 07.11.2024 auf www.strategic-culture.su unter der URL <https://strategic-culture.su/news/2024/11/07/the-multipolar-brics-cultural-soft-power/> veröffentlicht. Lizenz: Lorenzo Maria Pacini, Strategic Culture, CC BY-NC-ND 4.0
Der Westen, der am Ende seiner Tage angelangt ist, fasziniert niemanden mehr. Das gilt nicht nur politisch und wirtschaftlich, sondern auch kulturell. Andererseits ist Kultur politisch, denn wenn Politik die „Sorge um das Gemeinwohl“ ist, wie Aristoteles schrieb, und Kultur die Gesamtheit des materiellen, sozialen und spirituellen Lebens eines Volkes in allen Erscheinungsformen ist, dann ist Kultur zutiefst politisch. Sie ist der gewöhnliche, alltägliche Ausdruck von Politik.
Als Alternative zu dem, was der Westen als einziges „Zivilisationsmodell“ der Welt aufgezwungen hat, wird die Notwendigkeit, die Kulturen und zivilisatorischen Muster aller Völker der Erde erneut in den Vordergrund zu stellen, immer deutlicher. An der Spitze dieses allmählichen Wandels stehen einmal mehr die multipolaren Partnerschaften, allen voran BRICS+.
Definition von Soft Power in der Kultur
Zunächst muss ein grundlegender Begriff geklärt werden: Was ist Soft Power? Wir werden also versuchen zu verstehen, ob Kultur Soft Power sein kann.
Der Begriff „Soft Power“ wurde vom Harvard-Politikwissenschaftler und ehemaligen Direktor der Kennedy School of Government, Joseph Nye, in die globale strategische Doktrin eingeführt. Er war Berater des Verteidigungsministers der Vereinigten Staaten von Amerika für internationale Sicherheitsangelegenheiten. Joseph Nye definiert Macht im weitesten Sinne als die Fähigkeit einer Entität (eines Landes, einer Nichtregierungsorganisation, einer Einzelperson und anderer Einrichtungen), von einer anderen Entität das zu bekommen, was sie will.
Die Protagonisten verfügen über eine Vielzahl an Möglichkeiten. In Nyes Theorie wird das Arsenal an Mitteln, die zur Erpressung (hier kommt die Logik der Drohung zum Tragen, oft mit militärischen Mitteln) oder zur Anstiftung (durch die Bereitstellung von Gegenleistungen oder die Gewährung von Zugeständnissen, oft finanzieller Art) eingesetzt werden, von der Fähigkeit zu verführen unterschieden. Zwang („die Peitsche“) und Anreiz („das Zuckerbrot“) werden als Instrumente der Hard Power definiert, die sich in relativ handfester Gewalt äußern.
Die Fähigkeit zu verführen hingegen entspricht einem subtileren Handlungsfeld, dem der Soft Power, die nicht so sehr unter der Kontrolle der Regierung steht wie die Hard Power. Eine breite und robuste Soft Power erfordert die aktive und freiwillige Beteiligung der Zivilgesellschaft und ist daher eher für liberale Gesellschaften charakteristisch. Der britische Philosoph Edward Carr machte 1939 eine ähnliche Unterscheidung zwischen den Mächten im internationalen Kontext: Er trennte zwischen militärischer Macht, wirtschaftlicher Macht und der Macht der Meinungen. Joseph Nye schlägt lediglich vor, eine bereits vorhandene Terminologie zu erneuern und zu verfeinern, um Machtlogiken zu identifizieren, die so alt sind wie die Menschheitsgeschichte.
Es gibt drei Möglichkeiten, die von Nye identifizierte Macht umzusetzen: Kultur, Werte und Außenpolitik. Diese Elemente sind nur dann wirksame Ressourcen der Soft Power, wenn sie jeweils für eine fremde Nation attraktiv sind (im Falle der Kultur), wenn sie sowohl im Inland als auch im Ausland befolgt werden (im Falle der Werte) und wenn sie als legitim und moralisch verbindlich angesehen werden (im Falle der Außenpolitik).
Im Rahmen der Soft-Power-Vektoren wird Kultur sehr oft als die offensichtlichste Einflussquelle gegenüber fremden Nationen angesehen.
Werte und Praktiken schaffen Bedeutung für eine Gesellschaft. Die Schaffung von Bedeutungen heißt, allem einen Sinn zu geben. Nichts könnte mächtiger sein.
Ein Krieg, der nicht bedeutungsvoll ist, wird nicht geführt; eine Wirtschaftsreform, die keinen tieferen Grund hat, wird nicht umgesetzt; eine internationale Partnerschaft, die nicht gut durchdacht ist, wird von niemandem befolgt.
In der Kultur muss die Soft Power zwei Ebenen berücksichtigen: die „hohe“ Kultur, die die Eliten, die akademische Welt und die Wissenschaft betrifft und daher besonders reichhaltig und detailliert sein muss und sich nicht mit trivialen und oberflächlichen Modellen zufrieden gibt; und die „niedere“ Kultur, die sich an die Massen richtet – in Amerika „Popkultur“ genannt – und auf Vereinfachung und Oberflächlichkeit basiert, wobei alles kommerzialisiert und einfacher umzusetzen ist.
Die Hindernisse für die Entwicklung von Soft Power liegen nicht in der Natur kultureller Ressourcen, sondern in ihrem Grad der Offenheit: Eine Nation mit engstirnigen Werten und begrenzter Kultur wird andere Gesellschaften wahrscheinlich nicht für ihr Modell gewinnen können. Im Gegensatz dazu können Kulturen mit universalistischen Tendenzen, wie die der Vereinigten Staaten, heterogene Gruppen von Individuen in sehr unterschiedlichen Teilen der Welt für sich gewinnen. Nye vergleicht den Einfluss der amerikanischen Macht gerne mit der des Römischen Reiches. Der Unterschied ist, dass Roms Einfluss nur dort bestand, wo seine Truppen sich festsetzen konnten, während der Ruhm der Vereinigten Staaten fast den gesamten Globus umspannt.
Mit der rasanten Entwicklung digitaler Kommunikationstechnologien, insbesondere von Instant-Messaging-Apps und sozialen Netzwerken, hat Soft Power ein neues Level erreicht. Alles geht jetzt viel schneller, und die Bedeutung von Soft Power wird immer wichtiger für die Machtfrage und hat Vorrang vor militärischen und wirtschaftlichen Machtmitteln. Der neue Standard ist nicht mehr nur „Informationen zu produzieren“, sondern „Informationen zu teilen“. Die Länder, die am meisten von Soft Power profitieren werden, sind diejenigen, die einerseits die Vielfalt der Kommunikationskanäle priorisieren und andererseits ihre Inhalte mit weltweit anerkannten Werten verbinden.
In der neuen Logik werden Liberalismus, Pluralismus und die Autonomie der Bürger, ihre eigene Meinung zu formulieren, zu wesentlichen Kriterien für die Entwicklung von Soft Power. Der Staat seinerseits ist gezwungen, sich mit den neuen, sich Gehör verschaffenden, Stimmen zu arrangieren. Im besten Fall scheint er dazu bestimmt zu sein, nur ein weiterer Akteur zu werden. Im Bereich dieser flüchtigen Soft Power, die nicht einfach zu handhaben ist, ist es denkbar, dass Regierungen eine untergeordnete Rolle einnehmen werden. Zurückgeworfen hinter die Masse der Bürger, die die Glaubwürdigkeit der Botschaften überprüfen, kulturelle Strömungen integrieren oder ablehnen und langsam und ohne sich dessen immer bewusst zu sein, das Maß der Soft Power bestimmen.
Das heutige China ist sich der zentralen Bedeutung der Kultur als Instrument der Soft Power bewusst. Seit den 1990er Jahren stellen die Richtlinien des Parteistaats die Kultur in den Mittelpunkt und entwickeln zunehmend einen stärkeren Fokus auf den Kultursektor als tragende Säule der Wirtschaft. Auf dem chinesischen Weg zur „großen Verjüngung der chinesischen Nation“ und zur „großen sozialistischen Kulturmacht“ wurde der Kulturindustrie die Funktion eines wesentlichen Instruments zur Ausübung von Soft Power im In- und Ausland zugewiesen.
Russland investiert ebenfalls viel in besondere kulturelle Maßnahmen. Dabei formuliert Russland seine nationale Kultur um und setzt auf einen russlandzentrierten Ansatz, der nicht mehr nur dem kollektiven Westen hinterherläuft. Schul- und akademische Lehrpläne werden umgeschrieben, innenpolitische Reformen in Sozialfragen werden unterstützt und die Massenmedien werden sorgfältig begutachtet. Eine solche Verschiebung ist notwendig, um künftige Generationen vozubereiten.
Eine kulturelle Revolution kann nicht innerhalb kurzer Zeit durchgeführt werden; es ist immer notwendig, tief in die Geschichte zu blicken.
Der indirekte Ansatz der BRICS durch wirtschaftliche und kulturelle Transformation
Denken Sie an BRICS+: eine globale geoökonomische Partnerschaft, die sich aus verschiedenen Ethnien und Kulturen zusammensetzt. Der erste Eindruck ist, dass diese Vielfalt die Integration und Etablierung einer einheitlichen Soft Power erschwert. Zweitens müssen wir die Verbindung zwischen der geoökonomischen Absicht der BRICS-Staaten und den politischen Besonderheiten der kulturellen Soft Power definieren.
Die große Vielfalt beeinträchtigt die Effektivität der BRICS als Block nicht, sondern erhöht vielmehr die Effektivität der BRICS bei der Nutzung von Soft Power für ihre Mitgliedsländer im internationalen System. Größere Vielfalt bedeutet größeren Einfluss.
In dem Maße, in dem die BRICS-Staaten gemeinsame Interessen verfolgen können, die nicht von den spezifischen (politischen, sozialen, wirtschaftlichen) Merkmalen der einzelnen Nationen abhängen, kommt es innerhalb des Blocks zu einem Prozess der funktionalen „Nicht-Differenzierung“. Sehr unterschiedliche Staaten können zusammenkommen, um effektiv als organischer Block zu agieren. Die Nicht-Differenzierung ist besonders wichtig, da die BRICS-Staaten in Bezug auf ihre individuellen Soft-Power-Profile sehr unterschiedlich sind.
Wie Gallarotti treffend bemerkte, sind bereits die Gründerväter der Partnerschaft ein Beispiel für diese Vermischung [1]: Brasiliens Soft Power beruht auf dem Zusammenspiel einer pazifistischen Geschichte (wenige bewaffnete Konflikte), Defiziten in der Hard Power (ein relativ bescheidenes Militär und keine Massenvernichtungswaffen) und einer energischen Außenpolitik, die auf eine Führungsrolle in multilateralen Organisationen ausgerichtet ist.
Südafrika weist eine der liberalsten Verfassungen der Welt auf und machte mit Hilfe der internationalen Ikone Nelson Mandela einen liberalen demokratischen Wandel durch. Der politische Wandel in den 1990er Jahren ging mit einer Außenpolitik einher, die wie die Außenpolitik Brasiliens auf ein breites multilaterales Engagement ausgerichtet war, mit dem Ziel, ein bedeutender Soft-Power-Akteur auf der globalen Bühne zu werden.
Indiens Soft Power ist kultureller und politischer Natur. Das Land verfügt über eine epische Kultur und ist die Heimat von vier Religionen. Bollywood ist das größte Filmproduktionszentrum der Welt. Die Diaspora des Landes zählt 25 Millionen Menschen. Indien hat sich als einzige stabile Demokratie der Welt in einem ethnisch und politisch zerissenen Land behauptet.
China hat den ausgefeiltesten und systematischsten Mechanismus zur Steuerung der Soft Power entwickelt, die sogenannte „Charme-Offensive“. Sie umfasst alles von der globalen Förderung des konfuzianischen Gedankenguts bis hin zum Aufbau von Freundschaftsnetzwerken mit afrikanischen Nationen, aus denen China Rohstoffe importiert. Aber noch mehr als in den anderen BRICS-Staaten wird die Rolle der Soft Power (die darauf abzielt, die Wirtschaftsmacht zu stärken, d.h. Energiequellen und Exportmärkte zu sichern) bewusst mit einer Hard-Power-Initiative verknüpft. Diese zielt darauf ab, Chinas Ansehen als Großmacht zu steigern (d. h. auch die Militärmacht zu stärken).
Der von Sun Tzu erläuterte Dualismus zwischen zheng (direkte Mittel) und qi (indirekte Mittel) steht für gegensätzliche Strategien, die zu einer intelligenten oder kosmopolitischen Machtstrategie verschmelzen.
Aus diesem Grund betrachten die Chinesen Soft Power und Hard Power nicht als getrennte Bereiche – eine Ideologie, die von keiner anderen BRICS-Nation in diesem Maße geteilt wird.
Lassen Sie uns noch näher auf China eingehen, denn es verdient noch mehr Aufmerksamkeit, um die einheitliche Strategie der BRICS+ zu verstehen. Die Chinesen sind hervorragend darin, langfristige Strategien mit vielen Details und Besonderheiten zu formulieren. China allein hat mehr als alle anderen BRICS-Mitglieder in Soft Power investiert und versucht sogar, eine Filmindustrie aufzubauen, die mit dem indischen Medienimperium konkurrieren kann. Auf der Ebene der Hochkultur ist die weltweite Verbreitung konfuzianischer Institute oder das Engagement für die Verbreitung exzellenter Musik zu nennen. Aber auch das große Interesse an der klassischen mediterranen Kultur (so werden beispielsweise die meisten Studien zu Platons Philosophie in China durchgeführt, wobei eine Verbindung zwischen der jahrtausendealten chinesischen und der hellenischen Tradition hergestellt wird). Auf diese Weise werden die vom Staatskommunismus hinterlassenen Lücken gefüllt und Themen wie Familie, Gehorsam und Autorität – die dem traditionellen Konfuzianismus eigen sind – wiederentdeckt und integriert. Für den Status einer globalen Supermacht ist die Kontrolle der hybriden Dominanz der Kultur zentral.
Auch Russland stärkt die kulturelle Soft Power innerhalb der Partnerschaft. Die Außenpolitik unter dem russischen BRICS-Vorsitz 2024 konzentrierte sich auf eine enorme Anzahl von Foren, Treffen und Konferenzen zu allen möglichen kulturellen Bereichen – von Information bis Sport, von Film bis Literatur, von Mode bis Essen. Nichts wird dem Zufall überlassen; alle Elemente, die die „Kultur“ definieren, müssen einbezogen werden.
Diese große kulturelle Vielfalt der BRICS+-Länder fördert eine verstärkte Soft Power. Warum? Weil diese Vielfalt vom Westen als Hindernis für die Integration, als Problem der gegenseitigen Beeinflussung unter den Mitgliedern und als Hindernis für die Geschlossenheit des Wirtschaftsblocks oder regionaler strategischer Allianzen betrachtet wird. Diese Kurzsichtigkeit ist typisch für die totalisierende amerikanische Perspektive, die keine respektvolle Integration außerhalb eines einzigen Plans zulässt.
Aber genau darin liegt der wahre multipolare Reichtum: Einheit in Vielfalt. Vielfältiger Reichtum, der für das Gemeinwohl aufeinander abgestimmt wird.
Die geografische Ausdehnung und Vielfalt der BRICS-Staaten ist ebenfalls von Vorteil, da sie mehr Möglichkeiten für regionale Bündnisse und Kooperationen mit anderen Ländern außerhalb der Partnerschaft bietet. Es ist eine Frage der Geografie: Je größer der Umkreis, desto mehr Berührungspunkte gibt es.
Ideologisch gesehen ist die Vielfalt der politischen Positionen eine Faszination, die die unterschiedlichsten Regierungsformen anzieht. Das gilt insbesondere für sozialistisch geprägte Länder, aber auch für Staaten, die sich in der Entwicklung und im politischen Wandel befinden (wie es in Afrika der Fall ist).
Damit die Bemühungen sich nicht zerstreuen, fördert die Partnerschaft kontinuierlich Möglichkeiten zur gegenseitigen Ergänzung, wobei jedes Mitglied sein Soft-Power-Profil einbringt. In zeitlicher Hinsicht ist die Vielfalt besonders vorteilhaft, da sie eine Rotation der Gleichgewichte ermöglicht. Wenn also ein Land eine Schwächephase durchläuft, gleicht ein anderes Land dies aus. So bleibt die organische und integrierte Soft Power der BRICS-Staaten nahezu stabil.
Ebenfalls als Teil der Ergänzung zwischen Hard und Soft Power hat jedes BRICS-Mitglied nun eine diplomatische Unterstützergruppe innerhalb der Organisationen, denen es angehört. Dieser Block kann nützlich sein, um Agenden festzulegen, eine Wahlgruppe zu bilden und/oder einen diplomatischen Keil zu erzeugen, der zur Förderung der Interessen aller BRICS-Nationen eingesetzt werden kann. Die Stärkung des Blocks funktioniert durch verschiedene Arten von Machtverbindungen. Sicherlich verleiht die Unterstützung der Supermächte indischen, brasilianischen und südafrikanischen Diplomaten ein größeres diplomatisches Gewicht. Aber auch die Unterstützung von Entwicklungsländern verleiht den Supermächten mehr diplomatisches Kapital durch Legitimität. In Bezug auf die Verbreitung von Soft Power dürfte diese Mischung bei größerer Vielfalt am besten funktionieren, da die Möglichkeiten der Ergänzung mit zunehmender Vielfalt zunehmen.
Wie heißt es so schön: Gegensätze ziehen sich an.
Der rassistische, kolonialistische, imperialistische Westen, an den niemand mehr glaubt
Kommen wir zur Sache. Was schlägt der Westen vor? Das Aufkommen neuer Formen des Einflusses und der Macht entspringt einer Malaise, die ihren Höhepunkt erreicht hat. Der Westen propagierte Rassismus gegenüber anderen Zivilisationsmodellen, die nicht dem „eigenen“ Modell entsprachen – weil es an sich unmöglich ist, die Entstehung eines westlichen Zivilisationsmodells zu definieren, während wir unterschiedliche Modelle in den verschiedenen westlichen Gesellschaften haben. Sie standen während der Moderne jedoch alle unter der britischen und US-amerikanischen Hegemonie des liberalen Kapitalismus und im 20. Jahrhundert unter der militärischen und wirtschaftlichen Ägide der USA. Andere Völker, andere Zivilisationen, andere Kulturen sind vielleicht interessant, aber mehr auch nicht – daher müssen sie nach dem westlichen Modell erzogen werden, mit guten oder schlechten Mitteln. Demokratie wird mit Bomben exportiert, ideologisch anders denkende Regierungen werden durch Staatsstreiche und Farbrevolutionen gestürzt, Märkte werden zwangsweise an den Dollar gebunden. Die Kultur wird mit Ramschprodukten überschwemmt und zur Ware gemacht. Das hat der Westen erreicht, indem er die Zivilisationen allmählich von innen zerstört und die Außenstehenden attackiert.
Der Kolonialismus ist ein Paradebeispiel für diese Handlungslogik. Zunächst kolonisierten die europäischen Staaten Afrika und Südamerika, dann traten die Amerikaner an ihre Stelle und brachten sogar den alten Kontinent namens Europa in Abhängigkeit.
Es ist klar, dass dieses Angebot niemanden mehr anspricht. „Der Westen und der Rest“ funktioniert nicht mehr: Der „Rest“ verlässt den Machtbereich des „Westens“. Dieser Weg war absehbar. Der Anspruch der imperialistischen Homogenisierung, Zerstörung und Kontrolle von Kulturen und Zivilisationen hat sich für den Westen als selbstmörderische Entscheidung erwiesen. Die Geschichte zeigt dies der ganzen Welt. Die BRICS+, aber auch die Theorie einer multipolaren Welt im Allgemeinen, lehrt uns, dass Pluralität und Vielfalt kein Risiko und keine Gefahr darstellen, die es einzudämmen und plump auszunutzen gilt, sondern einen Reichtum darstellt, der die Welt befruchtet, in der diese Menschheit lebt.
Die Menschheit sind wir, nicht sie. Nicht diejenigen, die immer noch danach streben, Völker zu unterwerfen und zu spalten, nur um zu herrschen. Nicht diejenigen, die Sklaverei und Homogenisierung wollen. Pax Multipolaris ist ein gemeinsames Projekt, das uns gehört.
Die kulturelle Soft Power der multipolaren BRICS-Staaten
Dieser Text wurde zuerst am 07.11.2024 auf www.strategic-culture.su unter der URL <https://strategic-culture.su/news/2024/11/07/the-multipolar-brics-cultural-soft-power/> veröffentlicht. Lizenz: Lorenzo Maria Pacini, Strategic Culture, CC BY-NC-ND 4.0
Die Regierungschefs der kulturell sehr unterschiedlichen Länder der BRICS (Stand 2014). Von links nach rechts: Wladimir Putin, Narendra Modi, Dilma Rousseff, Xi Jinping und Jacob Zuma. (Foto: President of Russia / Kreml / public domain)
Die Menschheit sind wir, nicht sie. Nicht diejenigen, die immer noch danach streben, Völker zu unterwerfen und zu spalten, nur um zu herrschen. Nicht diejenigen, die Sklaverei und Homogenisierung wollen.
Der Westen, der am Ende seiner Tage angelangt ist, fasziniert niemanden mehr. Das gilt nicht nur politisch und wirtschaftlich, sondern auch kulturell. Andererseits ist Kultur politisch, denn wenn Politik die „Sorge um das Gemeinwohl“ ist, wie Aristoteles schrieb, und Kultur die Gesamtheit des materiellen, sozialen und spirituellen Lebens eines Volkes in allen Erscheinungsformen ist, dann ist Kultur zutiefst politisch. Sie ist der gewöhnliche, alltägliche Ausdruck von Politik.
Als Alternative zu dem, was der Westen als einziges „Zivilisationsmodell“ der Welt aufgezwungen hat, wird die Notwendigkeit, die Kulturen und zivilisatorischen Muster aller Völker der Erde erneut in den Vordergrund zu stellen, immer deutlicher. An der Spitze dieses allmählichen Wandels stehen einmal mehr die multipolaren Partnerschaften, allen voran BRICS+.
Definition von Soft Power in der Kultur
Zunächst muss ein grundlegender Begriff geklärt werden: Was ist Soft Power? Wir werden also versuchen zu verstehen, ob Kultur Soft Power sein kann.
Der Begriff „Soft Power“ wurde vom Harvard-Politikwissenschaftler und ehemaligen Direktor der Kennedy School of Government, Joseph Nye, in die globale strategische Doktrin eingeführt. Er war Berater des Verteidigungsministers der Vereinigten Staaten von Amerika für internationale Sicherheitsangelegenheiten. Joseph Nye definiert Macht im weitesten Sinne als die Fähigkeit einer Entität (eines Landes, einer Nichtregierungsorganisation, einer Einzelperson und anderer Einrichtungen), von einer anderen Entität das zu bekommen, was sie will.
Die Protagonisten verfügen über eine Vielzahl an Möglichkeiten. In Nyes Theorie wird das Arsenal an Mitteln, die zur Erpressung (hier kommt die Logik der Drohung zum Tragen, oft mit militärischen Mitteln) oder zur Anstiftung (durch die Bereitstellung von Gegenleistungen oder die Gewährung von Zugeständnissen, oft finanzieller Art) eingesetzt werden, von der Fähigkeit zu verführen unterschieden. Zwang („die Peitsche“) und Anreiz („das Zuckerbrot“) werden als Instrumente der Hard Power definiert, die sich in relativ handfester Gewalt äußern.
Die Fähigkeit zu verführen hingegen entspricht einem subtileren Handlungsfeld, dem der Soft Power, die nicht so sehr unter der Kontrolle der Regierung steht wie die Hard Power. Eine breite und robuste Soft Power erfordert die aktive und freiwillige Beteiligung der Zivilgesellschaft und ist daher eher für liberale Gesellschaften charakteristisch. Der britische Philosoph Edward Carr machte 1939 eine ähnliche Unterscheidung zwischen den Mächten im internationalen Kontext: Er trennte zwischen militärischer Macht, wirtschaftlicher Macht und der Macht der Meinungen. Joseph Nye schlägt lediglich vor, eine bereits vorhandene Terminologie zu erneuern und zu verfeinern, um Machtlogiken zu identifizieren, die so alt sind wie die Menschheitsgeschichte.
Es gibt drei Möglichkeiten, die von Nye identifizierte Macht umzusetzen: Kultur, Werte und Außenpolitik. Diese Elemente sind nur dann wirksame Ressourcen der Soft Power, wenn sie jeweils für eine fremde Nation attraktiv sind (im Falle der Kultur), wenn sie sowohl im Inland als auch im Ausland befolgt werden (im Falle der Werte) und wenn sie als legitim und moralisch verbindlich angesehen werden (im Falle der Außenpolitik).
Im Rahmen der Soft-Power-Vektoren wird Kultur sehr oft als die offensichtlichste Einflussquelle gegenüber fremden Nationen angesehen.
Werte und Praktiken schaffen Bedeutung für eine Gesellschaft. Die Schaffung von Bedeutungen heißt, allem einen Sinn zu geben. Nichts könnte mächtiger sein.
Ein Krieg, der nicht bedeutungsvoll ist, wird nicht geführt; eine Wirtschaftsreform, die keinen tieferen Grund hat, wird nicht umgesetzt; eine internationale Partnerschaft, die nicht gut durchdacht ist, wird von niemandem befolgt.
In der Kultur muss die Soft Power zwei Ebenen berücksichtigen: die „hohe“ Kultur, die die Eliten, die akademische Welt und die Wissenschaft betrifft und daher besonders reichhaltig und detailliert sein muss und sich nicht mit trivialen und oberflächlichen Modellen zufrieden gibt; und die „niedere“ Kultur, die sich an die Massen richtet – in Amerika „Popkultur“ genannt – und auf Vereinfachung und Oberflächlichkeit basiert, wobei alles kommerzialisiert und einfacher umzusetzen ist.
Die Hindernisse für die Entwicklung von Soft Power liegen nicht in der Natur kultureller Ressourcen, sondern in ihrem Grad der Offenheit: Eine Nation mit engstirnigen Werten und begrenzter Kultur wird andere Gesellschaften wahrscheinlich nicht für ihr Modell gewinnen können. Im Gegensatz dazu können Kulturen mit universalistischen Tendenzen, wie die der Vereinigten Staaten, heterogene Gruppen von Individuen in sehr unterschiedlichen Teilen der Welt für sich gewinnen. Nye vergleicht den Einfluss der amerikanischen Macht gerne mit der des Römischen Reiches. Der Unterschied ist, dass Roms Einfluss nur dort bestand, wo seine Truppen sich festsetzen konnten, während der Ruhm der Vereinigten Staaten fast den gesamten Globus umspannt.
Mit der rasanten Entwicklung digitaler Kommunikationstechnologien, insbesondere von Instant-Messaging-Apps und sozialen Netzwerken, hat Soft Power ein neues Level erreicht. Alles geht jetzt viel schneller, und die Bedeutung von Soft Power wird immer wichtiger für die Machtfrage und hat Vorrang vor militärischen und wirtschaftlichen Machtmitteln. Der neue Standard ist nicht mehr nur „Informationen zu produzieren“, sondern „Informationen zu teilen“. Die Länder, die am meisten von Soft Power profitieren werden, sind diejenigen, die einerseits die Vielfalt der Kommunikationskanäle priorisieren und andererseits ihre Inhalte mit weltweit anerkannten Werten verbinden.
In der neuen Logik werden Liberalismus, Pluralismus und die Autonomie der Bürger, ihre eigene Meinung zu formulieren, zu wesentlichen Kriterien für die Entwicklung von Soft Power. Der Staat seinerseits ist gezwungen, sich mit den neuen, sich Gehör verschaffenden, Stimmen zu arrangieren. Im besten Fall scheint er dazu bestimmt zu sein, nur ein weiterer Akteur zu werden. Im Bereich dieser flüchtigen Soft Power, die nicht einfach zu handhaben ist, ist es denkbar, dass Regierungen eine untergeordnete Rolle einnehmen werden. Zurückgeworfen hinter die Masse der Bürger, die die Glaubwürdigkeit der Botschaften überprüfen, kulturelle Strömungen integrieren oder ablehnen und langsam und ohne sich dessen immer bewusst zu sein, das Maß der Soft Power bestimmen.
Das heutige China ist sich der zentralen Bedeutung der Kultur als Instrument der Soft Power bewusst. Seit den 1990er Jahren stellen die Richtlinien des Parteistaats die Kultur in den Mittelpunkt und entwickeln zunehmend einen stärkeren Fokus auf den Kultursektor als tragende Säule der Wirtschaft. Auf dem chinesischen Weg zur „großen Verjüngung der chinesischen Nation“ und zur „großen sozialistischen Kulturmacht“ wurde der Kulturindustrie die Funktion eines wesentlichen Instruments zur Ausübung von Soft Power im In- und Ausland zugewiesen.
Russland investiert ebenfalls viel in besondere kulturelle Maßnahmen. Dabei formuliert Russland seine nationale Kultur um und setzt auf einen russlandzentrierten Ansatz, der nicht mehr nur dem kollektiven Westen hinterherläuft. Schul- und akademische Lehrpläne werden umgeschrieben, innenpolitische Reformen in Sozialfragen werden unterstützt und die Massenmedien werden sorgfältig begutachtet. Eine solche Verschiebung ist notwendig, um künftige Generationen vozubereiten.
Eine kulturelle Revolution kann nicht innerhalb kurzer Zeit durchgeführt werden; es ist immer notwendig, tief in die Geschichte zu blicken.
Der indirekte Ansatz der BRICS durch wirtschaftliche und kulturelle Transformation
Denken Sie an BRICS+: eine globale geoökonomische Partnerschaft, die sich aus verschiedenen Ethnien und Kulturen zusammensetzt. Der erste Eindruck ist, dass diese Vielfalt die Integration und Etablierung einer einheitlichen Soft Power erschwert. Zweitens müssen wir die Verbindung zwischen der geoökonomischen Absicht der BRICS-Staaten und den politischen Besonderheiten der kulturellen Soft Power definieren.
Die große Vielfalt beeinträchtigt die Effektivität der BRICS als Block nicht, sondern erhöht vielmehr die Effektivität der BRICS bei der Nutzung von Soft Power für ihre Mitgliedsländer im internationalen System. Größere Vielfalt bedeutet größeren Einfluss.
In dem Maße, in dem die BRICS-Staaten gemeinsame Interessen verfolgen können, die nicht von den spezifischen (politischen, sozialen, wirtschaftlichen) Merkmalen der einzelnen Nationen abhängen, kommt es innerhalb des Blocks zu einem Prozess der funktionalen „Nicht-Differenzierung“. Sehr unterschiedliche Staaten können zusammenkommen, um effektiv als organischer Block zu agieren. Die Nicht-Differenzierung ist besonders wichtig, da die BRICS-Staaten in Bezug auf ihre individuellen Soft-Power-Profile sehr unterschiedlich sind.
Wie Gallarotti treffend bemerkte, sind bereits die Gründerväter der Partnerschaft ein Beispiel für diese Vermischung [1]: Brasiliens Soft Power beruht auf dem Zusammenspiel einer pazifistischen Geschichte (wenige bewaffnete Konflikte), Defiziten in der Hard Power (ein relativ bescheidenes Militär und keine Massenvernichtungswaffen) und einer energischen Außenpolitik, die auf eine Führungsrolle in multilateralen Organisationen ausgerichtet ist.
Südafrika weist eine der liberalsten Verfassungen der Welt auf und machte mit Hilfe der internationalen Ikone Nelson Mandela einen liberalen demokratischen Wandel durch. Der politische Wandel in den 1990er Jahren ging mit einer Außenpolitik einher, die wie die Außenpolitik Brasiliens auf ein breites multilaterales Engagement ausgerichtet war, mit dem Ziel, ein bedeutender Soft-Power-Akteur auf der globalen Bühne zu werden.
Indiens Soft Power ist kultureller und politischer Natur. Das Land verfügt über eine epische Kultur und ist die Heimat von vier Religionen. Bollywood ist das größte Filmproduktionszentrum der Welt. Die Diaspora des Landes zählt 25 Millionen Menschen. Indien hat sich als einzige stabile Demokratie der Welt in einem ethnisch und politisch zerissenen Land behauptet.
China hat den ausgefeiltesten und systematischsten Mechanismus zur Steuerung der Soft Power entwickelt, die sogenannte „Charme-Offensive“. Sie umfasst alles von der globalen Förderung des konfuzianischen Gedankenguts bis hin zum Aufbau von Freundschaftsnetzwerken mit afrikanischen Nationen, aus denen China Rohstoffe importiert. Aber noch mehr als in den anderen BRICS-Staaten wird die Rolle der Soft Power (die darauf abzielt, die Wirtschaftsmacht zu stärken, d.h. Energiequellen und Exportmärkte zu sichern) bewusst mit einer Hard-Power-Initiative verknüpft. Diese zielt darauf ab, Chinas Ansehen als Großmacht zu steigern (d. h. auch die Militärmacht zu stärken).
Der von Sun Tzu erläuterte Dualismus zwischen zheng (direkte Mittel) und qi (indirekte Mittel) steht für gegensätzliche Strategien, die zu einer intelligenten oder kosmopolitischen Machtstrategie verschmelzen.
Aus diesem Grund betrachten die Chinesen Soft Power und Hard Power nicht als getrennte Bereiche – eine Ideologie, die von keiner anderen BRICS-Nation in diesem Maße geteilt wird.
Lassen Sie uns noch näher auf China eingehen, denn es verdient noch mehr Aufmerksamkeit, um die einheitliche Strategie der BRICS+ zu verstehen. Die Chinesen sind hervorragend darin, langfristige Strategien mit vielen Details und Besonderheiten zu formulieren. China allein hat mehr als alle anderen BRICS-Mitglieder in Soft Power investiert und versucht sogar, eine Filmindustrie aufzubauen, die mit dem indischen Medienimperium konkurrieren kann. Auf der Ebene der Hochkultur ist die weltweite Verbreitung konfuzianischer Institute oder das Engagement für die Verbreitung exzellenter Musik zu nennen. Aber auch das große Interesse an der klassischen mediterranen Kultur (so werden beispielsweise die meisten Studien zu Platons Philosophie in China durchgeführt, wobei eine Verbindung zwischen der jahrtausendealten chinesischen und der hellenischen Tradition hergestellt wird). Auf diese Weise werden die vom Staatskommunismus hinterlassenen Lücken gefüllt und Themen wie Familie, Gehorsam und Autorität – die dem traditionellen Konfuzianismus eigen sind – wiederentdeckt und integriert. Für den Status einer globalen Supermacht ist die Kontrolle der hybriden Dominanz der Kultur zentral.
Auch Russland stärkt die kulturelle Soft Power innerhalb der Partnerschaft. Die Außenpolitik unter dem russischen BRICS-Vorsitz 2024 konzentrierte sich auf eine enorme Anzahl von Foren, Treffen und Konferenzen zu allen möglichen kulturellen Bereichen – von Information bis Sport, von Film bis Literatur, von Mode bis Essen. Nichts wird dem Zufall überlassen; alle Elemente, die die „Kultur“ definieren, müssen einbezogen werden.
Diese große kulturelle Vielfalt der BRICS+-Länder fördert eine verstärkte Soft Power. Warum? Weil diese Vielfalt vom Westen als Hindernis für die Integration, als Problem der gegenseitigen Beeinflussung unter den Mitgliedern und als Hindernis für die Geschlossenheit des Wirtschaftsblocks oder regionaler strategischer Allianzen betrachtet wird. Diese Kurzsichtigkeit ist typisch für die totalisierende amerikanische Perspektive, die keine respektvolle Integration außerhalb eines einzigen Plans zulässt.
Aber genau darin liegt der wahre multipolare Reichtum: Einheit in Vielfalt. Vielfältiger Reichtum, der für das Gemeinwohl aufeinander abgestimmt wird.
Die geografische Ausdehnung und Vielfalt der BRICS-Staaten ist ebenfalls von Vorteil, da sie mehr Möglichkeiten für regionale Bündnisse und Kooperationen mit anderen Ländern außerhalb der Partnerschaft bietet. Es ist eine Frage der Geografie: Je größer der Umkreis, desto mehr Berührungspunkte gibt es.
Ideologisch gesehen ist die Vielfalt der politischen Positionen eine Faszination, die die unterschiedlichsten Regierungsformen anzieht. Das gilt insbesondere für sozialistisch geprägte Länder, aber auch für Staaten, die sich in der Entwicklung und im politischen Wandel befinden (wie es in Afrika der Fall ist).
Damit die Bemühungen sich nicht zerstreuen, fördert die Partnerschaft kontinuierlich Möglichkeiten zur gegenseitigen Ergänzung, wobei jedes Mitglied sein Soft-Power-Profil einbringt. In zeitlicher Hinsicht ist die Vielfalt besonders vorteilhaft, da sie eine Rotation der Gleichgewichte ermöglicht. Wenn also ein Land eine Schwächephase durchläuft, gleicht ein anderes Land dies aus. So bleibt die organische und integrierte Soft Power der BRICS-Staaten nahezu stabil.
Ebenfalls als Teil der Ergänzung zwischen Hard und Soft Power hat jedes BRICS-Mitglied nun eine diplomatische Unterstützergruppe innerhalb der Organisationen, denen es angehört. Dieser Block kann nützlich sein, um Agenden festzulegen, eine Wahlgruppe zu bilden und/oder einen diplomatischen Keil zu erzeugen, der zur Förderung der Interessen aller BRICS-Nationen eingesetzt werden kann. Die Stärkung des Blocks funktioniert durch verschiedene Arten von Machtverbindungen. Sicherlich verleiht die Unterstützung der Supermächte indischen, brasilianischen und südafrikanischen Diplomaten ein größeres diplomatisches Gewicht. Aber auch die Unterstützung von Entwicklungsländern verleiht den Supermächten mehr diplomatisches Kapital durch Legitimität. In Bezug auf die Verbreitung von Soft Power dürfte diese Mischung bei größerer Vielfalt am besten funktionieren, da die Möglichkeiten der Ergänzung mit zunehmender Vielfalt zunehmen.
Wie heißt es so schön: Gegensätze ziehen sich an.
Der rassistische, kolonialistische, imperialistische Westen, an den niemand mehr glaubt
Kommen wir zur Sache. Was schlägt der Westen vor? Das Aufkommen neuer Formen des Einflusses und der Macht entspringt einer Malaise, die ihren Höhepunkt erreicht hat. Der Westen propagierte Rassismus gegenüber anderen Zivilisationsmodellen, die nicht dem „eigenen“ Modell entsprachen – weil es an sich unmöglich ist, die Entstehung eines westlichen Zivilisationsmodells zu definieren, während wir unterschiedliche Modelle in den verschiedenen westlichen Gesellschaften haben. Sie standen während der Moderne jedoch alle unter der britischen und US-amerikanischen Hegemonie des liberalen Kapitalismus und im 20. Jahrhundert unter der militärischen und wirtschaftlichen Ägide der USA. Andere Völker, andere Zivilisationen, andere Kulturen sind vielleicht interessant, aber mehr auch nicht – daher müssen sie nach dem westlichen Modell erzogen werden, mit guten oder schlechten Mitteln. Demokratie wird mit Bomben exportiert, ideologisch anders denkende Regierungen werden durch Staatsstreiche und Farbrevolutionen gestürzt, Märkte werden zwangsweise an den Dollar gebunden. Die Kultur wird mit Ramschprodukten überschwemmt und zur Ware gemacht. Das hat der Westen erreicht, indem er die Zivilisationen allmählich von innen zerstört und die Außenstehenden attackiert.
Der Kolonialismus ist ein Paradebeispiel für diese Handlungslogik. Zunächst kolonisierten die europäischen Staaten Afrika und Südamerika, dann traten die Amerikaner an ihre Stelle und brachten sogar den alten Kontinent namens Europa in Abhängigkeit.
Es ist klar, dass dieses Angebot niemanden mehr anspricht. „Der Westen und der Rest“ funktioniert nicht mehr: Der „Rest“ verlässt den Machtbereich des „Westens“. Dieser Weg war absehbar. Der Anspruch der imperialistischen Homogenisierung, Zerstörung und Kontrolle von Kulturen und Zivilisationen hat sich für den Westen als selbstmörderische Entscheidung erwiesen. Die Geschichte zeigt dies der ganzen Welt. Die BRICS+, aber auch die Theorie einer multipolaren Welt im Allgemeinen, lehrt uns, dass Pluralität und Vielfalt kein Risiko und keine Gefahr darstellen, die es einzudämmen und plump auszunutzen gilt, sondern einen Reichtum darstellt, der die Welt befruchtet, in der diese Menschheit lebt.
Die Menschheit sind wir, nicht sie. Nicht diejenigen, die immer noch danach streben, Völker zu unterwerfen und zu spalten, nur um zu herrschen. Nicht diejenigen, die Sklaverei und Homogenisierung wollen. Pax Multipolaris ist ein gemeinsames Projekt, das uns gehört.