Links: Eine U.S. P-8 Poseidon (N/A) auf dem Weg zurück nach Keflavik, nachdem sie über der Ostsee patroullierte und in Ronneby wieder aufgetankt wurde (ähnliche Manöver flog die Poseidon die ganze Woche über). Außerdem sieht man eine Poseidon (N/A auch rot eingefärbt) aus Sigonella, die zum Marinefliegerhorst Nordholz fliegt. Rechts: 15 Minuten später sieht man die Poseidon aus Sigonella, wie sie in Nordholz landet, während eine deutsche, in Nordholz stationierte, P-3 Orion nach Ronneby flog. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Der Einsatz von zwei U.S. P-8 Poseidon während BALTOPS-22

Eine Ergänzung zu Ola Tunanders erstem Substack-Artikel [1]. Dies ist der dritte Teil einer 3-teiligen Serie zu den Aktivitäten während der Militärübung BALTOPS-22, bei der laut Seymour Hersh der Sprengstoff an der Nord Stream Pipeline angebracht worden sein soll. Neue Fakten stützen die Darstellung Hershs. Teil 1 und Teil 2 können Sie auf www.free21.org lesen.

Von Ola Tunander , veröffentlicht am: 25. August 2024, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 24.07.2024 auf www.olatunander.substack.com unter der URL <https://olatunander.substack.com/p/the-use-of-two-us-p-8-poseidon-during> veröffentlicht. Lizenz: Ola Tunander, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

2022 starteten zweimal Flugzeuge des Typs P-8 Poseidon von der U.S. Marinefliegerbasis in Sigonella, Italien in Richtung Ostsee: einmal während der Übung BALTOPS-22 und einmal kurz vor den Explosionen Ende September 2022. In beiden Fällen operierten die P-8 Poseidons vom Fliegerhorst Nordholz in Deutschland aus. Eines der Flugzeuge flog am 7. Juni, während der Übung BALTOPS-22, von Sigonella nach Nordholz. Es kehrte am 17. Juni, am Ende der Übung, zurück. Diese Poseidon operierte zwischen dem 8. und 15. Juni über der Ostsee, östlich von Bornholm (am 8. Juni flog sie nach Ronneby und zurück). Im September patrouillierte eine U.S. Poseidon über der Ostsee und flog drei Nächte über der Insel Bornholm hin und her – vom 22.-25. September, bis zur Nacht der Explosion am 26. September. Die Vereinigten Staaten hätten leicht eine Sonarboje von der Poseidon abwerfen können, um ein verschlüsseltes Signal zu den Timern der Sprengstoffe zu senden. Dann hätten sie, wie Hersh in seinem Artikel behauptete [2], eine Poseidon zum Auslösen der Explosionen einsetzen können.

Während BALTOPS-22 operierte die Poseidon aus Sigonella im Tandem mit einer Poseidon aus Keflavik über der Ostsee. Die Poseidon aus Keflavik verringerte fast jeden Tag vom 7.-16. Juni, bei einigen Flügen im Juli und August und am Tag der Explosionen, am 26. September, die Flughöhe über der Ostsee – östlich von Bornholm. Während BALTOPS-22 flog die Poseidon gewöhnlich direkt von Keflavik über Süd-Norwegen und Schweden nach Bornholm. Sie wurde regelmäßig auf dem schwedischen Luftwaffenstützpunkt Ronneby aufgetankt, sodass die Poseidon länger in dem Gebiet bleiben konnte. An fast allen Tagen patroullierte sie in dem Gebiet der Nord Stream-Pipelines, insbesondere in den Gebieten der späteren Explosionen. Allerdings schaltete sie die Transponder für gewöhnlich aus, wenn sie sich diesen Gebieten näherte.

Die Poseidon aus Sigonella verlässt Nordholz (in der Nähe von Cuxhaven, Norddeutschland) am 10. Juni und kommt um 11.50 Uhr an einer Position nordöstlich von Bornholm an, während man die Poseidon aus Keflavik weiter im Nordosten sehen kann, nachdem sie über Südnorwegen und Schweden geflogen ist. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Als die Poseidon kurz vor den Explosionen am 26. September von Keflavik nach Bornholm flog, passierte sie Süd-Norwegen und Süd-Schweden und wurde über Polen in der Luft wieder aufgetankt, nicht in Ronneby. Die Vereinigten Staaten hatten offensichtlich entschieden, Norwegen und Schweden nicht mit einzubeziehen und keine norwegische Poseidon einzusetzen, wie es laut Hersh im Originalplan vorgesehen war. Am 26. September vermied die U.S. Poseidon, über norwegisches und schwedisches Territorium zu fliegen. Sie flog südlich dieser Länder. Statt in Ronneby wurde die Poseidon über Polen aufgetankt. Diese Entscheidung der Vereinigten Staaten wurde schon vor der ersten Explosion an der Nord Stream-Pipeline getroffen (siehe dazu: „Der Poseidon-Angriff auf Nordstream“, 9. September 2023 [3, 4]). Vermutlich war der Einsatz einer norwegischen Poseidon von Anfang an vorgesehen, aber irgendetwas muss passiert sein. Die zwei neuen norwegischen Poseidons machten ihre ersten Trainingsflüge nicht vor Juni. Sie flogen einige Male im Juli, August und September, meistens in der Nähe des Luftwaffenstützpunktes Evenes und einige Male nach Mittel- und Süd-Norwegen. Nach Angaben norwegischer Behörden hatten sie einige technische Probleme. Norwegen scheint sich irgendwann im Sommer von der Auslösung der Sprengung zurückgezogen zu haben (siehe die seperaten Poseidon Artikel).

Werfen wir einen genaueren Blick auf das Poseidon-Flugzeug aus Keflavik, das jeden Tag (außer am 13. Juni) zur BALTOPS-Übung dazustieß. Es passierte die Färöer-Inseln und die Shetlandinseln, verringerte die Flughöhe über Süd-Norwegen und Schweden bis zur südlichen Ostsee und flog in den Gewässern südlich von Ronneby und der schwedischen Marinebasis Karlskrona bis nordöstlich der dänischen Insel Bornholm. Die Poseidon kreiste für mehrere Stunden über dem Gebiet der Nord Stream-Pipelines. Der Transponder des Flugzeugs war ungefähr 50 Prozent der Zeit ausgeschaltet und es flog in geringer Höhe. Am 13. Juni flog die Poseidon aus Keflavik nicht zur Ostsee und wurde von einer Poseidon aus Nordholz ersetzt, die auf ähnliche Weise wie die andere Poseidon fast die ganze Woche über nordöstlich von Bornholm kreiste. Nach der Patrouille über dem Gebiet im Osten von Bornholm, landete die Poseidon aus Keflavik in Ronneby, um aufgetankt zu werden und möglicherweise das U.S.-Personal zu briefen. Danach flog sie zurück nach Keflavik.

Zwei norwegische Poseidons im Juli 2022 auf Trainingsmissionen, gestartet von der norwegischen Poseidon-Basis Evenes (EVE), in der Nähe von Harstad und zurück. Zu dieser Zeit, absolvierten die norwegischen Poseidons nur kurze Flüge. Die ersten Trainingsflüge wurden im Juni durchgeführt. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Zu diesem Zeitpunkt können wir nur spekulieren, was die oben genannte Poseidon im Nordosten von Bornholm eine Woche lang für mehrere Stunden pro Tag gemacht hat. Im Allgemeinen könnte man argumentieren, es habe sich um Aufklärungsflüge gehandelt. Zum Beispiel hätte es die Sonarbojen nutzen können, um die Position des russischen U-Bootes Dimitrov (Projekt 877) der Kilo-Klasse zu bestimmen, welches das einzige russische U-Boot in der Ostsee ist.

Allerdings macht es in diesem Fall keinen Sinn, nur über einem kleinen Gebiet zu kreisen. Man müsste größere Bereiche abdecken, so wie es die Poseidon am 11. und 15. Juni gemacht hat (siehe Bild oben, Seite 7). Man könnte sich auch vorstellen, dass die Poseidon die Aktivitäten aller russischen Schiffe auf dem Wasser überwachte, aber das Flugmuster – kreisen über einem kleinen Gebiet – lässt eher auf eine Suchaktion schließen. Das Erfassen des gleichen Gebietes für eine Woche weist jedoch auf etwas stationäres hin – so etwas wie die Pipelines. Eine Spezialversion der Poseidon, die P-8I, hat einen Magnetic Anomaly Detector (MAD), der U-Boote mit Stahlhülle bis zu einer Tiefe von hundert Metern oder mehr aufspüren kann, aber auch Pipelines. Dies setzt voraus, dass das Flugzeug in niedriger Flughöhe operiert, was es tat, als es die Transponder in dem Gebiet der späteren Explosionen – zwischen den sichtbaren Flugmustern und der Insel Bornholm – ausschaltete. Die Amerikaner hatten natürlich die Pläne und Karten mit der genauen Position der Nord Stream-Pipelines, aber die Vereinigten Staaten wollen solche Informationen für gewöhnlich durch eigene Mittel bestätigt haben. Wir haben noch keine Erklärung dafür. Die Vereinigten Staaten könnten möglicherweise die P-8 Poseidon für den Kontakt mit den Tauchern genutzt haben, aber das erklärt nicht, warum sie so operierte, wie sie es eine Woche lang tat. Es muss eine konkrete Erklärung für die Flugmuster der Poseidon geben, die jeden Tag von Island zur Ostseee herunter flog.

Bild oben: Am 12. Juni flog ein U.S. Poseidon von Keflavik (Island), über Südnorwegen und Schweden, zur Ostsee – in das Gebiet nordöstlich von Bornholm. Das Flugzeug kreiste mehr als vier Stunden im Nordosten von Bornholm. Als es sich dem Gebiet der späteren Explosionen näherte, schaltete es den Transponder aus. Danach wurde es in Ronneby aufgetankt und kehrte nach Keflavik zurück. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Bild Mitte: Das gleiche Flugzeug fünf Stunden später, auf der Rückreise von Ronneby, über Süd-Schweden und Norwegen, nach Keflavik. Während der BALTOPS-Übung, flog die Poseidon aus Keflavik regelmäßig über den Südzipfel von Norwegen und Schweden – anders als bei späteren Gelegenheiten. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Bilder unten: Die Poseidon fliegt am 8., 9., 12., und 14. Juni von Keflavik zur Ostsee. Sie verringert die Flughöhe und kreist über dem Gebiet der Pipelines im Osten und Nordosten von Bornholm. Jedes mal für etwa vier Stunden. Allerdings ist sie nur die Hälfte der Zeit sichtbar, da der Transponder bei Annäherung an das Gebiet der späteren Explosionen ausgeschaltet ist. Danach wird das Flugzeug, bevor es nach Keflavik zurückkehrt, in Ronneby wieder aufgetankt. Auch am 10. und 16. Juni wurde fast das gleiche Manöver geflogen. Am 13. Juni wurde die Poseidon durch eine andere Poseidon ersetzt, die im Nordosten von Bornholm ähnliche Manöver flog. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Wir wissen, dass die Poseidon jeden Tag zur Ostsee hinunter flog, um bestimmte Bereiche östlich und nordöstlich von Bornholm zu erfassen. Wenn sie sich den Bereichen der späteren Explosionen näherte, schaltete sie ihre Transponder aus. Wir können nur für einen kurzen Zeitraum sehen, dass sie in geringer Flughöhe in der Nähe dieser Positionen operierte, was zumindest verdächtig ist. Generell scheint es sehr wahrscheinlich zu sein, dass die Operationen der zwei Poseidons während BALTOPS-22 etwas mit der späteren Sprengung der Nord Stream-Pipelines zu tun hatten. Die Aktivitäten sowohl der Poseidon aus Keflavik als auch der Poseidon aus Sigonella schienen Vorbereitungen für die Operation im September zu sein, die nicht nur die europäische Energieabhängigkeit, sondern auch die globale Geopolitik für viele Jahre verändern wird. Dies war eine große Operation, die die Vereinigten Staaten mindestens seit 2014 vorbereitet haben [5]. Während der BALTOPS-Übung waren diese Vorbereitungen scheinbar sehr intensiv.

Am 11. Juni kehrt die Poseidon aus Keflavik, nach einer Tour über der Ostsee, wieder zurück. Anders als an den anderen Tagen, wurde sie über der Nordsee aufgetankt und flog südlich von Norwegen und Schweden. Sie machte einen kurzen Ausflug über Polen, wie sie es am 26. September tat, als sie über Polen aufgetankt wurde. Sie flog außerdem entlang der Küste von Litauen und Lettland, aber vor allem außerhalb der russischen Haupt-Marinebasis Baltiysk, bevor sie zurück nach Keflavik flog. Diese Flugmuster scheinen Vorbereitungen auf den 26. September zu sein. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Die Poseidon aus Sigonella verlässt am 17. Juni Nordholz und kommt um 14.30 Uhr in Sigonella an. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Quellen:

[1] Free21, Ola Tunander, „Nach dem Artikel von Seymour Hersh: Norwegen, die Poseidon und Premierminister Støre“, am 25.04.2023, <https://free21.org/norwegen-die-poseidon-und-premierminister-stoere/>
[2] Free21, Seymour Hersh, „Wie Amerika die Nord Stream-Pipeline ausschaltete“, am 17.02.2023, <https://free21.org/wie-amerika-die-nord-stream-pipeline-ausschaltete/>
[3] Free21, Ola Tunander, „Der Poseidon-Angriff auf Nordstream (Teil1)“, am 23.10.2023, <https://free21.org/der-poseidon-angriff-auf-nordstream-teil1/>
[4] Free21, Ola Tunander, „Der Poseidon-Angriff auf Nordstream: Teil 2“, am 08.11.2023, <https://free21.org/der-poseidon-angriff-auf-nordstream-teil-2/>
[5] siehe [1]

Der Einsatz von zwei U.S. P-8 Poseidon während BALTOPS-22

Von Ola Tunander , veröffentlicht am: 25. August 2024, Kategorien: Geopolitik

Dieser Text wurde zuerst am 24.07.2024 auf www.olatunander.substack.com unter der URL <https://olatunander.substack.com/p/the-use-of-two-us-p-8-poseidon-during> veröffentlicht. Lizenz: Ola Tunander, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

Links: Eine U.S. P-8 Poseidon (N/A) auf dem Weg zurück nach Keflavik, nachdem sie über der Ostsee patroullierte und in Ronneby wieder aufgetankt wurde (ähnliche Manöver flog die Poseidon die ganze Woche über). Außerdem sieht man eine Poseidon (N/A auch rot eingefärbt) aus Sigonella, die zum Marinefliegerhorst Nordholz fliegt. Rechts: 15 Minuten später sieht man die Poseidon aus Sigonella, wie sie in Nordholz landet, während eine deutsche, in Nordholz stationierte, P-3 Orion nach Ronneby flog. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Eine Ergänzung zu Ola Tunanders erstem Substack-Artikel [1]. Dies ist der dritte Teil einer 3-teiligen Serie zu den Aktivitäten während der Militärübung BALTOPS-22, bei der laut Seymour Hersh der Sprengstoff an der Nord Stream Pipeline angebracht worden sein soll. Neue Fakten stützen die Darstellung Hershs. Teil 1 und Teil 2 können Sie auf www.free21.org lesen.

2022 starteten zweimal Flugzeuge des Typs P-8 Poseidon von der U.S. Marinefliegerbasis in Sigonella, Italien in Richtung Ostsee: einmal während der Übung BALTOPS-22 und einmal kurz vor den Explosionen Ende September 2022. In beiden Fällen operierten die P-8 Poseidons vom Fliegerhorst Nordholz in Deutschland aus. Eines der Flugzeuge flog am 7. Juni, während der Übung BALTOPS-22, von Sigonella nach Nordholz. Es kehrte am 17. Juni, am Ende der Übung, zurück. Diese Poseidon operierte zwischen dem 8. und 15. Juni über der Ostsee, östlich von Bornholm (am 8. Juni flog sie nach Ronneby und zurück). Im September patrouillierte eine U.S. Poseidon über der Ostsee und flog drei Nächte über der Insel Bornholm hin und her – vom 22.-25. September, bis zur Nacht der Explosion am 26. September. Die Vereinigten Staaten hätten leicht eine Sonarboje von der Poseidon abwerfen können, um ein verschlüsseltes Signal zu den Timern der Sprengstoffe zu senden. Dann hätten sie, wie Hersh in seinem Artikel behauptete [2], eine Poseidon zum Auslösen der Explosionen einsetzen können.

Während BALTOPS-22 operierte die Poseidon aus Sigonella im Tandem mit einer Poseidon aus Keflavik über der Ostsee. Die Poseidon aus Keflavik verringerte fast jeden Tag vom 7.-16. Juni, bei einigen Flügen im Juli und August und am Tag der Explosionen, am 26. September, die Flughöhe über der Ostsee – östlich von Bornholm. Während BALTOPS-22 flog die Poseidon gewöhnlich direkt von Keflavik über Süd-Norwegen und Schweden nach Bornholm. Sie wurde regelmäßig auf dem schwedischen Luftwaffenstützpunkt Ronneby aufgetankt, sodass die Poseidon länger in dem Gebiet bleiben konnte. An fast allen Tagen patroullierte sie in dem Gebiet der Nord Stream-Pipelines, insbesondere in den Gebieten der späteren Explosionen. Allerdings schaltete sie die Transponder für gewöhnlich aus, wenn sie sich diesen Gebieten näherte.

Die Poseidon aus Sigonella verlässt Nordholz (in der Nähe von Cuxhaven, Norddeutschland) am 10. Juni und kommt um 11.50 Uhr an einer Position nordöstlich von Bornholm an, während man die Poseidon aus Keflavik weiter im Nordosten sehen kann, nachdem sie über Südnorwegen und Schweden geflogen ist. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Als die Poseidon kurz vor den Explosionen am 26. September von Keflavik nach Bornholm flog, passierte sie Süd-Norwegen und Süd-Schweden und wurde über Polen in der Luft wieder aufgetankt, nicht in Ronneby. Die Vereinigten Staaten hatten offensichtlich entschieden, Norwegen und Schweden nicht mit einzubeziehen und keine norwegische Poseidon einzusetzen, wie es laut Hersh im Originalplan vorgesehen war. Am 26. September vermied die U.S. Poseidon, über norwegisches und schwedisches Territorium zu fliegen. Sie flog südlich dieser Länder. Statt in Ronneby wurde die Poseidon über Polen aufgetankt. Diese Entscheidung der Vereinigten Staaten wurde schon vor der ersten Explosion an der Nord Stream-Pipeline getroffen (siehe dazu: „Der Poseidon-Angriff auf Nordstream“, 9. September 2023 [3, 4]). Vermutlich war der Einsatz einer norwegischen Poseidon von Anfang an vorgesehen, aber irgendetwas muss passiert sein. Die zwei neuen norwegischen Poseidons machten ihre ersten Trainingsflüge nicht vor Juni. Sie flogen einige Male im Juli, August und September, meistens in der Nähe des Luftwaffenstützpunktes Evenes und einige Male nach Mittel- und Süd-Norwegen. Nach Angaben norwegischer Behörden hatten sie einige technische Probleme. Norwegen scheint sich irgendwann im Sommer von der Auslösung der Sprengung zurückgezogen zu haben (siehe die seperaten Poseidon Artikel).

Werfen wir einen genaueren Blick auf das Poseidon-Flugzeug aus Keflavik, das jeden Tag (außer am 13. Juni) zur BALTOPS-Übung dazustieß. Es passierte die Färöer-Inseln und die Shetlandinseln, verringerte die Flughöhe über Süd-Norwegen und Schweden bis zur südlichen Ostsee und flog in den Gewässern südlich von Ronneby und der schwedischen Marinebasis Karlskrona bis nordöstlich der dänischen Insel Bornholm. Die Poseidon kreiste für mehrere Stunden über dem Gebiet der Nord Stream-Pipelines. Der Transponder des Flugzeugs war ungefähr 50 Prozent der Zeit ausgeschaltet und es flog in geringer Höhe. Am 13. Juni flog die Poseidon aus Keflavik nicht zur Ostsee und wurde von einer Poseidon aus Nordholz ersetzt, die auf ähnliche Weise wie die andere Poseidon fast die ganze Woche über nordöstlich von Bornholm kreiste. Nach der Patrouille über dem Gebiet im Osten von Bornholm, landete die Poseidon aus Keflavik in Ronneby, um aufgetankt zu werden und möglicherweise das U.S.-Personal zu briefen. Danach flog sie zurück nach Keflavik.

Zwei norwegische Poseidons im Juli 2022 auf Trainingsmissionen, gestartet von der norwegischen Poseidon-Basis Evenes (EVE), in der Nähe von Harstad und zurück. Zu dieser Zeit, absolvierten die norwegischen Poseidons nur kurze Flüge. Die ersten Trainingsflüge wurden im Juni durchgeführt. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Zu diesem Zeitpunkt können wir nur spekulieren, was die oben genannte Poseidon im Nordosten von Bornholm eine Woche lang für mehrere Stunden pro Tag gemacht hat. Im Allgemeinen könnte man argumentieren, es habe sich um Aufklärungsflüge gehandelt. Zum Beispiel hätte es die Sonarbojen nutzen können, um die Position des russischen U-Bootes Dimitrov (Projekt 877) der Kilo-Klasse zu bestimmen, welches das einzige russische U-Boot in der Ostsee ist.

Allerdings macht es in diesem Fall keinen Sinn, nur über einem kleinen Gebiet zu kreisen. Man müsste größere Bereiche abdecken, so wie es die Poseidon am 11. und 15. Juni gemacht hat (siehe Bild oben, Seite 7). Man könnte sich auch vorstellen, dass die Poseidon die Aktivitäten aller russischen Schiffe auf dem Wasser überwachte, aber das Flugmuster – kreisen über einem kleinen Gebiet – lässt eher auf eine Suchaktion schließen. Das Erfassen des gleichen Gebietes für eine Woche weist jedoch auf etwas stationäres hin – so etwas wie die Pipelines. Eine Spezialversion der Poseidon, die P-8I, hat einen Magnetic Anomaly Detector (MAD), der U-Boote mit Stahlhülle bis zu einer Tiefe von hundert Metern oder mehr aufspüren kann, aber auch Pipelines. Dies setzt voraus, dass das Flugzeug in niedriger Flughöhe operiert, was es tat, als es die Transponder in dem Gebiet der späteren Explosionen – zwischen den sichtbaren Flugmustern und der Insel Bornholm – ausschaltete. Die Amerikaner hatten natürlich die Pläne und Karten mit der genauen Position der Nord Stream-Pipelines, aber die Vereinigten Staaten wollen solche Informationen für gewöhnlich durch eigene Mittel bestätigt haben. Wir haben noch keine Erklärung dafür. Die Vereinigten Staaten könnten möglicherweise die P-8 Poseidon für den Kontakt mit den Tauchern genutzt haben, aber das erklärt nicht, warum sie so operierte, wie sie es eine Woche lang tat. Es muss eine konkrete Erklärung für die Flugmuster der Poseidon geben, die jeden Tag von Island zur Ostseee herunter flog.

Bild oben: Am 12. Juni flog ein U.S. Poseidon von Keflavik (Island), über Südnorwegen und Schweden, zur Ostsee – in das Gebiet nordöstlich von Bornholm. Das Flugzeug kreiste mehr als vier Stunden im Nordosten von Bornholm. Als es sich dem Gebiet der späteren Explosionen näherte, schaltete es den Transponder aus. Danach wurde es in Ronneby aufgetankt und kehrte nach Keflavik zurück. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Bild Mitte: Das gleiche Flugzeug fünf Stunden später, auf der Rückreise von Ronneby, über Süd-Schweden und Norwegen, nach Keflavik. Während der BALTOPS-Übung, flog die Poseidon aus Keflavik regelmäßig über den Südzipfel von Norwegen und Schweden – anders als bei späteren Gelegenheiten. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Bilder unten: Die Poseidon fliegt am 8., 9., 12., und 14. Juni von Keflavik zur Ostsee. Sie verringert die Flughöhe und kreist über dem Gebiet der Pipelines im Osten und Nordosten von Bornholm. Jedes mal für etwa vier Stunden. Allerdings ist sie nur die Hälfte der Zeit sichtbar, da der Transponder bei Annäherung an das Gebiet der späteren Explosionen ausgeschaltet ist. Danach wird das Flugzeug, bevor es nach Keflavik zurückkehrt, in Ronneby wieder aufgetankt. Auch am 10. und 16. Juni wurde fast das gleiche Manöver geflogen. Am 13. Juni wurde die Poseidon durch eine andere Poseidon ersetzt, die im Nordosten von Bornholm ähnliche Manöver flog. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Wir wissen, dass die Poseidon jeden Tag zur Ostsee hinunter flog, um bestimmte Bereiche östlich und nordöstlich von Bornholm zu erfassen. Wenn sie sich den Bereichen der späteren Explosionen näherte, schaltete sie ihre Transponder aus. Wir können nur für einen kurzen Zeitraum sehen, dass sie in geringer Flughöhe in der Nähe dieser Positionen operierte, was zumindest verdächtig ist. Generell scheint es sehr wahrscheinlich zu sein, dass die Operationen der zwei Poseidons während BALTOPS-22 etwas mit der späteren Sprengung der Nord Stream-Pipelines zu tun hatten. Die Aktivitäten sowohl der Poseidon aus Keflavik als auch der Poseidon aus Sigonella schienen Vorbereitungen für die Operation im September zu sein, die nicht nur die europäische Energieabhängigkeit, sondern auch die globale Geopolitik für viele Jahre verändern wird. Dies war eine große Operation, die die Vereinigten Staaten mindestens seit 2014 vorbereitet haben [5]. Während der BALTOPS-Übung waren diese Vorbereitungen scheinbar sehr intensiv.

Am 11. Juni kehrt die Poseidon aus Keflavik, nach einer Tour über der Ostsee, wieder zurück. Anders als an den anderen Tagen, wurde sie über der Nordsee aufgetankt und flog südlich von Norwegen und Schweden. Sie machte einen kurzen Ausflug über Polen, wie sie es am 26. September tat, als sie über Polen aufgetankt wurde. Sie flog außerdem entlang der Küste von Litauen und Lettland, aber vor allem außerhalb der russischen Haupt-Marinebasis Baltiysk, bevor sie zurück nach Keflavik flog. Diese Flugmuster scheinen Vorbereitungen auf den 26. September zu sein. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Die Poseidon aus Sigonella verlässt am 17. Juni Nordholz und kommt um 14.30 Uhr in Sigonella an. (Bild: Flightradar24 / Ola Tunander)

Quellen:

[1] Free21, Ola Tunander, „Nach dem Artikel von Seymour Hersh: Norwegen, die Poseidon und Premierminister Støre“, am 25.04.2023, <https://free21.org/norwegen-die-poseidon-und-premierminister-stoere/>
[2] Free21, Seymour Hersh, „Wie Amerika die Nord Stream-Pipeline ausschaltete“, am 17.02.2023, <https://free21.org/wie-amerika-die-nord-stream-pipeline-ausschaltete/>
[3] Free21, Ola Tunander, „Der Poseidon-Angriff auf Nordstream (Teil1)“, am 23.10.2023, <https://free21.org/der-poseidon-angriff-auf-nordstream-teil1/>
[4] Free21, Ola Tunander, „Der Poseidon-Angriff auf Nordstream: Teil 2“, am 08.11.2023, <https://free21.org/der-poseidon-angriff-auf-nordstream-teil-2/>
[5] siehe [1]